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Der Bundesrat sah das Postulat von Siebenthal (svp, BE) zur Situation religiöser Minderheiten und zu den von der Schweiz getroffenen Massnahmen zu deren Schutz im Rahmen seines Aussenpolitischen Berichts 2016 als erfüllt an und beantragte dem Nationalrat in seinem Bericht über Motionen und Postulate (17.006) die Abschreibung des Geschäfts.

Situation religiöser Minderheiten und mögliche Massnahmen

Den Themenkreis der Grundrechte und des Staatsschutzes (Äussere und Innere Sicherheit gemäss Art. 185 BV) tangierte der Entwurf einer Verordnung der Bundesversammlung über das Verbot der Gruppierung Al-Qaïda und verwandter Organisationen. Der Bundesrat richtete die entsprechende Botschaft im Mai an die Räte. Al-Qaïda ist in der Schweiz seit den Anschlägen vom 11. September 2001 verboten. In der Form einer auf drei Jahre befristeten, notrechtlichen Verordnung erlassen, war das Vebrot seither regelmässig erneuert worden. Mit Inkrafttreten des Bundesgesetzes über die Wahrung von Demokratie, Rechtsstaat und Handlungsfähigkeit in ausserordentlichen Lagen Anfang 2011 wurde das Verfahren für vom Bundesrat erlassene befristet gültige Verordnungen geändert. Für eine solche muss nun innerhalb von sechs Monaten ein Gesetzesentwurf vorliegen oder sie muss in eine (auf drei Jahre befristete) Verordnung der Bundesversammlung überführt werden. Da der Bundesrat ein allgemeines Verbot von Al-Qaïda ablehnte, wählte er die Überführung der bisherigen Regelung in eine Verordnung der Bundesversammlung. Diskussionslos und ohne Gegenantrag traten beide Räte auf das Geschäft ein und stimmten dem Bundesratsentwurf jeweils einstimmig zu. Auch die Schlussabstimmungen passierte die Verordnung einstimmig und ohne Enthaltung.

Verbot der Gruppierung Al-Qaïda und verwandter Organisationen Verordnung der Bundesversammlung

Der Ständerat als Erstrat hielt sich – gegen einen Antrag Inderkum (cvp, UR) – an die Empfehlungen seiner Kommission und strich nach kurzer Diskussion den Artikel mit 20 zu 17 Stimmen. Haupttenor war, die Manifestationen religiösen Lebens seien Teil der Gewissensfreiheit, eine Bedrohung des konfessionellen Friedens sei in weite Ferne gerückt und der «Bistumsartikel» lediglich ein Überbleibsel aus dem «Kulturkampf» im 19. Jahrhundert. Bundesrat Koller anerkannte zwar, dass der Artikel unter grund- und völkerrechtlichen Aspekten problematisch sei, plädierte aber vergebens dafür, die Angelegenheit erst in einer nachfolgenden Partialrevision zu lösen, da es politisch nicht klug wäre, eine bestehende und emotional nicht zu unterschätzende Verfassungsbestimmung im Rahmen der Nachführung einfach zu streichen. Im Nationalrat fand Koller dann mehr Gehör. Mit dem relativ deutlichen Mehr von 88 zu 68 Stimmen wurde der «Bistumsartikel» beibehalten, obgleich auch hier mehrfach betont wurde, diese Diskriminierung einer einzelnen Konfession sei wahrlich kein Ruhmesblatt für die neue Verfassung. Die von Koller ins Feld geführten staatspolitischen Bedenken führten schliesslich auch im Ständerat zum Umdenken. Die Entscheidung fiel allerdings nur mit Stichentscheid des Präsidenten. Bei diesen Diskussionen war allerdings klar geworden, dass niemand mehr ernsthaft an diesen einschränkenden Bestimmungen festhalten will, weshalb die Frage baldmöglichst mit einer Teilrevision gelöst werden soll. In Ausführung der von ihr 1995 angenommenen parlamentarische Initiative beauftragte die staatspolitische Kommission des Ständerates den Bundesrat mit einer Vernehmlassung zu dieser Problematik.

Kirche und Religion in der revidierten Bundesverfassung (BRG 96.091)
Dossier: Totalrevision der Bundesverfassung 2/2: BRG 96.091 (1996 bis 2000)

Während die Anrufung Gottes in der Präambel der revidierten Bundesverfassung im Ständerat oppositionslos genehmigt wurde, führte dies im Nationalrat zu einem ersten Schlagabtausch zwischen den politischen Lagern. Im Namen einer Kommissionsminderheit stellte Gross (sp, ZH) den Antrag, die Gottesanrufung sei zu streichen. Er machte geltend, diese sei zu einer Floskel geworden und vermöge einer modernen Verfassung nicht mehr zu genügen. Gross schlug vor, im ersten Satz lediglich die von der Verfassungskommission zusätzlich vorgeschlagene (und vom Rat auch eingefügte) «Verantwortung gegenüber der Schöpfung» zu erwähnen. Seine Argumentation stiess auf massiven Widerspruch. Fritschi (ZH) warnte namens der FDP-Fraktion davor, ausgerechnet das traditionellste aller traditionellen Elemente aus der Verfassung zu kippen. Er meinte, das wäre ein kontraproduktives Vorgehen, welches in der Volksabstimmung zur sicheren Ablehnung der ganzen Verfassungsreform führen würde. Föhn (SZ) verwies für die SVP darauf, dass die Schweiz ein Teil des christlichen Abendlandes sei und eine Anrufung Gottes deshalb nie eine Floskel sein könne. Als Vertreter der CVP warnte Durrer (OW) davor, mit der christlichen Tradition zu brechen und eine neue Wertordnung zu schaffen. Unterstützung fanden die Gegner des Antrags bei Bundesrat Koller. Mit der Anrufung Gottes werde eine alte Tradition fortgesetzt, die in der Vernehmlassung auf ein überaus positives Echo gestossen sei. Die Verankerung von «Gott dem Allmächtigen» sollte laut Koller klarmachen, dass eine höhere Macht über Mensch und Staat steht. Nachdem mehrere Eventualanträge, die zumindest eine Lockerung der Formulierung verlangten, keine Mehrheit gefunden hatten, wurde der Antrag Gross mit 105 zu 53 Stimmen klar abgelehnt.

Kirche und Religion in der revidierten Bundesverfassung (BRG 96.091)
Dossier: Totalrevision der Bundesverfassung 2/2: BRG 96.091 (1996 bis 2000)

Einen weiteren «alten Zopf» aus dem Kulturkampf wollte der Bundesrat im Sinn der Nachführung auch in Artikel 143 beibehalten, der die Wählbarkeitsvoraussetzungen für den Nationalrat, den Bundesrat und das Bundesgericht definiert. Nach Auffassung des Bundesrates sollten dafür nur Stimmberechtigte «weltlichen Standes» in Frage kommen, also weiterhin keine amtierenden Priester und Pfarrer sowie keine Angehörigen klösterlicher Gemeinschaften. In beiden Kammern beantragten die Kommissionen einstimmig, dass alle Stimmberechtigten in diese Gremien gewählt werden können; ihrer Ansicht nach handelte es sich hier um eine unbestrittene Änderung, da damit die Diskriminierung der Geistlichen aller grösserer Religionen aufgehoben wird. Im Nationalrat wies Bundesrat Koller darauf hin, dass diese Streichung über die eigentliche Nachführung hinausgeht, widersetzte sich ihr aber nicht, zumal damit ein Rechtszustand hergestellt wird, der auch in Übereinstimmung mit Art. 25 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte ist, der ganz klar einen diskriminierungsfreien Zugang zu öffentlichen Ämtern gewährleistet. Beide Kammern stimmten der Streichung stillschweigend zu.

Kirche und Religion in der revidierten Bundesverfassung (BRG 96.091)
Dossier: Totalrevision der Bundesverfassung 2/2: BRG 96.091 (1996 bis 2000)

Gegen den Vorschlag des Bundesrates hatten die Verfassungskommissionen beider Räte im Vorjahr beschlossen, den gesamten Art. 72, der das Verhältnis von Kirche und Staat regelt, aus der nachgeführten Bundesverfassung zu kippen. Stein des Anstosses war vor allem Abs. 3 des Artikels, der sogenannte «Bistumsartikel», der die Errichtung neuer oder die Gebietsveränderung bestehender Bistümer der Genehmigung des Bundes unterstellt. Die Kommissionen nahmen damit das Anliegen einer parlamentarischen Initiative von alt Ständerat Huber (cvp, AG) auf, welcher die kleine Kammer 1995 Folge gegeben hatte. Die Gegner einer Streichung – darunter der Evangelische Kirchenbund und die Römisch-katholische Zentralkonferenz der Schweiz machten geltend, gerade die jüngste Vergangenheit mit den Ereignissen im Bistum Chur habe die Bedeutung dieses Artikels gezeigt. Entfalle die Kontrolle durch den Bund, sei der Vatikan frei in der Errichtung der Bistümer, womit möglicherweise auch die Konkordate der Diözesen Basel und St. Gallen gefährdet seien, welche das ortskirchliche Bischofswahlrecht garantieren.

Kirche und Religion in der revidierten Bundesverfassung (BRG 96.091)
Dossier: Totalrevision der Bundesverfassung 2/2: BRG 96.091 (1996 bis 2000)

Anfangs Oktober beschloss der Bundesrat, den Schweizer Sonderbotschafter beim Heiligen Stuhl mit einer diplomatischen Demarche zu betrauen, um dem Papst die Sorge der sieben Bistumskantone über die Lage im Bistum Chur angemessen zum Ausdruck zu bringen. Der Bundesrat betonte, dass dieser Schritt nicht bedeute, dass er sich in die inneren Angelegenheiten der Kirche einmischen wolle. In einer gleichentags verabschiedeten Antwort auf eine Anfrage von Nationalrätin Grendelmeier (ldu, ZH) schrieb der Bundesrat, es wäre übertrieben zu sagen, dass durch den Fall Haas der religiöse Friede in der Schweiz gefährdet sei. Er sehe daher keinen Anlass, von sich aus Massnahmen zu treffen. Er wolle aber alle sich künftig ergebenden Möglichkeiten der Diplomatie zur Lösung des Konfliktes ergreifen.

diplomatischen Demarche

Im Rahmen der Totalrevision der Bundesverfassung entbrannte die Kontroverse um den sogenannten Bistumsartikel (Art. 50 Abs. 4 BV) erneut, welcher die Errichtung von katholischen Bistümern auf schweizerischem Gebiet der Genehmigung des Bundes unterstellt. Der Entwurf des EJPD sah vor, diese explizite Schranke der Glaubens- und Gewissensfreiheit im Interesse des konfessionellen Friedens weiterhin aufrecht zu erhalten. Gegen diese als Diskriminierung empfundene Bestimmung wehrten sich, angeführt von der Schweizerischen Bischofskonferenz, viele Katholiken, aber auch namhafte Staatsrechtler sowie der Ständerat, der im Vorjahr knapp einer parlamentarischen Initiative auf Abschaffung von Art. 50 Abs. 4 BV zugestimmt hatte. Die Forderung nach völliger Organisationsfreiheit rief aber auch wieder Opposition auf den Plan, nicht nur in protestantischen Kreisen, sondern auch bei katholischen Organisationen (so etwa bei der Römisch-Katholischen Zentralkonferenz), die befürchteten, mit der Streichung des Bistumsartikels in der Bundesverfassung gebe man ein Stück demokratischer Mitsprachemöglichkeit bei der Besetzung der Bistümer aus der Hand, weil damit die implizierte Garantie der religionsrechtlichen Kompetenz der Kantone und indirekt auch der Konkordate einzelner Kantone mit dem Apostolischen Stuhl dahinfallen würden.

Vernehmlassung und «Volksdiskussion» zur Reform der Bundesverfassung
Dossier: Totalrevision der Bundesverfassung 1/2: Vorgeschichte (1966 bis 1996)