Absolventinnen und Absolventen der Berufsmatura sollen ohne Aufnahmeprüfung zum Studium als Primarlehrerin oder Primarlehrer an der PH zugelassen werden. Dieser Meinung war in der Frühjahrssession 2023 eine Mehrheit des Nationalrates und nahm eine entsprechende von einer Mehrheit seiner WBK-NR getragene Motion (Mo. 22.4268) mit 122 zu 41 Stimmen bei 23 Enthaltungen an. Innerhalb der verschiedenen Fraktionen zeigten sich die Nationalrätinnen und Nationalräte gespalten – einzig jene aus der Mitte-Fraktion stimmten geschlossen für die Motion. Gleichzeitig hiess die grosse Kammer stillschweigend auch ein Postulat (Po. 22.4267) derselben Kommission gut, wonach die Zugangsvoraussetzungen an den Pädagogischen Hochschulen sowie eine spezielle Berufsmaturitäts-Ausrichtung Pädagogik geprüft werden sollen. Der Zugang zur Pädagogischen Hochschule mit einer Berufsmatura ist heute erst nach einem Aufnahmekurs und einer Aufnahmeprüfung möglich und die Berufsmatura bringe keinen Vorteil gegenüber Anwärterinnen und Anwärtern ohne diesen Abschluss, wie Mehrheitssprecher Simon Stadler (mitte, UR) im Rat kritisierte. Mit dem Abbau der Hürden könne der Berufsmatura mehr Wertschätzung entgegengebracht und dem Lehrpersonenmangel, welcher die Schweiz gemäss BFS noch bis ins Jahr 2031 und darüber hinaus beschäftigen werde, entgegengewirkt werden, erläuterte der Urner weiter. Auch Kommissionssprecherin Valentine Python (gp, VD) erinnerte daran, dass es im heutigen Ausbildungssystem wichtig sei, verschiedene Ausbildungswege zu ermöglichen. Der Zugang zu den pädagogischen Hochschulen sollte daher nicht nur über den Weg der gymnasialen Maturität betrachtet werden. Als Teil der Gegnerschaft erwiderte Florence Brenzikofer (gp, BL), dass der prüfungsfreie Zugang «Tür und Tor öffnen» könne, um weitere Hürden zu senken. Ins gleiche Horn blies auch Verena Herzog (svp, TG), welche bei Annahme der Motion eine Schwächung des Images des Lehrerberufs befürchtete. Die Genferin Simone De Montmollin (fdp, GE), Anführerin der Kommissionsminderheit, mahnte zudem davor, in die Kompetenzen der Kantone einzugreifen. Ferner war sie der Ansicht, dass nur die bestehenden Zulassungsbedingungen sicherstellten, dass die Interessierten ein angemessenes Wissensniveau verfügten. Die Unterschiede zwischen den drei Hochschulsystemen sollten zudem erhalten bleiben. Des Weiteren müssten die wirklichen Probleme des Lehrkräftemangels – etwa die Teilzeitarbeit oder die hohe Berufsausstiegsquote – angegangen werden. Es sei deshalb logisch, zuerst das weniger umfassende Postulat der Kommission anzunehmen, welches den Bundesrat beauftragt, in Zusammenarbeit mit der EDK Verbesserungsmöglichkeiten für den Zugang mit einer Berufsmaturität zur PH zu prüfen und daraus Einsichten zu gewinnen. Dieser Meinung schloss sich auch Bildungsminister Guy Parmelin an, der davor warnte, «den Pflug vor den Ochsen zu setzen» und bereits eine Massnahme zu beschliessen, ohne die Situation vorher zu analysieren. Des Weiteren sei es in diesem Bereich wichtig, die Kompetenzen von Bund, den Kantonen und der EDK zu beachten und Änderungen nur in Zusammenarbeit anzugehen. Er präzisierte gegenüber Simon Stadler schliesslich, dass die Zulassungsprüfung und der Vorbereitungskurs, die eine breite Allgemeinbildung sicherstellen, für Personen mit und ohne Berufsmaturitätsabschluss nicht identisch seien, womit Vorkenntnisse bereits jetzt beachtet würden.
Das Postulat überwies der Nationalrat direkt an den Bundesrat, mit der weitergehenden Motion wird sich noch der Ständerat als Zweitrat befassen müssen.

Prüfungsfreier Zugang mit der Berufsmatura zu Pädagogischen Hochschulen für die Ausbildung zur Primarlehrperson (Mo. 22.4268 & Po. 22.4267)
Dossier: Mangel an Lehrpersonen