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Nach jahrelangem Höhenflug verzeichneten die schweizerischen Sozialwerke erstmals einen nur noch geringfügigen Einnahmenüberschuss. Rezessionsbedingt stiegen die Einnahmen von AHV, IV und EO lediglich noch um 3,5%, die Ausgaben hingegen um 9,2%. Beim Ausgleichsfonds beliefen sich die gesamten Einnahmen der drei staatlichen Sozialwerke auf 30,7 Mia. Fr., die Ausgaben auf 29,9 Mia. Fr. Bemerkbar machte sich dabei die generelle Rentenerhöhung um 4,4% sowie die vorgezogenen Leistungsverbesserungen der 10. AHV-Revision. Die Wirtschaftsflaute führte zu stagnierenden Lohnbeiträgen bei gleichzeitig höheren IV-Leistungen.

schweizerischen Sozialwerke erstmals einen nur noch geringfügigen Einnahmenüberschuss

Eine NFP-Studie rechnete aus, dass – wenn die Entwicklung linear weitergeht – in vierzig Jahren jeder dritte Franken, der in der Schweiz erarbeitet wird, in die soziale Sicherheit fliessen wird. 1989 beanspruchte dieser Bereich 25,7% des Bruttoinlandproduktes (BIP). 1994 wird dieser Anteil bei Ausgaben von rund 100 Mia. Fr. bereits 28,3% ausmachen, wozu auch der starke Anstieg der Auslagen für die Arbeitslosenversicherung massgeblich beiträgt. Zu starken Kostenschüben wird die zunehmende Überalterung der Gesellschaft vor allem in der AHV führen, wo zwischen 2004 und 2032 die geburtenstarken Nachkriegsjahrgänge ins Rentenalter kommen.

NFP-Studie soziale Sicherheit

Auf den 1. Januar des Berichtsjahres trat der erste, vorgezogene Teil der 10. AHV-Revision in Kraft. Den unteren Einkommen bescherte dies, zusammen mit dem Teuerungsausgleich von 4,4%, Rentenerhöhungen bis zu 13,4%. Neu eingeführt wurde auch die hälftige Ausbezahlung der Ehepaarrenten sowie die Hilflosenentschädigung bereits bei mittlerer Hilflosigkeit.

10. AHV-Revision (BRG 90.021)
Dossier: 10. Revision der Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV; 1980-1998)
Dossier: Debatten um das Frauenrentenalter

Ebenfalls im Rahmen dieses Sanierungsprogramms wollte der Bundesrat – ähnlich wie schon im Eurolex-Paket – die schrittweise Abschaffung der freiwilligen AHV/IV für Auslandschweizer einleiten. Gemäss seinem Vorschlag sollten keine Neubeitritte zur freiwilligen Versicherung mehr möglich sein, eine Übergangsregelung die Rentenansprüche der bisherigen Versicherten im Umfang der bis zu zehn Jahren nach Inkrafttreten der Gesetzesänderung geleisteten Beiträge jedoch gewährleisten. Der Bundesrat veranschlagte die möglichen Einsparungen auf bis zu 40 Mio. Fr. pro Jahr. Der Nationalrat wies die Vorlage an die Regierung zurück mit der Auflage, stattdessen für ein ausgewogeneres Verhältnis zwischen Einnahmen und Ausgaben sowie eine anderweitige Versicherung für Auslandschweizer in jenen Staaten zu sorgen, mit denen keine Sozialversicherungsabkommen bestehen.

Sparmassnahmen auch bei den Sozialversicherungen nicht mehr ausgeschlossen (93.078)
Dossier: Sanierungsmassnahmen 1993 für den Bundeshaushalt (BRG 93.078)

Zu den eidgenössischen Abstimmungen gab die LP mit Ausnahme von drei Vorlagen dieselben Parolen wie die FDP heraus. Die Ausnahmen betrafen die SD-Initiative für einen arbeitsfreien Bundesfeiertag, den Mehrwertsteuersatz von 6,5% und die Möglichkeit, diesen Steuersatz zugunsten der AHV um 1 % zu erhöhen, welche sie allesamt ablehnte. Der Beitrag zur Sanierung der Bundesfinanzen und die rasche Fertigstellung des Nationalstrassennetzes – insbesondere in der Romandie – überzeugten die Delegierten von der Ja-Parole für die die Treibstoffzollerhöhung, welche mit 67 zu 35 Stimmen gefasst wurde.

Parolen der LP 1993
Dossier: Parolen der LP, 1990-1994

Das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) publizierte die erste gesamtschweizerische Spitex-Statistik. Danach bezahlte die AHV 1992 im Rahmen der offenen Altershilfe fast CHF 100 Mio. an rund 1000 verschiedene Spitex-Organisationen in der Schweiz. Seit 1990 sind die Ausgaben der AHV für Spitex beträchtlich gestiegen: 1990/1991 um 58 Prozent und 1991/1992 um 16 Prozent. An der Statistik fiel auf, dass das Netz der beitragsberechtigten Spitex-Organisationen in der Deutschschweiz im Vergleich zur Romandie und zum Tessin dichter ist.

erste gesamtschweizerische Spitex-Statistik

Die Kommission des Ständerates, welcher 1991 der 10. AHV-Revision gemäss bundesrätlichem Vorschlag (ohne Rentensplitting und ohne Erhöhung des Rentenalters der Frauen) zugestimmt hatte, konnte sich weiterhin nicht für die neue Rentenformel erwärmen. Auf Kritik stiess vor allem die ungleiche Behandlung von Alt- und Neurentnerinnen und -rentnern, die Konkubinatsfreundlichkeit des nationalrätlichen Vorschlags, die mangelnde Transparenz der Rentenberechnung und die zusätzliche Belastung der Vollzugsorgane. Die vom Zuger CVP-Ständerat Kündig präsidierte Kommission griff im Sommer die seit einiger Zeit in CVP-Kreisen diskutierte Idee einer Einheitsrente auf und beauftragte das BSV, innert Monatsfrist einen diesbezüglichen Bericht vorzulegen. Obgleich der Bericht die Schwachstellen einer Einheitsrente (durchschnittlich tiefere Renten, einseitige Aufwertung der Beitragsdauer gegenüber der Beitragshöhe, starkes Anwachsen der Solidaritätskomponente der höheren Einkommensklassen) verdeutlichte, beharrte die Ständeratskommission auf ihrem Standpunkt, zumindest vorderhand gleichzeitig mit Verbesserungen beim Splitting (Zuschlag auf Alters- und Invalidenrenten für verwitwete Personen) auch das Modell der Einheitsrente weiterzuverfolgen.

10. AHV-Revision (BRG 90.021)
Dossier: 10. Revision der Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV; 1980-1998)
Dossier: Debatten um das Frauenrentenalter

Beim zweiten Sanierungsprogramm der Bundesfinanzen beschloss der Bundesrat, neben anderen Sparmassnahmen den 1990 versprochenen jährlichen Sonderbeitrag an die AHV im Umfang von 170 Mio Fr. bis mindestens 1996 nicht zu entrichten. Damit sollten die vorübergehenden Mehrkosten gedeckt werden, die durch den vorzeitigen Rentenbezug entstehen, wie ihn die 10. AHV-Revision vorsieht. Der Entscheid des Bundesrates hat keinen Einfluss auf die Höhe dieser Renten, belastet aber den Ausgleichsfonds entsprechend.

Sparmassnahmen auch bei den Sozialversicherungen nicht mehr ausgeschlossen (93.078)
Dossier: Sanierungsmassnahmen 1993 für den Bundeshaushalt (BRG 93.078)

Da aber in der Debatte praktisch alle Votanten die gesundheitsschädigende Wirkung des Rauchens unterstrichen hatten, überwies der Rat eine Motion seiner vorberatenden Kommission, welche den Bundesrat auffordert, eine Vorlage auszuarbeiten, damit aus der Tabaksteuer ein angemessener Anteil für Gesundheitserziehung und Prävention zur Verfügung gestellt werden könne, wobei die Leistung nicht zu Lasten der Ablieferung an die AHV/IV gehen dürfe. Gegen den Willen des Bundesrates, der darauf hinwies, dass dafür eine Verfassungsänderung notwendig wäre, da Art. 34 BV alle Mittel aus der Tabaksteuer zweckgebunden der AHV und IV zuweist, wurde die Motion, wenn auch nur knapp, angenommen.

Nutzung eines Teils der Tabaksteuer für Prävention (Mo. 93.3026)
Dossier: «Zwillingsinitiativen», indirekter Gegenvorschlag und andere Präventionsmassnahmen zwischen 1990 und 2000

Angesichts der prekären Finanzlage von Bund und Kantonen wurden Sparmassnahmen auch bei den Sozialversicherungen nicht mehr ausgeschlossen. Eine aus Vertretern des EFD und der kantonalen Finanzdirektoren bestehende Arbeitsgruppe regte in einem Diskussionspapier unter anderem an, mittelfristig auf die Revision und somit den Ausbau der Ergänzungsleistungen zu verzichten, den vollen Teuerungsausgleich auf den AHV/IV-Renten für ein Jahr zu streichen, die Viertelsrenten in der IV abzuschaffen und die Bundesbeiträge zur Verbilligung der Krankenkassenprämien zu kürzen.

Sparmassnahmen auch bei den Sozialversicherungen nicht mehr ausgeschlossen (93.078)
Dossier: Sanierungsmassnahmen 1993 für den Bundeshaushalt (BRG 93.078)

Eine Frau, die sich bereits im Vorfeld der parlamentarischen Debatte vehement für die Beibehaltung des bisherigen Rentenalters der Frauen eingesetzt hatte, war SGB-Sekretärin Ruth Dreifuss. In einem Zeitungsinterview vertröstete sie die Frauen darauf, dass in der Nachfolge des zurücktretenden Bundesrats Felber vielleicht eine Frau in den Bundesrat gewählt würde, welche hier entscheidenden Einfluss nehmen könnte. Wenige Wochen später war sie die neue Magistratin im Siebner-Gremium und zudem Vorsteherin des für die AHV-Revision zuständigen EDI – und konnte das Steuer dennoch nicht herumreissen. Nachdem der Bundesrat anlässlich der Beratungen der 10. AHV-Revision im Nationalrat entgegen seiner ursprünglichen Haltung erklärt hatte, die Erhöhung des Rentenalters der Frauen auf 64 Jahre sei ein gangbarer Weg, dem er sich nicht widersetzen werde, versuchte Dreifuss zwei Monate später vergeblich, die Landesregierung zu bewegen, auf ihren Entscheid zurückzukommen und die Frage des Rentenalters der Frauen auf die 11. AHV-Revision zu verschieben. Die Kollegen von Dreifuss begründeten ihre Meinungsänderung damit, dass Unnachgiebigkeit in dieser Frage die Einführung des Splittings verzögern würde.

10. AHV-Revision (BRG 90.021)
Dossier: 10. Revision der Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV; 1980-1998)
Dossier: Debatten um das Frauenrentenalter

Der Bundesrat empfahl der Bundesversammlung, die 1991 eingereichte Volksinitiative der SP und des SGB "zum Ausbau von AHV und IV" ohne Gegenvorschlag abzulehnen. Er erachtete die Folgekosten dieser Initiative, die eine wesentliche Verschiebung von der 2. Säule (BVG) zur 1. Säule (AHV/IV/EL) anstrebt, für finanziell nicht verantwortbar. Die zuständige Ständeratskommission schloss sich dieser Sicht der Dinge an.

Volksinitiative «zum Ausbau von AHV und IV»
Dossier: Volksinitiativen zur Altersvorsorge (seit 2015)

Die Vorlage war in ihrer revidierten Form im Plenum mehrheitsfähig, was auch in der deutlichen Ablehnung von vier Rückweisungsanträgen zum Ausdruck kam. Insbesondere wurde ein Antrag Wick (cvp, BS) auf Rückweisung an die Kommission mit dem Auftrag, unter Beibehaltung des Splittingsystems und der wesentlichen Errungenschaften der 10. AHV-Revision (inklusive Erziehungs- und Betreuungsbonus) kostenneutral auf das System der Einheitsrente überzugehen, verworfen. Bereits in seinem Eintretensvotum hatte Kommissionspräsident Allenspach (fdp, ZH) Splitting und Einheitsrente als unvereinbar bezeichnet und darauf hingewiesen, dass ein kostenneutraler Übergang zur Einheitsrente eine Senkung der heutigen Maximalrente um 20% zur Folge hätte und für mindestens 45% der Rentnerinnen und Rentner zu finanziellen Einbussen führen würde.

Sowohl in der Eintretens- wie in der Detailberatung wurde das Splitting von keiner Seite grundsätzlich in Frage gestellt. Zu Diskussionen Anlass gab die Beschränkung der Summe der Renten eines Ehepaares auf 150% der maximalen Einzelrente. Anträge zur Gleichstellung von Ehe- und Konkubinatspaaren sowie zur Anhebung des Plafonds auf 160% wurden vom Rat gleichermassen abgelehnt.

Der umstrittenste Punkt der Diskussionen war die von der Kommissionsmehrheit vorgeschlagene zweischrittige, erstmals vier Jahre nach dem Systemwechsel fällig werdende Erhöhung des Rentenalters der Frauen von 62 auf 64 Jahre. Nach heftiger Debatte, in welcher die bürgerlichen Verfechter des höheren Rentenalters den Grundsatz der Gleichstellung der Geschlechter, die rot-grünen Gegner die nach wie vor bestehende Doppelbelastung sowie die anhaltende Lohndiskriminierung der Frauen ins Feld führten, stimmte die grosse Kammer unter Namensaufruf mit 101 zu 68 Stimmen bei sechs Enthaltungen der stufenweisen Erhöhung des Rentenalters der Frauen zu. Entsprechend modifizierte der Nationalrat die vom Bundesrat vorgeschlagene Regelung des Rentenvorbezugs. So sollen neu Männer ab dem 63. und Frauen ab dem 62. Altersjahr bei einer versicherungstechnischen Kürzung von 6,8% pro vorbezogenes Jahr eine frühzeitige Rente erhalten können. In Ausführung des Gleichstellungsartikels in der Bundesverfassung wurde eine Witwerrente eingeführt. Allerdings soll sie nur jenen Witwern zukommen, die Kinder unter 18 Jahren zu betreuen haben, während bereits die heutige Witwenrente als zusätzliche Anspruchsberechtigung eine mindestens zehnjährige Ehedauer nennt.

10. AHV-Revision (BRG 90.021)
Dossier: 10. Revision der Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV; 1980-1998)
Dossier: Debatten um das Frauenrentenalter

Im Anschluss an die Beratungen wurde ein Postulat einer Kommissionsminderheit Haller (sp, BE), welches die Prüfung der Angleichung des Rentenalters auf die 11. AHV-Revision verschieben wollte, konsequenterweise abgelehnt, ein weiteres Postulat einer Kommissionsminderheit Spoerry (fdp, ZH), das den Bundesrat einlädt, verschiedene Punkte des Splittings zuhanden der Verhandlungen des Ständerates genauer zu überprüfen, hingegen überwiesen (Po. 93.3034).

Angleichung des Rentenalters auf die 11. AHV-Revision verschieben (Po. 93.3033)
Dossier: 10. Revision der Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV; 1980-1998)
Dossier: Debatten um das Frauenrentenalter

Mit der Verabschiedung des zweiten, gewichtigeren Teils der 10. AHV-Revision erreichte der Nationalrat in der Frühjahrssession bei diesem komplexen Geschäft eine wichtige Etappe, wobei der Revisionsentwurf gegenüber dem bundesrätlichen Vorschlag bereits von der vorberatenden Kommission stark verändert worden war. Wichtigste Neuerung gegenüber den Bundesratsvorschlägen sowie den Beschlüssen des Ständerates war die Einführung eines Splittingmodells zivilstandsneutraler Renten mit Betreuungs- und Erziehungsbonus.

10. AHV-Revision (BRG 90.021)
Dossier: 10. Revision der Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV; 1980-1998)
Dossier: Debatten um das Frauenrentenalter

Für eine Neugewichtung innerhalb der Sozialversicherungen plädierte Ernst Buschor, CVP-naher Professor an der Hochschule St. Gallen. Er ortete im Lastenausgleich zugunsten der Betagten einen Hauptgrund für den Prämienanstieg der Krankenkassen und regte eine Zweiteilung der Krankenversicherung in eine deregulierte, private Versicherung für Nichtrentner und eine kantonale Gesundheitsvorsorge für Rentner an. Ähnliche Überlegungen, welche die seit Jahrzehnten sakrosankte Solidarität unter den Generationen aufbrechen würden, stellte auch Nationalrat Tschopp (fdp, GE) an. In der Wintersession reichte er unter dem Titel "AHV plus" eine parlamentarische Initiative ein mit dem Ziel, die Kranken- und Unfallversicherung, die AHV und die berufliche Vorsorge durch eine Einrichtung zu ergänzen, welche die Gesundheits- und Betreuungskosten für die über 75-jährigen übernimmt.

Neugewichtung innerhalb der Sozialversicherungen "AHV plus" parlamentarische Initiative

Bei der AHV/IV (92.057-33) stimmten beide Kammern insofern den Vorschlägen des Bundesrates zu, als sie beschlossen, die seit über 40 Jahren bestehende freiwillige Versicherung für jene Auslandschweizerinnen und -schweizer, welche im EWR Wohnsitz haben, auslaufen zu lassen. Demzufolge wären ab 1993 keine neuen Versicherten aus EWR-Staaten in dieses Versicherungssystem mehr aufgenommen worden. Personen, die schon vorher beigetreten waren, hätten hingegen das Recht gehabt, die Versicherung weiterzuführen. Diese Änderung, die nicht vom "acquis communautaire" diktiert war, wurde notwendig, weil sich sonst alle EWR-Angehörigen, die je — und sei es nur ganz kurzfristig — im Dienst eines Schweizer Arbeitgebers standen, dieser Versicherung hätten anschliessen können, was zu einer immensen Mehrbelastung der AHV/IV (rund 4 Mia. Fr. pro Jahr) hätte führen können. Der Bundesrat hatte die freiwillige AHV/IV gänzlich abschaffen wollen.

Eurolex: AHV/IV/EL (92.057-32 / 92.057-33 / 92.057-34)
Dossier: Eurolex (BRG 92.057)

Die Ergänzungsleistungen (EL) zur AHV/IV hatten lange als Stolperstein bei der europäischen Sozialintegration der Schweiz gegolten. Sie wurden ursprünglich geschaffen, weil die Ausgestaltung der AHV/IV nach wie vor dem Verfassungsauftrag nach Sicherung des Existenzminimums nicht genügt. Der Export dieser schweizerischen Spezialität hätte nicht nur zu massiven Mehrausgaben geführt – das BSV rechnete mit jährlich rund 600 Mio. Fr. –, sondern auch beim Vollzug schier unlösbare Probleme gebracht. Mit Erleichterung wurde deshalb die Nachricht aufgenommen, dass der EG-Ministerrat bereit sei, staatliche Systeme mit beitragsunabhängigen Bedarfsleistungen von der Exportpflicht zu befreien. Hingegen musste die fünfzehnjährige EL-Karenzfrist, die bis anhin für alle Ausländer mit Wohnsitz Schweiz galt, für EWR-Angehörige fallengelassen werden. Ebenfalls um einen generellen Export zu verhindern, wurde eine weitere Eigenheit des schweizerischen Sozialversicherungssystems, nämlich die Hilflosenentschädigungen, aus dem AHV/IV-System herausgelöst und den EL angegliedert

Eurolex: AHV/IV/EL (92.057-32 / 92.057-33 / 92.057-34)
Dossier: Eurolex (BRG 92.057)

Gemäss dem im Vorjahr genehmigten und auf den 1.1.1992 in Kraft gesetzten Bundesbeschluss, wonach die AHV/IV-Renten bei einem Inflationsstand von mindestens 4% Ende Juni auch ausserhalb des grundsätzlich alle zwei Jahre erfolgenden Teuerungsausgleichs angepasst werden müssen, beschloss der Bundesrat, die Renten ausser Turnus auf den 1. Januar 1993 um 4,4% anzuheben.

ausser Turnus Teuerungsausgleichs der Renten

A l'occasion du congrès de l'organisation des Suisses à l'étranger, ceux-ci se sont prononcés à une large majorité en faveur de la ratification du traité de l'EEE. Ils ont cependant critiqué l'intention du Conseil fédéral, dans le cadre du programme «Eurolex», d'abandonner la possibilité pour les Suisses de l'étranger de contracter une AVS facultative.

Congrès de l'organisation des Suisses à l'étranger en faveur de la ratification du traité de l'EEE (1992)

Noch während der Beratungen im Nationalrat legte eine Arbeitsgruppe seiner vorberatenden Kommission unter dem Zürcher Freisinnigen Allenspach seinen Schlussbericht über die Möglichkeit der Einführung des Rentensplittings vor. Der Ausschuss, dem Vertreter aller Bundesratsparteien, der Liberalen, des Landesrings und der Grünen angehörten, empfahl einstimmig, das von ihr skizzierte Modell den weiteren Beratungen zugrunde zu legen und damit den Übergang zu einem Individualrentensystem mit Erziehungs- und Betreuungsgutschriften im Rahmen der 10. AHV-Revision vorzunehmen. Das Modell stellt bei tragbaren Kosten die meisten Versichertengruppen besser. Eine lange Übergangsregelung sichert zudem den 1945 und früher Geborenen den heutigen Besitzstand. Im Gegenzug zur Besserstellung der Frauen schlug die Arbeitsgruppe die Einführung einer Witwerrente vor. Die Frage des Rentenalters wurde vorläufig nicht behandelt. Einstimmig bei einer Enthaltung schloss sich die Kommission den Überlegungen ihres Ausschusses an und beauftragte die Verwaltung, die nötigen Gesetzesänderungen auszuarbeiten. Bundesrat Cotti, der einen Systemwechsel noch kurz zuvor als verfrüht bezeichnet hatte, sprach sich nun ebenfalls für die Einführung des Splittings bereits bei der 10. AHV-Revision aus.

10. AHV-Revision (BRG 90.021)
Dossier: 10. Revision der Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV; 1980-1998)
Dossier: Debatten um das Frauenrentenalter

Differenzen zwischen Bundesrat und Kommission entstanden dagegen bei der Frage des Überweisungsmodus der AHV-Renten. Um Portokosten einzusparen, möchte der Bundesrat beider Revision des Gesetzes zur generellen Überweisung auf ein Bank- oder Postscheckkonto übergehen. Die Kommission hielt hingegen daß für, dass auf Antrag die Renten weiterhin bar ausbezahlt werden.

10. AHV-Revision (BRG 90.021)
Dossier: 10. Revision der Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV; 1980-1998)
Dossier: Debatten um das Frauenrentenalter

Wie dies einzelne Nationalräte und Nationalrätinnen bereits im Vorjahr angeregt hatten, beschloss die grosse Kammer in der Frühjahrssession, die unbestrittenen Verbesserungen der 10. AHV-Revision (neue Rentenformel zugunsten tieferer Einkommen, Hilflosenentschädigung für Altersrentner bei mittlerer Hilflosigkeit, Erhöhung der Bundesbeiträge an die AHV) vorzuziehen und in einen auf Ende 1995 befristeten Bundesbeschluss zu verpacken, damit diese planmässig auf Anfang 1993 in Kraft treten können. Die Arbeiten für einen Systemwechsel zur umstrittenen zivilstandsunabhängigen Rente, welche der Ständerat auf die 11. AHV-Revision hatte verschieben wollen, sollten parallel dazu vorangetrieben werden.

Dennoch fanden eherechtliche Elemente, die nach Ansicht der Mehrheit der vorberatenden Kommission erst in Zusammenhang mit dem Splitting hätten angegangen werden sollen, bereits Eingang in den vorgezogenen Bundesbeschluss. Eine von Segmüller (cvp, SG) angeführte bürgerliche Kommissionsminderheit stellte den Antrag, die Altersrenten von geschiedenen Frauen dadurch aufzubessern, dass die Einkommen des ehemaligen Ehegatten bereits zu dessen Lebzeiten für die Berechnung herangezogen werden. Vertreter und Vertreterinnen der SP, der Grünen und des LdU, aber auch die engagierte Splitting-Vertreterin Nabholz (fdp, ZH) warfen dem Minderheitsantrag vor, er erschwere einen allfälligen Systemwechsel dadurch, dass er das Ehepaarkonzept durch eine weitere Leistungskomponente aufstocke. Teilweise wurde sogar suggeriert, die CVP, welche sich bisher nicht sehr splittingfreudig gezeigt hatte, versuche den Systemwechsel auf diese Weise zu torpedieren. In zwei Abstimmungen unter Namensaufruf setzte sich der Antrag Segmüller sowohl gegen einen Antrag Brunner (sp, GE), der die Besserstellung durch Erziehungsgutschriften erreichen wollte, wie gegen die Meinung der Kommissionsmehrheit knapp durch.

Ein Eventualantrag Nabholz (fdp, ZH), der ebenfalls auf einem Erziehungsbonus basierte, wurde zur Beratung in die Kommission zurückgegeben und fand zwei Wochen später – leicht modifiziert – als Vermittlungsantrag eines Frauenquartetts Nabholz (fdp, ZH), Haller (sp, BE), Brunner (sp, GE) und Diener (gp, ZH) in einer erneut unter Namensaufruf durchgeführten Abstimmung und mit nur einer Stimme Vorsprung die Zustimmung des Rates. Danach können geschiedene Rentnerinnen beantragen, dass ihre Renten aufgrund ihres eigenen Einkommens berechnet werden, ergänzt durch eine jährliche Erziehungsgutschrift in der Höhe der dreifachen minimalen einfachen Altersrente. Die Gutschrift wird für jene Jahre angerechnet, in denen die Frau die elterliche Gewalt über Kinder bis zur Vollendung des 16. Altersjahrs innegehabt hat. Mit der Einführung des Erziehungsbonus und dem gleichzeitigen Verzicht auf den Einbezug der Einkommen des ehemaligen Ehemannes zur Rentenberechnung konnte dem Anliegen der geschiedenen Frauen Genugtuung getan werden, ohne dass die Form eines späteren Übergangs zum Rentensplitting präjudiziert wurde.

Ebenfalls gegen den Willen der Kommissionsmehrheit setzte sich der Antrag Spoerry (fdp, ZH) durch, die Ehepaarrenten, die ab Inkrafttreten dieses Bundesbeschlusses neu entstehen, den beiden Ehegatten je zur Hälfte und getrennt auszurichten, wobei die Ehegatten gemeinsam verlangen können, dass die Rente einem von ihnen ungetrennt ausbezahlt wird.

Nach kurzer Diskussion schloss sich der Ständerat in allen Punkten der grossen Kammer an. Der Bundesbeschluss, der am 1. Januar 1993 in Kraft tritt – mit Ausnahme der Bestimmungen für die geschiedenen Frauen, die erst auf anfangs 1994 rechtskräftig werden –, wurde auf Ende 1995 befristet, um die Arbeiten am zweiten Teil der Revision durch die Aufrechterhaltung eines gewissen Zeitdrucks zu beschleunigen.

10. AHV-Revision (BRG 90.021)
Dossier: 10. Revision der Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV; 1980-1998)
Dossier: Debatten um das Frauenrentenalter

Nach den Anlageformen des BVG gerieten auch jene des AHV-Fonds unter Beschuss. Ausgehend von der Analyse eines Bankfachmannes, wonach die AHV seit 1948 mit attraktiveren Anlageformen mindestens 30 Mia. Fr. mehr hätte erwirtschaften können, beantragte Nationalrat Loeb (fdp, BE) in einem überwiesenen Postulat, die Anlagerichtlinien des AHV-Fonds seien an jene des BVG anzupassen.

Anlageformen