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  • Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV)

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Die Behandlung zweier Motionen führte in der Sommersession des Nationalrates zu einer ausgiebigen Diskussion über die Dringlichkeit der zu ergreifenden Massnahmen zur langfristigen Finanzierung der AHV. Die vom Ständerat bereits angenommene Motion Schiesser (fdp, GL) forderte die Bereitstellung der Botschaft zur 11. AHV-Revision bis zum Sommer 1998. Eine Motion der FDP-Fraktion verlangte, dass diese Revision noch vor Ende der Legislaturperiode (1999) zu verabschieden sei. Die Mehrheit der vorberatenden Kommission wollte den Bundesrat nicht unter zeitlichen Druck setzen, da zwar das Ziel klar sei, nicht aber der Weg. Um Vermittlung bemühte Stimmen forderten daher die vorgängige Bildung eines breiten Konsenses. Mehrere Redner und Rednerinnen hielten demgegenüber dafür, es sei nun Zeit, rasch zu zeigen, wohin der Weg führen soll. Dafür müssten zwei Jahre ausreichen. Berichte und Grundlagen seien zur Genüge vorhanden. Diese Meinung obsiegte in der Abstimmung, bei welcher die beiden Motionen mit 94 zu 83 bezw. 103 zu 71 Stimmen gutgeheissen wurden. Die Motion der FDP-Fraktion (Mo. 95.3048) wurde vom Ständerat ebenfalls angenommen.

Motion für eine langfristige Finanzierung der AHV (Mo. 95.3534)
Dossier: 11. AHV-Revision (1991-2004; 2005-2010)

Bei der Beratung der Legislaturplanung 1995-1999 verlangte eine vom Nationalrat überwiesene Kommissionsmotion, dass der Bundesrat beauftragt wird, noch vor Mitte der Legislatur einen Gesetzesentwurf zur Einführung des in der Verfassungsabstimmung bereits grundsätzlich bewilligten zusätzlichen Mehrwertsteuerprozentes vorzulegen, um die Finanzierung der demographiebedingten Mehrkosten der AHV rechtzeitig sicherzustellen. Nach längerer Diskussion beschloss der Ständerat, die Motion nur als Postulat beider Räte zu verabschieden. Er folgte damit den Ausführungen von Bundesrat Villiger, der zusagte, die Vorlage noch in der laufenden Legislatur den Räten zuzuleiten, sich aber nicht auf einen genauen Zeitpunkt verpflichten lassen wollte.

Kommissionsmotion zusätzlichen Mehrwertsteuerprozentes Finanzierung der demographiebedingten Mehrkosten der AHV

Im Rahmen der Legislaturplanung 1995-1999 hielt der Bundesrat fest, dass seit mehreren Jahren die sozialen Unterschiede in der Schweiz wieder zunehmen. Daraus zog er den Schluss, dass zu den wesentlichen Aufgaben der laufenden Legislatur zwei Prioritäten im Bereich der Sozialpolitik gehören, nämlich die Bewahrung der bereits bestehenden Sozialversicherungen durch die Sicherstellung ihrer finanziellen Grundlagen und die Schliessung von Lücken, wo solche offensichtlich sind. Als wichtige subsidiäre Ziele nannte er die Beseitigung von kostentreibenden Strukturen im Gesundheitswesen, die Existenzsicherung aller Einwohner durch eine bessere Koordination bestehender Instrumente (AHV/IV/EL/BVG) sowie einen besseren Schutz der Mutterschaft.

Bewahrung der bereits bestehenden Sozialversicherungen (96.016)

Die Sozialwerke AHV/IV und EO rutschten erstmals seit 16 Jahren in die roten Zahlen. Die Gesamteinnahmen beliefen sich auf rund 31'855 Mio. Fr. (+2,9% gegenüber dem Vorjahr), die Ausgaben auf ca. 31'950 Mio. Fr. (+4,5%), was zu einem Defizit von 95 Mio. Fr. führte. Der Ausgleichsfonds der AHV nannte als Grund für das Ungleichgewicht, das allein von der IV verursacht wurde, vorab die schwache Wirtschaftslage.

Die Erträge der AHV nahmen um 2,4% auf 24,5 Mia. Fr. zu, wobei sich die Beiträge von Versicherten und Arbeitgebern um 1,8% bzw. 340 Mio. Fr. erhöhten. In der IV stiegen die Einnahmen wegen höherer Beitragssätze um 12,3% auf 6,4 Mia. Fr. Da im Gegenzug der Beitragssatz für die EO gesenkt wurde, führte dies dort zu Mindereinnahmen um 32% auf 860 Mio. Fr. Die Bundesbeiträge an die AHV und IV sanken auch 1995 linear um fünf Prozent. Laut Ausgleichsfonds hatte dies bei der AHV 215 Mio. Fr. und bei der IV 130 Mio. Fr. Mindereinnahmen zur Folge. Die Zinseinnahmen stiegen auf 1,2 Mia. Fr. Die Ausgaben der AHV nahmen wegen des höheren Rentnerbestandes und der Rentenanpassung um 4,9% auf 24,5 Mia. Fr. zu. In der IV erhöhten sich die Ausgaben aus den gleichen Gründen um 6,7% auf 6,8 Mia. Fr. Die EO-Ausgaben konnten dank den reduzierten Diensttagen auf 621 Mio. Fr. gesenkt werden. Ende Jahr betrug das Vermögen der drei Sozialwerke rund 27 Mia. Fr. Das Kapitalkonto der AHV wuchs lediglich noch um 9 Mio. Fr. auf 23'836 Mio. Fr. Dies entspricht 97,3% der laufenden Jahresausgabe. Laut AHV-Gesetz darf das AHV-Vermögen in der Regel nicht unter 100% einer Jahresausgabe sinken.

Jahresergebnis 1995 der AHV, IV und EO
Dossier: Jahresergebnisse der IV
Dossier: Jahresergebnisse der EO
Dossier: Jahresergebnisse der AHV

Ende Jahr publizierten 19 hochkarätige Wirtschaftsfachleute um den ehemaligen Diplomaten und ABB-Kopräsidenten David de Pury ein "Weissbuch", in welchem sie nicht nur eine weitestgehende Deregulierung im Wirtschaftsgeschehen, sondern auch eine völlige Neukonzeption der sozialen Sicherheit postulierten. Deren Leistungen sollten nur noch nach streng gehandhabten Bedürfnisklauseln ausgerichtet werden. Insbesondere plädierten sie für eine Aufhebung der beruflichen Vorsorge und für eine AHV, die lediglich das Existenzminimum sichern würde. Die Beibehaltung des bisherigen Lebensstandards im Alter - nach heutiger Auffassung in erster Linie Aufgabe der 2. Säule - sollte hingegen rein der privaten Vorsorge, d.h. allein den Arbeitnehmern überlassen bleiben. Privatisieren wollten die Unternehmer auch die Arbeitslosenversicherung, obgleich die Privatversicherer angesichts der nicht kalkulierbaren Risiken bereits vor Jahren diese Idee abgelehnt hatten.

Publikation "Weissbuch"

Diese Zahlen, die sich bereits in der zweiten Hälfte des Berichtsjahres abzeichneten, gaben jenen Stimmen vor allem aus Arbeitgeberkreisen Auftrieb, die schon seit einiger Zeit Bundesrätin Dreifuss angriffen und ihr unterstellten, sie beschönige die finanziellen Perspektiven der Sozialwerke. Vorab ihre bei der Präsentation des Drei-Säulen-Berichts gemachte und später in einer Fernsehsendung wiederholte Äusserung, für die Sicherung der AHV brauche es ab dem Jahr 2005 neben dem bereits vorgesehenen Mehrwertsteuerprozent noch einmal Mehreinnahmen im Umfang von einem bis zwei Mehrwertsteuerprozenten bzw. von 1,3 Lohnprozenten, warf im bürgerlichen Lager hohe Wellen, da die Sozialministerin noch 1994 in ihrem "offenen Brief" erklärt hatte, bis mindestens ins Jahr 2000 würde der AHV-Fonds weiter geäufnet, weshalb mittelfristig kein Anlass zur Sorge bestehe. Bei den Erneuerungswahlen in den Bundesrat erzielte Dreifuss das schlechteste Ergebnis des Siebnerkollegiums, was sowohl Beobachter wie sie selber als Ausdruck einer wachsenden Polarisierung in der Sozialpolitik werteten.

AHV kurz vor dem finanziellen Kollaps offenen Brief an die Bevölkerung

Im Spätsommer leitete der Bundesrat dem Parlament seinen Entwurf für einen allgemeinverbindlichen Bundesbeschluss zu, welcher ihm die Kompetenz geben soll, mit internationalen Organisationen Abkommen über den Status der internationalen Beamten schweizerischer Nationalität hinsichtlich der schweizerischen Sozialversicherungen (AHV/IV/EO und ALV) abzuschliessen. Die Bestimmung der Schweiz, wonach diese Funktionäre obligatorisch den schweizerischen Sozialversicherungen angeschlossen bleiben (es sei denn, sie würden ein entsprechendes Gesuch stellen), hatte in vielen Fällen - da sie automatisch auch der Pensionskasse der jeweiligen Organisation unterstellt wurden - zu einer unzumutbaren Doppelbelastung geführt. Durch eine Ergänzung der Sitzabkommen, welche durch einen Briefwechsel zwischen dem Bundesrat und den in der Schweiz niedergelassenen internationalen Organisationen vorgenommen wurde, einigte man sich nun darauf, dass diese Beamten nur noch auf freiwilliger Basis den schweizerischen Sozialversicherungen angegliedert werden, wobei sie wählen können, ob sie allen Zweigen oder nur der ALV beitreten wollen. Dieser Bundesbeschluss wurde vom Ständerat diskussionslos und einstimmig angenommen.

Status der internationalen Beamten schweizerischer Nationalität Sozialversicherungen

Der Ständerat doppelte hier noch einmal nach und überwies in der Wintersession praktisch diskussionslos und mit grossem Mehr eine Motion Schiesser (fdp, GL), welche verlangt, dass der Bundesrat dem Parlament seine Vorlage zur 11. AHV-Revision spätestens auf die Sommersession 1998 vorlegt. Diese Revision soll ganz im Zeichen der Finanzierungsfrage stehen und sicherstellen, dass die mittel- und langfristig sich abzeichnenden hohen Ausgabenüberschüsse der AHV möglichst früh aufgefangen werden können und der Ausgleichsfonds der AHV auch in Zukunft den gesetzlich vorgeschriebenen Betrag von einer Jahresausgabe erreicht. Bundesrätin Dreifuss machte vergebens geltend, dass sie die Besorgnis des Parlaments zwar teile, dass der vorgegebene Zeitplan aber unrealistisch sei für seriöse Vorarbeiten. Das Dossier sei derart komplex, dass der Bundesrat mindestens ein halbes oder ganzes Jahr mehr für einen konkreten Vorschlag brauche. Die dafür eingesetzte interdepartementale Arbeitsgruppe (IDA FiSo) wolle ihren Bericht zur Finanzierung der gesamten Sozialversicherung im Frühjahr 1996 vorlegen, weshalb eine Beratung der 11. AHV-Revision erst in der neuen Legislatur (1999-2003) sinnvoll sei. Dreifuss versprach aber, die Mobilisierung des für die AHV-Finanzierung vorgesehenen Mehrwertsteuer-Prozents noch in der laufenden Legislatur vorzulegen. Mit ihrer Argumentation drang die Bundesrätin nicht durch. Unter dem Hinweis, dass auch das Parlament Zeit für eine vertiefte Behandlung brauche, weshalb von der Botschaft bis zur Verabschiedung und dem Inkrafttreten der Vorlage ohnehin noch mehrere Jahre verstreichen werden, hielt Schiesser an der Form der Motion fest, worauf diese mit 28 zu 7 Stimmen angenommen wurde.

Motion für eine langfristige Finanzierung der AHV (Mo. 95.3534)
Dossier: 11. AHV-Revision (1991-2004; 2005-2010)

Nach einem Treffen von Frauen der vier Bundesratsparteien mit Bundesrätin Ruth Dreifuss schloss sich namentlich die neue Genfer SP-Ständerätin und Gewerkschaftsvertreterin Christiane Brunner ihren bürgerlichen Kolleginnen an. Gemeinsam konzipierten sie ein weiteres, ihrer Meinung nach noch konsensfähigeres Modell für eine Mutterschaftsversicherung für alle Frauen. Um den Widerstand der Arbeitgeber zu überwinden, schlugen sie vor, von der Finanzierung über Lohnprozente abzusehen und stattdessen die Mehrwertsteuer um geschätzte 0,4% zu erhöhen. Mit diesem Vorgehen würde die Wirtschaft, welche jährlich rund 330 Mio. Fr. für den freiwillig gewährten oder gesamtarbeitsvertraglich geregelten Mutterschaftsurlaub ausgibt, gewaltig entlastet. Das neue Modell sieht eine Erwerbsausfallentschädigung von 100% während 16 Wochen für alle Frauen vor, die neun Monate vor der Geburt erwerbstätig waren, auch wenn das Arbeitsverhältnis während der Schwangerschaft von der Arbeitnehmerin gekündigt wurde. Ebenfalls anspruchsberechtigt sollten Frauen sein, die gegen Lohn im Betrieb des Mannes mitarbeiten, beispielsweise die Bäuerinnen und die Frauen von Gewerbetreibenden. Nichterwerbstätigen Frauen möchten die Parteienvertreterinnen während vier Monaten die Minimalrente der AHV ausrichten. Um sich nicht dem Vorwurf des Gieskannenprinzips auszusetzen, regten sie an, den Plafond beim maximalen rentenbildenden AHV-Einkommen (gegenwärtig knapp 70'000 Fr.) anzusetzen und nicht, wie dies der Vorschlag des EDI vorsah, beim dem für die obligatorische Unfallversicherung massgebenden Höchstbetrag von 97'200 Fr.

Bundesgesetz über die Mutterschaftsversicherung (MSVG; BRG 97.055)
Dossier: Schaffung einer Mutterschaftsversicherung (1989-2004)

SGB und SP beschlossen, die Volksinitiative "für eine Flexibilisierung der AHV - Gegen die Erhöhung des Rentenalters für Frauen" des Schweizerischen Kaufmännischen Vereins zu unterstützen, da diese Initiative ihrer Ansicht nach die Weichen für die 11. AHV-Revision in die richtige Richtung stellt. Weil sie andere Vorstellungen von Umwelt- und Energieabgaben haben, verzichteten sie hingegen auf eine Unterstützung der Doppelinitiative der Grünen ("für ein flexibles Rentenalter ab 62 für Frau und Mann" und "für eine gesicherte AHV - Energie statt Arbeit besteuern").

Eidgenössische Volksinitiativen "für eine Flexibilisierung der AHV - gegen die Erhöhung des Rentenalters für Frauen" und "für ein flexibles Rentenalter ab 62 für Frau und Mann" (BRG 97.088)
Dossier: Doppelinitiative der Grünen über die AHV und das Rentenalter (1994-2001)
Dossier: Debatten um das Frauenrentenalter

Der Bundesrat nahm im Oktober den Drei-Säulen-Bericht des EDI zur Kenntnis. Der Bericht zeigt die Möglichkeiten der zukünftigen Entwicklung im Bereich der Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (AHI) auf. Angesichts der bereits eingetroffenen und noch zu erwartenden sozio-ökonomischen Veränderungen kommt er zum Schluss, dass an der bestehenden Drei-Säulen-Konzeption grundsätzlich festzuhalten sei und keine grösseren Gewichtsverschiebungen zwischen den einzelnen Säulen vorgenommen werden sollten. Gleichzeitig wurden jedoch einzelne Anpassungen zur Optimierung des AHI-Systems vorgeschlagen. Der Bericht behandelte die finanziellen Auswirkungen der skizzierten Lösungen nicht im Detail. Dies soll die vom Bundesrat im Vorjahr eingesetzte interdepartementale Arbeitsgruppe (IDA FiSo) tun, welche im Mai ihre Arbeit aufnahm. Politisch brisantester Punkt des Berichts war die Feststellung, dass die erste Säule (AHV/IV) nach wie vor nicht existenzsichernd ist, wie es die Verfassung verlangt, weshalb eine Neufassung des Verfassungsziels im Sinn einer "Zielhierarchie" vorgeschlagen wurde, bei der die Existenzsicherung zur Aufgabe aller drei Säulen sowie nötigenfalls der Ergänzungsleistungen wird. Diese sollen definitiv in der Verfassung verankert werden.

Drei-Säulen-Bericht/IDA FiSo

In der Januarsession bemängelte Ständerat Frick (cvp, SZ) mit einer Motion, dass die 1990 getroffene Regelung, wonach die AHV die von Belgien verweigerten Rentenansprüche von Auslandschweizern aus den ehemaligen belgischen Kolonien Kongo und Ruanda-Urundi übernimmt (Mo. 94.3445), in rund 30 Härtefällen an der zu starr festgesetzten Altersgrenze gescheitert sei, weshalb er vom Bundesrat die Vorlage eines abgeänderten Bundesbeschlusses verlangte. Da dieser zusagte, die Angelegenheit noch einmal eingehend prüfen zu wollen, erklärte sich der Motionär mit der Umwandlung in ein Postulat einverstanden. Die Landesregierung hielt Wort und leitete dem Parlament bereits im Mai die entsprechenden Bundesbeschlüsse zu, welche von beiden Kammern praktisch einstimmig angenommen wurden.

Bundesbeschluss Sozialversicherungsansprüche der Schweizer der ehemaligen belgischen Kolonien Kongo und Ruanda-Urundi (90.097)

Nach dem Nationalrat nahm auch der Ständerat mit Zustimmung des Bundesrates diskussionslos eine Motion Tschopp (fdp, GE) zur Erstellung von statistischen Indikatoren für künftige AHV-Revisionen an, auf deren Grundlage die Entwicklung der wichtigsten demographischen und wirtschaftlichen Parameter verfolgt werden kann.

Motion Entwicklung der wichtigsten demographischen und wirtschaftlichen Parameter AHV

In der 11. AHV-Revision soll das Rentenalter der Frauen und der Männer gleich hoch angesetzt werden. Der Nationalrat überwies ebenfalls eine entsprechende, im Vorjahr verabschiedete Motion der zuständigen Ständeratskommission. Bundesrätin Dreifuss erklärte sich im Namen des Bundesrates bereit, den Vorstoss in der verbindlichen Form entgegenzunehmen, da die finanziellen Aussichten dieses Sozialwerks tatsächlich nicht rosig seien und voraussichtlich bereits im Jahr 2000 das dafür vorgesehene zusätzliche Mehrwertsteuerprozent beansprucht werden müsse. Die grosse Kammer betonte, dass es nicht nur darum gehe, die Vorarbeiten für die 11. Revision ohne Verzug in Angriff zu nehmen, sondern dass der Bundesrat eigentlich verpflichtet werden müsste, die Vorlage in der neuen Legislatur parlamentsreif vorzulegen.

Aufnahme des gleichen Rentenalters in die 11. AHV-Revision (Mo. 94.3175)
Dossier: 11. AHV-Revision (1991-2004; 2005-2010)
Dossier: Debatten um das Frauenrentenalter

Die Zustimmung fiel einem Teil der Stimmberechtigten auch deshalb relativ leicht, weil sie sich erhoffen konnten, dass - unter Beibehaltung der Vorteile für die Frauen - die Frage des Rentenalters durch die von der SP und den Gewerkschaften lancierte Volksinitiative "für die 10. AHV-Revision ohne Erhöhung des Rentenalters", welche kurz vor der Volksabstimmung mit 105'947 gültigen Unterschriften zustande kam, noch einmal beurteilt werden kann.

Eidgenössische Volksinitiative "für die 10. AHV-Revision ohne Erhöhung des Rentenalters" (BRG 97.008)
Dossier: 10. Revision der Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV; 1980-1998)
Dossier: Debatten um das Frauenrentenalter

Nach einer relativ spannenden Abstimmungskampagne, in welcher sich sowohl Bundesrätin Dreifuss als auch die Basis der SP, die dazu erstmals seit 74 Jahren wieder in einer Urabstimmung befragt wurde, von den Gewerkschaften absetzten, wurde die 10. AHV-Revision in der Volksabstimmung mit rund 60% der Stimmen deutlicher angenommen als erwartet. Allerdings lehnten vier Kantone der Romandie sowie das Tessin die Vorlage ab, am deutlichsten die Kantone Tessin und Jura mit über 60% Neinstimmen. Die stärkste Annahme wurde in den beiden Appenzell und im Kanton Zürich erreicht. Die Vox-Analyse der Abstimmung zeigte, dass die Heraufsetzung des Rentenalters die Frauen nicht stärker gegen die Vorlage zu mobilisieren vermochte als die Männer. Offenbar wurden das neue Splitting-System und die zusätzlich eingeführten Leistungen für Frauen mit Erziehungs- und Betreuungspflichten höher gewertet als der für die Frauen anfallende Nachteil durch die Erhöhung des Pensionierungsalters.

Abstimmung vom 25. Juni 1995 über die 10. AHV-Revision

Beteiligung: 40,4%
Ja: 1'110'053 (60,7%)
Nein: 718'349 (39,3%)

Parolen:
- Ja: FDP, CVP, SVP, SP (3*), GP (2*), LP, LdU, EVP, FP, SD, EDU; Vorort, SGV, SBV, Pensionskassenverbände, Bund Schweiz. Frauenorganisationen, Schweiz. Gemeinnütziger Frauenverein, Schweiz. Landfrauenbund, Caritas Schweiz
- Nein: Lega, PdA; SGB, CNG

* In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen

10. AHV-Revision (BRG 90.021)
Dossier: 10. Revision der Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV; 1980-1998)
Dossier: Debatten um das Frauenrentenalter

Die 1990 von SP und SGB eingereichte Volksinitiative "zum Ausbau von AHV und IV", welche eine Verlagerung von der 2. Säule (Pensionskasse) auf die 1. Säule (AHV) und die Einführung einer Vorruhestandsregelung ab 62 Jahren verlangte, wurde von Volk und Ständen klar abgelehnt. Die stärkste Zustimmung fand die Vorlage im den Kanton Tessin mit über 43% der Stimmen, gefolgt von den Kantonen der Romandie, die - mit Ausnahme des Wallis - einen Ja-Anteil von über 30% aufwiesen. Die geringste Unterstützung - mit deutlich weniger als 20% der Stimmen - wurde in den beiden Appenzell und in Unterwalden registriert. Das gesamthaft negative Ergebnis war im Vorfeld der Abstimmung allgemein erwartet worden. Auch wenn, wie die Vox-Analyse zu diesem Urnengang zeigte, eine Mehrheit der Stimmenden der Meinung war, dass mit 62 eine Pensionierung ohne materielle Einbusse möglich sein sollte, überwogen doch die finanzpolitischen Bedenken gegenüber dieser Lösung.

Volksinitiative "zum Ausbau von AHV und IV"
Abstimmung vom 25. Juni 1995
Beteiligung: 40,3%
Nein: 1'307'302 (73,4%) / 20 6/2 Stände
Ja: 499'266 (27,6%) / 0 Stände

Parolen:
- Nein: FDP, CVP, SVP, LP, LdU, EVP, FP, SD, EDU; Vorort, SGV, SBV, Pensionskassenverbände
- Ja: SP, GP (1*), PdA; SGB
Stimmfreigabe: Lega; CNG

* In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen

Volksinitiative «zum Ausbau von AHV und IV»
Dossier: Volksinitiativen zur Altersvorsorge (seit 2015)

In einer erstmals seit 1921 wieder durchgeführten Urabstimmung sprachen sich im Frühjahr 66% der SP-Mitglieder für die 10. AHV-Revision und damit für die Erhöhung des Rentenalters der Frauen von 62 auf 64 Jahre aus. Damit entschied sich die Parteibasis (bei einer Stimmbeteiligung von knapp 33%) für einen anderen Weg als ihre traditionellen Bündnispartner, die Gewerkschaften, die gegen die 10. AHV-Revision das Referendum ergriffen hatten. Gemeinsam lancierten und reichten SP und Gewerkschaften allerdings schon vor Annahme der 10. AHV-Revision am 25. Juni eine «Auffanginitiative» ein, die verlangt, dass die 10. AHV-Revision ohne höheres Frauen-Rentenalter in Kraft gesetzt wird.

Unstimmigkeiten und Urabstimmung in der SP über die 10. AHV-Revision

Als einzige der Bundesratsparteien hatte die SP im Frühjahr gegen die drei Landwirtschaftsvorlagen (Revision MIlichwirtschaftseschluss, Revision Landwirtschaftsgesetz, Verfassungsartikel über die Landwirtschaft) und «für ein Bioland Schweiz» votiert. Das dreifache Nein des Volkes gereichte der Partei deshalb zum Triumph. Hingegen hatte die 1991 eingereichte und zuletzt auch parteiintern umstrittene AHV/IV-Ausbauinitiative von SP und Gewerkschaften an der Urne keine Chance.

Parolen der SP 1995
Dossier: Parolen der SP, 1990-1995

Als einzige Partei ausser den Grünen sprach sich die PdA gegen die Einführung einer Ausgabenbremse aus, da sie die Verhinderung neuer sozialer Ausgaben befürchtete. Ausserdem lehnte sie zusammen mit den Gewerkschaften die 10. AHV-Revision ab und grenzte sich damit klar von der SP ab.

Parolen der PdA 1995
Dossier: Parolen der PdA, 1990-1995

In der parlamentarischen Debatte wurde in beiden Kammern und quer durch alle Parteien festgestellt, dass die Sozialversicherungen ein viel zu sensibler Bereich seien, um in einem Schnellverfahren und im Rahmen von Sanierungsmassnahmen grundlegend verändert zu werden. Die künftige Finanzierung der AHV sei im wesentlichen Gegenstand der anlaufenden 11. Revision, weshalb die jetzt vom Bundesrat gemachten Vorschläge dort fundiert diskutiert werden sollten. Da die parlamentarischen Beratungen in der Januar- resp. der Frühjahrssession stattfanden, fielen neben generellen sozialpolitischen Bedenken auch abstimmungsbezogene Überlegungen ins Gewicht. Angesichts der für den Frühsommer anstehenden Referendumsabstimmung zur 10. AHV-Revision wollte man diese Vorlage nicht durch eine Verunsicherung der Rentner und des Gewerbes belasten.

Aus diesen Gründe wurde die Aufhebung des Mischindexes mit deutlicher Mehrheit und die Angleichung des Beitragssatzes der Selbständigerwerbenden an jenen der Arbeitnehmer knapp abgelehnt. Gegen den Widerstand der Linken und der Grünen stimmte das Parlament hingegen einer Beitragskürzung des Bundes an die AHV für das Jahr 1996 von 17,5% auf 17% zu, obgleich selbst Finanzminister Otto Stich diese Kürzung nach der Ablehnung der Beitragserhöhung für die Selbständigerwerbenden für nicht mehr sinnvoll hielt.

Sparmassnahmen zur nachhaltigen Sanierung des Bundeshaushaltes (BRG 94.073)
Dossier: Sanierungsmassnahmen 1994 für den Bundeshaushalt (BRG 94.073)

Von der Öffentlichkeit vorerst kaum bemerkt, trat auf den 1. Januar des Berichtsjahres der mit dem revidierten Gesetz über die Bundessteuer eingeführte Grundsatz in Kraft, wonach die AHV-Renten zu 100% und nicht wie bisher bloss zu 80% zu versteuern sind. Von Nationalrat Zisyadis darauf angesprochen, begründete der Bundesrat die Massnahme damit, dass ja auch die während des Erwerbslebens entrichteten Beiträge vollumfänglich vom steuerbaren Einkommen abgesetzt werden können, weshalb er keinen Grund sehe, auf die Änderung zurückzukommen.

AHV-Renten zu 100% und nicht wie bisher bloss zu 80% zu versteuern

Der Nationalrat verabschiedete hingegen mit Zustimmung des Bundesrates eine Motion Tschopp (fdp, GE), welche die Landesregierung beauftragt, eine Reihe statistischer Indikatoren erarbeiten zu lassen, auf deren Grundlage die Entwicklung der wichtigsten demographischen und wirtschaftlichen Parameter verfolgt werden kann, um die Kohärenz der Gesetzgebungsprozesse im Bereich der AHV-Revisionen zu verbessern und bezüglich der sozialen Sicherheit mehr Transparenz zu schaffen.

Motion Entwicklung der wichtigsten demographischen und wirtschaftlichen Parameter AHV

Die 10. AHV-Revision und das in letzter Minute heraufgesetzte Rentenalter für Frauen stürzte die SP in ein Dilemma. Während sich der Parteivorstand und Präsident Bodenmann für ein Referendum gegen die 10. AHV-Revision stark machten, setzten sich andere namhafte SP-Vertreter dafür ein, die positiven Errungenschaften der Vorlage zu retten und die Erhöhung des Frauenrentenalters von 62 auf 64 Jahre mit einer Initiative rückgängig zu machen. Die Partei war in der Frage der 10. AHV-Revision so gespalten, dass sie zur Klärung den seit 1921 nie mehr praktizierten Weg einer Urabstimmung beschloss.

Unstimmigkeiten und Urabstimmung in der SP über die 10. AHV-Revision

Erstmals in ihrer Geschichte lancierte die Grüne Partei im Berichtsjahr eine eidgenössische Volksinitiative - und zwar gleich eine Doppelinitiative. Mit den Initiativen «für ein flexibles Rentenalter 62 für Mann und Frau» und «für eine gesicherte AHV - Energie statt Arbeit besteuern» griff die Partei ins Tauziehen um die 10. AHV-Revision ein und will zugleich eine ökologische Steuerreform einläuten.

Tandeminitiative der Grünen über AHV, Energie und Rentenalter