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Ende Januar legte der Bundesrat dem Parlament die Botschaft für die Schaffung von zusätzlichen Bundeskompetenzen bei der Ermittlung gegen das organisierte Verbrechen und die Wirtschaftskriminalität vor. Er begründete diese Vorlage mit dem Umstand, dass diese Tatbestände oft sehr komplex sind und in der Regel auch die Kantons- und Landesgrenzen überschreiten. Es sei deshalb notwendig, die Ermittlungen in diesen Fällen effizienter zu koordinieren und namentlich die kleinen Kantone, deren Strafverfolgungsbehörden oft an Kapazitätsschranken stiessen, zu entlasten. Als wichtigste Neuerung schlug der Bundesrat vor, dass die Bundesanwaltschaft in den genannten Bereichen unter bestimmten Umständen (d.h. bei landes- oder kantonsüberschreitenden oder sehr komplexen Fällen) selbst ein Ermittlungsverfahren eröffnen kann. Mit dieser Eröffnung des Ermittlungsverfahrens ist nach dem neuen Art. 340bis StGB die Bundesgerichtsbarkeit begründet, und die Bundesbehörden führen auch die Untersuchung durch. Um diese neuen Aufgaben zu erfüllen, sollen in der Bundesanwaltschaft sukzessive 74 neue Stellen geschaffen werden. Nach abgeschlossenen Ermittlungen kann dann gemäss Vorschlag des Bundesrates die Beurteilung an das nach den üblichen Gerichtsstandbestimmungen zuständige kantonale Gericht delegiert werden. Die Anklage würde allerdings, wie dies anlässlich der Vernehmlassung von den Kantonen verlangt worden war, von der Bundesanwaltschaft vertreten.
Da die Bundesbehörden damit wesentlich weiter gehende Kompetenzen erhalten als heute, sollen nach Ansicht des Bundesrates auch die Rechte der Beschuldigten und ihrer Verteidiger in diesem Verfahren ausgebaut und an die Standards der Voruntersuchung nach Bundesstrafrecht und der kantonalen Prozessordnungen angeglichen werden. Gleichzeitig soll im Rahmen dieses Gesetzgebungspaketes auch die Aufsicht über die Bundesanwaltschaft verbessert werden und ihre Trennung von der präventiven Polizei klarer zum Ausdruck kommen. Mit diesen Massnahmen könnten die unbestrittenen Elemente der 1993 heftig kritisierten Vorschläge des Bundesrates für eine Entflechtung der Bundespolizei und der Bundesanwaltschaft und die Ausgestaltung letzterer als völlig unabhängige Staatsanwaltschaft verwirklicht werden. Die Bundesanwältin soll zwar weiterhin vom Bundesrat gewählt werden und diesem administrativ unterstehen, und sie soll auch weiterhin den Vorsteher des EJPD über wichtige Ermittlungen informieren. Die Aufsicht würde aber in Anbetracht der zusätzlichen strafprozessualen Funktionen grundsätzlich von einer richterlichen Behörde (konkret von der Anklagekammer des Bundesgerichts) ausgeübt werden.

Massnahmen zur Verbesserung der Effizienz und der Rechtsstaatlichkeit in der Strafverfolgung

Mehrfach unter Beschuss geriet Bundesanwältin Carla Del Ponte. So löste eine Telefonüberwachungsaktion gegen verschiedene Journalisten, welche sie veranlasst hatte, um Urhebern von Amtsgeheimnisverletzungen auf die Spur zu kommen, heftige Proteste der Medien aus. Bundesrat Koller verzichtete – mit dem Argument der Gewaltentrennung – zwar auf Massnahmen gegen die eifrige Beamtin, äusserte aber die Meinung, dass er solche Aktionen für unverhältnismässig erachte. Umstritten war auch die Informationspraxis der Bundesanwaltschaft. Der Nationalrat überwies ein Postulat seiner GPK, welches eine klare Koordination und Abgrenzung zwischen der Informationstätigkeit der Verwaltung einerseits und der Strafverfolgungsbehörden andererseits verlangt.

Telefonüberwachungsaktion gegen verschiedene Journalisten

Der im Vorjahr in die Vernehmlassung gegebene Vorentwurf für ein Gesetz über den Einsatz von verdeckten Ermittlern bei der Polizei gab bei den Kantonen und den bürgerlichen Parteien zu wenig Kritik Anlass. Die SP und der Schweizerische Anwaltsverband lehnten das neue Gesetz hingegen ab; erstere, weil die Verfassung dem Bund keine entsprechenden Kompetenzen einräume, letzterer, weil die Arbeit von verdeckten Ermittlern gegen rechtsstaatliche Prinzipien verstossen würde. Trotz dieser grundsätzlichen Kritik beauftragte der Bundesrat das EJPD mit der Ausarbeitung einer entsprechenden Vorlage. Als zusätzliche Massnahme vor allem im Kampf gegen das organisierte Verbrechen forderte Bundesanwältin Del Ponte wiederholt die Einführung einer Kronzeugenregelung nach italienischem oder deutschem Vorbild, welche aussagewilligen Delinquenten Strafmilderung oder -verschonung zusichert.

Bundesgesetz: Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs und verdeckte Ermittlung (BRG 98.037)
Dossier: Revision des Bundesgesetz über die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehr (2003)

Der Ständerat befasste sich als Erstrat mit der Volksinitiative «S.o.S. – Schweiz ohne Schnüffelpolizei» und dem vom Bundesrat im Vorjahr als indirekten Gegenvorschlag vorgelegten neuen Bundesgesetz über die Wahrung der inneren Sicherheit. Ein Antrag Onken (sp, TG), auf eine präventive polizeiliche Tätigkeit grundsätzlich zu verzichten, deshalb die Initiative zur Annahme zu empfehlen und das Gesetz zur gründlichen Überarbeitung an die Regierung zurückzuweisen, unterlag mit 32:2 (Initiative) resp. 31:3 Stimmen (Gesetz).
In der Detailberatung beantragten Danioth (cvp, UR) und Plattner (sp, BS), die präzise Definition der Aufgabenbereiche bei der vorbeugenden Informationsbeschaffung (Art. 2) sowie der Bereiche, in denen eine präventive Informationsbeschaffung nicht erfolgen darf (Art. 3), bereits im Gesetz und nicht erst in der Verordnung vorzunehmen. Im ersten Fall (Terrorismus, Spionage, verbotener Handel mit Waffen und strategisch wichtigen technologischen Gütern) blieben sie in der Minderheit, bei den nicht zulässigen Überwachungsbereichen (Ausübung politischer Rechte) konnten sie sich knapp gegen den Bundesrat und die Kommissionsmehrheit durchsetzen. Heftig umstritten war ein von Béguin (fdp, NE) und Danioth vorgelegter Antrag, im Rahmen der präventiven Informationsbeschaffung auch eine Überwachung des Telefon- und Postverkehrs sowie den Einsatz von Abhörgeräten anordnen zu können. Dieser Beschluss entsprach einer von Bundesanwältin Del Ponte mit Nachdruck vertretenen Forderung; eine ähnliche Gesetzesbestimmung wurde gleichzeitig in Deutschland unter dem Titel «der grosse Lauschangriff» heftig debattiert. Die Verwendung derartiger Mittel ausserhalb von Strafuntersuchungen ist in der Schweiz seit Oktober 1990 mangels gesetzlicher Grundlagen nicht mehr zugelassen. Obwohl sich sowohl die Kommissionsmehrheit – auch gestützt auf die Empfehlung von Experten – als auch Bundesrat Koller dagegen aussprachen, stimmte der Rat dem Antrag im Verhältnis 21:14 zu. Die Massnahme soll vom Direktor des neuen Bundesamtes für innere Sicherheit angeordnet werden können, bedarf allerdings einer Genehmigung durch den Vorsteher des EJPD.
Die neuen Vorschriften über die Sicherheitsüberprüfungen für bestimmte Personenkategorien im öffentlichen Dienst und der Armee waren nicht bestritten. In Abweichung von der bundesrätlichen Vorlage beschloss der Ständerat aber, nur eine einzige, für Armee und Verwaltung zuständige Stelle mit dieser Aufgabe zu betrauen. Auch die Vorschläge über den Personen- und Gebäudeschutz passierten ohne wesentliche Abänderungen. In der Gesamtabstimmung verabschiedete der Ständerat das neue Gesetz mit einer Gegenstimme.

Neues Staatsschutzgesetz und Volksinitiative «S.o.S. – Schweiz ohne Schnüffelpolizei» (BRG 94.028)
Dossier: Der Fichenskandal und seine Folgen