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In der Herbstsession 2016 verlängerte der Nationalrat stillschweigend die Behandlungsfrist für eine parlamentarische Initiative Hutter (fdp, ZH), die verlangt, dass im Werkvertragsrecht Mängelrügen innerhalb einer Frist von 60 Tagen statt der bisher gebräuchlichen Siebentagesfrist vorgebracht werden können. Die grosse Kammer folgte damit dem Ansinnen seiner RK-NR, wonach zuerst der Bericht des Bundesrats zu einer ähnlichen Motion Fässler-Osterwalder (sp, SG; Mo. 09.3392) abzuwarten sei. Die Frist für die Behandlung der parlamentarischen Initiative wurde damit bis zur Herbstsession 2018 verlängert.

Faire Rügefristen im Werkvertragsrecht (Pa.Iv. 12.502)

In einer Motion forderte Peter Schilliger (fdp, LU), dass das Verursacherprinzip bei den Inkassokosten ausdrücklich im OR verankert wird. Die Inkassokosten sollen vollumfänglich von jener Partei getragen werden, die diese Kosten verursacht; damit sind nach Auffassung des Motionärs neben den Verzugszinsen als Entschädigung für den entgangenen Kapitalzins auch die Kosten für die Realisierung der Forderung, also die Aufwendungen des Inkassounternehmens, gemeint. Es könne nicht sein, dass die Wirtschaft die Inkassokosten selber trage und durch die Preise auf die Konsumenten überwälze. Der Bundesrat beantragte die Motion zur Ablehnung, weil damit ein Automatismus eingebaut werde, der nicht berücksichtige, dass den Schuldner in manchen Fällen kein Verschulden am Verzug treffe. Ausserdem arbeite der Bundesrat in Erfüllung eines Postulats Comte (fdp, NE) zur Zeit an einer Untersuchung der Praktiken von Inkassounternehmen, deren Ergebnissen nicht vorgegriffen werden solle. Nichtsdestotrotz nahm der Nationalrat die Motion in der Herbstsession 2016 mit 104 zu 78 Stimmen bei drei Enthaltungen an.

Mo. Schilliger: Verursacherprinzip auch bei den Inkassokosten

Das Handelsregisterrecht als Teil des Obligationenrechts soll revidiert werden, um einerseits die Qualität und Aktualität der im Register geführten Personendaten und andererseits die Gesetzmässigkeit, Rechtsgleichheit und Übersichtlichkeit des Registers zu verbessern. Darüber hinaus sollen Vereinfachungen bei formellen Vorschriften die Unternehmen entlasten. Der Bundesrat hatte im April 2015 eine entsprechende Botschaft zum Gesetzgebungsprojekt verabschiedet, mit welchem sich der Ständerat in der Herbstsession 2016 als Erstrat befasste. So unbestritten wie das Eintreten waren auch die meisten Vorschläge des Bundesrates und die samt und sonders einstimmigen Anträge der RK-SR. Die Kantonskammer nahm alle Anträge ihrer Kommission stillschweigend an, wodurch die Vorlage jedoch keine grundlegenden Änderungen erfuhr. Während die meisten Ergänzungen darauf zielten, die bestehende Praxis ausdrücklich im Gesetz zu verankern, brachte der Ständerat eine inhaltliche Änderung an: Er lehnte es ab, wie vom Bundesrat vorgeschlagen das Institut der Gemeinderschaft aus dem ZGB zu streichen, da dieses Vorhaben aus Gründen der Einheit der Materie nicht in die Revision des Handelsregisterrechts passe. Der Bundesrat hatte diese Art der Erbengemeinschaft mit aufgeschobener Teilung des Erbes als nicht mehr zeitgemäss erachtet. Einstimmig verabschiedete die kleine Kammer die nur leicht veränderte Vorlage zu Handen des Nationalrats.

Revision des Handelsregisterrechts (BRG 15.034)

Uneinig zeigten sich die beiden Rechtskommissionen 2016 gegenüber einer parlamentarischen Initiative Egloff (svp, ZH), die strengere Regeln zur Zulässigkeit der Untermiete schaffen will. Nach geltendem Recht muss die Mieterschaft den Vermieter lediglich über die Untermiete informieren. Dieser kann sie gemäss Art. 262 Abs. 2 Obligationenrecht nur dann verweigern, wenn die Mieterschaft die Konditionen der Untermiete nicht offenlegt, diese im Vergleich zum Hauptmietvertrag missbräuchlich sind und/oder dem Vermieter daraus wesentliche Nachteile erwachsen. Dabei könnte die Vermieterin neben den bereits bestehenden Regelungen die Zustimmung auch verweigern, wenn die Untermietdauer zwei Jahre überschreitet. Zudem würde ihr das Recht einberaumt, bei ausbleibender oder fehlerhafter Information über das Untermietverhältnis von Seiten des Mieters den bestehenden Mietvertrag nach unbeachteter Mahnung innert 30 Tagen zu kündigen. Im Mai beschloss die RK-NR mit 15 zu 10 Stimmen, der Initiative Folge zu geben. Die RK-SR widersetzte sich dieser Ansicht mit 4 zu 5 Stimmen bei einer Enthaltung, weswegen die Vorlage zurück an die nationalrätliche Kommission ging, um eine Empfehlung zuhanden des Nationalrats zu fassen, welcher sich als nächstes mit dem Anliegen auseinanderzusetzen hat.

Missbräuchliche Untermiete vermeiden (Pa.Iv. 15.455)
Dossier: Mietzinse: Bestimmung der Missbräuchlichkeit und Anfechtung

S'agissant de la prorogation des contrats-types de travail fixant des salaires minimaux, la CER-CE se distancie de la position du Conseil national. La formulation proposée par le Conseil national permettrait l’introduction d’un salaire minimum en Suisse sans qu'il y ait de preuve de sous-enchère salariale apportée. Comme elle a déjà traité la question dans la loi sur les travailleurs détachés (LDét), elle propose, sans opposition, à son Conseil de ne pas entrer en matière sur le projet du Conseil fédéral.
Le Conseil des Etats a suivi l'avis de sa commission.

Verlängerung von Normalarbeitsverträgen mit Mindestlöhnen (BRG 16.029)

Mit der 2012 eingereichten Standesinitiative „Prostitution ist nicht sittenwidrig“ forderte der Kanton Bern den Bund auf, Verträge zur Erbringung einer sexuellen Handlung gegen Entgelt durch eine entsprechende Gesetzesbestimmung als rechtsgültig zu erklären. Dadurch soll sowohl der Rechtsschutz der betroffenen Personen gestärkt als auch ein Beitrag zur Bekämpfung des Menschenhandels geleistet werden. Die Rechtskommissionen beider Räte hatten der Initiative 2013 Folge gegeben. Im September 2015 verlängerte der Ständerat auf Antrag seiner Kommission die Frist für die Ausarbeitung eines Erlassentwurfs bis zur Wintersession 2017. Die Kommission wollte ihre Arbeit am Erlassentwurf nicht fortsetzen, bevor sie vom Bericht des Bundesrates über die Problematik von Prostitution und Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung (in Erfüllung diverser Postulate) Kenntnis haben werde.

Im Januar 2016 befasste sich die RK-SR erneut mit dem Berner Anliegen und beantragte ihrem Rat, die Standesinitiative abzuschreiben. In der Argumentation stützte sie sich auf einen Entscheid des Bezirksgerichts Horgen vom 9. Juli 2013, in welchem das Gericht entschied, die Sittenwidrigkeit gemäss Artikel 20 OR könne bei der Forderung einer Prostituierten gegenüber ihrem Freier heute nicht mehr bejaht werden. Die Kommission sah darin die Bestätigung, dass das Anliegen der Standesinitiative in der heutigen Rechtsprechung umgesetzt werde und eine gesetzliche Festschreibung deshalb nicht notwendig sei. Ausserdem könnten durch die gesetzliche Normierung des Konstruktes „Prostitution“ neue Lücken und Rechtsunsicherheiten hinsichtlich der Vertragsauslegung entstehen, womit der effektive Nutzen für die Prostituierten in Frage gestellt würde. Der Ständerat und später auch der Nationalrat folgten dieser Argumentation und schrieben die Standesinitiative ab.

Prostitution ist nicht sittenwidrig (Kt.Iv. 12.317)
Dossier: Parlamentarische Vorstösse zu Prostitution und Menschenhandel 2012–2015

La CER-CN a procédé à l'examen du projet de prorogation des contrats-types de travail fixant des salaires minimaux, dans le but de fixer les conditions auxquelles les contrats types de travail de durée limitée fixant des salaires minimaux peuvent être prorogés pour une période limitée. Le Conseil national a déjà adopté un article 360a du CO, selon lequel il suffit d'avoir soit des infractions répétées contre les prescriptions en matière de salaire minimal ou soit des indices qu’à l’échéance du contrats-types de travail les abus reprendront. Pour le prolongement de ces contrats, le projet du Conseil fédéral rend ces deux conditions cumulatives. La commission propose donc ne pas entrer en matière. Le Conseil national a alors rejeté tacitement le projet.

Verlängerung von Normalarbeitsverträgen mit Mindestlöhnen (BRG 16.029)

Mitte Mai 2016 fällte das Bundesgericht ein wegweisendes Urteil betreffend die Anfechtung von Anfangsmietzinsen. Demgemäss müssen Mieterinnen und Mieter keinen Nachweis erbringen, dass sie sich erst nach langer, intensiver und erfolgloser Suche nach Wohnalternativen zum Vertragsabschluss gezwungen sahen, wenn sich die Wohnungsnot anhand objektiver Kriterien belegen lässt. Im betreffenden Fall hatten zwei Männer 2013 gemeinsam mit dem Mieterverband Zürich die vertraglich vereinbarte Miete von 3'900 CHF für eine 3,5-Zimmerwohnung in der Stadt Zürich innert 30 Tagen nach Abschluss des Mietvertrages gemäss Art. 270 Obligationenrecht beim Obergericht Zürich angefochten. Dieses wies die Klage aufgrund Fehlens eines Nachweises von Wohnungsnot ab. Anders urteilte nun das Bundesgericht: Bei einer damaligen Leerwohnungsziffer von 0,11% in der Stadt und 0,61% im Kanton Zürich sei Wohnungsknappheit klar gegeben. Ferner verschaffe die „Knappheit des Angebots [...] den Anbietern auf dem Wohnungsmarkt eine Stellung, die derjenigen marktmächtiger Unternehmen nahekommt", was missbräuchliche Mietzinse begünstige. Während sich der Mieterverband Zürich mit dem Urteil zufrieden zeigte, beklagte der Hauseigentümerverband (HEV) die dadurch entstehende Rechtsunsicherheit für die Vermieter. Keine 30 Tage nach Bekanntgabe des Urteils reichte HEV-Präsident und Nationalrat Hans Egloff (svp, ZH) eine parlamentarische Initiative ein, welche die Hürden zur Anfechtung des Anfangsmietzinses erhöhen will.

Wegweisendes Bundesgerichtsurteil betreffend Anfechtung von Anfangsmietzinsen (2016)
Dossier: Mietzinse: Bestimmung der Missbräuchlichkeit und Anfechtung

Im März 2016 verabschiedete der Bundesrat seine Botschaft zur Änderung des Obligationenrechts, mit der er neu die Voraussetzungen definieren wollte, unter denen ein Normalarbeitsvertrag (NAV) mit zwingenden Mindestlöhnen verlängert werden kann. Befristete NAV mit zwingenden Mindestlöhnen sollten dann erlassen werden können, wenn zuvor Missbräuche festgestellt worden waren. Dies wurde in der Praxis zwar bereits auf Bundes- und auf Kantonsebene so gehandhabt, mit der Regelung wolle man aber, so der Bundesrat, insbesondere den Anliegen der stark betroffenen Grenzkantone Tessin und Genf Rechnung tragen und die Rechtssicherheit erhöhen.

Verlängerung von Normalarbeitsverträgen mit Mindestlöhnen (BRG 16.029)

Im Hinblick auf die Arbeiten am Runden Tisch Asbest beschloss die RK-NR im Februar 2016 einstimmig, die Revision des Verjährungsrechts bis Ende August 2016 zu sistieren. Dadurch sollen Erkenntnisse und Resultate des Runden Tisches in die weiteren Beratungen zum Verjährungsrecht einfliessen können.

Revision des Verjährungsrechts (BRG 13.100)
Dossier: Revision des Verjährungsrechts 2013–2018

Mit der Revision des Verjährungsrechts, welches im Wesentlichen nach wie vor auf dem Obligationenrecht von 1881 basiert, sollen insbesondere verschiedene Verjährungsfristen auf ihre heutige Tauglichkeit hin überprüft werden. In seinem Entwurf schlug der Bundesrat drei zentrale Änderungen vor: Die relative Verjährungsfrist sollte von einem auf drei Jahre erhöht und die absolute Verjährungsfrist von zehn auf dreissig Jahre verlängert werden, um damit auch Spätschäden gerecht zu werden. Als Drittes wollte er im Interesse der Einheitlichkeit und Einfachheit des Verjährungsrechts die heute für einige besondere Vertragsverhältnisse bestehende fünfjährige Verjährungsfrist auf zehn Jahre erstrecken und somit der allgemeinen vertragsrechtlichen Verjährungsfrist anpassen. In der Wintersession 2015 beriet die kleine Kammer als Zweitrat über die Vorlage.

Die Verlängerung der relativen Verjährungsfrist war wie schon zuvor im Nationalrat auch im Ständerat unumstritten. Demgegenüber gab die Erhöhung der absoluten Verjährungsfrist mit Hinblick auf Spätschäden – insbesondere Asbestfälle – Anlass zu ausgedehnten Diskussionen. Der Nationalrat hatte hier eine Verjährungsfrist von zwanzig Jahren beschlossen, was für den Ständerat aber nicht in Frage kam. Die Mehrheit der RK-SR beantragte ihrem Rat, die dreissigjährige Verjährungsfrist, wie sie vom Bundesrat vorgesehen worden war, zu übernehmen. Eine Minderheit setzte sich für das Verbleiben bei der heute geltenden Frist von zehn Jahren ein. Sie argumentierte, dass selbst eine dreissigjährige Verjährungsfrist nicht ausreiche, um Langzeitschäden abzudecken und ausserdem die Aktenaufbewahrungspflicht unverändert zehn Jahre betrage, was zu prozessualen Schwierigkeiten aufgrund mangelnder Beweise führe. Eine knappe Mehrheit der Ratsmitglieder liess sich von der Argumentation der Kommissionsminderheit überzeugen und verwarf mit 23 zu 21 Stimmen bei 0 Enthaltungen die Erhöhung der absoluten Verjährungsfrist auf dreissig Jahre. Auch die dritte Änderung, die Aufhebung der fünfjährigen Sonderfrist für bestimmte Vertragsverhältnisse, wurde von der Kantonskammer abgelehnt, obwohl ihr ihre Kommissionsmehrheit das Gegenteil beantragt hatte.

Ein letzter Streitpunkt zeigte sich in den Übergangsbestimmungen. Nachdem der EGMR geurteilt hatte, dass das Schweizer Verjährungsrecht nicht EMRK-konform sei, weil es einem Asbestopfer keinen Zugang zu einem Gericht gewähre, nahm sich die RK-SR der Asbestproblematik im Besonderen an. Dazu setzte sie Übergangsbestimmungen ein, denen zufolge das neue Verjährungsrecht unter gewissen Voraussetzungen rückwirkend zur Anwendung kommen kann. Diese Rückwirkung soll jedoch nur subsidiär zum Zuge kommen, soweit kein Sonderregime zur angemessenen Entschädigung von durch Asbest verursachten Personenschäden besteht. Über ein solches Sonderregime in Form eines Fonds zur Entschädigung von Asbestopfern wird zur Zeit an einem Runden Tisch mit Vertretern der Asbestproblem-Verursacher verhandelt, welcher im März 2015 zum ersten Mal tagte. Der Lösungsvorschlag mit einer subsidiären Rückwirkungsklausel fand im Rat breite Zustimmung. In der Gesamtabstimmung überwies die kleine Kammer den Entwurf einstimmig wieder an den Nationalrat zur Differenzbereinigung.

Revision des Verjährungsrechts (BRG 13.100)
Dossier: Revision des Verjährungsrechts 2013–2018

Der Bundesrat muss die Teilrevision des Obligationenrechts (OR), mit der sogenannte Whistleblower, die Unregelmässigkeiten am Arbeitsplatz aufdecken und melden, besser geschützt werden sollen, definitiv noch einmal überarbeiten. Der Ständerat folgte diskussionslos dem Nationalrat, der sich anlässlich der Sondersession vom Mai 2015 für eine Rückweisung der Vorlage ausgesprochen hatte, weil diese, so Nationalrat Jositsch (sp, ZH) für die RK-NR, viel zu kompliziert formuliert sei.

Protection en cas de signalement d’irrégularités par le travailleur (MCF 13.094)
Dossier: Whistleblowing

In der Sondersession vom Mai 2015 befasste sich der Nationalrat mit einer Teilrevision des Obligationenrechts (OR), mit der die Rechtmässigkeit von Whistleblowing geklärt und der Schutz von Personen, die an ihrem Arbeitsplatz Unregelmässigkeiten aufdecken, verbessert werden sollte. Die grosse Kammer folgte dabei dem Antrag ihrer Rechtskommission (RK-NR) und wies die Vorlage mit 134 zu 49 Stimmen bei 1 Enthaltung an den Bundesrat zurück. Für die Kommission begründete Nationalrat Jositsch (sp, ZH) die Rückweisung damit, dass die Vorlage derart kompliziert formuliert sei, dass es insbesondere für den normalen Rechtsanwender und damit den potenziellen Whistleblower zu schwierig sei, tatsächlich herauszufinden, wie er sich im konkreten Fall zu verhalten habe. An der Grundstruktur der Vorlage, insbesondere am vorgeschlagenen Kaskadenmechanismus und dem Anreiz für die Schaffung interner Meldestellen, soll der Bundesrat jedoch festhalten. Eine von der SVP unterstützte Minderheit Schwander (svp, SZ) wollte indes nicht auf die Vorlage eintreten. Die heutige Lösung sei besser als das, was vorliege, so Schwander. Stimmt der Ständerat, der in der ersten Lesung den bundesrätlichen Vorschlag in einigen Punkten angepasst hatte, dem Nationalrat in der zweiten Beratungsrunde zu, geht das Geschäft definitiv an den Bundesrat zurück.

Protection en cas de signalement d’irrégularités par le travailleur (MCF 13.094)
Dossier: Whistleblowing

Im Jahr 2014 befassten sich beide Parlamentskammern mit Anpassungen des Bundesgesetzes über den Konsumkredit (KKG), die auf eine parlamentarische Initiative Aubert (sp, VD) aus dem Jahre 2010 zurückgingen. Die parlamentarische Initiative hatte ein Verbot der Werbung für Kleinkredite gefordert. 2011 hatten National- und Ständerat entgegen der vorberatenden Kommissionen für Wirtschaft und Abgaben (WAK-NR/WAK-SR) der Initiative Folge gegeben. Die WAK-NR unterbreitete dem Parlament im Januar 2014 nach einer Fristverlängerung einen Gesetzesentwurf. Dieser sieht anstelle eines vollumfänglichen Werbeverbots für Konsumkredite lediglich eine Einschränkung vor. So sollen im KKG nur aggressive Werbeformen untersagt werden. Diese gesetzliche Basis, so der Vorschlag der WAK-NR, soll zudem durch eine privatrechtliche Konvention ergänzt werden, in der die betroffene Branche selbst definiert, was unter den Begriff der aggressiven Werbung fällt. Für den Fall, dass keine Selbstregulierungskonvention zustande kommt, sieht die Kommission vor, dass der Bundesrat subsidiär die Möglichkeit hat, eine Regelung vorzunehmen und den Begriff der aggressiven Werbung zu konkretisieren. Während der Nationalrat im Mai 2014 letzterem und den meisten anderen Vorschlägen der Kommission zustimmte, sprach sich der Ständerat vier Monate später in diesem Punkt für eine Ausweitung der Kompetenzen des Bundesrats aus. Dieser solle, so eine Mehrheit im Ständerat, nicht nur eine Regelung erlassen dürfen, wenn innerhalb der definierten Frist keine Selbstregulierungskonvention vorliege, sondern auch dann, wenn diese aus Sicht des Bundesrates ungenügend sein sollte. Der Nationalrat hielt im Dezember 2014 anlässlich der zweiten Lesung, wenn auch nur knapp, mit 94 zu 92 Stimmen an seiner ursprünglichen Haltung fest. Mit 92 Stimmen unterlagen die Fraktionen der SVP, FDP und GLP, wobei die letzteren beiden durch je eine abweichende Stimme ein Patt verhinderten. Auch bei der Frage der Fahrlässigkeit folgte die grosse Kammer nicht dem Beschluss des Ständerates. Dieser wollte wie der Bundesrat fahrlässiges Handeln bei der Schaltung von Werbung für Kleinkredite mit bis zu 50‘000 Franken bestrafen. Der Nationalrat stimmte mit 91 zu 87 Stimmen für eine Streichung des besagten Passuses und damit ausschliesslich für eine Bestrafung vorsätzlichen Handelns, was in diesem Falle dem Willen der (fast) geschlossen auftretenden Fraktionen der FDP, SVP und GLP entsprach. Zum Jahresende war das Geschäft im Ständerat hängig. Hingegen waren sich die Räte darin einig, im Lichte der zu erwartenden Verschärfung des Konsumkreditgesetzes zwei Standesinitiativen und einer parlamentarische Initiative aus dem Jahr 2011 nicht Folge zu geben. Der Kanton Basel-Landschaft hatte gefordert, dass die Anforderungen zur Erlangung eines Konsumkredites deutlich erhöht werden, der Kanton Genf wollte zudem Werbung für Kleinkredite verbieten und die parlamentarische Initiative Maire (sp, NE) beabsichtigte, die Kreditkartenvergabe an junge Erwachsene unter 25 Jahren einzuschränken.

Verbot der Werbung für Kleinkredite

Der Bundesrat verabschiedete im November 2014 eine Botschaft zur Anpassung der Vorschriften über die Bildung des Firmennamens und sprach sich für eine Erleichterung der Unternehmensnachfolge für Einzelunternehmen, Kollektiv-, Kommandit- und Kommanditaktiengesellschaften aus. Die Botschaft ging auf eine Motion Rime (svp, FR) und eine Motion Bischof (cvp, SO) zurück. Die vom Bundesrat vorgeschlagene Änderung des Obligationenrechts (Firmenrecht) verfolgte das Ziel, dass der einmal gewählte Firmenname auf unbestimmte Zeit weitergeführt werden kann. So sollten bei Personengesellschaften Gesellschafterwechsel ohne Änderung des Firmennamens möglich sein. Zudem sollte auch die Umwandlung in eine andere Rechtsform den Firmennamen nur noch beim Rechtsformzusatz tangieren.

Änderung des Obligationenrechts (Firmenrecht) (BRG 14.090)

Fälle von unzureichendem Rechtsschutz bei Asbestopfern waren 2007 der Anstoss für eine Motion der nationalrätlichen Kommission für Rechtsfragen (07.3763), die den Bundesrat mit der Revision des Haftpflichtrechts beauftragte. Die Verjährungsfristen sollten derart angepasst werden, dass auch bei Spätschäden Schadenersatzansprüche gegeben sind. 2014 lag nun dem Parlament ein Entwurf zur Revision des OR vor, durch den die bislang komplexen und unübersichtlichen Regelungen punktuell angepasst und verbessert werden sollten. Zu den Kernpunkten der Vorlage gehörte erstens, nicht zuletzt in Reaktion auf ein Urteil des EGMR, die Einführung einer besonderen, absoluten Verjährungsfrist von dreissig Jahren bei Personenschäden und Bauwerkmängeln. Zweitens sollte für Ansprüche aus dem Delikts- und Bereicherungsrecht die Verjährungsfrist von einem auf drei Jahre verlängert werden. Schliesslich war drittens für vertragliche Forderungen eine Frist von zehn Jahren vorgesehen. Die Vorschläge kamen beim Nationalrat nicht gut an. Die SVP und die FDP votierten gar für Nichteintreten, konnten sich aber nicht durchsetzen. Gut hiess der Nationalrat nur die Fristverlängerung für das Delikts- und Bereicherungsrecht. Bei den Spätschäden reduzierte er die Frist aufgrund der schwierigen Beweisbarkeit von dreissig auf zwanzig Jahre und bei den vertraglichen Forderungen wollte er bei der aktuellen Regelung bleiben. Mit 84 zu 45 Stimmen bei 59 Enthaltungen aus den Reihen der SP, der Grünen und der SVP überwies der Nationalrat die Vorlage an die zweite Kammer.

Revision des Verjährungsrechts (BRG 13.100)
Dossier: Revision des Verjährungsrechts 2013–2018

Im Juli 2014 stimmte die ständerätliche Kommission für Rechtsfragen (RK-SR) einstimmig dem Beschluss ihrer Schwesterkommission aus dem Jahr 2012 zu, einer parlamentarischen Initiative Hutter (fdp, ZH) für faire Rügefristen im Werkvertragsrecht Folge zu geben. Die Initiative fordert, dass Mängel, die erst nach der Ablieferung zutage treten, nicht wie bis anhin sofort nach deren Entdeckung gerügt werden müssen, sondern, dass eine Anzeige – nach italienischem Vorbild – innert 60 Tagen nach der Entdeckung zu erfolgen hat. Die vom Bundesgericht praktizierte Rechtsprechung sah Mängelrechte als verwirkt an, wenn die entsprechenden Mängel nicht innert sieben Tagen gerügt wurden. Dies, so der Initiant, sei nicht sachgerecht, da durch die auch im internationalen Vergleich äusserst kurze Rügefrist keine sorgfältige Prüfung der jeweiligen Lieferungen möglich sei und als Folge zur Sicherung der Mängelrechte vorsichtshalber oft gegen alle potenziell haftpflichtigen Unternehmer und Planer eine Mängelrüge erhoben werde.

Faire Rügefristen im Werkvertragsrecht (Pa.Iv. 12.502)

In Erfüllung des Postulats Schwaab (sp, VD) und des Postulats Weibel (glp, ZH) publizierte der Bundesrat im Juni 2014 einen Bericht, der die Chancen und Risiken der Online-Währung Bitcoin evaluiert. Bezüglich seiner Funktion als Zahlungsmittel wurde dem Bitcoin sowohl gegenwärtig als auch in näherer Zukunft keine grosse Bedeutung beigemessen. Gemäss dieser Einschätzung sind die Auswirkungen der virtuellen Währung auf den Zahlungsverkehr und die Finanzstabilität nur sehr gering. Ein grösseres Risiko besteht laut Bericht für einzelne Nutzer des Bitcoin, einerseits durch die Ausbildung von Spekulationsblasen und andererseits durch die Verwendung dieser Währung zwecks Verüben von Vermögensdelikten. Ganz generell hielt der Bericht fest, dass der Bitcoin für eine Vielzahl von kriminellen Handlungen verwendet werden könne und die strafrechtliche Verfolgung und Beschlagnahmung von Vermögenswerten aufgrund der dezentralen Organisationsstruktur der virtuellen Währung erschwert sei. Um dieser Gefahr zu begegnen, setzte der Bundesrat zum einen auf eine länderübergreifende Kooperation, zum anderen auf eine erhöhte Selbstverantwortung des einzelnen Konsumenten. Der Bericht hielt jedoch auch fest, dass sich die Verwendung des Bitcoin nicht in einem rechtsfreien Raum befindet, sondern je nach ihrer Art und Weise unter das Obligationenrecht, das Geldwäschereigesetz oder die Finanzmarktgesetze fällt.
Angesichts dieser Tatsache und der momentan noch relativ geringen Bedeutung der virtuellen Währung Bitcoin sieht der Bundesrat laut Bericht keinen Handlungsbedarf und will sich darauf beschränken, die künftige Entwicklung im Auge zu behalten.

Risiken der Online-Währung Bitcoin
Dossier: Kryptowährungen und Blockchain

Im ersten Halbjahr 2014 befassten sich National- und Ständerat mit dem Revisionsaufsichtsgesetz, das der Bundesrat im Zuge der eingeleiteten Bündelung der Aufsichtskompetenz über Revisionsunternehmen und Prüfgesellschaften überarbeitet und dem Parlament im August 2013 unterbreitet hatte. Im Kern sah es eine Zusammenführung aller Aufsichtsaufgaben bei der Eidgenössischen Revisionsaufsichtsbehörde (RAB) vor. Unter geltendem Recht hatte neben der Revisionsaufsichtsbehörde auch die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (FINMA) Aufsichtskompetenzen inne. Der Nationalrat hiess im März 2014 den Gesetzesentwurf nach der Detailberatung mit 129 zu 51 Stimmen im Grundsatz gut, sprach sich jedoch dafür aus, dass die FINMA auch in Zukunft selbst direkte Prüfungen bei Banken, Bankgruppen und Finanzkonglomeraten durchführen konnte, sofern dies notwendig sein sollte. Die grosse Kammer hatte sich zu Beginn der Debatte zuerst über einen Nichteintretensantrag einer von SVP-Vertretern gestützten Kommissionsminderheit hinwegzusetzen. Diese RK-Mitglieder monierten, dass bei der materiellen Aufsicht und bei der Analyse der Prozesse hätte angesetzt werden müssen und nicht beim Organigramm. Die SP und die Grünen waren ihrerseits in der Detailberatung unterlegen. Sie wollten auch für Personen mit ausreichender Fachpraxis keine Ausnahmen von den Zulassungsauflagen für die Leitung von Aufsichtsprüfungen erlauben und den Überprüfungsrhythmus nicht wie vom Bundesrat vorgeschlagen auf fünf Jahre erhöhen, sondern bei drei Jahren belassen. Der Ständerat trat ohne Gegenantrag auf die Vorlage ein, schuf jedoch zusätzliche Differenzen zum Nationalrat: Zur Gewährleistung des Berufsgeheimnisses sollten Selbstregulierungsorganisationen (SRO) Prüfungen von Anwälten und Notaren nur von Anwälten bzw. Notaren durchführen lassen dürfen. Um die Qualität dieser Prüfungen zu gewährleisten, nahm der Ständerat zudem in die Vorlage mit auf, dass Anwälte und Notare nachweisen müssen, dass sie über einschlägige Kenntnisse im Bereich des Geldwäschereigesetzes (GwG) verfügen und vom zu prüfenden Mitglied unabhängig sind. In der Differenzbereinigung stimmte der Nationalrat dem Beschluss des Ständerates bei einer Enthaltung mit 131 zu 41 Stimmen zu, womit das Geschäft in die Schlussabstimmung gelangte. Dort wurde es vom Nationalrat mit 162 zu 35 Stimmen aus einer gespaltenen SVP-Fraktion verabschiedet; der Ständerat stimmte der Vorlage mit 40 zu 4 Stimmen zu. Nach Ablauf der Referendumsfrist im Herbst 2014 setzte der Bundesrat die Gesetztesänderung auf den 1. Januar 2015 in Kraft.

Revisionsaufsichtsgesetz (BRG 13.066)

Im Auftrag der 2010 Folge gegebenen parlamentarischen Initiative Stähelin (cvp, TG) schlug die Rechtskommission des Ständerats die ersatzlose Streichung der Bestimmungen über den Vorauszahlungsvertrag im Obligationenrecht vor. Da diese Vertragsform seit den 1960er Jahren jegliche praktische Bedeutung verloren hatte, konnte die Gesetzesänderung in der Schlussabstimmung in beiden Kammern einstimmig angenommen werden.

Vorauszahlungsvertrag (Pa.Iv. 07.500)

Beide Parlamentskammern beschlossen die Bestimmungen zum Vorauszahlungsvertrag im Obligationenrecht aufzuheben. Diese Gesetzesänderung ging auf eine Initiative Stähelin (cvp, TG) aus dem Jahre 2007 zurück. Die Streichung dieser Vertragsart, die in der Praxis kaum mehr zur Anwendung kam, erwies sich in beiden Räten als unumstritten. In den Schlussabstimmungen sprachen sich sowohl der Nationalrat als auch der Ständerat einstimmig dafür aus .

Vorauszahlungsvertrag (Pa.Iv. 07.500)

En novembre, le Conseil fédéral a présenté son message sur la révision partielle du code des obligations (CO) portant sur la protection des lanceurs d’alerte (« Whistleblower »), c’est-à-dire les personnes qui signalent des faits répréhensibles sur leur lieu de travail. L’objectif de cette révision consiste à établir les critères selon lesquels ces signalements sont considérés comme licites. Etant donné que de nombreuses critiques ont été émises lors de la procédure de consultation, le Conseil fédéral a proposé de ne pas étendre la protection contre les licenciements en la matière. Le gouvernement souhaite simplement concrétiser le procédé d’un signalement licite en préconisant un modèle de « cascade ». D’après cette proposition, un signalement sera considéré comme licite s’il est d’abord adressé à l’employeur, ensuite aux autorités et en dernier ressort au public. De cette manière, l’employeur aura la possibilité de remédier en premier à ces irrégularités.

Protection en cas de signalement d’irrégularités par le travailleur (MCF 13.094)
Dossier: Whistleblowing

In der Sommersession stimmten der Nationalrat und der Ständerat zwei gleich lautenden Postulaten zu, die den Bundesrat damit beauftragten, über eine allfällige Modernisierung des Obligationenrechts Bericht zu erstatten. Die Postulate Caroni (fdp, AR) und Bischof (cvp, SO; Po. 12.3217) luden die Landesregierung ein, einen Entwurf für einen benutzerfreundlichen Allgemeinen Teil des Schweizerischen Obligationenrechts (OR AT) vorzulegen. Als Grundlage konnten nach Ansicht der Postulanten die Vorarbeiten von Juristen dienen, die im Rahmen eines Projekts des Schweizerischen Nationalfonds (SNF) unter dem Namen „OR 2020“ entstanden waren.

Modernisierung des Obligationenrechts

Der Ständerat überwies ein von 34 Ratsmitgliedern unterzeichnetes Postulat Bischof (cvp, SO) (13.3217), das den Bundesrat beauftragt, die Notwendigkeit einer Revision des Allgemeinen Teils des Obligationenrechts (OR) von 1912 hinsichtlich der Benutzerfreundlichkeit zu prüfen. Dahinter steht ein wissenschaftliches Projekt für das die Schweizer Rechtsfakultäten in den letzten fünf Jahren unter dem Titel „Schweizer Obligationenrecht 2020“ einen Entwurf des neuen OR entworfen hatten. Ein gleichlautendes Postulat Caroni (fdp, AR) (13.3226) wurde auch im Nationalrat überwiesen.

Modernisierung des Obligationenrechts

Das Berichtsjahr wurde stark durch die Debatte um die Managergehälter geprägt. Dies lag nicht zuletzt im Umstand begründet, dass in diesem Bereich gleich zwei Volksabstimmungen abgehalten wurden. Am 3. März gelangte die Abzocker-Initiative zur Abstimmung. Das bereits im Jahre 2008 von einer Gruppe um den Schaffhauser Unternehmer und späteren Ständerat Thomas Minder eingereichte Begehren enthielt 24 Forderungen, die im Wesentlichen auf eine Stärkung der Aktionärsrechte abzielten. Im Vorjahr hatte sich das Parlament nach langem Feilschen auf einen indirekten Gegenvorschlag geeinigt, der auf Gesetzesstufe der Volksinitiative weit entgegen kam und im Falle eines Neins in Kraft getreten wäre. Unterstützt wurde das Volksbegehren von der SP, den Grünen, der EVP und der CSP sowie einem Teil der Gewerkschaften (Unia, Syna, SEV und Bankpersonalverband). Während sich der Schweizerische Gewerkschaftsbund zu keiner Stimmempfehlung durchringen konnte, gaben Travail Suisse, KV Schweiz und die Schweizerische Kaderorganisation (SKO) Nein-Parolen heraus. Die Wirtschaftsverbände (Economiesuisse, Gewerbeverband und Arbeitgeberverband) sowie die bürgerlichen Parteien (SVP, FDP, CVP, GLP und BDP) sprachen sich ebenfalls gegen die Volksinitiative aus. Bei letzteren stiess die Vorlage an der Basis allerdings auf grosse Sympathien. Vor allem in der SVP und bei den Grünliberalen wichen zahlreiche Kantonalsektionen von der nationalen Parteilinie ab. Das Initiativkomitee verfügte über keinerlei Kampagnenerfahrung und über wenig finanzielle Ressourcen. Diese Makel kompensierte die befürwortende Seite mit viel Engagement. So wurde der partizipative Einbezug der Bevölkerung grossgeschrieben. Noch nie wurde im Rahmen einer eidgenössischen Abstimmungskampagne so konsequent auf die neuen sozialen Medien gesetzt. Zudem profitierte das Anliegen von einem ausgeprägten Empörungspotenzial, und der Initiant Thomas Minder genoss als Unternehmer hohe Glaubwürdigkeit. Die Federführung des gegnerischen Lagers übernahm Economiesuisse. Die üppig ausgestattete Contra-Kampagne stand jedoch unter keinem guten Stern. In die negativen Schlagzeilen geriet der Wirtschaftsdachverband zum Jahresbeginn, als bekannt wurde, dass eine im Dienste von Economiesuisse stehende PR-Agentur Studierende engagiert hatte, um unter falschen Identitäten zu bloggen oder im Internet Leserkommentare gegen die Volksinitiative zu schreiben. Für einigen Wirbel sorgte im Februar ein dreiminütiger Film namens “Grounding 2026“, den der Schweizer Regisseur Michael Steiner im Auftrag von Economiesuisse erstellte hatte, um die Schlusskampagne des Nein-Lagers zu befeuern. Aufgrund der dramatischen Szenen beschloss der Verband schliesslich, das Video nicht auszustrahlen. Darüber hinaus wurde am 15. Februar publik, dass Daniel Vasella, der abtretende Verwaltungsratspräsident des Pharma-Konzerns Novartis, eine Abgangsentschädigung von 72 Millionen Franken erhalten sollte. Obwohl dieser nach wenigen Tagen auf diesen Betrag verzichtete, spielte die öffentliche Empörung dem Pro-Lager in die Hände. Wie aufgrund der Umfrageresultate erwartet werden konnte, wurde die Abzocker-Initiative nach einem äusserst engagierten Abstimmungskampf deutlich angenommen. Sämtliche Stände sowie 67.9% der Partizipierenden stimmten der Vorlage zu. Die Stimmbeteiligung betrug überdurchschnittliche 46%. Die höchsten Ja-Anteile wurden im Kanton Jura (77%) und in Schaffhausen (76%), dem Heimatkanton des Initianten, registriert. Die tiefste Zustimmung verzeichneten die Tiefsteuer-Kantone Obwalden (56%), Nidwalden und Zug (jeweils 58%).

Die VOX-Analyse kam zum Schluss, dass sowohl die Sympathisanten der SP (86%) als auch jene der SVP (72%) der Initiative deutlich zustimmten. Während die Basis der CVP unentschlossen war (Ja-Anteil von 53%), lehnten die der FDP nahestehenden Kreise die Vorlage in ihrer Mehrheit ab (Nein-Anteil von 61%). Die Stimmbeteiligung der SP- und der SVP-Wählerschaft übertraf jene der beiden bürgerlichen Mitteparteien deutlich. Somit konnte von einer Demobilisierung der CVP- und FDP-Sympathisanten die Rede sein. Das primäre Motiv der Ja-Stimmenden betraf gemäss der VOX-Analyse das Unverständnis über die Höhe der Managerlöhne. Unter den Initiativgegnern herrschte die Meinung vor, dass der indirekte Gegenvorschlag zu bevorzugen war und dass die Missstände weder mit der Initiative noch mit dem Gegenvorschlag aus der Welt geschafft werden konnten. Der neue Verfassungsartikel musste durch eine Ausführungsgesetzgebung konkretisiert werden. Der Initiativtext sah jedoch vor, dass der Bundesrat innerhalb eines Jahres die 24 Forderungen auf Verordnungsstufe umsetzen musste. Bereits im November setzte die Landesregierung die Verordnung gegen übermässige Vergütungen bei börsenkotierten Gesellschaften per 1. Januar 2014 in Kraft. Das Initiativkomitee kritisierte die milde Umsetzung der Strafbestimmungen und den Umstand, dass Verwaltungsräte und Mitglieder der Geschäftsleitung weiterhin in den Genuss von Antrittsprämien und Beratungsmandaten kommen konnten.


Abstimmung vom 3. März 2013

Beteiligung: 46,0%
Ja: 1 615 720 (67,9%) / 20 6/2 Stände
Nein: 762 273 (32,1%) / 0 Stände

Parolen:
– Ja:, SPS, GPS, EVP, CSP.
– Nein: SVP (11)*, FDP(1)*, CVP(1)*, GLP(5)*, BDP, eco, SAV, sgv, TravS.
* In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen

Abzocker-Initiative (BRG 08.080)
Dossier: Aktienrechtsrevision und die Abzocker-Initiative