Suche zurücksetzen

Inhalte

  • Gesundheit
  • Ärztinnen, Ärzte und Pflegepersonal

Akteure

Prozesse

  • Volksinitiative
24 Resultate
Als PDF speichern Weitere Informationen zur Suche finden Sie hier

Im Sommer 2021 gab die Bundeskanzlei bekannt, dass die beiden Mobilfunk-Initiativen «Für einen gesundheitsverträglichen und stromsparenden Mobilfunk» und «Mobilfunkhaftungs-Initiative» nicht zustande gekommen sind. Die Initiativkomitees konnten die notwendige Zahl von 100'000 Unterschriften nicht innert der Sammelfrist zusammentragen. Die Forderungen der Mobilfunkhaftungsinitiative seien in der Folge in Form einer Petition mit circa 92'000 Unterschriften eingereicht worden, berichtete La Liberté.

Nicht zustandegekommene Mobilfunk-Initiativen (2019-2021)
Dossier: 5G – Mobilfunk, Strahlung und Gesundheit

Nachdem das Parlament den indirekten Gegenvorschlag zur Pflegeinitiative in der Frühjahrssession verabschiedet hatte, musste der Ständerat in der Sommersession 2021 noch über die Volksinitiative selbst befinden – der Nationalrat hatte seine ablehnende Empfehlung bereits in der Wintersession 2019 gefällt. Kommissionssprecher Erich Ettlin (mitte, OW) fasste noch einmal die Anliegen des Initiativkomitees zusammen und legte dar, inwiefern diese Forderungen im Gegenvorschlag aufgenommen worden waren. Er sei der Ansicht, dass man dem Initiativkomitee bereits «weit entgegengekommen» sei, weshalb die SGK-SR die Initiative zur Ablehnung empfehle. Marina Carobbio Guscetti (sp, TI) erklärte als Mitglied des Initiativkomitees, dass zwar die beiden Punkte zur Ausbildungsoffensive und zur Vergütung gewisser Pflegeleistungen durch die OKP ohne die Notwendigkeit einer ärztlichen Anordnung in den indirekten Gegenvorschlag integriert worden seien, dass aber mit den verbesserten Arbeitsbedingungen ein zentraler Aspekt der Initiative im Gegenvorschlag fehle. Es sei daher noch offen, ob das Initiativkomitee die Initiative zurückziehen werde. Für Gesundheitsminister Berset stand die Relevanz der Pflegebranche ausser Frage, er gab allerdings unter anderem zu bedenken, dass es nicht ideal sei, Details in die Verfassung zu schreiben, die einen Effekt auf bestimmte Berufsgruppen hätten. Vielmehr seien dazu andere Mittel und Wege nötig. Mit 28 zu 14 Stimmen empfahl das Stöckli die Initiative daraufhin den Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern zur Ablehnung. In den beiden Schlussabstimmungen, welche noch in der gleichen Session stattfanden, sprachen sich die grosse Kammer mit 116 zu 74 Stimmen (bei 6 Enthaltungen) und die kleine Kammer mit 30 zu 14 Stimmen für den Bundesbeschluss auf Empfehlung zur Ablehnung aus.

Für eine starke Pflege (Pflegeinitiative). Volksinitiative und indirekter Gegenvorschlag (BRG 18.079 & Pa.Iv. 19.401)
Dossier: Die Pflegeinitiative und ihre Umsetzung

Nach der Zustimmung zum indirekten Gegenvorschlag zur Pflegeinitiative durch den Nationalrat beantragte die SGK-SR, die Behandlungsfrist des Geschäfts bis im Mai 2021 zu verlängern. Der Ständerat kam diesem Ansinnen im Dezember 2019 nach.

Für eine starke Pflege (Pflegeinitiative). Volksinitiative und indirekter Gegenvorschlag (BRG 18.079 & Pa.Iv. 19.401)
Dossier: Die Pflegeinitiative und ihre Umsetzung

Gleich zwei Mobilfunk-Initiativen wurden im Oktober 2019 lanciert. Am 1. Oktober wurde die Volksinitiative «Für einen gesundheitsverträglichen und stromsparenden Mobilfunk» im Bundesblatt publiziert und eine Woche später, am 8. Oktober, die «Mobilfunkhaftungs-Initiative». Hinter beiden Initiativen stehen kleine Komitees von Privatpersonen.
Die Initiative für einen gesundheitsverträglichen und stromsparenden Mobilfunk bezweckt, dass der gemäss der Verordnung über den Schutz vor nicht-ionisierender Strahlung geltende Anlagegrenzwerte von 4–6 Volt pro Meter nicht erhöht werden darf. Zudem müsste die Signalstärke von Mobilfunkanlagen so angepasst werden, dass das Signal im Innern von Häusern nicht empfangen wird. Auch private hochfrequente Strahlungsquellen im Gebäudeinneren (beispielsweise Funkuhren) müssten so reguliert werden, dass keinerlei Funkstrahlung in benachbarte Räume dringt. In Fahrzeugen des öffentlichen Verkehrs müssten Abteile ausgewiesen werden, in denen der Gebrauch von elektronischen Geräten verboten wäre. Zudem seien die Standorte von nicht sichtbaren Sendestationen zu markieren. Ferner fordert die Volksinitiative eine Bildungsoffensive des Bundes, mit welcher umfassend über die Gesundheitsgefährdung durch nicht-ionisierende Strahlung und über die Symptome der Elektrosensibilität informiert werden soll; zudem sollen für Personen mit Elektrosensibilität unentgeltliche und unabhängige Beratungsstellen geschaffen werden. Die Unterschriftensammelfrist endet am 15. April 2021.
Die Mobilfunkhaftungs-Initiative will die Konzessionäre von Mobilfunkfrequenzen haftbar machen für Personen- oder Sachschäden, die durch den Betrieb von Sendeeinrichtungen entstehen. Die Beweislast soll dabei umgedreht werden: Wenn die Konzessionärin nachweisen kann, dass der Schaden nicht vom Betrieb der Mobilfunkanlage herrührt, entfällt die Haftung. Die Sammelfrist läuft bis zum 22. April 2021.

Nicht zustandegekommene Mobilfunk-Initiativen (2019-2021)
Dossier: 5G – Mobilfunk, Strahlung und Gesundheit

Im April 2019 lancierte ein Komitee um Nationalrätin Yvette Estermann (svp, LU) und Nationalrat Lukas Reimann (svp, SG) eine Volksinitiative «Ja zur Abschaffung der Zeitumstellung». Dem Komitee angehörig war ebenfalls der Bauer Armin Capaul, welcher zuvor mit seiner Hornkuh-Initiative Bekanntheit erlangt hatte.
Die nun eingereichte Initiative verlangte, dass in der Schweiz ganzjährig die mitteleuropäische Zeit gelten und auf eine «Zeitumstellung von Winter- auf Sommerzeit und umgekehrt» verzichtet werden soll. Bei einer Annahme der Initiative würde somit per 1. Januar des Jahres nach der erfolgten Abstimmung dauerhaft die Winterzeit beibehalten werden.
Als Begründung für ihr Anliegen fügte Estermann bei der Präsentation der Initiative an, dass die Zeitumstellung beispielsweise für das menschliche Hormonsystem eine Belastung darstelle. Sie bevorzuge es deshalb, von der «Normalzeit» und nicht von der mit Dunkelheit assoziierten Winterzeit zu sprechen, wie das St. Galler Tagblatt berichtete. Der Bergbauer Capaul hob unterdessen hervor, dass sich Bauern an der Winterzeit und nicht an der Sommerzeit orientieren würden: Man könne nicht früher heuen, wenn noch «Schatten oder Tau auf der Wiese» liege, weshalb die Sommerzeit für die Landwirtschaft in der Praxis nicht funktioniere.
Im Oktober berichtete die Sonntagszeitung, dass die Unterschriftensammlung laut dem Initiativkomitee «hervorragend» laufe und schon «Tausende Unterschriften» zusammengekommen seien. Die Sammelfrist für die Initiative dauert bis zum 9. Oktober 2020, wird jedoch aufgrund des Corona-bedingten Fristenstillstands verlängert.

Bereits 2010 und 2016 hatte Estermann im Parlament Motionen zur Abschaffung der Zeitumstellung eingereicht, doch waren diese damals mit der Begründung abgelehnt worden, die Schweiz dürfe nicht zur Zeitinsel innerhalb Europas werden. Dieses Argument könnte bald an Gültigkeit verlieren, denn zu Beginn des Jahres sprach sich eine Mehrheit im EU-Parlament für eine Abschaffung der Zeitumstellung per 2021 aus – allerdings müssen sich die EU-Staaten erst darüber einig werden, ob sich die Winter- oder Sommerzeit durchsetzen soll.

Eidgenössische Volksinitiative «Ja zur Abschaffung der Zeitumstellung»
Dossier: Zeitumstellung

Ein Jahr nachdem die Pflegeinitiative eingereicht worden war, empfahl der Bundesrat diese zur Ablehnung. Dabei verzichtete er auf einen Gegenentwurf. Die Pflege werde als «integraler Bestandteil» der medizinischen Grundversorgung bereits ausreichend durch den 2014 eingeführten Artikel 117a BV gestärkt. Vor dem Hintergrund der zahlreich existierenden Massnahmen von Bund und Kantonen würde es bei einer Annahme der Initiative nicht unbedingt «zu einer weitergehenden Umsetzung» der Forderungen des Initiativkomitees kommen. Zudem lehne man die Bevorzugung einzelner Berufsgruppen ab. Wie bereits kritische Stimmen bei Lancierung der Initiative zu bedenken gegeben hatten, äusserte sich auch der Bundesrat negativ gegenüber der Forderung der direkten Abrechnung von Pflegeleistungen zu Lasten der OKP, da er befürchtete, dass dies Mehrkosten mit sich bringen würde.
Nicht einverstanden mit dieser Aussage zeigten sich Barbara Gysi (sp, SG), Mitglied des Initiativkomitees, und SBK-Geschäftsführerin Yvonne Ribi gegenüber der Aargauer Zeitung: Die direkte Abrechnung erlaube ein effizienteres Vorgehen ohne unnötige «Zusatzschlaufe» bei einem Arzt oder eine Ärztin, dessen oder deren Arbeit zusätzlich ja auch koste. Ebenfalls auf Unverständnis stiess der Entscheid des Bundesrates beim Ostschweizer Pflegepersonal, das am Tag der Bekanntgabe am St.Galler Hauptbahnhof in Nachthemden gekleidet auf sein Anliegen aufmerksam machte. Kompromissbereiter als der Bundesrat zeigte sich Nationalrätin Ruth Humbel (cvp, AG) gemäss der Basler Zeitung. Zwar sei sie aufgrund der Besserstellung einer Berufsgruppe in der Verfassung gegen die Volksinitiative, jedoch seien gewisse Anliegen der Initianten und Initiantinnen durchaus berechtigt. Daher erachte sie die parlamentarische Initiative Joder (svp, BE; Pa.Iv. 11.418), auf welche der Nationalrat allerdings nicht eingetreten war, als idealen indirekten Gegenvorschlag.

Für eine starke Pflege (Pflegeinitiative). Volksinitiative und indirekter Gegenvorschlag (BRG 18.079 & Pa.Iv. 19.401)
Dossier: Die Pflegeinitiative und ihre Umsetzung

Da der Nationalrat nicht auf die parlamentarische Initiative Joder (svp, BE; Pa.Iv. 11.418) «Gesetzliche Anerkennung der Verantwortung der Pflege» eingetreten war, wollte sich der Berufsverband der Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner (SBK) über den Weg des Volkes Gehör verschaffen und lancierte im Januar 2017 eine Initiative mit dem Titel «Für eine starke Pflege» (Pflegeinitiative). Damit tat er es der Hausärzteschaft gleich, die 2009 die Hausarzt-Initiative lanciert hatte. Das Initiativkomitee war breit abgestützt: Unter den 27 Urheberinnen und Urhebern befanden sich neben Ärztinnen und Ärzten sowie Personen aus dem Pflegebereich zahlreiche (ehemalige) Nationalrätinnen und Nationalräte von allen grösseren Parteien – mit Ausnahme der FDP.
Gefordert werden in dem offen gehaltenen Initiativtext neben der Förderung der Pflege durch Bund und Kantone auch die Sicherstellung einer genügenden Zahl an diplomierten Pflegefachpersonen. Gemäss den Medien erklärte die Präsidentin des SBK, Helena Zaugg, dass man zudem eine Aufwertung des Pflegeberufes erreichen wolle, dies unter anderem mit familienfreundlicheren Arbeitsmodellen, einem besseren Lohn während der Ausbildung und mehr Kompetenzen. Es gelte, die pflegerische Grundversorgung zu sichern. Dem Tagesanzeiger zufolge bedürfe es zurzeit in der Schweiz jährlich 4'700 neu diplomierter Pflegefachpersonen, in Zukunft gar 6'000. An einer höheren Fachschule oder Fachhochschule hätten in den vergangenen fünf Jahren durchschnittlich aber nie mehr als 2'500 Personen abgeschlossen. Daher würden 40 Prozent der neu angestellten Pflegefachpersonen aus dem Ausland rekrutiert. Weiter würden viele Pflegefachkräfte ihrem Beruf den Rücken kehren. Vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklungen dürfte sich das Problem durch eine zu niedrige Anzahl Pflegefachkräfte zusätzlich verschärfen.
An der Initiative kritisiert wurde die Abrechnung pflegerischer Leistungen durch die Pflegepersonen. Insbesondere die Krankenkassen befürchteten, dass dies eine Ausweitung verbunden mit Mehrkosten und höheren Prämien zur Folge haben könnte. Ebenfalls auf Widerstand stiess die Initiative bei den Verbänden der Spitäler, Spitex und Altersheime. Obwohl sie die Ziele der SBK teilten, hielten sie die Initiative nicht für zweckmässig, da sie der Privilegierung einzelner Berufe in der Verfassung kritisch gegenüberstünden und befürchteten, dass die Kantone Einfluss an den Bund verlieren könnten. Die Initiative sei zu vage formuliert, was bei ihrer Auslegung Probleme verursachen könne, und zudem gäbe es Unklarheiten bezüglich finanzieller Konsequenzen. Daher forderten die drei Verbände einen Gegenvorschlag.
Nach einer Sammelzeit von rund acht Monaten wurde die Initiative am 7. November 2017 bei der Bundeskanzlei eingereicht. Am 29. November 2017 gab die BK bekannt, dass die Initiative mit 114'078 gültigen Unterschriften zu Stande gekommen sei.

Für eine starke Pflege (Pflegeinitiative). Volksinitiative und indirekter Gegenvorschlag (BRG 18.079 & Pa.Iv. 19.401)
Dossier: Die Pflegeinitiative und ihre Umsetzung

Im April 2014 berichteten die Medien, dass die Initianten die Unterschriftensammlung zur Initiative «Mehr Ausbildungsplätze in der Humanmedizin» einstellen würden. Stattdessen werde Margrit Kessler (glp, SG) das Anliegen mittels parlamentarischer Initiative (Pa.Iv. 14.407) weiterverfolgen. In der Sommersession 2015 entschied sich jedoch der Nationalrat mit 93 zu 78 Stimmen (bei 1 Enthaltung) auf Empfehlung seiner SGK-NR gegen Folgegeben und versenkte damit das Projekt vollständig. Zwar stimmte die Kommission mit den Initianten überein, dass mehr Ärztinnen und Ärzte ausgebildet werden müssen, dies sollte jedoch nicht durch eine subsidiäre Kompetenz des Bundes und eine Änderung der Bundesverfassung, sondern durch bereits laufende Projekte – allen voran durch den Masterplan «Hausarztmedizin», durch die parlamentarische Initiative zur Stärkung der Pflege (Pa.Iv. 11.418) sowie durch die Anpassung des Medizinalberufegesetzes – umgesetzt werden.

Initiative für „Mehr Ausbildungsplätze in der Humanmedizin“ (Pa.Iv. 14.407)
Dossier: Ärztemangel

Im Berichtsjahr nahm der Nationalrat als Zweitrat die Verhandlungen über die Volksinitiative „Ja zur Hausarztmedizin“ und den direkten Gegenentwurf dazu, den Bundesbeschluss über die medizinische Grundversorgung, auf. Dem Antrag auf Ablehnung der Initiative folgte der Nationalrat Anfang März, worauf in der Herbstsession beide Räte in ihren Schlussabstimmungen diese Abstimmungsempfehlung fassten. Differenzierter wurde die Formulierung des Gegenvorschlages behandelt, welcher der Ständerat im Vorjahr zugestimmt hatte. Dieser setzt eine vernetzte, koordinierte und multiprofessionell erbrachte medizinische Grundversorgung ins Zentrum, bei der die Hausarztmedizin eine zentrale Rolle spielt. Zudem sollen damit die Anliegen und Interessen einer jüngeren Generation von Hausärztinnen und -ärzten erfüllt und eine zukunftsgerichtete Vision der medizinischen Grundversorgung wahrgenommen werden. Der Ständerat hatte 2012 eine leicht modifizierte, etwas verbindlichere Formulierung des Bundesbeschlusses beschlossen. Inhaltlich war das Ratsplenum jedoch sehr nahe an der bundesrätlichen Fassung geblieben. Auch im Nationalrat genoss die Vorlage grundsätzliche Unterstützung. Es galt, die Differenzen zwischen Ständerat und Bundesrat zu erörtern und einen Beschluss zu fassen, wobei die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit (SGK) des Nationalrates ihrerseits noch einige neue Passagen vorschlug. Aufgrund eines zusätzlichen Absatzes sollen Bund und Kantone „günstige Voraussetzungen für die Ausübung der Gesundheits- und Medizinalberufe und [...] eine ausgewogene regionale Verteilung“ schaffen. Zudem soll die Hausarztmedizin und deren Steuerungsfunktion gestärkt werden. Ebenfalls neu war die Idee, der Bund müsse Vorschriften über „die medizinische Grundversorgung und das verfügbare Aus- und Weiterbildungsangebot, soweit dies zur Sicherstellung der ausreichenden Versorgung erforderlich ist“, erlassen. Diese Bestimmungen wurden unbestritten angenommen. Für Diskussionsstoff sorgte hingegen eine vom Ständerat gefasste Formulierung, wonach eine angemessene Abgeltung der Leistungen der Hausarztmedizin in der Verfassung festgeschrieben werden sollte. Bürgerliche Nationalräte um Ignazio Cassis (fdp, TI) stellten einen Minderheitsantrag auf Streichung dieser Norm mit dem Argument, sie sei nicht verfassungswürdig und stelle falsche Anreize, indem eine bestimmte Berufsgruppe verfassungsmässig zugesicherte Löhne erhalte. Namens der SP Fraktion hielt Nationalrätin Heim (sp, SO) dagegen, dass es in allen Berufen selbstverständlich sei, dass gute Leistungen angemessen abgegolten werden. Die Realität bei der Hausärzteschaft sei aber eine andere, so die Politikerin: Je länger je mehr entspreche der Lohn weder der fachlichen noch der zeitlichen Herausforderung. Auch die grosse Verantwortung dieses Berufs werde nur unzureichend berücksichtigt. Entsprechend dem Mehrheitsantrag der SGK und gegen die Minderheit Cassis nahmen die Parlamentarier den betreffenden Gesetzesartikel mit 102 zu 78 Stimmen an, wobei sich die geschlossen stimmenden Fraktionen der FDP und SVP der Ratslinken und weiteren Stimmen aus dem Mittelager beugen mussten. In der Gesamtabstimmung wurde der Gegenvorschlag mit 123 zu 40 Stimmen gutgeheissen und dem Ständerat zur Differenzbereinigung übergeben. Im Zuge der Beratungen behandelte der Nationalrat ebenfalls eine Motion (Mo. 12.3643) der ständerätlichen SGK. Der Vorstoss sah vor, dass der Bundesrat mit verschiedenen Massnahmen die Hausarztmedizin als wesentlichen Teil der medizinischen Grundversorgung kurz- und mittelfristig stärken soll. Die Kommission schlug dazu ein Sieben-Punkte-Programm vor, welches in Einklang mit einem sich in Arbeit befindenden „Masterplan Hausarztmedizin“ umgesetzt werden sollte. Damit wollte man die Grundlage für einen allfälligen Rückzug der Volksinitiative schaffen. In diesem Sinne sprach sich der Nationalrat für die Annahme dieser Motion aus. Der Ständerat wurde in der Sommersession mit den Differenzen konfrontiert. Dessen SGK beantragte grundsätzliches Festhalten an den früheren Ständeratsbeschlüssen und damit die Streichung beider vom Nationalrat neu eingeführten Bestimmungen. Die vorgeschlagene „ausgewogene regionale Verteilung und die Stärkung der Hausarztmedizin und deren Steuerungsfunktion“ gehe zu weit und entspreche beinahe den Forderungen der Initiative, welche der Ständerat seinerseits deutlich abgelehnt hatte. Der Erlass von Vorschriften über "die medizinische Grundversorgung und das verfügbare Aus- und Weiterbildungsangebot“ sei in der Fassung des Ständerates bereits erfüllt und daher als redundant zu streichen. Diesen in der SGK-SR einstimmig gefällten Beschlüssen folgte das Ratsplenum. Im Nationalrat forderte eine Minderheit Pezzatti (fdp, ZG) daraufhin, dem Ständerat zu folgen. Die Mehrheit der Kommission wollte jedoch aus verfahrenstaktischen gründen an ihrem Antrag festhalten: Mit einer Verzögerung des Geschäftsabschlusses sollte Zeit gewonnen werden, um den „Masterplan Hausmedizin“ weiter gedeihen zu lassen. Die Kommissionsmehrheit gewann die Abstimmung mit 110 zu 73 Stimmen, womit die grosse Kammer auf der eigenen Fassung beharrte und die Räte erst in der Herbstsession dazu weitertagten. Nachdem der Ständerat Anfang September wiederum an seiner Version festhielt, lenkte die SGK des Nationalrates ein und beantragte einstimmig, dem Ständerat zu folgen. Dieser Antrag wurde vom Nationalrat gestützt, womit die beiden Differenzen bereinigt wurden. Nicht unwesentlich für diesen Entscheid waren auch die Signale des Berufsverbandes Hausärzte Schweiz: Er deutete an, seine Initiative zugunsten des Gegenvorschlages zurückzuziehen. Der in der Zwischenzeit weiter fortgeschrittene Masterplan skizziere passende Massnahmen und erfülle zusammen mit dem Gegenvorschlag die Absichten der Initiative. Mit 38 respektive 195 Stimmen fassten die Räte die Abstimmungsempfehlung auf Ablehnung der Initiative jeweils einstimmig. Der Gegenvorschlag wurde im Ständerat mit 43 Stimmen einstimmig und im Nationalrat mit 140 zu 49 Stimmen ebenfalls deutlich angenommen. Anfang Oktober gab das Initiativkomitee bekannt, die Volksinitiative zurückzuziehen. Damit wird Volk und Ständen lediglich der Gegenvorschlag zur Abstimmung unterbreitet.

Gegenentwurf „Ja zur Hausarztmedizin“

Ende März wurde bekannt, dass ein parteiunabhängiges Komitee „Mehr Ausbildungsplätze in der Humanmedizin“ eine entsprechende Initiative lanciert hatte. Mit dieser sollte der drohende Ärztemangel aufgefangen werden. Die Initianten kritisierten, dass talentierte junge Menschen die Ausbildung zum Arzt nicht absolvieren könnten, obwohl die Spitäler grösste Mühe hätten, die benötigten Assistenzärzte zu finden. Das Bundesamt für Gesundheit prognostizierte 2011 einen mittelfristigen Ärztebedarf von 1'200 bis 1'300, während gegenwärtig nur rund 800 Mediziner pro Jahr ausgebildet werden. Das Ziel der Initiative ist es, dem Bund die Kompetenz zu erteilen, nötigenfalls die Kantone zu zwingen, eine bestimmte Anzahl Mediziner auszubilden. Nach Bekanntwerden des Vorhabens gab Carlo Conti (BS, cvp), Präsident der Gesundheitsdirektorenkonferenz, zu bedenken, dass für die Ausbildung von 1'200 Ärzten rund CHF 60 Mio. benötigt würden und forderte entsprechende Anstrengungen. Sukkurs erhielten die Initianten auch vom Präsidenten des Ärzteverbands FMH, Jürg Schlup. Die Hausärzteschaft äusserte sich indes kritisch zum Vorhaben und stellte in Frage, ob dadurch auch mehr Hausärzte zur Verfügung stehen würden. Deswegen sei in ihren Augen vorerst die Hausarztinitiative zentral. Bis zum 9. Oktober 2014 hat das Initiativkomitee Zeit, die nötigen 100'000 Unterschriften zu sammeln.

Initiative für „Mehr Ausbildungsplätze in der Humanmedizin“ (Pa.Iv. 14.407)
Dossier: Ärztemangel

Nach dem Nationalrat lehnte auch die kleine Kammer die 1997 eingereichte Volksinitiative „Für eine freie Arzt- und Spitalwahl“, die eine uneingeschränkte Wahl des Leistungserbringers für die Kranken- und Unfallversicherten in der ganzen Schweiz verlangte, mit 28 zu 0 Stimmen klar ab. Da mit der 2. Teilrevision des KVG im Bereich der Spitalfinanzierung ein Hauptanliegen der Initianten (gleich lange Spiesse für öffentliche Spitäler und private Kliniken) weitgehend Berücksichtigung fand, wurde das Begehren im Sommer zurückgezogen.

Volksinitiative «für eine freie Arzt- und Spitalwahl» (BRG 99.059)

Ohne Wenn und Aber beantragte der Bundesrat dem Parlament, die Volksinitiative „für eine freie Arzt- und Spitalwahl“ Volk und Ständen zur Ablehnung zu empfehlen, da damit ein wichtiges Steuerungsinstrument zur Dämpfung der Gesundheitskosten und Prämien wegfallen würde. Der Nationalrat schloss sich mit 151 zu 14 Stimmen ganz klar dem Bundesrat an. Die freie Wahl des Arztes sei zwar im Krankenversicherungsgesetz verankert und ein zutiefst liberales Anliegen, betonten vor allem freisinnige Parlamentarier. Auch die freie Spitalwahl über die Kantonsgrenzen hinweg sei wünschenswert, doch sei eine uneingeschränkte Zulassung von Leistungserbringern nicht bezahlbar, da im Gesundheitswesen der Wettbewerb nur bedingt spiele: nicht der Patient als Nachfrager, sondern der Arzt als Anbieter entscheide darüber, wie viele Leistungen erbracht werden. Der Mitbegründer der Initiative und frischgebackene Aargauer CVP-Nationalrat Zäch, Chef des Paraplegikerzentrums Nottwil (LU), wollte dem Rat zumindest einen indirekten Gegenvorschlag in Form einer gesamtschweizerischen Spitalplanung beliebt machen. Obgleich dieses Ansinnen in den Räten bereits mehrfach zur Diskussion gestanden hatte und durchaus auf Interesse gestossen war, wurde sein Antrag vom Nationalrat mit 95 gegen 72 Stimmen abgelehnt.

Volksinitiative «für eine freie Arzt- und Spitalwahl» (BRG 99.059)

Mittelfristig möchte die SP die Gesundheitskosten durch einen ganzen Strauss von Massnahmen senken, welche sie im zweiten Teil der im November lancierten Volksinitiative "Gesundheit muss bezahlbar bleiben (Gesundheitsinitiative)" ausführte. Gegenüber dem heutigen Krankenversicherungsgesetz (KVG) soll der Bundesrat mit weitgehenden Kompetenzen ausgestattet werden. Er soll insbesondere die Spitzenmedizin regeln und die Gesundheitsplanungen der Kantone koordinieren, die Maximalpreise der in der obligatorischen Krankenversicherung erbrachten Leistungen unter Einschluss der Medikamente festlegen, Zulassungsbestimmungen für die Leistungserbringer erlassen und für eine wirksame Qualitätskontrolle sorgen. Werden übermässige Leistungsmengen erbracht, soll er nach Sparten und Regionen differenziert weitere Kostendämpfungsmassnahmen ergreifen.

Volksinitiative "Gesundheit muss bezahlbar bleiben (Gesundheitsinitiative)"

Die Volksinitiative "für eine freie Arzt- und Spitalwahl" kam mit 134'015 gültigen Unterschriften zustande. Interessenvertreter aus Kreisen der Ärzteschaft und der Privatspitäler hatten die Initiative unter anderem aus der Befürchtung heraus lanciert, dass die Kantone private Spital-, Pflege- und Rehabilitationsinstitutionen von ihren Spitallisten verbannen und die Behandlungen in ausserkantonalen Spitälern und Kliniken einschränken könnten. Die Initianten stören sich auch an den Subventionsmechanismen bei den Spitälern. Die heutigen Subventionsflüsse würden zur Finanzierung der Spitaldefizite von öffentlichen oder öffentlich subventionierten Spitälern eingesetzt, ganz unabhängig von den tatsächlich erbrachten Leistungen und deren nachvollziehbaren Kosten. Diese Regelung verhindere die von allen Seiten geforderte Kostentransparenz. Prominente Mitinitianten des Volksbegehrens, welches die Unterstützung der FMH fand, sind der Chef des privat geführten Paraplegiker-Zentrums in Nottwil (LU) sowie die beiden FDP-Nationalräte Guisan (VD) und Suter (BE). Abgelehnt wurde es hingegen von den Krankenkassen. Diese erklärten, die auf den ersten Blick vernünftige und wettbewerbsfreundliche Forderung entpuppe sich bei vertiefter Analyse als überflüssig, enorm kostentreibend sowie wettbewerbsbehindernd und wecke zudem falsche Erwartungen.

Volksinitiative «für eine freie Arzt- und Spitalwahl» (BRG 99.059)

Eine Interessengemeinschaft «für freie Arzt- und Spitalwahl» lancierte Ende 1996 eine entsprechende Volksinitiative, welche die Chancengleichheit von öffentlichen, subventionierten und privaten Spitälern fordert. Im Vorstand sitzen unter anderem der Direktor des privat geführten Paraplegikerzentrums Nottwil (LU) sowie Nationalrat Suter (fdp, BE). Die Initiative wird unterstützt von der Schweizerischen Vereinigung der Privatkliniken, der Schweizerischen Vereinigung der Belegärzte und der Stiftung Patientenorganisation.

Volksinitiative «für eine freie Arzt- und Spitalwahl» (BRG 99.059)

Im Bestreben, in der Drogenpolitik einen möglichst breiten Handlungsspielraum zu bewahren, folgte der Nationalrat nach einer sechsstündigen Debatte mit 125 zu 41 resp. mit 120 zu 40 Stimmen deutlich der Empfehlung des Bundesrates und der Mehrheit seiner Kommission und empfahl sowohl das ganz auf Abstinenz und Repression ausgerichtete Volksbegehren "Jugend ohne Drogen" als auch die permissive Volksinitiative "für eine vernünftige Drogenpolitik (DroLeg)" Volk und Ständen zur Ablehnung. Wie nicht anders zu erwarten war, fand "Jugend ohne Drogen" vor allem Unterstützung im rechtsbürgerlichen Lager, "DroLeg" hingegen vornehmlich in rot-grünen Kreisen. Mit ihrer deutlichen Opposition gegen diese beiden extremen Volksbegehren zeigte die grosse Kammer ihre Bereitschaft, den vom Bundesrat eingeschlagenen Mittelweg zu unterstützen, der auf den vier Säulen Prävention, Überlebenshilfe, Therapie und Repression basiert. Vergeblich plädierten die CVP-Vertreter dafür, doch noch einen direkten Gegenvorschlag zu der zuerst zur Abstimmung gelangenden Initiative "Jugend ohne Drogen" auszuarbeiten, wie dies der Bundesrat ursprünglich beabsichtigt hatte. Sie machten geltend, die heutige Drogenpolitik verlange nach einer klaren Verankerung in der Verfassung; ohne deutliches Bekenntnis der Behörden zum Ziel einer drogenfreien Gesellschaft könnten die Vertreter von "Jugend ohne Drogen" zudem auch jene Kreise um sich scharen, welche zwar nicht einseitig auf Repression setzen wollten, die aber dennoch die Versuche des Bundes mit der kontrollierten Heroinabgabe missbilligten und befürchteten, daraus könne eine generelle Praxis der Legalisierung aller Drogen abgeleitet werden. Der Vorschlag unterlag mit 132 zu 35 Stimmen klar.

Volksinitiativen «für eine vernünftige Drogenpolitik» (Droleg-Initiative) und «Jugend ohne Drogen» sowie direkter Gegenvorschlag (BRG 95.046)

Die einzige Überraschung des Abstimmungsresultates lag denn auch in seiner Deutlichkeit. 1979 hatten sich noch 41 Prozent der Stimmenden für ein analoges Volksbegehren («Guttempler-Initiative») ausgesprochen, Basel-Stadt sogar mit mehr als 50 Prozent. Besonders massiv wurden die beiden Initiativen in der Westschweiz (mit Ausnahme von Genf) und im Kanton Schwyz abgelehnt, wo sich über vier Fünftel der Urnengängerinnen und Urnengänger gegen sie aussprachen. Am «verbotsfreundlichsten» zeigten sich die Kantone Basel-Stadt und Zürich mit rund 33 Prozent bzw. 31 Prozent Ja-Stimmen.

Volksinitiative «zur Verhinderung der Alkoholprobleme».
Abstimmung vom 28. November 1993

Beteiligung: 44.7%
Nein: 1'527'165 (74.7%) / 20 6/2 Stände
Ja: 516'054 (25.3%) / 0 Stände

Parolen:
– Nein: FDP, CVP (4*), SVP, LP, AP, Lega; Vorort, SGV
– Ja: SP (3*), GP, PdA (1*), LdU (3*), EVP, EDU, SD (3*)

* In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen


Volksinitiative «zur Verminderung der Tabakprobleme».
Abstimmung vom 28. November 1993

Beteiligung: 44.7%
Nein: 1 521 885 (74.5%) / 20 6/2 Stände
Ja: 521 433 (25.5%) / 0 Stände

Parolen:
– Nein: FDP, CVP (3*), SVP, LP, AP, Lega; Vorort, SGV
– Ja: SP (3*), GP, PdA (1*), LdU (3*), EVP, EDU, SD (3*)

* In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen


Wie die Vox-Analyse dieser Abstimmung zeigte, fanden die beiden Initiativen bei den Frauen erheblich mehr Zustimmung als bei den Männern. Seit dem Beginn der Vox-Analysen 1977 wurde nie eine so grosse Differenz zwischen dem Stimmverhalten der Frauen und der Männer – 18 Prozent beim Tabakverbot – beobachtet. Tiefe Ja-Anteile ergaben sich in der jüngsten Alterskategorie, in der Romandie und in den ländlichen Gebieten. Besonders im rot-grünen Lager beeinflusste der politische Standort das Stimmverhalten nur teilweise. Einzig die Gefolgschaft von LdU/EVP stimmte beiden Initiativen zu, die Grünen nahmen nur die Tabakinitiative an, während die Anhänger der SP mehrheitlich nicht der Parteiparole folgten. Die meistgenannten Motive zur Verwerfung der Initiativen waren die Angst vor zusätzlicher Arbeitslosigkeit und die Überzeugung, dass ein Verbot wirkungslos wäre bzw. durch ausländische Medien umgangen würde.

Zwillingsinitiativen für ein Tabak- und Alkoholwerbeverbot und indirekter Gegenvorschlag (BRG 92.031)
Dossier: «Zwillingsinitiativen», indirekter Gegenvorschlag und andere Präventionsmassnahmen zwischen 1990 und 2000

Bei dieser Ausgangslage hatten die beiden Initiativen in der Volksabstimmung keine Chance, umso mehr als die Gegner der Initiativen – in erster Linie die Tabakindustrie und die Werbung – weder Mittel noch Wege scheuten, um die Initiativen, die sie in erster Linie als werbe- und arbeitsplatzfeindlich darstellten, zu Fall zu bringen. Dabei fanden sie die nahezu uneingeschränkte Unterstützung der Printmedien, welche sich in Zeiten ohnehin rückläufigen Inseratevolumens unmissverständlich auf die Seite ihrer potenten Auftraggeber stellten. Gegen die Initiativen sprach sich aber auch ein «Schweizerisches Aktionskomitee gegen unbrauchbare Werbeverbote» aus, in welchem sich 150 Bundesparlamentarier und -parlamentarierinnen aus allen grösseren Parteien zusammenschlossen. Dem Präsidium gehörten neben Nationalrätin Heberlein (fdp, ZH), Ständerat Delalay (cvp, VS) und Nationalrätin Zölch (svp, BE) auch der Basler SP-Nationalrat Hubacher an, der sich in dieser Frage gegen die Meinung seiner Partei stellte.

Zwillingsinitiativen für ein Tabak- und Alkoholwerbeverbot und indirekter Gegenvorschlag (BRG 92.031)
Dossier: «Zwillingsinitiativen», indirekter Gegenvorschlag und andere Präventionsmassnahmen zwischen 1990 und 2000

Der Nationalrat übernahm praktisch die Argumentation des Ständerates und lehnte ebenfalls sowohl die Initiativen als auch den bundesrätlichen Gegenvorschlag deutlich ab. Bei der ständerätlichen Präventions-Motion setzte sich hingegen der Bundesrat durch und erreichte eine Überweisung in der unverbindlichen Form des Postulates.

Zwillingsinitiativen für ein Tabak- und Alkoholwerbeverbot und indirekter Gegenvorschlag (BRG 92.031)
Dossier: «Zwillingsinitiativen», indirekter Gegenvorschlag und andere Präventionsmassnahmen zwischen 1990 und 2000

In der Frühjahrssession wurden die Zwillingsinitiativen für eine Verminderung der Tabakprobleme und für eine Verminderung der Alkoholprobleme, die ein völliges Werbeverbot für Tabak und Alkohol verlangten, vom Ständerat, welcher das Geschäft als Erstrat behandelte, klar verworfen. Die kleine Kammer erachtete den Einfluss der Werbung auf das Konsumverhalten insbesondere der Jugend als nicht erwiesen und betonte die negativen materiellen Auswirkungen der Initiativen auf die Werbebranche und das kulturelle Sponsoring. Vergeblich appellierte Bundesrat Cotti an den Rat, zumindest auf den moderateren Gegenvorschlag des Bundesrates einzutreten, welcher nur die Plakat- und Kinowerbung verbieten, die informierende Werbung in den Printmedien und an den Verkaufsstellen sowie das Sponsoring unter gewissen Auflagen jedoch zulassen wollte. Gegen die engagierten Voten von Meier (cvp, LU), Onken (sp, TG) und Schiesser (fdp, GL), die sich für den Jugendschutz stark machten und an die menschlichen und volkswirtschaftlichen Folgen übermässigen Alkohol- und Tabakkonsums erinnerten, wurde auch dieser Vorschlag deutlich abgelehnt. Ihm warfen die Gegner jeglicher Werbebeschränkung vor, nicht praktikabel zu sein und der Werbebranche jährlich Aufträge in der Höhe von CHF 100 Mio. bis CHF 150 Mio. zu entziehen.

Zwillingsinitiativen für ein Tabak- und Alkoholwerbeverbot und indirekter Gegenvorschlag (BRG 92.031)
Dossier: «Zwillingsinitiativen», indirekter Gegenvorschlag und andere Präventionsmassnahmen zwischen 1990 und 2000

Vertreter dieser Gruppe gehörten federführend zum Initiativkomitee, welches Ende Jahr eine Volksinitiative «Jugend ohne Drogen» lancierte. Dem Copräsidium gehören die Nationalrätinnen und Nationalräte Aubry (fdp, BE), Borer (ap, SO), Bortoluzzi (svp, ZH), Dreher (ap, ZH), Friderici (lp, VD), Giezendanner (ap, AG), Leuba (lp, VD), Miesch (fdp, BL), Moser (ap, AG), Müller (svp, AG), Philipona (fdp, FR), Rohrbasser (svp, FR), Sandoz (lp, VD), Jürg Scherrer (ap, BE), Werner Scherrer (edu, BE), Steinemann (ap, SG) und Tschuppert (fdp, LU) sowie die beiden Ständeräte Kündig (cvp, ZG) und Morniroli (lega, TI) an. Massiv vertreten im Initiativkomitee sind Sportler vorab aus dem Umkreis der schweizerischen Ski-Nationalmannschaft und einige Prominente aus der Unterhaltungsbranche.

Gemäss dem Initiativtext soll der Bund das Rauschgiftproblem mit einer restriktiven, direkt auf Abstinenz ausgerichteten Drogenpolitik bekämpfen und die notwendigen Gesetze dazu erlassen, zudem eine aktive Drogenprävention verfolgen und Entzugs- und Wiedereingliederungsmassnahmen fördern. Ausdrücklich verbieten wollen die Initianten die Abgabe von Betäubungsmitteln. Vorbehalten ist eine Abgabe zu rein medizinischen Zwecken, wobei Heroin und Kokain allerdings ausgeschlossen sind. Als bekannt wurde, dass auch der umstrittene Verein zur Förderung der psychologischen Menschenkenntnis (VPM) hinter der Initiative steht, distanzierten sich einzelne Sportler von ihrem Engagement.

Volksinitiativen «für eine vernünftige Drogenpolitik» (Droleg-Initiative) und «Jugend ohne Drogen» sowie direkter Gegenvorschlag (BRG 95.046)

Der Verein «Schweizer Hanf-Freunde und -Freundinnen» lancierte im Herbst eine Volksinitiative «Schweizer Hanf», welche sich für einen freien Anbau, Vertrieb und Verbrauch von einheimischem Haschisch einsetzt sowie die Aufhebung aller Hanfverbote und Hanfurteile rückwirkend bis 1951 verlangt. Ohne den Tatbestand des Handels mit Cannabis als solchen zu würdigen, lehnten beide Kammern aus rechtspolitischen Gründen eine Petition desselben Vereins für eine Amnestie für Haschischhändler ab. Der Verein hatte sich auf ein im Vorjahr gefälltes Urteil des Bundesgerichtes berufen, wonach Cannabis nicht zu einer Gefährdung der Gesundheit vieler Menschen führen könne.

Volksinitiative «Schweizer Hanf» (1992–1993)

Die beiden Volksinitiativen («Zwillingsinitiativen») zur Veminderung der Tabakprobleme und zur Verminderung der Alkoholprobleme wurden am 11. Oktober 1989 mit 115'210 bzw. 110'648 Unterschriften eingereicht. Als Erfolg durften die in dieser Hinsicht sensibilisierten Kreise auch den Umstand werten, dass der Nationalrat bei der Beratung des neuen Radio- und Fernsehgesetzes dem bundesrätlichen Vorschlag eines zwingenden Verbotes der Tabak- und Alkoholwerbung (Art. 17, Abs. 5) mit 118 zu 68 Stimmen den Vorzug gab gegenüber der Empfehlung der Mehrheit der vorberatenden Kommission, welche für eine «Kann»-Formulierung plädiert hatte.

Zwillingsinitiativen für ein Tabak- und Alkoholwerbeverbot und indirekter Gegenvorschlag (BRG 92.031)
Dossier: «Zwillingsinitiativen», indirekter Gegenvorschlag und andere Präventionsmassnahmen zwischen 1990 und 2000

Deux initiatives populaires conjointes, «Pour la prévention des problèmes liés au tabac» et «Pour la prévention des problèmes liés à l'alcool», demandant que la publicité en faveur de ces deux biens de consommation soit proscrite, ont été lancées par toute une série d'organisations sensibilisées à ces problèmes. Le texte de la première initiative citée précise en outre qu'un pourcent au moins du produit de l'imposition du tabac devra être utilisé, avec le concours des cantons, à la prévention des maladies nées de son abus. Toutefois, la législation fédérale pourra autoriser des exceptions limitées dans des cas particuliers, notamment s'il s'agit de la publicité dans les journaux étrangers vendus en Suisse.

Zwillingsinitiativen für ein Tabak- und Alkoholwerbeverbot und indirekter Gegenvorschlag (BRG 92.031)
Dossier: «Zwillingsinitiativen», indirekter Gegenvorschlag und andere Präventionsmassnahmen zwischen 1990 und 2000