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Nach dem Rücktritt von Gabi Huber (fdp, UR) aus Bundesbern, musste die FDP ein neues Fraktionspräsidium bestimmen. Zwei Kandidaten wollten in die Fussstapfen der Urnerin treten: Christian Wasserfallen (fdp, BE) und Ignazio Cassis (fdp, TI), beide seit 2007 für die FDP im Nationalrat. In den Medien wurde auch eine mögliche Kandidatur von Beat Walti (fdp, ZH) diskutiert, der seit 2014 im Nationalrat sass. Nach den für die FDP erfolgreichen eidgenössischen Wahlen 2015 und kurz vor den anstehenden Gesamterneuerungswahlen des Bundesrats musste der Nachfolger der in der Presse als «eiserne Lady» bezeichneten Huber gefunden werden. Die Deutschschweizer Medien sahen Beat Walti als Favoriten, da ein Gespann aus Christian Wasserfallen und Parteipräsident Philipp Müller als zu rechts wahrgenommen werde und Ignazio Cassis zwar als Vertreter der lateinischen Schweiz punkten könne, aber als zu wenig stark gelte. Allerdings stellte sich Walti gar nicht zur Verfügung, da sich der zeitliche Anspruch des Amtes nicht mit seinem Beruf vereinbaren lasse. Die Wahl am 20. November fiel dann schliesslich auf Ignazio Cassis, der letztlich deutliche 38 von 54 Stimmen auf sich vereinen konnte. Die Medien waren sich einig, dass es für Cassis schwierig werden würde, Gabi Huber vergessen zu machen, die es geschafft habe, aus der losen FDP-Fraktion eine geschlossen auftretende liberale Kraft zu machen.

FDP Gabi Huber

Nachdem die Mitglieder des Bundesrates vereidigt worden waren – mit Ausnahme von Simonetta Sommaruga (sp), die das Gelübde ablegte –, wurden die Wahlen des Bundespräsidenten und der Vizepräsidentin für 2016 durchgeführt. Die turnusgemässen Wahlen von Johann Schneider-Ammann (fdp) zum Präsidenten und von Doris Leuthard (cvp) zur Vizepräsidentin waren unbestritten. Schneider-Ammann erhielt 196 Stimmen. Von den 241 eingelangten Stimmzetteln waren 27 leer, sechs waren ungültig und zwölf enthielten andere Namen. In der Presse wurde dieses Resultat als breite Akzeptanz in der Bundesversammlung interpretiert. Auf Doris Leuthard entfielen 180 Stimmen. Lediglich 218 Wahlzettel wurden an die noch anwesenden Parlamentsmitglieder verteilt. Davon blieben acht leer, sieben waren ungültig und auf 23 stand ein anderer Name als jener der CVP-Magistratin.
In seiner Ansprache machte Johann Schneider-Ammann die Verunsicherung im vergangenen Jahr zum Thema, die durch die Aufwertung des Frankens, Terroranschläge und Flüchtlingsströme genährt worden sei und aufgezeigt hätte, wie verletzlich die freien Gesellschaften seien. Auch wenn die Wurzeln dieser Krisen nicht in der Schweiz selber lägen, müsse man in der Schweiz die Reihen schliessen und sich dagegen wehren. Die Schweiz dürfe dabei aber ihre humanitäre Tradition nicht vergessen. Wer Hilfe brauche, werde geschützt, müsse aber die vorherrschenden Regeln akzeptieren. Die anstehenden Herausforderungen – Schneider-Ammann nannte die Verteidigung von Offenheit und Souveränität, von Wohlstand und Wettbewerbsfähigkeit, aber auch die Beziehung zu Europa – müssten gemeinsam mit Reformwillen angegangen werden. Dabei könne man auf eigene Stärken, wie der Innovationskraft, der dualen Bildung oder der intakten Sozialpartnerschaft bauen. Sein Motto als Bundesrat laute "Gemeinsam für Jobs und unser Land".
Der Berner FDP-Bundesrat, der es auch nicht versäumte, der abtretenden Eveline Widmer-Schlumpf, die er als "grosse Persönlichkeit" bezeichnete, zu danken, löste als Regierungschef Simonetta Sommaruga ab, die das Amt im Jahr 2015 inne gehabt hatte. Anders als Didier Burkhalter – ihr Vorgänger in diesem Amt –, der Anfang 2015 zum Schweizer des Jahres gekürt worden war und im März gar für den Friedens-Nobelpreis vorgeschlagen wurde und als neuer UNO-Generalsekretär im Gespräch war, hatte die SP-Magistratin im Wahljahr 2015 einen sehr schweren Stand gehabt, da sie in ihrer Funktion als Justizministerin insbesondere von der Rechten immer wieder angegriffen wurde. Als Verantwortliche für das Migrationsdossier hatte sie nicht nur auf die in den Medien als "Flüchtlingskrise" bezeichnete Migrationswelle reagieren müssen, sondern sie hatte auch das Dossier zur Masseneinwanderungsinitiative und hierzu die Verhandlungen mit der EU zu betreuen. Die Bundespräsidentin war entsprechend ein äusserst beliebtes Sujet in der Weltwoche. Mit Ausnahme der SVP attestierten ihr die Parteien aber, gute Arbeit geleistet zu haben. Als Meilenstein, aus der Sicht der abtretenden Bundespräsidentin, galten ihre Gespräche mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, welche die Situation mit der EU deblockiert hätten.

2016 - Johann Schneider-Ammann
Dossier: Wahlen des Bundespräsidiums

Rund eine Woche vor den Regierungswahlen begannen die Fraktionen mit den Hearings der drei SVP-Kandidaten. Lediglich die Grünen verzichteten auf die Anhörungen, weil sie die Wahl eines Vertreters der Volkspartei grundsätzlich ablehnten, da die SVP die Europäische Menschenrechtskonvention kündigen wolle – eine Anspielung auf die geplante Selbstbestimmungsinitiative der SVP. Die GP setzte nach wie vor auf einen Sprengkandidaten aus der Mitte und gab bekannt, zumindest im ersten Wahlgang keinen der SVP-Kandidierenden wählen zu wollen. Die SP entschied sich erst in letzter Minute, die Kandidaten einen Tag vor den Wahlen doch noch zu Bewerbungsgesprächen einzuladen. Die Genossen gaben im Anschluss bekannt, dass Norman Gobbi (TI, lega) für sie nicht wählbar sei. Die restlichen Fraktionen wollten sich nach den Anhörungen zwar nicht festlegen, gaben aber zu Protokoll, einen der drei offiziellen Kandidaten wählen zu wollen. Ein Sprengkandidat war nicht in Sicht – auch wenn Heinz Brand (svp, GR) erst nach einigem Hin und Her und viel Pressewirbel dementierte, eine Wahl annehmen zu wollen, und sich auch Thomas Hurter (svp, SH) noch einmal ins Gespräch brachte, weil er keine Stellung nehmen wollte zur Idee, bei einer allfälligen Wahl und Ausschluss durch die SVP bei der FDP Unterschlupf zu finden. Alle weiteren, in den Medien kolportierten, möglichen Überraschungskandidaten gaben aber jeweils kurz nach der Medienmeldung an, nicht zur Verfügung zu stehen. Zudem signalisierten die Mitteparteien im Verlaufe dieser Geplänkel immer deutlicher, für Spiele nicht zur Verfügung zu stehen. Aufgrund dieser Ausgangslage sahen die meisten Medien am Tag vor der Bundesratswahl Guy Parmelin (svp, VD) im Vorteil, da er von SP und GP wohl eher unterstützt würde als Norman Gobbi (TI, lega) und Thomas Aeschi (svp, ZG).
Dass der Anspruch der SVP auf einen zweiten Bundesratssitz allgemein akzeptiert und die Lust auf Experimente im Parlament in der Tat sehr gering war, zeigte sich am Wahltag auch in den Voten der einzelnen Fraktionen. Mit Ausnahme der SP und der GP sprachen sich alle Parteien für ein Ende der bisher nicht adäquaten mathematischen Konkordanz aus. Obwohl alle Parteien freilich auch die Ausschlussklausel der SVP kritisierten, die einer Regierungspartei nicht würdig sei, liessen sie den Worten bei der Ersatzwahl von Eveline Widmer-Schlumpf (bdp) Taten folgen. Zwar erhielten im ersten Wahlgang auch Thomas Hurter (svp, SH) und Viola Amherd (cvp, VS) 22 bzw. 16 Stimmen, auf den insgesamt 245 ausgeteilten Wahlzetteln fanden sich aber vorwiegend die drei SVP-Kandidierenden, wobei sich Guy Parmelin mit 90 Stimmen vor Thomas Aeschi (61 Stimmen) und Norman Gobbi (50 Stimmen) schon leicht absetzen konnte. Mit den vier Stimmen an Verschiedene und den zwei leeren Wahlzetteln hatten sich damit 44 Parlamentarier nicht am offiziellen Dreierticket orientiert – zu wenig für einen Coup. Im zweiten Wahlgang verpasste Parmelin das absolute Mehr nur knapp. Er erhielt 117 von 120 nötigen Stimmen; Aeschi wurde von 78 Mitgliedern der Vereinigten Bundesversammlung favorisiert und Gobbi erhielt lediglich noch 30 Voten. Auf Verschiedene entfielen 14 Stimmen und fünf der 244 ausgeteilten Wahlzettel waren leer. Im dritten Wahlgang – für viele überraschend schnell – konnte Guy Parmelin dann genügend Unterstützerinnen und Unterstützer hinter sich scharen. Mit 138 Stimmen wurde der Waadtländer erster französischsprachiger SVP-Bundesrat der Geschichte. Die 88 Stimmen für Aeschi hätten auch zusammen mit den elf noch auf Gobbi entfallenden Stimmen nicht für einen anderen Wahlausgang gereicht. Im dritten Wahlgang, in dem nur noch 243 Wahlzettel ausgeteilt wurden, waren noch deren sechs leer. Guy Parmelin erklärte die Annahme der Wahl und verwies in seiner kurzen Rede auf die Bedeutung und Symbolkraft seiner Wahl für die Westschweiz. Freilich werde er im Rahmen seiner Regierungstätigkeit auch die Ost- und Zentralschweiz, die diesmal leer ausgegangen seien, nicht vergessen.

Ob der mit Spannung erwarteten Ersatzwahl gingen die vorausgehenden Bestätigungswahlen der bisherigen sechs Regierungsmitglieder fast ein wenig unter. Zwar divergierten die Stimmen, welche die einzelnen Magistratinnen und Magistraten erhielten recht stark – insbesondere Ueli Maurer (svp) und Simonetta Sommaruga (sp) wurden wohl jeweils vom gegnerischen Lager abgestraft – aber insgesamt zeigte sich auch bei den Bestätigungswahlen, dass das Parlament in der Mehrheit ein Zurück zur Normalität anstrebte. Doris Leuthard (cvp) wurde mit 215 von 245 Stimmen erneut gewählt (Verschiedene: 19; leer: acht; ungültig: drei), Ueli Maurer (svp) erhielt 173 von 245 Stimmen (Thomas Hurter (svp, SH): zehn Stimmen, Verschiedene: 27; leer: 32; ungültig: drei), Didier Burkhalter (fdp) wurde mit 217 von 244 Wahlzetteln bestätigt (Verschiedene: 14; leer: 13; ungültig: Null), der Name Simonetta Sommaruga (sp) stand auf 182 von 245 ausgeteilten Wahlzetteln (Daniel Jositsch (sp, ZH): elf Stimmen; Verschiedene: 28; leer: 19; ungültig: fünf), Johann Schneider-Ammann machte 191 von 244 Stimmen (Verschiedene: 28; leer: 23; ungültig: zwei) und überraschend deutlich bestätigt wurde auch Alain Berset mit 210 von 244 möglichen Voten (Verschiedene: 23; leer: acht; ungültig: zwei). Alle sechs hatten damit mehr Stimmen als noch vor vier Jahren erhalten.
Die Reaktionen in den Medien waren geteilt. Auf der einen Seite wurde hervorgehoben, dass Parmelin als Nationalrat kaum aufgefallen sei, über keinerlei Führungserfahrung verfüge und auch nicht besonders sprachgewandt sei – wenig spektakulär wie der Chasselas, den er anbaue, so etwa die BaZ. Sein einziger Ausweis sei es, der SVP anzugehören. Es sei aber nachvollziehbar, dass das Parlament die parteipolitische Zusammensetzung der Regierung höher gewichtet habe als personelle Fragen. Zudem müsse man Parmelin eine Chance geben, im Amt zu wachsen. Weil er keine hohe Erwartungen wecke, könne er eigentlich nur positiv überraschen. Für viele, vor allem für Mitte-links sei er wohl auch das kleinere Übel gewesen. Parmelin sei ein SVP-Mitglied der alten Schule und sei wohl als leichter formbar vermutet worden als Thomas Aeschi, der als Blocher-Zögling gelte und die neue SVP-Linie vertrete. In der Westschweizer Presse wurde zudem hervorgehoben, dass sich Parmelin stets moderat und kompromissbereit gezeigt habe – eine nicht zu unterschätzende Fähigkeit im Regierungskollegium. Die Wahl Parmelins sei aber auch ein Zeichen dafür, dass das Parlament angesichts der Erfolge und der immer neuen Forderungen der SVP resigniere – so der Blick. Einig war man sich in der Presse, dass die SVP jetzt in der Verantwortung stehe. Sie müsse wieder in den Kompromiss-Modus zurückfinden – so die NZZ. In den Kommentarspalten wurde zudem darauf hingewiesen, dass die Volkspartei mit ihrem zweiten Regierungssitz nun auch definitiv in der Westschweiz verankert sei – männiglich prognostizierte gar einen weiteren Schub der SVP im französischsprachigen Landesteil.
Die Reaktionen der Parteien waren unterschiedlich. Die SVP feierte ihren neuen Bundesrat mit auffallender Zurückhaltung. Zwar wiesen die Parteispitzen darauf hin, dass man die Westschweiz jetzt noch besser vertreten könne; verschiedene Stimmen machten aber keinen Hehl daraus, dass Parmelin nicht der Wunschkandidat gewesen sei. Die Aufforderung, jetzt mehr Kompromissbereitschaft zu zeigen, prallte an der SVP ab. Man mache weiter eine SVP-Politik und erwarte vielmehr von der FDP, dass sich im Bundesrat jetzt eine bürgerliche Politik durchsetze. Als Siegerinnen sahen sich die SP- und die CVP-Spitzen. In der französischsprachigen Presse wurde kolportiert, dass Guy Parmelin ohne die von Christoph Darbellay (cvp, VS) und Christian Levrat (sp, FR) im Nationalratswahlkampf aufgestellte Forderung an die SVP, einen Westschweizer Kandidaten zu präsentieren, vielleicht jetzt gar nicht Bundesrat wäre. Prompt wurden die beiden Parteipräsidenten als Königsmacher gefeiert. In der FDP und der CVP machte man sich Gedanken über die nächsten Bundesratswahlen. Klar war, dass mit der Übervertretung der Romandie die Chancen für französischsprachige "Papabili" stark gesunken waren. Potenzielle Ostschweizer und Tessiner-Kandidaten konnten sich hingegen freuen.

Gesamterneuerungswahlen des Bundesrats 2015 – Nachfolge Eveline Widmer-Schlumpf
Dossier: Bundesratswahlen seit 2008

Für mediale Aufmerksamkeit sorgten gegen Ende 2015 drei Wechsel in den Präsidien der bürgerlichen Jungparteien. Die drei Luzerner Maurus Zeier (LU, fdp), Anian Liebrand (LU, svp) und Jean-Pascal Ammann (LU, cvp) wurden durch zwei Zürcher und einen Bündner ersetzt: Benjamin Fischer (ZH, svp) übernahm die Spitze bei der Jungen SVP, Andri Silberschmidt (ZH, fdp) präsidierte neu die Jungfreisinnigen und Tino Schneider (GR, cvp) leitete ab 2015 die Geschicke der Jungen CVP. Da mit Fabian Molina (ZH, sp) bereits ein Zürcher die Juso präsidierte, werde nun Zürich zum «Hotspot der Jungparteien», interpretierte die NZZ die Stabübergaben.

Präsidien der Jungparteien 2015

An ihrer ersten Tagung in der 50. Legislatur Ende November 2015 bestätigte die neu zusammengesetzte CVP-Fraktion – fünf Nationalräte und vier Ständeräte waren nach den eidgenössischen Wahlen neu dabei – das Fraktionspräsidium der CVP. Sowohl Filippo Lombardi (TI) als Präsident als auch Viola Amherd (VS) als Vizepräsidentin wurden einstimmig gewählt.
Der restliche Fraktionsvorstand wurde zu Beginn der Wintersession 2015 konstituiert. Als Ersatz für den vor den Wahlen zurückgetretenen Peter Bieri (ZG) wurde Stefan Engler (GR) gewählt. Die restlichen Mitglieder – Pirmin Bischof (SO), Jean-Paul Gschwind (JU), Daniel Fässler (AI), Ruth Humbel (AG), Elisabeth Schneider-Schneiter (BL) und Brigitte Häberli-Koller (TG) – wurden allesamt bestätigt. Von Amtes wegen gehörte auch Parteipräsident Christoph Darbellay (VS) dem Vorstand an, obwohl er, der nicht mehr zu den Wahlen 2015 angetreten war, gar nicht mehr im Parlament vertreten war. In der CVP-Fraktion Unterschlupf finden auch die beiden EVP-Nationalrätinnen, weshalb auch Marianne Streiff (evp, BE) dem Fraktionsvorstand angehörte.

Fraktionspräsidium der CVP

Die Motion von Roland Borer (svp, SO), die Regelungen gefordert hätte, mit denen die Unvereinbarkeit des Amtes als Bundespräsident mit einem Vorsitz in einer internationalen Organisation festgelegt worden wären, wurde Ende 2015 abgeschrieben. Der Motionär war bei den Nationalratswahlen im Herbst nach 24 Jahren in der grossen Kammer nicht wiedergewählt worden. Borers Forderung war eine Kritik an Bundesrat Burkhalter, der 2014 als Bundespräsident gleichzeitig der OSZE vorsass.

Unvereinbarkeit des Amtes als Bundespräsident

Ende November 2015 versammelten sich die Delegierten der CVP in Granges-Paccot (FR), wo die Parolen für die Abstimmungen vom Februar 2016 gefasst, die Unterstützung für die zweite der beiden CVP-Familieninitiativen noch einmal bekräftigt und die Abstimmungskampagne für dieses Volksbegehren lanciert wurde. Eröffnet wurde die Delegiertenversammlung vom Parteipräsidenten Christoph Darbellay, der sich in Anbetracht der weltweiten Terroranschläge gegen die These wandte, dass die Religion Wurzel des Übels sei. Atheismus mit demselben Eifer zu predigen, wie dies Salafisten täten, um Anhänger zu finden, sei genauso falsch. „Terrorismus hat keine Religion!“, so Darbellay. Ebenfalls zu Wort meldete sich CVP-Bundesrätin Doris Leuthard, die für die Sanierung des Gotthard-Strassentunnels warb und die scheidende Bundeskanzlerin Corina Casanova verabschiedete. Auch die abtretenden Stände- und Nationalräte wurden für ihre Tätigkeit verdankt.

CVP - Delegiertenversammlung in Grange-Pacot

Die Forderung der SVP, nach einem zweiten Regierungssitz, gehörte seit der Nichtbestätigung von Christoph Blocher (svp, ZH) nach den Wahlen 2007 zum Standardrepertoire der Volkspartei. Bei den Bundesratswahlen 2011 hatte sich die SVP mit ihrem nicht sehr professionellen Nominierungsverfahren praktisch selber aus dem Rennen genommen. Die Vehemenz der Forderung, nach einer adäquaten Regierungsbeteiligung, nahm 2015 gar noch zu und die Attacken der Volkspartei, vor allem auf den BDP-Bundesratssitz, wurden lauter. Die zahlreichen Kandidierenden, die vor den Parlamentswahlen als mögliche Herausforderer angepriesen wurden, dienten dabei einerseits als Nebelpetarden. Weil diese Ankündigungen und sofortigen Dementis, etwa von Toni Brunner (svp, SG) oder Adrian Amstutz (svp, BE), von den Medien bereitwillig aufgenommen und diskutiert wurden, schadete dies anderseits dem Wahlkampf der SVP in keinster Weise. Auch die anderen Parteien profitierten freilich von der medial breitgeschlagenen Diskussion um mögliche Szenarien für die nach den Gesamterneuerungswahlen anstehenden Bundesratswahlen. Die Bürgerlichen bestätigten zwar den prinzipiellen Anspruch der SVP auf einen zweiten Regierungssitz, Regierungsmitglieder, die ihre Sache gut machten, wolle man aber nicht abwählen. SP und GP betonten mit ebendiesem Argument, dass sie Eveline Widmer-Schlumpf (bdp) auf jeden Fall bestätigen wollten.
Die Ausgangslage änderte sich freilich nach der Demissionsankündigung der BDP-Bundesrätin. Die Linke pochte zwar auf einen neuen Mitte-Kandidaten, falls die SVP Kandidierende nominiere, die gegen die Bilateralen seien, und die Grünen sahen ebenfalls weit und breit keinen wählbaren SVP-Kandidierenden. Die restlichen Parteien signalisierten aber rasch, dass sie den Anspruch der SVP auf einen zweiten Bundesratssitz guthiessen und für Spielchen nicht zu haben seien. Dazu gehörte auch die Bestätigung, Bisherige nicht abwählen zu wollen. In der Tat wurde die Möglichkeit diskutiert, einen FDP-Bundesrat abzuwählen und mit einem Kandidierenden der Mitteparteien zu ersetzen, um eine rechtslastige Regierung mit 2 FDP und 2 SVP Magistraten zu verhindern. Die Chance für ein solches Szenario, war allerdings mehr als gering, würden doch dafür weder die FDP noch die SVP Hand bieten.
Rasch zeigte sich zudem, dass die Volkspartei das Nominierungsverfahren dieses Mal mit grösserer Sorgfalt angegangen war als vier Jahre zuvor. Aus den elf ursprünglichen Bewerbungen präsentierte die SVP nach ihrer Fraktionssitzung am 20. November drei Kandidierende aus den drei hauptsächlichen Sprachregionen: Thomas Aeschi (svp, ZG), Guy Parmelin (svp, VD) und Norman Gobbi (TI, lega). Der Tessiner Lega-Regierungsrat stellte sich unter das Banner der SVP, wollte aber auf kantonaler Ebene Legist bleiben. SVP-Fraktionspräsident Adrian Amstutz (svp, BE) wies darauf hin, dass Gobbi Mitglied der SVP Schweiz sei und das Gedankengut der SVP vertrete. Man kooperiere mit der Lega auf nationaler Ebene schon lange. Die Lega gehöre im Parlament schliesslich auch zur SVP-Fraktion. Gobbi sei von der Fraktion praktisch einstimmig nominiert worden (mit 72 von 74 Stimmen). Parmelin (svp, VD) siegte mit 48 zu 29 Stimmen über Oskar Freysinger (VS, svp) und Aeschi setzte sich im fünften Wahlgang mit 44 zu 37 Stimmen gegen Heinz Brand (svp, GR) durch. Ohne Chancen, oder gar nicht ins engere Auswahlverfahren aufgenommen, waren die Kandidaturen von Hannes Germann (svp, SH), Thomas Hurter (svp, SH), Res Schmid (NW, svp), Thomas de Courten (svp, BL), Albert Rösti (svp, BE) und David Weiss (BL, svp).
Die Dreier-Auswahl überraschte, waren doch im Vorfeld andere Favoriten gehandelt worden, die im Parlament eine breitere Unterstützung erhalten hätten. Die SVP machte aber von Anfang an klar, dass sie ihre – nach der Nicht-Bestätigung Blochers – in den Parteistatuten verankerte Regel, strikte anwenden werde. In diesem Sinne würden nicht nominierte, aber gewählte Kandidaten, die ihre Wahl dennoch annähmen, aus der Partei ausgeschlossen. Die Chancen für Hannes Germann (svp, SH), der laut der NZZ mehr Freunde im Parlament als in seiner Partei habe und der erste Bundesrat aus dem Kanton Schaffhausen gewesen wäre, oder für Heinz Brand (svp, GR), der lange als Kronfavorit aus der vernachlässigten Ostschweiz gegolten hatte, lagen damit praktisch bei Null. Es wurden zwar Szenarien für einen Sprengkandidaten aus der Reihe der SVP diskutiert und linke Stimmen kritisierten die Ausschlussregel als Erpressungsversuch, dem man sich nicht beugen werde. Mögliche Sprengkandidaten gaben allerdings rasch bekannt, eine allfällige Wahl nicht annehmen zu wollen.
Die SVP wurde nicht müde zu betonen, dass man mit dem sprachregional ausgewogenen Dreierticket eine echte Auswahl anbiete. Man sei der Forderung der SP und der CVP nachgekommen, einen Kandidierenden aus der Westschweiz aufzustellen und wolle als grösste Partei auch in der Regierung zwei Landesteile repräsentieren. Die Auswahl sorgte allerdings auch für Misstöne. Mit der Nominierung von Norman Gobbi (TI, lega) und Guy Parmelin (svp, VD) – der eine laut Presse bekannt für seine verbalen Entgleisungen, der andere ein politisches Leichtgewicht – wolle die SVP dem Parlament den Deutschschweizer Kandidaten Thomas Aeschi (svp, ZG) aufzwingen. Die Romandie wäre mit drei Sitzen deutlich übervertreten und Gobbi sei Vertreter der Lega. Dies sei keine echte Auswahl und der schweizerischen Konkordanz unwürdig – liess sich etwa Eric Nussbaumer (sp, BL) zitieren. Auch die NZZ kommentierte die Dreier-Nomination als Auswahl, die keine sei. In den Medien galt vorab der Zuger Thomas Aeschi als Kronfavorit. Er vertrete den neuen Stil der SVP, sei jung und ein Vertreter Blocher'scher Prägung – so etwa der TA. Die SVP wurde freilich nicht müde zu betonen, dass sie gerne Regierungsmitglieder aus unterschiedlichen Sprachregionen hätte.
Die Stimmen – auch aus der SVP – , die gerne eine breitere Auswahl aus der Deutschschweiz gehabt hätten, verstummten allerdings nicht. Es gebe durchaus Spielraum für einen (SVP-internen) Sprengkandidaten, zitierte das SGT Vertreter von SP und CVP. Immerhin war in den letzten 100 Jahren jeder fünfte gewählte Bundesrat wild, also nicht von der eigenen Partei nominiert worden. Freilich hatte die Volkspartei alle ursprünglich elf SVP-Kandidaten dazu bewegt, schriftlich zu bestätigen, eine Wahl als Sprengkandidat nicht anzunehmen.

Gesamterneuerungswahlen des Bundesrats 2015 – Nachfolge Eveline Widmer-Schlumpf
Dossier: Bundesratswahlen seit 2008

An ihrer Delegiertenversammlung Mitte November in Solothurn wählte die Junge CVP Schweiz einen neuen Präsidenten. Zum Nachfolger von Jean-Pascal Ammann (LU) wurde Tino Schneider (GR) gewählt. Der 24-Jährige war bei den Bündner Wahlen 2014 als jüngster Grossrat des Kantons Graubünden gewählt worden. Schneider studiert an der Universität Bern Geschichte. Er wolle die Medienpräsenz der Jugendsektion der CVP erhöhen, gab er der Zeitung Südostschweiz zu Protokoll.

Junge CVP Schweiz

Die personelle Zusammensetzung des Regierungsgremiums war schon lange Zeit nicht mehr so konstant gewesen wie beim Bundesrat der Ausgabe 2011 bis 2015. Tatsächlich hatte die letzte Mutation Ende 2011 stattgefunden, als Micheline Calmy-Rey (sp) ihren Sitz für Alain Berset (sp) geräumt hatte. Ähnlich lange Phasen unveränderter Zusammensetzung gab es in der Geschichte der Landesregierung nur sehr selten. Im Schnitt kam es in den letzten rund 50 Jahren alle eineinhalb Jahre zu personellen Veränderungen. Einiges sprach dafür, dass die Regierung auch nach den Gesamterneuerungswahlen von 2015 nicht verändert werden würde. Zwar wurde vor allem seitens der SVP immer wieder der Rücktritt von Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf (bdp) gefordert, weder die BDP-Bundesrätin noch ein anderes Regierungsmitglied äusserte aber vor den Parlamentswahlen Rücktrittsgedanken.
Erst zehn Tage nach den eidgenössischen Wahlen, die ein Erstarken von SVP und FDP und deutliche Verluste für BDP, CVP und GLP brachten, reichte die Bündner Magistratin ihre Demission ein. Das Wahlresultat sei zwar ein Faktor für ihren Rücktritt, aber nicht der entscheidende. Sie sei auch nicht amtsmüde, wolle aber zugunsten ihrer Familie kürzer treten, die wesentlich mehr unter den dauernden Attacken auf ihre Person gelitten hätte als sie selber. Sie sei ob des Entscheides nicht erleichtert, aber trotzdem davon überzeugt, mit ihrem Entschluss, welcher bei den Gesamterneuerungswahlen gereift war, die richtige Entscheidung getroffen zu haben. Auch für die Entwicklung der BDP, die in den Medien stets sehr stark mit ihrem Namen in Verbindung gebracht werde, sei es besser, wenn sie zurücktrete.
In den acht Jahren ihrer Amtszeit, die mit der Nicht-Bestätigung von Christoph Blocher begonnen hatte, stand Eveline Widmer-Schlumpf zuerst drei Jahre dem EJPD und dann dem EFD vor. Die Regierungszeit der BDP-Bundesrätin war geprägt durch stetige und harte Attacken seitens der SVP, der sie ursprünglich als Regierungsrätin von Graubünden vor der Abspaltung der BDP selber angehört hatte. In der Bevölkerung war die Magistratin allerdings beliebt, wurde sie doch im Januar 2009 zur Schweizerin des Jahres 2008 gekürt. Damit sei ihre Standhaftigkeit gegenüber der Hetzkampagne der SVP belohnt worden. Die Volkspartei hatte sie aufgefordert, sofort zurückzutreten oder die SVP Graubünden werde aus der Partei ausgeschlossen. Auch die deutliche Bestätigung bei den Bundesratswahlen nach den Parlamentswahlen 2011 zeigte den Rückhalt, den die Bündnerin auch in grossen Teilen des Parlaments hatte. In den Medien wurde Widmer-Schlumpf als sehr dossiersicher, tüchtig und fachkompetent beschrieben. Der Umstand, dass sie nie über eine Hausmacht im Parlament verfügt habe und sich trotzdem acht Jahre habe halten können, zeige ihre Standhaftigkeit. Die Rückzugsgefechte beim Bankgeheimnis und die Steuerkonflikte mit den USA bleiben mit ihrem Namen behaftet. Die NZZ urteilte, dass Widmer-Schlumpf als Finanzministerin mehr verändert habe, als viele ihrer Vorgänger zusammen. Laut der BZ werde sie als Frau in die Geschichte eingehen, die das Bankgeheimnis beerdigte. Zudem weise ihre Bilanz auch Makel auf. Vor allem die Reorganisation des Bundesamtes für Migration während den ersten Jahren im Justizdepartement sei auf viel Misskredit gestossen. Im TA wurde die Bundesrätin gelobt, weil sie ohne Ideologie getan habe, was nötig gewesen sei. Der Abgang erfolge zudem mit Würde; sie leiste damit der Schweiz einen Dienst und vermeide schmutzige Spielchen bei den anstehenden Bestätigungswahlen. Auch Le Temps lobte Eveline Widmer-Schlumpf als Frau mit Nerven aus Stahl, die mit ihrer Dossiersicherheit unaufgeregt getan habe, was getan werden musste. Weil ihre Basis immer mehr schwächelte – hingewiesen wurde etwa auch auf die geplatzte Zusammenarbeit zwischen CVP und BDP – und die Bündnerin auf wechselnde Koalitionen angewiesen gewesen sei, sei der Rücktritt aber letztlich gar nicht zu verhindern gewesen.
Bei der Verabschiedung der Magistratin im Rahmen der Bundesratswahlen Anfang Dezember würdigte Nationalratspräsidentin Christa Markwalder (fdp, BE) den feinen Humor von Eveline Widmer-Schlumpf und sprach ihr eine Schlüsselrolle bei der Bewältigung der Finanz- und Wirtschaftskrise zu. Dass die Finanzen im Lot geblieben seien, sei auch ihr Verdienst. Der langanhaltende Applaus und die stehende Ovation wurde auch von den SVP-Ratsmitgliedern gespendet. Für Unmut sorgte allerdings Neo-Nationalrat Roger Köppel (svp, ZH), der während der Würdigung an seinem Notebook arbeitete. In ihrer Abschiedsrede hob die scheidende Magistratin den Mahnfinger und wies darauf hin, dass der Weg der Schweiz darin bestehe, Minderheiten zu respektieren und Kompromisse zu suchen.

Gesamterneuerungswahlen des Bundesrats 2015 – Nachfolge Eveline Widmer-Schlumpf
Dossier: Bundesratswahlen seit 2008

Als Wahlziel der CVP für die eidgenössischen Wahlen 2015 definierte ihr abtretender Parteipräsident Christophe Darbellay (cvp, VS) einen Wählerinnen- und Wähleranteil von 14 Prozent. Mit Konzentration auf die Familienpolitik und die Verteidigung des Mittelstandes wollte Darbellay also 1.7 Prozentpunkte zulegen. Entsprechend war auch der Slogan des Wahlprogramms 2015: «Die Schweiz – unsere Familie». Gemäss Programm sollen Familie und Mittelstand unter anderem durch stabile Sozialwerke, ein leistungsstarkes Bildungssystem, eine gesunde und intakte Umwelt und eine konstruktive Migrationspolitik gestärkt werden. In den Medien wurde prognostiziert, dass die CVP wohl erneut zu den Verliererinnen gehören werde. In 16 kantonalen Wahlen habe sie verloren und obwohl sie die «Königin der Abstimmungen» sei – auch 2015 gehörte die CVP gemessen an ihren Parolen bei fast allen Abstimmungen zu den Siegerinnen –, habe sie es bei den Wählenden schwer, titelte etwa der Tages-Anzeiger. Diese Brückenbauerfunktion bei Abstimmungen nütze ihr bei den Wahlen nichts, befand auch die NZZ. Die Partei habe zwar mit Doris Leuthard eine «populäre Bundesrätin», der «Spagat zwischen den konservativen Stammlanden und dem progressiven Mittelstand» mache der Partei aber zu schaffen, urteilte der Sonntags-Blick. Und auch Le Temps sah das Problem der Partei vor allem darin, dass sie «entre fermeté et humanisme» oszilliere. Auch die geplatzte Allianz mit der BDP dürfte der CVP kaum helfen, zu wachsen, vermutete die NZZ.

Wahlziele der CVP für die Wahlen 2015

Ende Januar 2015 legten die CVP und ihr ältestes Nationalratsmitglied Jacques Neirynck (cvp, VD) ihren Streit bei. Nachdem der 83-jährige Neirynck, der für die Christdemokraten insgesamt 12 Jahre (1999-2003 und 2007-2015) im Parlament gesessen hatte, gedroht hatte, einer anderen Partei beizutreten, weil die CVP nicht ihn, sondern Claude Béglé (cvp, VD) als Spitzenkandidat unterstützen wollte, lenkte die CVP Waadt schliesslich ein und erlaubte ihrem Doyen eine Kandidatur für den National- und den Ständerat, allerdings nicht auf der Haupt-, sondern auf der CVP-Seniorenliste.
Bei den Wahlen schaffte es Béglé, den einzigen Nationalratssitz der CVP zu verteidigen – in den Ständeratswahlkampf konnte die CVP hingegen nicht eingreifen. Der ehemalige umstrittene Postchef Béglé erhielt letztlich wohl auch dank seinem Spitzenplatz auf der Hauptliste rund 5'000 Stimmen mehr als sein grösster Konkurrent Neirynck, der seinerseits in einem Interview im Nachgang der Wahlen bedauerte, dass die CVP nun wohl nach rechts rutschen werde.

CVP Jacques Neirynck

2014 schlug der Parteipräsident der SVP, Toni Brunner (svp, SG), der FDP flächendeckende Listenverbindungen für die eidgenössischen Wahlen im Herbst 2015 vor. Laut Medien erklärte sich die SVP dazu bereit, in kleinen Kantonen auf eigene Kandidierende zu verzichten, wenn überall sonst eine Allianz gebildet werde. Die FDP tat sich allerdings schwer mit diesem Angebot. Rein rechnerisch sind Listenverbindungen für den kleineren Partner in der Regel nicht vorteilhaft. Aber auch inhaltlich sahen zahlreiche FDP-Kantonalsektionen zu wenig Nähe zur SVP, um eine Zusammenarbeit einzugehen.
Vor diesem Hintergrund erteilte FDP-Parteipräsident Philipp Müller (fdp, AG) der SVP im Januar 2015 eine Absage für flächendeckende Listenverbindungen. In einzelnen Kantonen sei dies denkbar, die Basis sei aber in der grossen Mehrheit gegen eine engere Zusammenarbeit mit der SVP, die sich zusehends «radikalisiere», so Müller. Auch ein inhaltlicher bürgerlicher Schulterschluss – ein solcher war zusammen mit SVP und CVP vor allem in Wirtschaftsfragen geplant – dürfe nicht «zur Selbstaufgabe führen»; wenn sich die FDP der nach rechts driftenden SVP annähere, würde sie ihr «historisches Erbe» aufgeben. Die Weltwoche machte aus dem bürgerlichen Schulterschluss flugs einen «bürgerlichen Schulterschuss».
Bei einigen aktuellen kantonalen Parlaments- und Regierungswahlen (z.B. Luzern, Zürich oder Basel-Landschaft) war die Zusammenarbeit zwischen FDP und SVP zwar durchaus erfolgreich gewesen, kantonale Wahlen seien aber nicht das gleiche wie nationale Wahlen. Die nationale FDP-Parteispitze empfahl deshalb im Mai 2015 den Kantonalsektionen aus wahlarithmetischen und inhaltlichen Gründen, auf Listenverbindungen zu verzichten. Der Alleingang schärfe das Profil und demonstriere Unabhängigkeit, verteidigte der FDP-Präsident diese Empfehlung in den Medien. Das System Schweiz sei «nicht geeignet für verpflichtende Allianzen».
Letztlich verbanden sich die SVP und die FDP lediglich in den Kantonen Aargau, Basel-Landschaft und Schaffhausen. Die Nicht-Allianz zwischen den beiden Parteien trieb dabei seltene Blüten: Im Kanton Waadt nahm die jahrzehntelange Zusammenarbeit – als «exception vaudoise» bekannt – ein Ende. Und im Kanton Luzern verbanden sich die «Schwarzen» (FDP) zum ersten Mal überhaupt mit den «Roten» (CVP), was als Folge des verhinderten Zusammengehens von FDP und SVP interpretiert wurde.

FDP gegen Listenverbindungen mit der SVP

Die Bilateralen Verträge seien der «Königsweg für die Beziehungen zur EU» – so das Credo der FDP, deren Delegierten an ihrer Versammlung Ende Juni 2015 in Amriswil ein Grundsatzpapier zur Ausrichtung der Europapolitik verabschiedeten. Nach dem Ja zur Masseneinwanderungsinitiative solle zwar die Zuwanderung besser kontrolliert, aber auch die Bilateralen gestärkt und modernisiert werden. Das Ja sei nicht als Nein zum bilateralen Weg zu deuten, so das Papier. Bedingung für erneuerte Beziehungen sei aber, dass die Stimmbevölkerung das letzte Wort bei der Übernahme von EU-Recht haben müsse. In einem Interview mit der «Schweiz am Wochenende» gab Parteipräsident Philipp Müller (fdp, AG) zu Protokoll, dass sich die FDP der «ultimativen Schlacht um die Rolle der EU» lustvoll stellen und sich dafür einsetzen werde, dass die bilateralen Verträge erhalten bleiben und weiterentwickelt werden. Umfragen schienen der Positionierung der FDP recht zu geben. Nicht mehr der SVP wurde viel Kompetenz in der EU-Politik zugeschrieben, sondern vermehrt dem Freisinn.

FDP Europa im Wahlkampf

Mitte Oktober präsentierte die CVP ihr aktualisiertes Positionspapier zur Bildungspolitik. Die Partei lobte das duale Bildungssystem – hochstehende schulisch-akademische Bildung auf der einen und leistungs- und arbeitsmarktorientierte Berufsbildung auf der anderen Seite – sah aber trotz hoher Qualität Handlungsbedarf. Herausforderungen wie der demographischen Entwicklung, der Migration, der Vereinbarkeit von Beruf und Familie oder dem Zwang zu lebenslanger Weiterbildung müsse man mit einer Stärkung des gesamten Bildungsraums auf allen Ebenen, von der Volksschule bis zur Hochschule, begegnen. Sparprogramme auf Kosten der Bildung oder die „Verpolitisierung” der Schule müssten verhindert werden, indem klare Zuständigkeiten von Schule und Politik definiert würden. Die CVP setze sich ausdrücklich für eine konsequente Umsetzung des Harmos-Konkordats und eine Aufwertung des Lehrerberufes ein. Für das Gymnasium würden kantonal einheitliche Qualitätsstandards gefordert und die Profile der drei Hochschultypen Fachhochschule, pädagogische Hochschule und universitäre Hochschule müssten beibehalten werden.

CVP Positionspapier Bildungspolitik

Mitte Oktober 2015 präsentierte die CVP ein Positionspapier zur Gesundheitspolitik und zwar konkret zur Pflege, einem „zentralen und oft vernachlässigten Thema“. In Anbetracht der Zunahme der Zahl älterer Menschen und der damit verbundenen Pflegebedürftigkeit stehe das Pflegesystem vor grossen Herausforderungen. Deshalb seien konkrete Lösungen gefordert. Die CVP schlug etwa Betreuungsgutschriften, ein System von Zeitgutschriften oder die Förderung von betreutem Wohnen vor. Die Pflege dürfe nicht nur durch Patientinnen und Patienten, sondern müsse zu gleichen Teilen auch durch die öffentliche Hand und durch die Krankenkassen finanziert werden. Die Quersubventionierung von Pflegeheimen – also die Belastung der Patientinnen und Patienten mit von der Krankenkasse nicht abgedeckten Pflegekosten von Betreuung oder Hotellerie – müsse gestoppt werden. Gefordert wurden zudem die Behebung des Fachkräftemangels und eine Reduktion der Abhängigkeit von Pflegepersonal ausländischer Herkunft.

CVP Positionspapier Gesundheitspolitik

Anfang Oktober 2015 präsentierte die CVP ein bereits im Juli erstelltes Positionspapier zur Sicherheitspolitik. Konkret ging es der Familienpartei um die Bekämpfung häuslicher Gewalt. Opfer häuslicher Gewalt müssten besser über ihre Rechte und Möglichkeiten informiert und eng von Opferhilfestellen sowie Strafverfolgungsbehörden begleitet werden. Dadurch soll rasch festgestellt werden können, ob sie vom Täter unter Druck gesetzt werden. Weiter forderte die CVP, dass die Einstellung eines Verfahrens nur bei Ersttätern möglich ist. Wiederholungstäter dürften keine Schonung erwarten. Verlangt wurde auch die Einführung von kantonalen Gewaltschutzgesetzen, wie sie etwa der Kanton Zürich kennt. Zudem müssten Ärzte im Verdachtsfall immer nachfragen, ob Misshandlung vorliegt; dies werde in der Praxis nicht selten vernachlässigt.

CVP Positionspapier Sicherheitspolitik

Kurz vor den eidgenössischen Wahlen 2015 veröffentlichte die CVP ein Positionspapier zur Sportpolitik. Der Sport erhalte zu wenig politische Unterstützung, obwohl er Gesundheit, Wohlbefinden, Erziehung, Zusammenleben und Integration positiv beeinflusse. Im Rahmen der Vernehmlassung zur VBS-Gesamtschau Sportförderung stellte die CVP sechs zentrale Forderungen auf. In der Volksschule sollten drei Lektionen Sportunterricht fix im Stundenplan vorgesehen sein. Der Besuch dieser Lektionen, also auch des Schwimmunterrichts, müsse obligatorisch sein. Für Jugend und Sport (J+S) wurden mehr Geld und ausgebaute Ausbildungsmöglichkeiten für Jugendliche gefordert. Schliesslich verlangte die CVP ein nationales Schneesportzentrum und bessere Angebote am Arbeitsplatz, mit denen Möglichkeiten für eine sportliche Betätigung, z.B. während der Mittagspause, geschaffen werden.

CVP Positionspapier Sportpolitik

Man strebe gesunde Staatsfinanzen an, weil ein ausgeglichener Haushalt Ziel einer verantwortungsvollen Politik sei, liess sich die CVP in einem Positionspapier zur Finanzpolitik vernehmen. Das Defizit von CHF 124 Mio. in der Staatsrechnung 2014 wurde als Zeichen für schlechtere Aussichten und einen Rückgang des Wirtschaftswachstums interpretiert. Mit „konstruktiven Lösungsansätzen“ wollten die Christlichdemokraten die Bundesfinanzen im Gleichgewicht behalten. Geworben wurde im Positionspapier etwa für eine weitere Reduktion der Staatsverschuldung, für ein weniger starkes Wachstum der Staatsausgaben oder für mehr Zurückhaltung bei mehrjährigen Finanzbeschlüssen, um den Handlungsspielraum des Parlaments flexibel zu halten.

CVP - Position zu Finanzpolitik

Rund 800 Parteimitglieder nahmen Ende August 2015 am CVP-Sommerparteitag in Le Châble (VS) teil und verabschiedeten ein Zukunfts-Manifest. Die extremistische Politik von links und rechts bringe Wohlstand und Sicherheit in der Schweiz in Gefahr, so Parteipräsident Darbellay zum Auftakt. Es gelte, den Standort Schweiz zu sichern. Dies sei nur dank Innovationsförderung – hier forderte die CVP einen Zukunftsfonds – und einer starken Flüchtlings- und Asylpolitik möglich, wobei – dies wurde von Bundesrätin Doris Leuthard betont – vor allem eine verstärkte Hilfe vor Ort angestrebt werden müsse. Weitere zentrale Forderung des Manifests ist die Regelung des Verhältnisses der Schweiz mit der EU. Diese Absicht wurde am Parteitag auch durch zwei Gäste unterstrichen. Der französische Präsident der Europäischen Volkspartei, Joseph Daul, sowie der amtierende Aussenminister Österreichs, Sebastian Kurz, beehrten die Christlichdemokraten im Wallis.

CVP-Parteitag in Le Châble

Nach langer Krankheit verstarb die ehemalige Präsidentin der FDP Christiane Langenberger (fdp, VD) Mitte August 2015 im Alter von 74 Jahren. Die Waadtländerin, die von 1995 bis 1999 im Nationalrat und anschliessend bis 2007 im Ständerat sass, war nicht nur die erste FDP-Ständerätin, sondern auch die erste Frau an der Spitze des Freisinns. Sie übernahm das Präsidium 2003 nach dem Rücktritt von Gerold Bührer (fdp, SH) als Vizepräsidentin zuerst ad interim und wurde in der Folge von einer innerlich zerstrittenen Partei in ihrem Amt bestätigt. Als Frau und als «Welsche» habe sie innerhalb der Partei einen schweren Stand gehabt, resümierte der Tages-Anzeiger in seinem Nachruf. Die schlechten Resultate bei den nationalen Wahlen 2003 hätten ihre Position derart geschwächt, dass sie 2004 zurücktreten musste. Langenberger war 1998 Bundesratskandidatin und musste sich erst im fünften Wahlgang dem späteren Bundesrat Pascal Couchepin beugen. Die «Vorkämpferin für die Frau», wie sie die Aargauer Zeitung betitelte, habe ihre Bundesratskandidatur als «Frauenkandidatur» verstanden und sei mit ihrem «moderaten Feminismus», mit dem sie Vereinbarkeit von Beruf und Familie forderte, ein Vorbild gewesen.

Christiane Langenberger verstorben

Rund drei Monate vor den eidgenössischen Wahlen 2015 gründete die CVP ihr Netzwerk „CVP International”. Ziel sei eine Vernetzung der Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer. Mit dem von Filippo Lombardi, Patricia Mattle, Raymond Loretan und Daniel Wyss co-präsidierten Gremium soll ein Sprachrohr für die Anliegen der fünften Schweiz geschaffen werden. Das Gremium wolle sich für die Rechte der Schweizerinnen und Schweizer im Ausland einsetzen und sich für E-Voting stark machen. In der Pressemitteilung Ende Juli wurde zudem darauf hingewiesen, dass die CVP für die Wahlen 2015 keine Auslandschweizerliste vorsehe, sondern dass Kandidierende aus dem Ausland in die kantonalen Listen integriert würden.

CVP International

Die so genannte Lex Leuenberger, eine Karenzfrist für die Übernahme von Mandaten durch ehemalige Bundesrätinnen und Bundesräte, war zwar in der Zwischenzeit kein Thema mehr, in einem Interview mit dem Westschweizer Radio RTS plauderte der ehemalige SP-Bundesrat aber aus dem Nähkästchen. Er sei von seiner Partei fallengelassen und zu seinem Rücktritt gedrängt worden. Tatsächlich war der Ausstieg Leuenbergers aus der Exekutive 2010, trotz 15-jähriger Amtszeit, ziemlich überraschend gekommen. Er habe deshalb wohl "etwas zu nervös" Job-Angebote gesucht und das Implenia-Mandat angenommen. Es war dieser Einsitz im Verwaltungsrat der Baufirma, der ursächlich war für die Kritik am ehemaligen Infrastrukturminister sowie für die Idee einer Lex Leuenberger. Er habe das Amt damals auch deshalb übernommen – so Leuenberger weiter –, um seine Partei ein wenig zu provozieren. Er habe aber rasch eingesehen, dass das nicht sehr weise gewesen sei und deshalb sein Verwaltungsratsmandat nach zwei Jahren wieder abgegeben.

Karenzfrist für die Übernahme von Verwaltungsratsmandaten (Pa. Iv. 10.511)
Dossier: Karenzfrist für Bundesratsmitglieder

Einen starken Service public forderte die CVP in einem entsprechenden Positionspapier, das sie Ende Juni 2015 den Medien vorlegte. Die Christlichdemokraten betrachten den Service public als „wesentliches Element des schweizerischen Staatsverständnisses” sowie „als Teil der nationalen Identität“. Damit die Grundversorgung in der Infrastruktur weiterhin gelingt, stellte die CVP einige Forderungen auf. Unter anderem sollen auch private Firmen den Service public wettbewerblich erbringen, die Post solle neue Geschäftsfelder entwickeln dürfen, um die Grundversorgung mit wirtschaftlichen Leistungen erbringen zu können, und die Roaming-Kosten seien zu senken. Im Positionspapier werden auch anstehende Abstimmungen thematisiert. Laut der CVP müssen für die Erhaltung des Service public die gleichnamige Volksinitiative sowie die Milchkuh-Initiative abgelehnt werden. Die Energiestrategie 2050 hingegen soll die Versorgungssicherheit gewährleisten. Um die sprachliche und kulturelle Vielfalt der Schweiz zu garantieren, brauche es zudem eine starke SRG – eine Forderung, die in den Medien in den Zusammenhang der Abstimmung zum RTVG gestellt wurde.

CVP - Position zu Service public

Als «unglaublichen Fall Schlegel» bezeichnete die Weltwoche den vom rechtskonservativen Blatt provozierten Rücktritt des ehemaligen St. Galler Kantonsratspräsidenten Paul Schlegel (SG, fdp), der für die FDP für die Nationalratswahlen 2015 antreten wollte. Der Unternehmer der «Schlegel Group», Treiber der «Expo Bodensee – Ostschweiz 2027» und im Kanton St. Gallen als «König des Rheintals» bekannte Schlegel habe wiederholt Sozialversicherungsbeiträge von Mitarbeitenden nicht bezahlt, sei verschuldet und schon mehrmals betrieben worden, so die Weltwoche. Die FDP St. Gallen reagierte rasch und Schlegel musste sich vor dem Parteiausschuss erklären. Nach dieser Aussprache trat Schlegel von allen Ämtern und auch als Nationalratskandidat zurück. In den Medien gab Schlegel bekannt, alle Ausstände in der Zwischenzeit beglichen zu haben.
Die Geschichte löste in der Folge interessante Mediendebatten aus. Mit Blick auf die FDP wurde etwa von einem «Kulturwechsel» gesprochen. Die Werte der Partei würden neu höher gewichtet als persönliche Interessen. Diskutiert wurde freilich auch, ob unternehmerische Fehler derartige Auswirkungen haben dürften und ob dies nicht dazu führe, dass Unternehmerinnen und Unternehmer sich in der Politik immer seltener engagierten. Der FDP wurde vorgeworfen, die eigenen Kandidierenden nicht genau zu prüfen. Diese wehrte sich, dass die Wahlvorschläge von der Basis kämen, die die Kandidierenden am besten kennen würde. Zudem passe der mehrfach wiedergewählte Schlegel mit seinem grossen politischen Engagement sehr gut ins Profil der FDP; man durchleuchte aber nicht die unternehmerischen Tätigkeiten von Kandidierenden.
Unklar blieb zuerst die Frage, ob die FDP nun mit 11 Kandidierenden und einer leeren Zeile zu den Wahlen antreten müsse. In der Tat war die Nachmeldung eines neuen Kandidierenden nicht möglich, wohl aber eine Vorkumulation. Die FDP entschied sich in der Folge, den amtierenden Nationalrat Walter Müller (fdp, SG) zwei Mal auf die Liste zu setzen.

FDP Fall Schlegel