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Im März 1992 gab der Bundesrat die Unterlagen für die Ratifizierung von drei UNO-Drogenkonventionen in die Vernehmlassung. Während der Beitritt zum Psychotropen-Abkommen von 1971 und zum Zusatzprotokoll von 1972 zum Einheitsübereinkommen von 1961 kaum bestritten war, schieden sich die Geister an der Wiener Konvention von 1988, welche aufgrund ihrer repressiven Grundhaltung jeden liberalen Ansatz in der Drogenpolitik verunmöglichen würde. Der Bundesrat schloss deshalb nicht mehr aus, die Auswirkungen dieses Abkommens auf die Schweiz allenfalls mit einer auslegenden Erklärung abzuschwächen. Dennoch lehnten FDP, SP und GPS sowie mehrere Kantone und der Städteverband eine Ratifikation ab, da sie zu einem ungünstigen Zeitpunkt erfolge und falsche Signale setze. CVP und SVP stimmten dem Beitritt aus Gründen der internationalen Solidarität zu, votierten aber für verschiedene Vorbehalte.

Ratifikation von internationalen Betäubungsmittelabkommen (BRG 94.059)
Dossier: Revision Betäubungsmittelgesetz (BetmG) 2001-2004

Der Bundesrat beantragte dem Parlament die Ablehnung der «Zwillingsinitiativen» zur Verminderung der Alkohol- und Tabakprobleme, welche 1989 mit der Forderung nach einem totalen Werbeverbot für Alkoholika und Tabakwaren eingereicht worden waren, und leitete den Räten seine Botschaft für einen indirekten Gegenvorschlag auf Gesetzesstufe zu. Dabei zeigte er Bereitschaft, den in der Vernehmlassung vorgebrachten Bedenken der betroffenen Kreise (Industrie, Gewerbe, Medien) zumindest teilweise Rechnung zu tragen und seinen ursprünglichen Vorschlag etwas zu lockern. Als Erklärung für diesen partiellen Rückzieher – beispielsweise bei der Tabakwerbung in den Printmedien oder beim Sponsoring – führte er an, dass neben der hohen Priorität, welche dem Gesundheitsschutz der Bevölkerung gebühre, auch die Handels- und Gewerbefreiheit, die Rechtsgleichheit und das Informationsbedürfnis der Konsumentinnen und Konsumenten berücksichtigt werden müssten.
Strikt verboten sein soll die Werbung am Schweizer Radio und Fernsehen, bei den Lokalradios, in den Kinos und auf Plakatwänden. In allen anderen Bereichen würde die Werbung bloss eingeschränkt. An den Verkaufsstellen darf informativ geworben werden. Degustationen bleiben hier – mit Ausnahme der gebrannten Wasser – erlaubt, hingegen dürfen keine Gratismuster von Raucherwaren mehr abgegeben werden. Sachbezogene Werbung für Alkoholika und Tabak soll auch in den Printmedien mit Ausnahme der Jugendzeitschriften möglich sein. Ebenfalls zugelassen bleiben das Sponsoring und die Markendiversifizierung, sofern damit nicht die Förderung des Verkaufs von Alkohol und Tabakwaren bezweckt wird. Das Aktionskomitee zeigte sich enttäuscht vom Gegenvorschlag und beschloss, seine Initiativen nicht zurückzuziehen.

Zwillingsinitiativen für ein Tabak- und Alkoholwerbeverbot und indirekter Gegenvorschlag (BRG 92.031)
Dossier: «Zwillingsinitiativen», indirekter Gegenvorschlag und andere Präventionsmassnahmen zwischen 1990 und 2000

Im Berichtsjahr 1992 gerieten vor allem die Arzthonorare unter Beschuss. Die von Bundesrat Cotti bei der Beratung des zweiten Massnahmenpakets gegen die Kostensteigerung im Gesundheitswesen angeführten Zahlen über das Durchschnittseinkommen der Ärzte wurden von deren Standesorganisationen zwar heftig bestritten. Doch ergaben Studien, dass die Ärzte in weit grösserem Ausmass für den Kostenschub verantwortlich sind als bisher angenommen. Die teilweise verweigerte Erhöhung der Tarife wurde in den letzten Jahren durch eine massive Mengenausweitung mehr als nur kompensiert. Teuerungsbereinigt nahm das durchschnittliche Einkommen pro Arzt in den letzten acht Jahren um 12 Prozent zu, dasjenige der arbeitenden Gesamtbevölkerung nur um 7 Prozent. Die Untersuchungen zeigten aber auch krasse Unterschiede innerhalb der Ärzteschaft: Ein Viertel der Ärzte, vornehmlich Chefärzte und Spezialisten, kassierte die Hälfte der Krankenkassenleistungen, während das Nettoeinkommen der praktischen Ärzte im Mittel abnahm.

Entwicklung der Arzthonorare (1992)

Das Schweizerische Rote Kreuz (SRK) und sein Blutspendedienst übernahmen die Mitverantwortung für die rund 200 bis 300 Bluter und Transfusionsempfänger, die durch HIV-verseuchte Blutkonserven mit dem Virus angesteckt worden sind. Zusätzlich zum bestehenden Notfall-Fonds wurden Rückstellungen von CHF 1 Mio. für AIDS-Betroffene getätigt. Das SRK betonte, dass sich in der Schweiz im Vergleich zum Ausland bedeutend weniger HIV-Infektionen auf diesem Weg ereignet hätten. Ein Grossteil der Infizierungen sei vor Mitte 1985 erfolgt, zu einem Zeitpunkt also, da noch keine Möglichkeit bestand, sämtliche Blutspenden auf eine eventuelle HIV-Positivität hin zu kontrollieren.

Entschädigung für durch verseuchte Blutkonserven mit HIV angesteckte Personen (1990–1993)
Dossier: HIV-verseuchte Blutkonserven

Eine Motion Cavadini (fdp, TI; Mo. 90.915) für höhere Bundesbeiträge an die Krebsforschung wurde abgeschrieben, da vom Bundesrat in seiner Botschaft über die Förderung der Wissenschaft 1992–1995 bereits berücksichtigt. Im Ständerat wurde eine analoge Motion Huber (cvp, AG; Mo. 90.899) aus denselben Gründen zurückgezogen. Hingegen überwies die grosse Kammer diskussionslos ein von Baumberger (cvp, ZH) übernommenes Postulat Eisenring (cvp, ZH; Mo. 91.3342), welches den Bundesrat einlädt, seine Mittel im Bereich der Erforschung der Multiplen Sklerose (MS) deutlich zu erhöhen.

Vorstösse für höhere Beiträge an die medizinische Forschung (1991)

Einem der Kritikpunkte des OECD-Berichtes, nämlich der mangelhaften überkantonalen Zusammenarbeit, rückten die Welschschweizer Kantone konkret zu Leibe. Sie schlossen eine Konvention ab, mit welcher kantonale und ausserkantonale Patienten bei den Tarifen der allgemeinen Abteilung der Spitäler gleichstellt werden. Damit kann unter anderem eine rationellere Nutzung kostenintensiver Einrichtungen erreicht werden. Mit ihrem Entschluss, inskünftig enger zusammenarbeiten zu wollen, leisteten auch die Universitätsspitäler von Lausanne und Genf einen Beitrag zur Vermeidung von teuren Doppelspurigkeiten.

Konvention der Westschweizer Kantone zur Gleichstellung von kantonalen und ausserkantonalen Patienten bei den Tarifen der allgemeinen Abteilung der Spitäler (1991)

Im Rahmen des Nationalen Forschungsprogramms «Die Gesundheit des Menschen in seiner heutigen Umwelt» (NFP 26) widmeten sich verschiedene interdisziplinäre Untersuchungen dem Ausmass, den Mechanismen und den Auswirkungen der gesellschaftlichen Ausgrenzung von HIV-Infizierten und AIDS-Kranken. Fazit der Studien war, dass dieses Thema nur zusammen mit der wachsenden Intoleranz gegenüber den Randgruppen ganz allgemein angegangen werden kann. Im November 1991 lief eine vom BAG und der Stiftung zur Förderung der Aidsforschung unterstützte Studie zur Frage an, ob bei HIV-Positiven Ausbruch und Verlauf der Krankheit von virusunabhängigen Faktoren beeinflusst werden. Im Zentrum des Interesses stehen zusätzliche Faktoren, welche die Funktionsweise des Immunsystems beeinträchtigen können, wie etwa Stress, Konsum von Drogen oder Alkohol, mangelhafte Ernährung und Rauchen.

Die Gesundheit des Menschen in seiner heutigen Umwelt (NFP 26)

Keine zehn Tage nach der Drogenkonferenz zeigte sich ziemlich überraschend, dass zumindest in der Einschätzung der offenen Szenen bereits ein gewisser gesamtschweizerischer Konsens eingetreten war: Die im Städteverband zusammengeschlossenen Städte kündigten an, in den kommenden Monaten in einer koordinierten Aktion die offenen Drogenszenen zum Verschwinden bringen und die auswärtigen Fixer und Fixerinnen von der Polizei zwangsweise in ihre Wohn- oder Heimatgemeinden zurückschaffen zu wollen,, um diese vermehrt in die Verantwortung für die Drogenkranken miteinzubeziehen. Obgleich namhafte Strafrechtler bezweifelten, dass diese Abschiebungen rechtlich überhaupt zulässig seien, und Drogenfachleute warnten, ohne Schaffung der entsprechenden Infrastrukturen (Unterkünfte, Sicherstellung der AIDS-Prävention) sei bei einer Auflösung der offenen Szenen mit vermehrten Drogentoten zu rechnen, liessen sich die Stadtbehörden von Bern und Zürich, die wegen der repressiven Haltung des Kantons Aargau und der Romandie besonders vom Drogentourismus betroffen sind, nicht von ihrem Vorhaben abhalten: Anfangs Dezember 1991 wurde der Berner Kocherpark, wo die Fixer nach mehrfacher Vertreibung aus politisch nicht genehmen Standorten – unter anderem die Bundeshausterrasse – eine gewisse Betreuung und Geborgenheit erfahren hatten, nachts geschlossen; kurz nach Jahresende erfolgte auch die nächtliche Räumung der Zürcher Szene beim Platzspitz.

Koordinierte Aktion der Städte gegen die offene Drogenszene (1991–1995)

Unabhängig von einem eventuellen Vorbehalt bei der Wiener Konvention wird die Ratifizierung dieser Abkommen Teilrevisionen des BetmG notwendig machen. Der Ständerat überwies deshalb oppositionslos eine sehr vage gehaltene Motion des Nationalrates, mit welcher der Bundesrat beauftragt wird, dem Parlament möglichst rasch eine Revision des BetmG und allenfalls weitere gesetzliche Massnahmen im Bereich der Drogenbekämpfung vorzulegen. Die kleine Kammer nahm dieses Geschäft allerdings zum Anlass, der Landesregierung Hinweise für eine künftige gesamtschweizerische Drogenpolitik zu geben. Der allgemeine Tenor lautete, der Bund solle in der Drogenpolitik endlich eine klare Linie vorgeben, da nur eine einheitliche nationale Strategie zu einer Problemlösung führen könne. Ansätze für eine koordinierte Drogenpolitik hatte der Ständerat bereits im Vorjahr mit der Überweisung einer entsprechenden Motion Bühler (fdp, LU; Mo. 90.411) verlangt, welche nun ebenfalls vom Nationalrat angenommen wurde. Bei beiden Vorstössen hatte die Regierung im Erstrat Umwandlung in ein Postulat beantragt, widersetzte sich nun aber nicht mehr der verbindlichen Form.

Vorstösse für eine Teilrevisionen des BetMG (1991)

Die von Politikern, Medien und Fachleuten immer lauter geforderte Koordinationsaufgabe des Bundes bei der Definition einer gesamtschweizerischen Drogenpolitik versuchte die Regierung durch die Einberufung einer nationalen Drogenkonferenz am 1. Oktober wahrzunehmen, an welcher unter dem Vorsitz von Bundespräsident Cotti Mitglieder der Kantonsregierungen, Vertreter interkantonaler Gremien und des Städteverbandes sowie Beamte des EDI, des EJPD und des EDA das Massnahmenpaket des Bundes diskutierten. Die Arbeitstagung vermochte die bekannten Meinungsverschiedenheiten – so etwa zwischen einer mehr dem Liberalismus verpflichteten Deutschschweiz und einer der Repression zuneigenden Romandie – nicht auszuräumen und brachte ausser einem recht vagen Bekenntnis zu verstärkter Zusammenarbeit nichts grundsätzlich Neues.

Massnahmenpaket zur Drogenpolitik: Ärztlich kontrollierter Zugang zu Heroin (1991–1997)
Dossier: Bundesbeschluss über die ärztliche Verschreibung von Heroin

Politisch Verantwortliche der vom Drogenelend besonders betroffenen Städte sowie Drogenfachleute reagierten mit Unverständnis und Enttäuschung auf die in der Fragestunde der Wintersession 1991 erfolgte Ankündigung Cottis, bei den geplanten Versuchen Heroin nicht zulassen zu wollen. Als Alternative nannte der Vorsteher des EDI Morphin, welches als anerkanntes Medikament problemlos und in guter Qualität erhältlich sei. Er begründete seinen Entscheid mit den Bedenken, durch eine ärztlich verordnete Heroinabgabe könnte das BetmG ausgehöhlt werden. Seine Kritiker hielten ihm entgegen, die Versuche seien ja gerade geplant worden, um Erfahrungen im Hinblick auf eine Änderung der Betäubungsmittelgesetzgebung zu sammeln; Heroin von diesem Versuch auszuschliessen, bedeute, dass wirkliche Erkenntnisse nun gar nicht mehr möglich seien. Sie wiesen auch darauf hin, dass die Kantone für Versuche mit Morphin nicht der Zustimmung des Bundes bedurft hätten; da Morphin im Rahmen der kantonalen Gesundheitsgesetze mit Einwilligung der Kantonsärzte verschrieben werden kann, sei dies ein Schritt in die falsche Richtung, nämlich hin zu einem noch grösseren Föderalismus, wodurch die gravierenden regionalen Unterschiede noch verschärft würden.

Massnahmenpaket zur Drogenpolitik: Ärztlich kontrollierter Zugang zu Heroin (1991–1997)
Dossier: Bundesbeschluss über die ärztliche Verschreibung von Heroin

In Beantwortung einer Interpellation Piller (sp, FR) zur Kostenexplosion im Gesundheitswesen versprach Bundespräsident Cotti, dem Parlament noch vor Ablauf des Jahres Überbrückungsmassnahmen zur Kostendämpfung im Gesundheitssektor vorzulegen.

Dringliche Bundesbeschlüsse gegen die Entsolidarisierung und über die Kostendämpfung (BRG 91.069)
Dossier: Bundesbeschlüsse über befristete Massnahmen gegen die Kostensteigerung in der Krankenversicherung (1990-1994)

Die Jugendlichen in der Schweiz sind laut einer repräsentativen Umfrage zurückhaltender geworden beim Konsum legaler und illegaler Drogen. Der Anteil der Minderjährigen mit Rauschgifterfahrung hat seit 1986 nicht zugenommen; der Prozentsatz der jungen Zigarettenraucher und Alkoholkonsumenten ist sogar rückläufig.

Statistik zum Konsum legaler und illegaler Drogen von Jugendlichen (1991)

In ihrem Bericht über die Wirtschaftslage in der Schweiz widmete die OECD ein umfangreiches Sonderkapitel den komplexen Problemen, die sich in der Schweiz bei den Bemühungen um eine Reform des Gesundheitswesens stellen. Die Verfasser der Studie kamen zum Schluss, dass die medizinische Versorgung in der Schweiz ein sehr hohes Qualitätsniveau erreicht hat und dass sich die damit verbundenen Gesamtkosten pro Kopf der Bevölkerung im Rahmen vergleichbarer Industrieländer bewegen. Sie warnten aber vor den Kostenschüben, welche die steigende Überalterung der Bevölkerung auslösen wird, sowie vor den Folgen der praktisch inexistenten Konkurrenz unter den Anbietern von medizinischen Leistungen.

OECD-Studie zur Reform des Gesundheitswesens (1991)

Bund, Kantone und private Organisationen schlossen sich zu einer Pressekampagne zusammen, mit welcher Jugendliche über die Gefahren von Alkohol und Nikotin aufgeklärt werden sollten. Als erste Aktion wurde landesweit ein Jugendmagazin verteilt, welches zur Lektüre und Diskussion über Tabak und Alkohol anregen und den gesunden Lebensstil des Nicht-Rauchens propagieren will.

Pressekampagne über die Gefahren von Alkohol und Nikotin (1991)
Dossier: «Zwillingsinitiativen», indirekter Gegenvorschlag und andere Präventionsmassnahmen zwischen 1990 und 2000

Ständerat Jelmini (cvp, TI) zog seine parlamentarische Initiative für einen Artikel 24 BV zurück, welcher ermöglichen sollte, dass der Bund zum Schutz der Gesundheit und zur Verhütung von Unfällen Vorschriften erlassen und den Vollzug regeln kann.

Bund soll Vorschriften zum Schutz der Gesundheit und zur Verhütung von Unfällen erlassen können (Pa.Iv. 90.226)

Eine von 70 Abgeordneten aus allen Parteien mitunterzeichnete Motion Neukomm (sp, BE) verlangte von der Regierung, unabhängig von den anstehenden Teilrevisionen unverzüglich eine Totalrevision des BetmG einzuleiten und dem Parlament baldmöglichst den Entwurf zu einem Gesetz zu unterbreiten, das schwergewichtig eine gesamtschweizerische einheitliche Suchtprävention anstrebt und den Süchtigen vermehrt als Kranken und nicht primär als Kriminellen behandelt. Da Bundespräsident Cotti unter Hinweis auf das Massnahmenpaket glaubhaft machen konnte, dass die Politik des Bundes bereits in diese Richtung gehe – wobei er noch einmal betonte, dass sich nach Ansicht der Regierung im jetzigen Zeitpunkt eine Gesamtrevision des BetmG nicht aufdränge –, wurde die Motion diskussionslos nur in der Postulatsform überwiesen.

Forderung nach einer Totalrevision des BetMG (Mo. 91.3030)

Auch das Parlament vermochte hier keine anderen Zeichen zu setzen. Im Juni 1989 hatte der Berner LdU-Nationalrat Günter bereits einmal eine Motion für eine ärztlich kontrollierte Abgabe von Heroin eingereicht, die in der Herbstsession desselben Jahres im Rat bekämpft und nun, da seit zwei Jahren hängig, abgeschrieben wurde. Günter reichte daraufhin seine Motion im gleichen Wortlaut noch einmal ein. Aber nicht nur die Form, auch das Schicksal der beiden Vorstösse war identisch: Obgleich sich der Bundesrat erneut einer Entgegennahme in Form eines Postulates nicht widersetzte, musste die Diskussion wegen Opposition der Nationalräte Steffen (sd, ZH) und Scherrer (ap, BE) ausgesetzt werden. Die Motion wurde nach dem Ausscheiden Günters aus dem Rat abgeschrieben.

Ärztlich kontrollierte Heroinabgabe (Mo. 91.3192)
Dossier: Bundesbeschluss über die ärztliche Verschreibung von Heroin

Der Bundesrat will den «Zwillingsinitativen» zur Verminderung der Alkohol- und Tabakprobleme mit einem indirekten Gegenvorschlag auf Gesetzesebene entgegentreten und gab seinen Entwurf für eine Verschärfung der Werbeeinschränkungen für Tabakwaren und alkoholische Getränke im künftigen Lebensmittelgesetz und im Alkoholgesetz in die Vernehmlassung. Wegen der erwiesenermassen gesundheitsschädlichen Wirkung von Raucherwaren schlug er ein totales Werbeverbot für dieses Produkt in den inländischen Printmedien, auf Plakatwänden und in den Kinos vor. Aus Gründen der Machbarkeit – und weil ohnehin schon viele EG-Staaten ein generelles Verbot der Tabakwerbung kennen oder vorbereiten – verzichtete er auf eine Ausdehnung des Geltungsbereichs auf ausländische Medien. Die sachbezogene Information über Raucherwaren und alkoholische Getränke in den Verkaufsstellen soll weiterhin erlaubt sein. Da Alkohol nur im Abusus gesundheitsschädigend ist, kann nach Auffassung des Bundesrates die rein beschreibende Alkoholwerbung in den Printmedien beibehalten werden, nicht aber die allein zum Konsum animierende Reklame in den Kinos oder auf Plakaten.

Zwillingsinitiativen für ein Tabak- und Alkoholwerbeverbot und indirekter Gegenvorschlag (BRG 92.031)
Dossier: «Zwillingsinitiativen», indirekter Gegenvorschlag und andere Präventionsmassnahmen zwischen 1990 und 2000

Der Ständerat bereinigte – nicht ganz oppositionslos – die Differenzen im Sinn des Nationalrates und überwies anschliessend einstimmig die Motion der Nationalratskommission für ein Genomanalysengesetz. In der Schlussabstimmung wurde die Vorlage in der kleinen Kammer klar angenommen, im Nationalrat etwas weniger deutlich, da ihr die Liberalen, welchen die einschränkenden Regelungen zu weit gingen, die Zustimmung verweigerten.

Volksinitiative «gegen Missbräuche der Fortpflanzungs- und Gentechnologie beim Menschen» und Gegenvorschlag (BRG 89.067)
Dossier: Entwicklungen in der Fortpflanzungs- und Gentechnologie beim Menschen in den Neunzigerjahren

En cas d'accidents nucléaires provoquant la dispersion de substances radioactives, le Conseil fédéral a prévu, dans un projet d'ordonnance, de distribuer à l'ensemble de la population suisse des tablettes d'iode. La prise de telles tablettes a pour effet de bloquer la contamination des organes humains par la radioactivité en saturant ceux-ci d'iode inactif, ce qui permet de les préserver de l'iode radioactif.

Flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Jodtabletten

Mehr als fünf Jahre nach der Auftragserteilung veröffentlichte das Bundesamt für Gesundheitswesen (BAG) zwei Informationsbroschüren über Chemie und Radioaktivität. Die Initiative dazu geht auf die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl und das Chemieunglück in Schweizerhalle (BL) zurück. Die beiden Schriften enthalten Informationen über die Gefahren beim Austritt radioaktiver oder giftiger Substanzen in die Atmosphäre und geben Anweisungen, wie man sich bei einem Störfall zu verhalten hat. Ebenfalls fünf Jahre musste der Berner LdU-Nationalrat Günter warten, bis der Bundesrat dem ihm mit seiner Motion erteilten Auftrag (umgewandelt in ein Postulat) nachkam und das EDI anwies, die Rechtsgrundlagen für eine breite Jodabgabe an die Bevölkerung im Fall einer atomaren Katastrophe auszuarbeiten.

Informationsbroschüren über Chemie und Radioaktivität

Fünf Monate nach dem erstmaligen Auftreten des Rinderwahnsinns (BSE) in der Schweiz erliess die IKS vorbeugende Massnahmen gegen die nicht völlig auszuschliessende Ansteckung des Menschen über Medikamente mit Rinderbestandteilen. Produktion und Handel von fünf Arzneimitteln, die Extrakte von Rinderinnereien enthalten, wurden bis auf weiteres verboten.

Massnahmen gegen die Ansteckung des Menschen mit Rinderwahnsinn (1991)

Der Nationalrat überwies ein Postulat Zwygart (evp, BE) mit dem Ziel eines vermehrten Schutzes der Jugend vor Tabakmissbrauch. Der Postulant regte insbesondere ein Verbot des Verkaufs von Tabakwaren und der Verteilung von Gratismustern an Jugendliche sowie Massnahmen gegen die unkontrollierte Abgabe von Tabakwaren an Automaten an.

Postulat zum Schutz der Jugend vor Tabakmissbrauch (Po. 90.960)
Dossier: «Zwillingsinitiativen», indirekter Gegenvorschlag und andere Präventionsmassnahmen zwischen 1990 und 2000

Im Februar 1991 verabschiedete der Bundesrat das längst erwartete Massnahmenpaket zur Drogenpolitik, mit dem er ein deutlich stärkeres Engagement des Bundes zur Verminderung der Drogenprobleme in der Schweiz signalisieren wollte. Dabei hielt sich die Landesregierung aber weiterhin an die Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen gemäss geltendem Betäubungsmittelgesetz (BetmG), wonach die Kantone für Aufklärung, Beratung und Betreuung zuständig sind und dem Bund nur Unterstützungs- und Koordinationsaufgaben zukommen. Um diese Funktionen inskünftig besser wahrnehmen zu können, erhöhte der Bundesrat die finanziellen Mittel in diesem Bereich von CHF 200'000 auf CHF 8.5 Mio. für 1992 und CHF 8.7 Mio. für 1993; der für Drogenfragen zuständige Personaletat des BAG wurde von 1.6 auf 10 Stellen angehoben. Mit seinem Massnahmenpaket setzte sich der Bundesrat zum Ziel, bis 1993 eine Stabilisierung der Anzahl Drogenabhängiger und bis 1996 eine Reduktion um 20 Prozent zu erreichen.

Prävention, Ausbildung, Therapie und Forschung bilden die Hauptpunkte der bundesrätlichen Strategie. So beschloss die Landesregierung, ab Herbst eine gesamtschweizerische Medienkampagne durchzuführen, um einerseits das allgemeine Verständnis für die Ursachen und Probleme der Drogensucht, für die Prävention, die Therapie und die Betreuung zu fördern, andererseits zielgruppenspezifisch die potentiell Gefährdeten, insbesondere die Jugendlichen direkt anzusprechen. Als zweiter Schwerpunkt will der Bundesrat Ausbildungsprogramme der Kantone für Fachpersonal im präventiven Bereich oder zur Betreuung und Behandlung von Drogenabhängigen unterstützen. Bei den Forschungsaktivitäten wurde das Hauptgewicht auf Begleitforschung gelegt. So soll zum Beispiel abgeklärt werden, ob Präventionsmassnahmen die in sie gesteckten Erwartungen erfüllen. Auch wurde vorgesehen, die medizinisch verordnete Abgabe von Betäubungsmitteln an Abhängige sowie die sogenannten Fixerräume im Rahmen von wissenschaftlich abgestützten Pilotprojekten auf ihre Zweckmässigkeit hin zu untersuchen.

Entgegen den Empfehlungen, welche die Subkommission «Drogenfragen» der Eidgenössischen Betäubungsmittelkommission 1989 abgegeben hatte, und denen sich in der Folge 15 Kantone, vier Parteien (FDP, GPS, LdU, SPS) sowie die Landeskirchen anschlossen, konnte sich der Bundesrat zu keiner Entkriminalisierung des Drogenkonsums durchringen. Bundespräsident Cotti betonte, es sei nicht primär die von der Romandie und dem Tessin verfochtene harte Haltung, die den Bundesrat zu einem Verzicht auf eine Revision des BetmG bewogen habe, sondern der Umstand, dass auch die Nachbarländer ausnahmslos den Konsum und Kleinhandel bestraften und die Empfehlungen der internationalen Organisationen in die gleiche Richtung zielten.

Massnahmenpaket zur Drogenpolitik: Ärztlich kontrollierter Zugang zu Heroin (1991–1997)
Dossier: Bundesbeschluss über die ärztliche Verschreibung von Heroin