Die Schlussabstimmung zur Änderung des Krankenversicherungsgesetzes für die Steuerung des ambulanten Bereichs fand am Ende der Wintersession 2015 statt. Im Nationalrat ergab sich vollkommen überraschend und knappestmöglich eine Mehrheit gegen die Regulierung. Bei einer Enthaltung stimmten 97 Ratsmitglieder dagegen, 96 dafür. Die Fraktionen der SVP und der FDP-Liberalen, seit den Wahlen im vergangenen Herbst mit einer hauchdünnen Mehrheit im Rat ausgestattet, legten geschlossen ein Nein ein, alle anderen Fraktionen ebenso geschlossen ein Ja. Wie bei Schlussabstimmungen üblich, hatte zuvor keine Debatte mehr stattgefunden. Die Zustimmung des Ständerats – 31 Stimmen für, 13 gegen die Zulassungsregulierung – hatte damit lediglich noch symbolischen Charakter. Ursache für das überraschende Resultat war ein Meinungsumschwung beim Freisinn, dessen Vizepräsidentin Moret (VD) noch kurz zuvor versichert hatte, ihre Fraktion werde dem Zulassungsstopp zustimmen (Nationalrätin Moret enthielt sich als einzige der Stimme). In der Presse war von einer „Hauruckaktion", einem „Überraschungscoup" und auch einer ersten „Machtdemonstration" nach dem Rechtsrutsch bei den vergangenen Nationalratswahlen die Rede, zudem von fehlendem Verantwortungsbewusstsein der betreffenden Akteure. Die unterlegenen Befürworterinnen und Befürworter der Zulassungssteuerung ebenso wie der Bundesrat übten sich in scharfer Kritik und warnten vor einer Kostenexplosion zulasten der Versicherten, verursacht durch einen Zustrom ausländischer Ärztinnen und Ärzte. Vonseiten der Gewinnerinnen und Gewinner hiess es, die bisherige Lösung, welche der Entwurf hatte zu einem Bundesgesetz machen wollen, habe sich nicht bewährt – mit der neuen Mehrheit im Parlament sei es nun möglich, Tabula rasa zu machen und neue Ansätze zu entwickeln. Der SVP schwebt dabei eine Lockerung des Vertragszwangs, der FDP unter dem neuen Fraktionschef Cassis (TI) eine Senkung der Taxpunktwerte in Gebieten mit hoher Ärztedichte bei gleichzeitiger Anhebung der Taxpunktwerte in Zonen mit problematisch tiefer Dichte vor. Beide Ansätze hatten sich in der Vergangenheit als nicht mehrheitsfähig erwiesen.

Das Parlament versenkt in der Schlussabstimmung eine definitive Lösung im Rahmen des KVG für die Regelung der Zulassung von Ärztinnen und Ärzten. (BRG 15.020)
Dossier: Zulassungsbeschränkung für Ärztinnen und Ärzte (seit 1998)