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Bei den eidgenössischen Wahlen hat die Partei ihr Ziel nur teilweise erreicht: Sie konnte zwar den Wähleranteil von 11 auf knapp 12% erhöhen, gewann aber keinen zusätzlichen Sitz und verharrte auf 25 resp. vier Mandaten im National- und Ständerat. Die SVP ist damit die einzige Regierungspartei, deren Wähleranteil heute höher ist als zum Zeitpunkt der Schaffung der «Zauberformel»; die übrigen Regierungsparteien haben seit 1959 zwischen 2,8 und 7,4 Prozentpunkte verloren.

Wahlresultate der SVP 1991
Dossier: Wahlresultate der SVP, 1990-1999

Vor den Wahlen brachte die Parteipräsidentin Eva Segmüller (SG) ihre Hoffnung zum Ausdruck, dass die schlechten Prognosen für ihre Partei zusätzliche Kräfte mobilisieren würden; dies war jedoch nicht der Fall. Die CVP erlitt bei den Nationalratswahlen eine Einbusse von 1,5 Prozentpunkten bei den Wähleranteilen und sank auf 18,2% (inklusiv CSP-Listen in LU, SZ, SG, VS) ab; in sechs Kantonen verlor sie sieben Sitze und gewann nur in einem ein Mandat neu hinzu. Im Ständerat verlor sie zwei weitere Sitze (SZ, TI), nachdem 1990 schon in Glarus der christlichdemokratische Sitz an die FDP gegangen war.

Wahlresultate der CVP 1991
Dossier: Wahlresultate der CVP, 1990-1999

In der Fragestunde der Frühjahrssession erklärte der Vorsteher des EMD, für den Bundesrat sei dieser Armee-Einsatz nur "ultima ratio" und im jetzigen Zeitpunkt nicht notwendig;. es gehe nur darum, anhand dieser WK-Übung zu prüfen, welche Ausrüstung und Ausbildung die Armee bei einem längeren derartigen Einsatz brauchen würde. Im Sommer kam die vom Bundesrat im Februar eingesetzte interdepartementale Arbeitsgruppe für ausserordentliche Lagen im Flüchtlingsbereich zur Einsicht, dass der Armee-Einsatz an der Schweizer Grenze zwar technisch machbar, seine rechtliche Abstützung allerdings fragwürdig sei. Dennoch gingen die Vorbereitungen in dieser Richtung weiter.

Grenzwachtkorps durch militärische Einheiten zu verstärken, um illegale Grenzübertritte von Asylsuchenden wenn nötig zu verhindern

Die im Vorfeld der eidgenössischen Wahlen von der Zürcher und der Thurgauer Sektion erwogene Listenverbindung zwischen SVP und Autopartei kam – zur Erleichterung der nationalen Parteileitung – nicht zustande. Ebenso wurde eine eventuelle Fraktionsgemeinschaft mit der populistischen Lega dei ticinesi von der Parteileitung abgelehnt. Vor den Wahlen kam es in den Kantonen Solothurn und Baselstadt zu Parteineugründungen; in Luzern fanden entsprechende Vorbereitungen statt.
Die unbedeutende Genfer SVP ging mit der AP eine Listenverbindung ein.

Vorbereitungen der SVP in Hinsicht auf die eidgenössischen Wahlen 1991

Bei der Ausarbeitung des neuen Parteiprogramms der CVP, das den Titel «Zukunft für alle» trägt, versuchte die Programmkommission unter der Leitung von Ständerat Cottier (FR) einerseits, die Positionen der verschiedenen Flügel innerhalb der Partei auf einen Nenner zu bringen, andererseits aber auch die Attraktivität der schon seit Jahren an einer starken Erosion leidenden Partei durch eine Anpassung an neue soziale Gegebenheiten zu erhöhen. So wurde die Umschreibung der Familie als ein tragendes Fundament unserer Gesellschaft, welche noch im Programm von 1987 eine zentrale Stellung innehatte, durch eine Formulierung, die auch andere Gemeinschaftsformen als diejenige der traditionellen Familie befürwortet, ersetzt. Während das «Solothurner Programm» von 1987 als Schwerpunkt die drohende Umweltzerstörung thematisiert hatte, ist das neue Programm weitgehend durch bestimmte Bereiche der internationalen Politik geprägt: Einerseits forderte die CVP im Rahmen der europäischen Integrationspolitik den Bundesrat auf, nach dem Abschluss der EWR-Verhandlungen ein EG-Beitrittsgesuch zu stellen. Andererseits soll die Sicherheits- und Neutralitätspolitik im veränderten europäischen Umfeld neu definiert werden; ebenso sollen Lösungsansätze in der Migrations- und Asylproblematik durch ein striktes Ausfuhrverbot von Kriegsmaterial gesucht werden. Die innenpolitischen Schwerpunkte im Programm betrafen die Landwirtschafts- und Umweltpolitik, die Gentechnologie, die Gleichstellung von Mann und Frau sowie einzelne Problembereiche aus der Sozialpolitik. Die Delegiertenversammlung vom 4. Mai in Weinfelden (TG) verabschiedete das Programm; in der Asylpolitik verlangten die Delegierten zudem eine Straffung des Verfahrens, lehnten jedoch einen Vorstoss der zürcherischen CVP für eine Beschränkung der Asylbewerberzahl auf 25'000 deutlich ab. Die Forderung nach einem Europa der Regionen bildete den Schwerpunkt am Parteitag in Basel.

Ausrichtung und Position der CVP 1991

Der Ständerat überwies praktisch diskussionslos eine Motion Huber (cvp, AG) für einen schweizerischen Beitritt zum europäischen Erstasylabkommen. Bis im nächsten Jahr soll klar sein, in welcher Form sich die Schweiz an diesem Abkommen der EG-Staaten beteiligen kann. Ein formeller Beitritt sei allerdings kaum möglich, hiess es anfangs Dezember an der EG-Konferenz für Asylfragen. Dagegen ist für Brüssel eine Beteiligung über einen separaten Vertrag denkbar.

Beitritt zum europäischen Erstasylabkommen

n der Fragestunde der Herbstsession darauf angesprochen, relativierte der Bundesrat dann allerdings seinen Entscheid, von dem er bedauerte, dass er in der Öffentlichkeit teilweise missverstanden worden sei. Den Ausführungen Kollers zufolge soll Jugoslawien erst nach einer angemessenen Übergangsfrist von zwei bis drei Jahren vom zweiten in den dritten Kreis versetzt werden. Konkret bedeute dies, dass bereits bestehende Saisonnierarbeitsverhältnisse noch toleriert würden, dass man den Arbeitgebern aber anrate, anstatt neuen Jugoslawen lieber Angehörige der EG- oder Efta-Staaten anzuwerben. Gleichzeitig liess er durchblicken, dass, wenn sich die Menschenrechtslage im Verlauf dieser Übergangszeit zum Positiven wenden sollte, der Bundesrat seinen Entscheid noch einmal überprüfen könnte.

Jugoslawien angemessenen Übergangsfrist zweiten in den dritten Kreis versetzt

Im übrigen verabschiedete die Delegiertenversammlung der SP ebenfalls ein Manifest zur Gleichstellung von Frau und Mann. Die Gleichberechtigung von Frauen und Männern in Gesellschaft, Beruf und Politik soll in zehn Jahren erreicht werden. Als dritter Schwerpunkt wurde die Lancierung von zwei Volksinitiativen im Bereich der Sicherheitspolitik beschlossen. Unter den Titeln «Für ein Verbot der Kriegsmaterialausfuhr» resp. «Für weniger Militärausgaben und mehr Friedenspolitik» wurden die Initiativen unter Mitarbeit der Arbeitsgemeinschaft für Rüstungskontrolle und ein Waffenausfuhrverbot (ARW) sowie des Christlichen Friedensdienstes (CFD) im Mai lanciert. Der Schweizerische Gewerkschaftsbund, die Gruppe Schweiz ohne Armee (GSoA) und über zwanzig friedens- und entwicklungspolitische Organisationen unterstützten die Initiativen. Vor der Initiativlancierung stellte die Partei die «Grundlagen zur Friedens-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik» vor, welche eine Art Gegenvorschlag zum im April veröffentlichten «Sicherheitsbericht 90» des Bundesrates darstellten.
Bei der Würdigung des Sicherheitsberichtes im Ständerat stellte sich Miville (BS) gegen die allgemein kritische Haltung seiner Partei.

Ausrichtung und Position der SP 1991

Der Kongress der Liberalen Internationale in Luzern, an dem Delegierte aus 34 Ländern und Beobachter aus weiteren 20 Ländern teilnahmen, war dem Thema der Minderheiten gewidmet. Durch die Revolutionen und die Aufbruchstimmung in Zentral- und Osteuropa, in den Ländern der ehemaligen Sowjetunion sowie durch den Demokratisierungsprozess in gewissen Drittweltländern erhielt die Bewegung eine neue Bedeutung und Zuwachs durch die frisch gegründeten Organisationen.

Der Kongress der Liberalen Internationale in Luzern, 1991

Wie die im Anschluss an die Nationalratswahlen durchgeführte Vox-Analyse zeigte, spielte auch hier die Asylfrage eine mobilisierende Rolle. Für einen Viertel der Wählenden war sie das entscheidende Thema; Fragen wie europäische Integration oder Umweltschutz blieben dahinter zurück. Die Auto-Partei, die grosse Gewinnerin dieser Wahlen, nutzte die fremdenfeindliche Stimmung gemäss der Vox-Analyse am besten. Aber auch bei der SVP war die Asylfrage der eigentliche Renner: mit Gewinnen in der Agglomeration Zürich und in den Mittelschichten glich die Partei so die leichten Rückgänge in ihrer traditionellen Wählerschaft aus. CVP und SP hatten dafür plädiert, die Asylpolitik möglichst aus dem Wahlkampf herauszuhalten, um den latenten Fremdenhass nicht weiter zu schüren.

Nationalratswahlen Asylfrage eine mobilisierende Rolle

Der Parteitag der FDP in Solothurn Ende August eröffnete den Wahlkampf mit dem Thema Wohnbaupolitik; die Partei forderte eine Lockerung des Mietrechts, den Abbau von Vorschriften im Bauwesen und im Genehmigungsverfahren sowie die vermehrte Ausrichtung der Mieten auf den Markt.

Wohnbaupolitik der FDP 1991

In der Vernehmlassung stiessen die bundesrätlichen Vorschläge auf viel Kritik. Die bürgerlichen Parteien, die Arbeitgeberorganisationen, der Gewerbeverband, die betroffene Tabak- und Alkoholindustrie, die von der Werbung profitierenden Medien, Agenturen und Kinos, aber auch Sportverbände und kulturelle Organisationen, welche weitgehend vom Sponsoring leben, lehnten die bundesrätlichen Vorschläge zum Teil ganz vehement ab. Unterstützung fand der Bundesrat hingegen bei der SP, den Grünen, den Gewerkschaften sowie den Organisationen für Gesundheit und Konsumentenschutz. Dem Initiativkomitee ging der Gegenvorschlag hingegen zu wenig weit, weshalb es beschloss, sein Begehren nicht zurückzuziehen.

Zwillingsinitiativen für ein Tabak- und Alkoholwerbeverbot und indirekter Gegenvorschlag (BRG 92.031)
Dossier: «Zwillingsinitiativen», indirekter Gegenvorschlag und andere Präventionsmassnahmen zwischen 1990 und 2000

Im Berichtsjahr 1991 eingereicht hat die SP die gemeinsam mit dem SGB lancierte Volksinitiative «Zum Ausbau von AHV und IV».

Volksinitiative «zum Ausbau von AHV und IV»
Dossier: Volksinitiativen zur Altersvorsorge (seit 2015)

Eine vom Soziologischen Institut der Universität Zürich durchgeführte Studie zu den politischen Parteien und Gruppierungen auf kommunaler Ebene ergab, dass die Interessenvermittlungssysteme auf Gemeindeebene komplexer sind als im allgemeinen angenommen wird. In über 70% der mehrheitlich sehr kleinen Gemeinden der Schweiz sind politische Organisationen vorhanden. Laut dem Bericht machen die vier Bundesratsparteien zusammen vier Fünftel der Gruppierungen aus, wobei die FDP mit 26% Anteil vom Total am meisten Lokalsektionen unterhält, gefolgt von SP und CVP. In den meisten Gemeinden existiert ein Mehrparteiensystem, lediglich in 13,9% gibt es nur eine einzige Lokalpartei; mit deutlichem Abstand am häufigsten einzige Partei in einer Gemeinde ist die SVP, die SP ist hingegen praktisch nie allein anzutreffen. In 26,9% der Gemeinden finden sich Zweiparteiensysteme und in den übrigen 59,2% sind es drei und mehr Parteien. Die Antworten auf die Frage nach der Qualität der Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Parteien ergaben eine im allgemeinen positive Einschätzung der Zusammenarbeit zwischen einer bürgerlichen Partei und der SP, während das Verhältnis zwischen FDP und CVP nur in einem Fünftel der Fälle als gut bezeichnet wurde.

Studie zu den politischen Parteien und Gruppierungen auf kommunaler Ebene 1991

Im Ständerat verlief die Beratung des Berichtes emotionsloser. Ganz klar war hier die Flüchtlingspolitik das Hauptthema, die innereuropäische Öffnung wurde kaum berührt. Auch in der kleinen Kammer mochten die Vertreter von SVP und FDP eine Kontingentierung oder gar die Anwendung von Notrecht nicht mehr ausschliessen. Einen neuen Ansatz brachten die beiden FDP-Vertreter Bühler (LU) und Jagmetti (ZH) in die Diskussion, die anstatt des Drei-Kreise-Modells eine Aufteilung in Ausländer-, Asyl- und Migrationspolitik vorschlugen, wobei bei letzterer eine Quotenregelung ins Auge gefasst werden könnte, ohne dass damit internationale Konventionen verletzt würden. In ähnliche Richtung wie die Vorstellungen Jagmettis geht auch ein Postulat Wiederkehr (Idu, ZH), welches für Angehörige des dritten Kreises zahlenmässig befristete, auf ca. drei Jahre beschränkte Arbeitsbewilligungen anregt. Gleich wie im Nationalrat fanden sich CVP und SP in ihrer Kritik an der nach ihrer Ansicht diskriminierenden Unterscheidung in drei Kreise. Auch sie sprachen sich aber, wie ihre Kollegen in der Volkskammer, für ein rasches Verfahren und einen konsequenten Vollzug der Wegweisungsentscheide aus, allerdings nur unter strikter Wahrung des Non-refoulement-Prinzips.

EWR-konforme Ausländerpolitik mit einem «Drei Kreise-Modell»

Im Nationalrat wurde der Bericht mit ziemlicher Skepsis aufgenommen. Die meisten Redner würdigten zwar, dass sich der Bundesrat um eine Gesamtschau der Probleme bemüht und eine gute Diskussionsgrundlage geschaffen habe, bemängelten aber die primär arbeitsmarktpolitische Ausrichtung des Berichts, die offen. sichtliche Abkehr von der Stabilisierungspolitik der 70er Jahre und die fehlenden Perspektiven in der Flüchtlingspolitik. Die innereuropäische Öffnung wurde im grossen und ganzen positiv aufgenommen, ausser bei den SD und Teilen der SVP, welche die fehlenden demographischen Berechnungen über die Auswirkungen des freien Personenverkehrs kritisierten. Wenig Freude am Modell der drei Kreise zeigten CVP und SP. Ihrer Ansicht nach werden damit bereits innerhalb Europas Bürger einzelner Staaten als Menschen zweiter Klasse diskriminiert. Zudem sei es stossend, meinten einige Votanten, dass nach dem bundesrätlichen Konzept ausgerechnet Personen aus Ländern, in denen Menschenrechte immer wieder verletzt werden, keine Chance mehr haben sollen, in der Schweiz zu arbeiten.
Erwartungsgemäss war es der dritte Kreis, der zu den hitzigsten Debatten führte. Hier taten sich Ruf (sd, BE) – welcher nicht nur die Rückweisung des Berichtes, sondern gar den Rücktritt des gesamten Bundesrates verlangte – und Dreher (ap, ZH) durch Rundumschläge gegen die bundesrätliche Politik hervor. Mit 100:2 Stimmen lehnte der Rat den Rückweisungsantrag Ruf ab. Deutliche Kritik an der bisherigen Asylpolitik, aber ohne fremdenfeindliche Untertöne, übte auch die liberale Fraktion; sie regte an, das Asylgesetz sei abzuschaffen und die überholte Flüchtlingskonvention notfalls zu kündigen, dafür solle sich die Schweiz bereit erklären, in Absprache mit dem Genfer Uno-Hochkommissariat jedes Jahr ein bestimmtes Kontingent von Flüchtlingen vorübergehend aufzunehmen.
Kritisch zur Asylpolitik äusserten sich auch Abgeordnete der FDP und der SVP. Sie traten vor allem für ein rascheres Asylverfahren und einen konsequenteren Vollzug der Ausschaffungen ein; falls dies nicht erreicht werden könne, seien Quoten nicht mehr zu umgehen. CVP und links-grünes Lager forderten dagegen eine Asylpolitik, welche den internationalen Konventionen zu genügen habe – was eine Kontingents- oder Quotenregelung ausschliesse – und keine zusätzlichen Diskriminierungen schaffen dürfe. Einig über die Parteigrenzen war man sich eigentlich nur in der Feststellung, dass der weltweiten Migration längerfristig nur durch entsprechende Hilfsmassnahmen in den Herkunftsländern beizukommen sei.

EWR-konforme Ausländerpolitik mit einem «Drei Kreise-Modell»

Die wachsende Besorgnis der Bevölkerung über den scheinbar ungebremsten Zustrom von Flüchtlingen, schlug sich auch in der grossen Anzahl der parlamentarischen Interventionen zu diesem Thema nieder. Im Anschluss an den Bericht des Bundesrates zur Ausländer- und Asylpolitik beriet die grosse Kammer mehrere asylpolitische Vorstösse. Sowohl eine Motion Meier (sd, ZH) für eine Revision des Asylgesetzes als auch eine Motion Baggi (cvp, TI) für eine vermehrte Bundeshilfe an die mit der illegalen Einwanderung von Asylsuchenden direkt konfrontierten Grenzkantone, insbesondere den Kanton Tessin, wurden abgelehnt. Ein Postulat Pini (fdp, TI), das den Bundesrat auffordert zu prüfen, in welchem Rahmen Privatpersonen oder humanitäre und religiöse Organisationen Asylbewerber, deren Gesuch nicht abschliessend behandelt ist, aufnehmen können, wurde gegen den Willen des Bundesrates überwiesen, ebenso ein Postulat Longet (sp, GE), welches verlangt, dass den Delegierten der Hilfswerke auch in Zukunft freier Zugang zu den Aufnahmezentren für Asylbewerber gewährt wird. Der Rat diskutierte zudem drei Interpellationen zur Asylpolitik.

Anzahl der parlamentarischen Interventionen

In einem Thesenpapier zur Wohnpolitik forderte die CVP einerseits marktwirtschaftlich wirksame Mechanismen in der Preisgestaltung des Immobilienmarktes, andererseits aber auch verschiedenste Instrumente staatlicher Intervention zugunsten eines sozialen Ausgleichs; im übrigen schlug sie die Gründung einer eidgenössischen Hypothekarbank vor.

Wohnpolitik der CVP 1990

Im Vorfeld der Wahlkampagne griff die SP den Problemkreis der Asylpolitik auf; der Parteivorstand hiess in einem Thesenpapier die Beschleunigung des Asylverfahrens, die prinzipielle Aufnahme von Tamilen sowie Kurden aus dem Südosten der Türkei als Gewaltflüchtlinge und die Einsetzung einer Unabhängigen Beschwerdeinstanz gut. Im übrigen forderte die SP, dass Asyl grosszügiger gewährt wird und führte aus, dass es mit einer liberaleren Anerkennungspraxis einfacher wäre, negative Entscheide konsequent zu vollzuziehen.

Asylpolitik der SP 1991

Im Mai stellte der Bundesrat einen neuen Bericht zur Ausländer- und Flüchtlingspolitik vor. Anders als der Strategiebericht zwei Jahre zuvor entstand dieser nicht mehr unter Federführung des Bundesamtes für Flüchtlinge (BFF), sondern unter jener des Biga. Im Vordergrund stehen denn auch mehr arbeitsmarktorientierte Fragestellungen. Hauptpunkt der mittelfristigen Ausländer- und Asylpolitik sei es, so führte Bundesrat Koller an der Pressekonferenz aus, eine EWR-konforme Ausländerpolitik zu definieren. Nach dem Willen des Bundesrat soll inskünftig ein Drei-Kreise-Modell zum Zug kommen. Der innere Kreis umfasst die EG- und Efta-Staaten. Deren Bürger sollen schrittweise keinen ausländer- oder beschäftigungspolitischen Beschränkungen mehr unterliegen, sowie dies ab 1993 auch im Rahmen des geplanten EWR vorgesehen ist.
Im zweiten Kreis des Modells befinden sich einerseits die traditionellen Rekrutierungsländer ausserhalb des EG- und Efta-Raumes, in denen bisher weniger qualifizierte Arbeitskräfte angeworben wurden. Konkret war damit Jugoslawien gemeint. Bürger dieser Staaten sollen nur noch als Saisonniers oder Jahresaufenthalter in unserem Land arbeiten können, wenn die Reserven aus dem inneren Kreis erschöpft sind. Dem zweite Kreis ordnete der Bundesrat anderseits alle jene Länder zu, mit denen die Schweiz enge kulturelle Beziehungen unterhält (Nordamerika, eventuell auch Australien, Neuseeland und die Länder Ost- und Südosteuropas). Hier erhofft sich der Bundesrat eine vermehrte Rekrutierung von hochqualifizierten Arbeitskräften. Für die Staaten des zweiten Kreises wird aber ein strenger politischer Massstab angelegt: sie müssen demokratisch regiert sein und die Menschenrechte beachten, asylrechtlich also zu den "safe countries" zählen. Zum dritten Kreis werden alle übrigen Länder gerechnet; dort würden grundsätzlich keine Arbeitskräfte rekrutiert. Ausnahmen für vorübergehende Aufenthalte von Spezialisten sollen indessen möglich sein. Ansonsten wird für Menschen des äussersten Kreises die Schweiz höchstenfalls Asylland bleiben.
Im Bereich der Asylpolitik setzte der Bundesrat zwei Schwerpunkte. Einerseits will er inskünftig vermehrt dazu beitragen, die politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse in den Herkunftsländern zu verbessern, um die Ursachen der Auswanderung zu beseitigen. Andererseits strebt er eine immer engere Zusammenarbeit mit den anderen europäischen Aufnahmestaaten an (Erstasylabkommen, Harmonisierung des Asylrechts, Datenaustausch). Zudem bekräftigte er erneut seinen Willen, die durch die dritte Asylgesetzrevision geschaffenen Möglichkeiten der Verfahrensbeschleunigung möglichst voll auszuschöpfen.

EWR-konforme Ausländerpolitik mit einem «Drei Kreise-Modell»

Hinsichtlich der eidgenössischen Abstimmungen fasste die CVP die Ja-Parole zum Stimm- und Wahlrechtsalter 18, zur Militärstrafgesetzrevision (Barras-Reform) und zur Bundesfinanzvorlage, empfahl der Wählerschaft jedoch ein Nein zur Initiative zur Förderung des öffentlichen Verkehrs («SBB-Initiative»).

Parolen der CVP 1991
Dossier: Parolen der CVP, 1990-1994

Sowohl in den «Grundsätzen zur Wirtschaftspolitik der neunziger Jahre», welche an der ausserordentlichen Delegiertenversammlung in Basel verabschiedet wurden, als auch in dem am Parteitag in Freiburg gutgeheissenen neuen Parteiprogramm «Zielsetzungen 1991-95 der FDP Schweiz», bekräftigte die Partei die Politik der Deregulierung in Wirtschaft und Gesellschaft, wonach der Staat nur noch wenige Rahmenbedingungen setzen sollte. Dieses Prinzip des «Ordoliberalismus» sollte, der Schweiz die nötigen Voraussetzungen liefern, um international wettbewerbsfähig zu bleiben. Im Parteiprogramm unterstrich die FDP die Notwendigkeit, die Totalrevision der Bundesverfassung als Voraussetzung für die Regierungs- und Parlamentsreform voranzutreiben. Zur Frage der europäischen Integration nahm die Partei eine differenzierte Position ein; falls die EWR-Verhandlungen ein unbefriedigendes Ergebnis zeitigen sollten, will die FDP in einer Urabstimmung alle Parteimitglieder befragen, ob sie für einen Vollbeitritt zur EG oder für einen Ausbau der bilateralen Beziehungen im Rahmen der bisherigen Freihandelspolitik sind. In der Diskussion zur Drogenpolitik äusserten sich die Delegierten positiv zur Möglichkeit der kontrollierten Abgabe von Drogen an Süchtige, lehnten jedoch die Eröffnung weiterer Fixerräume deutlich ab. Ins Programm aufgenommen wurde auch die Befürwortung von marktwirtschaftlichen Instrumenten wie Lenkungsabgaben im Umwelt- und Energiebereich, allerdings unter der Bedingung, dass diese keinerlei fiskalische Nebenzwecke verfolgen und die Teuerung nicht anheizen.

Ausrichtung und Position der FDP 1991

Eine bei der Bundesanwaltschaft eingereichte Strafanzeige der SP-Fraktion gegen die Verantwortlichen der Geheimorganisationen P-26 resp. P-27 bewirkte bei den bürgerlichen Regierungsparteien – genauso wie die armeekritische Haltung der SP – Unmut, der zu einer erneuten Diskussion über die Berechtigung einer SP-Regierungsbeteiligung führte.

Strafanzeige der SP-Fraktion gegen die Verantwortlichen der Geheimorganisationen P-26 resp P-27

Zu den eidgenössischen Abstimmungsvorlagen fassten die Delegierten der FDP die Ja-Parole zum Stimm- und Wahlrechtsalter 18, zur Militärstrafgesetzrevision sowie – im Gegensatz zum Vorort – zur Finanzreform, lehnten jedoch die LdU-Initiative zur Förderung des öffentlichen Verkehrs ab. Das Finanzpaket wurde allerdings von rund einem Drittel der Kantonalsektionen zur Ablehnung empfohlen.

Parolen der FDP 1991
Dossier: Parolen der FDP, 1990-1994

Die freisinnig-demokratische Partei verfolgte im Berichtsjahr weiterhin eine Strategie der Personalisierung ihrer Parteipolitik, was laut dem Generalsekretär Christian Kauter die einzige Chance zur Überwindung der Vertrauenskrise in der Wählerschaft seit der Kopp-Affäre darstellt. An den Parteitagen profilierten sich neben Parteipräsident Steinegger (UR) sowie Fraktionschef Pascal Couchepin (VS) auch Gilles Petitpierre (GE), René Rhinow (BL) und die Zürcherinnen Vreni Spoerry und Lili Nabholz.

Personalisierung der Parteipolitk der FDP