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In der Wintersession 2021 schwenkte der Nationalrat betreffend Änderung des Ausländer- und Integrationsgesetzes zur Regelung der Reisebestimmungen für vorläufig aufgenommene Personen in den verbleibenden Differenzen auf die Linie des Ständerates ein. Dabei beschloss er – wie Corina Gredig (glp, ZH) es formulierte – für vorläufig aufgenommene Personen nicht nur ein Heimatreiseverbot, was dem ursprünglichen Sinn der mit der Gesetzesänderung zu erfüllenden Motion entsprochen hätte, sondern gleich ein gesetzlich verankertes, generelles Reiseverbot, das auch von Ausnahmen für Reisen in den Schengen-Raum absah. So strich der Nationalrat die von ihm eingeführten Ausnahmebestimmungen zum Reiseverbot gegen eine Minderheit Gredig gänzlich aus dem Gesetz, womit Gründe, die den betroffenen Personen dennoch eine Reise ins Ausland ermöglichen, nach wie vor ausschliesslich auf Verordnungsstufe geregelt werden. Während Vertreterinnen und Vertreter der Ratslinken und der GLP Verletzungen diverser Grundrechte beklagten, verwiesen Nationalrätinnen und -räte der anderen Parteien auf die bestehenden Ausnahmeregelungen in der Verordnung und vertraten die Ansicht, dass nur auf diesem Wege Umgehungsmöglichkeiten des Heimatreiseverbots verhindert werden könnten. Wenn etwa Reisen in den Schengen-Raum unter gewissen Bedingungen zulässig wären, könnte der Bund nicht garantieren, dass jemand, der für eine Geburtstagsfeier nach Deutschland reise, nicht danach doch noch in ein Flugzeug zurück in sein Heimatland steige, so etwa Barbara Steinemann (svp, ZH).
Auch in einem zweiten Punkt lenkte der Nationalrat ein, indem er nämlich von einer verkürzten Frist zum Wechsel des Wohnkantons aus Gründen der Erwerbstätigkeit absah. Während sich der Nationalrat in der Detailberatung noch für die Möglichkeit des Umzugs bereits nach sechsmonatigem Arbeitsverhältnis ausgesprochen hatte, folgte er gegen den Willen einer Minderheit Marti (sp, BL) nun dem Vorschlag des Bundesrates und des Ständerates, der einen Wechsel des Wohnkantons erst nach zwölfmonatigem Arbeitsverhältnis erlauben will. Mit letzterer Änderung soll eine Motion der SPK-SR (Mo. 18.3002) erfüllt werden, die zur besseren Arbeitsmarktintegration von vorläufig Aufgenommenen eine Erleichterung beim Kantonswechsel zwecks Erwerbstätigkeit beabsichtigte.
Nach Beseitigung dieser letzten Differenzen war das Geschäft bereit für die Schlussabstimmung. Diese passierte es im Ständerat mit 31 zu 12 Stimmen und im Nationalrat mit 111 zu 80 Stimmen (2 Enthaltungen). Für die Vorlage stimmten die geschlossenen Fraktionen der Mitte, FDP.Liberalen und der SVP, wobei sich die beiden linken Fraktionen und die Fraktion der GLP – mit den beiden Enthaltungen als einzige Ausnahme – beinahe ebenso geschlossen dagegen stellten.

Loi sur les étrangers et l’intégration. Modification (MCF 20.063)
Dossier: Ausländer- und Integrationsgesetz. Änderung (vorläufig Aufgenommene)

In der Wintersession 2021 stimmte auch der Nationalrat einer Motion der WBK-SR zu, die darauf abzielte, die Berufsbildungsfähigkeit von spät zugewanderten Jugendlichen zu verbessern. Die grosse Kammer folgte damit ihrer Kommissionsmehrheit, die der Meinung war, dass der Bund über eine dauerhafte finanzielle Unterstützung des Programms «Integrationsvorlehre Plus» (INVOL+) dazu beitragen könne, dass 95 Prozent aller 25-jährigen Personen in der Schweiz mindestens einen Abschluss auf Sekundarstufe II ausweisen können. Eine aus SVP-Vertretenden bestehende Kommissionsminderheit plädierte auf Ablehnung der Motion, da der Bund ihrer Ansicht nach bereits genug tue, um die Integration von Jugendlichen zu verbessern, und im Falle des Pilotprogramms INVOL+ erst einmal die Evaluation abgewartet werden solle. Im Nationalrat stiess das Anliegen abgesehen von der SVP-Fraktion und mit einzelnen Ausnahmen aus den Reihen der FDP.Liberalen-Fraktion indes auf breite Unterstützung.

Lücken in der Integrationsagenda Schweiz füllen. Chancengerechtigkeit für alle Jugendlichen in der Schweiz (Mo. 21.3964)

In der Wintersession 2021 beriet der Nationalrat über den Kredit zur Erneuerung des Zentralen Migrationsinformationssystems (ZEMIS). Für die Kommission führte Céline Widmer (sp, ZH) aus, dass es sich beim vorliegenden Geschäft um ein «komplexes und departementübergreifendes IT-Projekt» handle und damit keine materiellen Änderungen zum Anwendungsbereich von ZEMIS beschlossen würden. Basierend auf einem Mitbericht der Finanzkommission sei die SPK-NR übereingekommen, den Risikozuschlag im Vergleich zur bundesrätlichen Botschaft von CHF 9.3 Mio. auf CHF 5.66 Mio. herabzusetzen, weswegen die Kommission ihrem Rat Zustimmung zu einen Verpflichtungskredit in der Höhe von insgesamt CHF 50.66 Mio. beantragte. Der Nationalrat kam diesem Antrag nach und stimmte dem Geschäft in der Gesamtabstimmung mit 170 zu 2 Stimmen (1 Enthaltung) zu. Die Ausgabenbremse hatte er zuvor mit ähnlichem Stimmverhältnis gelöst.

Verpflichtungskredit zur Erneuerung des Zentralen Migrationsinformationssystems (ZEMIS) (BRG 21.031)

Einen Tag nach dem Ständerat machte sich auch der Nationalrat an die Beratung des Voranschlags der Eidgenossenschaft 2022 mit integriertem Aufgaben- und Finanzplan 2023-2025. Sarah Wyss (sp, BS) und Daniel Brélaz (gp, VD) präsentierten dem Rat das Budget aus Sicht der Mehrheit der FK-NR: Der Bundesrat habe ordentliche Ausgaben in der Höhe von 77.7 Mrd. und ausserordentliche Ausgaben von CHF 3.0 Mrd. vorgesehen. Bei ordentlichen Einnahmen von CHF 77.1 Mrd. und ausserordentlichen Einnahmen von CHF 1.5 Mrd. bleibe damit aufgrund der Schuldenbremse ein struktureller Überschuss und somit ein Handlungsspielraum von CHF 44 Mio. Die Kommissionsmehrheit plane «kleinere Adjustierungen» mit Mehrausgaben von CHF 273 Mio. Bei 12 Mehrheitsanträgen zur Schaffung von Differenzen zum Ständerat lagen der grossen Kammer in der Folge auch etwa 40 Minderheitsanträge vor, grösstenteils von der SVP- oder der SP- und der Grünen-Fraktion. Differenzen zum Erstrat schuf der Nationalrat dabei jedoch nur wenige, zeigte sich dabei aber mehrheitlich grosszügiger als der Erstrat.

In der Eintretensdebatte hoben die Fraktionssprecherinnen und -sprecher erneut die spezielle Situation aufgrund der noch immer nicht ganz überstandenen Corona-Pandemie hervor, beurteilten diese aber sehr unterschiedlich. So sprach etwa Lars Guggisberg (svp, BE) von einer «düsteren» Situation aufgrund des grossen Anstiegs der Nettoschulden, während FDP-Sprecher Alex Farinelli (fdp, TI) zwar das Defizit beklagte, aber auch den langfristigen Nutzen der entsprechenden Ausgaben hervorhob. Optimistischer zeigten sich die übrigen Kommissionssprechenden. Michel Matter (glp, GE) schätzte etwa die Situation der Schweiz als «solide» ein, Alois Gmür (mitte, SZ) zeigte sich erfreut über die insgesamt gute Situation der Schweizer Wirtschaft, verwies jedoch auch auf die noch immer stark leidenden Branchen. Ursula Schneider Schüttel (sp, FR) und Felix Wettstein (gp, SO) strichen schliesslich die im Vergleich zum Ausland «gute Schuldensituation» (Schneider Schüttel) heraus. Finanzminister Maurer bat den Rat im Hinblick auf den härter werdenden «internationale[n] Konkurrenz- und Verdrängungskampf» um Zurückhaltung bei zusätzlichen Ausgaben.

Mit den mahnenden Worten des Finanzministers in den Ohren startete der Nationalrat in die Detailberatung von Block 1 zu Beziehungen zum Ausland und zur Migration. Hier schuf er zwei Differenzen zum Ständerat: So wollte die Kommissionsmehrheit den Kredit zuhanden des SECO für Darlehen und Beteiligungen an Entwicklungsländer gegenüber dem bundesrätlichen Vorschlag um CHF 10 Mio. erhöhen und damit die Reduktion gegenüber dem Vorjahr rückgängig machen. Der Bundesrat habe bei der Sifem, der Entwicklungsfinanzierungsgesellschaft des Bundes, bereits 2020 CHF 10 Mio. zusätzlich zur Milderung der Corona-Probleme eingeschossen – diese sollen nun kompensiert werden, erklärte Minderheitensprecher Egger (svp, SG), der den Kürzungsantrag vertrat, die Differenz zum Vorjahr. Da dieser Nachtragskredit damals aber vollständig kompensiert worden sei, erachtete die Kommissionsmehrheit diese Kürzung nicht als angebracht und setzte sich im Rat mit 107 zu 74 Stimmen (bei 4 Enthaltungen) durch. Ohne Minderheitsantrag erhöhte der Nationalrat zudem auf Antrag seiner Kommission den Sollwert für die Mindestanzahl Freihandelsabkommen für die Finanzplanjahre 2024 und 2025. Der Bundesrat hatte hier für die Finanzplanjahre jeweils 34 Freihandelsabkommen vorgesehen, die Kommission erhöhte diese Zahl auf 35 (2024) respektive 36 (2025).
Im Vorfeld der Budgetdebatte hatte der Vorschlag der APK-NR, dass die Schweiz eine dritte Kohäsionsmilliarde sprechen und sich damit quasi eine Beteiligung an verschiedenen Projekten, unter anderem an Horizon, erkaufen könne, für mediale Aufmerksamkeit gesorgt. Auf Antrag der APK-NR beantragte die Mehrheit der FK-NR nun dem Nationalrat, eine dritte Beteiligung der Schweiz an der Erweiterung der EU 2019-2024 in der Höhe von CHF 953.1 Mio. freizugeben, diese aber von einer bis Ende Juni 2022 unterzeichneten Assoziierungsvereinbarungen zwischen der Schweiz und der Europäischen Union zur Teilnahme an verschiedenen laufenden EU-Programmen abhängig zu machen. Eine Minderheit Guggisberg beantragte in Übereinstimmung mit dem Bundesrat die Streichung dieses zusätzlichen Kreditpostens. Finanzminister Maurer bat den Rat eindringlich darum, darauf zu verzichten, da man sich «mit einer solchen Aufstockung in Brüssel eher blamieren würde […]. Die Erwartungen in Brüssel sind völlig anderer Natur; sie bestehen nicht darin, dass wir hier einfach etwas bezahlen, und dann läuft alles.» Mit 93 zu 84 Stimmen (bei 6 Enthaltungen) folgte der Nationalrat der Minderheit. Die (fast) geschlossen stimmenden Fraktionen der SVP und der FDP.Liberalen sowie die Mehrheit der Mitte-Fraktion setzten sich in dieser Frage durch.
Ansonsten lagen in diesem Block verschiedene Minderheitenanträge von linker und rechter Ratsseite für Aufstockungen und Kürzungen vor, die jedoch allesamt erfolglos blieben, etwa eine Aufstockung des Budgets des EDA für humanitäre Aktionen zugunsten des Engagements in Afghanistan und den umliegenden Ländern (Minderheit Friedl: sp, SG), eine Erhöhung des Kredits für zivile Konfliktbearbeitung und Menschenrechte (Minderheit Badertscher: gp, BE) und einen erneuten Beitrag von CHF 300'000 an den Access to Tools Accelerator (Minderheit Friedl) sowie auf der anderen Seite eine Reduktion der Beiträge an multilaterale Organisationen, an die Entwicklungszusammenarbeit und an die Länder des Ostens (Minderheiten Grin: svp, VD).

Im zweiten Block zu den Themen «Kultur, Bildung, Forschung und Sport» schuf der Nationalrat keine Differenzen zum Erstrat. Er folgte dem Ständerat bei seiner Aufstockung des Kredits für Sportverbände und andere Organisationen um CHF 660'000, mit der – wie in den Planungsgrössen vermerkt wurde – eine unabhängige nationale Anlauf- und Meldestelle für Misshandlungen im Schweizer Sport geschaffen werden sollte. Eine Minderheit Sollberger (svp, BL) unterlag mit ihrem Antrag auf Streichung der Aufstockung mit 112 zu 69 Stimmen (bei 4 Enthaltungen). Auch die vom Ständerat vorgenommenen Aufstockungen beim Bundesamt für Meteorologie und Klimatologie hiess der Nationalrat entgegen zweier Minderheitsanträge Egger deutlich gut (129 zu 55 Stimmen bei 1 Enthaltung respektive 129 zu 56 Stimmen). Abgelehnt wurden in der Folge auch verschiedene Streichungsanträge Nicolet (svp, VD), Schilliger (fdp, LU) und Sollberger bei den Covid-19-Leistungsvereinbarungen zur Kultur, bei der Covid-19-Soforthilfe für Kulturschaffende und Kulturvereine im Laienbereich sowie bei den Covid-19-Finanzhilfen.

Verschiedene Differenzen zum Erstrat entstanden hingegen im dritten Block zur sozialen Wohlfahrt und Gesundheit. So erhöhte der Nationalrat auf Antrag der Kommissionsmehrheit die Gelder für die Familienorganisationen bei den Krediten des BSV, die Finanzhilfen unter anderem zur Elternbildung oder zur familienergänzenden Kinderbetreuung beinhalten, im Voranschlags- und den Finanzplanjahren um CHF 1 Mio. Der Bundesrat und eine Minderheit Guggisberg hatten die Ablehnung der Aufstockung beantragt, zumal für eine solche Unterstützung auch institutionelle Voraussetzungen geschaffen werden müssten. Auch den Kredit für den Kinderschutz und die Kinderrechte erhöhte die grosse Kammer um CHF 390'000, um damit die privatrechtliche Stiftung «Ombudsstelle Kinderrechte Schweiz» zu finanzieren, deren Schaffung eine angenommene Motion Noser (fdp, ZH; Mo. 19.3633) verlangt hatte. Der Bundesrat hatte sich gegen diese Aufstockung gestellt, zumal die rechtliche Grundlage für diesen Kredit noch nicht bestehe. «Wir können ja nicht Gelder einsetzen, wenn wir dafür keine legale Grundlage haben», betonte Finanzminister Maurer. Kommissionssprecher Brélaz argumentierte hingegen, man können nicht «tout contrôler pendant deux-trois ans», bevor man damit beginnt, die Gelder einzusetzen.
Abgelehnt wurden in diesem Block Anträge auf Kreditkürzungen bei der Gleichstellung von Frau und Mann, die eine Minderheit Sollberger beantragt hatte. Eine Plafonierung gegenüber dem Vorjahr hätte gemäss Sollberger «keinen Einfluss auf weniger oder mehr Gleichstellung». Ebenfalls erfolglos blieb ein Antrag Glarner (svp, AG) auf Streichung des Beitrags an ein spezifisches Projekt des Vereins Netzcourage sowie ein Minderheitsantrag Nicolet zur Änderung der Planungsgrössen zur Bundesfinanzierung der Covid-19-Tests: Diese sollte nur solange gewährt werden, wie die Covid-19-Zertifikatspflicht gilt. Auch ein Minderheitsantrag Schilliger, der die Leistungen des Erwerbsersatzes mit Verweis auf die vierte Revision des Covid-19-Gesetzes nur bis Ende Juni 2022 gewähren und die Covid-19-Situation anschliessend neu beurteilt wissen wollte, fand keine Mehrheit.

Auch im vierten Block zu Landwirtschaft, Tourismus und Steuern wich der Nationalrat in einem Punkt von den Entscheiden des Ständerates ab: Bei der Nachmeldung für ein Tourismus-Recovery-Programm von CHF 17 Mio. wollte die Kommission die Gelder zu je 50 Prozent für Marketingkampagnen von Schweiz Tourismus und für Entlastungszahlungen an touristische Partnerorganisationen verwenden. Der Bundesrat und der Ständerat hatten keine entsprechenden Einschränkungen vorgenommen, weshalb gemäss den beiden Kommissionssprechenden wie üblich zwei Drittel in die gesamtschweizerischen Marketingkampagnen fliessen würden. Jedoch sei eine Werbekampagne in Südafrika momentan – auch aus ökologischer Sicht – nicht «unbedingt gerade unser Hauptziel», betonte Kommissionssprecherin Wyss. Stillschweigend stimmte der Nationalrat diesem Antrag seiner Kommission zu.
Hingegen folgte der Nationalrat dem Ständerat in diesem Block bei der Erhöhung der Zulagen für die Milchwirtschaft und den Beihilfen für den Pflanzenbau. Eine Minderheit Munz (sp, SH) hatte beantragt, auf erstere Erhöhung zu verzichten und dem Bundesrat zu folgen. Der Bundesrat wolle die Verkehrsmilchzulage erhöhen, aber die Verkäsungszulage senken, da Letztere aufgrund von Fehlanreizen zu einer zu grossen Menge Käse von geringer Qualität führe. Die von der Kommission beantragte Erhöhung zugunsten der Verkäsungszulage würde folglich die bisherige Marktverzerrung noch zementieren. Finanzminister Maurer wies überdies darauf hin, dass man entsprechende Erhöhungen – falls nötig – lieber erst mit den Nachtragskrediten vorlegen würde, wenn man die dazugehörigen Zahlen kenne. Mit 105 zu 61 Stimmen (bei 20 Enthaltungen) sprach sich der Nationalrat jedoch für die Erhöhung aus. Die ablehnenden Stimmen stammten grösstenteils von der SP-, einer Mehrheit der GLP- und einer Minderheit der FDP.Liberalen-Fraktion, die Enthaltungen grösstenteils von der Grünen-Fraktion.
Auch in diesem Block blieben zwei Minderheitsanträge erfolglos: Eine Minderheit I Fischer (glp, LU) und eine Minderheit II Gysi (sp, SG) unterlagen mit Anträgen auf Erhöhungen bei der direkten Bundessteuer respektive bei der Mehrwertsteuer, beim Globalbudget der ESTV sowie in den Finanzplanjahren. Die zusätzlichen Mittel sollten zur Schaffung von je fünf zusätzlichen Steuerkontrollstellen und somit zur Erhöhung des Steuerertrags eingesetzt werden und sich so mittelfristig quasi selbst finanzieren.

Im fünften Block zu Verkehr, Umwelt, Energie und Raumplanung entschied sich der Nationalrat bezüglich zweier Punkte zum Bundesamt für Energie anders als der Ständerat. Letzterer hatte den Kredit für das Globalbudget des BFE sowie für das Programm EnergieSchweiz gegenüber dem bundesrätlichen Entwurf erhöht. Die Mehrheit der FK-NR beantragte nun bei beiden Kreditposten eine zusätzliche Erhöhung um CHF 2.9 respektive CHF 8.3 Mio., wobei die zusätzlichen Gelder beim Globalbudget zur Finanzierung des durch die Erhöhung beim Programm EnergieSchweiz begründeten Aufwands eingesetzt werden sollten. Damit wollte die Kommission gemäss ihrem Sprecher Brélaz in den wenigen Bereichen, in denen die Finanzierung entsprechender Projekte über das Bundesbudget läuft, nach der Ablehnung des CO2-Gesetzes erste Massnahmen zum Klimaschutz treffen. Eine Minderheit Egger sprach sich gegen die Erhöhung aus, zumal im Energiebereich zuerst die Problematik der Stromversorgungslücke gelöst werden müsse. Finanzminister Maurer wehrte sich vor allem dagegen, nach der Ablehnung des CO2-Gesetzes einzelne Punkte «quasi durch die Hintertüre einfach wieder aufs Tapet» zu bringen. Mit 115 zu 67 Stimmen (bei 4 Enthaltungen) hiess der Nationalrat die Erhöhung jedoch gut, abgelehnt wurde sie von einer Mehrheit der SVP-, der Hälfte der Mitte- und einer Minderheit der FDP.Liberalen-Fraktion.
Erhöht gegenüber dem bundesrätlichen Antrag wurde auch der Kredit für das Globalbudget des ARE. Hier hatte der Ständerat zuvor entschieden, CHF 100'000 mehr für das Projekt Swiss Triple Impact, ein Förderprogramm zur Erreichung von nachhaltigen Entwicklungszielen, einzusetzen, und der Nationalrat folgte ihm mit 115 zu 69 Stimmen (bei 1 Enthaltung). Der Finanzminister hatte die Erhöhung bei einem Sach- und Betriebsaufwand des ARE von CHF 9 Mio. als unnötig erachtet. Auch bei der Aufstockung der Einlage des BIF folgte der Nationalrat seinem Schwesterrat: Hier soll der Maximalbetrag und somit zusätzlich CHF 233 Mio. eingestellt werden, um sicherzustellen, dass auch zukünftig genügend Geld für den Bahnverkehr vorhanden ist, betonte Kommissionssprecherin Wyss. Dies erachteten der Bundesrat und eine Minderheit Schilliger als nicht notwendig, da der Fonds genügend stark geäufnet sei. Mit 125 zu 59 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) folgte der Nationalrat jedoch der kleinen Kammer.
Abgelehnt wurden hingegen ein Kürzungsvorschlag einer Minderheit Egger bei den Umweltschutzmassnahmen des BAZL – Egger hatte argumentiert, die Erhöhung beruhe lediglich auf der Vermutung des BAZL, dass es zukünftig mehr Umweltschutzgesuche geben könne – sowie ein Einzelantrag Rüegger (svp, OW) zur Aufstockung des Kredits des BAFU um CHF 6 Mio., mit der nach der Ablehnung des revidierten Jagdgesetzes die durch Wölfe verursachten Schäden abgegolten und der zusätzliche Aufwand entschädigt werden sollten.

Im sechsten Block zum Themenbereichen Eigenaufwand und Schuldenbremse schlug eine Kommissionsmehrheit in Übereinstimmung mit dem Ständerat vor, verschiedene Kredite beim Bundesamt für Verkehr ausserordentlich zu verbuchen, um so die zuvor vorgenommene Erhöhung der BIF-Einlage finanzieren zu können. Anders als der Ständerat beabsichtigte die Mehrheit der FK-NR zudem, eine Nachmeldung des Bundesrates im Bereich Covid-19-Arzneimittel und -Impfleistungen in der Höhe von CHF 57 Mio. ausserordentlich zu verbuchen – da man noch zusätzliche Ausgaben beschlossen habe, könne nur so die Schuldenbremse eingehalten werden, begründete Kommissionssprecher Brélaz den Vorschlag. Eine Minderheit Schwander (svp, SZ) wehrte sich gegen diese Umbuchungen, da sie gegen die Schuldenbremse und das Finanzhaushaltsgesetz verstossen würden. Diese Meinung teilte auch der Finanzminister, ihm ging das Parlament «mit [seiner] Interpretation [des FHG] hier zu weit», auch wenn die Interpretation der Gesetze keine exakte Wissenschaft sei. Der Nationalrat stimmte den Umbuchungen jedoch mit 133 zu 50 Stimmen respektive 133 zu 49 Stimmen zu.
Eine weitere Differenz schuf der Nationalrat stillschweigend bezüglich der Planungsgrössen beim VBS: Dort soll eine neue Planungsgrösse dafür sorgen, dass die Bruttomietkosten ab 2025 um 2 Prozent gesenkt und damit gemäss Kommissionssprecherin Wyss CHF 400 Mio. jährlich «freigespielt» werden sollen.
Erfolglos blieben die Minderheitsanträge Sollberger und Strupler (svp, TG), welche die Kredite für das Bundespersonal gegenüber dem bundesrätlichen Vorschlag um CHF 1.8 Mio. (2022, Minderheit Sollberger) respektive um CHF 10.9 Mio. (2023), CHF 117 Mio. (2024) und CHF 265 Mio. (2025, alle Minderheit Strupler) reduzieren wollten. Damit hätte auf zusätzliche Stellen für die Strategie Social Media/Digitalisierung verzichtet (Sollberger) respektive «das ungebremste Personalwachstum beim Bund» gebremst werden (Strupler) sollen. Zuvor hatte bereits der Ständerat die Ausgaben im Voranschlags- und den Finanzplanjahren um CHF 21 Mio. reduziert. Mit 131 zu 52 Stimmen respektive 133 zu 50 Stimmen lehnte der Nationalrat die beiden Anträge ab, folgte damit dem Bundesrat und schuf eine weitere Differenz zum Erstrat. Erfolglos blieb auch ein Kürzungsantrag Egger beim Ressourcenpool des Generalsekretariats UVEK.

Mit der Bereinigung des Entwurfs, bei welcher der Nationalrat seiner Kommission in fast allen Punkten gefolgt war, hatte der Nationalrat den Ausgabenüberschuss von CHF 2.08 Mrd. (Bundesrat) respektive CHF 2.32 Mrd. (Ständerat) auf CHF 2.36 Mrd. erhöht – durch die Umbuchung einzelner zusätzlicher Ausgaben auf das Amortisationskonto (ausserordentliche Ausgaben Bundesrat: CHF 3.03 Mrd., Ständerat: CHF 3.25 Mrd., Nationalrat: CHF 3.30 Mrd.) konnte die Schuldenbremse jedoch eingehalten werden. Mit 130 zu 44 Stimmen (bei 7 Enthaltungen) nahm der Nationalrat den Voranschlag 2022 an. Die ablehnenden Stimmen stammten von Mitgliedern der SVP-Fraktion und von Stefania Prezioso (egsols, GE), die Enthaltungen ausschliesslich von Mitgliedern der SVP-Fraktion. Letztere sprachen sich teilweise auch gegen die übrigen Bundesbeschlüsse aus, dennoch nahm der Nationalrat den Bundesbeschluss Ib über die Planungsgrössen im Voranschlag für das Jahr 2022, den Bundesbeschluss III über die Entnahmen aus dem Bahninfrastrukturfonds für das Jahr 2022 und den Bundesbeschluss IV über die Entnahmen aus dem Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrsfonds für das Jahr 2022 jeweils deutlich an.

Voranschlag 2022 mit integriertem Aufgaben- und Finanzplan 2023-2025 (BRG 21.041)
Dossier: Bundeshaushalt 2022: Voranschlag und Staatsrechnung

Mitte November 2021 kündigte das EDA an, Bundesrat Cassis werde in den nächsten Tagen nach Slowenien, Saudi-Arabien und Libyen reisen. In Slowenien – welches zu dem Zeitpunkt den Vorsitz im Rat der EU innehatte – unterhielt sich Cassis mit dem slowenischen Aussenminister Logar vornehmlich über die Europapolitik der Schweiz. Wie bereits bei seinem Arbeitsbesuch in Brüssel hob Cassis hervor, dass die Schweiz einen strukturierten politischen Dialog mit der EU aufnehmen wolle. Aussenminister Cassis erwähnte auch die Freigabe der zweiten Kohäsionsmilliarde, zu deren Empfängern auch Slowenien gehört. Ausserdem sprach er das Engagement der Schweiz im Westbalkan zur Förderung von Stabilität, Sicherheit und Demokratie an und lud Slowenien zur Ukraine-Reformkonferenz 2022 ein. Sein slowenisches Pendant betonte die Wichtigkeit, die Partnerschaft mit der Schweiz im Rahmen des slowenischen Vorsitzes weiter auszubauen.
Der Dialog mit dem saudischen Aussenminister Prinz Faisal bin Farhan bin Abdullah bis Faisal Al Saud und dem saudischen Staatsminister für auswärtige Angelegenheiten, Adel Aljubeir, umfasste das Schweizer Schutzmachtmandat, die Stabilität und Sicherheit in der Region, die wirtschaftliche Zusammenarbeit, die nachhaltige Entwicklung und nicht zuletzt die Menschenrechte. Cassis betonte, dass sich die Schweiz im Rahmen der Umsetzung der MENA-Strategie 2021-2024 für mehr politische Stabilität und Sicherheit einsetze, unter anderem indem sie seit 2018 die Interessen Saudi-Arabiens im Iran und umgekehrt vertritt. Mit Bezug auf den Jemen-Krieg forderte der Aussenminister die saudische Delegation auf, den Waffenstillstand und die Wiederaufnahme von Friedensverhandlungen zu unterstützen, sowie das humanitäre Völkerrecht einzuhalten. Im Bereich der ökonomischen Kooperation lobte Cassis die wirtschaftlichen und sozialen Reformen, die Saudi-Arabien in seiner «Vision 2030» umgesetzt hatte. Diese böten neben einem grossen Potenzial für die Schweizer Wirtschaft auch die Möglichkeit, einen konstruktiven Dialog über Menschenrechte, die Todesstrafe und die Meinungsfreiheit zu führen. Die Schweizer Delegation interessierte sich auch für die Stellung der Frau in der saudischen Gesellschaft und Wirtschaft. Daher traf sich der EDA-Vorsteher ebenfalls mit Vertreterinnen aus Politik, Wirtschaft und Sport, um sich ein Bild über die Situation der Frauen in Saudi-Arabien zu machen.
Den Abschluss der Reise bildete der Staatsbesuch in Libyen, wo sich Cassis mit Premierminister Abdelhamid Dabeiba, dem Vorsitzenden des Präsidialrats Mohamed Menfi und der Aussenministerin Najla Mangoush zu Gesprächen traf. Dabei betonte er, dass die Schweiz im Hinblick auf die Wahlen vom Dezember die vom «Libyschen Politischen Dialogforum» festgelegte Roadmap für den Wahlprozess unterstütze. Auch die Schwerpunkte der MENA-Strategie für Libyen – Migration, Entwicklung der Menschenrechte und die humanitäre Lage im Land — wurden angesprochen. Innerhalb des UNO-Friedensprozesses für Libyen bemühe sich die Schweiz um eine nachhaltige Stabilisierung und Aussöhnung des Landes, so Cassis. Schliesslich berieten die beiden Gesprächsparteien auch über die Wiedereröffnung der Schweizer Botschaft, die 2014 aufgrund der Kampfhandlungen in Libyen aufgegeben worden war.

Bundesrat Cassis Dienstreise nach Slowenien, Saudi-Arabien und Libyen
Dossier: Staatsbesuche im Ausland 2021

Mit einer parlamentarischen Initiative wollte Nationalrätin Samira Marti (sp, BL) bewirken, dass die Aufenthalts- oder Niederlassungsbewilligung von Personen, die seit mehr als 10 Jahren ununterbrochen und ordnungsgemäss in der Schweiz leben, nicht widerrufen werden darf, falls diese unverschuldet Sozialhilfe beziehen. «Armut ist kein Verbrechen», betitelte sie ihre Initiative, die sie nach Inkrafttreten einer entsprechenden Verschärfung des Ausländergesetzes (BRG 13.030) einreichte. Im Mai 2021 gab die SPK-NR der Initiative mit knappen 12 zu 11 Stimmen bei 2 Enthaltungen Folge. Anders entschied ihre Schwesterkommission im November 2021 – ebenfalls knapp mit 6 zu 5 Stimmen. Die Mehrheit der ständerätlichen Kommission argumentierte, dass bereits unter dem geltenden Recht vor einem allfälligen Entzug der Bewilligung eine Verhältnismässigkeitsprüfung durchgeführt werde. In diesem Zusammenhang könne etwa die Frage berücksichtigt werden, ob die betroffene Person ihre prekäre Lage selber verschuldet habe.

Armut ist kein Verbrechen (Pa.Iv. 20.451)

Pour la seconde année consécutive, la pandémie de coronavirus et ses conséquences figurent en tête des préoccupations des suisses et suissesses, selon le baromètre des préoccupations 2021 du Credit Suisse. L'étude, réalisée par gfs.bern aux mois de juillet et d'août 2021, indique que 40 pour cent des répondant.e.s considèrent ce thème comme l'un des cinq plus gros problèmes auxquels le pays fait face. La protection de l'environnement et du climat (39%) et l'AVS/prévoyance vieillesse (39%) sont également des sujets dont la population se soucie fortement. Les relations avec l'UE (33%), l'évolution des coûts en matière de santé et d'assurances (25%), l'arrivée de forces de travail qualifiées (20%) et de réfugié.e.s (19%) suivent dans ce classement. Par rapport à l'année précédente, la gestion de la pandémie, si elle demeure certes première, semble moins préoccuper la population – 51 pour cent des sondé.e.s la classait parmi les cinq problèmes les plus importants – alors que la question climatique et environnementale prend plus d'importance – de 29 à 39 pour cent –, peut-être en lien avec le rejet de la loi sur le CO2 et les catastrophes naturelles comme les inondations en Allemagne en juillet, selon le rapport. Malgré l'abandon de l'accord-cadre, les citoyennes et citoyens semblent moins inquiet.e.s de la poursuite des relations avec l'UE qu'en 2020. Enfin, les thématiques migratoires perdent de l'importance depuis quelques années, tandis que le chômage ne figure pas non plus parmi les préoccupations principales de la population.
En outre, 65 pour cent des personnes interrogées considèrent leur situation économique comme très bonne ou plutôt bonne, et sont plutôt confiantes quant à leurs possibilités de maintenir ce niveau de prospérité. De plus, 10 pour cent des sondé.e.s s'attendent à une dégradation de leur situation économique (-9 points de pourcentage, pp, par rapport à 2020), une part qui revient ainsi au niveau d'avant la pandémie.
Après une progression en 2020, la confiance dans les institutions est en recul cette année. 63 pour cent des citoyennes et citoyens témoignent de leur confiance envers la police (-7pp) et le Conseil fédéral (-5pp). Le Tribunal fédéral jouit de la confiance de 60 pour cent de la population (-3pp), la BNS de 51 pour cent (-6pp), le Conseil des États de 42 pour cent (-9pp), tout comme le Conseil national (-6pp). Enfin, l'administration publique (39%, -9pp) et l'armée (40%, -8pp) enregistrent également un recul. Lorsqu'on leur demande leur avis sur la gestion de la crise, 57 pour cent des suisses et suissesses estiment que la Suisse a mieux géré la pandémie que les autres pays, même si 63 pour cent auraient jugé opportun que la Confédération dispose de plus de compétences par rapport aux cantons durant la période de crise.
L'étude de gfs.bern porte sur un échantillon de 1722 personnes disposant du droit de vote et issues de toute la Suisse. La marge d'erreur est de plus ou moins 2.3 points de pourcentage.

Sorgenbarometer

In Erfüllung einer Motion Dobler (fdp, SG; Mo. 17.3067) eröffnete der Bundesrat Ende Oktober 2021 die Vernehmlassung zu seinem Vorentwurf zu einer Änderung des Ausländer- und Integrationsgesetzes, mit der er Personen ohne Schweizer Pass aber mit Schweizer Hochschulabschluss (Master oder Doktorat) den Einstieg in den Arbeitsmarkt erleichtern will. Dadurch, dass diese Personengruppe zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit in Bereichen mit «ausgewiesenem Fachkräftemangel» von geltenden Höchstzahlen für Aufenthaltsbewilligungen ausgenommen werden, soll besagter Fachkräftemangel abgeschwächt werden. Die Vernehmlassung dauert bis Februar 2022.

Erleichterte Zulassung zum Arbeitsmarkt für Ausländerinnen und Ausländer mit Schweizer Hochschulabschluss (BRG 22.067)
Dossier: Zulassung für Ausländerinnen und Ausländer mit Schweizer Hochschulabschluss

Im Oktober 2021 empfingen Bundespräsident Parmelin und Aussenminister Cassis die georgische Präsidentin Salome Zourabichvili zum ersten Besuch eines georgischen Staatsoberhaupts in der Schweiz. In den Gesprächen wurde hervorgehoben, wie positiv sich die bilateralen Beziehungen zwischen den beiden Staaten in den Bereichen Politik, Wirtschaft und Kultur in der Vergangenheit entwickelt hätten. Zudem diskutierten die Delegationen über einen geplanten Energiedialog sowie über den Abschluss einer Migrationspartnerschaft. Auch hoben sie die bereits bestehende enge Kooperation bei der Bekämpfung des Klimawandels hervor. Darüber hinaus war das Schweizer Engagement bei der internationalen Zusammenarbeit im Südkaukasus Gesprächsthema. So investiere die Schweiz im Rahmen der Kooperationsstrategie 2022-2025 CHF 34 Mio. in Georgien, um nachhaltiges Wirtschaftswachstum zu fördern und die sozialen und wirtschaftlichen Folgen der Covid-19-Pandemie abzuschwächen. Ebenfalls behandelt wurden die Guten Dienste der Schweiz als Schutzmacht, in deren Rahmen sie seit 2009 die bilateralen diplomatischen Interessen Russlands in Georgien und Georgiens in Russland vertritt.

Staatsbesuch der georgischen Präsidentin Salome Zourabichvili
Dossier: Staatsbesuche und öffentliche Besuche in der Schweiz seit 1990

In der Herbstsession 2021 beschäftigte sich die grosse Kammer als Zweitrat mit der Weiterentwicklung von Frontex und der Revision des AIG. Seit 2016 wurde die Grenz- und Küstenwache der EU in personeller und technischer Hinsicht systematisch aufgerüstet, um die Herausforderungen im Grenz- und Rückkehrbereich besser bewältigen zu können. Da es sich dabei um eine Schengen-Weiterentwicklung handelt, muss sich auch die Schweiz daran beteiligen, wobei die Beitragszahlungen gemäss dem geltenden Kostenschlüssel von CHF 14 Mio. pro Jahr bis 2027 auf CHF 61 Mio. pro Jahr steigen werden und sich der personelle Aufwand von 24 auf maximal 39 Personen erhöht. Während die zur Diskussion stehende Änderung des Asylgesetzes in der Kommission und im Rat nicht wirklich umstritten war, entspann sich eine grössere Debatte um die Übernahme der Frontex-Verordnung.
Dabei lagen dem Nationalrat zahlreiche Minderheitsanträge aus dem links-grünen Lager vor. So bat Alois Gmür (mitte, SZ) den Nationalrat im Namen der Mehrheit der SiK-NR, einen Minderheitsantrag Seiler Graf (sp, ZH), der die Zahl der alle zwei Jahre aufgenommenen Resettlement-Flüchtlinge in Verbindung mit der Vorlage von 1'500-2'000 auf 4'000 erhöhen wollte, abzulehnen. Eine derartige Erhöhung müsse vorgängig mit den Kantonen abgestimmt werden, argumentierte Gmür. Die Kommissionsmehrheit wehrte sich gegen eine solche Verknüpfung von Sicherheits- und Asylpolitik. Auch einen zweiten Minderheitsantrag von Fabian Molina (sp, ZH) empfahl die Kommissionsmehrheit zur Ablehnung. Fabian Molina hatte vorgeschlagen, dem Strafgesetzbuch einen Artikel hinzuzufügen, durch den Personen mit Geld- oder Freiheitsstrafen sanktioniert würden, wenn sie Asylsuchende mit Gewalt oder Gewaltandrohung daran hinderten, in einem Schengen-Staat ein Asylgesuch zu stellen. Kommissionssprecher Cattaneo (fdp, TI) argumentierte, dass das Strafgesetz diesen Tatbestand bereits regle. Nationalrätin Marti (sp, BL) forderte in einem dritten Minderheitsantrag die Sistierung des Geschäfts, zumal das EU-Parlament Frontex zahlreiche Grundrechtsverletzungen und mangelnde Transparenz vorwerfe und man erst nach Umsetzung der notwendigen Anpassungen über einen finanziellen Beitrag entscheiden solle. Eine weitere Kommissionsminderheit Fivaz (gp, NE) ging noch weiter als Marti und reichte einen Antrag auf Nichteintreten auf den Bundesbeschluss zur Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstandes ein. Fivaz kritisierte, dass die EU mit der Ausweitung der Frontex-Mittel im Begriff sei, eine «regelrechte Armee» aufzubauen.
Nationalrätin Priska Seiler Graf äusserte sich im Namen der SP-Fraktion dezidiert zu dieser Vorlage und machte klar, dass die SP Vorlagen zum Ausbau der «Festung Europa» nicht mehr zustimmen werde, wenn keine humanitären Ausgleichsmassnahmen vorgesehen seien. Sie kündigte an, ihre Fraktion werde bei einer Ablehnung des Minderheitenantrags zur Aufstockung des Resettlement-Kontingents geschlossen gegen die Vorlage stimmen. Überraschend ambivalent zeigte sich die SVP-Fraktion, welche bis anhin sämtliche Schengen-Vorlagen konsequent abgelehnt hatte. Die Vorlage sei für seine Fraktion «nicht ganz einfach», gab Pirmin Schwander (svp, SZ) unumwunden zu. Einerseits gehe es um einen Volksentscheid von 2005, den es zu achten gelte, andererseits um die Neutralitätsfrage und die humanitäre Tradition der Schweiz. Man habe schon 2005 gewusst, dass mit Frontex und Schengen die eigenständige Asyl- und Ausländerpolitik der Schweiz verloren gingen. Er liess verlauten, dass man die Änderung des AIG ablehne, sich bei der Frontex-Vorlage aber nicht einig geworden sei.
Bundesrat Ueli Maurer entgegnete den Kritikern und Kritikerinnen der Vorlage, dass die EU mit der Einsetzung von 40 Grundrechtsbeobachterinnen und -beobachtern auf die mangelhafte Rechtssicherheit der Asylbewerbenden reagiert und damit die Anliegen der Ratslinken weitgehend erfüllt habe. Der Ausbau diene auch der Einhaltung der Grundrechte und der Transparenz und nur durch eine Teilnahme an Frontex könne die Schweiz zur Qualitätssicherung und -verbesserung beitragen, weshalb auch eine Sistierung nichts bringe. Den Minderheitsantrag Seiler Graf lehne der Bundesrat ab, da es beim vorliegenden Geschäft um Schengen und Sicherheit und nicht um Dublin und Asylpolitik gehe – man solle nicht verschiedene Vorlagen vermischen. Er argumentierte, eine Ablehnung des Minderheitsantrags sei damit auch kein Nein zur Asylpolitik, denn zum Resettlement gäbe es eine allgemeine Zustimmung.
Schliesslich lehnte der Nationalrat den Sistierungsantrag Marti mit 116 zu 64 Stimmen ab und beschloss mit 155 zu 35 Stimmen, auf das Geschäft einzutreten, womit auch Fabien Fivaz mit seinem Minderheitsantrag scheiterte. Die Anpassung des Asylgesetzes, mit der die Art und Weise der Kooperation mit Frontex in einer eigenen AIG-Bestimmung festgelegt werden soll, wurde mit 136 zu 56 Stimmen gegen den Widerstand der SVP angenommen. Bei der Abstimmung über den Minderheitsantrag Seiler Graf zur Erhöhung des Resettlement-Kontingents setzten sich die Fraktionen der SVP, FDP und Mitte mit 106 Nein-Stimmen gegenüber 86-Ja Stimmen durch. Auch der Minderheitsantrag Molina blieb chancenlos und wurde mit 124 zu 68 Stimmen versenkt. In der Gesamtabstimmung nahm der Nationalrat die Frontex-Vorlage mit 108 zu 75 Stimmen (bei 10 Enthaltungen) an. Die Gegenstimmen stammten hauptsächlich von der SP- und der Grünen-Fraktion, die Enthaltungen ausschliesslich von der SVP-Fraktion.
In der Schlussabstimmung nahm der Nationalrat die Änderung des Asylgesetzes mit 129 zu 55 Stimmen (bei 1 Enthaltung) und der Ständerat einstimmig an. Bei der Annahme der Frontex-Vorlage wurde es im Nationalrat mit 88 zu 80 Stimmen (bei 28 Enthaltungen) unerwartet knapp. Grund dafür waren die vielen Enthaltungen der SVP-Fraktion. Im Ständerat fiel das Resultat mit 30 Ja- zu 14 Nein-Stimmen deutlicher aus.

Übernahme und Umsetzung der Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Europäische Grenz- und Küstenwache (Frontex; BRG 20.064)
Dossier: Beteiligung der Schweiz am Ausbau von Frontex

Die zwangsweise Durchführung eines Covid-19-Tests für Ausreisepflichtige verstosse gegen das Grundrecht der körperlichen Unversehrtheit, argumentierten Vertreterinnen und Vertreter der SP und Grünen bei der Beratung der Botschaft zur Änderung des Ausländer- und Integrationsgesetzes in der Herbstsession 2021 im Nationalrat. Die links-grüne Minderheit, die Nichteintreten verlangte, unterlag jedoch mit geschlossenen 65 Stimmen aus ihren Reihen gegenüber den ebenso geschlossen stimmenden bürgerlichen Fraktionen, die 120 Stimmen für Eintreten auf sich vereinten. Auch ein von gleicher Seite getragener Minderheitsantrag, der aufgrund befürchteter Verletzungsgefahr die zwangsweise Durchführung von Hals-Nasen-Abstrichen verbieten wollte, scheiterte mit ähnlichen Stimmverhältnissen. Sukkurs erhielt die Ratslinke lediglich von der GLP bei ihrem dritten und letzten Minderheitsantrag, mit dem sie verhindern wollte, dass das Gesetz dringlich erklärt wird. Dringlichkeit solle nicht zur «valablen Option» werden, sondern nur dann zum Zuge kommen, wenn tatsächlich eine Dringlichkeit vorliege, vertrat Corina Gredig (glp, ZH) die Meinung der GLP-Fraktion in dieser Frage. Karin Keller-Sutter begründete die Dringlichkeit mit dem raschen Anstieg der Fälle – seit April 2021 (22 Fälle) habe sich die Zahl an Personen, die sich einem Test verweigerten, rasant entwickelt (Ende August: 126 Fälle); die Belegung in den Bundesasylzentren liege aktuell bei 90 Prozent. Mit 104 zu 77 Stimmen lehnte der Nationalrat den Verzicht auf die Dringlichkeitserklärung ab.

Bereits am Tag darauf beschäftigte sich der Ständerat mit der Vorlage. Auch ihm lag ein Minderheitsantrag auf Nichteintreten vor. Dieser wurde von Mathias Zopfi (gp, GL) und Maya Graf (gp, BL) getragen. Mit 31 zu 10 Stimmen beschloss der Ständerat indes Eintreten und sogleich darauf und mit ebendiesem Stimmverhältnis Zustimmung zum vorliegenden Entwurf.

Nachdem beide Räte ihre volle Zustimmung zur bundesrätlichen Botschaft gegeben hatten, hatten sie noch über die Dringlichkeitsklausel zu befinden, die in solchen Fällen standardmässig nach erfolgter Differenzbereinigung zur Abstimmung kommt. Der Nationalrat stimmte dieser mit 103 zu 76 Stimmen zu, der Ständerat mit 40 zu 1 Stimmen. Danach war die Gesetzesrevision bereit für die Schlussabstimmung, welche sie zum Ende der Herbstsession 2021 mit 128 zu 68 Stimmen im Nationalrat und 35 zu 9 Stimmen im Ständerat passierte.

Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration. Änderung (BRG 21.051)

Nachdem der Nationalrat in der Sondersession vom Mai 2021 den Vorschlag der SPK-NR zur Änderung des Asylgesetzes (AsylG) unverändert angenommen hatte, befasste sich in der Herbstsession 2021 der Ständerat mit dem Geschäft. Die Anpassung hatte zum Ziel, dass das SEM zur Feststellung der Identität von Asylsuchenden künftig auch deren mobile Datenträger nutzen darf, falls die Identität nicht anders festgestellt werden kann. Als Sprecher der vorberatenden SPK-SR erläuterte Marco Chiesa (svp, TI), dass die Identität bei 70 bis 80 Prozent der Asylsuchenden in der Schweiz nicht mit Sicherheit festgestellt werden könne. Die Kommission anerkenne zwar das Recht auf Asyl, doch um die Fairness im Asylprozess zu bewahren, empfinde sie es als wichtig, durch die Identifizierung der betroffenen Person herauszufinden, ob Schutzbedarf bestehe oder nicht. Ausserdem habe ein Pilotprojekt des SEM vom November 2017 bis Mai 2018 den Nutzen dieser Massnahme bestätigt. Eine Minderheit um Hans Stöckli (sp, BE) wollte nicht auf die Vorlage eintreten. Gestützt auf Erfahrungen aus Deutschland bezweifelte der Berner die Wirksamkeit der Massnahme – wie es im Übrigen auch der EDÖB tue. Zudem sei es höchst problematisch, dass im Asylverfahren – im Gegensatz zum Strafverfahren – für die Einforderung der mobilen Datenträger keine richterliche Anordnung vorgesehen sei. Darüber hinaus könnte die Weigerung, das Handy abzugeben, den betroffenen Personen zu deren Nachteil als Missachtung der Mitwirkungspflicht ausgelegt werden. Abschliessend kritisierte Stöckli den seiner Ansicht nach mangelhaften Datenschutz. Justizministerin Karin Keller-Sutter äusserte sich bezüglich der Zweifel über die Wirksamkeit der Massnahme verständnisvoll, entgegnete aber, dass der Bundesrat dem Parlament aus diesem Grund drei Jahre nach Inkrafttreten einen Evaluationsbericht vorlegen müsse. Sie betonte überdies, dass die mobilen Datenträger den Asylsuchenden nicht zwangsweise abgenommen werden dürfen. In der Folge trat der Ständerat mit 28 zu 12 Stimmen auf die Vorlage ein und nahm sie in der Gesamtabstimmung unverändert mit 30 zu 12 Stimmen an.
In den Schlussabstimmungen nahm der Nationalrat den Entwurf mit 127 zu 68 Stimmen an. Der Ständerat hiess ihn mit 31 zu 12 Stimmen bei einer Enthaltung gut. Wie schon während der Beratungen sprachen sich die Grüne und die SP-Fraktion gegen die Gesetzesänderung aus. Am 20. Januar 2022 lief die Referendumsfrist ungenutzt aus.

Mitwirkungspflicht im Asylverfahren. Überprüfungsmöglichkeit bei Mobiltelefonen (Pa. Iv. 17.423)

Jürg Grossen (glp, BE) verlangte in einer Motion, dass Personen mit abgewiesenem Asylentscheid ihre berufliche Ausbildung abschliessen dürfen, auch wenn sie weniger als fünf Jahre ihrer obligatorischen Grundbildung in der Schweiz absolviert haben. Gerade in Fällen, wo eine Rückübernahme ins Herkunftsland nicht möglich sei, mache es keinen Sinn, wenn jemand seine Lehre abbrechen müsse, um in der Schweiz von der Nothilfe zu leben, so der Motionär. Der Bundesrat stellte sich in seiner Stellungnahme ablehnend zum Vorstoss, da eine solche Regelung auf sämtliche Asylsuchende mit negativem Asylentscheid angewendet werden könnte und somit «weitreichende Folgen» hätte. Vielmehr soll versucht werden, die Dauer der Asylverfahren zu verkürzen, damit es gar nie zu solchen unsicheren Situationen komme. Anders sah dies der Nationalrat. Er befürwortete die Motion mit 118 zu 71 Stimmen. Auch in den Fraktionen der SVP und der Mitte, die den Vorstoss grossmehrheitlich ablehnten, gab es einzelne befürwortende Stimmen.

Keine erzwungenen Lehrabbrüche bei gut integrierten Personen mit negativem Asylentscheid (Mo. 19.4282)
Dossier: Lehrabschlüsse für abgewiesene Asylsuchende und Sans Papiers

In Form einer Motion forderte Samira Marti (sp, BL) den Bundesrat dazu auf, die Kapazitäten der Bundesasylzentren und der kantonalen Asylzentren vollständig auszulasten und dafür direkt Menschen von den griechischen Inseln in die Schweiz zu holen, um ihnen hier ein ordentliches Asylverfahren zu gewährleisten. Zudem soll die Schweiz andere Staaten auffordern, es ihr gleich zu tun. Der Bundesrat sei der Meinung, dass sein Engagement für die Stärkung der Strukturen vor Ort sowie für eine faire europäische Lösung der bessere Weg sei, um eine langfristig bessere Situation in Griechenland zu erreichen, erklärte Karin Keller-Sutter die ablehnende Haltung des Bundesrates gegenüber der Motion. Entsprechend der Empfehlung des Bundesrates lehnte der Nationalrat den Vorstoss daraufhin mit 120 zu 69 Stimmen ab. Lediglich die Fraktionen der SP und der Grünen stimmten geschlossen für die Motion, unterstützt wurden sie von den drei Nationalratsmitgliedern der EVP.

Dramatische Situation auf Lesbos. Die Schweiz muss handeln! (Mo. 20.3024)

In der Herbstsession 2021 behandelte der Nationalrat die Motion Müller (fdp, LU), die vom Bundesrat Verhandlungen mit Algerien über Rückführungen auf dem Seeweg forderte. Eine Minderheit der SPK-NR, angeführt von Greta Gysin (gp, TI), beantragte die Ablehnung der Motion, da der Bundesrat bereits im Austausch mit Algerien stehe, um die Situation bei den Rückführungen zu verbessern, und die Zielsetzung der Motion diesbezüglich «nicht zielführend» sei. Zudem habe die Schweiz kein Problem bei der Durchführung von Zwangsrückführungen, sondern mit 50 Prozent gar eine deutlich höhere Abschiebequote als beispielsweise die EU, argumentierte Gysin in der Ratsdebatte. Eine marginale Mehrheit der Kommission – der Entscheid war mit 10 zu 8 Stimmen bei 1 Enthaltung sehr knapp ausgefallen – setzte sich hingegen für Annahme des Vorstosses ein, weil die Motion den Anstrengungen des Bundesrats Nachdruck verleihe. Kommissionssprecher Jauslin (fdp, AG) kritisierte, dass in der gegenwärtigen Lage eine Rückführung nur mit Linienflügen möglich sei, während Algerien Sonderflüge nicht erlaube. Viele abgewiesene Asylsuchende blieben daher auf unbestimmte Zeit in der Schweiz, weshalb auch die in der Motion vorgeschlagenen Rückführungen auf dem Seeweg sinnvoll seien. Die Mehrheit der Kommission vertrete die Meinung, dass der effiziente Vollzug von Rückführungen wichtig für die Glaubwürdigkeit des Asylsystems sei, schloss Jauslin. Bundesrätin Karin Keller-Sutter wies darauf hin, dass Algerien auch keine Sonderflüge aus anderen europäischen Ländern akzeptiere, ansonsten aber das Rückübernahmeabkommen mit der Schweiz gut umsetze. Die Rückkehrpendenzen seien trotz der Corona-bedingten Verzögerung nur leicht angestiegen und man sei überzeugt, dass sich die positive Entwicklungstendenz nach Ende der Pandemie wieder einstellen werde. Die Bundesrätin bezweifelte, dass sich Algerien auf die Verhandlungen für ein Abkommen zur maritimen Rückführung einlassen werde, weshalb ein verbindlicher Verhandlungsauftrag nicht hilfreich wäre.
Der Nationalrat tat es in der Abstimmung jedoch der kleinen Kammer gleich und nahm die Motion mit 116 zu 64 Stimmen (bei 0 Enthaltungen) gegen den Willen des Bundesrats an. Der geeinte Widerstand der SP- und Grünen-Fraktionen vermochte die Annahme nicht zu verhindern.

Rückführungen auf dem Seeweg mit Algerien verhandeln

Mit 27 zu 6 Stimmen (2 Enthaltungen) sprach sich der Ständerat in der Herbstsession 2021 für eine Motion seiner WBK-SR aus, die eine verbesserte berufliche Integration von spät zugewanderten Jugendlichen und jungen Erwachsenen bezweckte. Für die Kommission hatte Benedikt Würth (mitte, SG) vorgerechnet, dass es zum gegebenen Zeitpunkt in der Schweiz rund 15'000 Jugendliche und junge Erwachsene mit Ausbildungsbedarf gebe – besonders betroffen seien junge Frauen. Die vom Bund kürzlich unternommenen Förderungsmassnahmen – namentlich das bis 2024 befristete Pilotprogramm «Integrationsvorlehre Plus (INVOL+)», das seit Sommer 2021 auch auf dem regulären Weg zugewanderten Personen aus EU/EFTA-Staaten und Drittstaaten offen steht – seien zu verstetigen und die Kantone bei der Finanzierung von weiteren Massnahmen zur Förderung der Berufsbildungsfähigkeit zu unterstützen. Der Bundesrat hatte die Ablehnung der Motion beantragt. Im Ratsplenum erläuterte Bundesrätin Keller-Sutter, dass es aufgrund bisheriger Erkenntnisse auch die Intention des Bundesrates sei, das Programm INVOL+ zu verstetigen. Nicht einverstanden sei man indes mit der Forderung nach zusätzlichen finanziellen Beiträgen durch den Bund über das Programm hinaus. Mit seinem zustimmenden Beschluss nahm der Ständerat das Anliegen einer 2019 im Nationalrat gescheiterten Motion der WBK-SR wieder auf.

Lücken in der Integrationsagenda Schweiz füllen. Chancengerechtigkeit für alle Jugendlichen in der Schweiz (Mo. 21.3964)

In der Herbstsession 2021 befasste sich der Nationalrat mit den parteiübergreifend gleichlautenden Motionen Flach (glp, AG; Mo. 19.4319), Mazzone (gp, GE; Mo. 19.4034; von Katharina Prelicz-Huber (gp, ZH) übernommen), Barazzone (cvp, GE; Mo. 19.4033; von Vincent Maitre (mitte, GE) übernommen), Fluri (fdp, SO; Mo. 19.4037), Sommaruga (sp, GE; Mo. 19.4035; von Mattea Meyer (sp, ZH) übernommen) und Quadranti (bdp, ZH; Mo. 19.4036; von Irène Kälin (gp, AG) übernommen). Diese forderten eine Beteiligung der Schweiz am Verteilungsmechanismus der «Koalition der Willigen». Nationalrat Maitre lobte den flexiblen und pragmatischen Charakter des Verteilmechanismus, bei dem Länder eigene Aufnahmekriterien festlegen und diese dem EASO melden können. Da die Teilnahme nicht verbindlich sei, müsse man auch keine Anpassung im Asylrecht vornehmen. Katharina Prelicz-Huber insistierte, dass man nicht auf eine Lösung im Rahmen des Dublin-Abkommens warten könne, «während weiterhin Tausende von Menschen ertrinken», auch wenn der Bundesrat ad-hoc-Lösungen nicht gerne sehe. Kurt Fluri, der nach eigener Aussage spontane Lösungen ebenfalls ablehne, kritisierte, dass noch immer keine gesamthafte Lösung im Rahmen des Dublin-Systems absehbar sei. Da sich die Schweiz aber bereits an den Verteilungsabläufen beteilige, wäre die Annahme der Motion nur symbolisch, weshalb er seine Motion zurückziehe. Bundesrätin Keller-Sutter wies darauf hin, dass sich die meisten EU-Staaten nie an der «Koalition der Willigen» beteiligt hätten und sich unterdessen selbst anfängliche Befürworter aufgrund der enttäuschenden Resultate daraus zurückgezogen hätten. Man wolle das Dublin-System nicht unterlaufen, indem Menschen ohne Chance auf Asyl auf verschiedene Länder verteilt würden.
Der Nationalrat lehnte die fünf verbleibenden Motionen mit 97 zu 92 Stimmen ab. SP, Grüne und Grünliberale stimmten dafür, während sich die SVP und die FDP einstimmig dagegen aussprachen. Die Mitte-Fraktion zeigte sich gespalten, wobei eine Mehrheit die Vorstösse ablehnte.

Die Schweiz soll sich am Verteilungsmechanismus der "Koalition der Willigen" beteiligen

Die vom Nationalrat eingebrachten Lockerungen bezüglich Reisebestimmungen für asylsuchende, vorläufig aufgenommene und schutzbedürftige Personen fanden im Ständerat nicht ausreichend Gehör. Als sich dieser in der Herbstsession mit der entsprechenden Änderung des Ausländer- und Integrationsgesetzes auseinandersetzte, schwenkte er – seiner SPK folgend – auf den bundesrätlichen Kurs zurück. So beschloss er mit 26 zu 14 Stimmen gegen einen Minderheitsantrag Jositsch (sp, ZH), auf Gesetzesebene von Ausnahmeregelungen zum Reiseverbot abzusehen und strich die vom Nationalrat zuvor eingeführten Ausnahmeregelungen für den Schengen-Raum. Andrea Caroni (fdp, AR) begründete die Position der Kommission damit, dass Ausnahmen mit der nationalrätlichen Regelung sowohl im Gesetz als auch auf Verordnungsstufe geregelt wären. Zum einen wollte die Kommission dem Bundesrat mit einer reinen Verordnungslösung nach wie vor einen gewissen Ermessensspielraum gewähren, zum anderen sah sie die vom Nationalrat eingeführten Gesetzesbestimmungen teilweise im Widerspruch zu den bestehenden Verordnungsbestimmungen. So führten erstere in zwei Punkten gar zu einer Verschärfung, da nur von Ausnahmen wegen «wichtigen» Sport- und Kulturveranstaltungen die Rede sei und nur Ausreisen in Schengen-Länder erlaubt würden. Im dritten Punkt hingegen würde mit der unspezifisch formulierten Ausnahme zur «Aufrechterhaltung der Beziehung zu nahen Familienangehörigen» auch die Teilnahme an fröhlichen Anlässen wie Hochzeiten oder Geburtstagen naher Verwandter möglich. Die Verordnung sehe hingegen nur Ausnahmen für tragische Fälle wie Krankheit oder Tod naher Familienangehöriger vor. Daniel Jositsch plädierte vergeblich dafür, dass es die mit einem Reiseverbot erfolgte massive Grundrechtseinschränkung erfordere, dass auf Gesetzesstufe auf die Möglichkeit von Ausnahmen hingewiesen werde. Zudem sei die Liste der Ausnahmen vom Nationalrat durch die Verwendung des Wortes «insbesondere» nicht abschliessend. Er traue den Behörden zu, das Gesetz vernünftig umzusetzen, so dass nicht «Reisen ad infinitum» erfolgen würden.
Darüber hinaus beschloss der Ständerat ohne Gegenantrag, dass ein Wechsel des Wohnkantons erst nach zwölfmonatiger Anstellung erfolgen dürfe. Der Nationalrat hatte sich zuvor für eine verkürzte Frist von sechs Monaten ausgesprochen. Der Ständerat nahm die so (zurück)geänderte Vorlage in der Gesamtabstimmung mit 25 zu 12 Stimmen an.

Loi sur les étrangers et l’intégration. Modification (MCF 20.063)
Dossier: Ausländer- und Integrationsgesetz. Änderung (vorläufig Aufgenommene)

Mit einer Motion verlangte Daniel Jositsch (sp, ZH) die Wiedereinführung des Botschaftsasyls. Mit Annahme einer dringlichen Revision des Asylgesetzes an der Volksabstimmung vom 9. Juni 2013 war das Botschaftsasyl in der Schweiz, damals wie aktuell ein europäischer Sonderfall, abgeschafft worden. Mit der Wiedereinführung der Möglichkeit, bei den Schweizer Botschaften Asyl zu beantragen, könnte man verhindern, dass Menschen mit berechtigtem Asylanspruch auf lebensgefährlichen Wegen und mithilfe krimineller Schlepperbanden in die Schweiz einreisen müssten, so der Motionär. Der Bundesrat stellte sich gegen einen solchen Alleingang der Schweiz und verwies auf die bestehende Möglichkeit zur Aufnahme von Flüchtenden aus dem Ausland, namentlich durch Erstellung eines Visums aus humanitären Gründen im Einzelfall sowie die Übernahme von Personen im Rahmen von Resettlement-Programmen. In der Herbstsession 2021 stimmte der Ständerat einem Ordnungsantrag Gmür-Schönenberger (mitte, LU) zu, die Motion der Kommission zuzuweisen. In verschiedenen Ländern sei die Lage heute angespannt und unsicher, was legitimiere, dass man sich erneut mit der Frage befasse und gegebenenfalls eine Neubeurteilung des Handlungsbedarfs vornehme, so die Antragstellerin, die Sukkurs vom Motionär erhielt.

Wiedereinführung Botschaftsasyl (Mo. 20.3282)

Nachdem der Ständerat die Motion von Elisabeth Baume-Schneider (sp, JU) aufgrund eines Ordnungsantrages an die SPK-SR zur Vorberatung überwiesen hatte, empfahl diese den Vorstoss im März 2021 mit 8 zu 4 Stimmen zur Ablehnung. In der Herbstsession 2021 beugte sich sodann der Ständerat über die Motion, welche forderte, dass der Bundesrat in Krisenzeiten die Situation von Menschen, die keinen rechtlich geregelten Status haben, berücksichtigt. Eine Kommissionsmehrheit und der Bundesrat lehnten den Vorstoss unter anderem ab, weil es sich erstens um Personen handle, die eigentlich gar nicht in der Schweiz sein dürften, sie zweitens bereits jetzt Zugang zum Gesundheitswesen sowie zu Nothilfe hätten und weil drittens das AIG während Krisenzeiten bereits erlaube, dass Härtefälle eine Aufnahmebewilligung erhielten, wie Philippe Bauer (fdp, NE) für die Kommission ausführte. Mathias Zopfi (gps, GL) hielt im Namen der Minderheit dagegen, dass sich gerade Sans-Papiers aus Angst vor einer Abschiebung eben nicht trauen würden, mit den Behörden in Kontakt zu treten, um Nothilfe zu beantragen, weshalb diese Motion aus seiner Sicht zielführendere Lösungen in Zusammenarbeit mit Hilfsorganisationen vorsehe. Dies schien den Ständerat aber nicht zu überzeugen – er lehnte die Vorlage mit 27 zu 13 Stimmen (1 Enthaltung) ab.

Prendre en considération la situation des personnes sans statut légal (Mo. 20.3420)

Im Vorfeld der Herbstsession 2021 beantragte die SPK-NR dem Nationalrat mit 14 zu 10 Stimmen, die Beratung der Botschaft zum UNO-Migrationspakt für ein Jahr zu sistieren. Kommissionssprecher Romano (mitte, TI) erklärte den Ratsmitgliedern, man müsse die Rückmeldungen der Subkommissionen zur Handhabung von «Soft-Law-Instrumenten» und zu den parlamentarischen Mitwirkungsrechten abwarten. Kurt Fluri (fdp, SO) – ebenfalls Sprecher der SPK-NR – wies darauf hin, dass der Ständerat bei einer nationalrätlichen Ablehnung der Sistierung seinen Sistierungsbeschluss einfach wiederholen könnte, womit die Sistierung dann sowieso beschlossen wäre. Er warnte vor dem Anliegen der Minderheit Glättli (gp, ZH), die Sistierung abzulehnen, da man bei einem Meinungsumschwung im Ständerat Gefahr laufe, dass der Migrationspakt behandelt werde, ohne dass die Resultate der Subkommissionen vorlägen. Minderheitsführer Glättli griff in der Ratsdebatte insbesondere die SVP-Fraktion frontal an und äusserte sein Unverständnis über die Zustimmung der Partei zur Sistierung. Diese habe sich in den vergangenen Jahren eindeutig gegen den Migrationspakt positioniert und sogar eine Volksabstimmung gefordert. Er warf der SVP vor, die Sistierung nur zu befürworten, um nicht über eine Frage diskutieren zu müssen, «bei der ihr offensichtlich inhaltlich die Argumente ausgegangen» seien. Bundesrat Cassis signalisierte die Bereitschaft des Bundesrats, die Debatte über den Migrationspakt jederzeit wieder aufzunehmen. Schliesslich nahm der Rat den Sistierungsantrag der Kommissionsmehrheit mit 105 zu 77 Stimmen (ohne Enthaltungen) an. Die Gegenstimmen stammten von den Fraktionen der SP, der Grünen und der Grünliberalen.

Botschaft zum UNO-Migrationspakt
Dossier: Uno-Migrationspakt

Mike Egger (svp, SG) forderte im September 2019 mit einer Motion den Bundesrat dazu auf, das Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration (AIG) so zu ändern, dass die Kantone anerkannten Geflüchteten, welche Sozialhilfe beziehen, einen Wohnort oder eine Unterkunft zuweisen können. Damit solle verhindert werden, dass sich viele Menschen aus den gleichen Herkunftsländern am selben Ort häuften, was deren Integration erschwere, wie der St. Galler sein Anliegen in der Herbstsession 2021 im Nationalrat begründete. Justizministerin Karin Keller-Sutter erklärte die bundesrätliche Empfehlung zur Ablehnung der Motion damit, dass eine entsprechende Anpassung eine Einschränkung für alle in der Schweiz lebenden Ausländerinnen und Ausländer nach sich ziehen müsste, was den Wirtschaftsstandort Schweiz stark schwächen würde. Grund dafür ist Art. 26 der Genfer Flüchtlingskonvention, welcher festhält, dass anerkannte Geflüchtete das Recht haben, sich ihren Wohnsitz selbst auszusuchen und sich frei im Land zu bewegen – ausser die Vertragsstaaten sähen einschränkende Regelungen vor, die für alle auf ihrem Gebiet lebenden Ausländerinnen und Ausländer unter den gleichen Umständen gelten würden. Der Ständerat lehnte die Motion mit 130 zu 60 Stimmen (1 Enthaltung) ab.

Förderung der Integration von anerkannten Flüchtlingen in den Gemeinden (Mo. 19.3998)

In Erfüllung einer Motion von Gerhard Pfister (cvp, ZG) vom Februar 2017, veröffentlichte das SEM im August 2021 die Ergebnisse der zweiteiligen Evaluation von Prozessqualität, Entscheidqualität und Rechtsschutz im Rahmen der Umsetzung des revidierten Asylgesetzes (PERU). Im Zuge der Revision des Asylgesetzes (AsylG), welche am 1. März 2019 in Kraft getreten war, war das beschleunigte Asylverfahren eingeführt worden.
Im Auftrag des SEM evaluierten die Arbeitsgemeinschaften Egger, Dreher und Partner AG und die Ecoplan AG die Prozesse im Asylbereich während der ersten beiden Jahren seit der Einführung der beschleunigten Verfahren. Aus dem entsprechenden Bericht ging hervor, dass die Asylverfahren seit dieser Änderung bis zum erstinstanzlichen Entscheid insgesamt durchschnittlich nur noch 55 Tage dauerten – 49 Tage betrug im Schnitt die Vorbereitungsphase, was deutlich über den angestrebten 21 Tagen lag, und 6 Tage das Asylverfahren, womit die Vorgabe von 8 Tagen in allen Asylregionen eingehalten werden konnte. Das Verfahren könne aber noch weiter optimiert und effizienter gestaltet werden, beschied der Bericht, weshalb einige Handlungsempfehlungen vorgelegt wurden. Zur Zeit gäbe es beispielsweise oft Terminkollisionen, weil die einzelnen Verfahrensbeteiligten keine Einsicht in die anderen Termine in Zusammenhang mit dem Asylverfahren hätten. Dem könne man mit einem gemeinsamen Planungstool entgegenwirken.
In einem weiteren Bericht hatte das Schweizerische Kompetenzzentrum für Menschenrechte (SKMR) im Auftrag des SEM die Qualität der Asylentscheide sowie den Rechtsschutz im beschleunigten Verfahren untersucht. Beide Bereiche wurden grundlegend positiv bewertet, wobei bei beiden noch Optimierungspotential festgestellt wurde, etwa beim Umgang mit den Stellungnahmen der Rechtsvertreterinnen und Rechtsvertreter zum Entscheidentwurf des SEM zum Asylantrag. Heute komme es immer wieder vor, dass die Stellungnahme der Rechtsvertretung entweder gar nicht mit der asylsuchenden Person besprochen werde oder dass bei einem Verzicht auf eine Stellungnahme das Einverständnis der betroffenen Person nicht eingeholt werde. Da dies laut des SKMR jedoch ein wichtiger Bestandteil des rechtlichen Gehörs sei und zum Mitwirkungsrecht gehöre, sollten die betroffenen Personen bei beiden Punkten zukünftig besser eingebunden werden.

Einige der vorgeschlagenen Handlungsempfehlungen aus beiden Berichten seien laut einer Medienmitteilung des SEM bereits umgesetzt worden und hätten schon Wirkung gezeigt. So habe eine Analyse gezeigt, dass im Jahr 2020 rund 96 Prozent der Entscheide entweder von den Betroffenen ohne Einsprache akzeptiert oder vom Bundesverwaltungsgericht bestätigt wurden. Parallel zur Evaluation habe das SEM auch ein umfassendes Qualitätsmanagementsystem für den Asylbereich aufgebaut.

Evaluation der beschleunigten Asylverfahren

Mitte August 2021 präsentierte der Bundesrat seine Botschaft zur Änderung des Ausländer- und Integrationsgesetzes, mit welcher eine gesetzliche Grundlage für einen zwangsweisen Covid-19-Test bei der Ausschaffung erarbeitet werden sollte. Aufgrund der eingegangenen Vernehmlassungsantworten hatte er gegenüber seinem Entwurf spezifiziert, dass Kinder unter 15 Jahren keinem zwangsweisen Test unterzogen werden dürfen. Ferner hielt er in der Botschaft fest, dass die zuständigen Behörden die betroffenen Personen vorgängig über die Testpflicht und die Möglichkeit der zwangsweisen Durchsetzung zu informieren haben, wobei ihnen die Möglichkeit eingeräumt werden muss, sich freiwillig einem Test zu unterziehen. Ferner konkretisierte der Bundesrat, dass die Covid-19-Tests nur durch spezifisch geschultes, medizinisches Personal vorgenommen werden dürfen. Gemäss dem Bundesrat besteht jedoch ein «überwiegendes und globales öffentliches Interesse an diesen Tests zum Schutz der Gesundheit», was diesen nicht-invasiven Eingriff rechtfertige, der überdies verhältnismässig sei und keinen schwerwiegenden Eingriff in die körperliche Unversehrtheit darstelle. Der Bundesrat befristete die Massnahme in seiner Botschaft bis Ende Dezember 2022.

Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration. Änderung (BRG 21.051)

Diverse Länder verlangten im Laufe der Covid-19-Pandemie bei Einreise einen negativen Covid-19-Test – auch für Personen, die aufgrund eines abgewiesenen Asylantrags in ihr Herkunftsland ausgewiesen wurden. Da sich ausreisepflichtige Personen teilweise weigerten, sich einem Covid-19-Test zu unterziehen, und sich der Wegweisungsvollzug somit zunehmend als schwierig erwies, plante der Bundesrat eine Änderung des Ausländer- und Integrationsgesetzes, um eine gesetzliche Grundlage für die Durchführung eines zwangsweisen Covid-19-Tests bei Wegweisung zu schaffen. Nachdem Ende April 2021 22 Wegweisungen aufgrund einer Testverweigerung nicht hatten vollzogen werden können und dieser Wert einen Monat später auf 50 Fälle angestiegen war, beschloss der Bundesrat, das Revisionsvorhaben als dringlich einzustufen.

Ende Juni 2021 gab die Regierung den Entwurf in die verkürzte Vernehmlassung. Nach Ablauf der zweiwöchigen Vernehmlassungsfrist waren 45 Stellungnahmen von 23 Kantonen, vier grösseren Parteien sowie 18 interessierten Kreisen eingegangen. Mit Ausnahme des Kantons Waadt begrüssten alle stellungnehmenden Kantone das Vorhaben, ebenso die SVP und die FDP. Neben der KKJPD, der Vereinigung der Kantonalen Migrationsbehörden (VKM) und dem Schweizerischen Gewerbeverband begrüsste auch das UNHCR-Büro für die Schweiz und Liechtenstein die Massnahme. Die SP und die Grünen stellten sich zusammen mit den weiteren stellungnehmenden Kreisen, darunter Hilfswerke, Nichtregierungsorganisationen und die Nationale Kommission zur Verhütung von Folter (NKVF), gegen das Vorhaben. Die ablehnenden Stellungnehmenden machten geltend, dass diese Massnahme einen unverhältnismässigen Grundrechtseingriff in die körperliche Unversehrtheit und die persönliche Freiheit bedeute. Einige ablehnende Vernehmlassungsteilnehmende erachteten die vorgeschlagene gesetzliche Bestimmung auch als zu ungenau formuliert, was den Vollzugsbehörden einen zu grossen Ermessensspielraum eröffnen würde. Verschiedene Stellungnehmende regten weitere Konkretisierungen an, so etwa das UNHCR-Büro, das lediglich den Covid-19-Test mit der geringsten Eingriffsintensität zum Einsatz kommen lassen wollte.

Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration. Änderung (BRG 21.051)