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Zu Beginn des Jahres 2022 hatte der Bundesrat stark mit der neuen Dynamik in der fünften Welle der Covid-19-Pandemie zu kämpfen: Die sich immer stärker ausbreitende Omikron-Variante erwies sich als deutlich ansteckender als die bis zu diesem Zeitpunkt vorherrschende Delta-Variante. Dies führte zu immer neuen Rekordzahlen laborbestätigter Ansteckungen mit dem Corona-Virus. Anders als bei der Delta-Variante stiegen jedoch die Spitaleinweisungen deutlich weniger stark an. So stellte etwas später auch die EMPA zusammen mit wissenschaftlichen Instituten und dem Kanton Graubünden fest, dass «Omikron [...] das Gesundheitssystem wohl nicht an die Grenzen [bringe]». So sei die Omikron-Variante zwar infektiöser als die Delta-Variante, aber «scheinbar weniger gefährlich für die Gesundheit». Folglich stieg die Anzahl täglicher Hospitalisationen mit oder wegen Covid-19 zwischen Dezember 2021 und Februar 2022 auf durchschnittlich 119 und blieb damit fast halb so gross wie im November 2020 mit durchschnittlich 206 entsprechenden Hospitalisationen täglich.
Somit stand neu nicht mehr in erster Linie das Gesundheitssystem pandemiebedingt vor grossen Schwierigkeiten, sondern die Wirtschaft: Die Medien diskutierten ausführlich über die Folgen des Personalmangels, der durch die überaus hohen Quarantänezahlen verursacht wurde. «Wir können nicht einen Drittel der Bevölkerung in Quarantäne schicken, sonst würde alles zusammenbrechen», gab etwa der Luzerner Gesundheitsdirektor Guido Graf (LU, mitte) gegenüber der Luzerner Zeitung zu bedenken. Am 12. Januar 2022 entschied der Bundesrat daher, die Kontaktquarantäne sowie die Isolation von zehn auf fünf Tage zu verkürzen, wie es Economiesuisse zuvor gegenüber den Medien gefordert hatte. Weiterhin konnte die Isolation jedoch nur verlassen, wer zuvor 48 Stunden ohne Symptome war. Die Kontaktquarantäne wurde überdies auf Personen in demselben Haushalt und mit engem Kontakt zu Infizierten beschränkt, während Personen, die innert der letzten vier Monate geimpft worden oder genesen waren, gänzlich von der Quarantäne ausgenommen wurden. Ausdrücklich ermöglichte der Bundesrat den Kantonen zudem Ausnahmen bezüglich Quarantäne und Isolation, «um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten». Trotz dieser Abschwächung der Quarantäne verlängerte der Bundesrat Mitte Januar 2022 ob der immer noch steigenden Fallzahlen die Geltungsdauer verschiedener Massnahmen: Die Kontaktquarantäne sowie die Homeoffice-Pflicht sollten neu bis Ende Februar gelten, die 2G-, 2Gplus- und 3G-Regeln, die Maskenpflicht und die Einschränkung privater Treffen sollten gar bis Ende März aufrechterhalten werden. Zudem sollten die Covid-19-Zertifikate in Übereinstimmung mit den Regelungen in der EU neu nur noch 270 statt 365 Tage gültig sein.

Dies sollten jedoch vorerst die letzten Verschärfungen in den Covid-19-Regelungen sein. Denn so schnell die laborbestätigten Covid-19-Fallzahlen Ende 2021 angestiegen waren, so schnell begannen sie Ende Januar 2022 wieder zu sinken. Entsprechend entschied sich der Bundesrat, die Homeoffice-Pflicht und die Kontaktquarantäne per 3. Februar 2022 wieder aufzuheben. Die Kontaktquarantäne habe aufgrund der hohen Ansteckungszahlen «an Bedeutung verloren» und wurde folglich erstmals seit Pandemiebeginn eingestellt. Weiterhin mussten sich jedoch infizierte Personen während fünf Tagen isolieren, um Ansteckungen anderer zu verhindern. Zwei Wochen später hob der Bundesrat schliesslich beinahe alle verbliebenen Covid-19-Massnahmen auf: Er beendete generell die Zertifikats- und Maskenpflicht – ausser im öffentlichen Verkehr und in Gesundheitseinrichtungen –, die Bewilligungspflicht von Grossveranstaltungen sowie die Einschränkung privater Treffen. Zuvor hatte sich eine Mehrheit der Vernehmlassungsteilnehmenden für diese schnelle Lockerung ausgesprochen. Zwar stiegen die Fallzahlen Mitte Februar 2022 erneut an, erreichten bis Mitte März aber mit über 40'000 Fällen und einem 7-Tage-Durchschnitt von 28'000 Fällen nicht mehr die Rekordzahlen von Mitte Januar 2022.

Dass der Anteil Personen, die sich bisher noch nie mit dem Coronavirus infiziert hatten, immer geringer wurde, zeigte sich beispielhaft an den sich mehrenden Meldungen über infizierte Bundesratsmitglieder: Im Februar 2022 traf es Ignazio Cassis, im März 2022 Gesundheitsminister Alain Berset sowie Guy Parmelin und im April Simonetta Sommaruga. Im August 2022 gab der Bundesrat dann bekannt, dass in der Zwischenzeit über 97 Prozent der Schweizer Bevölkerung mit dem Virus in Kontakt gekommen seien – durch Ansteckung oder Impfung, wobei 70 Prozent der Gesamtbevölkerung mindestens einmal geimpft seien.

Bereits vorher, nämlich am Freitag, 1. April 2022 folgte schliesslich nach über zwei Jahren Ausnahmezustand die Rückkehr in die normale Lage gemäss Epidemiengesetz. Somit fielen mit der Isolationspflicht für infizierte Personen und der Maskenpflicht im öffentlichen Verkehr und in Gesundheitseinrichtungen auch die letzten grossen Massnahmen zur Bekämpfung der Pandemie. Gleichzeitig legte der Bundesrat die «Hauptverantwortung für Massnahmen zum Schutz der Bevölkerung» nun wieder in die Hände der Kantone. Dennoch wollte er in einer einjährigen Übergangsphase eine erhöhte Wachsamkeit und Reaktionsfähigkeit aufrechterhalten, in der die während der Pandemie wichtigen Strukturen insbesondere bezüglich Tests, Impfungen und Contact Tracing erhalten bleiben sollten. So hatten Bund und Kantone bereits einen Monat zuvor in einer Medienmitteilung festgestellt, dass auch weiterhin mit saisonalen Erkrankungswellen zu rechnen sei. Um das Ausmass der Verbreitung des Virus weiterhin überprüfen zu können, setzte der Bundesrat in der Folge verstärkt auf die Überprüfung des Abwassers: Bis zu diesem Zeitpunkt war das Wasser in sechs Kläranlagen auf die Stärke der Virenlast und die zirkulierenden Varianten überprüft worden, neu wurde dieses Projekt auf 100 Kläranlagen ausgedehnt.
Gänzlich aufgehoben wurden die Covid-19-Massnahmen im Übrigen nicht, bestehen blieben die zwangsweisen Covid-19-Tests von Abgewiesenen bei der Rückstellung in ihr Herkunftsland, welche das Parlament bis ins Jahr 2024 verlängerte.

Im Mai 2022 verabschiedete der Bundesrat ein Grundlagenpapier zu Zielen und Aufgabenverteilung in der Übergangsphase. Demnach liege die Hauptverantwortung bei den Kantonen, wobei sie insbesondere für die Test- und Spitalkapazitäten und das Impfangebot zu sorgen und allfällige Massnahmen bei Anstieg der Fallzahlen zu ergreifen hätten. Der Bund blieb lediglich zuständig für die Überwachung, den internationalen Personenverkehr, für die Versorgung mit Heilmitteln sowie für alle Massnahmen aufgrund des Covid-19-Gesetzes. Die besondere Lage gemäss Epidemiengesetz werde er zukünftig nur dann wieder ausrufen, wenn die Bemühungen der Kantone die Verbreitung des Virus nicht verhindern könnten und die öffentliche Gesundheit gefährdet sei.

Ab Juni 2022 stiegen die Fallzahlen für eine Sommerwelle – wie sie in den Medien teilweise genannt wurde – an, die Mitte Juli 2022 Höchstwerte von fast 10'000 Fällen und einen 7-Tage-Schnitt von fast 8'000 Fällen erreichte. Wie stark die Corona-Pandemie in der Zwischenzeit an Schrecken und Aufmerksamkeit verloren hatte, zeigte sich etwa daran, dass sich die Medien kaum noch auf eine einheitliche Nummerierung der Covid-19-Wellen einigen konnten. Zudem galt die Medienaufmerksamkeit in der Zwischenzeit viel mehr den beiden grossen aktuellen Themen, dem Krieg in der Ukraine und dem Energie-Engpass. Mitte September 2022 bahnte sich schliesslich eine auch vom Bundesrat mehrfach prognostizierte Herbst- und Winterwelle an, die aber bis Ende Jahr mit einem Spitzenwert im Oktober von fast 8'300 gemeldeten Neuinfektionen täglich und einem maximalen 7-Tage-Schnitt von 5'450 Neuinfektionen nicht die befürchteten Fallzahlen erreichte – womöglich auch wegen einer hohen Dunkelziffer.

Allgemein hatte sich der Fokus der bundesrätlichen Massnahmen seit November 2021 immer stärker hin zur Ausweitung der Behandlungsmöglichkeiten der Schweizer Bevölkerung verschoben. So berichtete die Regierung immer wieder über den Kauf neuer Arzneimittel, mit denen Patientinnen und Patienten mit einem erhöhten Risiko für einen schweren Verlauf oder bei einem schweren Verlauf behandelt werden können: Ende November 2021 reservierte der Bundesrat 8'640 Packungen des «vielversprechenden Arzneimittels» Molnupiravir von MSD Merck Sharp & Dohme AG Schweiz, das bis im Januar 2022 verfügbar sein sollte. Ende Dezember 2021 kamen weitere Verträge mit GlaxoSmithKline AG und Roche Pharma (Schweiz) AG für die Medikamente Sotrovimab (2'000 Packungen) und Casirivimab/Imdevimab (4'000 Packungen) hinzu, welche der Bund bereits im Jahr zuvor bestellt hatte. Kurz darauf gab die Regierung im Rahmen ihres Förderprogramms für Covid-19-Arzneimittel den Abschluss von Verträgen mit vier in der Schweiz ansässigen Unternehmen in der Gesamthöhe von CHF 27 Mio. bekannt, von denen sie sich bis Ende 2022 neue Medikamente versprach. Im Mai 2022 folgte ein Vertrag mit Pfizer für die Beschaffung von 12'000 Packungen des Arzneimittels Paxlovid.

Doch nicht nur zur Behandlung, auch zur Prophylaxe standen neu Arzneimittel zur Verfügung: Noch Ende 2021 erteilte Swissmedic dem Arzneimittel Ronapreve, das zur Prävention von Covid-19 für Personen mit ungenügender Immunantwort auf die Impfung dient, die Zulassung. Dieses Medikament war in Übereinstimmung mit der Covid-19-Verordnung 3 bereits während der Zulassungsphase eingesetzt worden. Mitte Februar 2022 reservierte der Bundesrat zudem erneut 2'000 Packungen des Medikaments Sotrovimab von GlaxoSmithKline AG, während er in Übereinstimmung mit Motionen von Verena Herzog (svp, TG) und der SGK-NR den Zugang zu weiteren Arzneimitteln zur Prävention von Covid-19 für immunsupprimierte Personen sicherte. Im März 2022 und im Juil 2022 folgten Verträge mit AstraZeneca Schweiz für Tixagevimab/Cilgavimab als weitere Möglichkeit zur Prophylaxe gegen Covid-19.

Ausgedehnt wurden auch die Impfmöglichkeiten. Bereits Ende 2021 hatte der Bundesrat bekannt gegeben, dass die Bevölkerung auch im Jahr 2022 gratis Zugang zu den Covid-19-Impfungen haben werde – die Kosten teilen sich OKP, Bund und Kantone weiterhin auf. Noch Ende 2021 hiess Swissmedic nach Pfizer/BioNTech und Moderna auch die Auffrischungsimpfung von Johnson & Johnson sowie deren Kreuzimpfungen mit mRNA-Impfstoffen gut.
Neu zugelassen für Personen ab 18 Jahren wurde Anfang März 2022 überdies der Impfstoff Nuvaxovid von Novavax. Neben den beiden mRNA-Impfstoffen von Pfizer/BioNTech und Moderna sowie dem Vektor-basierten Impfstoff von Johnson & Johnson stellte Nuvaxovid einen Protein-Impfstoff dar, der «einen nicht infektiösen Bestandteil der Oberfläche des Sars-CoV-2-Virus» enthält und damit eine Immunreaktion auslöst. Im April 2022 nahmen BAG und EKIF diesen Impfstoff in ihre Impfempfehlung für Personen ab 18 Jahren auf.
Anfang März 2022 gab der Bundesrat seinen Plan für die Impfstoffversorgung der Schweizer Bevölkerung für das Jahr 2023 bekannt, die er mit je 7 Mio. Impfdosen von Pfizer/BioNTech und Moderna sowie mit je weiteren 7 Mio. optionalen Dosen sicherstellen wollte. Bereits zuvor hatte er bekannt gegeben, bis Mitte 2022 maximal 15 Mio. Impfstoffdosen an die COVAX-Initiative und andere Länder weiterzugeben, sofern die Schweiz diese nicht verwenden könne. Später entschied das Parlament jedoch bei der Beratung des Nachtrags Ib zum Voranschlag 2022, die Anzahl Impfdosen für das Jahr 2023 zu halbieren, woraufhin das BAG neue Verträge mit den Impfstofflieferanten ausarbeiten musste.
Im Juni 2022 folgte ein erstes Zulassungsgesuch für einen «Omikron-Impfstoff» durch Moderna Switzerland GmbH, Anfang August sowie Mitte September folgten auch zwei entsprechende Anträge von Pfizer/BioNTech. Die Gesuche wurden Mitte September (Moderna) respektive Mitte Oktober (Pfizer/BioNTech) bewilligt.
Laufend passten BAG und EKIF auch ihre Impfempfehlung an: Ab Mai 2022 empfahlen sie Personen mit einem stark geschwächten Immunsystem eine weitere Auffrischimpfung mit einem mRNA-Impfstoff, Anfang Juli dehnten sie diese Empfehlung auf Personen über 80 Jahren aus. Und auf den Herbst hin empfahlen sie insbesondere Personen über 65 Jahren sowie Personen mit erhöhtem Krankheitsrisiko durch Vorerkrankung oder Schwangerschaft sowie ergänzend dazu Personen in Akut- und Langzeitbetreuung oder in Betreuung besonders gefährdeter Personen eine Impfung. Schliesslich sei die Impfung auch für alle anderen Personen ab 16 Jahren sinnvoll, um «das Risiko einer Infektion oder eines seltenen schweren Verlaufs [zu] vermindern».

Nicht nur für Erwachsene, auch für Kinder wurden die Impfmöglichkeiten erweitert. Bereits Ende 2021 erteilte Swissmedic dem Impfstoff von Pfizer/BioNTech die Zulassung für Kinder zwischen fünf und elf Jahren, im Mai 2022 folgte die Zulassung des Moderna-Impfstoffs für Kinder zwischen sechs und elf Jahren und im September 2022 die Zulassung von Novoxovid für Jugendliche zwischen 12 und 18 Jahren.

Neben den Arzneimitteln und Impfungen gelangte auch die Finanzierung der Covid-19-Massnahmen sowie der Abbau der pandemiebedingten Schulden, welche der Bundesrat ausserordentlich verbucht hatte, stärker in den Fokus. Im Februar 2022 beantragte die Regierung die Finanzierung der vom Parlament vorgenommenen Änderungen in der vierten Revision des Covid-19-Gesetzes in einem ausserordentlichen Nachtrag Ia zum Voranschlag 2022, was das Parlament in der Frühjahrssession 2022 guthiess.
In der Folge wurde vor allem über den Abbau der Covid-19-Schulden diskutiert, wobei man sich lange nicht einig war, ob die Schulden mit zukünftigen Überschüssen oder auch mit bisherigen Überschüssen und dafür in einer verkürzten Frist abgebaut werden sollten. Das Parlament entschied sich schliesslich, nur die zukünftigen Überschüsse und allfällige SNB-Zusatzausschüttungen zu verwenden, deren Anfallen jedoch im Verlauf des Jahres unwahrscheinlich geworden war.

Gleichzeitig wurden auch immer mehr Aktivitäten zur Evaluation des Krisenmanagements während der Pandemie bekannt. Bereits Ende 2020 hatte das BAG eine «externe Evaluation über die Bewältigung der Covid-19-Pandemie» in Auftrag gegeben. Diese stellte Bund und Kantonen grundsätzlich ein gutes Zeugnis aus, kritisierte jedoch die Krisenvorbereitung sowie das anfängliche Krisenmanagement. Im Juni 2022 ergänzte der Bundesrat diese Evaluationsbemühungen um eine Administrativuntersuchung zur Beschaffung von Covid-19-Impfstoffen, bei der untersucht werden sollte, ob sämtliche Beschaffungen durch Kredite gedeckt «und in den Verträgen Parlamentsvorbehalte eingefügt» waren. Zeitgleich erschien auch der zweite Bericht über die Beschaffung von medizinischen Gütern während der Covid-19-Pandemie, gemäss dem die Armeeapotheke zwischen Juli 2020 und Dezember 2021 medizinische Güter im Wert von CHF 96 Mio. beschafft hatte. Deren Einsatz bezüglich der Maskenbeschaffung im Frühjahr 2020 würdigte der Bundesrat überdies in einer Stellungnahme zu einem Bericht der GPK-NR. Das «VBS und insbesondere die Armeeapotheke» hätten den Auftrag, eine grösstmögliche Menge an Schutzmasken in kürzester Zeit zu beschaffen, «unter hohem Druck, mit grossem Einsatz und trotz der schwierigen Bedingungen» erfüllt. Aus den dabei dennoch erfolgten Fehlern sollen nun Lehren gezogen werden.
Im August 2022 zeigten statistische Auswertungen schliesslich noch einmal das Ausmass der Pandemie im Jahr 2020 auf: So habe es im ersten Pandemiejahr 12.4 Prozent mehr Todesfälle gegeben als durchschnittlich, wobei die Covid-19-Pandemie mit 12.2 Prozent für am drittmeisten Todesfälle nach Herz-Kreislauf-Krankheiten (mit 26.9%) und Krebs (mit 22.2%) verantwortlich gewesen sei.

In der Herbst- und Wintersession 2022 beschäftigte sich das Parlament mit der fünften Änderung des Covid-19-Gesetzes, bei dem es erneut insbesondere um die Frage ging, wie lange die Regelungen im Covid-19-Gesetz aufrecht erhalten bleiben sollen. Besonders umstritten war dabei die Frage, ob die Kantone die Finanzierung und Organisation der Covid-19-Tests übernehmen sollten, wie dies der Bundesrat vorgeschlagen hatte. Die Kantone wehrten sich erfolgreich, so dass ab 2023 die Krankenkassen und bei Tests, welche für Reisen nötig sind, die Bevölkerung für die Tests aufkommen werden.

Verlauf und Bekämpfung der Covid-19-Pandemie
Dossier: Covid-19 – Wirtschaftliche und finanzielle Folgen

Jahresrückblick 2021: Gesundheit, Sozialhilfe, Sport

Auch im Jahr 2021 bestimmte die Covid-19-Pandemie massgeblich den Takt in der Schweizer Gesundheitspolitik. Unabhängig davon gaben hingegen insbesondere Geschäfte im Zusammenhang mit verschiedenen Volksinitiativen zu reden.

Am prominentesten diskutiert wurde in den Medien die Pflegeinitiative, wie beispielsweise Abbildung 1 der APS-Zeitungsanalyse (im Anhang) zeigt – noch nie in den letzten vier Jahren wurde anteilsmässig häufiger über das Thema «Pflege» diskutiert als im Jahr 2021 (vgl. Abbildung 2). Die Pflegeinitiative zielte auf eine Verbesserung des Pflegendenstatus ab und wollte durch eine genügende Anzahl diplomierter Pflegefachpersonen den «Zugang aller zu einer ausreichenden Pflege von hoher Qualität» sicherstellen. Ende November 2021 nahm eine Mehrheit der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger die Vorlage an (61.0%). Mit Ausnahme eines Kantons sagten ferner alle Stände Ja und hörten damit nicht auf ihre Vertreterinnen und Vertreter in Bundesbern, welche die Initiative zur Ablehnung empfohlen hatten. Stattdessen wollten Regierung und Parlament den in der Initiative dargelegten Problemen mittels eines von der SGK-NR ausgearbeiteten indirekten Gegenvorschlags auf Gesetzesebene begegnen. Dieser hätte neben einer Ausbildungsoffensive auch eine Kompetenzerweiterung bezüglich selbständiger Abrechnung von Pflegeleistungen vorgesehen. In den Medien wurde der Abstimmungserfolg des Initiativkomitees unter anderem – aber nicht ausschliesslich – mit der Covid-19-Pandemie erklärt.

2021 ebenfalls auf der Traktandenliste des Parlaments stand die Organspende-Initiative und der dazu vom Bundesrat lancierte indirekte Gegenvorschlag. Einigkeit herrschte darüber, dass der Status quo der Zustimmungslösung nicht zufriedenstellend sei. Das Volksbegehren, welches beabsichtigte, dass neu alle Menschen automatisch zu Organspenderinnen und -spendern werden sollten, falls sie sich nicht explizit dagegen ausgesprochen hatten, ging jedoch sowohl dem Bundesrat als auch den beiden Kammern zu weit. Die Landesregierung forderte daher in ihrem Gegenvorschlag eine erweiterte Zustimmungslösung, bei der die Meinung der Angehörigen ebenfalls berücksichtigt wird. Nachdem der Nationalrat das Volksbegehren zunächst (denkbar knapp) zur Annahme empfohlen hatte, folgte er in der Herbstsession dem Ständerat, der sich einstimmig gegen die Initiative ausgesprochen hatte. Der indirekte Gegenvorschlag hingegen war weitgehend unbestritten und wurde von beiden Räten grossmehrheitlich für eine gute Lösung befunden, worauf das Initiativkomitee die Initiative bedingt zurückzog.

Die dritte Volksinitiative, mit der sich das Parlament 2021 im Gesundheitsbereich beschäftigte, war die Volksinitiative «Ja zum Schutz der Kinder und Jugendlichen vor Tabakwerbung», welche ein lückenloses Tabakwerbeverbot zum Inhalt hat. Auch dieses Volksbegehren ging National- und Ständerat zu weit, weshalb sie die Initiative zur Ablehnung empfahlen. Parallel dazu befasste sich das Parlament mit einem neuen Tabakproduktegesetz, das im Herbst 2021 verabschiedet wurde und unter anderem ebenfalls Bestimmungen zu Tabakwerbung beinhaltete. Die beiden Kammern präsentierten die Gesetzesrevision als indirekten Gegenvorschlag zur Volksinitiative.

Als Folge der ersten Welle der Covid-19-Pandemie im Vorjahr beklagten viele Spitäler finanzielle Einbussen. Die Kantone Schaffhausen, Aargau, Tessin und Basel-Stadt reagierten 2021 mit vier Standesinitiativen, mittels welcher sie den Bund dazu auffordern wollten, für die Ertragsausfälle, die in Zusammenhang mit dem vom Bundesrat angeordneten Verbot «nicht dringend angezeigte[r] medizinische[r] Eingriffe und Therapien» entstanden waren, aufzukommen. Der Ständerat gab den Geschäften in der Wintersession 2021 mit 21 zu 19 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) keine Folge.

Verglichen mit dem Vorjahr, als die Medien sehr ausführlich über die Sportpolitik berichteten (vgl. Abbildung 2), erhielt dieses Thema im Jahr 2021 nur beschränkt Beachtung. Erneut medial diskutiert wurden unter anderem die finanziellen Schwierigkeiten der Sportvereine, deren Unterstützung auch vom Ausgang der Abstimmung über die zweite Revision des Covid-19-Gesetzes abhing.
Im Parlament wurde insbesondere die Frage diskutiert, wie eine Mitsprache der Bevölkerung bei der Organisation und der finanziellen Unterstützung Olympischer Spiele ermöglicht werden kann. Diesbezüglich zeigte sich der Nationalrat offener als der Ständerat, als er in der Sommersession ein entsprechendes Postulat der WBK-NR annahm und einer parlamentarischen Initiative Semadeni (sp, GR) Folge gab. Letztere schickte der Ständerat in der darauffolgenden Session allerdings bachab. Das Parlament diskutierte des Weiteren über die Finanzhilfen an Sportanlagen von nationaler Bedeutung 2022–2027 (NASAK 5), wobei der Ständerat den bundesrätlichen Entwurf in der Herbstsession guthiess und der Nationalrat ihm in der Wintersession folgte.

Im Bereich Sozialhilfe beugte sich die kleine Kammer in der Frühjahrssession 2021 über eine Motion Carobbio Guscetti (sp, TI), welche darauf abzielte, Sofortmassnahmen gegen das durch die Covid-19-Pandemie verursachte Armutsrisiko zu ergreifen. Das Geschäft fand jedoch bei den Kantonsvertreterinnen und -vertretern keine Mehrheit. Medial thematisiert wurden unter anderem die möglichen Folgen der Pandemie für die Sozialhilfe sowie ein Urteil des EGMR, in welchem der Kanton Genf bezüglich seines Bettelverbotes kritisiert wurde.

Jahresrückblick 2021: Gesundheit, Sozialhilfe, Sport
Dossier: Jahresrückblick 2021

Im September 2021 reichte die SGK-SR eine Motion mit dem Titel «Für eine nachhaltige Finanzierung von Public-Health-Projekten des Nationalen Konzepts ‹Seltene Krankheiten›» ein. Damit forderte sie die Schaffung einer gesetzlichen Grundlage, welche die Umsetzung des Nationalen Konzepts «Seltene Krankheiten» durch die involvierten Organisationen des Gesundheitswesens auf einer nachhaltigen Basis gewährleisten soll. Es sollen Instrumente zur Finanzierung unter anderem der Koordination und des Aufbaus von Angeboten in diesem Bereich oder zur Qualitätsförderung, Dokumentation und Beratung bereitgestellt werden. Zudem soll die gesetzliche Grundlage auch der langfristigen Finanzierung eines schweizweiten Registers für seltene Krankheiten dienen. Der Bundesrat soll die Ausarbeitung der Vorlage mit den Kantonen koordinieren.
In der Wintersession 2021 kam das Geschäft in den Ständerat. Marina Carobbio Guscetti (sp, TI) stellte die Kommissionsmotion vor und verwies dabei auf einen Bericht in Erfüllung eines Postulats der SGK-NR (Mo. 18.3040), welcher die Herausforderungen und Handlungsoptionen des Nationalen Konzepts «Seltene Krankheiten» aufzeige. Mit der vorliegenden Motion wolle man nun diese Herausforderungen angehen. Bundesrat Alain Berset empfahl die Motion zur Annahme und betonte, seltene Krankheiten seien nur bei einzelner Betrachtung selten, zusammen als Gruppe kämen sie jedoch so häufig vor wie etwa Diabetes. Der Ständerat nahm die Motion in der Folge stillschweigend an.

Für eine nachhaltige Finanzierung von Public-Health-Projekten des Nationalen Konzepts "Seltene Krankheiten" (Mo. 21.3978)

Die UREK-NR entschied sich im Oktober 2021 dazu, der Gletscherinitiative einen indirekten Gegenvorschlag gegenüberzustellen, «damit rasch eine griffige Lösung auf Gesetzesstufe vorliegt». Dafür reichte sie eine parlamentarische Initiative ein, durch welche die gesetzlichen Grundlagen geschaffen werden sollen, um den Verbrauch fossiler Brenn- und Treibstoffe stark zu reduzieren, damit das Netto-Null-Ziel bis 2050 erreicht werden kann, und um einen Absenkpfad für die Treibhausgasemissionen bis 2050 zu definieren. Die dafür notwendigen Massnahmen sollen sozialverträglich ausgestaltet werden und die Schweizer Volkswirtschaft stärken.
Die UREK-SR befasste sich im November 2021 mit der Initiative und stimmte für Folgegeben; dadurch fiel der Startschuss für die Ausarbeitung einer Vorlage durch die UREK-NR.

Indirekter Gegenvorschlag zur Gletscher-Initiative. Netto null Treibhausgasemissionen bis 2050 (Pa.Iv. 21.501)
Dossier: Die Gletscherinitiative, ihr direkter Gegenentwurf und ihr indirekter Gegenvorschlag

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Zusammenfassung
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Indirekter Gegenvorschlag zur Gletscher-Initiative. Netto-Null-Treibhausgasemissionen bis 2050 (Pa. Iv. 21.501)

Währenddem die Räte die Gletscherinitiative zur Ablehnung empfahlen, fand der indirekte Gegenvorschlag zur Gletscherinitiative im Parlament eine Mehrheit. Die beiden Kammern entschieden, in Umsetzung der parlamentarischen Initiative der UREK-NR ein neues Bundesgesetz über die Ziele im Klimaschutz, die Innovation und die Stärkung der Energiesicherheit zu schaffen. Mit Reduktionszielen in den verschiedenen Bereichen, wie etwa Verkehr, Gebäude und Industrie, soll insgesamt das Netto-Null-Ziel bis 2050 erreicht werden. Sie hiessen dafür auch zwei Bundesbeschlüsse über die Förderung neuer Technologien und über ein Programm zum Heizungsersatz gut. Gegen dieses neue Gesetz kündigte die SVP ein Referendum an. Darüber hinaus stimmten die Räte für die Schaffung eines dringlichen Gesetzes über Massnahmen zur kurzfristigen Erstellung einer sicheren Stromversorgung im Winter, welches den Ausbau der Photovoltaik, insbesondere in den Bergen, sowie die Erhöhung der Grimsel-Staumauer sicherstellen sollte. Das von der SVP ergriffene Referendum kam zustande, weswegen sich die Stimmberechtigten am 18. Juni 2023 zum Bundesgesetz über die Ziele im Klimaschutz, die Innovation und die Stärkung der Energiesicherheit äusserten. Mit 59.1 Prozent Ja-Stimmen wurde das Klima- und Innovationsgesetz an der Urne angenommen.

Chronologie
Beschluss für indirekten Gegenvorschlag
Präsentation der Vorlage
Erste Behandlung im Nationalrat
Erste Behandlung im Ständerat
Differenzen
Vorlage wird bereinigt
Referendum kommt zustande

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Résumé
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Contre-projet indirect à l'initiative sur les glaciers. Zéro émission nette de gaz à effet de serre d'ici à 2050 (Iv. Pa. 21.501)
(Traduction: Chloé Magnin)

Alors que les Conseils recommandaient le rejet de l'initiative sur les glaciers, le contre-projet indirect à l'initiative populaire a trouvé une majorité au Parlement. Les deux chambres ont décidé, dans le cadre de la mise en œuvre de l'initiative parlementaire de la CEATE-CN, de créer une nouvelle loi fédérale avec des objectifs visant la protection du climat, l'innovation et le renforcement de la sécurité énergétique. Avec diverses mesures dans différents secteurs, comme les transports, les bâtiments et l'industrie, l'objectif zéro émission nette devrait être atteint d'ici 2050. Les chambres ont aussi accepté deux arrêtés fédéraux sur la promotion de nouvelles technologies et sur un programme de remplacement de chauffage. Dans la foulée, l'UDC a annoncé un référendum contre la nouvelle loi. En outre, les Conseils ont voté pour la création d'une loi urgente pour prendre des mesures à court terme concernant une source d'énergie sûre en hiver, laquelle sécuriserait l'expansion photovoltaïque, principalement en montagne, ainsi que le rehaussement du barrage de Grimsel. Le référendum lancé par l'UDC ayant abouti, le corps électoral s'est prononcé le 18 juin 2023 sur la Loi fédérale sur les objectifs en matière de protection du climat, sur l’innovation et sur le renforcement de la sécurité énergétique. La loi sur le climat et l'innovation a été acceptée dans les urnes par 59,1 % des votant.e.s.


Chronologie
Décision pour le contre-projet indirect
Présentation du projet
Premier passage au Conseil national
Premier passage au Conseil des Etats
Divergences
Projet est finalisé
Le référendum a abouti
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Indirekter Gegenvorschlag zur Gletscher-Initiative. Netto null Treibhausgasemissionen bis 2050 (Pa.Iv. 21.501)
Dossier: Die Gletscherinitiative, ihr direkter Gegenentwurf und ihr indirekter Gegenvorschlag

Im Novemebr 2021 gab der Bundesrat bekannt, die sogenannte Kostenbremse-Initiative «für tiefere Prämien – Kostenbremse im Gesundheitswesen» der Mitte-Partei zur Ablehnung zu empfehlen und ihr einen indirekten Gegenvorschlag entgegenzustellen. Die Initiative verlangt, dass sich die Kosten der OKP zukünftig dank einem Kostenbremsemechanismus nur noch «entsprechend der schweizerischen Gesamtwirtschaft und den durchschnittlichen Löhnen» erhöhen darf. In ihrer Botschaft erachtete die Regierung den Kostenbremsemechanismus der Initiative als zu starr. Demnach sei das Kostenwachstum neben der Lohnentwicklung auch auf andere Faktoren wie die Alterung der Gesellschaft oder den technisch-medizinischen Fortschritt zurückzuführen – diese Aspekte müssten folglich bei einem entsprechenden Mechanismus ebenfalls berücksichtigt werden. Ansonsten berge eine solche Regelung die Gefahr von Rationierungen oder einer Zweiklassenmedizin. In einem indirekten Gegenvorschlag schlug der Bundesrat stattdessen vor, die Transparenz bezüglich der Kostenentwicklung zu vergrössern, indem zukünftig Ziele der Kostenentwicklung in den verschiedenen Bereichen der OKP festgelegt werden. Werden diese Ziele nicht erreicht, müssen Tarifpartner, Kantone und der Bund die Notwendigkeit korrigierender Massnahmen prüfen. Solche Kostenziele hatte der Bundesrat ursprünglich im zweiten Massnahmenpaket vorgeschlagen und nun entsprechend der Vernehmlassungsantworten überarbeitet und in eine eigene Vorlage umgewandelt. Der Bundesrat erwartete von solchen Kostenzielen einen deutlich spürbaren Kostendämpfungseffekt.

Eidgenössische Volksinitiative «Für tiefere Prämien – Kostenbremse im Gesundheitswesen» (BRG 21.067)
Dossier: Anstieg der Krankenkassenprämien dämpfen (seit 2020)
Dossier: Volksinitiativen zum Thema «Krankenkasse» (seit 2015)

Daniela Schneeberger (fdp, BL) verlangte in einer parlamentarischen Initiative, dass Wohlfahrtsfonds mit Ermessensleistungen zukünftig auch Leistungen zur Prävention ausrichten können sollen. Wohlfahrtsfonds mit Ermessensleistungen sind gemäss ZGB Per­so­nal­für­sor­ge­ein­rich­tun­gen in Stiftungsform und dienen der sozialen Vorsorge der Arbeitnehmenden. Während aber ihr Zweck bisher vor allem auf Personen in Notlagen abzielte, sollen sie zukünftig auch «Leistungen zur Prävention bei Krankheit, Unfall und Arbeitslosigkeit» ausrichten können, wie etwa die «Mandatierung einer externen Anlaufstelle für Mitarbeitende mit finanziellen oder psychischen Problemen» oder auch die Unterstützung der Arbeitnehmenden bei der Kinderbetreuung. Zwar seien Präventionszwecke eigentlich bereits jetzt eingeschlossen, da dies jedoch «immer wieder zu Diskussionen mit den Behörden» führe, sollen sie jetzt ausdrücklich genannt werden, argumentierte die Initiantin.
Mit 19 zu 4 Stimmen (bei 4 Enthaltungen) gab die SGK-NR der Initiative im Januar 2021 Folge, im November 2021 stimmte ihr die SGK-SR stillschweigend zu. Somit wird die nationalrätliche Kommission einen Entwurf ausarbeiten.

Leistungen zur Prävention sind im heutigen Umfeld eine wichtige Aufgabe von Wohlfahrtsfonds mit Ermessensleistungen (Pa.Iv. 19.456)

Heinz Siegenthaler (bdp, BE) reichte im September 2020 eine parlamentarische Initiative mit dem Titel «Regulierung des Cannabismarktes für einen besseren Jugend- und Konsumentenschutz» ein. Einhergehend mit den Empfehlungen der EKSF beabsichtigte der Initiant im Zusammenhang mit THC-haltigem Cannabis die gesetzliche Neuregelung der Aspekte «Anbau, Produktion, Handel und Konsum». Dabei gelte es der Vier-Säulen-Drogenpolitik Rechnung zu tragen, Produktion und Handel der staatlichen Kontrolle zu unterstellen, zwischen medizinischem und nicht-medizinischem Markt zu differenzieren, die Prohibition abzuschaffen und dadurch dem Schwarzmarkt entgegenzuwirken sowie die Besteuerung, Bewerbung und den Anbau für den persönlichen Gebrauch zu regeln. Ende April 2021 gab die SGK-NR in einer Medienmitteilung ihre Unterstützung für die parlamentarische Initiative bekannt (13 zu 11 Stimmen, 1 Enthaltung). Dabei wies sie insbesondere auf die Pilotprojekte zu nicht-medizinischem Cannabis hin, auf die sie sich im Rahmen ihrer Arbeiten stützen wolle. Im Oktober 2021 folgte ihre Schwesterkommission diesem Entschluss mit 9 zu 2 Stimmen. Die SGK-SR hob unter anderem die Wichtigkeit des Jugendschutzes und der Prävention hervor und erklärte zudem, dass auch der internationale Kontext miteinbezogen werden müsse.

Regulierung des Cannabismarktes für einen besseren Jugend- und Konsumentenschutz (Pa.Iv. 20.473)

Am 14. Oktober 2021 gab ein Komitee, unter anderem bestehend aus Personen aus dem Gesundheitsbereich, Juristinnen und Juristen, Theologinnen und Theologen sowie der EVP-Nationalrätin Marianne Streiff (evp, BE), die Lancierung eines Referendums zur Änderung des Transplantationsgesetzes bekannt. Das Komitee bekämpfte damit den indirekten Gegenvorschlag zur Organspende-Initiative, welcher eine erweiterte Widerspruchslösung bei der Entnahme von Organen vorsah. Das Referendumskomitee gab zu bedenken, dass durch dieses Gesetz vor allem die sozial Schwächsten benachteiligt würden. Zudem nehme der Druck auf die Angehörigen zu und es bestehe das Risiko, dass diese einer Organentnahme nur aufgrund der Angst, als gesellschaftlich unsolidarisch abgestempelt zu werden, zustimmen würden. Weiter sei die körperliche und geistige Unversehrtheit durch die Bundesverfassung garantiert. Durch die Widerspruchlösung müsse dieses Recht nun aber «speziell eingefordert werden». Im Januar 2022 gab der Bundesrat bekannt, dass die Abstimmung zur Gesetzesänderung am 15. Mai 2022 erfolgen soll, falls das diesbezüglich ergriffene Referendum zustande kommt.

Organspende-Initiative und indirekter Gegenvorschlag (BRG 20.090)
Dossier: Transplantation von Organen, Geweben und Zellen

Per Postulat forderte Christoph Eymann (lpd, BS) den Bundesrat auf, einen Bericht bezüglich Massnahmen gegen die Gefährdung der Gesundheit von Kindern durch Knopfbatterien auszuarbeiten. Verschluckt ein Kind eine entsprechende Batterie, könne dies Konsequenzen wie Verätzungen der Speise- und Luftröhre haben, die mit bleibenden Schäden oder gar dem Tod einhergingen. Aus diesem Grund habe es sich eine Arbeitsgruppe aus Kinderärztinnen und -ärzten zur Aufgabe gemacht, ausgehend vom «Welt-Knopfbatterie-Tag» neben Eltern und Lehrpersonen auch die Industrie und die Politik für die Problematik zu sensibilisieren. Mögliche Massnahmen seien etwa Verschluss-Sicherungen an Geräten oder die Einführung von «Fabrikationsnormen ohne Gefährdungspotential». Es sei nun an der Politik, das Anliegen der Arbeitsgruppe zu unterstützen. In seiner Stellungnahme erklärte sich der Bundesrat zu einer Analyse bereit und beantragte die Annahme des Postulats. Stillschweigend folgte der Nationalrat diesem Antrag in der Herbstsession 2021.

Massnahmen gegen die Gefährdung der Gesundheit von Kindern durch Knopfbatterien (Po. 21.3788)

Im Oktober 2021 befanden National- und Ständerat im Rahmen der Schlussabstimmung über die Organspende-Initiative sowie ihren indirekten Gegenvorschlag. Die Volksvertreterinnen und -vertreter stimmten mit 141 zu 44 Stimmen (bei 11 Enthaltungen) für den indirekten Gegenentwurf und mit 137 zu 29 Stimmen (bei 29 Enthaltungen) für den Bundesbeschluss auf Empfehlung der Ablehnung der Volksinitiative. Das Stöckli sprach sich mit 31 zu 12 Stimmen (bei 1 Enthaltung) zugunsten des Gegenvorschlags und mit 35 zu 0 Stimmen (bei 9 Enthaltungen) für den Bundesbeschluss auf Ablehnungsempfehlung aus. In der Folge zog das Initiativkomitee die Initiative bedingt zurück. Sollte also das Referendum gegen den indirekten Gegenvorschlag ergriffen und das Gesetz von der Bevölkerung abgelehnt werden, würde es dennoch zur Volksabstimmung über die Initiative kommen.

Organspende-Initiative und indirekter Gegenvorschlag (BRG 20.090)
Dossier: Transplantation von Organen, Geweben und Zellen

In der Schlussabstimmung über das Tabakproduktegesetz Anfang Oktober 2021 segnete der Ständerat die Vorlage mit 28 zu 13 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) ab. Im Nationalrat fiel die Verabschiedung mit 89 zu 77 Stimmen (bei 27 Enthaltungen) aus. Während die Befürworterinnen und Befürworter in der grossen Kammer aus den Reihen der Mitte-, FDP- ,GLP- und SVP-Fraktion stammten, lehnten die Fraktionen der SP und der Grünen das Gesetz geschlossen ab. Flavia Wasserfallen (sp, BE) begründete die ablehnende Haltung damit, dass man nicht ein Gesetz retten wolle, das keines der gesetzten Ziele erfülle. Stattdessen setze man lieber auf die Volksinitiative «Ja zum Schutz der Kinder und Jugendlichen vor Tabakwerbung (Kinder und Jugendliche ohne Tabakwerbung)». Von den 27 Enthaltungen kamen 24 aus dem Lager der SVP-Fraktion und 3 aus der FDP-Fraktion. Thomas de Courten (svp, BL) erklärte denn auch, dass seine Fraktion dem Gesetz nicht zustimmen könne, da dessen Erfolg marginal sei, während mit enormen Konsequenzen für die Wirtschafts- und Unternehmensfreiheit zu rechnen sei. Im Sinne «eines gutschweizerischen Kompromisses» enthalte man sich aber der Stimme, anstatt die Vorlage zum Scheitern zu bringen. Er halte die Befürwortenden jedoch dazu an, in näherer Zukunft von weitergehenden Schritten abzusehen und zuerst die Wirkung des Gesetzes abzuwarten.

Tabakproduktegesetz (BRG 15.075)
Dossier: Tabakproduktegesetz

Tout comme la chambre du peuple, une majorité du Conseil des Etats veut promouvoir la consommation de fruits et légumes locaux. La chambre haute a donné son feu vert à la motion Roduit (centre, VS) qui permettrait, d'une part, de contribuer à lutter contre le surpoids et l'obésité et, d'autre part, d'inciter à la consommation d'une alimentation plus respectueuse du climat. Marianne Maret (centre, VS), pour la majorité de la commission, a insisté sur la nécessité d'informer correctement la population, une démarche nécessaire pour un bon fonctionnement de la responsabilité individuelle. Pour la minorité opposée à cette motion, Jakob Stark (udc, TG) a invoqué l'importance du fédéralisme – s'opposant à des mesures centralisées – et une campagne qu'il considère comme superflue au vu du niveau d'information de la population à ce sujet; un avis partagé par le Conseil fédéral, représenté par Alain Berset lors de ce débat. Cela n'aura pas suffi à convaincre un nombre suffisant de sénatrices et de sénateurs qui ont accepté par 21 voix contre 16 et 2 abstentions cette proposition. Le Conseil fédéral est donc chargé de mettre ce texte en œuvre.

Promouvoir la consommation de fruits et légumes locaux (Mo. 19.3624)

Mittels Motion verlangte Ruth Humbel (mitte, AG) im September 2019 die Schaffung gesetzlicher Grundlagen, auf deren Grundlage das Spritzen von Hyaluronsäure und Botox nur noch durch Ärzte und Ärztinnen mit entsprechender Ausbildung und Haftpflichtversicherung erlaubt sein soll. Vermehrt würden solche Injektionen in Kosmetikstudios durch Kosmetiker und Kosmetikerinnen sowie weiteren medizinisch nicht adäquat ausgebildeten Personen vorgenommen. Dabei komme es manchmal zu Komplikationen, mit welchen sich das Gesundheitssystem konfrontiert sehe, was wiederum auch Kosten für die Krankenkasse und somit für die Prämienzahlenden nach sich ziehe. Swissmedic untersage es medizinisch nicht ausgebildeten Personen zwar, Substanzen, die über dreissig Tage im Körper bleiben, zu spritzen, auf dem Schweizer Markt existierten allerdings gar keine Hyaluronsäure-Produkte, die eine Verbleibdauer von weniger als dreissig Tage im menschlichen Körper aufwiesen. Die Injektionen erfolgten demnach vorschriftswidrig. Auch deshalb verlangte die Motionärin die Schaffung klarer Regeln, welche eine ausschliessliche Durchführungserlaubnis für die Ärzteschaft und Massnahmen für Zuwiderhandlungen festhielten.
Der Bundesrat präzisierte in seiner Stellungnahme die bereits bestehende Kompetenz, diese Substanzen zu spritzen. Namentlich seien dies neben der Ärzteschaft auch Kosmetikerinnen und Kosmetiker, falls sie über eine entsprechende Ausbildung verfügten, und die Behandlung unter Kontrolle und Verantwortung eines Arztes oder einer Ärztin geschehe. Die MepV-Revision, welche Ende Mai 2020 in Kraft trete, enthalte diesbezüglich Konkretisierungen. Der Bundesrat erachte den Schutz der Patientenschaft daher als ausreichend, weshalb er die Motion zur Ablehnung empfehle.
Das Geschäft kam in der Herbstsession 2021 in den Nationalrat. Dort erläuterte Ruth Humbel ihr Anliegen und Gesundheitsminister Berset vertrat den bundesrätlichen Standpunkt. Die grosse Kammer nahm die Motion knapp mit 96 zu 92 Stimmen (bei 4 Enthaltungen) an. Die Ja-Stimmen stammten fast ausschliesslich aus den Fraktionen der SP, Mitte und der Grünen, während sich die Fraktionen der GLP, SVP und FDP gegen das Geschäft aussprachen.

Das Spritzen von Hyaluronsäure und Botox gehört in die Hand von Ärztinnen und Ärzten (Mo. 19.4167)

Zwei Tage nach dem Ständerat beugte sich erneut der Nationalrat über die Volksinitiative «Organspende fördern – Leben retten» und den indirekten Gegenvorschlag. Die beiden Kommissionssprecherinnen der SGK-NR, Flavia Wasserfallen (sp, BE) und Céline Amaudruz (svp, GE), stellten hinsichtlich des Gegenvorschlags kurz die wenigen redaktionellen und formellen Differenzen zum Ständerat vor. Zudem liessen sie verlauten, dass die Kommission mit 21 zu 0 Stimmen (bei 4 Enthaltungen) entschieden habe, der kleinen Kammer und dem Bundesrat zu folgen und die ursprünglich zur Annahme empfohlene Volksinitiative nun zur Ablehnung zu empfehlen. Grund für diesen Sinneswandel sei, dass die Abstimmungsempfehlung relativ früh getroffen worden sei, mit dem indirekten Gegenvorschlag nun aber eine gute Lösung vorliege, die im Gegensatz zum Volksbegehren auch der Rolle der Angehörigen Rechnung trage. In der Folge bereinigte der Nationalrat stillschweigend die noch bestehenden Differenzen beim Gegenvorschlag und sprach sich gegen die Volksinitiative aus.

Organspende-Initiative und indirekter Gegenvorschlag (BRG 20.090)
Dossier: Transplantation von Organen, Geweben und Zellen

Der Nationalrat beugte sich in der Herbstsession 2021 abermals über die Vorlage des Tabakproduktegesetzes und bereinigte die offenen Differenzen. So stimmte die grosse Kammer mit 99 zu 85 Stimmen (bei 8 Enthaltungen) in Übereinstimmung mit dem Ständerat gegen ein Mentholverbot und legte fest, dass die verbotenen Stoffe direkt im Anhang des Gesetzes zu regeln sind. Damit waren die letzten verbleibenden Differenzen ausgeräumt und die Vorlage bereit für die Schlussabstimmungen.
Dabei gingen die Meinungen zum Erreichten jedoch weit auseinander. Während Lorenz Hess (mitte, BE) betonte, dass die Regelung von Tabak dadurch erstmalig «nicht mehr im Lebensmittelgesetz, sondern in einem einheitlichen Gesetz» erfolge, war Gesundheitsminister Berset mit der Ausgestaltung des Gesetzes unzufrieden. Er bemängelte, dass das Gesetz dem Jugendschutz nicht gerecht werde und die Ratifizierung des WHO-Übereinkommens, das der Bundesrat seit 2004 anstrebe, damit weiterhin nicht möglich sei.

Tabakproduktegesetz (BRG 15.075)
Dossier: Tabakproduktegesetz

Die Organspende-Initiative und ihr indirekter Gegenvorschlag waren Gegenstand der ständerätlichen Debatte in der Herbstsession 2021. Im Vorfeld hatte sich die SGK-SR mit 9 zu 3 Stimmen (bei 1 Enthaltung) für den indirekten Gegenvorschlag des Bundesrates und mit 10 zu 1 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) gegen das Volksbegehren ausgesprochen. Gemäss Kommissionssprecher Paul Rechsteiner (sp, SG) sei die Widerspruchsregelung als «konkrete Antwort auf den Organmangel» zu werten. Ausgehend von den Erfahrungen südeuropäischer Staaten könne angenommen werden, dass die Zahl der Spenderinnen und Spender durch einen Systemwechsel zunehme. Allerdings gehe der Kommissionsmehrheit wie bereits dem Bundesrat die von der Initiative geforderte enge Widerspruchslösung zu weit – daher auch die diesbezüglich ablehnende Haltung. Weitere Ansätze, mit denen dem Organmangel begegnet werden könnte, namentlich die Einführung eines Erklärungsmodells und der Vorschlag Nantermod (fdp, VS), den Spendewillen auf der Krankenversicherungskarte einzutragen, hätten in der Kommission ebenfalls keine Unterstützung gefunden, so Rechsteiner weiter. Beim indirekten Gegenvorschlag des Bundesrates, welcher eine erweiterte Widerspruchlösung vorsehe, handle es sich hingegen um eine griffige Lösung, bei der auch die nächsten Angehörigen entlastet würden. Eine Kommissionsminderheit rund um Josef Dittli (fdp, UR) teilte diese Ansicht indes nicht. Dem Urner Standesvertreter zufolge würde auch durch den indirekten Gegenvorschlag «eine Erwartungshaltung generiert, die einer Pflicht zur Organspende gefährlich nahe komm[e]». Einen entsprechenden Nichteintretensantrag lehnte der Ständerat jedoch mit 31 zu 13 Stimmen ab. In der Detailberatung folgte die kleine Kammer abgesehen von redaktionellen und formellen Änderungen der grossen Kammer und nahm den Entwurf des indirekten Gegenvorschlags mit 31 zu 12 Stimmen (bei 1 Enthaltung) an. Die Volksinitiative indes blieb im Ständerat chancenlos. Einstimmig sprachen sich die Kantonsvertreterinnen und -vertreter gegen das Volksbegehren aus.

Organspende-Initiative und indirekter Gegenvorschlag (BRG 20.090)
Dossier: Transplantation von Organen, Geweben und Zellen

Vier Tage nach der zweiten Behandlung im Nationalrat kam das Tabakproduktegesetz erneut in den Ständerat. Die kleine Kammer hielt mit 27 zu 15 Stimmen an ihrer Ablehnung des Mentholverbots fest und rückte auch nicht von ihrer Position ab, die verbotenen Zutaten im Anhang des Gesetzes aufzuführen. Bei der Frage, ob E-Zigaretten und Tabakprodukte zum Erhitzen in bestimmten Zonen von spezialisierten Verkaufsgeschäften erlaubt werden sollen, lenkte der Ständerat hingegen ein und hiess diese Regelung gut.

Tabakproduktegesetz (BRG 15.075)
Dossier: Tabakproduktegesetz

Die Motion Humbel (mitte, AG) zur Schaffung eines gesetzlichen Vertrauensschutzes für Fehlermeldesysteme in Spitälern stand während der Herbstsession 2021 auf der Traktandenliste des Ständerats. Brigitte Häberli-Koller (mitte, TG) erläuterte als Sprecherin der SGK-SR, dass sich die Kommission einstimmig für das Geschäft ausspreche. Durch einen entsprechenden Schutz der Mitarbeitenden könnten die Lernkultur in den Krankenhäusern gefördert und die Behandlungsqualität verbessert werden. Nichtsdestotrotz gelte es neben dem Schutz der Mitarbeitenden auch die Rechte der von Schadensfällen betroffenen Personen zu berücksichtigen. Gesundheitsminister Berset zeigte sich zwar grundsätzlich mit dem Inhalt des Vorstosses einverstanden, empfahl dem Stöckli allerdings trotzdem die Ablehnung der Motion, da den Gesundheitsfachpersonen dadurch eine totale Immunität zugestanden werde, was zu weit gehe. Wie bereits der Nationalrat nahm auch der Ständerat die Motion einstimmig mit 34 Stimmen an.

Lernsysteme in Spitälern zur Vermeidung von Fehlern müssen geschützt werden (Mo. 18.4210)

Wie er ein Jahr zuvor angekündigt hatte, empfahl der Bundesrat die Prämien-Entlastungs-Initiative in seiner im September 2021 publizierten Botschaft zur Ablehnung und stellte ihr einen indirekten Gegenvorschlag gegenüber. Er wolle das Anliegen der Initiative, die «Bevölkerung bei den Prämien zu entlasten», im Rahmen des KVG umsetzen, eine Verfassungsänderung sei dafür nicht notwendig. So wolle er dafür sorgen, dass die Anteile verschiedener Kantone an der Prämienverbilligung nicht weiter sinken. Demnach soll zukünftig ein Mindestbeitrag für die Kantone in Abhängigkeit der Bruttokosten der OKP für die im Kanton Versicherten sowie in Abhängigkeit der mit den Prämienverbilligungen verbleibenden Belastung der Versicherten festgesetzt werden.
In der dazu durchgeführten Vernehmlassung mit 57 Teilnehmenden, unter anderem der GDK, der SODK, allen Kantonen, sechs Parteien sowie verschiedenen Verbänden, war der Gegenvorschlag auf geteilte Meinungen gestossen. Ihre Unterstützung sagten die Kantone Waadt und Tessin, die SP und die Grüne Partei, der Gewerkschaftsbund sowie verschiedene Konsumenten- und andere Verbände zu und auch die FDP, die Mitte, die EVP und die Versichererverbände begrüssten gemäss Botschaft den Vorentwurf. Ablehnend reagierten elf Kantone (AR, BL, GL, LU, NW, OW, SG, SZ, UR, ZG, ZH), die SVP und der Gewerbeverband. Alternativvorschläge machten die CLASS, welche die Bundesbeiträge nach deren Bedarf an die Kantone verteilen wollte, und die GDK, die alle kantonalen Beiträge an die Prämien, auch diejenigen über die Sozialhilfe oder die EL, zur Berechnung des Mindestanteils einbeziehen wollte.

Eidgenössische Volksinitiative «Maximal 10 Prozent des Einkommens für die Krankenkassenprämien (Prämien-Entlastungs-Initiative)» und indirekter Gegenvorschlag (BRG 21.063)
Dossier: Anstieg der Krankenkassenprämien dämpfen (seit 2020)
Dossier: Prämienverbilligung
Dossier: Volksinitiativen zum Thema «Krankenkasse» (seit 2015)

In der Herbstsession 2021 behandelte der Nationalrat eine Motion zur Einführung einer «nurse to patient ratio» zur Verbesserung der Pflegequalität und zur Reduktion der Pflegekosten, die 2019 von der BDP-Fraktion eingereicht worden war. Der Bundesrat beantragte die Ablehnung des Geschäfts, da das Verhältnis von Pflegefachkräften zur Patientenschaft durch die Komplexität der vorliegenden Krankheiten und die Strukturen der Versorgungssysteme bestimmt werde. Allerdings zeigte sich die Landesregierung bereit, im Zusammenhang mit der Beantwortung eines Postulats Marchand-Balet (cvp, VS; Po. 18.3602) die Frage bezüglich eines Personalschlüssels und der damit in Verbindung stehenden Qualität und Patientensicherheit aufzugreifen. Entgegen der bundesrätlichen Empfehlung nahm der Nationalrat die Motion jedoch mit 106 zu 79 Stimmen (bei 1 Enthaltung) an, wobei die Nein-Stimmen mit einer Ausnahme alle aus den Fraktionen der SVP und der FDP.Liberalen stammten.

Einführung einer "nurse to patient ratio" in der Pflege. Eine qualitative und wirtschaftliche Notwendigkeit (Mo. 19.4053)

Mittels einer im Jahr 2019 eingereichten Motion wollte Christian Lohr (mitte, TG) den Bundesrat zur Ausarbeitung einer nationalen Strategie für Kinder- und Jugendgesundheit auffordern. Im September 2021 diskutierte der Nationalrat das Geschäft. Der Motionär erklärte, dass viele Gesundheitsrisiken und psychische Störungen bereits im Kinder- und Jugendalter entstünden. Die Schweiz verfüge zwar über ein gut funktionierendes Gesundheitssystem, trotzdem seien die Chancen von Kindern und Jugendlichen, «ihr volles Gesundheitspotential» ausschöpfen zu können, nicht gleichmässig verteilt. Die Gesundheitsförderung und Prävention sei in keiner anderen Lebensphase so effektiv, nachhaltig und wirtschaftlich effizient wie im Kinder- und Jugendalter. Die geforderte Strategie würde unter anderem zu einer besseren Koordination von bereits realisierten Massnahmen und zur Schliessung von Datenlücken beitragen. Da die Gesundheit nicht allein durch die Gesundheitspolitik, sondern auch durch die Rahmenbedingungen, die Betreuung und das Umfeld der Kinder und Jugendlichen bestimmt werde, gelte es zudem, diese Politikbereiche in die Strategie miteinzubeziehen. Gesundheitsminister Alain Berset erklärte, dass mit dem Nationalen Gesundheitsbericht 2020 bereits ein Fahrplan für dieses Thema bestehe. Weiter gab er zu bedenken, dass eine neue Strategie mit einem erheblichen Ressourcenaufwand und nur einem geringen Mehrwert einhergehen würde. Daher empfehle der Bundesrat, den Vorstoss abzulehnen. Ungeachtet dieser Worte nahm die grosse Kammer die Motion mit 110 zu 77 Stimmen an. Dabei stammten die Ja-Stimmen aus dem Lager der SP-, GLP-, Mitte- und Grünen-Fraktionen, die FDP- und SVP-Fraktionen lehnten das Geschäft hingegen ab.

Nationale Strategie für Kinder und Gesundheit (Mo. 19.4070)

Der Nationalrat nahm sich in der Herbstsession 2021 zum zweiten Mal dem Gesetzesentwurf zum Tabakproduktegesetz an und kam dem Ständerat dabei in einzelnen Punkten entgegen, hielt an verschiedenen Stellen jedoch an seinen vorgängigen Beschlüssen fest.
Bezüglich Mentholverbot liess sich die grosse Kammer nicht umstimmen: Sie hielt mit 96 zu 86 Stimmen weiterhin an einem entsprechenden Verbot fest. Auch die Differenz zur Frage, wer über die verbotenen Zutaten bestimmen darf, blieb bestehen. Während der Ständerat diesbezüglich einen Gesetzesanhang vorgesehen hatte, war der Nationalrat mit 114 zu 72 Stimmen nach wie vor der Meinung, dass der Bundesrat die Kompetenz zur Bestimmung der betroffenen Zutaten haben soll. Lorenz Hess (mitte, BE) erklärte für die SGK-NR, dass die Verordnungslösung dem Umstand, dass laufend neue Produkte und Stoffe entwickelt würden, besser gerecht werde als die Gesetzeslösung.
Hingegen bereinigte die grosse Kammer im Bereich der Werbung und der Verkaufsförderung verschiedene Differenzen. So zeigte sie sich nun mit 99 zu 88 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) bereit, den Kantonen das Recht zuzugestehen, strengere Werbevorschriften zu erlassen, und lenkte trotz zwei Minderheitsanträgen ein, das Verkaufsförderungsverbot nicht nur auf Tabakprodukte zum Rauchen, sondern auch auf E-Zigaretten und «Gegenstände, die eine funktionale Einheit mit dem Tabakprodukt bilden», zu beziehen. Flavia Wasserfallen (sp, BE) argumentierte, dass dieser Zusatz durchaus Sinn mache, da elektronische Zigaretten im ganzen Gesetz gleich behandelt werden sollen wie die anderen Tabakprodukte. Sie könnten zwar den Umstieg auf weniger schädliche Produkte unterstützen, allerdings stellten sie auch populäre Einstiegsprodukte dar, welche Nikotinabhängigkeit zur Folge hätten.
Stillschweigend hiess der Nationalrat zudem die ständerätlichen Beschlüsse gut, die Produktinformationen in den Verpackungen auf einige Angaben zu kürzen und das Tabakproduktegesetz als indirekten Gegenvorschlag zur Volksinitiative «Ja zum Schutz der Kinder und Jugendlichen vor Tabakwerbung (Kinder und Jugendliche ohne Tabakwerbung)» zu definieren. Des Weiteren lenkte der Nationalrat bezüglich einer Differenz zum Bundesgesetzes zum Schutz vor Passivrauchen ein: Mit 108 zu 78 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) sah er davon ab, dass das Verwenden von E-Zigaretten und Tabakprodukten in bestimmten Bereichen von Restaurations- und Hotelbetrieben zugelassen werden soll. In spezialisierten Verkaufsgeschäften soll dies allerdings gemäss Nationalrat möglich sein, womit diese Differenz zum Ständerat bestehen blieb.

Tabakproduktegesetz (BRG 15.075)
Dossier: Tabakproduktegesetz

Im Herbst 2019 reichte die BDP-Fraktion eine Motion ein, mit der sie den Bundesrat beauftragen wollte, die medizinischen Qualitätsindikatoren im ambulanten Pflegebereich auf die gleiche Weise zu überwachen und zu veröffentlichen wie die Indikatoren für den stationären Pflegebereich, wo dies mit den nach Artikel 59a des KVG erhobenen Daten erfolge. Diese beinhalten unter anderem Angaben zur Wirksamkeit, Angemessenheit und Sicherheit von Leistungen. Die Fraktion begründete ihren Vorstoss mit der demographischen Entwicklung, die nicht nur die Gesundheitskosten und die AHV beeinflusse, sondern auch die Pflege und die damit verbundene Patientensicherheit. Die entsprechenden Daten würden durch die Leistungserbringenden bereits erhoben. In seiner Stellungnahme gab der Bundesrat bekannt, dass bei der ambulanten Pflege zwar Handlungsbedarf bestehe, dass die zuständigen Bundesstellen die Angelegenheit jedoch bereits in Angriff genommen hätten. Deshalb spreche sich die Landesregierung gegen den Vorstoss aus. Die Motion kam in der Herbstsession 2021 in den Nationalrat, wo sie mit 187 zu 1 Stimme (bei 1 Enthaltung) angenommen wurde.

Qualitätssicherung in der Pflege. Qualitätsindikatoren auch in der ambulanten Pflege überwachen (Mo. 19.4055)

Ende September 2019 reichte Verena Herzog (svp, TG) eine Motion mit dem Titel «Stärkung der Kinder- und Jugendmedizin. Versorgungsforschung und Massnahmenplanung zur Sicherstellung der Behandlung von Kindern und Jugendlichen» ein. Die Motion enthielt drei Forderungen: Erstens verlangte sie einen periodisch zu erteilenden Forschungsauftrag durch den Bund, der sich auf das Versorgungsangebot in der Kinder- und Jugendmedizin bezieht. Zweitens forderte sie vom BAG das periodische Verfassen eines Berichts, wie sich der Versorgungsstand in der Kinder- und Jugendmedizin entwickelt. Dabei soll die Situation im ambulanten und im stationären Bereich für die einzelnen Kantone einerseits betreffend Grundversorgenden und andererseits betreffend allen weiteren Fachdisziplinen dargelegt werden. Drittens soll der Bund den Kantonen im Bereich seiner Zuständigkeiten beim Ergreifen von Massnahmen, die darauf abzielen, die Unterversorgung mittelfristig zu verringern und langfristig zu beseitigen, unter die Arme greifen. Herzog begründete die Notwendigkeit ihres Geschäfts damit, dass zurzeit eine «akute Unterversorgung» im Bereich der Kindermedizin existiere, die sich in Zukunft verschärfen werde. Mit der geforderten Versorgungsforschung würden Bund und Kantonen die erforderlichen Grundlagen erhalten, um in ihren jeweiligen Zuständigkeitsbereichen adäquate Massnahmen zu beschliessen. Die Motion wurde in der Herbstsession 2021 vom Nationalrat behandelt. Herzog konfrontierte den Bundesrat in ihrem Votum damit, dass, anders als von der Regierung in ihrer Stellungnahme dargestellt, die Anliegen der Motion bislang nicht oder höchstens teilweise erfüllt seien. Gesundheitsminister Berset wiederum hielt daran fest, dass man sich zwar den Herausforderungen in der Kinder- und Jugendmedizin bewusst sei, dass die Ziele des Vorstosses jedoch bereits erreicht worden seien oder in verschiedenen Projekten – beispielsweise im Mandat zum Ärztemonitoring 2021–2025 – umgesetzt würden. Zudem falle die medizinische Versorgung in den Zuständigkeitsbereich der Kantone. Daher empfahl der Bundesrat, die Motion abzulehnen. Trotz dieser Einwände nahm die grosse Kammer den Vorstoss mit 148 zu 26 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) an. Die ablehnenden Stimmen stammten grösstenteils von Mitgliedern der FDP.Liberalen-Fraktion.

Stärkung der Kinder- und Jugendmedizin. Versorgungsforschung und Massnahmenplanung zur Sicherstellung der Behandlung von Kindern und Jugendlichen (Mo. 19.4134)