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Im Jahre 2009 hatte der Nationalrat einer Motion Bischof (cvp, SO) zugestimmt, welche in Anlehnung an das in den Vereinigten Staaten vorhandene Chapter 11 die Schaffung eines Sanierungsrechts im SchKG zeitlich vorziehen wollte. In der Sommersession lehnte der Ständerat diesen Vorstoss ab. Begründet wurde dieser negative Entscheid mit dem Umstand, dass der Bundesrat eine entsprechende Revision in der Zwischenzeit in die Wege geleitet hatte.

Sanierungsrechts

Neben der makroökonomischen Dimension, die sich auf die „Too-big-to-fail“-Frage konzentriert, wurden auch mikroökonomisch ausgerichtete politische Forderungen laut. In Anlehnung an die Sanierungsmaxime im sog. Chaptre 11 des US-amerikanischen Konkursrechts wurde die Neuausrichtung des schweizerischen Schuldbetreibungs- und Konkursrechts (SchKG) am Sanierungsgedanken gefordert. Die Nachlassstundung soll nicht mehr zwingenderweise in einem Nachlassvertrag oder Konkurs enden, sondern als Sanierungsverfahren geregelt werden. Nach einigem Zögern hatte der Bundesrat 2003 eine erste Expertengruppe zur Klärung des Revisionsbedarfs im SchKG eingesetzt, die 2005 erste Thesen formulierte und 2008 einen Entwurf und Begleitbericht abgeliefert hatte. Neben der bereits beschriebenen Neuinterpretation der Nachlassstundung sollen die Mitwirkungsrechte der Gläubigerinnen und Gläubiger im Verfahren gestärkt und die Hürden für die Genehmigung eines Nachlassvertrags gesenkt werden. Dauerschuldverhältnisse (beispielsweise Miet- oder Leasingverträge) erhalten eine differenzierte Regelung. Die Arbeitsplatzgarantie bei Firmenübernahmen im Insolvenzfall soll entfallen. Im Gegenzug soll für Betriebe mit über 250 Angestellten, die mehr als 30 Mitarbeitende entlassen, im OR eine Sozialplanpflicht festgeschrieben werden. Auf die Schaffung eines Konzerninsolvenzrechts soll explizit verzichtet und das 2010 in Kraft getretene Konkursprivileg zugunsten von Forderungen aus der Mehrwertsteuer wieder aufgehoben werden.

Revision des Schuldbetreibungs- und Konkursgesetzes in Einigungskonferenz angenommen
Dossier: Revision des Schuldbetreibungs- und Konkursgesetzes

Im Dezember verabschiedete das CVP-Parteipräsidium ein Positionspapier mit dem Titel „7 Gebote für einen zukunftsträchtigen Finanzplatz Schweiz“. Darin wird gefordert, dass es im Krisenfall möglich sein müsse, systemrelevante Funktionen aus Finanzunternehmen herauszulösen. Damit soll verhindert werden, dass systemrelevante Unternehmen durch den Staat gerettet werden müssen. Zudem soll das Konkursrecht so geändert werden, dass bei einem Konkurs gewisse Kategorien von Fremdkapital in Eigenkapital umgewandelt werden. Die CVP sprach sich hingegen gegen eine Zerschlagung der Grossbanken mittels eines „Trennbankensystems“ aus, weil das Systemrisiko so nicht beseitigt werden könne.

CVP-Positionspapier: „7 Gebote für einen zukunftsträchtigen Finanzplatz Schweiz“

Der Bundesrat gab im Januar 2009 einen Expertenvorentwurf für ein neues Schuldbetreibungs- und Konkursgesetz in die Vernehmlassung. Ein Hauptelement der neuen Konzeption ist, dass nach amerikanischem Vorbild die Sanierung und nicht die Liquidierung eines zahlungsunfähigen Unternehmens im Zentrum steht. Der Nationalrat überwies in der Herbstsession bei nur einer Gegenstimme eine Motion Bischof (cvp, SO; 09.3716), welche den Bundesrat auffordert, angesichts der Wirtschaftskrise diese Revision möglichst rasch vorzulegen. Der Ständerat überwies eine vom Nationalrat Ende 2008 gutgeheissene Motion der SVP-Fraktion (08.3649) für die Reduktion der Risiken, welche vom Zusammenbruch von systemrelevanten Unternehmen (wie zum Beispiel Grossbanken) ausgehen können. Namentlich verlangt dieser Vorstoss vom Bundesrat die Einsetzung einer Expertenkommission, welche konkursrechtliche Reformen zur Vermeidung von Firmenzusammenbrüchen ausarbeitet.

Revision des Schuldbetreibungs- und Konkursgesetzes in Einigungskonferenz angenommen
Dossier: Revision des Schuldbetreibungs- und Konkursgesetzes

Nach dem Nationalrat hiess auch der Ständerat die Aufhebung der Bestimmung gut, dass bei der Gewährung von Bürgschaften die Zustimmung des Ehepartners dann nicht verlangt ist, wenn der Bürgschaftsnehmer als Mitglied einer im Handelsregister eingetragenen Firma handelt. In der kleinen Kammer war diese parlamentarische Initiative Chevrier (cvp, VS) allerdings sehr umstritten. Eine knappe Mehrheit der Rechtskommission beantragte, auf die Vorlage nicht einzutreten. Es diene zwar in einzelnen Fällen dem Schutz einer Familie, wenn auf jeden Fall die Unterschrift des Ehepartners verlangt werde; andererseits würde dadurch die Gründung von neuen Firmen behindert. So könnte etwa ein getrennt lebender Ehepartner die Unterschrift nur aus Rachegründen verweigern. Mit 16 zu 15 Stimmen beschloss der Ständerat Eintreten und hiess dann ebenfalls sehr knapp (21 zu 19 Stimmen) die Neuerung, welche auch die Schlussabstimmung passierte, gut.

Bürgschaften

Bei Fällen von ernsthaften Liquiditätsproblemen von Grossfirmen (wie etwa der Swissair) hatte sich gezeigt, dass die starre Anwendung des bestehenden Schuldbetreibungs- und Konkursgesetzes zusätzliche Probleme schafft, welche die Betriebsweiterführung gefährden können und manchmal, nicht zuletzt zum Zweck der Erhaltung von Arbeitsplätzen, ein staatliches Eingreifen zur Folge haben. Nationalrat und Ständerat gaben im Berichtsjahr parlamentarischen Initiativen Strahm (sp, BE) resp. Lombardi (cvp, TI; 03.446) Folge, welche für grosse Konzerne und andere börsenkotierte Firmen weniger rigide Vorschriften und mehr Schutz vor Gläubigern fordern. So könnte ihnen zum Beispiel wie in den USA erleichtert werden, neue Kredite aufzunehmen und Sanierungsmassnahmen einzuleiten, ohne vorher die zeitaufwändige Zustimmung sämtlicher Gläubiger einzuholen.

Verstärkter Schutz gegenüber Gläubigern für Grossfirmen

Bei der Gewährung von Bürgschaften besteht die Pflicht, die Zustimmung des Ehepartners einzuholen. Ausgenommen davon sind Personen, welche als Mitglied einer im Handelsregister eingetragenen Firma handeln. Da die Gewährung von Bürgschaften ein grosses finanzielles Risiko für eine Familie darstellen kann, beantragte Nationalrat Chevrier (cvp, VS) die Aufhebung dieser Ausnahmereglung. Der Rat gab seiner parlamentarischen Initiative Folge.

Bürgschaften

Die im Vorjahr vom Nationalrat gutgeheissene Motion Dettling (fdp, SZ) für eine Besserstellung der geschäftsführenden Gesellschafter einer GmbH im Schuldbetreibungs- und Konkursrecht fand auch im Ständerat Zustimmung.

Besserstellung der geschäftsführenden Gesellschafter einer GmbH im Schuldbetreibungs- und Konkursrecht
Dossier: Aktien- und Gesellschaftsrecht

Im Vorjahr hatte die SGK des Nationalrates festgestellt, dass die Zahlungsausstände und Beitragsverluste bei den Sozialversicherungen infolge von Insolvenzen und Konkursen in den letzten Jahren stark zugenommen haben. Die von der SGK angehörten Sozialpartner hatten einhellig erklärt, die Anfang 1997 erfolgte Abschaffung des Konkursprivilegs für Sozialversicherungen im Schuldenbetreibungs- und Konkursrecht sei mitverantwortlich für diese negative Entwicklung. Die Kommission hatte daraufhin eine parlamentarische Initiative eingereicht mit dem Ziel, rasch auf diese Änderung zurückzukommen und die Beiträge an die Sozialversicherungen wieder in die zweite Klasse der Gläubigerforderungen aufzunehmen. Im Einvernehmen mit dem Bundesrat stimmten beide Kammern dieser Wiederherstellung der alten Regelung zu.

Konkursprivilegs für Sozialversicherungen parlamentarische Initiative

Die im Vorjahr verschobene Motion Dettling (fdp, SZ) für eine Besserstellung der geschäftsführenden Gesellschafter einer GmbH im Schuldbetreibungs- und Konkursrecht wurde, nachdem Gross (sp, TG) seine Opposition aufgegeben hatte, nun ohne Gegenstimme überwiesen.

Besserstellung der geschäftsführenden Gesellschafter einer GmbH im Schuldbetreibungs- und Konkursrecht
Dossier: Aktien- und Gesellschaftsrecht

Keinen Erfolg hatte eine Motion Gysin (sp, BS), welche verlangte, dass die Höhe der Abgangsentschädigungen von Managern und Verwaltungsratmitgliedern von Aktiengesellschaften transparent gemacht werden muss und zudem der Bundesrat dafür Höchstgrenzen festlegen kann. Obwohl der Bundesrat bereit war, den Auftrag zur Transparenzschaffung in Postulatsform anzunehmen – er verwies dabei auf die USA, welche, nicht zuletzt im Aktionärsinteresse, entsprechende Vorschriften kennen –, lehnte der Nationalrat beide Vorschläge ab.

Abgangsentschädigungen von Managern und Verwaltungsratmitgliedern
Dossier: Aktien- und Gesellschaftsrecht

Der vom Bundesrat im Vorjahr in die Vernehmlassung gegebene Vorentwurf für ein Fusionsgesetz wurde von der FDP, der SVP und den Unternehmerverbänden grundsätzlich begrüsst. Der Vorort beurteilte insbesondere die Absicht positiv, dafür zu sorgen, dass Fusionen und Umstrukturierungen nicht durch steuerliche Massnahmen erschwert werden. Kritischer gaben sich die SP und der SGB. Sie verlangten, dass zusätzlich auch Schutzinstrumente für Arbeitnehmer wie etwa eine obligatorische Mitsprache von Arbeitnehmerorganisationen sowie Vorschriften über Sozialpläne bei Entlassungen in das Gesetz aufgenommen werden.

Fusionsgesetz (BRG 00.052)
Dossier: Aktien- und Gesellschaftsrecht

Mit einer Motion verlangte Nationalrat Dettling (fdp, SZ) eine Besserstellung der geschäftsführenden Gesellschafter einer GmbH im Schuldbetreibungs- und Konkursrecht. Die geltenden Sanktionen (Haftung ad personam) seien derart streng, dass damit die Attraktivität der GmbH als Gesellschaftsform beeinträchtigt würde. Der Bundesrat war damit zwar einverstanden, der Vorstoss wurde jedoch von Jost Gross (sp, TG) bekämpft und deshalb verschoben. Eine vom Nationalrat als Postulat überwiesene Motion Raggenbass (cvp, TG) strebt eine attraktivere rechtliche Ausgestaltung der Personengesellschaften für die Neugründung von kleinen Firmen an. Gemäss geltendem Obligationenrecht müssen diese mindestens eine unbeschränkt haftende natürliche Person aufweisen. In Zukunft sollen auch juristische Personen als unbeschränkt haftende Gesellschafterin zulässig sein, womit das finanzielle Risiko von Einzelpersonen auf das Vermögen der juristischen Person übergehen würde.

Besserstellung der geschäftsführenden Gesellschafter einer GmbH im Schuldbetreibungs- und Konkursrecht
Dossier: Aktien- und Gesellschaftsrecht

Im Dezember gab der Bundesrat den Vorentwurf für ein "Fusionsgesetz" in die Vernehmlassung. Mit diesem Gesetz sollen die rechtlichen Grundlagen für eine flexible Ausgestaltung von Unternehmenszusammenschlüssen und -trennungen geschaffen werden. Daneben regelt der Entwurf auch gesellschaftsrechtliche Fragen, die bei der Privatisierung von staatlichen Betrieben oder beim Zusammenschluss von Institutionen mit unterschiedlicher Rechtsform (z.B. Genossenschaften und Aktiengesellschaften) entstehen.

Fusionsgesetz (BRG 00.052)
Dossier: Aktien- und Gesellschaftsrecht

Der Ständerat überwies zwei Motionen Cavadini (lp, NE) für eine Anpassung des schweizerischen Firmenrechts an entsprechende EU-Vorschriften resp. für eine Vereinheitlichung der Eintragungen im Schweizerischen Handelsregister als Postulate, nachdem Bundesrat Koller darauf hingewiesen hatte, dass vorgesehen ist, diese Anliegen im Rahmen der geplanten Totalrevision der Handelsregisterverordnung zu realisieren.

Vereinheitlichung der Eintragungen im Schweizerischen Handelsregister

Das neue Aktienrecht trat auf den 1. Juli in Kraft. Vor allem Gewerbevertreter waren nach Abschluss der Revision des Aktienrechts der Ansicht, dass bei dessen Ausgestaltung zu sehr die Aspekte der grossen Publikumsgesellschaften im Vordergrund gestanden, und die Spezifitäten von kleinen und mittleren Gesellschaften zu wenig Beachtung gefunden hatten. Ständerat Kündig (cvp, ZG) hatte deshalb – und weil die an sich für diese Firmen geschaffene Form der GmbH in der Schweiz zuwenig Anklang findet – mit einer parlamentarischen Initiative eine neue, besondere Gesellschaftsform für Klein- und Mittelbetriebe schaffen wollen. Der Rat anerkannte dieses Anliegen, fand jedoch, es sei angesichts der Komplexität der Materie praktischer, die Verwaltung mit dieser Aufgabe zu betrauen und ein entsprechendes Postulat zu überweisen. Das Postulat regt im weiteren die Anpassung des neuen Aktienrechts an die Bestimmungen der EG an.

Forderung nach Schaffung einer neuen Gesellschaftsform für kleine und mittlere Unternehmen
Dossier: Aktien- und Gesellschaftsrecht

Ohne Diskussion überwies der Ständerat eine Motion Jelmini (cvp, TI), welche die Ausarbeitung eines konjunkturpolitischen Instrumentariums fordert. Dabei soll auf die Institutionalisierung der Zusammenarbeit von Bund, Kantonen, Gemeinden, der Wirtschaft und der Nationalbank besonderes Gewicht gelegt werden.

Ohne Diskussion überwies der Ständerat eine Motion Jelmini (cvp, TI), welche die Ausarbeitung eines konjunkturpolitischen Instrumentariums fordert

Die langwierige Reform des aus dem Jahre 1936 stammenden Aktienrechtes ist nach einer parlamentarischen Behandlung, die sich über acht Jahre erstreckte, zum Abschluss gebracht worden. Die neuen Bestimmungen, welche auf den 1. Juli 1992 in Kraft gesetzt werden sollen, erhöhen insbesondere die Transparenz und bauen damit den Schutz von Aktionären und Gläubigern aus. Zudem verbessern sie die Struktur und Funktion der Gesellschaftsorgane. Weitere erwähnenswerte Neuerungen stellen die Verdoppelung des erforderlichen Mindestkapitals der Aktiengesellschaften auf CHF 100'000 und die Herabsetzung des Mindestnennwerts der Aktien von CHF 100 auf CHF 10 dar.

Beide Ratskammern bereinigten die letzten Differenzen und konnten in der Herbstsession die Schlussabstimmungen durchführen. Zuerst folgte der Ständerat in den meisten Punkten den Beschlüssen der Volkskammer. Bei der Vinkulierung von an der Börse kotierten Namenaktien hielt er nicht mehr an seiner ersten Fassung von 1988 fest, welche die Abwehr von Übernahmen durch Ausländer als möglichen Grund für die Verweigerung des Eintrags ins Register genannt hatte. Er entschied sich für eine nichtdiskriminierende Formulierung, welche neben der prozentualen Beschränkung des Anteils einzelner Aktionäre einzig die Erhaltung der wirtschaftlichen Unabhängigkeit als zulässiges Ausschlusskriterium anerkennt. In der Frage des Depotstimmrechts beharrte er auf seinem Entscheid, dass bei Nichtvorliegen von Weisungen die Depothalter den Anträgen des Verwaltungsrats zustimmen sollen.
Der Nationalrat gab in der Frage der Ausübung des Depotstimmrechts nach, blieb in der Regelung der Vinkulierung börsenkotierter Namenaktien jedoch standhaft. Als zulässiger Grund für die Verweigerung des Eintrags als Stimmberechtigter ins Aktienregister darf neben der Höchstquote für einzelne Eigentümer nur die Erfüllung von gesetzlichen Vorschriften über die Zusammensetzung der Aktionäre geltend gemacht werden; und dies darf auch nur dann geschehen, wenn die Statuten der Gesellschaft bereits vor dem Aktienkauf entsprechende Bestimmungen enthalten haben. Von Bedeutung ist dieses Erfordernis namentlich im Zusammenhang mit dem Gesetz über den Grundstückerwerb durch Ausländer und den Bestimmungen über die Führung des Titels "schweizerische Bank", welche beide ein mehrheitlich inländisches Aktionariat vorschreiben. Um deutlich zu machen, dass es sich dabei um ein Provisorium handelt, das im Zusammenhang mit dem EWR ohnehin obsolet werden dürfte, verbannte der Nationalrat diese Ausnahme vom Vinkulierungsverbot in die Schlussbestimmungen und fügte die Präzisierung an, dass sie nur solange zulässig ist, wie Gesetze mit entsprechenden Anforderungen noch in Kraft sind. Der Ständerat schloss sich dieser Version an.

Aktienrechtsrevision (BRG 83.015)
Dossier: Aktien- und Gesellschaftsrecht

Im Anschluss an diese Debatte verabschiedete der Nationalrat diskussionlos eine Motion seiner Kommission, welche den Bundesrat auffordert, ein Börsengesetz vorzulegen, welches einen möglichst liberalen Wertpapierhandel garantiert, aber auch Instrumente zur Abwehr unerwünschter Übernahmen von Gesellschaften enthält.

Aktienrechtsrevision (BRG 83.015)
Dossier: Aktien- und Gesellschaftsrecht

In der Praxis zeigte sich, dass die Internationalisierung der Geschäftstätigkeit und des Kapitalmarktes die Wirtschaft selbst veranlassen, zunehmend auf die Vinkulierung von Namenaktien zu verzichten. So haben unter anderen in den letzten beiden Jahren die zwei grössten schweizerischen Konzerne (Nestlé und Ciba-Geigy) ihre Aktienregister für Ausländer geöffnet.

In der Praxis zeigte sich, dass die Internationalisierung der Geschäftstätigkeit und des Kapitalmarktes die Wirtschaft selbst veranlassen, zunehmend auf die Vinkulierung von Namenaktien zu verzichten

Die zuständige Kommission des Ständerats begann im Berichtsjahr mit der Behandlung der Reform des Aktienrechts. Sie beschloss Eintreten und fällte erste Entscheide, die darauf hinzielen, einige vom Nationalrat vorgenommene Abschwächungen wieder im Sinn der Bundesratsvorlage zu korrigieren. So nahm sie beispielsweise die Bestimmung über den höchstzulässigen Anteil des stimmrechtlosen Risikokapitals wieder auf.

Aktienrechtsrevision (BRG 83.015)
Dossier: Aktien- und Gesellschaftsrecht

Der günstige Verlauf der Konjunktur trug sicher dazu bei, dass auch 1985 grundsätzliche Auseinandersetzungen über das Wirtschaftssystem kein grosses Interesse auf sich ziehen konnten. Im Zentrum der Diskussionen standen vielmehr Fragen, die sich auf die Auswirkungen der sich zur Zeit abspielenden technologischen Revolution bezogen. Dabei ging es zum einen darum, ob sich die schweizerische Wirtschaft rasch genug auf die neuen Entwicklungen einstellen könne oder ob sie Gefahr laufe, auf dem Weltmarkt ins Hintertreffen zu geraten. Zwar ist nach Ansicht von Fachleuten eine Dramatisierung der Lage nicht angebracht, doch wurde auch von seiten der Behörden betont, dass bisherige Vorteile der Schweiz in den Bereichen Forschung und Entwicklung, Ausbildung, staatliche Regulationen und Steuern vom Ausland in den letzten Jahren zum Teil wettgemacht worden sind. Vertreter der Wirtschaft legten das Schwergewicht ihrer Forderungen an den Staat auf eine rasche Anpassung des Bildungswesens an die neuen Gegebenheiten. Vordringlich ist ihrer Meinung nach namentlich die Förderung der Ausbildung von Ingenieuren. Aber nicht nur die Auswirkungen des technologischen Fortschritts auf die schweizerische Wirtschaft fanden Interesse, sondern auch die Folgen, die sich daraus für die arbeitenden Menschen ergeben. An den Zürcher Hochschulen wurde dazu während des Wintersemesters 1984/85 eine interdisziplinäre Vortragsreihe durchgeführt; auch die SPS befasste sich an einer Tagung unter Beizug von prominenten Managern mit dieser Problematik. Eine Untersuchung ergab, dass breite Bevölkerungsschichten dem technologischen Wandel, insbesondere im Bereich der Mikroelektronik, mit grosser Skepsis und auch Desinteresse begegnen. Als überzeugter Gegner der neuen Arbeitsinstrumente deklarierte sich in dieser Meinungsumfrage allerdings lediglich jeder Zehnte.

Diskussion über die sich zur Zeit abspielende technologische Revolution

Bei der Behandlung der Reform des aus dem Jahre 1936 stammenden Aktienrechts nahm der Nationalrat gegenüber dem Entwurf des Bundesrats einige Abstriche vor. Die Anträge in bezug auf eine klarere Regelung der Organisationsstruktur der Aktiengesellschaften und auf die Anpassung an in der Zwischenzeit eingetretene Veränderungen auf dem Kapitalmarkt fanden weitgehend Zustimmung. Die bürgerliche Ratsmehrheit wandte sich jedoch unter massgeblicher Führung der Unternehmer Blocher (svp, ZH), Schüle (fdp, SH) und Villiger (fdp, LU) gegen eine ihrer Ansicht nach übermässige Betonung der Informationsansprüche der Aktionäre und der Öffentlichkeit. So müssen nach dem Beschluss des Nationalrats Beteiligungen an anderen Gesellschaften weiterhin nicht ausgewiesen werden; die neu geschaffene Pflicht für Unternehmensgruppierungen, eine konsolidierte Konzernrechnung vorzulegen, soll für Kleinkonzerne nicht gelten. Ebenfalls gestrichen wurde der Vorschlag, dass grosse Privatgesellschaften auch dann ihre Jahresrechnung der Öffentlichkeit zugänglich machen müssen, wenn sie weder an der Börse kotierte Aktien noch ausstehende Anleihen haben. Weniger transparent als in der Botschaft postuliert will die Volkskammer auch die Berichterstattung über die Auflösung von Rücklagen, die in der Jahresrechnung nicht ausgewiesen werden, geregelt sehen. Wenn eine Aktiengesellschaft derartige stille Reserven auflöst, muss sie diesen Umstand nicht, wie vom Bundesrat beantragt, jährlich in einem Anhang zur Gewinn- und Verlustrechnung ausweisen. Eine Meldung ist gemäss dem Beschluss des Nationalrats nur dann erforderlich, wenn die Summe der während der letzten drei Jahre aufgelösten stillen Reserven diejenige der in dieser Periode neugebildeten übersteigt. Im Gegensatz zu den bisher erwähnten Punkten gewichtete der Nationalrat bei der Regelung der Vertretung der Aktionäre an der Generalversammlung durch Banken (sog. Depotstimmrecht) die Aktionärsinteressen stärker als diejenigen der Unternehmen. Bei wichtigen Traktanden werden die Banken verpflichtet, bei den Aktionären Weisungen einzuholen. Verzichtet der Hinterleger auf eine Stellungnahme, sollte der Depotvertreter ein Votum in dessen Interesse abgeben oder sich der Stimme enthalten. Das für diese Fälle von der Kommissionsmehrheit beantragte Festhalten an der bisher von den Banken praktizierten Regelung (Zustimmung zu den Anträgen des Verwaltungsrats) lehnte der Rat ausdrücklich ab. Dieser Teilerfolg war aber nicht ausreichend, um die Linke für die Serie von Niederlagen zu entschädigen, die sie bei der erfolglosen Verteidigung von Regierungsanträgen hatte einstecken müssen. Die SP enthielt sich bei der Gesamtabstimmung (90 : 6) der Stimme.

Aktienrechtsrevision (BRG 83.015)
Dossier: Aktien- und Gesellschaftsrecht

Eine für das Wirtschaftssystem zentrale Frage stellt die Aufgabenteilung zwischen privatem und öffentlichem Sektor dar. 1980 hatte B. Hunziker (fdp, AG) im Nationalrat eine Motion eingereicht, welche darauf abzielte, gewisse bisher vom Staat wahrgenommene Tätigkeiten einer Lösung auf privatwirtschaftlicher Basis zuzuführen. Dem Vorstoss lag die Überzeugung zugrunde, dass die private Wirtschaft diese Aufgaben kostengünstiger zu lösen imstande sei als der Staat. Auf Antrag des Bundesrates überwies die grosse Kammer die Motion in Form eines Postulats. Während der Debatte lehnte ein sozialdemokratischer Sprecher die Übertragung staatlicher Tätigkeiten an die Privalwirtschaft ab. Die privaten Unternehmer seien nur an der Übernahme jener öffentlichen Aufgaben interessiert, die Gewinne abwerfen ; dem Staat verblieben die Verlustgeschäfte, nach dem Motto «Privatisierung der Gewinne und Sozialisierung der Verluste».

Aufgabenteilung zwischen privatem und öffentlichem Sektor

Die betont marktwirtschaftlich orientierten Kreise halten die Schaffung günstiger Rahmenbedingungen für wünschenswerter als die Durchführung von Beschäftigungsprogrammen: Zu ihrer Stärkung bedürfe die Wirtschaft hauptsächlich einer spürbaren Entlastung von administrativen Auflagen und ertragsschmälernden Abgaben. Insbesondere lehnen die genannten Kreise aber wettbewerbsverfälschende staatliche Eingriffe ab. Eine solche systemwidrige Intervention sehen sie beispielsweise im – hier unter dem Stichwort Strukturpolitik zu behandelnden – Plan des Bundesrates, eine staatliche Innovationsrisikogarantie einzurichten. Demgegenüber forderte die weniger auf die Selbstheilungskräfte des marktwirtschaftlichen Systems vertrauende politische Linke die Vorbereitung weitergehender Beschäftigungsprogramme und stufte die staatliche Innovationsrisikogarantie als sinnvolle Massnahme ein.

Beschäftigungsprogramm (BRG 83.003)
Dossier: Massnahmen zur Förderung der schweizerischen Wirtschaft in den 1980er Jahren