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Anders als zuvor der Ständerat fand der Nationalrat in der Wintersession 2018 keinen Gefallen am Vorhaben der Motion Rieder (cvp, VS), das Strafmass für Landfriedensbruch nach Art. 260 StGB dahingehend zu erhöhen, dass zusätzlich zu einer Geldstrafe zwingend immer auch eine Freiheitsstrafe ausgesprochen werden muss. Stillschweigend folgte er dem Antrag seiner Rechtskommission und lehnte die Motion ab. Es sei unverhältnismässig, die blosse Teilnahme an einer Veranstaltung, in deren Rahmen es zu Gewalttätigkeiten komme, härter zu bestrafen als die Begehung einer Gewalttat – zum Beispiel Körperverletzung – selber. Ausserdem verwies die Kommission auf die anstehende Harmonisierung der Strafrahmen, die eine geeignete Gelegenheit biete, die von der Motion aufgeworfene Frage zu entscheiden.

Landfriedensbruch ist kein Bagatelldelikt (Mo. 17.3863)
Dossier: Vorstösse betreffend Gewalt gegen Behörden und Beamte
Dossier: Harmonisierung der Strafrahmen (Besonderer Teil des Strafgesetzbuches)

Mit der Botschaft vom 21. November 2018 zu einem nationalen sicheren Datenverbundsystem beantragte der Bundesrat dem Parlament einen Verpflichtungskredit von CHF 150 Mio. Mit dem Verpflichtungskredit soll ein nationales sicheres Datenverbundsystem entwickelt und beschafft werden. Bei der Sicherheitsverbundsübung 2014 und bei der strategischen Führungsübung 2017 war festgestellt worden, dass die Führungsorgane von Bund, Kantonen und Gemeinden, die Behörden und Organisationen für Sicherheit und Rettung sowie die Betreiberinnen von kritischen Infrastrukturen bei Katastrophen und Notlagen mit einer Strommangellage nur mit Einschränkungen oder gar nicht auf die verfügbaren zivilen Telekommunikationssysteme zugreifen könnten. Auch die fehlende Gesamtdarstellung mit Lagebildern (der sogenannte Lageverbund) war bei den Übungen als Schwachpunkt identifiziert worden. Mit der Schaffung eines neuen nationalen Datenverbundsystems könnten diese Schwachstellen behoben werden.

Nationales sicheres Datenverbundsystem

Der tiefe Rheinpegel aufgrund der anhaltenden Trockenheit im Sommer und Herbst 2018 führte dazu, dass die Tankschiffe nach Basel weniger laden konnten als gewöhnlich. Die dadurch höher ausfallenden Transportkosten verteuerten die Treibstoffe an der Tankstelle. Zudem verschlechterte sich die allgemeine Versorgungslage wegen dieser Engpasskapazitäten. Das BWL gab deshalb Ende Oktober 2018 Teile des Pflichtlagers für Diesel und Benzin frei.

Tiefer Rheinpegel führt zu hohem Benzinpreis

Nachdem das Postulat Müller (fdp, LU) an die zuständige UREK-SR überwiesen worden war, beschloss diese einstimmig, ihrerseits ein Kommissionspostulat einzureichen, das vom Bundesrat einen im Vergleich zum Postulat Müller umfassenderen Bericht verlangt. Darin sollen die Auswirkungen der Teilrevision der Kernenergieverordnung auf die Bevölkerung aufzeigt, die Verhältnismässigkeit zwischen dem Schutz der Bevölkerung und dem gesellschaftlichen Nutzen von Technologien beachtet und gleichzeitig die Vorschriften und Strahlenschutzkonzepte der Schweiz mit internationalen Standards verglichen werden. Das Kommissionspostulat (Po. 18.4107) soll somit das Postulat Müller erweitern und ersetzen, weshalb die Kommissionsmehrheit mit 8 zu 3 Stimmen bei 2 Enthaltungen das Postulat Müller «Dosisgrenzwerte bei Kernkraftwerken» zur Ablehnung empfahl.

Po. Müller Damian; Dosisgrenzwerte bei Kernkraftwerken
Dossier: Widerstand Wiederinbetriebnahme Beznau 2018 - Änderungen Kernenergiebereich - Lex Beznau

Das 100-jährige Jubiläum des Landesstreiks 1918 im Herbst 2018 löste – überwiegend in der Deutschschweiz – mehrere Debatten und damit verbunden über das ganze Jahr verteilt ein grosses mediales Echo aus. Das SRF etwa widmete dem Jubiläum die eigens dafür produzierte Doku-Fiktion «Generalstreik 1918 – Die Schweiz am Rande eines Bürgerkrieges». Im November analysierte die NZZ die Geschehnisse anhand der Haltungen und Handlungen des Bundesrats und der Armeeführung und die WOZ führte Gespräche mit den Gewerkschaftsleitenden Natascha Wey und Florian Keller sowie dem Historiker Stefan Keller. Die Aargauer Zeitung sowie die Weltwoche veröffentlichten bereits im Januar ein Porträt des damaligen Streikführers und Nationalrats Robert Grimm. Während in der Aargauer Zeitung Grimm vom Autor Pirmin Meier als einer der «bedeutendsten und besonnensten Sozialdemokraten» umschrieben wurde, der einen Platz in der «Geschichte der schweizerischen Freiheit» verdient habe, sah Christoph Blocher, dessen Neujahrsrede in der Weltwoche abgedruckt worden war, Grimm als «Bürgerkrieger» und «Revoluzzer», welcher mit dem Landesstreik die bürgerliche Schweiz auf ihre «schwerste Bewährungsprobe ihrer neueren Geschichte» gestellt habe – allerdings dann in seinen 44 Jahren Nationalrat doch noch zur Vernunft gekommen sei.
Gleich zu Jahresbeginn wurde damit eine Debatte darüber losgetreten, wie man den Landesstreik deuten und seinen Protagonisten gedenken solle, denn sowohl linke als auch rechte Parteien versuchten, das Jubiläum zu ihren Gunsten zu nutzen. Der Sonntagsblick meinte hierzu, die Linke suche nach Wegen, den Streik als «Grundstein des modernen Sozialstaats zu mystifizieren» und nun wolle auch die Rechte dem Streik «ihren Stempel aufdrücken». Christoph Blocher, so der Sonntagsblick weiter, plane zum Jubiläum im Herbst einen «Grossanlass mit Soldaten in Weltkriegsuniformen», um den Soldaten und dem «standhaften Bürgertum» zu gedenken. Dadurch, so Geschichtsprofessor Christian Koller im Sonntagsblick, beziehe die SVP eine klare Gegenposition zur Linken. Doch auch die «linke Mythenbildung» sei kritisch zu betrachten, erklärte Koller weiter, denn Forderungen wie das Frauenstimmrecht, die AHV aber auch das Proporzwahlrecht oder die 48-Stunden-Woche – letztere zwei wurden in den Folgejahren nach dem Streik vom Bundesrat umgesetzt – hätten bereits vor dem Streik bestanden.
Im November 2018, 100 Jahre nach Beendigung des Streiks, griff schliesslich Christoph Blocher in Uster (ZH) das Thema erneut auf, wenn auch weniger pompös als im Frühjahr angekündigt. Er störe sich daran, gab der Tagesanzeiger die Rede Blochers wieder, dass die heutigen Historiker «Geschichtsklitterung» betrieben, um mit einem «linken Jubiläumsjahr» den wahren Zweck des Landesstreiks zu verhüllen, nämlich die Errichtung «eine[r] Diktatur des Proletariats nach russischem Vorbild». Im Tagesanzeiger kommentierte Ruedi Baumann, Blocher danke in seiner Rede denn auch nicht den Arbeitenden, sondern den «Soldaten und repressiven Behörden», welche den Streik bekämpft hatten. Als Reaktion auf den angekündigten Anlass in Uster habe im Vorfeld ein anonymes Komitee über Facebook zu einer Demonstration mit dem Slogan «Blocher hau ab» aufgerufen, wie der Tagesanzeiger weiter festhält. Das Komitee wehre sich gegen die «rechte Hetze» und wolle Blocher nicht einfach so die «Geschichte» überlassen.
Ein regelrechter Schlagabtausch zum Landesstreik fand ferner im März 2018 in einer Kommentarserie der Basler Zeitung statt. Helmut Hubacher, der mit Robert Grimm im Nationalrat gesessen hatte, lobte hier das Frauenstimmrecht, die AHV und die 48-Stunden-Woche sowie das Proporzwahlrecht als direkte oder indirekte Errungenschaften des Streiks und der SP, da diese Forderungen im Streikkatalog aufgeführt waren. Wenige Tage später widerspach Chefredaktor Markus Somm Hubachers Aussagen. Somm sah im Streik vielmehr die «grösste Niederlage und grössten Irrtum» in der Geschichte der SP, da durch den Streik die Angst vor einem bolschewistischen Umsturz geschürt worden sei und die Bürgerlichen fortan Ideen der SP «dämonisieren und damit erledigen» haben können. Wiederum eine Woche später antwortete der Militärhistoriker Hans Rudolf Fuhrer auf Somm und Hubacher. Er hob hervor, dass nachträglich vieles oft vermeintlich einfacher zu beurteilen sei. So könne eben auch heute nicht abschliessend beurteilt werden, was der Streik bewirkt habe, wie viel etwa die durch den Ersten Weltkrieg verursachte Armut und der danach folgende Hunger zum Unmut beigetragen hätten und als wie entscheidend letztlich die bolschewistische Ideologie als Triebfeder des Streiks zu deuten sei. Richtig sei sicherlich, dass bis heute «schweizerische Ereignisse» in einem internationalen Kontext beurteilt werden müssten.
International wurde das Thema denn auch in der Museumslandschaft aufgegriffen: Insgesamt nahmen über 30 Museen in der Schweiz, Frankreich und Deutschland an der Ausstellungsreihe «Zeitenwende 1918/19» teil, welche auf diese Weise die turbulente Zeit anhand verschiedener Aspekte thematisierten. Die Ausstellung über den Landesstreik im Zeughaus Schaffhausen wurde von Bundesrat Schneider-Amman eröffnet.

100 Jahre Landesstreik 1918

Im Oktober 2018 veröffentlichte das Fedpol den Ergebnisbericht zur Vernehmlassung über das Vorläuferstoffgesetz. Von den 52 Vernehmlassungsantworten fiel die überwiegende Mehrheit positiv aus. Rund 80 Prozent der Vernehmlasserinnen und Vernehmlasser begrüssten die bundesrätlichen Bestrebungen zur Verbesserung der inneren Sicherheit der Schweiz und zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus. Elf Teilnehmende, nämlich die SVP, die Kantone Nidwalden, Schwyz und Tessin sowie sieben Wirtschafts- und Industrieorganisationen, lehnten den Vorentwurf insgesamt ab. Sie kritisierten, das neue Gesetz generiere grossen zusätzlichen Aufwand und Datenschutzprobleme bei der Anwendung, verfehle aber aufgrund des eingeschränkten Anwendungsbereichs gleichzeitig das Ziel, die Sicherheit zu verbessern. Auch in den grundsätzlich zustimmenden Stellungnahmen wurden Vorbehalte betreffend den Datenschutz sowie die Zweck- und Verhältnismässigkeit der Regulierung geäussert. Insbesondere die Beschränkung der Regulierung auf den Umgang mit den betroffenen Stoffen im privaten Bereich – wohingegen der Umgang mit denselben Stoffen im professionellen Bereich nicht reguliert wird – mindere die Wirkung des Gesetzes deutlich. Ausserdem sei die auf wenige Chemikalien in bestimmter Qualität vorgesehene Beschränkung leicht umgehbar.

Bundesgesetz über Vorläuferstoffe für explosionsfähige Stoffe
Dossier: Strategie der Schweiz zur Terrorismusbekämpfung

Nachdem der Ständerat in der Herbstsession 2018 am Eintreten auf das Informationssicherheitsgesetz (ISG) festgehalten hatte, beriet die SiK-NR die Vorlage im Oktober desselben Jahres zum zweiten Mal. Diesmal trat sie zwar mit 17 zu 8 Stimmen bei einer Enthaltung darauf ein, beschloss dann aber mit 17 zu 9 Stimmen die Sistierung des Geschäftes. Unterdessen soll das VBS bis im Juni 2019 Verbesserungsvorschläge für das Gesetzgebungsprojekt ausarbeiten. Neben der inhaltlichen Abstimmung des ISG auf die NCS und der Berücksichtigung eines zukünftigen Kompetenzzentrums für Cybersicherheit verlangte die Kommission eine klare Ausweisung und Limitierung sowie die departementsübergreifende Kompensation der Umsetzungskosten. Weiter muss das VBS aufzeigen, welche Kosten im Bereich der Betriebssicherheitsverfahren auf die öffentlichen und privaten Unternehmen in der Schweiz zukommen bzw. wie eine Belastung der Unternehmen durch das neue Gesetz vermieden werden kann. Generell erwartet die Kommission einen konkreteren, einfacheren und strafferen Gesetzesentwurf.

Informationssicherheitsgesetz (BRG 17.028)

Eine Woche nach den Schlussabstimmungen in den eidgenössischen Räten zur Übernahme der EU-Waffenrichtlinie wurde die über lange Zeit immer wieder ausgesprochene Referendumsdrohung in die Tat umgesetzt. Am 5. Oktober 2018 präsentierte sich das Referendumskomitee, co-präsidiert von SSV- und IGS-Präsident Luca Filippini zusammen mit den drei SVP-Nationalräten Jean-Luc Addor (VS), Werner Salzmann (BE) und Jean-François Rime (FR) sowie SVP-Nationalrätin Silvia Flückiger-Bäni (AG), vor den Medien. Die IGS als Hauptträgerin des Referendums vereint 14 Verbände aus dem Umfeld des Schweizer Schiesswesens, darunter neben Sportschützen auch Jäger, Waffensammler und -händler. Der zentrale Kritikpunkt der IGS am neuen Waffenrecht war der «Paradigmenwechsel», dass der Waffenbesitz von einem generellen Recht für Schweizerinnen und Schweizer zu einem Privileg herabgestuft werde, das nur noch ausnahmsweise gewährt werde; die damit verbundene «Vorstellung, künftig mit einer verbotenen Waffe schiessen zu müssen», sei das Problem, so die NZZ. Darüber hinaus wurde diese Änderung vom Referendumskomitee jedoch auch als erster Schritt in Richtung Abschaffung des Privatwaffenbesitzes gesehen; es würden sicher weitere Verschärfungen folgen. Weiter wurde die Pflicht zur Nachmeldung von halbautomatischen Waffen kritisiert: Obwohl das Volk eine Nachregistrierung im Rahmen der Waffenschutz-Initiative 2011 abgelehnt habe, werde eine solche nun durch die «Brüsseler Hintertür» eingeführt, so Werner Salzmann in der BaZ. Die Beendigung der Schengen/Dublin-Zusammenarbeit sei hingegen nicht das Ziel des Referendums, beteuerte das Komitee und zeigte sich überzeugt davon, dass die EU kein Interesse daran habe, die Zusammenarbeit mit der Schweiz zu beenden. Gleichzeitig präsentierte sich das Komitee im Internet unter dem Namen «Nein zum Entwaffnungsdiktat der EU» und portierte damit die europa- und schengenkritische Haltung der SVP.

So geeint, wie das Referendumskomitee vielleicht den Eindruck erwecken konnte, war die Waffenlobby jedoch nicht. ProTell und der SSV, die an vorderster Front und «mit schrillen Tönen» (AZ) gegen die Verschärfung des Waffenrechts kämpften, konnten nicht alle Lobbymitglieder für diesen Kampf begeistern. Sowohl die Schweizerische Offiziersgesellschaft, die selbst zwar nicht Mitglied der IGS, sondern nur Sympathisantin ist, als auch Jagd Schweiz, Mitglied der IGS, wollten das Referendum nur passiv unterstützen, d.h. ideell, aber weder mit Finanzen noch mit dem Sammeln von Unterschriften. Auch nicht alle kantonalen Schiesssportverbände zeigten sich überzeugt von der Argumentation ihres Dachverbandes. So erklärte etwa der Präsident des Bündner Schiesssportverbandes gegenüber der Aargauer Zeitung, man unterstütze das Referendum vor allem aus Solidarität mit dem SSV, nicht weil die Reform an sich ein grosses Problem sei. Kritisch zum Referendum äusserte sich in der Presse auch Lorenz Hess, Berner BDP-Nationalrat und ehemaliger Präsident eines Schützenvereins. Insbesondere die Kritik an der vorgesehenen Zwangsmitgliedschaft für Schützen in einem Schiessverein sei nicht nachvollziehbar – ein Vereinszwang habe bis 1996 bestanden, ohne dass sich die Schützenvereine dagegen gewehrt hätten. Was ProTell von in der Unterschriftensammlung zu wenig engagierten Schützenvereinspräsidenten hielt, berichtete der «Blick»: In Schützenvereinen, die einen «Ausredenkönig» als Präsidenten hätten, sei eine «Druckerhöhung von unten» durchaus erwünscht, habe die Gesellschaft für ein freiheitliches Waffenrecht auf ihrer Facebook-Seite betont. Interimspräsident Jean-Luc Addor quittierte den Online-Post damit, es müssten verschiedene Tonalitäten möglich sein. Mit nahezu 200'000 Mitgliedern dürfte es für die IGS allerdings kein allzu grosses Problem sein, bis Mitte Januar 2019 die erforderlichen 50'000 Unterschriften zu sammeln.

Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands. Übernahme der Richtlinie 2017/853 zur Änderung der EU-Waffenrichtlinie
Dossier: Das Bundesgesetz über Waffen, Waffenzubehör und Munition (Waffengesetz)

Wie schon die Eintretensdebatte im Frühjahr 2018 begann auch die Differenzbereinigung zur Umsetzung der EU-Waffenrichtlinie im Herbst desselben Jahres im Nationalrat mit einem Versuch, das Geschäft bis auf Weiteres zu sistieren. Mittels Ordnungsantrag wollte SVP-Nationalrat und ProTell-Interimspräsident Jean-Luc Addor (svp, VS) das Geschäft vom Sessionsprogramm streichen. Damit wolle er verhindern, dass die Schweiz ihr Waffenrecht aufgrund juristischer Verpflichtungen anpasse, die sich womöglich mit einem Entscheid des EuGH über die nach wie vor hängige Klage der Tschechischen Republik gegen die Rechtmässigkeit der Richtlinie in Luft auflösen könnten. Ausserhalb der SVP-Fraktion fand sein Antrag jedoch nur marginale Unterstützung, weshalb er mit 59 zu 118 Stimmen Schiffbruch erlitt.
Die drei grossen, inhaltlichen Differenzen räumte der Nationalrat allesamt aus, indem er sich hinter den Kompromissvorschlag des Ständerates stellte. Dabei handelte es sich erstens um die vom Ständerat eingefügte Regelung von Erwerb und Besitz grosser Magazine, die von der Volkskammer mit 101 zu 84 Stimmen bestätigt wurde. Eine Minderheit Salzmann (svp, BE) hatte am eigenen Beschluss festhalten und auf eine solche Regelung verzichten wollen. Zweitens hiess der Nationalrat mit 99 zu 85 Stimmen die Pflicht zur Markierung aller wesentlichen Waffenbestandteile gut. Auch hier konnte sich die Kommissionsmehrheit gegen dieselbe Minderheit Salzmann durchsetzen, die am nationalrätlichen Beschluss festhalten wollte, wonach bei zusammengesetzten Waffen eine Markierung genügte. Drittens bewahrte der Nationalrat mit 100 zu 84 Stimmen den Ermessensspielraum der Kantone bei Ausnahmebewilligungen für verbotene Waffen. Als Erstrat war er hier noch mehrheitlich der Ansicht gewesen, dass die Kantone Ausnahmebewilligungen erteilen müssten, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, und nicht nur erteilen können sollten. An der Muss-Formulierung festhalten wollte jetzt noch die Minderheit Salzmann, während sich die Mehrheit dem Ständerat anschloss und die ursprüngliche Kann-Formulierung beibehielt. Ein Minderheitsantrag Müller (fdp, SG), der bei beschlagnahmten, nicht fristgemäss gemeldeten, verbotenen Waffen eine kurze Nachmeldefrist gewähren wollte, wurde mit 104 zu 85 Stimmen ebenso abgelehnt. Die Kommissionsmehrheit und auch Bundesrätin Simonetta Sommaruga vertraten die Ansicht, eine zusätzliche Nachmeldefrist sei nicht nötig, da man in einem solchen Fall ohnehin drei Monate Zeit habe, nachträglich eine Ausnahmebewilligung zu beantragen. Mit zwei kleinen, neu geschaffenen Differenzen formeller Natur ging die Vorlage zurück an den Ständerat, der beide stillschweigend bereinigte. In der Schlussabstimmung nahm der Ständerat das geänderte Waffengesetz mit 34 zu 6 Stimmen bei 5 Enthaltungen an; der Nationalrat stimmte dem Gesetz mit 120 zu 69 Stimmen bei 4 Enthaltungen zu. Bis zuletzt leistete die SVP-Fraktion geschlossen Widerstand, konnte aber insgesamt nur drei Stimmen aus dem bürgerlichen Lager dazugewinnen; einige Vertreterinnen und Vertreter der CVP und der FDP enthielten sich der Stimme.

Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands. Übernahme der Richtlinie 2017/853 zur Änderung der EU-Waffenrichtlinie
Dossier: Das Bundesgesetz über Waffen, Waffenzubehör und Munition (Waffengesetz)

Mit zwölf zu einer Stimme beantragte die SiK-SR ihrem Rat im Herbst 2018, am Eintreten auf das Informationssicherheitsgesetz festzuhalten. Das Gesetz sei im Auftrag des Parlamentes entstanden und berücksichtige klare Vorgaben der GPK und der GPDel, erklärte Kommissionssprecher Isidor Baumann (cvp, UR) vor dem Ratsplenum. Er fügte eine Liste von Gründen an, weshalb das Gesetz notwendig sei: Es brauche das Gesetz, um bei allen Bundesbehörden einen einheitlichen, minimalen Sicherheitsstandard zu gewährleisten, um die Kantone bei der Zusammenarbeit mit dem Bund denselben Sicherheitsvorschriften zu unterstellen, um durch die Verwendung biometrischer Daten unberechtigte Zugriffe auf die Informationssysteme des Bundes besser zu verhindern und um Personensicherheitsüberprüfungen bei Betreibenden oder Verwaltenden der kritischen Informationssysteme des Bundes durchführen zu können. Darüber hinaus könnten damit die Vertrauenswürdigkeit von Unternehmen, die sensible Aufträge für den Bund ausführten, sowie die Einhaltung der Sicherheitsstandards während der Auftragserfüllung kontrolliert werden. Das inhaltlich abgestimmte Gesetz ermögliche gegenüber dem heutigen System einen Bürokratieabbau, indem es Verantwortlichkeiten und Prozesse vereinfache und Massnahmen standardisiere, hob Baumann die Vorteile des Projektes hervor. Auch Bundesrat Guy Parmelin betonte noch einmal die Bedeutung dieses Gesetzes für die Schweiz. Stillschweigend hielt der Ständerat am Eintretensentscheid fest, womit sich nun erneut der Nationalrat mit dem Geschäft befassen wird.

Informationssicherheitsgesetz (BRG 17.028)

Im Rahmen einer breiten gesellschaftlichen Debatte, ob die Schweiz die verschärfte EU-Waffenrichtlinie übernehmen soll, reichte Werner Salzmann (svp, BE), Präsident der Berner SVP-Sektion und des Berner Schiesssportverbandes, im März 2017 eine Motion mit dem Titel «Der Bundesrat darf die Verschärfung des EU-Waffenrechts nicht unterzeichnen!» ein. Die Verschärfung des Waffenrechts schiesse völlig über das eigentliche Ziel der Verhinderung von Terroranschlägen hinaus und führe zu «einer Kriminalisierung aller Schützen, Jäger, Sammler und Waffenerwerber», lautete die Begründung des Motionärs zum geforderten Übernahmeverbot der neuen EU-Richtlinie. Dies bestärkte er gegenüber der Tageszeitung Blick mit dem Argument, dass sich Terroristen und Terroristinnen nicht an bürokratische Auflagen hielten und die Verschärfung des Waffenrechts somit keine zusätzliche Sicherheit biete.
Behandelt wurde das Geschäft im Nationalrat erst in der Herbstsession 2018 – laut Bundesrätin Simonetta Sommaruga «einfach definitiv zu spät», da die Umsetzungsgesetzgebung zum EU-Waffenrecht bereits beraten worden war. Der Bundesrat hatte zuvor in seiner Stellungnahme festgehalten, dass die Nichtübernahme der Neuerungen im EU-Waffenrecht die Teilnahme der Schweiz am Schengen- und Dublin-Abkommen aufs Spiel setzen könne und hatte deshalb die Ablehnung beantragt. Dieser Empfehlung folgend lehnte der Nationalrat den Vorstoss ab.

Der Bundesrat darf die Verschärfung des EU-Waffenrechts nicht unterzeichnen (Mo. 17.3152)

Mittels Motion forderte Nationalrat Daniel Fässler (cvp, AI), wieder eine Bewilligungspflicht für ausländische Redner an politischen Veranstaltungen einzuführen. Eine solche Bestimmung hatte es in der Schweiz schon einmal gegeben, bis sie 1998 aufgehoben worden war, weil sie als überholt und verfassungswidrig angesehen worden war. Der Motionär war der Ansicht, seit 1998 verfüge die Schweiz über kein taugliches Mittel mehr, Auftritte von ausländischen Politikerinnen und Politikern in der Schweiz zu unterbinden. Beispielhaft habe dies ein geplanter, umstrittener Auftritt des türkischen Aussenministers 2017 in Zürich gezeigt, den die zuständigen Zürcher Behörden nur unter Berufung auf den Brandschutz hätten verhindern können. So etwas sei «eines Staatswesens unwürdig», die aufgehobenen Regeln hätten sich zuvor jahrzehntelang bewährt und «die Ruhe in unserem Land» garantiert, so Fässler. Der Bundesrat stellte sich indes auf den Standpunkt, die lokalen Behörden hätten grundsätzlich die Möglichkeit, politische Veranstaltungen nicht oder nur unter Auflagen zu bewilligen. Darüber hinaus könne das Fedpol gestützt auf das Ausländergesetz ein Einreiseverbot gegen ausländische Personen erlassen, wenn diese die innere oder äussere Sicherheit der Schweiz gefährdeten. Gestützt auf das NDG könne der Bundesrat einer ausländischen Person zudem via Tätigkeitsverbot untersagen, an einer politischen Veranstaltung in der Schweiz aufzutreten, wenn der Auftritt dazu diene, terroristische oder gewaltextremistische Aktivitäten zu propagieren. Die Bewilligungspflicht stelle also einen unverhältnismässigen Eingriff in die Meinungsäusserungsfreiheit dar. Die knappe Mehrheit der Nationalrätinnen und Nationalräte sah dies jedoch anders und stimmte der Motion im Herbst 2018 mit 90 zu 85 Stimmen bei 3 Enthaltungen zu.

Mo. Fässler: Bewilligungspflicht für ausländische Redner an politischen Veranstaltungen

Das in Art. 3 EMRK formulierte und auch in Art. 25 Abs. 3 BV verankerte Rückschiebeverbot verbietet es absolut, eine Person in einen Staat auszuschaffen, in dem ihr Folter oder eine andere Art grausamer oder unmenschlicher Behandlung oder Bestrafung droht. CVP-Nationalrat Fabio Regazzi (cvp, TI) forderte mit seiner Motion «Ausweisung von Terroristinnen und Terroristen in ihre Herkunftsländer, unabhängig davon, ob sie als sicher gelten oder nicht», die innere Sicherheit der Schweiz solle im Falle von Flüchtlingen, die mit terroristischen Aktivitäten in Verbindung gebracht werden und damit eine Gefahr für die Sicherheit der Schweiz darstellen, Vorrang haben. Erreichen wollte er dies durch die vorrangige Anwendung von Art. 33 Abs. 2 des internationalen Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, demzufolge sich ein Flüchtling nicht auf das Ausweisungsverbot berufen könne, «wenn erhebliche Gründe dafür vorliegen, dass er als eine Gefahr für die Sicherheit des Aufenthaltsstaates angesehen werden muss oder wenn er eine Bedrohung für die Gemeinschaft dieses Landes bedeutet, weil er wegen eines besonders schweren Verbrechens oder Vergehens rechtskräftig verurteilt worden ist.» Das Ausweisungsverbot an der vom Motionär genannten Stelle in der Flüchtlingskonvention ist jedoch weiter gefasst ist als das Non-Refoulement-Prinzip des zwingenden Völkerrechts und verbietet eine Rückschiebung nicht nur bei drohender Folter oder Todesstrafe, sondern auch bei Gefährdung des Lebens oder der Freiheit des Flüchtlings «wegen seiner Rasse, Religion, Staatszugehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder seiner politischen Anschauungen» (Art. 33 Abs. 1 FK). Ergo kann das Ausweisungsverbot der Flüchtlingskonvention bei Gefährdung der öffentlichen Sicherheit eingeschränkt werden; für das Rückschiebeverbot des zwingenden Völkerrechts gilt dies jedoch nicht, das Non-Refoulement-Prinzip gilt absolut.
Obwohl Justizministerin Simonetta Sommaruga vor dem Nationalratsplenum klarstellte, dass es erstens nicht nur ausländische Dschihadisten gebe und zweitens die Schweiz bereits heute Rückführungen in «unsichere Staaten» vornehme, da die Unsicherheit in einem Land kein Hinderungsgrund für eine Rückführung sei, sondern nur eine Verletzung des Rückschiebeverbots im individuellen Fall, nahm der Nationalrat die Motion im Herbst 2018 mit 102 zu 73 Stimmen bei 3 Enthaltungen an. Auch die Begründung, der Bundesrat habe hier gar keinen Handlungsspielraum – man könne das zwingende Rückschiebeverbot nicht einfach ignorieren, weil man der Flüchtlingskonvention Vorrang vor der Bundesverfassung gewähre – sowie die Versicherung, man sei auch vonseiten des Bundesrats durchaus um Massnahmen zur Terrorismusbekämpfung bemüht – so zeige dies beispielsweise die in der Vernehmlassung gut angekommene Ausweitung des präventiv-polizeilichen Instrumentariums –, stiess mehrheitlich auf taube Ohren. Während die SVP-Fraktion geschlossen für den Vorstoss votierte, stimmten die Grüne, die SP- und die GLP-Fraktion geschlossen dagegen. Die bürgerlichen Parteien zeigten sich gespalten, wobei sich die Fraktionen der FDP und der CVP mehrheitlich dafür und jene der BDP mehrheitlich dagegen aussprachen.

Ausweisung von Terroristinnen und Terroristen in ihre Herkunftsländer, unabhängig davon, ob sie als sicher gelten oder nicht (Mo. 16.3982)

Die Schweiz dürfe nicht zu einem Rückzugsort für Terroristen werden, befand die SVP-Fraktion im Herbst 2016, als sie eine Motion zum Umgang mit staatsgefährdenden Personen einreichte. Sie forderte damit die Schaffung von Rechtsgrundlagen, um Personen, die zu Terrorismus aufrufen, anleiten oder ermuntern bzw. terroristische Aktivitäten ankünden, finanzieren, begünstigen oder zu deren Unterstützung aufrufen – aber keine Straftat begangen haben – durch unverzügliche Inhaftierung oder Ausschaffung an ihrem Tun zu hindern.
Der Bundesrat beantragte den Vorstoss zur Ablehnung, aber nicht, wie Justizministerin Simonetta Sommaruga vor dem Nationalratsplenum erläuterte, weil er das Anliegen grundsätzlich ablehnte, sondern weil er die Motion «in wesentlichen Teilen» schon als erfüllt ansah. Einerseits bestünden bereits Straftatbestände, die auch terroristische Akte einschlössen, sowie die Haftgründe der Wiederholungs- und Ausführungsgefahr. Andererseits seien mit der Verstärkung des strafrechtlichen Instrumentariums gegen Terrorismus und organisierte Kriminalität sowie dem Bundesgesetz über polizeiliche Massnahmen zur Terrorismusbekämpfung zwei Vorlagen zum Umgang mit sogenannten terroristischen Gefährdern in Arbeit. Auch wenn darin keine Präventivhaft vorgesehen sei – es gehe ja schliesslich um Menschen, die keine Straftat verübt haben, erinnerte die Bundesrätin –, eigneten sich die vorgeschlagenen Instrumente, um Gefährderinnen und Gefährder zu überwachen und Material für ein allfälliges Strafverfahren zu sammeln. Dies genügte dem Nationalrat aber offenbar nicht; er nahm die Motion im Herbst 2018 mit 113 zu 64 Stimmen an.

Umgang mit staatsgefährdenden Personen (Mo. 16.3673)

Nachdem die Vorlage in der Vernehmlassung insgesamt sehr gut angekommen war – von 60 Teilnehmenden hatten nur drei das Vorhaben abgelehnt –, wies die Botschaft des Bundesrates zur Genehmigung und Umsetzung des Übereinkommens des Europarats zur Verhütung des Terrorismus mit dem dazugehörigen Zusatzprotokoll sowie zur Verstärkung des strafrechtlichen Instrumentariums gegen Terrorismus und organisierte Kriminalität keine grundlegenden Unterschiede zum Vorentwurf auf. Der Bundesrat verabschiedete sie Mitte September 2018 zuhanden des Parlaments. Der Kern der Vorlage war die Einführung einer neuen Strafbestimmung, die das Vorfeld von geplanten terroristischen Handlungen abdeckt, indem sie konkret die Anwerbung und Ausbildung von Terroristinnen und Terroristen, das Reisen für terroristische Zwecke und die entsprechende Finanzierung unter Strafe stellt. Über die Anforderungen der Abkommen des Europarats hinaus beinhaltete der Entwurf zudem die Revision der Strafnorm gegen kriminelle Organisationen (Art. 260ter StGB), sodass neu auch terroristische Organisationen davon erfasst werden und bei Verstoss höhere Strafen drohen. Des Weiteren waren auch Anpassungen im Rechtshilfe- und im Geldwäschereigesetz angedacht, wobei letztere insbesondere die Terrorismusfinanzierung erschweren und damit auch der entsprechenden Kritik der GAFI begegnen sollten.

Terrorismus und organisierte Kriminalität: Übereinkommen des Europarates und Verstärkung des strafrechtlichen Instrumentariums (BRG 18.071)
Dossier: Strategie der Schweiz zur Terrorismusbekämpfung
Dossier: Internationale polizeiliche Zusammenarbeit
Dossier: Übereinkommen des Europarates zur Verhütung des Terrorismus / Verstärkung des strafrechtlichen Instrumentariums gegen organisierte Kriminalität

Von den insgesamt 59 Vernehmlasserinnen und Vernehmlassern, die eine Stellungnahme zum Vorentwurf für ein Bundesgesetz über polizeiliche Massnahmen zur Bekämpfung von Terrorismus (PMT) abgegeben hatten, äusserte sich die grosse Mehrheit grundsätzlich zustimmend, wenn auch mit Vorbehalten, zum bundesrätlichen Vorhaben. Zwei Drittel der Teilnehmenden anerkannten, dass gesetzgeberischer Handlungsbedarf in diesem Bereich bestehe. Besonders positiv beurteilt wurden die Ausweitung des Kataloges an präventiv-polizeilichen Massnahmen sowie die anvisierte Zusammenarbeit der kommunalen, kantonalen und eidgenössischen Ebenen. Diese wurde im Vernehmlassungsbericht als «zentrale Voraussetzung für die Erkennung, Beurteilung und Verhinderung von terroristischen Straftaten» gewürdigt. Zehn Stellungnahmen fielen indes klar oder eher negativ aus. Die GLP, die Grünen, der SGV, die Menschenrechtsorganisationen Amnesty International, humanrights.ch und grundrechte.ch sowie weitere Organisationen aus juristischen Kreisen lehnten das Gesetzgebungsprojekt ab. Sie argumentierten hauptsächlich, die bereits bestehenden oder sich gerade in Einführung befindenden Massnahmen – darunter das NDG, der NAP gegen Radikalisierung und gewalttätigen Extremismus sowie die sich in Vernehmlassung befindenden Anpassungen des Strafrechts – reichten vorerst aus und müssten zuerst evaluiert werden, bevor weitere massive Eingriffe in die Grundrechte beschlossen würden. Hauptsächlich von den Kantonen wurden ausserdem Vorbehalte zum verfassungsrechtlichen Subsidiaritätsgebot vorgebracht, weil die Anordnung der präventiv-polizeilichen Massnahmen dem Fedpol und nicht den Kantonen obliege. Ebenfalls von den Kantonen kritisiert wurde der vorgesehene kantonale Vollzug der Massnahmen, weil dies bei unterschiedlichen oder fehlenden kantonalen Rechtsgrundlagen zu Schwierigkeiten führen könne und für sie mit erheblichem koordinatorischem sowie finanziellem Aufwand verbunden sei. Aus rechtsstaatlichen Gründen als bedenklich angesehen wurde überdies die vorgeschlagene Präventivhaft vor der Einleitung eines Strafverfahrens. Vorgeschlagen wurde von der KKJPD dagegen eine sogenannte gesicherte Unterbringung für Gefährder (GUG), um Verurteilte, die nach Verbüssen der Strafe ein konkretes und ernsthaftes Rückfallrisiko aufweisen, nicht in die Freiheit entlassen zu müssen und somit die Öffentlichkeit besser vor Gefährdern schützen zu können.

Bundesgesetz über polizeiliche Massnahmen zur Bekämpfung von Terrorismus (PMT; 19.032)
Dossier: Strategie der Schweiz zur Terrorismusbekämpfung
Dossier: PMT und damit umgesetzte Vorstösse
Dossier: Vorstösse und Massnahmen zur Bekämpfung islamistischer Radikalisierungstendenzen

Nachdem die kleine Kammer die Motion «Investitionsanreize für den langfristigen Erhalt der Schweizer Stromproduktionsanlagen» ihrer UREK in der Frühlingssession 2018 angenommen hatte, beugte sich im Sommer 2018 die UREK-NR über das Geschäft. Eine Mehrheit der Kommission beantragte die Annahme der Motion und begründete dies mit der Notwendigkeit der Schaffung neuer Strategien und Regelungen vor Ablauf der aktuell befristeten Marktprämie im Jahr 2023. Die neuen Massnahmen sollten rechtzeitig in die Revision des StromVG Eingang finden. Eine Kommissionsminderheit Knecht (svp, AG) war jedoch der Ansicht, dass die bestehenden, ausdrücklich befristeten Unterstützungen für die Schweizer Wasserkraft ausreichend seien und lehnte deshalb neue Subventionen ab.
In der nationalrätlichen Diskussion meldete sich als erstes Géraldine Marchand-Balet (cvp, VS) für die UREK-NR zu Wort. Sie sah drei grössere Probleme in den Versorgungssicherheitsannahmen des Bundesrates: Erstens könne zwar im Winter bei einer Versorgungslücke auf französische und deutsche Stromimporte zurückgegriffen werden, diese seien aber aufgrund der Produktionsmethoden – Kohle und Atom – nicht nachhaltig. Zweitens würden rund 40 Prozent der inländischen Stromproduktion durch den schrittweisen Ausstieg aus der Atomenergie wegfallen. Diese Lücke müsse zwingend durch eine andere gesicherte Energiequelle gedeckt werden. Drittens sei die Wasserkraft derzeit nicht rentabel, da die internationalen Strompreise zu tief seien, um die Gestehungskosten der Schweizer Wasserkraft decken zu können. Zwar gebe es deswegen jährlich eine Marktprämie in der Höhe von CHF 120 Mio., diese sei jedoch beschränkt bis ins Jahr 2023 und verlange deshalb nach einer Nachfolgelösung. Zudem sei unklar, ob die Nachbarländer stets bereit seien, kurzfristige Stromlücken in der Schweiz zu schliessen, falls die erst kürzlich vom Nationalrat beschlossene strategische Reserve nicht ausreichen sollte, um den inländischen Energiehunger zu decken. Eine mögliche Unterstützungsmassnahme für die Wasserkraft – wie beispielsweise die Senkung des Wasserrechtszinses, die auch in der Kommission angesprochen worden sei – sei derzeit aber nicht mehrheitsfähig. Die Walliserin mahnte, es sei besser vorauszuplanen als in der Not handeln zu müssen und es sei kurz- bis mittelfristig nötig, sich aus der Abhängigkeit von Kohle- und Atomstrom loszulösen. Auch der Berner Nationalrat Hans Grunder (bdp, BE) zweifelte an den bundesrätlichen Annahmen zur Versorgungssicherheit, die auf der Strommarktliberalisierung und dem unsicheren Stromabkommen mit der EU basierten. Mit Verweis auf die Antwort des Bundesrates zu einer Interpellation Lehmann (14.3501) seien in naher Zukunft Investitionen in die Schweizer Wasserkraft in der Höhe von rund CHF 30 Mrd. zu tätigen. Sollten sich die Annahmen des Bundesrates zur Versorgungssicherheit nicht bewahrheiten, seien Alternativen erwünscht, um ebendiese nötigen Investitionen zu sichern, argumentierte Grunder. Solche Alternativen könnten mithilfe der Motion der UREK-SR vorbereitet werden.
Der Bundesrat hatte sich schon im Vorfeld gegen die Motion ausgesprochen. Gemäss Bundesrätin Doris Leuthard bestehe keine Notwendigkeit für neue Subventionen, da schon im Rahmen der Energiestrategie 2050 genügend Fördermittel vorhanden seien, nachdem das Parlament unbefristete Investitionsbeiträge für Zubauten und Erneuerungen gesprochen habe. Überdies bestehe bis ins Jahr 2023 die Marktprämie, die Strompreise entwickelten sich positiv und die geplante Marktöffnung werde eine noch bessere Versorgungssicherheit mit sich bringen.
In der grossen Kammer fand sich mit 102 zu 92 Stimmen schliesslich eine Mehrheit für die Annahme der Motion. Gegen das Anliegen stimmten vorwiegend Angehörige der Fraktionen der SVP, der GLP und der FDP. Die Motion wird somit in die bevorstehende Revision des StromVG einbezogen werden.

Investitionsanreize für den langfristigen Erhalt der Schweizer Stromproduktionsanlagen (Mo.18.3000)
Dossier: Sicherungsmassnahmen für den Erhalt der Schweizer Wasserkraft ab dem Jahr 2015

Nachdem der Nationalrat in der Sommersession 2018 die vom Bundesrat vorgeschlagene Änderung des Waffengesetzes zur Umsetzung der EU-Waffenrichtlinie (2017/853) in einigen Punkten abgeschwächt und damit gemäss Bundesrätin Simonetta Sommaruga «nicht mehr richtlinienkonform» entschieden hatte, kam das Geschäft zur Vorberatung in die SiK-SR. Deren Sprecher Josef Dittli (fdp, UR) erklärte im Herbst 2018 vor dem Ständeratsplenum, sie habe erneut die KKJPD, die KKPKS sowie den Schweizer Schiesssportverband (SSV) zum laufenden Gesetzgebungsprojekt angehört und in ihrer Beratung schliesslich einen Kompromiss zwischen den Ansprüchen von Schengen/Dublin und jenen der Schützen gesucht, der die Spielräume der EU-Richtlinie ausnutze, aber nicht gegen sie verstosse.
Der Ständerat trat ohne Gegenantrag auf die Vorlage ein. Als ersten Teil der eingangs beschriebenen Kompromisslösung beantragte die SiK-SR ihrem Rat einstimmig, wie vom Nationalrat beschlossen die Ordonnanzwaffen, die von Armeeangehörigen am Ende des Dienstes direkt aus den Beständen der Militärverwaltung zu Eigentum übernommen werden, nicht als verbotene Waffen zu kategorisieren. Mit 29 zu 15 Stimmen schloss sich der Ständerat in dieser Frage dem Nationalrat an.
In anderen Punkten ortete die SiK-SR jedoch Korrekturbedarf am Beschluss des Nationalrates, um den Anforderungen der EU-Richtlinie zu entsprechen, so etwa betreffend die Regelung des Erwerbs und Besitzes von Ladevorrichtungen mit hoher Kapazität. Der Nationalrat hatte hier grossen administrativen Aufwand und keinen Nutzen gesehen und schliesslich ganz auf eine Regelung verzichtet. Laut Kommissionssprecher Dittli schreibt die EU-Richtlinie jedoch vor, dass grosse Magazine nur von Personen erworben werden dürfen, die auch die dazugehörigen Waffen erwerben dürfen. Der Beschluss des Nationalrates sei somit nicht richtlinienkonform und müsse korrigiert werden. Die SiK-SR schlug ihrem Rat hierzu vor, die grossen Magazine im Gesetz nicht wie Munition zu regeln – das hatte der Bundesrat ursprünglich vorgesehen, jedoch war die damit zusammenhängende Buchführungspflicht für die Händler im Nationalrat kritisiert worden. Stattdessen wollte sie ein eigenes Kapitel über den Erwerb und Besitz von Ladevorrichtungen mit hoher Kapazität einfügen, in dem festgehalten wird, dass solche nur von Personen erworben werden dürfen, die zum Erwerb der entsprechenden Waffe berechtigt sind sowie dass zu deren Besitz berechtigt ist, wer sie rechtmässig erworben hat. Bei diesem Vorschlag entfiele die Buchführungspflicht und grosse Magazine könnten unbürokratisch nach Vorlage der Ausnahmebewilligung oder des Waffenerwerbsscheins erworben werden. Nachdem sich auch Justizministerin Sommaruga mit dieser Regelung einverstanden erklärt hatte, nahm sie der Ständerat stillschweigend an. Ebenfalls als nicht richtlinienkonform hatte die SiK-SR den Entscheid des Nationalrates gegen die Markierung von wesentlichen Waffenbestandteilen bewertet. Dieser hatte auch hier unnötigen administrativen Aufwand gesehen und deshalb beim geltenden Recht bleiben wollen, wonach bei zusammengebauten Feuerwaffen die Markierung eines wesentlichen Bestandteils genügt. Die EU-Richtlinie verlange jedoch bei einem Neuerwerb die Markierung aller wesentlichen Waffenbestandteile, begründete Dittli den Antrag der Kommission, hier dem Bundesrat zu folgen, was der Ständerat schliesslich auch tat.
Keine Frage der Konformität mit der EU-Richtlinie war jene, ob den Kantonen bei der Erteilung von Ausnahmebewilligungen an Sportschützen mittels einer Kann-Formulierung ein gewisser Ermessensspielraum im Sinne des Föderalismus zugestanden werden soll oder ob mit einer Muss-Formulierung schweizweit für alle Sportschützen die gleichen Bedingungen festgehalten werden sollen, wie es der Nationalrat beschlossen hatte. Mit 24 zu 21 Stimmen nahm die kleine Kammer einen diesbezüglichen Einzelantrag Engler (cvp, GR) an und folgte dem Nationalrat; damit müssen die Kantone allen Sportschützen eine Ausnahmebewilligung erteilen, die nachweisen, dass sie Mitglied in einem Schiessverein sind oder sonst regelmässig schiessen, und dürfen keine zusätzlichen Anforderungen stellen. Ebenfalls einverstanden zeigte sich der Ständerat damit, dass dieser Nachweis einmal nach fünf und ein weiteres Mal nach zehn Jahren erbracht werden muss. Bei der allgemeinen Bestimmung für Ausnahmebewilligungen – nicht jener speziell für Sportschützen – hingegen, schwenkte die Ständekammer auf die bundesrätliche Kann-Formulierung zurück, um über das Waffengesetz hinausgehende kantonale Vorschriften nicht zu verunmöglichen.
Mit einer letzten Änderung kam der Ständerat noch einmal den Schützen entgegen, indem er die Bestätigungspflicht für vor dem Inkrafttreten des Waffengesetzes erworbene, neu verbotene Waffen in eine einfache Meldepflicht umwandelte. Ein Einzelantrag Hösli (svp, GL), der komplett auf eine Meldung oder Bestätigung verzichten und stattdessen das Prinzip der Besitzstandswahrung festschreiben wollte, blieb mit 10 zu 31 Stimmen bei 2 Enthaltungen chancenlos. In der Gesamtabstimmung nahm der Ständerat den Gesetzesentwurf mit 34 zu 6 Stimmen bei 5 Enthaltungen an und gab ihn zurück an den Nationalrat zur Differenzbereinigung.
War es nach der Debatte im Erstrat ProTell gewesen, die mit dem Referendum drohte, war es nach der Beratung im Ständerat die AUNS, die ankündigte, sie werde das Referendum unterstützen oder wenn nötig selbst ergreifen – es gehe um «die Selbstbestimmung der unabhängigen Schweiz», so der Wortlaut in der entsprechenden Mitteilung. Während sich die SVP als «Unterstützerin im Hintergrund» am Referendum beteiligen wolle, hätten indes der SSV und die Schweizerische Offiziersgesellschaft (SOG) diesbezüglich noch keinen Entscheid gefällt.

Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands. Übernahme der Richtlinie 2017/853 zur Änderung der EU-Waffenrichtlinie
Dossier: Das Bundesgesetz über Waffen, Waffenzubehör und Munition (Waffengesetz)

Ende Juni 2018 eröffnete der Bundesrat die Vernehmlassung zum Bundesgesetz über das Gesichtsverhüllungsverbot, das er als indirekter Gegenvorschlag der Volksinitiative «Ja zum Verhüllungsverbot» gegenüberzustellen plante. Im neuen Gesetz sah der Bundesrat erstens eine Pflicht zur Enthüllung des eigenen Gesichts im Kontakt mit Behörden vor. Diese Pflicht soll greifen, sofern die Behörde aus Bundesrecht verpflichtet ist, eine Person zu identifizieren oder wenn die Behörde ihre im Bundesrecht begründete Aufgabe sonst nicht ohne unverhältnismässigen Aufwand erfüllen kann. Betroffen wären in erster Linie die Bereiche Sicherheit, Migration, Sozialversicherungen sowie Personenbeförderung. Wiederholte Weigerung soll mit Busse bestraft werden, ausser die visuelle Identifizierung liegt ausschliesslich im Interesse der sich weigernden Person – in diesem Fall soll ihr die Behörde die gewünschte Leistung verweigern können. Zweitens schlug der Bundesrat vor, den Nötigungstatbestand in Art. 181 StGB durch einen Absatz 2 zu ergänzen, sodass es unter Androhung von Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe explizit verboten ist, jemanden zur Verhüllung des Gesichts zu zwingen. Ein solcher Zwang sei inakzeptabel, weshalb er dieses Verbot ausdrücklich festhalten und somit signalisieren wolle, dass ein solches Verhalten nicht hingenommen werde, gab der Bundesrat per Medienmitteilung bekannt. Von den Regelungen zur Enthüllung im Behördenkontakt versprach er sich indes die Vermeidung von Spannungen sowie eine präventive Wirkung und die Etablierung einer einheitlichen Praxis. Der Gegenvorschlag sei somit eine «gezieltere Antwort auf die Probleme, die das Tragen von gesichtsverhüllenden Kleidungsstücken mit sich bringen kann», als die Initiative, wie dem erläuternden Bericht zu entnehmen ist. Insbesondere könnten die Kantone weiterhin selbst entscheiden, ob sie die Gesichtsverhüllung im öffentlichen Raum verbieten wollten oder nicht.
Der punktuelle Ansatz des Bundesrates kam bei den Initianten nicht gut an, die daher auch nach Bekanntwerden des Gegenvorschlags nicht daran dachten, die Initiative zurückzuziehen. Gar als «Ohrfeige» für jene, die die Volksinitiative unterzeichneten, bezeichnete der Co-Präsident des Initiativkomitees Walter Wobmann (svp, SO) den bundesrätlichen Entwurf in der NZZ. Dieser blende das «Problem der Hooligans und randalierenden Chaoten», auf das die Initiative ebenfalls abziele, vollständig aus, so Wobmann weiter. Das föderalistische Argument, das der Bundesrat gegen die Initiative vorbrachte, quittierte Mit-Initiant Jean-Luc Addor (svp, VS) gegenüber der «Tribune de Genève» mit der Bemerkung, es handle sich hierbei um «eine Frage der Zivilisation», bei der die Kantone keine unterschiedliche Betroffenheit geltend machen könnten. Nicht glücklich über den bundesrätlichen Vorschlag waren unterdessen auch die Grünen: Präsidentin Regula Rytz (gp, BE) erachtete den Gegenvorschlag als genauso unnütz wie die Initiative, weil beide nichts zur besseren Integration und zur Gleichstellung der Frauen beitrügen; stattdessen befeuerten sie Vorurteile gegenüber der muslimischen Bevölkerung. Initiativgegner Andrea Caroni (fdp, AR) begrüsste die Enthüllungspflicht vor Behörden, bemängelte aber das seiner Ansicht nach überflüssige Verbot des Verhüllungszwangs, da ein solcher ohnehin unter Nötigung fiele. Die Waadtländer SP-Nationalrätin Ada Marra hielt dem bundesrätlichen Vorschlag indes zugute, den Sicherheitsaspekt ernst zu nehmen und gleichzeitig den Volkswillen – die unterschiedlichen Entscheide in den Kantonen – zu respektieren.

Volksinitiative «Ja zum Verhüllungsverbot» und indirekter Gegenvorschlag (19.023)
Dossier: Nationales Burkaverbot

Ausländerinnen und Ausländer, die zugunsten des Islamischen Staats (IS) oder einer anderen gewaltbereiten fundamentalistisch-muslimischen Gruppierung oder für die Errichtung einer islamisch ausgerichteten Staatsordnung aktiv sind, sollen unverzüglich aus der Schweiz ausgewiesen werden, forderte die SVP-Fraktion mit einer im Sommer 2017 eingereichten parlamentarischen Initiative. Die Schweiz müsse sich «gegen jede Unterwanderung durch totalitäre Kräfte» schützen, so die Begründung des Vorstosses. Berichte des Nachrichtendienstes gäben Anlass zur Annahme, dass sich ausländische Personen in der Schweiz als Aktivistinnen und Aktivisten des politischen Islams betätigten und damit die innere Sicherheit der Schweiz gefährdeten, da Attentate nicht auszuschliessen seien. Die SPK-NR stützte Anfang 2018 die Forderung und gab der Initiative mit 14 zu 8 Stimmen bei einer Enthaltung Folge. Sie hoffte, der Bundesrat möge das Anliegen in seine Vorlage zur Verschärfung des strafrechtlichen Instrumentariums zur Terrorismusbekämpfung aufnehmen. Ihre Schwesterkommission sah in der parlamentarischen Initiative jedoch keinen Mehrwert gegenüber der bundesrätlichen Vorlage und kritisierte zudem die unklare Verwendung von Begriffen wie «islamisch» und «islamistisch» im Initiativtext. So lehnte die SPK-SR die Initiative im Sommer 2018 mit 8 zu 3 Stimmen bei einer Enthaltung ab.

Ausweisung von Aktivisten des politischen Islams (Pa.Iv. 17.445)

Die geplanten Teilrevisionen der Kernenergieverordnung, der UVEK-Ausserbetriebnahmeverordnung und der UVEK-Gefährdungsannahmeverordnung sorgten in der Vernehmlassung für ausserordentlich viel Aufruhr und Kritik. Ständerat Damian Müller (fdp, LU) forderte deshalb mittels eines Postulats vom Bundesrat die Ausarbeitung eines Berichts durch unabhängige Fachexperten im Bereich Strahlenschutz. Dieser Bericht soll die Konsequenzen der geplanten Teilrevisionen für die Bevölkerung aufzeigen und die neuen Grenzwerte beurteilen.
Aufmerksam wurde der sich selbst als Atomkraftbefürworter bezeichnende Müller auf die Problematik, da rund 16 Kantone, darunter auch sein Stand Luzern, in der Vernehmlassung ihre Bedenken an der Revision geäussert hatten und darin eine Verminderung des Strahlenschutzes sahen. Zudem erkannte er in der ganzen Revision ein rechtsstaatliches Problem, weil beim Bundesverwaltungsgericht ein Gerichtsverfahren gegen das ENSI im Bereich Strahlenschutz hängig war und das ENSI dem für die Teilrevisionen zuständigen UVEK angehörig ist. Gemäss einer Stellungnahme des Zürcher Anwaltsverbandes, auf die sich Müller in der Ständeratsdebatte stützte, ist die Änderung der rechtlichen Grundlagen mit dem Zweck, den Verfahrensausgang zu beeinflussen, während eines Gerichtsverfahrens rechtsstaatlich problematisch.
Der zur Ablehnung ratende Bundesrat betonte die Unabhängigkeit des ENSI. Die Anpassungen würden den Wortlaut der bisherigen Bestimmungen präzisieren, seien verhältnismässig, nachvollziehbar sowie auch praxisnah. Zudem habe die KNS den Bundesrat in dieser Sache beraten und diese Änderungen als sachgerecht eingestuft. Bundesrätin Doris Leuthard beteuerte im Rahmen der Ständeratsdebatte in der Sommersession 2018 des Weiteren, dass diese Änderungen nichts mit dem Gerichtsfall zu tun haben und das UVEK schon seit 2012 an dieser Anpassung arbeite. Weiter betonte sie, dass es hier nicht um Dosisgrenzwerte bei technischen Störfällen gehe, diese würden so bestehen bleiben wie bis anhin, sondern um Dosisgrenzen bei Naturereignissen. Dies sei in der Diskussion fälschlicherweise vermischt worden. Strittig seien folglich einzig die Dosisgrenzwerte bei Naturereignissen. Leuthard schlug deshalb vor, dieses Postulat in der zuständigen Kommission zu beraten. Ivo Bischofberger (cvp, AI) stellte daraufhin den Ordnungsantrag, das Postulat an die zuständige Kommission zu überweisen, womit sich Müller einverstanden erklärte.

Po. Müller Damian; Dosisgrenzwerte bei Kernkraftwerken
Dossier: Widerstand Wiederinbetriebnahme Beznau 2018 - Änderungen Kernenergiebereich - Lex Beznau

Mit 120 zu 59 Stimmen bei 2 Enthaltungen nahm in der Sommersession 2018 auch der Nationalrat die Motion Rieder (cvp, VS) an, mit welcher der Motionär forderte, dass zukünftig Ausreisesperren für potenzielle Gewaltextremisten erlassen werden können. Der Rat folgte damit dem Antrag seiner Kommissionsmehrheit, welche argumentierte, dass sich eine solche Regelung für Hooligans (Art. 24c BWIS) bewährt habe und keine grossen Unterschiede zwischen Hooligans und politisch motivierten, potenziell gewalttätigen Personen bestünden. Eine Minderheit hatte vergeblich auf die aus ihrer Sicht unverhältnismässige Grundrechtsverletzung hingewiesen.

Mo. Rieder: Ausreisesperren für potenzielle Gewaltextremisten

Die steigende Zahl von Gewalttaten im Umfeld von politischen Demonstrationen und Sportveranstaltungen war es, die Ständerat Beat Rieder (cvp, VS) dazu veranlasste, mittels Motion ein höheres Strafmass für Landfriedensbruch gemäss Art. 260 StGB zu fordern. Zusätzlich zu einer Geldstrafe soll zukünftig zwingend immer auch eine Freiheitsstrafe ausgesprochen werden, so die Forderung des Motionärs. Der richterliche Ermessensspielraum bliebe insofern erhalten, als dass keine Mindeststrafe vorgesehen und auch bedingte Strafen nicht ausgeschlossen würden. Wie schon seine vorberatende Rechtskommission zeigte sich auch der Ständerat in dieser Frage gespalten. Während die knappe Mehrheit der Freiheitsstrafe eine stärkere präventive Wirkung zusprach, argumentierte die Minderheit vergeblich, dass es sich einerseits mehr um ein Durchsetzungs- als um ein Rechtsetzungsproblem handle, da solche Personen nur schwer gefasst werden könnten, und dass man diese Problematik andererseits besser in der anstehenden Diskussion um die Harmonisierung der Strafrahmen angehen solle, um eine Unverhältnismässigkeit in den Strafrahmen zu verhindern. Minderheitsvertreter wiesen darauf hin, dass es mit der vom Motionär vorgeschlagenen Regelung möglich würde, nicht gewalttätige Beteiligte einer Manifestation für den Landfriedensbruch härter zu bestrafen als gewalttätige Beteiligte für beispielsweise Sachbeschädigungen, Körperverletzung oder fahrlässige Tötung. Rieder entgegnete jedoch, ohne die Strafmasserhöhung nehme man den Einsatzkräften die «Lust, überhaupt zu intervenieren», da sich ein Einsatz nicht lohne, wenn die gefassten Personen am Ende mit einer bedingten Geldstrafe davonkämen. So nahm der Ständerat den Vorstoss im Sommer 2018 mit 21 zu 18 Stimmen an.

Landfriedensbruch ist kein Bagatelldelikt (Mo. 17.3863)
Dossier: Vorstösse betreffend Gewalt gegen Behörden und Beamte
Dossier: Harmonisierung der Strafrahmen (Besonderer Teil des Strafgesetzbuches)

In ihrem Bericht vom Mai 2018 machte die SiK-NR geltend, dass sie sich den Erwägungen sowohl ihrer Schwesterkommission als auch deren Rates anschliesse, und beantragte dem Nationalrat einstimmig (24 zu 0 Stimmen), die Behandlung der Motion Wobmann (svp, SO) zum Verbot der salafistischen Organisation „Lies!“ zu sistieren. Sie erachte es als sinnvoll, zunächst den Entwurf eines Bundesgesetzes über polizeiliche Massnahmen zur Bekämpfung von Terrorismus (PMT) abzuwarten, welcher im Frühjahr 2019 unterbreitet werden soll. Den Kantonen und Gemeinden stehe es bis dahin offen, über ein allfälliges Verbot solcher Aktionen zu befinden. Der Nationalrat gab dem Antrag in der Sommersession 2018 stillschweigend statt, womit die Behandlung der Motion für mehr als ein Jahr ausgesetzt wird.

Verbot der salafistischen Organisation "Lies!" und Unterbindung der Verbreitung von jihadistischem Gedankengut (Mo. 17.3583)
Dossier: Vorstösse und Massnahmen zur Bekämpfung islamistischer Radikalisierungstendenzen

«Können wir Weltfrauentage feiern, Pussyhats in der Wandelhalle stricken und gleichzeitig einer Religion die Tore öffnen, in der die Ungleichheit der Geschlechter zum Ordre public gehört?» Mit diesem und noch einigen weiteren rhetorischen Argumenten versuchte Nationalrat Zanetti (svp, ZH) in der Sommersession 2018 seine parlamentarische Initiative, mit der er die Konkretisierung des Begriffs «schweizerischer Ordre public» forderte, durchzusetzen und damit dem Scharia-Recht abzusagen. Unterstützung fand er in der Person seines Ratskollegen Yves Nidegger (svp, GE): Um Zanettis Anliegen zu untermalen, führte er das Beispiel eines amerikanischen Richters an, der offensichtlich darüber zu entscheiden hatte, welche Darstellungen nun genau als Pornographie zu definieren seien und welche eben nicht. Der Richter habe hierzu gemeint, dass er zwar keine genaue Definition von Pornographie habe, aber er es wisse, wenn er sie denn sehe; und so ähnlich verhalte es sich eben auch mit den Schweizer Richtern und dem Ordre public – und genau diesen Umstand gelte es nun zu klären. Andrea Gmür-Schönenberger (cvp, LU) stellte sich indes, als Vertreterin der Kommission, gegen diese Position. Die Kommission sei mit dem Initianten einig, dass niemand ein Scharia-Recht in der Schweiz tolerieren wolle; der eingereichte Vorstoss ziele aber gar nicht auf diesen Sachverhalt ab. Es sei festzuhalten, dass der Initiant nicht die Gesetzgebung per se bemängle, sondern in erster Linie die Urteile der rechtsanwendenden Behörden hinterfrage. Die Kommission erwarte von den Gerichten klar, dass sie ihre Aufgaben wahrnähmen und bestehende Gesetze auch anwendeten; sie sei aber ebenso der Ansicht, dass dieser Grundsatz von den rechtsanwendenden Behörden bereits umgesetzt werde. Da Zanetti nicht aufzeigen könne, inwiefern diesbezüglich ein konkreter Handlungsbedarf bestehe, sehe die Kommission auch keine Notwendigkeit zur Ergreifung entsprechender Massnahmen.
Wie zuvor schon in der vorberatenden RK-NR fand der Vorstoss auch in der grossen Kammer keinen Rückhalt: Der Nationalrat lehnte die Initiative mit 122 zu 66 Stimmen ab, womit das Geschäft nicht weiterverfolgt wird – sämtliche Befürwortungen entfielen auf die SVP-Fraktion.

Konkretisierung des schweizerischen Ordre public. Kein Scharia-Recht durch die Hintertür