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Die Schweizer Demokraten setzten im Berichtsjahr ihren Kampf gegen den Beitritt zum EWR energisch fort und übten heftige Kritik am bundsrätlichen Gesuch um die Aufnahme von EG-Beitrittsverhandlungen. Die SD, unterstützt von ihrem Fraktionspartner «Lega dei Ticinesi», lancierten eine Volksinitiative «EG-Beitrittsverhandlungen vors Volk», um den Bundesrat in seiner Integrationspolitik zu bremsen. Neben der Einschränkung direktdemokratischer Instrumente machten die SD vor allem die Gefahr einer Einwanderungsflut und Wohnungsnot als Argumente gegen den EWR-Beitritt geltend. Die Nein-Parole zur EWR-Abstimmung wurde von den Delegierten einstimmig beschlossen.

Kampf der SD gegen den Beitritt zum EWR

Wie bereits im Vorjahr angekündigt, wurden im Verlauf des Winters 1991 und des Frühjahres 1992 die offenen Szenen in Zürich (Platzspitz) und Bern (Kocherpark) aufgelöst, doch gelang vor allem in Zürich die Dezentralisierung in die weitere Umgebung nicht. Stadtpräsident Estermann (ZH, sp) richtete im Sommer 1992 einen dringenden Appell an Bund, Kanton und Gemeinden, Zürich bei der Bewältigung des Drogenproblems nicht allein zu lassen. In erster Linie forderte er bessere Auffangstrukturen in den Wohngemeinden der Drogenabhängigen und eine Revision des Betäubungsmittelgesetzes in Richtung Entkriminalisierung sowie die breite Abgabe von Heroin an Schwersüchtige. Er bat aber auch um vermehrte Unterstützung bei der Repression des Drogenhandels, insbesondere um die Internierung von delinquierenden Asylbewerbern. Sowohl EDI wie EJPD lehnten dies ab.

Koordinierte Aktion der Städte gegen die offene Drogenszene (1991–1995)

Unter dem Eindruck rassistischer und fremdenfeindlicher Erscheinungen wurde eine parlamentarische Gruppe gegründet, die zu einem offenen Verhalten gegenüber religiösen und ethnischen Minderheiten in der Schweiz beitragen, Angste und Aggressionen abbauen helfen und durch Information einen Beitrag zur Festigung humanitärer Werte in der Schweiz leisten will. Den Initianten Zimmerli (svp, BE), Grendelmeier (ldu, ZH), Couchepin (fdp, VS) und Loeb (fdp, BE) schlossen sich in der Folge 86 weitere Parlamentarierinnen und Parlamentarier an. Die Gruppe wird von der Luzerner CVP-Nationalrätin Dormann präsidiert. Im Vorstand sind Parlamentarier der FDP, SP, SVP, LP sowie des LdU und der Grünen.

parlamentarische Gruppe

Wie der Bundesrat in seinem Bericht über die Legislaturplanung 1991-1995 festhielt, will er zumindest mittelfristig das Drei-Kreise-Modell umsetzen und deshalb das Gesetz von 1931 über den Aufenthalt und die Niederlassung von Ausländern (ANAG) einer Totalrevision unterziehen. Damit soll eine Öffnung gegenüber Europa erreicht und die Rekrutierung von qualifizierten Arbeitnehmern gefördert werden. Der Nationalrat signalisierte allerdings eine gewisse Zurückhaltung gegenüber dieser Absicht und überwies diskussionslos ein Postulat seiner Kommission für Rechtsfragen, welches den Bundesrat ersucht, das Drei-Kreise-Modell im Lichte des Übereinkommens zur Beseitigung der Rassendiskriminierung noch einmal zu überprüfen und den Räten Bericht zu erstatten.

EWR-konforme Ausländerpolitik mit einem «Drei Kreise-Modell»

Die ebenfalls zum Massnahmenpaket des Bundes gehörende Informationskampagne zur Drogensuchtprävention kam in der Bevölkerung gut an und konnte im Laufe des Sommers in eine zweite; vertiefende Phase treten, in welcher das BAG seine Zusammenarbeit mit Beratungsstellen und Hilfsorganisationen auf nationaler, regionaler und kommunaler Ebene verstärken will, um zu gewährleisten, dass gefährdeten Menschen eine Beratung und Betreuung in der näheren Umgebung zur Verfügung steht.

Massnahmenpaket zur Drogenpolitik: Ärztlich kontrollierter Zugang zu Heroin (1991–1997)
Dossier: Bundesbeschluss über die ärztliche Verschreibung von Heroin

Die Drogenfachleute reagierten erleichtert, bedauerten aber die geringe Teilnehmerzahl, da damit kaum schlüssige Resultate erreicht werden könnten. Die Städte Basel, Bern, Freiburg, St. Gallen, Solothurn, Zug und Zürich meldeten umgehend ihr Interesse an, mindestens einen Versuch mit harten Drogen durchzuführen. Der Beginn der Versuche wurde auf Herbst 1992 in Aussicht gestellt. Der Erlass der entsprechenden Verordnung verzögerte sich jedoch bis Ende Oktober, so dass frühestens 1993 damit gestartet werden kann. Die vom Bundesrat gesetzten Rahmenbedingungen lassen 13 Versuche zu, fünf davon mit Heroin. In die Heroinversuche können nur schwerstabhängige, verelendete oder sich prostituierende Drogensüchtige einbezogen werden, welche volljährig und seit mindestens zwei Jahren nachweisbar drogenabhängig sind sowie mindestens zwei gescheiterte Entzüge hinter sich haben und für andere Therapieprogramme nicht in Frage kommen.

Massnahmenpaket zur Drogenpolitik: Ärztlich kontrollierter Zugang zu Heroin (1991–1997)
Dossier: Bundesbeschluss über die ärztliche Verschreibung von Heroin

In seinem Extremismusbericht vertrat der Bundesrat die Auffassung, die "Alltagstheorie", wonach eine Zunahme des Ausländerbestandes mehr Fremdenhass nach sich zieht, sei nicht stichhaltig. Vordergründig seien es der Arbeitsplatz, der Wohnraum oder überhaupt der Wohlstand, die bedroht erschienen. Im Kern aber würden die wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung und die damit verbundenen Umwälzungen der modernen Gesellschaft die Bürgerinnen und Bürger verunsichern. Der Fremde werde so zum "Sündenbock für eine schwelende soziale und geistige Krise“.
Auf der anderen Seite sah der Bundesrat aber auch einen direkten Zusammenhang zwischen der Fremdenfeindlichkeit und dem "unbewältigten Immigrationsproblem". Die Schnelligkeit, mit der sich die Bevölkerung durchmische und sich in Richtung einer multikulturellen Gesellschaft bewege, sei für viele Bürgerinnen und Bürger schwer zu verkraften. Die Regierung erklärte sich bereit, zur Verhinderung und Ahndung von fremdenfeindlich motivierten Übergriffen die Strafnormen weiter auszubauen. Als ebenso wichtig erachtete der Bundesrat jedoch die Erziehung zur Toleranz und die Fähigkeit zu einer geistig-politischen Auseinandersetzung. Er kündigte die Schaffung einer Eidgenössischen Kommission gegen den Rassismus an, die ein Massnahmenpaket gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit erarbeiten soll.

Extremismusbericht

Angesichts der Komplexität der Materie und des Umstandes, dass immer weniger Asylsuchende den Definitionen des Asylgesetzes entsprechen, plädierte Arbenz, inzwischen Direktor des Bundesamtes für Flüchtlinge (BFF), weiterhin für eine ganzheitliche Migrationspolitik. Damit schien er nun zunehmend auf Verständnis zu stossen. Selbst eine seiner heftigsten Widersacherinnen der Vergangenheit, die "Bewegung für eine offene, demokratische und solidarische Schweiz (BODS)" unterbreitete Vorschläge für eine integrierte Aussen-, Asyl- und Einwanderungspolitik, die in weiten Teilen dent Vorstellungen von Arbenz entsprechen. Im Parlament wurde der Gedanke von Ständerätin Simmen (cvp, SO) aufgenommen, welche den Bundesrat mit einer Motion aufforderte, rasch ein Migrationsgesetz auszuarbeiten, welches eine ausgeglichene Wanderungsbilanz nach Kriterien gewährleistet, die humanitären Gesichtspunkten ebenso Rechnung tragen wie wirtschaftlichen und politischen. Mit dem Argument der notwendigen, aber noch ausstehenden internationalen Koordination in diesem Bereich beantragte der Bundesrat Umwandlung in ein Postulat, doch hielt der Ständerat an der verbindlichen Form fest.

immer weniger Asylsuchende den Definitionen des Asylgesetzes entsprechen ganzheitliche Migrationspolitik

Wie die Wiederholung einer 1989 durchgeführten Umfrage ergab, stossen die Ausländer in der Schweiz auf wachsende Ablehnung. Vorwiegend aus wirtschaftlichen Gründen sprach sich eine (tendenziell abnehmende) Mehrheit zwar nach wie vor für die Anwesenheit von Ausländern in der Schweiz aus. Dennoch waren zwei Drittel mit der Aussage einverstanden, neu zuziehende Ausländer sollten nur noch in Ausnahmefällen Arbeitsbewilligungen erhalten (1989: 57%). Gewachsen ist auch der Ruf nach Politikern, die Überfremdungsängste thematisieren (68% gegenüber 56%). Trotzdem hat die Sympathie für Parteien, die klar gegen Überfremdung Stellung nehmen, seit 1989 nur gerade um 3% zugenommen. Noch deutlicher fielen die neuesten Ergebnisse einer seit 1974 periodisch durchgeführten Umfrage aus. Sie zeigten, dass sich das Misstrauen gegenüber Ausländern in den letzten Jahren deutlich verstärkt hat. 38% der Befragten — 8% mehr als 1990 — beurteilten die Rolle der Ausländer als negativ, nur gerade noch 35% (1979: 63%!) waren Ausländern gegenüber wohlwollend eingestellt. Bei den 12%, welche die Anwesenheit von Ausländern als sehr negativ einstuften, glaubten die Autoren der Studie einen eigentlichen Fremdenhass ausmachen zu können. Eine dritte Umfrage schliesslich wies eine praktische Verdoppelung von 14 auf 27% innert Jahresfrist jenes Personenkreises nach, der Verständnis für Gewalttaten gegen Asylsuchende zeigt.

Umfrage

Als die Vernehmlassung klar zeigte, dass mit Ausnahme der SVP alle Bundesratsparteien und eine Mehrheit der Kantone sowie der Städteverband Versuche mit der medizinisch indizierten Abgabe von Heroin befürworten, begann sich ein Sinneswandel Cottis abzuzeichnen. Nun war es aber der Gesamtbundesrat, der sich mit einem Entscheid schwer tat und diesen deshalb wiederholt vertagte. Mitte Mai 1992 gab der Bundesrat dann doch noch grünes Licht für die Heroinversuche, wenn auch unter sehr strengen Rahmenbedingungen: Die bis Ende 1996 befristeten wissenschaftlichen Versuche brauchen eine Bewilligung des Bundes sowie des jeweiligen Kantons und sind auf 50 Personen zu beschränken. Das BAG rechnete damit, dass ungefähr zehn Projekte durchgeführt werden, davon maximal fünf mit Heroin, die restlichen mit Morphin oder injiziertem Methadon.

Massnahmenpaket zur Drogenpolitik: Ärztlich kontrollierter Zugang zu Heroin (1991–1997)
Dossier: Bundesbeschluss über die ärztliche Verschreibung von Heroin

Der gesundheitliche Zustand der Schweizer Bevölkerung hat ein Niveau erreicht, das im internationalen Vergleich zu den besten gehört. Dies ist im wesentlichen der sehr guten Gesundheitsversorgung zu verdanken, wie aus dem Bericht der Schweiz an die Weltgesundheitsorganisation hervorging, der im Rahmen des WHO-Strategieprogramms «Gesundheit für alle bis zum Jahr 2000» erarbeitet wurde. Die durchschnittliche Lebenserwartung hat in allen europäischen Ländern in den vergangenen Jahren zugenommen, in der Schweiz zwischen 1970 und 1989 um 4.6 auf 77.8 Jahre, im europäischen Durchschnitt im gleichen Zeitraum um 1.7 auf 74.9 Jahre. Das von der WHO für das gesamte Europa festgesetzte Ziel von 75 Jahren bis zum Jahr 2000 ist somit in der Schweiz bereits erreicht. Im einzelnen gilt dies aber nur für die Frauen mit 81.2 Jahren, bei den Schweizer Männern beträgt die durchschnittliche Lebenserwartung 74.2 Jahre. Das bei der Studie federführende Bundesamt für Gesundheit (BAG) wies aber gleichzeitig auf neue Gefahren und weitere Verbesserungsmöglichkeiten hin. Während – wie übrigens in ganz Westeuropa – in den letzten Jahren die durch Herz-Kreislauf-Krankheiten bedingten Todesfälle abnahmen, verzeichnete der frühzeitige Tod durch Lungenkrebs, vor allem bei Frauen, eine markante Zunahme. Sorgen bereitet dem BAG ebenfalls die hohe Anzahl von Unfallopfern sowie die nach wie vor für Europa überdurchschnittliche Suizidrate.

Gesundheitlicher Zustand der Schweizer Bevölkerung (1992)

Aus Anlass des internationalen Tags der UNO gegen Rassismus demonstrierten rund 6000 Menschen in Bern gegen die zunehmende Fremdenfeindlichkeit in der Schweiz. Dazu aufgerufen hatten unter anderem die Schweizerische Flüchtlingshilfe, die drei Landeskirchen, zahlreiche Hilfswerke, asyl- und entwicklungspolitische Organisationen, die grossen gewerkschaftlichen Dachverbände (SBG und CNG), der Schweizerische Friedensrat, die politischen Parteien CVP, LdU, SP, GP und GB sowie die Schweizerische Arbeitsgemeinschaft der Jugendverbände (SAJV). Letztere war auch die treibende Kraft bei der Gründung eines "Forums gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit", dessen Plattform in einem ersten Schritt von knapp 30 Organisationen unterzeichnet wurde.

Tags der UNO gegen Rassismus

Im März 1992 gab der Bundesrat die Unterlagen für die Ratifizierung von drei UNO-Drogenkonventionen in die Vernehmlassung. Während der Beitritt zum Psychotropen-Abkommen von 1971 und zum Zusatzprotokoll von 1972 zum Einheitsübereinkommen von 1961 kaum bestritten war, schieden sich die Geister an der Wiener Konvention von 1988, welche aufgrund ihrer repressiven Grundhaltung jeden liberalen Ansatz in der Drogenpolitik verunmöglichen würde. Der Bundesrat schloss deshalb nicht mehr aus, die Auswirkungen dieses Abkommens auf die Schweiz allenfalls mit einer auslegenden Erklärung abzuschwächen. Dennoch lehnten FDP, SP und GPS sowie mehrere Kantone und der Städteverband eine Ratifikation ab, da sie zu einem ungünstigen Zeitpunkt erfolge und falsche Signale setze. CVP und SVP stimmten dem Beitritt aus Gründen der internationalen Solidarität zu, votierten aber für verschiedene Vorbehalte.

Ratifikation von internationalen Betäubungsmittelabkommen (BRG 94.059)
Dossier: Revision Betäubungsmittelgesetz (BetmG) 2001-2004

Der Bundesrat beantragte dem Parlament die Ablehnung der «Zwillingsinitiativen» zur Verminderung der Alkohol- und Tabakprobleme, welche 1989 mit der Forderung nach einem totalen Werbeverbot für Alkoholika und Tabakwaren eingereicht worden waren, und leitete den Räten seine Botschaft für einen indirekten Gegenvorschlag auf Gesetzesstufe zu. Dabei zeigte er Bereitschaft, den in der Vernehmlassung vorgebrachten Bedenken der betroffenen Kreise (Industrie, Gewerbe, Medien) zumindest teilweise Rechnung zu tragen und seinen ursprünglichen Vorschlag etwas zu lockern. Als Erklärung für diesen partiellen Rückzieher – beispielsweise bei der Tabakwerbung in den Printmedien oder beim Sponsoring – führte er an, dass neben der hohen Priorität, welche dem Gesundheitsschutz der Bevölkerung gebühre, auch die Handels- und Gewerbefreiheit, die Rechtsgleichheit und das Informationsbedürfnis der Konsumentinnen und Konsumenten berücksichtigt werden müssten.
Strikt verboten sein soll die Werbung am Schweizer Radio und Fernsehen, bei den Lokalradios, in den Kinos und auf Plakatwänden. In allen anderen Bereichen würde die Werbung bloss eingeschränkt. An den Verkaufsstellen darf informativ geworben werden. Degustationen bleiben hier – mit Ausnahme der gebrannten Wasser – erlaubt, hingegen dürfen keine Gratismuster von Raucherwaren mehr abgegeben werden. Sachbezogene Werbung für Alkoholika und Tabak soll auch in den Printmedien mit Ausnahme der Jugendzeitschriften möglich sein. Ebenfalls zugelassen bleiben das Sponsoring und die Markendiversifizierung, sofern damit nicht die Förderung des Verkaufs von Alkohol und Tabakwaren bezweckt wird. Das Aktionskomitee zeigte sich enttäuscht vom Gegenvorschlag und beschloss, seine Initiativen nicht zurückzuziehen.

Zwillingsinitiativen für ein Tabak- und Alkoholwerbeverbot und indirekter Gegenvorschlag (BRG 92.031)
Dossier: «Zwillingsinitiativen», indirekter Gegenvorschlag und andere Präventionsmassnahmen zwischen 1990 und 2000

Ende 1991 lebten in der Schweiz so viele Ausländer und Ausländerinnen wie nie zuvor. Mit 1,163 Mio Personen oder 17,1% der Bevölkerung wurde die Höchstmarke von 1974 (16,8%) deutlich überschritten. Die Zunahme betrug 5,7% gegenüber 5,8% im Vorjahr. 76% der Ausländerinnen und Ausländer besassen eine Niederlassungsbewilligung, 24% eine Jahresbewilligung. 70% stammten aus EG- und Efta-Staaten. Nicht in den ständigen Ausländerbestand eingerechnet wurden die insgesamt 26 000 internationalen Funktionäre, die knapp 116 000 Saisonniers, die 62 000 Asylbewerber und die 14 000 Aufenthalter mit einer Bewilligung von weniger als einem Jahr sowie die Grenzgänger, deren Anzahl (176 000 Personen) aufgrund der sich abzeichnenden Rezession leicht zurückging.

17,1% der Bevölkerung

Anfangs Jahr wurde eine politische breit abgestützte Initiativgruppe "CH 701" gegründet, welche sich zum Ziel setzt, durch Aufklärung und aktive Konfliktbewältigung das Zusammenleben der einheimischen Bevölkerung mit Menschen aus fremden Kulturkreisen zu verbessern. Die Gruppe – im Lauf des Jahres als Verein unter dem Präsidium von Ständerätin Rosemarie Simmen (cvp, SO) etabliert – will die konstruktive Auseinandersetzung um Werte und Lebensformen einer multikulturellen Gesellschaft in Gang und besonders auch deren soziale Vernetzung zur Sprache bringen. Adressaten der Bemühungen sind sowohl Ausländer – besonders Asylbewerber aus aussereuropäischen Ländern – wie Einheimische, die in "Frontsituationen" vielfach überfordert sind. Zum Mitmachen aufgefordert wurden in erster Linie Vereine – insbesondere Quartiervereine –, Kirchgemeinden, Firmen, Kommunalverwaltungen und Gewerkschaften.

Zusammenleben der einheimischen Bevölkerung mit Menschen aus fremden Kulturkreisen zu verbessern

Die Gewalt gegen Asylsuchende hat in den letzten vier Jahren massiv zugenommen. Von 1989 bis 1991 registrierte die Bundesanwaltschaft über 200 fremdenfeindliche oder vermutlich xenophob motivierte Gewalttaten, 90 allein 1991. Dabei handelte es sich in erster Linie um Übergriffe auf Asylunterkünfte (fast die Hälfte der Fälle). Die meisten von ihnen blieben unaufgeklärt. Aber auch dort, wo es zu keiner direkten Gewaltanwendung kommt, fühlen sich die Asylsuchenden und ihre Betreuer in zunehmendem Mass verängstigt und bedroht.

Gewalt gegen Asylsuchende

Der Bundesrat will sich der Völkerwanderung von Süd nach Nord und von Ost nach West mit einer eigentlichen Migrationspolitik stellen, welche die Ausländer- und Asylpolitik ergänzt. Der Vorsteher des EDA erklärte anlässlich der Überweisung eines Postulates von Ständerat Bühler (fdp, LU), welches eine engere europäische Zusammenarbeit und eine Koordination der Migrationspolitik mit der Entwicklungshilfe und der Ausländerpolitik anregte, die Migrationen seien für die Schweiz wie für ganz Europa eines der wichtigsten Probleme der nächsten Jahrzehnte. Felber rief in Erinnerung, dass bereits anfangs Jahr in Wien eine Konferenz über Ost-West-Migration stattgefunden hatte, wobei die Idee eines internationalen Migrations-Abkommens unter den Industrieländern entstanden und gleichzeitig die Überzeugung bekräftigt worden war, dass vordringlich die Ursachen der Auswanderung beseitigt werden müssten.

Völkerwanderung von Süd nach Nord und von Ost nach West

Das Schweizerische Rote Kreuz (SRK) und sein Blutspendedienst übernahmen die Mitverantwortung für die rund 200 bis 300 Bluter und Transfusionsempfänger, die durch HIV-verseuchte Blutkonserven mit dem Virus angesteckt worden sind. Zusätzlich zum bestehenden Notfall-Fonds wurden Rückstellungen von CHF 1 Mio. für AIDS-Betroffene getätigt. Das SRK betonte, dass sich in der Schweiz im Vergleich zum Ausland bedeutend weniger HIV-Infektionen auf diesem Weg ereignet hätten. Ein Grossteil der Infizierungen sei vor Mitte 1985 erfolgt, zu einem Zeitpunkt also, da noch keine Möglichkeit bestand, sämtliche Blutspenden auf eine eventuelle HIV-Positivität hin zu kontrollieren.

Entschädigung für durch verseuchte Blutkonserven mit HIV angesteckte Personen (1990–1993)
Dossier: HIV-verseuchte Blutkonserven

Eine Motion Cavadini (fdp, TI; Mo. 90.915) für höhere Bundesbeiträge an die Krebsforschung wurde abgeschrieben, da vom Bundesrat in seiner Botschaft über die Förderung der Wissenschaft 1992–1995 bereits berücksichtigt. Im Ständerat wurde eine analoge Motion Huber (cvp, AG; Mo. 90.899) aus denselben Gründen zurückgezogen. Hingegen überwies die grosse Kammer diskussionslos ein von Baumberger (cvp, ZH) übernommenes Postulat Eisenring (cvp, ZH; Mo. 91.3342), welches den Bundesrat einlädt, seine Mittel im Bereich der Erforschung der Multiplen Sklerose (MS) deutlich zu erhöhen.

Vorstösse für höhere Beiträge an die medizinische Forschung (1991)

Die SVP des Kantons Zürichs beschloss ebenfalls, eine eidgenössische Volksinitiative gegen die illegale Einwanderung zu lancieren. Danach soll auf Asylgesuche von illegal Eingereisten – zur Zeit rund 90% – nicht eingetreten werden; Asylbewerber sollen zudem kein Geld mehr in ihre Heimat schicken dürfen. Der Vorstoss wurde damit begründet, dass Bundesrat und Parlament offensichtlich nicht im Stande seien, gegen den zunehmenden Asylmissbrauch einzuschreiten. Vor allem die Bündner SVP distanzierte sich von der Initiative ihrer Zürcher Parteikollegen Die Zürcher brachten damit die nationale Partei in Zugzwang; anfangs November kündigte der SVP-Zentralvorstand an, er werde der Delegiertenversammlung vom Januar 1992 eine modifizierte, für alle Kantonalsektionen akzeptable Initiative vorlegen.

SVP des Kantons Zürichs eidgenössische Volksinitiative gegen die illegale Einwanderung zu lancieren

Mit polizei- und ausländerrechtlichen Massnahmen wollen die Staaten Ost- und Westeuropas der illegalen Einwanderung Herr werden und internationalen Schlepperbanden das Handwerk legen. Dies beschlossen im Herbst in Berlin die Innen- und Justizminister aus 28 europäischen Staaten, unter ihnen Bundesrat Koller.

Mit polizei- und ausländerrechtlichen Massnahmen wollen die Staaten Ost- und Westeuropas der illegalen Einwanderung Herr werden und internationalen Schlepperbanden das Handwerk legen

Einem der Kritikpunkte des OECD-Berichtes, nämlich der mangelhaften überkantonalen Zusammenarbeit, rückten die Welschschweizer Kantone konkret zu Leibe. Sie schlossen eine Konvention ab, mit welcher kantonale und ausserkantonale Patienten bei den Tarifen der allgemeinen Abteilung der Spitäler gleichstellt werden. Damit kann unter anderem eine rationellere Nutzung kostenintensiver Einrichtungen erreicht werden. Mit ihrem Entschluss, inskünftig enger zusammenarbeiten zu wollen, leisteten auch die Universitätsspitäler von Lausanne und Genf einen Beitrag zur Vermeidung von teuren Doppelspurigkeiten.

Konvention der Westschweizer Kantone zur Gleichstellung von kantonalen und ausserkantonalen Patienten bei den Tarifen der allgemeinen Abteilung der Spitäler (1991)

Im Rahmen des Nationalen Forschungsprogramms «Die Gesundheit des Menschen in seiner heutigen Umwelt» (NFP 26) widmeten sich verschiedene interdisziplinäre Untersuchungen dem Ausmass, den Mechanismen und den Auswirkungen der gesellschaftlichen Ausgrenzung von HIV-Infizierten und AIDS-Kranken. Fazit der Studien war, dass dieses Thema nur zusammen mit der wachsenden Intoleranz gegenüber den Randgruppen ganz allgemein angegangen werden kann. Im November 1991 lief eine vom BAG und der Stiftung zur Förderung der Aidsforschung unterstützte Studie zur Frage an, ob bei HIV-Positiven Ausbruch und Verlauf der Krankheit von virusunabhängigen Faktoren beeinflusst werden. Im Zentrum des Interesses stehen zusätzliche Faktoren, welche die Funktionsweise des Immunsystems beeinträchtigen können, wie etwa Stress, Konsum von Drogen oder Alkohol, mangelhafte Ernährung und Rauchen.

Die Gesundheit des Menschen in seiner heutigen Umwelt (NFP 26)

Bei der Ausarbeitung des neuen Parteiprogramms der CVP, das den Titel «Zukunft für alle» trägt, versuchte die Programmkommission unter der Leitung von Ständerat Cottier (FR) einerseits, die Positionen der verschiedenen Flügel innerhalb der Partei auf einen Nenner zu bringen, andererseits aber auch die Attraktivität der schon seit Jahren an einer starken Erosion leidenden Partei durch eine Anpassung an neue soziale Gegebenheiten zu erhöhen. So wurde die Umschreibung der Familie als ein tragendes Fundament unserer Gesellschaft, welche noch im Programm von 1987 eine zentrale Stellung innehatte, durch eine Formulierung, die auch andere Gemeinschaftsformen als diejenige der traditionellen Familie befürwortet, ersetzt. Während das «Solothurner Programm» von 1987 als Schwerpunkt die drohende Umweltzerstörung thematisiert hatte, ist das neue Programm weitgehend durch bestimmte Bereiche der internationalen Politik geprägt: Einerseits forderte die CVP im Rahmen der europäischen Integrationspolitik den Bundesrat auf, nach dem Abschluss der EWR-Verhandlungen ein EG-Beitrittsgesuch zu stellen. Andererseits soll die Sicherheits- und Neutralitätspolitik im veränderten europäischen Umfeld neu definiert werden; ebenso sollen Lösungsansätze in der Migrations- und Asylproblematik durch ein striktes Ausfuhrverbot von Kriegsmaterial gesucht werden. Die innenpolitischen Schwerpunkte im Programm betrafen die Landwirtschafts- und Umweltpolitik, die Gentechnologie, die Gleichstellung von Mann und Frau sowie einzelne Problembereiche aus der Sozialpolitik. Die Delegiertenversammlung vom 4. Mai in Weinfelden (TG) verabschiedete das Programm; in der Asylpolitik verlangten die Delegierten zudem eine Straffung des Verfahrens, lehnten jedoch einen Vorstoss der zürcherischen CVP für eine Beschränkung der Asylbewerberzahl auf 25'000 deutlich ab. Die Forderung nach einem Europa der Regionen bildete den Schwerpunkt am Parteitag in Basel.

Ausrichtung und Position der CVP 1991