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  • Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV)

Akteure

  • Rechsteiner, Paul (sp/ps, SG) SR/CE
  • Rossini, Stéphane (sp/ps, VS) NR/CN

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In der Wintersession 2022 folgte der Ständerat seinem Schwesterrat und nahm eine Motion der Mitte-Fraktion (Mo. 22.3792) für einen vollständigen Teuerungsausgleich der AHV-Renten auf den 1. Januar 2023 an. Die SGK-SR hatte zuvor argumentiert, dass die «ungeschmälerte und unverzügliche Erhaltung der Kaufkraft der AHV-Renten» in Anbetracht der allgemein sinkenden Kaufkraft zentral sei. Diese ausserordentliche Rentenerhöhung sei jedoch nicht zusätzlich zu, sondern anstelle einer künftigen ordentlichen Rentenerhöhung zu verstehen. Eine Minderheit Kuprecht (svp, SZ) beantragte, die Motion abzulehnen, zumal man nicht vom «bewährten Mechanismus», bei dem ein Mittelwert der Preisentwicklung gemäss LIK und der Lohnentwicklung berechnet wird, abweichen solle. Zudem müssten auch die Arbeitnehmenden ohne vollständigen Teuerungsausgleich auskommen – vielmehr übersteige bereits die vom Bundesrat im Oktober 2022 beschlossene Erhöhung der AHV/IV-Renten um 2.5 Prozent den Teuerungsausgleich für die Arbeitnehmenden deutlich. Die Erhöhung des Rentenausgleichs auf 3 Prozent statt auf 2.5 Prozent bringe insgesamt Mehrkosten von CHF 1.2 Mrd. für die AHV, CHF 155 Mio. für die IV und CHF 245 Mio. für den Bundeshaushalt mit sich – zuzüglich der Durchführungskosten. Letztere seien wohl höher als die zusätzlichen monatlichen Renten von CHF 6 bis CHF 12 pro Person, welche überdies aufgrund der Referendumsfrist erst Mitte des Jahres ausbezahlt werden könnten.
Paul Rechsteiner (sp, SG) wehrte sich dagegen, «diese Beträge [...] zu bagatellisieren». Bei einer Teuerung von 3.6 Prozent – Kuprecht hatte mit 3.0 Prozent gerechnet – und über die zwei Jahre, für welche die Rentenanpassungen vorgesehen sind, gehe es hier um insgesamt CHF 500 pro Person, was für die Betroffenen sehr wichtig sei.
Mit 22 zu 20 Stimmen folgte der Ständerat seiner Kommissionsmehrheit und nahm die Motion an. Für Annahme stimmten die SP- und die Grünen- sowie eine Mehrheit der Mitte-Fraktion, dagegen die SVP- und die FDP-Fraktion. Bisher noch nicht behandelt wurden die in der ausserordentlichen Session im Herbst 2022 im Ständerat angenommenen Motionen von Pirmin Bischof (mitte, SO; Mo. 22.3803) und Paul Rechsteiner (Mo. 22.3799) mit demselben Anliegen.

Fünf Motionen zur Anpassung der AHV-Renten (Mo. 22.3792; Mo. 22.3799; Mo. 22.3803; Mo. 22.3818; Mo. 22.3861)
Dossier: Wie stark soll die AHV-Rente der Teuerung angepasst werden? (2023)
Dossier: Ausserordentliche Session 2022 zum Thema «Kaufkraft»

In der Herbstsession 2022 führten National- und Ständerat eine ausserordentliche Session zum Thema «Kaufkraft» (22.9013) durch, in der sie verschiedene Vorstösse für eine finanzielle Entlastung der Bürgerinnen und Bürger aufgrund der steigenden Teuerung, insbesondere im Bereich Energie, diskutierten. Eine Gruppe von Unterstützungsvorschlägen betraf dabei die AHV-Renten.

So forderten die Mitte-Fraktion im Nationalrat (Mo. 22.3792) sowie Pirmin Bischof (mitte, SO; Mo. 22.3803) und Paul Rechsteiner (sp, SG; Mo. 22.3799) im Ständerat eine ausserordentliche Anpassung der ordentlichen AHV-Renten durch einen vollständigen Teuerungsausgleich auf den 1. Januar 2023. Gemäss aktueller Regelung würde die Teuerung durch Anwendung des sogenannten Mischindexes nur teilweise ausgeglichen, weil neben dem Preisindex auch der Lohnindex berücksichtigt wird. Diese Problematik wurde etwa auch im Rahmen der Initiative für eine 13. AHV-Rente diskutiert. Der Bundesrat bestätigte, dass der Mischindex in diesem Jahr die Teuerung vermutlich unterschätze, verwies aber darauf, dass das Lohnniveau üblicherweise stärker ansteige als das Preisniveau – so etwa auch im Jahr 2020 –, wodurch die Rentnerinnen und Rentner von dieser Regelung üblicherweise profitierten. Darüber hinaus verlangten die drei Vorstösse, dass die Renten bei allfälligen zukünftigen überdurchschnittlichen Teuerungsanstiegen über 2 Prozent des LIK regelmässig angepasst werden.
Alfred Heer (svp, ZH; Mo. 22.3818) im Nationalrat und Marco Chiesa (svp, TI; Mo. 22.3861) im Ständerat wehrten sich mit ihren Motionen gegen die vorgeschlagene Abweichung vom Mischindex. Auch sie forderten eine Rentenanpassung, jedoch weiterhin in Übereinstimmung mit dem Mischindex. Finanziert werden solle dieser Teuerungsausgleich neu jedoch über Ausgabenwachstumsplafonierungen im Bundesbudget, etwa bei der internationalen Entwicklungszusammenarbeit, beim Forschungs- und Bildungsbereich oder bei den Aufwendungen des Bundes für Personal und externe Beratende. Zur Begründung verwiesen die Motionäre auf verschiedene kostentreibende Projekte, die in der Sommersession 2022 vom Parlament gutgeheissen worden waren und die Einsparungen nötig machten.
Der Bundesrat erklärte in seiner Stellungnahme, dass die Rentenanpassungen keine höheren Bundesbeiträge an die AHV nach sich ziehen würden und die Plafonierung somit nicht nötig sei. Zudem erhöhe die Teuerung nicht nur die Ausgaben, sondern auch die Einnahmen der AHV. Mit 99 zu 92 Stimmen (bei 1 Enthaltung) und mit 24 zu 17 Stimmen respektive 16 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) nahmen National- und Ständerat die Motionen der Mitte, von Pirmin Bischof und von Paul Rechsteiner an, während sie die Motionen von Alfred Heer und Marco Chiesa mit 142 zu 53 Stimmen respektive 34 zu 6 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) ablehnten. Während sich die Mitglieder der SVP-, der GLP- und die Mehrheit der FDP.Liberalen-Fraktion erfolglos gegen die Erhöhung des Teuerungsausgleichs aussprachen, fanden die Motionen von Heer und Chiesa nur in der SVP-Fraktion Zustimmung.

Fünf Motionen zur Anpassung der AHV-Renten (Mo. 22.3792; Mo. 22.3799; Mo. 22.3803; Mo. 22.3818; Mo. 22.3861)
Dossier: Wie stark soll die AHV-Rente der Teuerung angepasst werden? (2023)
Dossier: Ausserordentliche Session 2022 zum Thema «Kaufkraft»

In der Sommersession 2022 bereinigte das Parlament die Modernisierung der Aufsicht in der 1. Säule und die Optimierung der Aufsicht in der 2. Säule. Zuerst beriet der Ständerat die offenen Differenzen und hiess die meisten Änderungen des Nationalrats gut. Einziger Streitpunkt war die Frage, ob es Einschränkungen bezüglich des Einsitzes in die Aufsichtsbehörden geben soll. Der Bundesrat hatte hier ursprünglich vorgeschlagen, Mitgliedern der Kantonsregierung den Einsitz gänzlich zu verbieten, der Nationalrat wollte nur die Angehörigen der für die Zweite Säule zuständigen Departemente vom Einsitz ausschliessen. Der Ständerat lehnte solche Einschränkungen hingegen erneut ab. Man sehe nicht ein, «wieso Regierungsräte wegen vermuteter Interessenkonflikte ausgeschlossen werden sollen, die Branche und beaufsichtigte Körperschaften jedoch in der Aufsichtsbehörde Einsitz nehmen dürfen», begründete Erich Ettlin (mitte, OW) diesen Einwand im Namen der Mehrheit der SGK-SR. Eine Minderheit Müller (fdp, LU) beantragte hingegen, die Regelung des Nationalrats zu übernehmen. Seit der Strukturreform beim BVG 2011 wolle man die Dominanz der Regierungsratsmitglieder in den regionalen Aufsichtsbehörden reduzieren, nun solle man dies explizit auf Gesetzesstufe regeln. Mit 28 zu 15 Stimmen folgte die kleine Kammer jedoch der Kommissionsmehrheit. Bereinigt wurde hingegen die Frage, ob Versicherungsträger ihre Entscheide elektronisch zustellen können sollen. Der Ständerat hatte eine solche Möglichkeit zuvor gegen den Willen des Nationalrats gutgeheissen, folgte nun aber einer Minderheit Rechsteiner (sp, SG), der auf die Tragweite dieser Bestimmung verwies. Wichtige Entscheide, die anfechtbar sein sollen, müssten auch zukünftig schriftlich erfolgen, forderte er. Zudem sei eine Vernehmlassung zur Digitalisierung in der Verwaltung und im Justizwesen im Gange, die eine umfassende Lösung dieser Problematik anstrebe. Mit 24 zu 18 Stimmen folgte der Rat der Minderheit und bereinigte diese Differenz.

In der Nationalratsdebatte stellten die Kommissionssprecherinnen Céline Amaudruz (svp, GE) und Regine Sauter (fdp, ZH) klar, wie die vom Nationalrat vorgeschlagene Bestimmung zur Mitgliedschaft in den Aufsichtsbehörden der beruflichen Vorsorge zu verstehen war: Einsitz haben dürften demnach weder Regierungsrätinnen und Regierungsräte der betroffenen Departemente, noch Mitarbeitende der betroffenen Departemente. Mit 23 zu 0 Stimmen (bei 1 Enthaltung) hatte die SGK-NR entschieden, an dieser Bestimmung festzuhalten – entsprechend folgte ihr die grosse Kammer stillschweigend. Ob diesem deutlichen Resultat in der grossen Kammer gab der Ständerat in der Folge nach und sprach sich für die vom Nationalrat formulierte Regelung aus.

Somit konnte die letzte Differenz der Vorlage bereinigt werden und die Modernisierung der AHV war bereit für die Schlussabstimmungen. Diese passierte der Entwurf ohne Widerstand: Mit 197 zu 0 Stimmen und 41 zu 0 Stimmen (bei 4 Enthaltungen) stellten sich beide Räte hinter die getroffenen Regelungen.

Aufsicht in der 1. Säule (BRG 19.080)

Ende März 2022 sprach sich nach dem Bundesrat auch die SGK-SR mehrheitlich für Annahme der Motion Silberschmidt (fdp, ZH; Mo. 20.4078) für eine Finanzierung der AHV im Jahr 2050 ohne Umlagedefizit aus. «Aus politischer Sicht gibt es keinen Grund, diese Motion abzulehnen», betonte die Kommissionsmehrheit im Kommissionsbericht. Dies sah eine Minderheit Rechsteiner (sp, SG) anders und beantragte die Motion zur Ablehnung. Mangels verlässlicher Vorhersagen für eine «derart langfristige Perspektive» solle die Motion abgelehnt werden.
In der Sommersession 2022 folgte der Ständerat mit 22 zu 18 Stimmen der Kommissionsmehrheit und nahm die Motion an. Zwei Tage später zog Andri Silberschmidt seine ursprüngliche Motion (Mo. 20.3833) zurück, welche die defizitfreie Finanzierung der AHV zusätzlich durch gleich starke ausgaben- wie einnahmenseitige Massnahmen erreichen wollte.

Netto-null-Ziel im Jahr 2050. Ein Nachhaltigkeitsziel auch für die AHV (Mo. 20.3833 & Mo 20.4078))

Der Ständerat nahm sich in der Wintersession 2021 des Sozialversicherungsabkommens mit Tunesien an. Paul Rechsteiner (sp, SG), der im Namen der SGK-SR das Wort ergriff, sprach sich für die Annahme des «Standardabkommens» aus. Dieses werde «keine übertrieben bedeutenden Folgen» haben, aber die soziale Sicherheit für tunesische Staatsangehörige in der Schweiz und für Schweizer Staatsangehörige in Tunesien regeln. Rechsteiner hob hervor, dass über hundert Schweizer Unternehmen mit schweizerischer Kapitalbeteiligung in Tunesien existierten, die rund 14'000 Personen beschäftigten. Die Kommission habe die Annahme des Abkommens einstimmig empfohlen, weil damit ein Rentenexport und die Anrechnung von Beitragszeiten in der ersten Säule möglich gemacht würden. Laut Rechsteiner stellt ein Sozialversicherungsabkommen zudem eine Voraussetzung für die weitere Entwicklung der bilateralen Wirtschaftsbeziehungen dar. Bundesrat Berset erklärte, dass das Abkommen keine Gesetzesänderung notwendig mache und die langfristigen Kosten auf CHF 2.7 Mio. geschätzt würden, wobei sich diese nur auf die Auszahlung der Renten ins Ausland bezögen. Wie zuvor schon Rechsteiner merkte auch Berset an, dass das Abkommen dem fakultativen Referendum unterliege. Die kleine Kammer nahm das Geschäft mit 35 zu 4 Stimmen deutlich an, nur einige Mitglieder der SVP-Fraktion sprachen sich dagegen aus.

Abkommen mit Tunesien zur sozialen Sicherheit
Dossier: Sozialversicherungsabkommen der Schweiz

In der Herbstsession 2021 startete der Ständerat ins Differenzbereinigungsverfahren der AHV 21-Reform, bei der die beiden Kammern sich in verschiedenen zentralen Punkten bereits einig waren – etwa bei der Erhöhung des Frauenrentenalters auf 65 Jahre oder der Verknüpfung der Mehrwertsteuererhöhung und der AHV-Reform –, aber auch noch zahlreiche, auch sehr weitreichende Differenzen bestanden. Erich Ettlin (mitte, OW) erläuterte als Kommissionssprecher noch einmal den Rahmen der Revision: Die Erhöhung des Frauenrentenalters auf 65 Jahre soll jährlich CHF 1.4 Mrd. und bis ins Jahr 2030 CHF 10 Mrd. einbringen. Davon abgezogen werden müssten die Ausgleichsmassnahmen für besonders betroffene Jahrgänge, über deren Höhe und Ausgestaltung sich Bundesrat, Nationalrat und Ständerat noch nicht einig waren: Der Bundesrat hatte Ausgleichsmassnahmen in der Höhe von einem Drittel der Gesamteinsparungen (CHF 3.3. Mrd.) vorgesehen, der Ständerat in seiner ersten Beratung Massnahmen über CHF 2.1 Mrd. und der Nationalrat solche von CHF 4.1 Mrd.

Bezüglich der Ausgleichsmassnahmen lagen dem Ständerat zwei neue Modelle vor, ein Modell der Kommissionsmehrheit sowie dasjenige einer Minderheit Müller (fdp, LU), das jedoch nicht mit Müllers Modell aus der ersten ständerätlichen Debatte übereinstimmte. Sowohl die Kommissionsmehrheit als auch die Minderheit wollten dabei prinzipiell das bisherige Trapezmodell des Ständerates mit dem bisherigen Nationalratsmodell kombinieren. Ersteres hatte Abstufungen der Rentenzuschläge nach Jahrgang der Frauen vorgesehen, Letzteres beinhaltete Abstufungen nach Einkommensgruppen – nun sollten die Rentenzuschläge folglich in beiden Modellen sowohl nach Jahrgängen als auch nach Einkommen abgestuft werden. Die Kommissionsmehrheit blieb bei der progressiv-degressiven Ausgestaltung in Trapezform, wonach die ersten drei und die letzten zwei Jahrgänge nur jeweils einen Teil des Zuschlags, nicht den vollständigen Zuschlag erhalten sollten. Die Minderheit Müller sah hingegen nur bei den ersten drei Jahrgängen gekürzte Zuschläge vor. Beide Modelle wollten jedoch die Rentenzuschläge ausserhalb des AHV-Plafonds gewähren, womit also auch Frauen, welche bereits ohne Zuschlag die Maximalrente erhielten, davon profitieren sollten. Die Unterstellung des Zuschlags unter den Plafonds war zuvor am bundesrätlichen sowie am nationalrätlichen Modell stark kritisiert worden. Insgesamt zeigte sich die Kommissionsmehrheit bei den Zuschlägen deutlich grosszügiger als die Minderheit Müller, die sowohl tiefere Grundzuschläge als auch grössere Reduktionen dieser Zuschläge (nach Jahrgängen und Einkommen) vorsah.
Ähnlich waren sich die beiden Modelle beim Gesamtbetrag, der für die Ausgleichsmassnahmen eingesetzt werden sollte: Hier hatte man sich in der Kommission zuvor mit CHF 3.2 Mrd. in etwa auf den Betrag des Bundesrates geeinigt – man wählte also einen Mittelweg zwischen den CHF 2.1 Mrd. des ersten Vorschlags des Ständerates und den CHF 4.1 Mrd. des Nationalrats. Hingegen unterschieden sich die beiden Modelle bezüglich der Anzahl zu berücksichtigender Jahrgänge: Die Kommissionsmehrheit blieb beim ständerätlichen (und bundesrätlichen) Vorschlag von neun Jahrgängen, die Minderheit Müller machte einen Schritt auf den Nationalrat zu, der sechs Jahrgänge begünstigen wollte, und schlug sieben Jahrgänge vor. Neun Jahrgänge seien nötig, weil sonst «viele tausend Frauen betroffen sind, die keine Möglichkeit mehr für einen Ausgleich haben», begründete Pirmin Bischof (mitte, SO) die Position der Kommissionsmehrheit. Damian Müller wies jedoch darauf hin, dass ab dem achten Jahrgang bereits «der nächste Reformschritt greifen» müsse, welchen die SGK-NR mit ihrer Motion in die Wege geleitet hatte.
Besonders umstritten war in der Kommission nun die Frage des Rentenvorbezugs. Der Bundesrat hatte in seinem ursprünglichen Modell vorgesehen, dass die betroffenen Jahrgänge entweder zwischen dem Rentenzuschlag oder einem Rentenvorbezug zu besseren Konditionen wählen können. Die Minderheit Müller wollte bei dieser Wahlmöglichkeit bleiben und den reduzierten Kürzungssatz bei Rentenvorbezug noch nach Einkommensgruppen abstufen. Somit sollten Frauen mit geringen Einkommen in den Übergangsgenerationen ihre Rente ohne oder nur mit geringen Einbussen vorzeitig beziehen, dabei aber nicht vom Rentenzuschlag profitieren können. Die Kommissionsmehrheit hingegen sah vor, dass die betroffenen Frauen bei einem Rentenvorbezug zwar nicht von besseren Konditionen profitieren können sollten – für sie würden somit bei einem Vorbezug dieselben Konditionen gelten wie für alle anderen Frauen –, jedoch sollten sie auch bei einem Vorbezug in den Genuss des vollen Rentenzuschlags kommen. Hier waren sich Kommissionsmehrheit und -minderheit nicht einig, welches Modell fairer sei. Minderheitensprecher Müller störte sich am Vorschlag der Kommissionsmehrheit, da die Vorbeziehenden damit «für ihren Rentenvorbezug mit einer unter dem Strich höheren Rente belohnt werden». Dagegen wehrte sich Pirmin Bischof und argumentierte, dass rentenvorbeziehende Frauen in allen Varianten der Mehrheit immer eine tiefere Rente bekämen als Frauen, die bis 65 arbeiteten. Hingegen sehe das Modell Müller, dem Modell des Nationalrats folgend, geringere Kürzungssätze beim Rentenvorbezug vor als das bundesrätliche Modell. Damit setze die Minderheit mehr Geld für Personen mit hohen Einkommen ein, da eine Senkung der Kürzungssätze gemäss Bischof «bei den hohen Einkommen betragsmässig natürlich am meisten aus[mache]». Zudem verursachten die Rentenvorbeziehenden im nationalrätlichen Modell ähnlich hohe Kosten an Ausgleichsmassnahmen wie Personen, die bis ins Alter von 65 Jahren arbeiteten und den Rentenzuschlag wählten – dies sei mit dem Kampf gegen den Fachkräftemangel nicht zu vereinbaren, erklärte Kommissionssprecher Ettlin.
Bundesrat Berset zeigte sich in der Folge von beiden Ausgleichsmodellen für die Übergangsgenerationen nicht begeistert, nannte das Kommissionsmodell jedoch «une solution équilibrée». Der Gesundheitsminister betonte insbesondere, dass die Ausgleichsmassnahmen bei der letzten erfolgreichen AHV-Revision 1994 nicht einen Drittel, sondern ganze 80 Prozent der Einnahmen betragen hätten, und warb in diesem Sinne für eine möglichst grosszügige Ausgestaltung der Massnahmen, um diese in der nötigen Volksabstimmung durchzubringen. In der Folge entschied sich der Ständerat mit 27 zu 15 Stimmen für das Modell der Kommissionsmehrheit.

Bezüglich der Mehrwertsteuererhöhung beantragte die Kommission, dem Nationalrat bei einer Erhöhung um 0.4 Prozentpunkte (beim Normalsatz sowie um je 0.1 Prozentpunkte beim reduzierten Satz und beim Sondersatz) zu folgen – der Ständerat hatte sich in seiner ersten Behandlung für eine Erhöhung um 0.3 Prozentpunkte (und je 0.1 Prozentpunkte) ausgesprochen, der Bundesrat hatte für eine Erhöhung um 0.7 Prozentpunkte plädiert. Die von der Kommission vorgeschlagene Erhöhung würde der AHV CHF 1.37 Mrd. pro Jahr einbringen, bei 0.3 Prozentpunkten wären es CHF 1.03 Mrd. Zudem lag dem Ständerat bei seiner Beratung ein Einzelantrag Noser (fdp, ZH) vor. Noser schlug eine Erhöhung um 0.3 Prozentpunkte vor, zumal er es als schwierig erachtete, den Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern eine verglichen mit der Altersvorsorge 2020 stärkere Erhöhung der Mehrwertsteuer bei einer ansonsten kleineren Revision zu erklären. Zudem sei es sinnvoll, diese Differenz zum Nationalrat offen zu halten, um weiterhin eine Diskussion dazu zu ermöglichen. Erich Ettlin präsentierte diesbezüglich den voraussichtlichen Stand des AHV-Fonds im Jahr 2030 bei den verschiedenen Szenarien, wobei 100 Prozent die AHV-Ausgaben eines Jahres darstellten und vom Bundesrat als Ziel der Revision anvisiert worden waren. Mit dem Modell der Kommission würde der Fondsstand 2030 bei 87 bis 90 Prozent liegen (je nach Zeitpunkt des Inkrafttretens der Revision), mit dem Antrag Noser wären es zwischen 82 und 85 Prozent. Der Gesundheitsminister kritisierte den Verzicht der beiden Kammern, die Revision auf eine 100-prozentige Fondshöhe auszurichten, und argumentierte ebenfalls mit der Wirkung auf die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger: Bei der nächsten Revision sei es schwierig zu erklären, wieso man härtere Massnahmen ergreifen müsse, nur weil man Jahre zuvor nicht bereit gewesen sei, mit einer Fondshöhe von 100 Prozent zu planen. Von den beiden Anträgen bevorzugte er folglich die stärkere Erhöhung der Kommissionsmehrheit. Diese setzte sich anschliessend mit 22 zu 20 Stimmen (bei 1 Enthaltung) knapp durch, womit die Frage der Mehrwertsteuererhöhung zwischen den beiden Räten bereinigt werden konnte.

Der Nationalrat hatte in seiner Beratung zudem eine einmalige Einlage des Bruttoertrags aus den Negativzinsen der Schweizerischen Nationalbank in den AHV-Ausgleichsfonds vorgeschlagen und dazu einen eigenen Bundesbeschluss geschaffen. Die Mehrheit der SGK-SR lehnte jedoch Eintreten auf diesen Beschluss ab, während sich eine Minderheit Germann (svp, SH) für Eintreten und für den Bundesbeschluss aussprach. Hannes Germann argumentierte, dass die Unabhängigkeit der Nationalbank mit einer einmaligen Einlage nicht beeinträchtigt werde – ansonsten würde das entsprechende Geld einfach «über die normale Gewinnverteilung laufen» und damit Kantonen und Bund zugute kommen. Über die Verrechnung der Kosten, welche den Banken anfallen, und über die Kosten für die Pensionskassen seien die Bürgerinnen und Bürger indirekt stark von den Negativzinsen betroffen. Anstatt daher die Gewinne daraus dem Bund und den Kantonen zukommen zu lassen, sollten sie über die AHV direkt der Bevölkerung zugutekommen. Paul Rechsteiner (sp, SG) unterstützte den Minderheitensprecher – neben Germann und Rechsteiner hatten auch Marina Carobbio Guscetti (sp, TI) und Maya Graf (gp, BL) den Antrag vorgängig unterzeichnet – und verwies darauf, dass zwischen 2015 und 2020 CHF 10 Mrd. an Gewinnen aus den Negativzinsen angefallen seien – bis zum Inkrafttreten der Revision würden es gar CHF 12 oder 13 Mrd. sein –, die man nun der AHV zuweisen könne. Das entspreche der Grössenordnung des Betrags, den «man den Frauen wegnimmt». Daher sei es schwierig zu erklären, wieso man auf diesen Betrag verzichten wolle, insbesondere da man das mit dem Nationalbankgold bereits einmal gemacht habe.
Erich Ettlin gab für die Kommission die Aussagen von Fritz Zurbrügg, Mitglied des Direktoriums der Nationalbank, wieder, der sich im Namen der SNB gegen dieses Vorhaben wehrte. So müsse bedacht werden, dass auch die Nationalbank Negativzinsen bezahle, etwa bei den Covid-19-Krediten, und dass «über die Hälfte der Devisenanlagen eine negative Verfallrendite» aufweise. Zudem befürchtete die Kommission, dass sich die SNB durch eine solche Auszahlung unter Druck gesetzt fühle, weil der Finanzierungsbedarf der AHV auch weiterhin bestehen bleibe. Zudem bestehe auch in anderen Bereichen entsprechender Bedarf, wobei unklar sei, wieso diese Gewinne genau für die AHV einzusetzen seien. Man schaffe damit eine Erwartungshaltung für die Zukunft. Darüber hinaus nehme man damit den Kantonen Geld weg – diese erhalten normalerweise zwei Drittel der Gewinnausschüttungen. Mit 27 zu 14 Stimmen (bei 1 Enthaltung) sprach sich der Ständerat in der Folge gegen Eintreten aus.

Ansonsten verabschiedete der Ständerat zahlreiche kleinere Regelungen stillschweigend. Abgestimmt wurde zudem über die Frage, ob der Rentenzuschlag von der Berechnung des Einkommens zum Anspruch von Ergänzungsleistungen ausgenommen werden soll oder nicht. Eine Minderheit Carobbio Guscetti beantragte diese Ausnahme, damit auch Frauen mit Ergänzungsleistungen vollständig von dem Zuschlag profitieren könnten. So müssten fast 11 Prozent aller Frauen ab dem Renteneintritt Ergänzungsleistungen beziehen, insbesondere geschiedene, alleinerziehende oder verwitwete Frauen. Erich Ettlin argumentierte für die Kommissionsmehrheit, dass eine solche Ausnahme dem Grundprinzip der EL zuwiderlaufe und man den Rentenzuschlag daher nicht von der Einkommensberechnung ausnehmen solle. Mit 28 zu 12 Stimmen folgte die Ratsmehrheit seinem Antrag.
Diskutiert wurde ebenfalls darüber, ob der Anspruch auf Hilflosenentschädigung wie bisher nach einer ein Jahr dauernden Hilflosigkeit oder bereits nach drei Monaten gewährt werden soll. Eine Minderheit Graf beantragte, diesbezüglich dem Nationalrat zu folgen und die Wartefrist zu verkürzen. Die meisten Beziehenden von Hilflosenentschädigungen seien über 80 Jahre alt und da sich ihr Zustand üblicherweise eher verschlechtere, solle man ihnen bereits nach drei Monaten die entsprechende Hilfe zukommen lassen. Damit könne man sicherstellen, dass sie solange wie möglich zuhause betreut werden können. Kommissionssprecher Ettlin verwies darauf, dass damit aber auch Personen, die sich nach einer über dreimonatigen Krankheit wieder erholten, Hilflosenentschädigungen beziehen könnten, wodurch man die Kontrollen verstärken müsste. Insgesamt führe dies zu Mehrkosten von CHF 124 Mio. Mit 30 zu 13 Stimmen lehnte der Ständerat die Verkürzung der Wartefrist ab.
Mit diesen Änderungen ging der Entwurf zur AHV 21 zurück an den Nationalrat.

Reform «Stabilisierung der AHV (AHV 21)» (BRG 19.050)
Dossier: Debatten um das Frauenrentenalter
Dossier: Erhöhung des Rentenalters

In der Frühjahrssession 2021 begann mit der Beratung im Ständerat «endlich» die Behandlung der AHV 21-Reform – endlich weil die Dauer der Vorbereitung durch die SGK-SR zuvor medial stark kritisiert worden war. Kommissionssprecher Erich Ettlin (mitte, OW) stellte in seiner Rede insbesondere die demografischen Herausforderungen für die AHV in den Mittelpunkt und fasste ihre Situation in Zahlen zusammen: Dank der STAF habe das kumulierte Umlagedefizit des AHV-Ausgleichsfonds für die Jahre 2022 bis 2030 von CHF 39 Mrd. auf CHF 19 Mrd. reduziert werden können, für eine 100-prozentige Deckung des Ausgleichsfonds im Jahr 2030 liege der Finanzierungsbedarf entsprechend «nur» noch bei CHF 26 Mrd. (ohne STAF: 53 Mrd.). Dieser Finanzierungsbedarf solle durch die Erhöhung des Frauenrentenalters auf 65 Jahre und die Erhöhung der Mehrwertsteuer um 0.7 Prozentpunkte gedeckt werden. Gleichzeitig seien auch Ausgleichsmassnahmen für Übergangsjahrgänge der Frauen sowie Massnahmen für eine Flexibilisierung des Rentenbezugs zwischen 62 und 70 Jahren vorgesehen. Dennoch sei damit für Mitte der 2020er Jahre eine erneute Revision vonnöten, welche die Finanzierung der AHV über das Jahr 2030 hinaus sichern soll.
Eintreten war unbestritten und auch die erste Änderung, die auf der Fahne mit Abstand am meisten Platz einnahm, die Ersetzung des Begriffs «Rentenalter» durch «Referenzalter» in sämtlichen betroffenen Gesetzestexten, nahm der Ständerat stillschweigend an.
Eine «zentrale Bestimmung der Vorlage» (Ettlin) stellte die Erhöhung des Referenzalters der Frauen auf 65 Jahre dar, wie sie auch die Kommissionsmehrheit befürwortete. Eine Minderheit Carobbio Guscetti (sp, TI) beantragte hingegen die Streichung der Erhöhung. Die Minderheitensprecherin wies auf die ungemein schlechtere Situation der Frauen bei den Renten verglichen mit den Männern hin: Frauen erhielten etwa ein Drittel weniger Altersrenten als Männer; die Hälfte der 2018 pensionierten Frauen erhielt eine AHV-Altersrente unter CHF 1'754 pro Monat; fast ein Drittel der aktuell pensionierten Frauen erhalte kein Geld aus der Pensionskasse; die Pensionskassenrenten der Frauen seien überdies durchschnittlich nur halb so gross wie diejenigen der Männer; insgesamt müssten doppelt so viele Frauen wie Männer Ergänzungsleistungen beziehen. «Tous les indicateurs financiers et les inégalités entre les femmes et les hommes nous permettent d'affirmer que l'âge de la retraite ne doit pas être relevé tant que les conditions nécessaires à assurer une pension décente aux femmes ne sont pas remplies», argumentierte Marina Carobbio Guscetti. Mit den von der Kommissionsmehrheit zusätzlich gekürzten Ausgleichsmassnahmen erwarteten die Frauen der Übergangsjahrgänge damit reale Rentenkürzungen. Da die Rentenaltererhöhung der Frauen bereits zweimal in Volksabstimmungen abgelehnt worden sei, solle nicht auch die aktuelle Revision durch Aufnahme dieser Massnahme gefährdet werden. Kommissionssprecher Ettlin verwies bezüglich Bekämpfung der Lohnungleichheit darauf, dass diese nicht im AHVG, «sondern anders zu lösen sei», allenfalls im BVG. In der AHV bestehe «kein Problem in der Rentenhöhe», insbesondere im Hinblick auf die längere Lebensdauer der Frauen, auf die Witwenrenten, auf das Splitting oder die Erziehungsgutschriften. Gesundheitsminister Berset verwies darauf, dass diese Erhöhung – auch wenn man gute Gründe dafür habe – für die Frauen dennoch «une année de travail et de cotisations en plus et une année de rente en moins» darstelle. Dies müsse man mit entsprechend grosszügigen Ausgleichsmassnahmen berücksichtigen. Mit 30 zu 12 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) sprach sich der Ständerat in der Folge für die Erhöhung des Referenzalters der Frauen aus.
Die meisten Sprechenden waren sich einig, dass die Ausgleichsmassnahmen für die Frauen den Knackpunkt der Reform darstellen, entsprechend umfangreich war die Anzahl der hier eingebrachten Anträge. Diese liessen sich gemäss Kommissionssprecher Ettlin in drei Kategorien aufteilen: Das Bundesratsmodell, das Trapezmodell und das Modell Müller.
Das Bundesratsmodell sah zwei verschiedene Elemente vor, zwischen denen sich die betroffenen Frauen entscheiden müssten. Einerseits sollten die Renten der Frauen aus den Übergangsjahrgängen durch eine alternative Rentenformel lebenslang erhöht werden. Minimal- und Maximalrente würden dabei gleich bleiben, aber die Renten dazwischen würden erhöht – am meisten würden Frauen mit einem Jahreseinkommen von ca. CHF 43'000 profitieren (CHF 163), der durchschnittliche Zuschlag käme bei CHF 76 zu liegen. 54 Prozent aller Frauen in den Übergangsjahrgängen erhielten dadurch höhere Renten. Andererseits sollten sich die betroffenen Frauen aber auch für eine Frühpensionierung entscheiden können, wobei ihre Renten weniger stark gekürzt würden als normalerweise. Bis zu einem Einkommen von ca. CHF 57'000 pro Jahr sollte die Rente bei einer Frühpensionierung von einem Jahr gar nicht gekürzt werden. Dieses Modell verfolgten neben dem Bundesrat auch die Kommissionsmehrheit sowie die Minderheit I Stöckli und die Minderheit II Graf (gp, BL), wobei die Kommissionsmehrheit deutlich tiefere Ausgaben plante und weniger Jahrgänge teilhaben lassen wollte (max. CHF 440 Mio., 6 Jahrgänge) als der Bundesrat (max. CHF 700 Mio., 9 Jahrgänge) oder gar die beiden Minderheiten (max. CHF 1.4 Mrd., 9 Jahrgänge respektive max. CHF 2.6 Mrd., 14 Jahrgänge). Als Vorteil dieses Modells nannte Bundesrat Berset insbesondere die Kombination der zwei Elemente «Rentenerhöhung» und «Vorbezug». Als Nachteil führte Peter Hegglin (cvp, ZG) als Anhänger des Trapezmodells auf, dass die Rentenformel sehr kompliziert sei und dass die Mindestrenten nicht angepasst würden und somit gerade diejenigen Personen, die eine Verbesserung am stärksten nötig hätten, nicht profitieren könnten. Andererseits erhielten Personen, die bereits die Maximalrenten beziehen, ebenfalls keine höheren Renten.
Alternativ wurde in der SGK-SR das sogenannte Trapezmodell diskutiert, das statt einer Anpassung der Rentenformel einen Rentenzuschlag vorsah. Dabei erhielt das Modell seinen Namen aus der anfänglich progressiven Erhöhung des Rentenzuschlags und der zum Schluss degressiven Senkung des Zuschlags. Damit sollte der Tatsache Rechnung getragen werden, dass das Rentenalter in vier Jahresschritten à je drei Monaten erhöht würde. Die Frauen des ersten Jahrgangs würden somit «nur» drei Monate später pensioniert als bisher und sollten entsprechend nicht in den Genuss eines vollen Rentenzuschlags kommen. Damit weise das Modell weniger und schwächere Schwelleneffekte auf als das Bundesratsmodell, wurde argumentiert. Zudem erhielten alle Betroffenen dieselben Zuschläge, auch Personen mit niedrigen Einkommen könnten folglich von einem Rentenzuschlag profitieren – umgekehrt hingegen auch Personen, welche bereits die Maximalrente erzielten. Dieses Modell verfolgten die Minderheiten III Hegglin, IV Stöckli und V Graf, wobei sie die Rentenzuschläge einer unterschiedlichen Anzahl Jahrgänge zukommen lassen wollten, unterschiedliche Abstufungen vorsahen und wiederum unterschiedliche Höchstausgaben planten (Hegglin: max. CHF 430 Mio., 9 Jahrgänge; Stöckli: max. CHF 700 Mio., 9 Jahrgänge; Graf: max. CHF 2.6 Mrd., 14 Jahrgänge). Vorteile bei einer frühzeitigen Pensionierung waren in diesem Modell nicht vorgesehen.
Eine Minderheit VI Müller (fdp, LU) sah ebenfalls einen Zuschlag ausserhalb der Rentenformel vor, wollte diesen aber nach Einkommenshöhe abstufen. So sollten Frauen mit tiefen Einkommen (Einkommen bis zu der vierfachen minimalen Altersrente) zusätzlich CHF 150 erhalten, Frauen mit hohen Einkommen (über derselben Schwelle) CHF 50. Hingegen sollte es keine Abstufungen nach Jahrgängen geben. Wie beim Bundesratsmodell sollten sich die Frauen jedoch auch beim Modell Müller zwischen einer höheren Rente oder einem gekürzten Abzug beim Rentenvorbezug entscheiden können. Als Nachteil des Modells nannte Kommissionssprecher Ettlin die Schwelleneffekte, hingegen profitierten diejenigen Frauen am meisten, welche die Hilfe am nötigsten hätten. Das Modell sah Ausgaben in der Höhe von maximal CHF 600 Mio. und eine Berücksichtigung von 6 Jahrgängen vor.
In den dazugehörigen Abstimmungen setzte sich das Modell der Kommissionsmehrheit zuerst gegen alle anderen Bundesratsmodelle durch. Anschliessend entschied sich der Rat bei den Trapezmodellen für das sparsamste Modell der Minderheit III Hegglin, welches sich in der Folge auch gegen das Modell Müller und gegen dasjenige der Kommissionsmehrheit durchsetzte (19 zu 12 Stimmen bei 13 Enthaltungen). Damit sah der Ständerat in der Hauptstreitfrage einen zuerst progressiv ansteigenden und anschliessend degressiv absteigenden Zuschlag für 9 Jahrgänge mit Ausgaben von CHF 430 Mio. im teuersten Jahr vor.

Umstritten war auch das Thema Flexibilisierung des Rentenantritts, das sich aus dem vieldiskutierten Rentenvorbezug und dem mehrheitlich unbeachteten Rentenaufschub zusammensetzt. Ein Rentenvorbezug war bisher für Frauen ab einem Alter von 62 Jahren und für Männer ab 63 Jahren möglich, für die Zukunft sah der Bundesrat einen Vorbezug für alle ab 62 Jahren vor. Da zudem der Kürzungssatz für einen Vorbezug seit langer Zeit nicht mehr angepasst worden war, lag dieser in der Zwischenzeit viel zu hoch. Entsprechend sollte der Bundesrat diesen zukünftig alle zehn Jahre den versicherungsmathematischen Begebenheiten anpassen. Dabei soll der Kürzungssatz jeweils so ausgestaltet werden, dass Personen, die ihre Renten vorbeziehen, diesen Vorbezug durch die Kürzung ihrer Renten selbst finanzieren. Vorbezug – sowie Aufschub der Rente – sollten damit mittelfristig kostenneutral sein. Dennoch beantragte die Kommissionsmehrheit, den Vorbezug erst ab 63 Jahren möglich zu machen. Man wolle den Vorbezug nicht zusätzlich fördern, zumal er durch die Anpassung des Kürzungssatzes bereits finanziell bessergestellt werde und bereits heute vor allem von Personen mit höheren Renten genutzt würde. Deshalb schlug die Kommissionsmehrheit vor, dass der Kürzungssatz für Personen mit tieferen Einkommen (bis zu einer vierfachen Minimalrente) um 40 Prozent reduziert werden soll. Marina Carobbio Guscetti wehrte sich gegen den Antrag der Mehrheit, den Rentenvorbezug erst ab 63 Jahren zu ermöglichen. Die Flexibilisierung zwischen dem 62. und dem 70. Lebensjahr entspreche der Realität, zudem solle man die Situation für die Frauen nicht noch weiter verschlechtern und diese nicht doppelt bestrafen. Gesundheitsminister Berset kritisierte, dass der Vorbezug ab 62 Jahren einer der einzigen Punkte gewesen sei, der in der Altersvorsorge 2020 von allen unterstützt worden sei. Man solle das aktuelle Projekt entsprechend mit dieser Änderung, die keinen finanziellen Nutzen bringe, nicht überladen. Mit 23 zu 19 Stimmen erhörte der Ständerat den Bundesrat jedoch nicht und nahm den Mehrheitsantrag der Kommission an.
Stillschweigend stimmte der Ständerat dem neuen Passus des Bundesrates zu, wonach AHV-Beiträge nach Erreichung des Referenzalters zukünftig rentenbildend sein sollen. Dies habe man in der Altersvorsorge 2020 nicht berücksichtigt, was für viele Diskussionen gesorgt habe, wie Hans Stöckli betonte. Umstrittener war hingegen der Freibetrag nach Erreichen des Referenzalters, den der Bundesrat und eine Minderheit Stöckli wie bisher beim anderthalbfachen Mindestbetrag der Altersrente belassen (CHF 16'800), die Kommissionsmehrheit jedoch auf CHF 24'000 erhöhen wollte. Zwar sei die Streichung des Freibetrags im Rahmen der Altersvorsorge 2020 stark kritisiert worden, eine Erhöhung habe jedoch – «ausser Economiesuisse und vielleicht dem Arbeitgeberverband», wie Paul Rechsteiner (sp, SG) einwand – niemand gefordert, argumentierte Stöckli. Von einer Erhöhung profitierten denn auch hauptsächlich die Arbeitgebenden, die dadurch Sozialkosten sparen könnten, kritisierte Stöckli. Erich Ettlin verteidigte den Kommissionsantrag, indem er betonte, dass dadurch mehr Anreize für einen Rentenaufschub von Personen geschaffen werden sollten, die bereits die Maximalrente erhielten. Mit 27 zu 18 Stimmen folgte der Ständerat der Kommissionsmehrheit und erhöhte den Freibetrag.

Die übrigen Aspekte waren zwar teilweise ebenfalls umstritten, führten aber zu deutlich weniger Diskussionen. So hatte der Bundesrat beabsichtigt, den Ehepaarplafond, also die Summe der Renten für Ehepaare, bei 150 Prozent zu belassen, die SGK-SR schlug hier jedoch eine Erhöhung auf 155 Prozent vor. Dieses Anliegen der «Mitte» war zuvor in den Medien ausführlich diskutiert worden. Eine Minderheit Müller beantragte, dem Bundesrat zu folgen, zumal eine Analyse des Bundesrates gezeigt habe, dass Ehepaare in der AHV (wegen der Witwen- und Witwerrente oder dem «Beitragsprivileg von nicht berufstätigen Ehepartnern») sowie allgemein in den Sozialversicherungen noch immer bevorzugt würden. Zudem sollte der Plafond nur für diejenigen Ehepaare erhöht werden, die den heutigen Plafond erreichen. Somit würden nur Personen mit mittleren und höheren Einkommen profitieren, nicht aber Ehepaare mit tiefen Einkommen. Für die Kommission zog Erich Ettlin einen Vergleich mit Konkubinatspaaren, die 200 Prozent der Rente erhielten, und verwies darauf, dass gerade Personen mit höheren Einkommen auch «solidarisch in die AHV einbezahlt[en]», zumal die AHV-Rente nach oben begrenzt sei. Mit 18 zu 13 Stimmen (bei 13 Enthaltungen) folgte der Ständerat jedoch der Minderheit Müller und lehnte die Erhöhung des Ehepaarplafonds ab.
Stillschweigend schuf der Ständerat auf Antrag seiner Kommission auch eine Verpflichtung für den Bundesrat, bis Ende 2026 eine neue AHV-Revision zur Stabilisierung der AHV für die Jahre 2030 bis 2040 vorzulegen. Umstritten war zum Abschluss der Debatte der Revision des AHVG auch die Frage, ob die entsprechende Revision mit dem Bundesbeschluss über die Erhöhung der Mehrwertsteuer verknüpft werden soll, ob also Erstere nur bei Annahme Letzterer in Kraft treten soll. Gegen den Willen des Bundesrates hatte die SGK-SR eine solche Verknüpfung geschaffen, eine Minderheit Stöckli beantragte ihre Streichung. Diese Verknüpfung sei bereits bei der Altersvorsorge 2020 massiv kritisiert worden und habe damals einen wichtigen Ablehnungsgrund dargestellt, argumentierte Stöckli. Kommissionssprecher Ettlin verteidigte die Verknüpfung insofern, als es «keine Leistung gebe, wenn die Finanzierung nicht gesichert sei». In der Folge gab es einen kurzen Wortwechsel zwischen Paul Rechsteiner, der darauf hinwies, dass es mit dieser Revision keine zusätzlichen Leistungen, nur Leistungsabbau gebe, und Erich Ettlin, der auf die Kosten für die Ausgleichsmassnahmen der Frauen verwies, welche durch die Mehrwertsteuererhöhung finanziert werden müssten. Mit 30 zu 14 Stimmen folgte der Ständerat seiner Kommissionsmehrheit.
Mit 31 zu 13 Stimmen sprach sich der Ständerat in der Folge für den von ihm geänderten Entwurf der Revision des AHVG aus. Geschlossen lehnten die Mitglieder der SP und der Grünen den Entwurf ab.

Im Anschluss an die Revision des AHVG beschäftigte sich der Ständerat mit dem Bundesbeschluss über die Erhöhung der Mehrwertsteuer, zu dem ebenfalls zahlreiche Minderheitsanträge vorlagen. Die Kommissionsmehrheit hatte die vom Bundesrat vorgeschlagene Mehrwertsteuererhöhung um 0.7 Prozentpunkte (des Normalsatzes) auf 0.3 Prozentpunkte reduziert, aber eine Möglichkeit für eine einmalige weitere Erhöhung um 0.4 Prozentpunkte geschaffen, falls der AHV-Ausgleichsfonds 90 Prozent einer Jahresausgabe unterschreitet. Zudem knüpfte die Kommission die Mehrwertsteuererhöhung an die Annahme der AHV-Revision. Minderheiten I Carobbio Guscetti (0.8%) und II Müller (0.3%) sahen weitere Varianten vor. Damian Müller argumentierte, dass «keine Steuern auf Vorrat» erhoben werden sollten. Dieses Argument teilte auch Kommissionssprecher Ettlin, der entsprechend das zweistufige Verfahren der Mehrheit lobte. Bundesrat Berset freute sich darüber, dass niemand die Zusatzfinanzierung gänzlich infrage stellte, und wies darauf hin, dass in der Tat weniger Geld benötigt werde, wenn die Ausgleichsmassnahmen tiefer angesetzt würden, als es der Bundesrat vorgeschlagen hatte: Mit dem bundesrätlichen Projekt hätte der Deckungsgrad des AHV-Ausgleichsfonds im Jahr 2030 bei 101 Prozent gelegen, mit der Reduktion der Ausgleichsmassnahmen, wie sie der Ständerat vorgenommen hatte, würde eine Mehrwertsteuererhöhung um 0.7 Prozentpunkte im Jahr 2030 zu einem Deckungsgrad von 106 Prozent führen. Mit den Beschlüssen des Ständerats und der zweistufigen Mehrwertsteuererhöhung käme der Deckungsgrad 2030 bei 89 Prozent zu liegen, mit dem Vorschlag Müller bei 84 Prozent. Mit dieser Unterfinanzierung des Ausgleichsfonds würde man die zukünftigen Reformen stark erschweren, zudem gefährdeten die tiefen Ausgleichszahlungen bereits die aktuelle Reform. Folglich bat Bundesrat Berset den Rat noch einmal um Zustimmung zum bundesrätlichen Vorschlag und um ein Rückkommen auf die höheren Ausgleichsmassnahmen im Rahmen des Differenzbereinigungsverfahrens. Auch hier sprach sich der Ständerat jedoch mit 29 zu 13 Stimmen für die sparsamste Variante aus, nämlich für die Minderheit Müller, welche die Mehrwertsteuer nur um 0.3 Prozentpunkte erhöhen wollte.
Einstimmig nahm der Ständerat den Bundesbeschluss in der Gesamtabstimmung an (40 zu 0 Stimmen, 4 Enthaltungen).

Reform «Stabilisierung der AHV (AHV 21)» (BRG 19.050)
Dossier: Debatten um das Frauenrentenalter
Dossier: Erhöhung des Rentenalters

Von einem «halben Wunder» (Christian Levrat, sp, FR) über eine «Schnapsidee» (Michael Hermann im Tages-Anzeiger) bis hin zu einem «Affront gegen die direkte Demokratie» (Michael Schönenberger in der NZZ) reichten die Beurteilungen des Coups der WAK-SR. Diese hatte in der Pressekonferenz nach ihrer ersten Sitzung zur Steuervorlage 17 alle überrascht, indem sie sich einstimmig für einen eigenen, neuen Vorschlag zur SV17 ausgesprochen hatte: Als soziale Ausgleichsmassnahme soll nicht mehr wie vom Bundesrat vorgeschlagen der Mindestansatz für das Kindergeld erhöht, sondern mehr Geld für die AHV zur Verfügung gestellt werden. Pro Franken, der durch die Steuererleichterungen für Unternehmen weniger an Steuereinnahmen generiert wird, soll ein Franken in die AHV fliessen. Da die WAK-SR mit Kosten von CHF 2.1 Mrd. rechnet, soll entsprechend derselbe Betrag der AHV zu Gute kommen, was diese finanziell bis 2024 oder 2025 absichern soll. Dazu sollen zukünftig das ganze Demografieprozent der Mehrwertsteuer in die AHV fliessen (CHF 520 Mio.) und der Bundesbeitrag an die AHV von 19.55 auf 20.2 Prozent (CHF 300 Mio.) sowie die Lohnbeiträge von Arbeitgebern und Arbeitnehmern um je 0.15 Prozentpunkte erhöht werden (CHF 1.2 Mrd.). Dies war jedoch nicht die einzige Neuerung der Kommission: Bei der Gegenfinanzierung reduzierte sie die minimale kantonale Dividendensteuer von 70 auf 50 Prozent, was ungefähr CHF 300 Mio. kostet. Damit soll ein Referendum des SGV oder von Swiss Family Business verhindert werden. Stattdessen soll das Kapitaleinlageprinzip (KEP) mit einer Rückzahlungsregel und einer Teilliquidationsregel eingeschränkt werden: Zukünftig sollen Reserven aus Kapitaleinlagen höchstens in dem Umfang steuerfrei ausgeschüttet werden können, in dem auch steuerbare Dividendenzahlungen vorgenommen werden (Rückzahlungsregel). Beim Rückkauf eigener Aktien müssen solche Reserven zudem im gleichen Umfang reduziert werden wie die Gewinnreserven (Teilliquidationsregel). Diese Regelung gilt jedoch nur für in der Schweiz kotierte Firmen, nicht aber für Kapitaleinlagereserven, die innerhalb eines Konzerns zurückbezahlt werden oder die im Rahmen eines Zuzugs in die Schweiz nach Inkrafttreten der Unternehmenssteuerreform II entstanden sind. Dies soll Bund und Kantonen Mehreinnahmen von CHF 150 Mio. generieren. Auch die sogenannte Lex Zürich soll nun doch eingeführt werden, wobei die zinsbereinigte Gewinnsteuer in «Abzug für Eigenfinanzierung» umbenannt wird und nur Hochsteuerkantonen, in denen die effektive Steuerbelastung für Unternehmen auf allen drei Ebenen über 18.03 Prozent liegt – konkret also nur dem Kanton Zürich –, zur Verfügung stehen soll.

Entstanden war der Kompromiss der Kommission gemäss «NZZ am Sonntag» und Tages-Anzeiger durch Verhandlungen der «Schattenregierung aus dem Stöckli», wie es die «NZZ am Sonntag» formulierte: Der Luzerner CVP-Ständerat Konrad Graber soll die Initiative ergriffen und Ständeratspräsidentin und Kontaktfrau zum Arbeitgeberverband Karin Keller-Sutter (fdp, SG), SP-Präsident Christian Levrat, Kommissionspräsident Pirmin Bischof (cvp, SO), Ruedi Noser (fdp, ZH) als Kontakt zu Economiesuisse sowie Gewerkschaftspräsident Paul Rechsteiner (sp, SG) ins Boot geholt haben. Sie alle seien sich der Relevanz der SV17 und der sozialpolitischen Kompensation bewusst gewesen, hätten aber die Erhöhung der Kinderzulagen für ein untaugliches Instrument gehalten und sich vor einem Referendum – sei es von bürgerlicher Seite aufgrund der Erhöhung der Dividendenbesteuerung und der Kinderzulagen oder von linker Seite wegen der geplanten Steuerrabatte – gefürchtet. In der Kommission sei man sich daher einig gewesen, dass man einen Kompromiss finden müsse, der von allen grossen Parteien und Organisationen mitgetragen werde. Trotz grosser inhaltlicher Unterschiede hätten sich alle dreizehn Mitglieder der WAK-SR einstimmig für das vorgeschlagene Konzept ausgesprochen.

Die bürgerlichen Parteien und Verbände zeigten sich von diesem Kompromiss nicht begeistert. Die SVP, die GLP, Economiesuisse und der Arbeitgeberverband beanstandeten die Vermischung des Finanz- und Gesundheitsdossiers und sprachen sich gegen sachfremde Verknüpfungen aus. Diese würden es den Bürgern verunmöglichen, sich frei für oder gegen die verschiedenen Elemente des Deals zu entscheiden. Eine «Verknüpfung sachfremder Themen grenzt an Nötigung des Stimmvolks», betonte Jürg Grossen (glp, BE). In den Medien und im Parlament war man sich zudem nicht sicher, ob eine solche Verknüpfung verfassungsrechtlich zulässig sei; verschiedene Parlamentarierinnen und Parlamentarier betonten, dass eine entsprechende Volksinitiative wohl wegen fehlender Einheit der Materie für ungültig erklärt werden würde. Die WAK-SR hatte diesbezüglich ein schriftliches Gutachten beim Bundesamt für Justiz (BJ) eingeholt, welches den Kompromiss für «vertretbar» hielt. Zwar gelte das Gebot der Einheit der Materie auch bei Gesetzesvorlagen, solle dort aber «nicht mit derselben Strenge gehandhabt werden [...] wie bei Teilrevisionen der Verfassung», erklärte das BJ. Das Gesetzgebungsverfahren sei strukturell einer Totalrevision, bei der die Einheit der Materie nicht relevant sei, näher als eine Volksinitiative. Dem Gesetzgeber stehe daher bei der Kompromissfindung ein vergleichsweise grosser Gestaltungsspielraum zu. Des Weiteren kritisierten Exponenten der SVP, FDP und des Gewerbeverbandes insbesondere die Finanzspritze an die AHV ohne Erhöhung des Frauenrentenalters. Es bedürfe dringend auch Massnahmen auf Leistungsseite, war mehrfach zu vernehmen, zumal die Linke aufgrund dieser Zusatzfinanzierung später womöglich nicht mehr für eine umfassende AHV-Reform gewonnen werden könne, da man ihr nichts mehr anzubieten habe. Der Arbeitgeberverband, einer der vehementesten Kritiker des Kompromisses, schlug daher vor, das Rentenalter der Männer auf 66, das der Frauen auf 65 Jahre zu erhöhen. Auch die Jungparteien der Grünen, der SVP, der FDP, der CVP und der BDP erklärten ihre Ablehnung des Vorschlags; die jungen Grünliberalen drohten sogar damit, allenfalls das Referendum zu ergreifen. Die Jungparteien kritisierten vor allem die starke Umverteilung von Jung zu Alt, durch welche die Jungen einmal mehr die ganze Last der Revision der Altersvorsorge tragen müssten. Das strukturelle Problem der AHV werde durch finanzielle Zuschüsse auf Kosten der Jungen überdeckt, aber nicht gelöst, erklärte zum Beispiel der Präsident der Jungfreisinnigen, Andri Silberschmidt.

Gemischt waren auch die Rückmeldungen von linker Seite: Die SP nannte den Vorschlag «akzeptabel». Der SGB sprach sich für den Kompromiss aus, TravailSuisse gab sich zwar erst kritisch, liess aber durchblicken, den Kompromiss wohl auch mitzutragen. SP-Präsident Christian Levrat betonte, dass dieser Vorschlag zum sozialen Ausgleich beitrage: Dadurch dass die Summe der Lohnbeiträge bis zu einem jährlichen Bruttolohn von CHF 130‘000 höher sei als die Summe der erhaltenen AHV-Renten, finanzierten 7 Prozent der Grossverdiener faktisch die AHV-Reform. Personen mit tiefen oder mittleren Löhnen würden also davon profitieren. Diese Argumentation überzeugte die Grünen, Teile der SP und verschiedene entwicklungspolitische NGOs jedoch nicht. Sie erklärten, die Vorlage nicht unterstützen zu wollen, da diese zu enormen Steuerausfällen führe, den internationalen Steuerwettbewerb weiter anheize und gegenüber ärmeren Staaten unfair sei. Zudem handle es sich bei dem AHV-Zuschuss nicht um eine Kompensation, wie viele Befürworter des Vorschlags loben würden, da einmal mehr die Arbeitnehmenden die entstehenden Kosten übernehmen müssten und nicht die Unternehmen.

Neben den Parteien und Verbänden äusserte auch ein Teil der Kantone Kritik am Kompromissvorschlag. Mit der Wiederaufnahme der zinsbereinigten Gewinnsteuer war die WAK-SR einer Forderung von Kanton und Stadt Zürich nachgekommen. «Wir mussten Zürich, dem Wirtschaftsmotor der Schweiz, in diesem Punkt entgegenkommen», erklärte Christian Levrat. Da das Instrument stark umstritten ist, sah man es aber nur für Hochsteuerkantone vor, obwohl es elf weitere Kantone ebenfalls gerne angewendet hätten. Diese Regelung verstosse gegen das Gebot der Gleichbehandlung und verhindere einen fairen Steuerwettbewerb, befand Cornelia Stamm Hurter (SH, svp), Finanzdirektorin des Kantons Schaffhausen – der zu eben diesen elf Kantonen gehört. Auch Hannes Germann (svp, SH) kritisierte die Lex Zürich und nannte sie einen «Sündenfall». Finanzminister Maurer hingegen verteidigte den Vorschlag der WAK-SR: «Es macht keinen Sinn, die beste Kuh nicht zu füttern – würde ich jetzt als alter Bauer sagen». Der Steuerabzug könne aber nicht für alle Kantone eingeführt werden, weil der Widerstand dagegen zu gross sei. WAK-SR-Präsident Pirmin Bischof ergänzte, dass auch andere Kantone den Abzug für Eigenfinanzierung einführen könnten; sie müssten dazu einfach ihre Gewinnsteuern erhöhen.

Trotz kritischer Stimmen aus dem ganzen politischen Spektrum blieben Referendumsdrohungen und Fundamentalopposition gegen den Kompromissvorschlag mehrheitlich aus. Selbst der Arbeitgeberverband wollte sich als einer der stärksten Kritiker des Vorschlags nicht festlegen, ob er bei Annahme der Vorlage durch das Parlament wirklich das Referendum ergreifen würde. Die zurückhaltenden Reaktionen der meisten Akteure würden verdeutlichen, dass sich alle bewusst seien, dass sehr viel auf dem Spiel stehe, war die einhellige Meinung in den Medien. Schliesslich habe die Vorlage wegen des grossen Zeitdrucks gute Erfolgsaussichten: Das «Parlament hat gar keine Gelegenheit, den Deal zu zerreden», erklärte die «Schweiz am Wochenende».

Steuervorlage 17 (SV17) und Bundesgesetz über die Steuerreform und die AHV-Finanzierung (STAF; BRG 18.031)
Dossier: Unternehmenssteuerreform III, Steuervorlage 17 und AHV-Steuer-Deal (STAF)

Im November 2016 reichte die SGK-SR ein Postulat ein, mit dem die Kinderrenten der ersten Säule – konkret der Export von Kinder- und Waisenrenten an Pflegekinder ins Ausland – vertieft analysiert werden sollen. Insbesondere die Praxis der Überprüfung der Anspruchsvoraussetzungen, die Zielländer dieser Leistungen, die Lebenshaltungskosten und Kaufkraft in diesen Ländern sowie die Familien- und Wirtschaftssituation der Betroffenen sollen untersucht werden. Grund dafür sei, so erklärte Pirmin Bischof (cvp, SO) in der Ständeratsdebatte während der Frühjahrssession 2017, dass verschiedenen Berichten zufolge vor allem ältere Männer mit hohen Einkommen und Kindern aus einer zweiten Ehe von Kinderrenten profitieren würden. Zudem hätten auch Kinder von Schweizerinnen und Schweizern, die nach einer Heirat im Ausland geboren werden, die mit einer ausländischen Partnerin oder einem ausländischen Partner gezeugt werden oder die aus der ersten Ehe der Partnerin oder des Partners stammen, Anspruch auf eine Rente. Wie häufig dies in den verschiedenen Regionen der Welt vorkomme, solle daher in einem Bericht erfasst werden. Der Bundesrat empfahl das Postulat zur Annahme und der Ständerat, der es gleich im Anschluss an den Entwurf zu den parlamentarischen Initiativen Humbel (10.407) und Rossini (13.477) und an seine Entscheidung, dass auch in Zukunft Kinderrenten ausbezahlt werden sollen, behandelte, nahm das Postulat stillschweigend an.

Kinderrenten der ersten Säule vertieft analysieren

Auch wenn die Schlussabstimmung betreffend die Parole des Schweizerischen Gewerkschaftsbunds (SGB) zur Reform der Altersvorsorge 2020 letztendlich mit 98 zu 21 Stimmen deutlich zugunsten der AHV-Reform ausfiel, zeigte die Delegiertenversammlung am 24. März 2017 eine Spaltung zwischen Deutschschweizer und Westschweizer Gewerkschafterinnen und Gewerkschaftern. Über 30 SGB-Delegierte äusserten sich vor der Parolenfassung; Hauptstreitpunkt war, ob die Erhöhung der AHV um monatlich CHF 70 eine Erhöhung des Frauenrentenalters rechtfertige. Solange die Frauen bei den Löhnen diskriminiert würden, dürfe das Rentenalter nicht erhöht werden, lautete der Tenor bei vielen Delegierten aus der Westschweiz. Ein Waadtländer Delegierter etwa warf SGB-Präsident Paul Rechsteiner Verrat vor, weil sich der Gewerkschaftskongress 2014 in einer Resolution klar gegen eine Erhöhung des Frauenrentenalters ausgesprochen habe. Unia-Präsidentin Vania Alleva entgegnete, dass in der gleichen Resolution die Erhöhung der AHV-Renten gefordert werde. Paul Rechsteiner strich die historische Dimension der Vorlage hervor: «Zum ersten Mal seit 42 Jahren könnte eine Erhöhung der AHV-Rente Realität werden», zitierte ihn die Luzerner Zeitung. Die grosse Mehrheit der Delegierten war sich einig: Würde die Vorlage abgelehnt, würde dies dem Arbeitgeberverband und den rechts-bürgerlichen Parteien nützen, womit deren Forderungen wie Rentenalter 67 und Rentenkürzungen Auftrieb erhielten, schrieb der SGB in einer Medienmitteilung. Dies gelte es zu verhindern, weshalb diese «Kröte», wie der SGB die Erhöhung des Frauenrentenalters bezeichnete, geschluckt werden müsse. Zusätzlich einigten sich die Delegierten darauf, dass die Lohnungleichheit zwischen Mann und Frau «endlich stärker bekämpft werden muss». Sie beauftragten den SGB, die Lancierung einer Volksinitiative mit dem Namen «Schluss mit dem Lohnklau – Lohngleichheit durchsetzen, aber subito!» zu prüfen.

SGB für höheres Frauenrentenalter

Im Juli 2016 entschied der Bundesrat auf Empfehlung der AHV/IV-Kommission, die AHV- und IV-Renten fürs Jahr 2017 – zum ersten Mal überhaupt seit Einführung der AHV 1948 – nicht zu erhöhen. Die Erhöhungen seien abhängig von der Lohn- und Preisentwicklung; dieses Jahr würden die negative Teuerung sowie die schwache Lohnentwicklung folglich keine Erhöhung rechtfertigen, erklärte der Bundesrat. Rein rechnerisch wäre gemäss Stéphane Rossini, Präsident der Kommission, auch eine Senkung der Renten möglich gewesen, eine solche sei aber nie zur Debatte gestanden. SGB-Präsident Paul Rechsteiner (sp, SG) verwies darauf, dass bei diesem Entscheid die Krankenkassenprämien nicht berücksichtigt würden, die durchschnittlich wieder um 5 Prozent stiegen. Aus diesem Grund sei ein Ja zur AHVplus-Initiative, über die im September abgestimmt wird, nötig; die Rentenentwicklung hinke ansonsten der Lohnentwicklung immer stärker hinterher.

Keine Erhöhung der Renten in der ersten Säule per Anfang 2017
Dossier: Anpassung der AHV- und IV-Renten

In der Wintersession 2016 behandelte der Ständerat den Entwurf zum Ausgleichsfondsgesetz. Dieser hat die Errichtung einer öffentlich-rechtlichen Anstalt – der Compenswiss – zur Verwaltung der Ausgleichsfonds von AHV, IV und EO zum Inhalt. Als Kommissionssprecher erklärte Pirmin Bischof (cvp, SO), dass die SGK-SR einen Zusatzbericht zu drei offenen Fragen verlangt hatte. Dabei habe sich insbesondere gezeigt, dass der zu behandelnde Gesetzesentwurf für eine gesetzliche Regelung der Rückzahlung der IV-Schuld ab 2018 dringend sei. Zudem solle gemäss Zusatzbericht die Zentrale Ausgleichsstelle (ZAS) nicht in die Compenswiss integriert werden, da dies einen unverhältnismässigen Aufwand mit sich bringen würde. Schliesslich klärte der Bericht, dass in Zukunft anstelle der drei Ausgleichsfonds die neue Anstalt mit ihrem Gesamtvermögen gegen aussen hafte.

In der Detailberatung beabsichtigte die SGK-SR – abweichend vom Bundesrat – nicht die Eidgenössische Finanzkontrolle, die diese Aufgabe bisher übernommen hatte, als Revisionsstelle zu beauftragen, sondern diesen Auftrag durch den Verwaltungsrat der Compenswiss vergeben zu lassen. Dies sei, so Hans Stöckli (sp, BE), aus dem Blickwinkel der Compliance schwierig. Entsprechend beantragte er mit einer Kommissionsminderheit, in diesem Punkt dem Bundesrat zu folgen. Kommissionssprecher Bischof entgegnete diesbezüglich, dass sich der Bund zwar mit fast CHF 12 Mrd. an der Finanzierung der AHV beteilige, aber eben nicht als Einziger beteiligt sei. Die Frage der Unabhängigkeit der Revisionsstelle gelte als wichtiges Erfordernis und eine Loslösung von der EFK trage dem Einwand Rechnung, der Staat solle nur dann Dienstleistungen anbieten, wenn der private Markt dies nicht zufriedenstellend tue. Da es aber gerade im internationalen Umfeld genügend entsprechende Firmen gebe, andere Unternehmen wie zum Beispiel die SUVA eine ähnliche Regelung kennen und die Oberaufsichtskompetenz der Bundesversammlung erhalten bleibe, sei die Lösung der SGK-SR zu bevorzugen. Dies überzeugte eine äusserst knappe Mehrheit des Ständerats: Mit 21 zu 20 Stimmen (0 Enthaltungen) wurde der Antrag der Mehrheit angenommen.

Ebenfalls diskutiert wurde auf Antrag von Liliane Maury Pasquier (sp, GE), ob der Bund auch über das Jahr 2017 hinaus und bis zur definitiven Entschuldung den jährlichen Zinsaufwand auf dem IV-Verlustvortrag übernehmen solle. Paul Rechsteiner (sp, SG) begründete diese Forderung damit, dass man diese Übernahme der Schulden durch den Bund 2010 beschlossen hatte, weil nicht die AHV für die Schulden verantwortlich war, sondern der Bund. Entsprechend solle man auch heute nicht die AHV dafür büssen lassen. Durch die Übernahme dieser Zinsen wäre die Entschuldung der IV bei der AHV nach heutigen Prognosen ein Jahr früher möglich. Wiederum entgegnete Pirmin Bischof, dass die Entschuldung unter anderem aufgrund des Tiefzinsumfelds schneller vorangehe als geplant. Dass der IV-Ausgleichsfonds seine Schulden verzinsen müsse, sei richtig, jedoch solle die Übernahme dieser Zinsen durch den Bund nur temporär sein und daher wie geplant Ende 2017 enden. Anschliessend solle der IV-Ausgleichsfonds dem AHV-Ausgleichsfonds den entsprechenden Zins bezahlen. Dies halte auch den Druck zur Sanierung der IV weiter hoch. Der Ständerat nahm diesen Antrag der Mehrheit mit 28 zu 13 Stimmen (0 Enthaltungen) an und sprach sich anschliessend in der Gesamtabstimmung einstimmig für das Ausgleichsfondsgesetz aus.

Ausgleichsfondsgesetz

In der Herbstsession 2015 stand die Debatte zur Reform der Altersvorsorge 2020 als wichtigstes Traktandum im Sessionsprogramm des Ständerates. Die kleine Kammer hatte über 15 Bundesgesetze zur Reform der Altersvorsorge (Entwurf 1) sowie über den Bundesbeschluss über die Zusatzfinanzierung der AHV durch eine Erhöhung der Mehrwertsteuer (Entwurf 2; Verfassungsebene) zu bestimmen. Die SGK-SR hatte zahlreiche Änderungen gegenüber dem Entwurf des Bundesrates vorgenommen und brachte 13 Minderheitsanträge ins Plenum. Die Debatte zog sich über drei Tage.

Die Eintretensdebatte behandelte beide Entwürfe gemeinsam. Da Eintreten vollkommen unbestritten war, diente dieser Teil der Debatte den Angehörigen der kleinen Kammer und dem Sozialminister dazu, ausführlich ihre Haltung für die anschliessend stattfindende Detailberatung darzulegen. Die Sprechenden betonten unisono die hohe Wichtigkeit und auch Dringlichkeit der anstehenden Reform. Vor dem Hintergrund, dass die AHV das wichtigste Sozialwerk der Schweiz ist und die Vorlage Millionen Menschen im Land betreffen wird, wurde die Reform als die wichtigste seit Jahren bezeichnet, ja als Garantie zur Erhaltung des Generationenfriedens. Obwohl periodische Anpassungen bei der Altersvorsorge notwendig seien, war seit 20 Jahren keine AHV-Reformvorlage mehr erfolgreich. Entsprechend riefen die Kantonsvertreterinnen und -vertreter dazu auf, verantwortungsvoll zu handeln, die ideologischen Schützengräben zu verlassen und ein Scheitern der komplexen Vorlage an der Urne zu verhindern.

Auch die Kommissionssprecherin Maury-Pasquier (sp, GE) und der Kommissionssprecher Schwaller (cvp, FR) betonten die Wichtigkeit der Vorlage aufgrund des demografischen Wandels. Obwohl die Kommission zahlreiche Änderungen gegenüber dem Entwurf des Bundesrates vorgenommen hatte, bleibe das Ziel identisch: Eine Stabilisierung der Altersvorsorge bis ins Jahr 2030. In der Kommissionsdebatte seien die Gemeinsamkeiten grösser gewesen als die Differenzen und der Entscheid für ein finanziell ausgeglichenes Gesamtpaket war einstimmig gefallen.

Die sozialdemokratische Fraktion im Rat erklärte, die Revision müsse in ihrer Gesamtheit auf die Bedürfnisse der Personen mit tiefem und mittlerem Einkommen abgestimmt sein, um an der Urne zu bestehen. Für diese Bevölkerungsgruppen seien die erste und zweite Säule von hoher Wichtigkeit. Während beide Entwürfe, jener des Bundesrats und jener der Kommission, das Ziel eines ausgeglichenen Stands des AHV-Fonds im Jahr 2030 erreichten, schwäche der Vorschlag des Bundesrates die AHV, während jener der SGK-SR sie stärke. Dies komme insbesondere Personen mit tiefem Einkommen zugute. Als einzige Verschlechterung bei der AHV sei im Kommissionsentwurf die Erhöhung des Rentenalters der Frauen übrig geblieben. Die Erhöhung der AHV für Ehepaare und für alle neu Pensionierten bezeichneten die SP-Abgeordneten als Herzstück der Vorlage. Die fixe Erhöhung stärke dabei die soziale Komponente der AHV, und eine Ansiedlung der Kompensationsmassnahmen in der AHV statt in der beruflichen Vorsorge sei kostengünstiger. Eine Erhöhung der AHV-Renten sei schon alleine deshalb notwendig, weil die Renten in den letzten 35 Jahren gegenüber der Lohnentwicklung in Rückstand geraten seien, so die Genossen. Insgesamt sei die Vorlage solide, da Einnahmen und Ausgaben übereinstimmen, und sie sei transparent und verständlich und somit mehrheitsfähig.

Einen ganz anderen Standpunkt vertraten wenig überraschenderweise die Sprecherinnen und Sprecher der FDP-Liberalen Fraktion. Nachdem sie diverse Vorteile der Vorlage herausgestrichen hatten, erläuterten sie die Gründe für ihre Ablehnung eines AHV-Ausbaus. Dieser funktioniere nach dem Giesskannenprinzip, was angesichts der starken Bevölkerungsalterung nicht finanzierbar sei. Anstatt wie ursprünglich vorgesehen die AHV zu stabilisieren, werde sie durch diesen Ausbau destabilisiert. Das Ausbauvorhaben sei dem Umstand geschuldet, dass man mit der Vorlage implizit zwei hängigen Volksinitiativen – „AHV plus" der SP und „Gegen die Heiratsstrafe" der CVP – habe entgegenkommen wollen. Der fixe Ausbau um CHF 70 stehe bei einer Sanierungsvorlage quer in der Landschaft, eine „Heiratsstrafe", die es zu kompensieren gälte, existiere summa summarum gar nicht. Nicht zuletzt wäre eine Erhöhung ausschliesslich der Neurenten ohnehin ungerecht. In klassisch-liberaler Manier wurde auch angemerkt, eine Erhöhung der Lohnbeiträge würde die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Wirtschaft schwächen. Ganz grundsätzlich, so die Ausführungen, sollten die erste und die zweite Säule nicht vermischt werden und Kompensationen für Kürzungen grundsätzlich in der selben Säule vorgenommen werden.

Auf Seiten der kleinen Mitteparteien zeigte sich Uneinigkeit: Während Verena Diener Lenz (glp, ZH) sich insgesamt mit der Vorlage zufrieden zeigte, kritisierte Werner Luginbühl (bdp, BE) insbesondere den Verzicht der Kommission auf einen Interventionsmechanismus. Beide Räte hätten einem solchen mehrmals zugestimmt. Insgesamt sei die Vorlage zu wenig nachhaltig und um eine Erhöhung des Rentenalters führe letztlich kein Weg herum.

Die Sprecher der SVP-Fraktion betonten, die Reform müsse zwar referendumsfest sein, man könne dem Volk jedoch keinen Sand in die Augen streuen. Für Spezialwünsche sei in der Vorlage kein Platz. Zwar sei der Entwurf der Kommission gegenüber jenem des Bundesrats bereits schlanker, jedoch gefährde der vorgesehene Ausbau der AHV deren Stabilität und sei darüber hinaus nicht notwendig, da die anderen vorgesehenen Massnahmen die durch die Senkung des BVG-Umwandlungssatzes verursachten Rentenkürzungen kompensieren würden. Entsprechend sei auch eine Erhöhung der Lohnbeiträge, welche aufgrund der aktuellen Wirtschaftslage ohnehin nicht vertretbar sei, nicht vonnöten, so die Volkspartei. Die Sprecher befürworteten zudem die Angleichung des Rentenalters von Mann und Frau. Diese sei gemäss neuen Umfragen in der Bevölkerung akzeptiert.

Die CVP-EVP-Fraktion schliesslich, grösste Fraktion im Ständerat, hatte am Kommissionsentwurf in entscheidender Position mitgearbeitet und erklärte sich mit dem Ergebnis sehr zufrieden. Da das Konzept ausgewogen sei, könne es auch an der Urne akzeptiert werden. Die Sozialeinrichtungen würden mit dem vorliegenden Entwurf stabilisiert und die Renten gesichert. Damit entstehe für die Arbeitgeber auch wichtige Planungssicherheit. Insgesamt, so die Sprecher, sei der Vorschlag der Kommission zudem um CHF 250 Mio. günstiger als jener des Bundesrats.

Am Ende der Eintretensdebatte führte Bundesrat Berset in einem langen Plädoyer noch einmal die aktuelle Problemlage, die Eckwerte und Ziele der Reform, die Unterschiede zwischen dem Entwurf des Bundesrates und jenem der Kommission, sowie die Haltung des Bundesrates gegenüber dem Vorschlag der Kommission aus. Es handle sich hier tatsächlich um eine Reform des Bundesrates, und nicht um eine „Reform Berset", wie in den Medien oft dargestellt, beantwortete der Innenminister eine Frage, die zuvor gestellt worden war. Der Gesamtbundesrat habe sich seit dem Jahr 2012 intensiv mit der Materie beschäftigt. In den wichtigsten Punkten, so der Sozialminister, sei die vorberatende Kommission nun auch dem Entwurf des Bundesrates gefolgt. Diese seien insbesondere die Behandlung der ersten und zweiten Säule in einer einzigen Vorlage und der Erhalt des Rentenniveaus. Die wichtigsten Unterschiede sah er bei der Kompensation durch eine Erhöhung der AHV und bei der Anhebung der Mehrwertsteuer bloss um einen statt 1,5 Prozentpunkte. Während er sich mit dem ersten Punkt anfreunden könne, führte Berset aus, wäre eine stärkere Erhöhung der Mehrwertsteuer bei gleichzeitiger Senkung des Bundesbeitrags an die AHV aus Sicht des Bundesrates erstrebenswerter. Insgesamt drückte Berset jedoch seine Zufriedenheit mit der Arbeit der Kommission und der Haltung des Rates aus, wonach es nicht nur zu „versuchen" gelte, die Altersvorsorge zu reformieren, sondern dies auch tatsächlich gelingen müsse. In diesem Sinne empfahl der Bundesrat Eintreten, und der Ständerat folgte ohne Gegenantrag.

Nachdem Eintreten ohne Gegenantrag beschlossen worden war, begann noch am selben Tag die Detailberatung. Zuerst wurde Entwurf 1 behandelt, der die 15 Bundesgesetze zur Reform der Altersvorsorge enthält. Erster Diskussionspunkt war die Angleichung des Rentenalters für Männer und Frauen. Der Rat beschloss gegen eine Minderheit Rechsteiner Paul (sp, SG), die das Rentenalter der Frauen bei 64 Jahren belassen wollte, die Rentenalter auf 65 anzugleichen, den Angleichungsprozess direkt bei Inkrafttreten der Reform zu beginnen und diesen auf drei Jahre zu beschränken. Der Entscheid fiel mit 37 zu 8 Stimmen. Damit hatte auch ein Teil der SP-Fraktion die Erhöhung des Frauenrentenalters als Kompromiss mitgetragen. Gegen eine weitere Minderheit Rechsteiner, die den Umwandlungssatz im obligatorischen Teil der zweiten Säule hatte bei 6,8 Prozent belassen wollen, beschloss die kleine Kammer, den Satz auf 6 Prozent zu senken. 37 Ratsmitglieder sprachen sich für die Senkung aus, 7 dagegen. In der Frage des Koordinationsabzuges folge der Rat seiner Kommission einstimmig und ohne Enthaltungen.

Am 15. September 2015, so die späteren Pressereaktionen, setzte sich im Ständerat eine Mitte-Links-Allianz durch. SVP und FDP hofften nun auf den Nationalrat für eine Korrektur, hiess es. Als erstes Traktandum fällte die kleine Kammer nämlich einen Grundsatzentscheid und beschloss die von ihrer Kommission vorgesehene Erhöhung der AHV-Neurenten – einerseits eine lineare Erhöhung um CHF 70, andererseits die Erhöhung der Ehepaarrenten von 150 auf 155 Prozent einer Maximalrente. Der Entscheid fiel mit 21 zu 17 Stimmen bei einer Enthaltung gegen den Willen einer rechts-bürgerlichen Minderheit Gutzwiller (fdp, ZH), die die Erhöhung hatte streichen wollen. Eine sozialdemokratische Minderheit Rechsteiner Paul (sp, SG), die eine Erhöhung für alle Renten statt nur der Neurenten gefordert hatte, wurde dagegen zurückgezogen. In der weiteren Debatte folgte der Rat diskussionslos seiner Kommissionsmehrheit darin, die Lohnbeiträge für die AHV um 0,3 Punkte anzuheben, welche je hälftig auf Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu verteilen sind. Eine Minderheit Rechsteiner hatte eine Anhebung um 0,5 Punkte gefordert, eine Minderheit Gutzwiller wehrte sich gegen eine Anhebung der Lohnbeiträge.

Entsprechend dem Antrag seiner Kommissionsmehrheit beschloss der Rat, die AHV-Beitragssätze für Angestellte und Selbstständigerwerbende zwar anzunähern, jedoch nicht ganz zu vereinheitlichen. Er blieb auch bei der sinkenden AHV-Beitragsskala für Selbstständige mit kleinem Einkommen. Eine Minderheit Rechsteiner hatte die sinkende Skala abschaffen wollen, eine Minderheit Gutzwiller wollte dem Vorschlag des Bundesrates folgen. Eine weitere Differenz zum Bundesratsentwurf entstand, indem der Ständerat mit 25 zu 11 Stimmen bei 5 Enthaltungen seiner Kommissionsmehrheit folgte und jegliche Änderungen bei den Witwen- und Witwerrenten sowie den Waisenrenten strich. Die Kommissionssprecherin erklärte, nach ausführlicher Diskussion habe die Kommission die Änderungen als verfrüht klassiert. Weiter strich die kleine Kammer auf Antrag ihrer Kommission und gegen eine sozialdemokratische Minderheit Bruderer (sp, AG) mit 25 zu 15 Stimmen bei einer Enthaltung die vom Bundesrat vorgesehene Flexibilisierung des Altersrücktritts für Personen, welche bereits früh in die AHV einbezahlt und insgesamt ein tiefes Einkommen erzielt haben. Gemäss aktueller Rechtslage fliessen vor dem 21. Altersjahr bezahlte AHV-Beiträge nicht in die Rentenberechnung ein; die Flexibilisierung wäre gemäss der Minderheitssprecherin mehrheitlich Frauen zugute gekommen. Auch in der Frage der Höhe der Bundesbeiträge zur AHV folgte der Ständerat seiner Kommission und beliess diese einstimmig auf der ursprünglichen Höhe, während der Bundesrat eine Senkung vorgesehen hatte. Ebenfalls einstimmig verzichtete der Rat auf die Einführung eines zweistufigen Interventionsmechanismus in der AHV mit automatischen Stabilisierungsmassnahmen. Er erhöhte aber den Schwellenwert für die Verpflichtung zu nicht-automatischen politischen Massnahmen von einem Stand des AHV-Fonds bei 70% einer Jahresausgabe auf 80% einer Jahresausgabe. Die Übergangsbestimmungen für die Anhebung des Referenzalters der Frauen beschloss die kleine Kammer gemäss Antrag ihrer Kommission mit 26 zu 11 Stimmen bei drei Enthaltungen, womit der Übergang innerhalb von drei Jahren vollzogen wird.

Nachdem die Gesetzesänderungen zur Reform der AHV beraten waren, wandte sich der Ständerat der Reform der beruflichen Vorsorge zu. Er führte auf Antrag seiner Kommission einen neuen Artikel ein, welcher es Personen, die nach ihrem 58. Altersjahr arbeitslos werden, ermöglicht, ihre Einzahlungen in die zweite Säule fortzuführen. Die weitere Beratung verlief unkontrovers, mit Ausnahme einer Bestimmung über die Evaluation der beruflichen Vorsorge, bei der die kleine Kammer vom Bundesrat vorgesehene Kompetenzen für das Bundesamt für Statistik wieder strich. Argumentiert wurde mit Doppelspurigkeiten und zusätzlichen Kosten. Die Sitzung schloss am Mittag und wurde am Morgen des Folgetages wieder aufgenommen. Zu reden gab dabei insbesondere noch die „Legal Quote", jenen Anteil der Erträge in der beruflichen Vorsorge, den ein Lebensversicherer seinen Versicherten mindestens auszahlen muss. Nach geltendem Recht beträgt die Quote 90% und die Kommissionsmehrheit beantragte, daran festzuhalten. Der Bundesrat hatte eine Anhebung auf 92% vorgesehen, und eine Minderheit Egerszegi (fdp, AG) beantragte, dem Bundesrat zu folgen. Der Rat entschied mit 28 zu 15 Stimmen gemäss dem Antrag seiner Kommission.

Damit war die Beratung der Bundesgesetze im Ständerat abgeschlossen und es blieb die Verfassungsbestimmung zur Anpassung des Mehrwertsteuersatzes. Eintreten war obligatorisch. Gemäss Vorschlag des Bundesrates sollte die Mehrwertsteuer gestaffelt um 1,5 Punkte angehoben werden. Die Kommissionsmehrheit beantragte eine ebenfalls gestaffelte Erhöhung um bloss einen Prozentpunkt. Der erste Erhöhungsschritt soll dabei mit dem Ende der Zusatzfinanzierung der Invalidenversicherung über die Mehrwertsteuer zusammenfallen, womit der Satz faktisch gleich bleibt. Ein zweiter Erhöhungsschritt soll dann im Jahr 2021 zusammen mit der Angleichung des Referenzalters von Mann und Frau vollzogen werden. Eine Minderheit Gutzwiller (fdp, ZH) verlangte eine Erhöhung um nur insgesamt 0,9 Prozentpunkte, eine Minderheit Stöckli (sp, BE) eine Anhebung um 1,5 Prozentpunkte. Letztere wurde im Laufe der Debatte zurückgezogen. Der Antrag der Kommissionsmehrheit obsiegte schliesslich gegenüber jenem der Minderheit Gutzwiller mit 27 zu 17 Stimmen ohne Enthaltung. Anschliessend bevorzugten die Kantonsvertreterinnen und Kantonsvertreter den Antrag ihrer Kommissionsmehrheit gegenüber jenem des Bundesrates mit 42 zu einer Stimme bei einer Enthaltung.

In der Gesamtabstimmung sprachen sich 29 Ständeratsmitglieder für die Annahme des Entwurfes aus, fünf dagegen, bei 10 Enthaltungen. Das Resultat bestätigte den Eindruck, dass sich Mitte-links im Rat durchgesetzt hatte: Während sämtliche Vertreterinnen und Vertreter von CVP, SP, GP und GLP für die Vorlage stimmten, kamen aus der FDP bloss zwei Ja-Stimmen, aus der SVP gar keine. Die Enthaltungen verteilten sich gleichmässig auf die FDP-Liberale- und die SVP-Fraktion sowie den BDP-Vertreter.

Reform «Altervorsorge 2020» (BRG 14.088)
Dossier: Debatten um das Frauenrentenalter
Dossier: Erhöhung des Rentenalters
Dossier: Koordinationsabzug und Eintrittsschwelle BVG

In der Sommersession 2015 behandelte der Ständerat als Erstrat die Botschaft des Bundesrates zur Volksinitiative „AHVplus: für eine starke AHV. Das Anliegen des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes stiess bei den Kantonsvertreterinnen und Kantonsvertretern auf wenig Zustimmung. Die Kommissionsmehrheit beantragte, dem Bundesrat zu folgen und die Initiative der Stimmbevölkerung zur Ablehnung zu empfehlen. Eine linke Minderheit Rechsteiner (sp, SG) beantragte, die Initiative zur Annahme zu empfehlen. Die Gegnerinnen und Gegner machten geltend, das Volksbegehren stehe vor dem Hintergrund der angespannten Situation der AHV, der anstehenden Rentenreform und der aktuell schwierigen Wirtschaftslage „quer in der Landschaft". Bereits eine langfristige Sicherung der AHV auf dem aktuellen Niveau sei eine Herausforderung. Eine Erhöhung aller Renten um zehn Prozent würde jährlich fünf bis sechs Milliarden Franken kosten, so die Kommissionssprecherin. Diese zusätzlichen finanziellen Mittel könnten nicht innerhalb nützlicher Frist beschafft werden, müsste doch die Rentenerhöhung gemäss dem Initiativtext spätestens ab dem zweiten Kalenderjahr nach Annahme der Initiative vorgenommen werden. Die Mehrausgaben würden bei der AHV zudem zu einem strukturellen Umlagedefizit führen, was die aktuellen und zukünftigen Erwerbstätigen belaste und den Generationenvertrag weiter strapaziere. Nicht zuletzt würden die finanzschwächsten Rentnerinnen und Rentner gar nicht von einer Erhöhung der AHV-Renten profitieren, da diese bei ihnen vollumfänglich durch eine entsprechende Senkung der Ergänzungsleistungen kompensiert werden würde. Wohlhabenderen Rentnern und Rentnerinnen, die grundsätzlich gar nicht auf eine Rente der ersten Säule angewiesen wären, würde die Volksinitiative dagegen zu einer Einkommenserhöhung verhelfen. Sprecherinnen und Sprecher der sozialdemokratischen Fraktion machten sich für das Volksbegehren stark. Minderheitssprecher Rechsteiner erklärte, seit der Einführung des Mischindex' zur Berechnung der AHV-Renten im Jahr 1980 habe sich aufgrund des Effekts der sogenannten kalten Degression ein Rückstand der Renten auf die Löhne von zehn Prozent aufgelaufen. Ziel der Initiative sei es, diese zehn Prozent auszugleichen, um den verfassungsmässigen Auftrag der AHV, zusammen mit der Pensionskasse eine angemessene Fortführung des bisherigen Lebensstandards zu garantieren, wieder zu erfüllen. Dies sei wichtig, weil die AHV für eine Mehrheit der Bevölkerung, und insbesondere für die Frauen, die wichtigste Säule der Altersvorsorge darstelle. Aufgrund dieses Verfassungsgrundsatzes könnten auch nicht die Ergänzungsleistungen anstelle der AHV ausgebaut werden. Das Verhältnis zwischen Rentenverbesserung – diese würde für Alleinstehende rund 200, für Ehepaare 350 Franken monatlich betragen – und Erhöhung der Lohnbeiträge sei bei der AHV zudem hervorragend. Eine Rentenerhöhung sei verkraftbar, denn die Finanzierung der AHV sei aufgrund der umfassenden Beitragspflicht bei gleichzeitig nach oben begrenzten Renten aussergewöhnlich solide. Dem Argument, Wohlhabende sollten keine Erhöhung der AHV-Rente erhalten, weil sie gar nicht auf die erste Säule angewiesen seien, hielt der SP-Ständerat ein Zitat des Alt-Bundesrates Tschudi entgegen: „Die Reichen brauchen die AHV nicht, aber die AHV braucht die Reichen." Auf hohe Einkommen würden hohe Beiträge bezahlt. Weitere Mitglieder der SP betonten, die Ergänzungsleistungen seien unter Druck geraten, weshalb es die AHV zu stärken gelte. Diese sei als Mittel zur Existenzsicherung gegenüber den nur auf Antrag ausbezahlten EL ohnehin vorzuziehen. Bezüglich der Finanzierung wurde angemerkt, auch die Initiative „gegen die Heiratsstrafe" der CVP würde zu einer Erhöhung des Rentenvolumens führen, die Mittepartei könne die Initiative also eigentlich nicht mit dem Argument der Finanzierbarkeit bekämpfen. Schliesslich, führten die Befürworter aus, sei die Initiative nicht als Opposition gegen das Projekt Altersvorsorge 2020 zu verstehen, wie bürgerliche Politiker dies darstellten. Vielmehr stehe sie komplementär zur Rentenreform. Man hätte sich deshalb eine Behandlung in derselben Session gewünscht, wozu es jedoch aufgrund strategischer Überlegungen der bürgerlichen Kommissionsmehrheit nicht gekommen sei. In der Schlussabstimmung erklärte die kleine Kammer die Volksinitiative stillschweigend für gültig; der Minderheitsantrag Rechsteiner unterlag gegen die ablehnende Kommissionsmehrheit mit 33 gegen 11 Stimmen bei einer Enthaltung.

Volksinitiative „AHVplus: für eine starke AHV“

Was prägte 2014 die Schweizer Politik? Welches waren die bedeutenden Geschäfte im Parlament? Und was hat die politisch interessierte Öffentlichkeit bewegt? Nachfolgend werden die wichtigsten Ereignisse im Jahr 2014 zusammengefasst und anschliessend nach Thema geordnet aufgelistet. Mit den Links gelangen Sie direkt zu diesen im Berichtsjahr zentralen Geschäften und Ereignissen. Vous trouverez ici la version française de cet article.

Das alles andere in den Schatten stellende Ereignis des politischen Jahres 2014 war die Annahme der Masseneinwanderungsinitiative im Februar. Das Begehren der SVP, das eine Rückkehr zu einem Kontingentsystem bei der Einwanderungspolitik verlangt, wurde von 50.3 Prozent der Stimmbevölkerung angenommen. Die Annahme der Initiative kam einem veritablen Erdbeben gleich, weil ihr Anliegen nicht vereinbar ist mit verschiedenen internationalen Abkommen, darunter insbesondere die Bilateralen Verträge mit der EU. Zahlreiche Kommentare verglichen die Abstimmung mit dem schicksalhaften EWR-Nein 1992. In der Tat gab es einige Parallelen, die sich etwa im Alleingang der SVP gegen alle anderen Parteien und gegen die Wirtschaftsverbände, oder auch im Sprachgraben zeigte: Die Kantone der Romandie lehnten die Initiative unisono ab, während sie von den Kantonen der Deutschschweiz – ausgenommen Basel-Stadt, Zug und Zürich – mit knapper und im Kanton Tessin mit deutlicher Mehrheit gutgeheissen wurde. Die VOX-Analyse zeigte einen deutlichen Zusammenhang zwischen politischer Einstellung auf der Links-Rechts-Achse und der Zustimmung zur Initiative: Je weiter rechts sich eine Person einschätzt, desto eher stimmte sie mit Ja. Anscheinend hat die Initiative zahlreiche, ansonsten wenig an Politik interessierte Personen mobilisiert, die – so die Nachanalyse – eher ein Ja einlegten. Die Gegner mussten sich vorwerfen lassen, das Begehren auf die leichte Schulter genommen zu haben und wenig geeint aufgetreten zu sein. Ähnlich wie 1992 hatte das Resultat eine mobilisierende Wirkung. Demonstrationen gegen das Abstimmungsergebnis, aber auch die Konstitution von neuen politischen Gruppierungen waren zu beobachten. In der Folge überschlugen sich Parteien und Experten mit Vorschlägen zur Umsetzung der Initiative, die sich als Quadratur des Kreises entpuppte. Eine wortgetreue Umsetzung, die der Bundesrat versprach, erfordert Verhandlungen mit der EU über die Personenfreizügigkeit, wobei die Union allerdings von Beginn weg deutlich machte, dass dieses Prinzip nicht verhandelbar sei. Forderungen für weitere Abstimmungen für oder gegen die Personenfreizügigkeit kulminierten schliesslich in der Lancierung der Rasa-Initiative («Raus aus der Sackgasse»), welche die umgehende Streichung der neuen Verfassungsartikel fordert.

Die Initiative hatte Auswirkungen auf zahlreiche Politikbereiche – vorab die Aussenpolitik. So schloss die EU die Schweiz etwa aus dem EU-Bildungsprogramm Erasmus+ aus und legte nicht nur die Verhandlungen zum EU-Forschungsprogram «Horizon 2020», sondern auch zum Stromabkommen auf Eis. Vor allem die Industrieforschung muss damit auf EU-Fördergelder verzichten und am gemeinsamen europäischen Strommarkt kann die Schweiz vorerst nicht teilnehmen. Auch das institutionelle Rahmenabkommen, mit dem Brüssel von der Schweiz eine automatische Übernahme von EU-Recht fordert, kam nicht voran. Die Haltung der EU, aber auch die zahlreichen negativen Reaktionen aus dem Ausland – so rügte etwa der Europarat den zunehmend ausländerfeindlichen Diskurs – nahm die SVP zum Anlass, noch stärker für einen Alleingang der Schweiz auch auf juristischer Ebene zu plädieren. Zwar scheiterten die parlamentarischen Vorstösse der Volkspartei, die eine Suprematie von Landesrecht über Völkerrecht forderten, die SVP lancierte aber noch Ende Berichtjahr eine entsprechende Initiative, mit der auch die Kündigung der Europäischen Menschenrechtskonvention in Kauf genommen würde. Aussenpolitische Anerkennung erhielt die Schweiz dank der diplomatischen Bemühungen von Aussenminister Didier Burkhalter im Ukraine-Konflikt, die er im Rahmen des Jahres-Vorsitzes bei der OSZE anstellte.

Die Annahme der Masseneinwanderungsinitiative wurde auch als Gefahr für die nationale Kohäsion betrachtet. Die Debatte scheint dabei aus zwei gegensätzlichen Positionen geführt zu werden. Auf der einen Seite steht der Wunsch, dass die Schweiz möglichst autonom politische Entscheidungen treffen kann, ohne dass sich internationale Akteure einmischen. Die zunehmende internationale Verflechtung, nicht nur in wirtschaftlichen Belangen, macht die Erfüllung dieses Wunsches allerdings schwierig. Auf der anderen Seite soll diese zunehmende Globalisierung aktiv mitgesteuert werden, wobei hier in Kauf genommen werden soll, dass ein Teil der nationalstaatlichen Autonomie Preis gegeben wird. Die beiden Positionen stehen sich vor allem in der Einwanderungspolitik diametral gegenüber: Auf der einen Seite wird ein Zuwanderungsstopp gefordert, was bei der Masseneinwanderungsinitiative, nicht aber bei der Ecopop-Initiative Erfolg hatte, und auf der anderen Seite werden Massnahmen gegen den zunehmenden Fachkräftemangel verlangt. In der Debatte um die für 2015 anstehenden historischen Jubiläen zeigte sich, dass die unterschiedlichen Positionen auch auf unterschiedlichen Geschichtsverständnissen beruhen. Die eine Seite sieht Marignano, die Schlacht am Morgarten oder den Wiener Kongress als Ereignisse, die zeigen, dass die Schweiz der Welt alleine die Stirn bieten könne. Auf der anderen Seite wird hingegen betont, dass die Schweiz schon damals von verschiedenen internationalen Verflechtungen profitiert habe.

Mit der Masseneinwanderungsinitiative wurde das insgesamt 21. nationale Volksbegehren seit Einführung des Initiativrechtes (1891) angenommen. Im Berichtjahr folgte gleich noch Nummer 22: Auch die Initiative, die ein Berufsverbot für Pädophile forderte, fand Zustimmung an der Urne, was die Diskussion um Reformen der Volksrechte am Laufen hielt. Zwar wurden die restlichen sieben Volksinitiativen, über die 2014 ebenfalls abgestimmt wurde, allesamt abgelehnt, die schwierige Umsetzung der angenommenen Begehren – im Berichtjahr stand etwa die Beratung der Ausschaffungsinitiative an, die zusätzlich von der für teilungültig erklärten Durchsetzungsinitiative befeuert wurde – heizte aber die Reformdebatte weiter an. Letztlich ist es das Parlament, das einen Vorschlag für die Umsetzung einer Initiative beschliessen muss, gegen den dann freilich wieder das Referendum ergriffen werden kann. Wie weit der Spielraum für eine Umsetzung dabei sein kann, zeigte sich bei der Debatte um die Zweitwohnungsinitiative, bei der der Ständerat nach Meinung einiger Kommentatoren arg an den Grenzen des Verfassungsrahmens ritzte.

Die Volksrechte waren Ursprung eines weiteren Ereignisses, das die Schweizer Politik im Jahr 2014 prägte: Im Mai lehnte die Stimmbevölkerung mit einem Nein zum so genannten Gripen-Fondsgesetz die Beschaffung des neuen Kampfflugzeugs Gripen an der Urne ab. Der eher seltene Fall einer Desavouierung der Behörden bei einer Armeevorlage war unter anderem auch der GLP geschuldet, die zusammen mit einer geeinten Linken das Geschäft zu Fall brachte. Freilich befeuerte das Gripen-Grounding die Debatte um die Armeefinanzierung von neuem.

Im Spannungsfeld zwischen nationaler Autonomie und internationaler Verflechtung bewegte sich 2014 auch die Wirtschaftspolitik. Die Wirtschaft entwickelte sich trotz eines nicht einfachen internationalen Umfelds sehr dynamisch und die Arbeitslosenquote verharrte bei im Ländervergleich sehr geringen 3.2 Prozent. Dafür sorgte auch die Politik der Nationalbank, die ihre Wechselkursuntergrenze zum Euro bekräftigte und ankündigte, sie notfalls mit unbeschränkten Devisenkäufen verteidigen zu wollen. Mit der Einführung von Negativzinsen auf ihren Girokonten griff die SNB Ende Jahr allerdings auch mit anderen Mitteln ein. Der Schweizer Wirtschaft ging es so gut, dass die Nachfrage nach qualifiziertem Personal im zweiten und dritten Sektor nur noch bedingt befriedigt werden konnte.

Der aussenpolitische Druck manifestierte sich bei den Reformen in der Steuerpolitik. Mit der Unterzeichnung der Vereinbarung zum automatischen Informationsaustausch bei Steuerdaten und der vom Bundesrat vorgelegten Unternehmenssteuerreform III wird die Steueroase Schweiz wohl der Vergangenheit angehören. Die SVP will, sekundiert von den anderen bürgerlichen Parteien, mit der Ende September eingereichten Initiative zum Schutz der Privatsphäre das Bankgeheimnis im Inland allerdings retten. Keine Änderung wird es in absehbarer Zeit hinsichtlich Pauschalbesteuerung und Mehrwertsteuer im Gastgewerbe geben. Zwei Initiativen, welche die Abschaffung bzw. die Anpassung dieser Steuern verlangten, scheiterten an der Urne. Die politische Debatte um Steuerfragen wird aber auch künftig virulent bleiben. Nicht nur die parlamentarische Debatte zur Unternehmenssteuerreform III, sondern auch die Familienbesteuerung (eine Initiative der CVP), die Einführung einer Erbschaftssteuer (lanciert von EVP, SP und GP) oder der Ersatz der Mehrwertsteuer durch eine Energiesteuer (ein Begehren der GLP) stehen für 2015 als Abstimmungsvorlagen an. Wie wichtig Steuereinnahmen sind, zeigte sich 2014 an der Staatsrechnung, die erstmals seit 2005 wieder mit einem Defizit schloss. Die Fehleinnahmen von rund CHF 124 Mio. sind auf einen markanten Rückgang der Einnahmen bei der direkten Bundessteuer zurückzuführen. Wohl auch aufgrund dieses Defizits kam es zu einer sehr langen Budgetdebatte, aus der letztlich ein Voranschlag mit einem Überschuss von CHF 411 Mio. und einigen Sparanstrengungen resultierte.

Vom Sparregime weitgehend ausgenommen wurde die Landwirtschaft. Auch in der Landwirtschaftspolitik war die Frage nach der Abschottung von Märkten virulent. Gleich drei Volksbegehren zum Thema Ernährung wurden 2014 eingereicht. In Rekordzeit kamen die Unterschriften für die von der SVP und dem Bauernverband lancierte Initiative für Ernährungssicherheit zustande. Sie fordert, dass die Inlandproduktion gefördert wird. In den Medien wurde allerdings vermutet, dass es den beiden Akteuren eher um eine Revision der Agrarpolitik 2014-2017 gehe, in der sie unterlegen waren. Auch Uniterre beantragt in einer Initiative mehr Ernährungssouveränität durch mehr ökologische Produktion im Inland. Schliesslich lancierte auch die GP ihre Fair-Food-Initiative mit dem Ziel, dass importierte Lebensmittel den Schweizer Standards entsprechen müssen. Alle drei Begehren können auch als Kritik gegenüber der Globalisierung und der (zu revidierenden) Abhängigkeit der Schweiz von Weltmärkten gelesen werden. Ein im November aufgedeckter Skandal um den Fleischproduzenten Carna Grischa, bei dem Zuwiderhandlung gegen das im Sommer von den Räten revidierte Lebensmittelgesetz vermutet wurde, sowie das Thema Food-Waste, das auch aufgrund eines Berichtes des BAFU zur Erhebung der Kehrichtzusammensetzung aufgeworfen wurde, führten dann noch einmal vor Augen, wie stark das Thema Ernährung die Bevölkerung beschäftigt.

Die Energiepolitik stand auch 2014 im Zeichen des nach der Atomkatastrophe im Japanischen Fukushima 2011 beschlossenen Atomausstiegs. Mit dem ersten Massnahmenpaket zur Energiestrategie 2050, die gleichzeitig als indirekter Gegenvorschlag zur Atomausstiegsinitiative der Grünen Partei dienen soll, wurden eine Totalrevision des Energiegesetzes sowie Anpassungen verschiedener weiterer Bundesgesetze vorgenommen. Ziel der Strategie ist die sparsame und effiziente Nutzung der Energie, ein wesentlicher Anteil erneuerbarer Energien am Gesamtverbrauch, sowie das Verursacherprinzip in der Kostenverteilung. Trotz Widerstrands seitens der FDP und der SVP wurde dieses Ziel mit der Annahme des Massnahmenpakets im Nationalrat aufrechterhalten.

In der Verkehrspolitik bestätigte die Stimmbevölkerung ihre grundsätzlich positive Einstellung zum öffentlichen Verkehr mit der Annahme des Bundesbeschlusses zu Finanzierung und Ausbau der Eisenbahninfrastruktur (FABI). Allerdings erwächst der Idee der Quersubventionierung von der Strasse auf die Schiene zunehmend Widerstand, was sich nicht nur in der VOX-Analyse zur FABI-Abstimmung zeigte, sondern auch im Zustandekommen der «Milchkuh-Initiative», die verlangt, dass die Abgaben aus dem Strassenverkehr nur noch für diesen eingesetzt werden sollen. Der Strassenverkehr wird auch in Zukunft wichtiger Streitpunkt bleiben, wurde doch gegen den Beschluss, eine zweite Gotthardröhre zu bauen, das Referendum ergriffen.

Eine wichtige Baustelle war auch 2014 die Gesundheitspolitik. Die bereits 2013 von Bundesrat Alain Berset aufgegleiste Strategie «Gesundheit 2020» wird die politischen Akteure auch weiterhin auf Trab halten. Ziel ist die Qualitätssicherung des Gesundheitswesens bei gleichzeitiger Bezahlbarkeit. Dass die auch 2014 steigenden Gesundheitskosten nach wie vor im Rahmen eines Systems sich konkurrierender Krankenkassen abgegolten werden sollen, bekräftigte die Stimmbevölkerung mit ihrem deutlichen Nein zur Einheitskrankenkasse. Reformiert werden sollen auch die Sozialversicherungen: Trotz Kritik an der «Altersvorsorge 2020» in der Vernehmlassung von rechts (einseitige Betonung von Mehreinnahmen, Fehlen von Sparmassnahmen) und von links (Erhöhung des Rentenalters, Senkung des Umwandlungssatzes), soll die Vorlage tel quel und nicht wie von einigen Vernehmlassern gefordert in einzelnen Paketen behandelt werden.

Zur Debatte um den nationalen Zusammenhalt, kam es auch in der Bildungspolitik. Dabei stand nicht so sehr der Lehrplan21 im Fokus, der die Deutschschweizer Bildungslandschaft vereinheitlichen soll und unter grosser Kritik steht, sondern die Absicht verschiedener Kantone, nur noch eine einzige Fremdsprache in der Primarschule anzubieten, wobei mehr oder weniger offen blieb, ob dabei auf Frühfranzösisch verzichtet werden soll. Pädagogische Argumente wichen sprachpolitischen, welche die Schweizer Sprachkultur in Gefahr wähnen, wenn nicht eine Landessprache als erste Fremdsprache vermittelt werde. Auch die Entscheide einiger Kantone, im Kindergarten nur noch Mundart zuzulassen, wurde als Gefahr für die eidgenössische Kohäsion betrachtet. Eine wichtige Basis derselben sei auch der Service Public, wie er von der SRG erbracht werde. Ob dies allerdings weiterhin der Fall sein wird, muss sich 2015 weisen, weil gegen die Revision des Radio- und Fernsehgesetzes, das neu eine generelle Abgabepflicht fordert, das Referendum ergriffen wurde. Zudem liefen Unterschriftensammlungen gegen die Billag-Gebühren.

Ihren Schatten voraus warfen die 2015 anstehenden eidgenössischen Wahlen. Diskutiert wurde dabei insbesondere über die Beständigkeit des tripolaren Systems aus einem linken (GP, SP) und einem rechten Block (SVP, FDP) und der 2011 so getauften «Neuen Mitte» (CVP, BDP, GLP). Letztere ging 2014 geschwächt hervor, kam doch die lange vorbereitete und geplante Union zwischen CVP und BDP nicht zustande und musste die BDP bei kantonalen Wahlen Verluste einfahren. Weil die SVP ihre kantonalen Legislativanteile ausbauen konnte, war auch die Frage nach dem zweiten Bundesratssitz für die SVP beliebtes mediales Thema. Der Volkspartei gelang es auch 2014 erfolgreich, mit der Organisation der Position von Abschottung und Betonung nationaler Autonomie Protestpotenzial zu mobilisieren. Allerdings scheint dieses Potenzial für eher konsensorientierte Regierungspolitik nicht gross genug, scheiterten doch die Angriffe auf kantonale Regierungssitze praktisch durchwegs. Ob dies als Menetekel für die Bundesratswahlen zu betrachten ist, und ob die Versprechungen der verschiedenen Parteipräsidenten, den Sitz von Eveline Widmer-Schlumpf zu verteidigen bzw. anzugreifen, gehalten werden, hängt nicht nur von der BDP-Magistratin selber ab, die sich nach wie vor nicht über Rücktrittspläne äusserte, sondern auch vom Ausgang der Wahlen 2015.

Politische Grundfragen:
– Der von privater Seite angestossene Wettbewerb um eine neue Nationalhymne stösst auf politischen Widerstand.
– Die 2015 anstehenden, zahlreichen historischen Gedenkfeiern werfen ihre Schatten voraus und sorgen für politische Debatten.
– Die Annahme der Masseneinwanderungsinitiative sorgt für Polemik um die nationale Kohäsion und unterschiedliche Reaktionen aus dem Ausland; der Europarat rügt einen zunehmend ausländerfeindlichen politischen Diskurs.
– Dem Beitrag der Schweiz für die Weltausstellung 2015 erwächst politische Kritik; die Lega verhindert einen Expo-Kredit des Kantons Tessin.

Rechtsordnung:
– Bundesrat und Parlament trieben die Wiedergutmachung für Opfer fürsorgerischer Zwangsmassnahmen und administrativ versorgter Menschen voran.
– Das Bundesgericht beurteilte den Hitlergruss nicht als Verletzung der Anti-Rassismus-Strafnorm und sorgte damit weltweit für Schlagzeilen.
– Der Bundesrat gewährleistete die Verfassung des Kantons Tessin und bestätigte damit das Burkaverbot als bundesrechtskonform.
– Das Parlament verabschiedete ein dringliches Bundesgesetz über das Verbot der Gruppierungen Al-Qaïda, Islamischer Staat (IS) sowie verwandte Organisationen.
– Die Räte konnten sich knapp zur Totalrevision des Bürgerrechtsgesetzes einigen.
– Im Hinblick auf das bevorstehende GAFI-Examen 2015 wurde der Vorschlag der Einigungskonferenz zur hart umkämpften Revision des Geldwäschereigesetzes von beiden Räten angenommen.
– Die Volksinitiative «Pädophile sollen nicht mehr mit Kindern arbeiten dürfen» wurde vom Volk deutlich angenommen.
– Der Nationalrat empfahl die Durchsetzungsinitiative zur Ablehnung und plädierte, sie für teilweise ungültig zu erklären.
– Während der Nationalrat bei der Umsetzung der Ausschaffungsinitiative zu starken Konzessionen an die Urheber der Durchsetzungsinitiative bereit war, sprach sich der Ständerat für die Einführung einer Härtefallklausel aus.

Institutionen und Volksrechte:
– Mit der Wahl von Simonetta Sommaruga zur Bundespräsidentin sowie Claude Hêche zum Ständerats- und Stéphane Rossini zum Nationalratspräsidenten, werden 2015 die drei höchsten Ämter von der SP besetzt.
– Verschiedene Skandale bei IT-Beschaffungen in der Bundesverwaltung führten zu Strafuntersuchungen und zahlreichen politischen Vorstössen.
– 2014 wurden nicht weniger als elf neue Bundesparlamentarier vereidigt.
– Verschiedene Geschäfte und der Rücktritt Christoph Blochers lösten eine Debatte über Miliz- vs. Berufsparlament aus.
– Mit dem revidierten Bundesgesetz über die politischen Rechte werden die Sammelfristen bei Referenden nicht verlängert.
– Angestossen von der SVP wird im Parlament über das Verhältnis von Völkerrecht und Landesrecht diskutiert; die Vorstösse der Volkspartei stossen auf Ablehnung.
– Gegen E-Voting beginnt sich auch auf politischer Ebene leise Kritik zu regen.

Föderativer Aufbau:
– Im Föderalismus-Monitoring der Konferenz der Kantonsregierungen wird eine anhaltende Tendenz zur Zentralisierung festgestellt.
– Mit verschiedenen Besuchen versuchten die Regierungsmitglieder die angespannte Stimmung im Kanton Tessin zu beruhigen.
– Der Trend zu Gemeindezusammenschlüssen hält an – seit Beginn des Bundesstaates sind mehr als ein Viertel aller Gemeinden verschwunden.
– Die Bevölkerung des Kantons Basel-Landschaft spricht sich gegen eine Fusion mit dem Kanton Basel-Stadt aus. Die Mehrheit des Stadtkantons hätte die Aufgleisung eines Zusammengangs begrüsst.
– Die Lösung der Jurafrage wird auf Gemeindeebene verschoben: die Bernjurassischen Gemeinden Moutier, Belprahon und Grandval verlangen eine kommunale Abstimmung für einen Anschluss an den Kanton Jura.

Wahlen:
– Die Diskussionen um die kantonalen Wahlrechtsreformen, den doppelten Pukelsheim und die Höhe von Wahlhürden halten an.
– In sechs Kantonen fanden 2014 Gesamterneuerungswahlen für die Parlamente statt. Verliererin ist die BDP, die in Bern elf Sitze verliert; per Saldo legt die GLP um elf und die SVP um zehn Sitze zu. Die FDP verliert insgesamt acht und die CVP sechs Sitze. Die GP kann sich erholen und die SP stagniert.
– Die in sechs Kantonen geführten Angriffe der SVP auf Regierungsmandate scheitern mit Ausnahme des Kantons Glarus; in Neuenburg verliert die Volkspartei ihren 2013 eroberten Sitz nach nur einem Jahr wieder an die FDP.
– Im Kanton Glarus verliert die SP ihren seit 1942 gehaltenen Regierungssitz an die SVP.
– In Bern wird die rot-grüne Regierungsmehrheit nur dank des Jurasitzes verteidigt.
– In Nidwalden und in Glarus werden Amtierende abgewählt; in Nidwalden bleibt die Regierungszusammensetzung aber bestehen.
– Im Kanton Glarus müssen beide verstorbenen Ständeräte ersetzt werden; die FDP und die SVP können ihre Sitze verteidigen.

Aussenpolitik:
– Das Volk hat anfangs Februar die Masseneinwanderungsinitiative angenommen, was zum einem der meistdiskutierten Themen wurde während den bilateralen Treffen mit den Nachbarländern und weiteren europäischen Staaten.
– Während seinem OSZE-Präsidialjahr, hat Didier Burkhalter den Fokus auf die Zukunft der Jugend und die Friedensförderung in Osteuropa gelegt.
– Nach der Bereinigung von Differenzen haben die eidgenössischen Räte das neue Auslandschweizergesetz verabschiedet.
– Die Kompetenz des Bundesrates zum Abschluss völkerrechtlicher Verträge ist eingeschränkt worden.
– Das Parlament hat die Wiedereinführung von Grenzkontrollen für sechs Monaten gutgeheissen.
– Mehrere Bundesbeschlüsse bezüglich Verbesserung und Weiterentwicklung von Schengen und Dublin/Eurodac sind angenommen worden.
– Nachdem die beiden Räte das Freihandelsabkommen mit China gutgeheissen haben, ist es am 1. Juli 2014 in Kraft getreten.
– Mehrere Doppelbesteuerungsabkommen wurden unterzeichnet (mit AU, CN, FL und HU).

Landesverteidigung:
– Der Schwedische Kampfjet Gripen wurde von der Stimmbevölkerung gegroundet.
– Die Armeefinanzierung geriet erneut ins Fadenkreuz der Bundesversammlung.
– Die Weiterentwicklung der Armee geriet kurzzeitig ins Stocken und wurde inhaltlich nicht voran gebracht.
– Der Zivildienst wurde nicht als Konkurrenzorganisation zur Armee angesehen.
– Zum Schutz vor Cyber-Risiken wurden neue Wege beschritten.
– Das revidierte Bevölkerungs- und Zivilschutzgesetz wurde per 2015 in Kraft gesetzt.

Wirtschaftspolitik:
– Die Schweizerische Wirtschaft entwickelte sich trotz des nicht einfachen internationalen Umfeldes ausgesprochen dynamisch.
– Während der Waren- und Dienstleistungsverkehr mit dem Ausland einen wichtigen Wachstumsbeitrag leistete, ging vom Baugewerbe ein negativer Impuls aus.
– Eine Revision des Kartellrechts scheiterte im Parlament unter anderem an den unterschiedlichen Vorstellungen über die Form der Wettbewerbskommission.
– Das im Vorjahr unterzeichnete Wettbewerbsabkommen mit der EU trat in Kraft.
– Der Bundesrat sprach sich für eine Erleichterung der Unternehmensnachfolge aus.
– National- und Ständerat waren sich uneinig, auf welche Weise aggressive Werbung für Kleinkredite am besten eingedämmt werden soll.

Geld, Währung und Kredit:
– Der Euro-Mindestkurs kam Ende 2014 erneut unter Druck, weshalb die Nationalbank entschied, Negativzinsen auf den Giroguthaben der Geschäftsbanken einzuführen.
– Die Volksinitiative «Rettet unser Schweizer Gold (Gold-Initiative)» wurde mit wuchtigen 77.3 Prozent der Stimmen abgelehnt.
– Um die Dynamik am inländischen Hypothekarmarkt abzuschwächen, verpflichtete der Bundesrat die Banken zur Haltung eines antizyklischen Kapitalpuffers von 2 Prozent.
– Die Landesregierung unterzeichnete eine internationale Übereinkunft zur Einführung des automatischen Informationsaustausches in Steuersachen.
– Die Vernehmlassungen zum Finanzdienstleistungsgesetz, zum Finanzinstitutsgesetz und zum Finanzmarktinfrastrukturgesetz («Kleeblattreform») wurden zu einem Abschluss gebracht.

Landwirtschaft:
– Die Landwirtschaft vermochte sich den allgemeinen Sparmassnahmen des Bundes zu entziehen.
– Die Initiative für Ernährungssicherheit wurde nach nur fünf Monaten Sammelzeit mit 147'000 Stimmen bei der Bundeskanzlei eingereicht.
– Mit der Volksinitiative «Für Ernährungssouveränität» der Bauerngewerkschaft Uniterre wurde innert kurzer Zeit ein drittes Volksbegehren, welches sich mit der Ernährung der Schweizer Bevölkerung auseinandersetzt, lanciert.
– Eine ebenfalls im Berichtsjahr lancierte Initiative will bewirken, dass Landwirte ihren Kühen und Ziegen die Hörner nicht mehr absägen.
– Der Bundesrat lancierte einen Massnahmenplan, um dem Bienensterben Einhalt zu gebieten.
– Das revidierte Lebensmittelgesetz wurde von den Parlamentskammern verabschiedet.

Öffentliche Finanzen:
– Die Stimmbevölkerung lehnte die Volksinitiativen «Schluss mit den Steuerprivilegien für Millionäre» und «Schluss mit der MwSt-Diskriminierung des Gastgewerbes!» ab.
– Die eidgenössischen Räte empfahlen die Volksinitiativen «Familien stärken! Steuerfreie Kinder- und Ausbildungszulagen» und «Millionen-Erbschaften besteuern für unsere AHV (Erbschaftssteuerreform)» zur Ablehnung.
– Der Bundesrat präsentierte seine Vernehmlassungsvorlage zur Unternehmenssteuerreform III.
– Die Staatsrechnung 2014 schloss mit einem Defizit von CHF 124 Mio.
– Eine Einigungskonferenz brachte einen Voranschlag 2015 mit einem budgetierten Überschuss von CHF 411 Mio. hervor.

Energie:
– National- und Ständerat empfahlen die Volksinitiative «Energie- statt Mehrwertsteuer» ohne Gegenvorschlag zur Ablehnung.
– Das erste Massnahmenpaket der Energiestrategie 2050 wurde im Nationalrat ausgiebig verhandelt und schliesslich mit einigen Änderungen angenommen.
– Die Unterzeichnung eines bilateralen Stromabkommens zwischen der Schweiz und der EU scheiterte am Ja des Stimmvolks zur Masseneinwanderungsinitiative.
– Der Bundesrat kündigte die vollständige Öffnung des Strommarktes an.
– 4.9 Millionen Menschen erhielten vorsorglich Kaliumiodidtabletten.
– Während Jahren unentdeckte Löcher im Containment des AKW Leibstadt brachten Kraftwerksbetreiber und ENSI in Verlegenheit.

Verkehr und Kommunikation:
– Die Vorlage zu Finanzierung und Ausbau der Bahninfrastruktur (FABI) wurde in der Volksabstimmung angenommen.
– Die «Milchkuh-Initiative» kam zustande.
– Beide Parlamentskammern sprachen sich für den Bau einer zweiten Gotthardröhre aus, das Referendum dagegen wurde ergriffen.
– Das Parlament beschloss, den Zahlungsrahmen für die Förderung des alpenquerenden Schienengüterverkehrs um fünf Jahre zu verlängern.
– Der Streit zwischen Frankreich und der Schweiz um die Besteuerung des Schweizer Sektors im Euroairport Basel-Mulhouse ging in eine neue Runde.
– Die Swiss sah sich einer verschärften Konkurrenz ausgesetzt.

Raumplanung und Wohnungswesen:
– Die in Kraft getretene Raumplanungsverordnung zum revidierten Raumplanungsgesetz (RPG) überlässt es den Kantonen, ob diese bei der Abschätzung ihres Rückzonungsbedarfs von einem «hohen» oder «mittleren» Szenario zur Bevölkerungsentwicklung ausgehen wollen.
– Obwohl die Kantone stark mit der Umsetzung der im Vorjahr angenommenen ersten RPG-Teilrevision beschäftigt waren, schickte der Bundesrat bereits eine Vorlage zur zweiten Revisionsetappe in die Vernehmlassung.
– Der Ständerat befasste sich als Erstrat mit der Botschaft zur Umsetzung der Zweitwohnungsinitiative und reizte gemäss der zuständigen Bundesrätin den gesetzgeberischen Spielraum aus.
– Das Parlament verzichtet definitiv auf die 2008 beschlossene Aufhebung der Lex Koller.
– Trotz kontroverser Vernehmlassungsantworten beschloss die Regierung, an der Pflicht zur Bekanntgabe des Vormietzinses festzuhalten und gab die Erarbeitung einer entsprechenden Mietrechtsrevision in Auftrag.
– Durch Annahme einer Motion beschloss das Parlament, dass die Veräusserung von Bauland aus landwirtschaftlichem Besitz erneut der Grundstückgewinnsteuer unterliegen soll.

Umweltschutz:
– In der Gesamtabstimmung des erstberatenden Ständerats fand eine entschärfte Revision des Umweltschutzgesetzes als indirekter Gegenvorschlag zur Volksinitiative «Grüne Wirtschaft» eine Mehrheit.
– Der Bundesrat gab bekannt, die im Rahmen des Kyoto-Protokolls gefassten Verpflichtungen zur Reduktion der Treibhausgasemissionen bis 2012 erreicht zu haben, jedoch nur unter Anrechnung der Senkenwirkung der Wälder sowie der Reduktionsleistungen im Ausland.
– In Reaktion auf die Umsetzungsprobleme des revidierten Gewässerschutzgesetzes und dessen Verordnung präsentierte das BAFU ein in Kooperation mit den betroffenen Akteuren erarbeitetes Merkblatt «Gewässerraum und Landwirtschaft».
– Das Problem der Lebensmittelverschwendung (sog. Food Waste) erlangte mit den Ergebnissen der jüngsten BAFU-Studie zur Kehrichtzusammensetzung zusätzliche Aufmerksamkeit.
– Nach Genehmigung des Nagoya-Protokolls durch das Parlament ratifizierte die Schweiz das Übereinkommen zur Regelung des Zugangs zu genetischen Ressourcen.

Bevölkerung und Arbeit:
– Die Stimmbevölkerung lehnte die Volksinitiativen «Stopp der Überbevölkerung – zur Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen» und «Für den Schutz fairer Löhne (Mindestlohn-Initiative)» ab.
– Die Zahl der Erwerbstätigen erreichte einen neuen Höchststand.
– Die 2013 gegenüber den EU-Staaten ausgerufene Ventilklausel lief aus.
– Die eidgenössischen Räte setzten sich mehrfach mit dem Thema des Fachkräftemangels auseinander.
Real- und Nominallöhne stiegen durchschnittlich um 0.8 Prozent.

Gesundheit, Sozialhilfe, Sport:
– Im Rahmen der Strategie «Gesundheit2020» wurden weitere Massnahmen verabschiedet.
– Der Gegenvorschlag zur Initiative «Ja zur Hausarztmedizin» wurde deutlich angenommen.
– Im Bereich e-Health wurde mit der Projektierung des elektronischen Patientendossiers ein weiterer Schritt vorgenommen.
– Das Medizinalberufegesetz (MedBG) beschäftigte die eidgenössischen Räte.
– Das Heilmittelgesetz (HMG) stellte sich als harter Brocken heraus und konnte noch nicht abschliessend behandelt werden.
– Die Alkoholgesetzgebung nahm klare Formen an.
– Für die Sozialhilfe beginnt sich ein neues Rahmengesetz abzuzeichnen.
– Im Sportbereich bezog die Landesregierung deutliche Positionen und lancierte eine «Gesamtschau Sport Schweiz».

Sozialversicherungen:
– Verschiedene Akteure forderten die Einführung einer obligatorischen Alterspflegeversicherung.
– Die Strategie Altersvorsorge 2020 stiess in der Vernehmlassung auf viel Kritik, wird aber dennoch nahezu unverändert ins Parlament gelangen.
– Die Räte nahmen das neue Aufsichtsgesetz über die soziale Krankenversicherung nach ausführlicher Differenzbereinigung an.
– Die Volksinitiative «für eine öffentliche Krankenkasse» wurde an der Urne deutlich abgelehnt.

Soziale Gruppen:
– Volk und Stände nahmen die Masseneinwanderungsinitiative an der Urne an.
– Die parlamentarische Beratung zur Umsetzung der angenommenen Ausschaffungsinitiative konnte im Berichtsjahr noch nicht abgeschlossen werden.
– Der Bundesrat passt seinen Entwurf zur Revision des Ausländergesetzes unter Berücksichtigung der neuen Gegebenheiten aufgrund Annahme der Masseneinwanderungsinitiative an.
– Ebendiese Initiative hatte die Einreichung zweier Motionen zur Folge, die den prognostizierten Mangel an qualifizierten Fachkräften beheben wollen.
– Die Volksinitiative mit der Forderung zur Streichung der Kosten des Schwangerschaftsabbruchs aus der obligatorischen Grundversicherung wurde an der Volksabstimmung verworfen.
– Nach langer Debatte einigte sich das Parlament auf ein Vorhaben zur Präimplantationsdiagnostik, womit unter anderem eine Verfassungsänderung beschlossen wurde, die dem Volk im Folgejahr vorgelegt wird.

Bildung und Forschung:
– Die Annahme der Masseneinwanderungsinitiative am 9. Februar hatte Auswirkungen auf das Austauschprogramm Erasmus sowie das Forschungsprogramm Horizon 2020.
– Die Volksinitiative «Schutz vor Sexualisierung in Kindergarten und Primarschule» kam mit den erforderlichen Unterschriften zustande.
– Die Frage zur Titeläquivalenz für die höhere Berufsbildung wurde kontrovers diskutiert.
– Das neue Weiterbildungsgesetz ist beschlossene Sache.
– Der indirekte Gegenvorschlag zur Stipendieninitiative schlägt eine Totalrevision des Ausbildungsbeitragsgesetzes vor.
– Eine Beteiligung der Schweiz an der «Europäischen Spallationsquelle ESS» wurde im Erstrat befürwortet.

Kultur, Sprachen, Kirchen:
– Trotz gewichtiger Kritik von den bürgerlichen Parteien und der Wirtschaft beantragte der Bundesrat im Vergleich zur Vorperiode zusätzliche finanzielle Mittel für die Kulturbotschaft (2016-2020).
– Das Parlament verabschiedete eine Totalrevision des Bundesgesetzes über den Schutz der Kulturgüter bei bewaffneten Konflikten (KGSG).
– Das Kunstmuseum Bern schloss mit Deutschland und Bayern eine Vereinbarung zur Übernahme der Werke aus der Kunstsammlung von Cornelius Gurlitt ab.
– Ein Bericht der Europäischen Rassismuskommission stellte der Schweiz betreffend Umgang mit Fahrenden kein gutes Zeugnis aus.
– Eine bei den Schweizer Katholiken durchgeführte Umfrage zu Partnerschafts-, Ehe- und Familienpastoral deckte starke Differenzen zur katholischen Lehre auf.
– Sowohl das Bündner als auch das Zürcher Stimmvolk sprachen sich deutlich gegen die Abschaffung der Kirchensteuer für juristische Personen aus.

Medien:
– Aufgrund noch ungewissen Ausgangs des tiefgreifenden Strukturwandels in der Medienlandschaft plädierte der Bundesrat in seinem Bericht zur Sicherung der staats- und demokratiepolitischen Funktionen der Medien, keine überstürzten Massnahmen zu ergreifen.
– Der Bundesrat wird mit Annahme eines Postulats beauftragt, einen Bericht zu den Service-Public-Leistungen der SRG zu erstellen.
– Nach etlichen Stunden Diskussion stimmten die Kammern in ihren Schlussabstimmungen der RTVG-Revision zu, die die Billag-Gebühr für Private und Unternehmen mit einem Jahresumsatz über CHF 500'000 zur generellen Abgabe erhob; der Gewerbeverband ergriff das Referendum.
– Der Verkauf von «Le Temps» an Ringier sowie die Erwägung von Markus Somm als möglicher Nachfolger von NZZ-Chefredaktor Markus Spillmann führten dazu, dass in der breiten Öffentlichkeit gleich bei zwei überregionalen Schweizer Qualitätszeitungen Diskussionen zur redaktionellen Unabhängigkeit geführt wurden.

Parteien
– Die Diskussionen um Parteienfinanzierung und Offenlegung von Parteispenden halten zwar an, Änderungen des intransparenten Systems sind aber kaum mehrheitsfähig.
– Mit der Annahme der Masseneinwanderungsinitiative kommt auch Bewegung ins Parteiensystem; alle Parteien nehmen mit Umsetzungsvorschlägen Stellung.
– Die SP muss an der Urne einige Niederlagen für ihre wirtschaftspolitischen Anliegen einstecken und versucht, ihre europapolitische Haltung zu klären.
– Die Pädophileninitiative sorgt in der FDP für Dissens, in der Energiepolitik spricht sich die Partei gegen ein Verbot von AKW aus und in der Asylpolitik fordert der Freisinn eine harte Linie.
– Die CVP legt ein neues Parteiprogramm vor, in dem unter anderem eine zweite Gotthardröhre gefordert wird.
– Die SVP feiert mit der Annahme ihrer Masseneinwanderungsinitiative einen Erfolg und lanciert ein neues Begehren, mit dem Landesrecht über Völkerrecht gestellt werden soll.
– Christoph Blocher tritt aus dem Nationalrat zurück und will sich nur noch dem Kampf gegen den «schleichenden EU-Beitritt» widmen.
– Die Grünen distanzieren sich vehement von der Ecopop-Initiative.
– Die GLP erneuert ihre Leitlinien, legt aber nach wie vor kein Parteiprogramm vor.
– Der Bundesratssitz der BDP gerät insbesondere nach der Wahlniederlage im Kanton Bern immer mehr unter Beschuss.
– Die lange diskutierte und geplante Union zwischen CVP und BDP kommt aufgrund des Widerstandes kantonaler BDP-Sektionen nicht zustande.

Verbände und übrige Interessenorganisationen
– Mit einer Verschärfung ihrer Standesregeln wollte die Schweizerische Public Affairs Gesellschaft die Transparenz des politischen Lobbyings erhöhen.
– Der Bauernverband demonstrierte mit der Sammlung der Initiative für Ernährungssicherheit sein ausserordentliches Mobilisierungspotenzial.
– Mit Monika Rühl wurde erstmals einer Frau die Führung des Wirtschaftsdachverbandes Economiesuisse anvertraut.
– Während die Bauerngewerkschaft Uniterre ums Überleben kämpfte, wurde die schweizerische Verbandslandschaft um einen politischen Vertreter der Netzinfrastruktur sowie um eine neue Finanzbranchen-Organisation ergänzt.

Jahresrückblick / Rétrospective annuelle 2014
Dossier: Jahresrückblicke 2004 bis 2014

Qu'est-ce qui figurait à l'agenda politique suisse en 2014? Quelles étaient les affaires les plus importantes au Parlement? Et qu'est-ce qui a interpellé le public intéressé par la politique ? Les événements les plus importants en 2014 sont résumés ci-dessous et ensuite listés par thème. Les liens vous mèneront directement à ces objets et événements clés de l'année en cours. Hier finden Sie die deutsche Version dieses Artikels.

L'événement de l'année politique 2014, qui a relégué tous les autres au second plan, est sans conteste l'acceptation de l'initiative dite «contre l'immigration de masse» en février. La proposition de l'UDC d'un retour au système de contingents dans la politique d'immigration a été acceptée par 50.3 pourcent des votants. Cette décision du peuple a eu l'effet d'un tremblement de terre, son application étant incompatible avec plusieurs traités internationaux, dont notamment les accords bilatéraux conclus avec l'Union européenne. De nombreux commentateurs ont comparé cette votation avec le refus, lourd de conséquences, à l'entrée de la Suisse dans l'EEE en 1992. Force est de constater que des parallèles existent. Une première similitude se situe dans le rôle de l'UDC qui a fait cavalier seul face aux autres partis et face aux associations économiques. Ensuite, un second parallèle est symbolisé par le fossé linguistique qui s'est dessiné sur la carte de résultats des votes: les cantons romands ont refusé l'initiative de manière univoque, tandis que les cantons germanophones – hormis Bâle-Ville, Zoug et Zurich – ne l'ont acceptée qu'à une courte majorité. Majorité, qui, pour le canton du Tessin s'est plus clairement dessinée. L'analyse VOX montre une très claire corrélation entre le positionnement politique sur l'axe gauche-droite et le choix du vote: Plus une personne s'estimait politiquement à droite, plus il y avait de chances qu'elle se prononce en faveur de l'initiative. De plus, l'objet du vote semble avoir réussi à mobiliser des personnes qui d'ordinaire ne s'intéressent pas à la politique. Ces personnes ont, selon l'analyse, plutôt voté pour. Il a été reproché aux opposants de l'initiative de ne pas l'avoir prise suffisamment au sérieux et de ne pas avoir fait front uni pour la combattre. Comme en 1992, le résultat des urnes a eu un effet mobilisateur. Tout d'abord, des manifestations contre le résultat de la votation ont essaimé, puis la constitution de nouveaux groupements politiques s'est cristallisée. Des suites de l'initiative, de nombreux partis et experts se sont empressés de formuler des propositions de mise en oeuvre, qui se sont révélées être un parfait exemple de recherche de la quadrature du cercle. Une application fidèle du texte de l'initiative, comme elle avait été promise par le Conseil fédéral, implique des négociations avec l'Union européenne sur le principe de la libre circulation des personnes. Or, l'UE a dès le début très clairement signifié que ce point-là n'était pas négociable. Plusieurs demandes de vote pour ou contre la libre-circulation ont eu pour finalité le lancement de l'initiative «Sortons de l'impasse! Renonçons à rétablir des contingents d'immigration» (dite Rasa), qui réclame l'annulation du vote.

L'initiative a eu des incidences sur beaucoup de domaines de la politique, et particulièrement sur la politique extérieure. Non seulement l'Union européenne a exclu la Suisse du programme de formation Erasmus+, mais elle a aussi gelé les négociations concernant la participation de la Suisse au programme de recherche «Horizon 2020», ainsi que l'accord bilatéral sur l'électricité. La recherche dans le domaine de l'industrie doit également renoncer aux financements européens et la Suisse ne peut pour le moment plus participer au marché commun de l'électricité. L'accord-cadre institutionnel, par lequel Bruxelles exigeait de la Suisse une reprise du droit européen, n'a pas pu être mené à bien. L'UDC a saisi l'occasion offerte par la position de l'UE, mais aussi par les nombreuses réactions négatives de l'étranger – comme par exemple le reproche du Conseil européen qui visait un discours public à la xénophobie grandissante – pour plaider une indépendance plus grande de la Suisse au niveau juridique. Bien que ses requêtes au parlement pour une primauté du droit suisse sur le droit international public aient échoué, le parti agrarien a lancé à la fin de l'année sous revue une initiative reprenant les mêmes revendications, et impliquant entre autres une abrogation de la Convention européenne des droits de l'homme. En revanche, le travail diplomatique du ministre des affaires étrangères Didier Burkhalter dans le cadre du conflit ukrainien lors de son mandat de président de l'OSCE a obtenu pour la Suisse une certaine reconnaissance sur la scène internationale.

De plus, l'acceptation de l'initiative sur «l'immigration de masse» a été considérée comme un risque pour la cohésion nationale. Le débat semble avoir polarisé deux positions contradictoires. Dans l'un des camps, il y a eu une claire volonté d'une Suisse qui prenne ses décisions politiques de la manière la plus autonome possible, sans que des acteurs étrangers ne s'en mêlent. Cependant, l'interdépendance internationale, notamment dans le domaine de l'économie, rend ce souhait difficile à réaliser. Dans l'autre camp, il a été souhaité de participer activement à la globalisation, quand bien même une part de l'autonomie nationale dût-elle y être sacrifiée. Ces deux positions s'opposent le plus diamétralement au sujet de la politique migratoire: d'un côté l'on revendique un arrêt de l'immigration, – comme l'a montré l'initiative ecopop, bien qu'elle ait échoué face aux urnes – et de l'autre, l'on exige des mesures contre la pénurie de main-d'oeuvre. Lors des débats au sujet des commémorations historiques ayant lieu en 2015 on a pu observer que ces deux positions se cristallisaient également autour des différentes lectures des mêmes événements. Marignan, la bataille de Morgarten ou encore le congrès de Vienne sont vus par un côté comme la preuve que la Confédération peut faire front seule face au monde, alors que les autres y voient un signe indéniable que déjà autrefois la Suisse a bénéficié de ses relations internationales.

L'initiative contre «l'immigration de masse» a marqué l'adhésion des votants à la 21ème initiative populaire depuis l'introduction du droit d'initiative en 1891. La 22ème a suivi peu de temps après lors de cette même année: L'initiative «pour que les pédophiles ne travaillent plus avec des enfants» a été acceptée dans les urnes, ce qui a ravivé le débat sur la réforme des droits populaires. Alors que les sept autres initiatives proposées en 2014 ont été refusées, l'initiative de mise en oeuvre de l'initiative pour le renvoi des criminels étrangers, qui a d'ailleurs été déclarée partiellement invalide par le Conseil fédéral, a largement alimenté le débat sur la réforme. Il appartient désormais au parlement de faire une proposition d'application de l'initiative, qui pourra alors être soumise au référendum. La question de la marge de manoeuvre lors d'une mise en ouvre s'est également posée lors du débat sur la mise en place de l'initiative sur les résidences secondaires, qui a vu selon certains observateurs le conseil des Etats jouer avec les brèches du cadre de la Constitution.

Un autre événement politique de 2014 a été façonné par les droits populaires: le peuple a refusé en 2014 l'achat de l'avion de combat Gripen. La responsabilité d'un désaveu plutôt surprenant des autorités fédérales pour un objet touchant à l'armée revient entre autres aux Vert'libéraux, qui sont arrivés à leurs fins au côté d'une gauche unie. Le cas du Gripen-Grounding a contribué à relancer le débat du financement de l'armée.

La tension entre autonomie nationale et relations internationales a également touché le domaine de la politique économique. Malgré le contexte international difficile, l'économie suisse a connu un développement dynamique et le taux de chômage est demeuré à un niveau de 3.2 pourcent, très bas en comparaison internationale. La politique de la banque nationale n'y est pas étrangère, elle qui a réaffirmé son taux de change plancher face à l'euro et s'est déclarée prête à le défendre à l'aide d'achats illimités de devises en cas de besoin. La BNS a également fait usage d'autres outils, comme par exemple l'introduction d'intérêts négatifs sur les comptes courants. L'économie nationale se portait en 2014 tellement bien que sa demande en personnel qualifié dans les secteurs secondaire et tertiaire a tout juste pu être satisfaite.

La pression internationale s'est également faite sentir dans le domaine de la politique d'imposition. Avec la signature d'accords d'échange automatique d'informations fiscales et la troisième réforme de l'imposition des entreprises planifiée par le Conseil fédéral, l'oasis fiscal suisse appartiendrait désormais au passé. Cependant, l'UDC, secondée par les autres partis bourgeois, s'est mise en tête de préserver le secret bancaire, à l'aide notamment de l'initiative sur la protection de la sphère privée déposée en septembre. Aucun changement n'est prévu sur le court terme pour les forfaits fiscaux et la TVA dans le domaine de la restauration: les deux initiatives réclamant respectivement la suppression et la modification de ces impositions ont échoué face aux urnes. Le débat sur l'imposition restera cependant virulent. De nombreux objets de vote sont prévus en 2015 sur ce thème, comme le débat parlementaire sur la réforme de l'imposition des entreprises, ou les initiatives sur la taxation des familles (un objet lancé par le PDC), sur l'introduction d'un impôt sur les successions (une idée de PEP, PS et les verts) ou sur le remplacement de la TVA par un impôt sur l'énergie (proposition des Vert'libéraux). L'importance des revenus de taxation s'est manifestée en 2014 avec la publication des comptes de la Confédération, qui se sont soldés par un déficit pour la première fois depuis 2005. Le manque à gagner d'environ 124 Mio. est attribué à un recul marqué de l'impôt fédéral direct. Ce déficit a été la source d'un important débat sur les comptes de la Confédération, qui s'est conclu avec un budget provisionnel comprenant un excédent de 411 Mio. ainsi que plusieurs mesures de réduction des dépenses publiques.

Un secteur largement épargné par les mesures d'économie est celui de l'agriculture. Dans ce domaine aussi, le débat sur la protection des marchés s'est avéré virulent. Ce ne sont pas moins de trois initiatives populaires sur le thème de l'alimentation qui ont été lancées. Les signatures pour l'initiative de l'UDC et de l'union paysanne pour la sécurité alimentaire ont été récoltées en un temps record. Le texte exige un encouragement étatique de la production locale. Dans les médias, l'initiative était soupçonnée d'être plutôt une révision de la politique agraire 2014-2017. Uniterre a également plébiscité plus de souveraineté alimentaire à travers une augmentation de la production biologique au niveau national. Enfin, les Verts ont lancé leur initiative «Pour des aliments équitables» afin que la nourriture importée en Suisse satisfasse également les normes environnementales et sociétales suisses. Ces trois plébiscites peuvent être lus comme une critique de la mondialisation et du rôle de la Suisse face aux marchés mondiaux. Le scandale de Carna Grischa, fortement médiatisé en novembre et faisant peser le soupçon d'une infraction à la loi révisée sur les aliments votée en été par les chambres fédérales, ainsi que le thème du gaspillage alimentaire ont mis en évidence l'importance pour la population du thème de l'alimentation.

La politique énergétique s'est tenue en 2014 sous le signe de la sortie du nucléaire, décidée suite à la catastrophe atomique de Fukushima en 2011. Une révision totale de la loi sur l'énergie ainsi que la modification de plusieurs lois fédérales ont été entreprises, à travers notamment le premier paquet de mesures de la stratégie énergétique 2050, qui se veut également un contre-projet indirect à l'initiative des Verts sur la sortie de l'atome. Le but de la stratégie est une utilisation économe et efficiente de l'énergie, une part importante d'énergies renouvelables dans l'usage total ainsi que le principe du pollueur payeur dans la répartition des coûts. Malgré une opposition de la part des Libéraux-radicaux et de l'Union démocratique du centre, ce dernier objectif a été maintenu avec l'acceptation du paquet de mesures par le Conseil national.

Le peuple suisse a exprimé, avec l'acceptation de l'arrêté fédéral portant sur le règlement du financement et l'aménagement de l'infrastructure ferroviaire, sa sympathie pour les transports publics en général. Cependant, l'idée d'un subventionnement croisé entre la route et le rail rencontre de plus en plus d'oppositions, comme le démontrent l'analyse VOX de la votation sur l'infrastructure ferroviaire et le lancement de l'initiative populaire «pour un financement équitable des transports» (dite initiative «vache à lait»), qui réclame l'utilisation des taxes automobiles à des fins d'amélioration de l'infrastructure routière uniquement. La circulation routière sera à l'avenir encore et toujours sujet à débat, puisqu'un référendum est prévu contre la construction d'un second tunnel routier au col du Gothard.

Le domaine de la santé a représenté en 2014 un chantier politique important. La stratégie «Santé 2020» mise en route en 2013 déjà par le conseiller fédéral Alain Berset continuera à occuper les différents acteurs politiques. Le but de son programme est d'atteindre l'assurance d'une qualité des soins aux différents niveaux de capacité de paiement. Les votants ont exprimé par leur refus de la caisse unique leur volonté que les coûts croissants de la santé soient amortis par un système de concurrence entre les caisses maladies. Les assurances sociales elles aussi sont promises à une révision: malgré les critiques de la droite (accent simpliste sur le financement, manque de mesures d'économie) et de la gauche (augmentation de l'âge de la retraite, baisse du taux de conversion), le projet de réforme du Conseil fédéral sera traité tel quel et non en différents paquets comme il a été demandé par plusieurs participants de la procédure de consultation.

La politique de la formation a elle aussi été une arène du débat sur la cohésion nationale. Ce n'est pas le controversé Lehrplan21, destiné à harmoniser le paysage éducatif suisse-alémanique, qui a occupé le devant de la scène, mais plutôt les velléités de certains cantons de n'offrir l'enseignement que d'une langue étrangère au niveau primaire, ce qui conduit relativement souvent à renoncer à l'enseignement du français. Au-delà des arguments pédagogiques, c'est la politique linguistique de la Suisse qui était mise en avant et la menace représentée pour celle-ci par l'abandon de l'apprentissage d'une langue nationale comme première langue étrangère. En outre, la décision de n'autoriser que le dialecte dans les écoles enfantines a de son côté également été vue comme un danger pour la cohésion fédérale. La SSR et son rôle de service public se sont également trouvés au centre de ces débats. Il sera possible d'observer l'évolution des discussions en 2015, lors de la votation du référendum sur la révision partielle de la loi sur la radio et la télévision, qui introduirait l'obligation généralisée d'une redevance. Des signatures contre les taxes Billag ont déjà été récoltées.

L'ombre des élections fédérales de 2015 a plané sur cette année politique. Le débat au sujet de la persistance du système tripolaire entre un bloc de gauche (PS, les Verts), de droite (UDC, PLR) et le «nouveau centre» (PDC, PBD, les Vert'libéraux), baptisé ainsi après les élections de 2011, a notamment eu lieu. Ce dernier s'est trouvé affaibli en 2014, alors que l'alliance longuement planifiée et préparée entre le PDC et le PBD n'a pas eu lieu et que le parti bourgeois démocratique en a subi les conséquences par des pertes électorales au niveau cantonal. Comme l'UDC avait gagné du terrain au niveau législatif, la question d'un siège supplémentaire au Conseil fédéral a été largement reprise par les médias. L'union démocratique du centre est parvenue à instrumentaliser la question de l'autonomie nationale comme facteur de mobilisation. Cela n'a cependant pas suffi au niveau cantonal, où le thème n'est pas assez mobilisateur pour gagner des sièges dans des gouvernements plutôt orientés vers une politique de consensus. Les grandes questions de la prochaine année électorale sont de savoir si la tendance cantonale se vérifiera et si les promesses des différents présidents de parti de défendre ou de se saisir du siège d'Eveline Widmer-Schlumpf seront tenues. Seule la conseillère PBD – qui ne s'est jusque-là pas exprimée sur des souhaits de retrait – et le résultat des élections pourront y répondre.

Problèmes politiques fondamentaux:
– Ouverte à tous, la compétition pour un nouvel hymne national s'est heurtée à la résistance politique.
– Les thèmes des nombreuses fêtes commémoratives de 2015 se sont répandues jusqu'au cour même des débats politiques.
– L'acceptation de l'initiative sur l'immigration de masse a créé la polémique sur la question de la cohésion nationale ainsi que diverses réactions à l'étranger ; le Conseil de l'Europe a regretté un discours de plus en plus xénophobe.
– La contribution de la Suisse à l'exposition universelle de 2015 a soulevé des critiques des milieux politiques; du côté du Tessin, la Lega a empêché le versement d'un crédit pour l'exposition.

Ordre juridique:
– Le Conseil fédéral et le parlement ont fait avancer la réparation pour les victimes de mesures de coercition à des fins d'assistance et d'internement par décision administrative.
– Le tribunal fédéral n'a pas considéré le salut hitlérien comme violant la norme pénale contre le racisme, ce qui a eu pour conséquence de faire la une des journaux.
– Le Conseil fédéral a garanti la Constitution cantonale du Tessin et a ainsi déclaré l'interdiction de porter la burqa et le niqab dans l'espace public comme étant compatible avec le droit fédéral.
– Le parlement a adopté une loi fédérale interdisant les groupes «Al-Qaïda» et «Etat islamique» et les organisations apparentées.
– Les conseils se sont mis d'accord de justesse sur la révision totale de la loi sur la nationalité.
– En vue de l'examen du GAFI prévu pour 2015, la proposition de la conférence de conciliation sur la révision de la loi sur le blanchiment d'argent a été unanimement acceptée par les deux conseils.
– L'initiative populaire «Pour que les pédophiles ne travaillent plus avec des enfants» a été largement acceptée par le peuple.
– Le Conseil national a proposé le refus de l'initiative «de mise en oeuvre» de l'initiative «contre l'immigration de masse» et a plaidé pour la déclarer partiellement invalide.
– Alors que le Conseil national s'est montré prêt à beaucoup concéder aux instigateurs de l'initiative «pour le renvoi des criminels étrangers» lors de sa mise en oeuvre, le Conseil des Etats, lui, souhaite introduire une clause de rigueur.

Institutions et droits populaires:
– Avec l'élection de Simonetta Sommaruga à la présidence du Conseil fédéral, de Claude Hêche à la présidence du Conseil des Etats et de Stéphane Rossini à la présidence du Conseil national, en 2015, les trois plus hautes institutions politiques helvétiques sont dirigées par des membres du PS.
– Différents scandales liés aux acquisitions des technologies informatiques dans l'administration fédérale ont menés à des examens pénaux ainsi qu'à des interventions politiques.
– En 2014, pas moins de onze parlementaires fédéraux ont été assermentés.
– Plusieurs affaires, dont notamment la démission de Christoph Blocher, ont lancé le débat sur un parlement de milice contre un parlement professionnel.
– La révision de la loi sur les droits politiques n'a pas mené à une prolongation du délai de récolte des signatures pour le référendum.
– L'UDC a activé le débat sur le rapport entre le droit international et le droit helvétique; les tentatives du parti agrarien se sont heurtées à des refus.
– Des voix de la scène politique ont commencé à élever des critiques contre le E-voting.

Structures fédéralistes:
– Dans son monitoring du fédéralisme, la Conférence des gouvernements cantonaux a observé une tendance continue à la centralisation.
– Par différentes visites, les membres du gouvernement ont essayé d'apaiser l'ambiance tendue au canton du Tessin.
– La tendance à des fusions de communes persiste; depuis le début de l'Etat fédéral, plus d'un quart des communes ont disparu.
– La population du canton de Bâle-Campagne s'est exprimée, à travers un vote, contre une fusion avec le canton de Bâle-Ville. La majorité des citoyens de Bâle-Ville aurait salué la mise en route d'un rapprochement.
– La solution à la question jurassienne va être trouvé au niveau communal: trois communes du Jura bernois (Moutier, Belprahon et Grandval) exigent un vote au niveau communal afin de rejoindre le canton du Jura.

Elections:
– Les discussions concernant les réformes du droit de vote cantonal, le scrutin biproportionnel et les obstacles électoraux ont continué.
– Dans six cantons ont eu lieu les élections du parlement. Le grand perdant est le PBD qui a perdu onze sièges dans le canton de Berne; par contre les Vert'libéraux et l'UDC ont progressé respectivement de onze et dix sièges en tout. Le PLR a perdu huit sièges alors que le PDC en a perdu six. Les Verts se sont rétablis alors que le PS a stagné.
– Les attaques de l'UDC, orientées vers des sièges gouvernementaux, ont toutes échouées, à l'exception du Canton de Glaris; à Neuchâtel, le siège de l'UDC conquis en 2013 a déjà été perdu un an après, au profit du PLR.
– A Berne, la majorité rouge-verte a été maintenue uniquement grâce au siège garanti au Jura bernois.
– A Nidwald et à Glaris, deux conseillers-exécutifs actuels ont été désavoués; à Nidwald, la composition du gouvernement est maintenue.
– Dans le canton de Glaris, les deux membres défunts du Conseil d'Etat ont dû être remplacés; le PLR et l'UDC défendent leur siège.

Politique étrangère:
– Début février, le peuple a accepté l'initiative «Contre l'immigration de masse», ce qui a été un des sujets les plus discutés lors des rencontres bilatérales avec les pays voisins et d'autres pays européens.
– Lors de sa présidence de l'OSCE, Didier Burkhalter a mis l'accent sur le futur de la jeunesse, mais également sur la promotion de la paix dans l'Europe de l'Est.
– Après de nombreuses divergences, les Chambres fédérales ont finalement adopté la nouvelle loi sur les Suisses de l'étranger.
– Les compétences du Conseil fédéral en matière de conclusion de traités internationaux ont été restreintes.
– Le parlement a voté en faveur de la réintroduction du contrôle aux frontières pour une durée de six mois.
– Plusieurs arrêtés fédéraux ont été adoptés en vue d'améliorer et de développer l'acquis Schengen et celui de Dublin/Eurodac.
– Après avoir été adopté par les deux chambres, l'accord de libre-échange avec la Chine est entré en vigueur le 1er juillet 2014.
– Plusieurs conventions ont été signées en vue d'éviter les doubles impositions (avec AU, CN, FL et HU).

Armée:
– Les avions de combats suédois Gripen ont été enterrés par les citoyens.
– Le financement de l'armée était à nouveau dans le collimateur de l'Assemblée fédérale.
– Le développement de l'armée a été brièvement interrompu et n'a pas encore avancé concernant son contenu.
– Le service civil n'a pas été reconnu comme étant une organisation faisant concurrence à l'armée.
– De nouvelles stratégies ont été conçues pour la protection contre les cyberrisques.
– La révision de la loi fédérale révisée sur la protection de la population et sur la protection civile entre en vigueur en 2015.

Politique économique:
– Malgré le contexte international difficile, l'économie suisse a connu un développement dynamique.
– Alors que les échanges de marchandises et services avec l'étranger ont connu une croissance importante, le secteur du bâtiment a subi, lui, une impulsion négative.
– Une révision de la loi sur les cartels a échoué au parlement en raison, entre autres, d'avis divergents sur la conception de la commission de la concurrence.
– Signé l'année précédente avec l'Union européenne, l'accord sur la concurrence est entré en vigueur.
– Le Conseil fédéral s'est prononcé en faveur d'une facilitation des successions d'entreprises.
– Les deux chambres ne sont pas parvenues à trouver un accord sur la manière optimale de contrôler la publicité agressive pour les petits crédits.

Crédit et monnaie:
– Le cours plancher de l'euro a encore une fois était mis sous pression fin 2014, raison pour laquelle la Banque nationale a décidé d'instaurer un taux d'intérêt négatif sur les avoirs en compte de virement.
– L'initiative «Sauvez l'or de la Suisse (Initiative sur l'or)» a été massivement rejetée par 77.3 pourcent des votants.
– Afin d'affaiblir la dynamique du marché hypothécaire suisse, le Conseil fédéral a demandé aux banques un relèvement du volant de fonds propres anticyclique à 2 pourcent.
– Le gouvernement a signé un accord sur la mise en ouvre d'un échange international de renseignements en matière fiscale.
– Les consultations sur la loi sur les services financiers, la loi sur les établissements financiers et la loi sur l'infrastructure des marchés financiers («feuille de trèfle») ont pris fin.

Agriculture:
– L'agriculture a échappé aux mesures d'économies qui ont sévi au niveau fédéral.
– L'initiative populaire pour la sécurité alimentaire a été déposée, avec 147'000 signatures, à la Chancellerie fédérale, après seulement cinq mois.
– Avec l'initiative populaire «Pour la souveraineté alimentaire», le syndicat paysan Uniterre a voulu lancer, dans un intervalle de temps très court, une troisième initiative populaire qui aborde le thème de l'alimentation.
– Une initiative, pour la dignité des animaux, lancée pendant l'exercice, souhaite que les agriculteurs ne scient plus les cornes de leurs vaches et chèvres.
– Le Conseil fédéral a lancé un plan de mesures afin de mettre un terme à la disparition des abeilles.
– La loi, révisée, sur les denrées alimentaires a été acceptée par les chambres du Parlement.

Finances publiques:
– Les initiatives «Halte aux privilèges fiscaux des millionnaires» (abolition des forfaits fiscaux) et «Stop à la TVA discriminatoire pour la restauration!» ont été refusées en votation populaire.
– Les chambres fédérales ont recommandé le rejet des initiatives «Aider les familles! Pour des allocations pour enfant et des allocations de formation professionnelle exonérées de l'impôt» et «Imposer les successions de plusieurs millions pour financer notre AVS» (Réforme de la fiscalité successorale).
– La Conseil fédéral a mis en consultation son projet de troisième réforme de la fiscalité des entreprises.
– L'exercice 2014 de la Confédération s'achève avec un déficit de 124 millions.
– Une conférence de conciliation a livré un budget 2015 prévoyant un excédent de 411 millions de francs.

Energie:
– Le Conseil national et le Conseil des Etats ont recommandé le rejet de l'initiative populaire «Remplacer la taxe sur la valeur ajoutée par une taxe sur l'énergie» sans y opposer de contre-projet.
– Le premier paquet de mesures de la Stratégie énergétique 2050 a été vivement débattu au Conseil national et a finalement été adopté avec quelques modifications.
– La signature d'un accord bilatéral sur l'électricité avec l'UE a échoué à cause du oui du peuple suisse sur l'initiative contre l'immigration de masse.
– Le Conseil fédéral a annoncé l'ouverture complète du marché de l'électricité.
– 4.9 millions de personnes ont reçu des comprimés d'iode à titre préventif.
– De trous indécouverts pendant des années dans l'enceinte de confinement de la centrale nucléaire de Leibstadt ont mis mal à l'aise l'exploitant de la centrale et l'IFSN.

Transports et communications:
– Le projet de financement et de l'aménagement de l'infrastructure ferroviaire (FAIF) a été adopté lors de la votation populaire.
L'«initiative vache à lait» a été déposée.
– Les deux chambres du parlement se sont prononcées en faveur de la construction d'un deuxième tube routier au Gothard, contre lequel le référendum a été lancé.
– Le parlement a donné son feu vert à la poursuite du financement ciblé du transfert du trafic de marchandises vers le rail pour cinq années.
– Nouvelle étape dans le conflit fiscal entre la France et la Suisse à l'Euro-Airport de Bâle-Mulhouse.
– La compagnie Swiss a été soumise à une concurrence exacerbée.

Aménagement du territoire et logement:
L'ordonnance sur l'aménagement du territoire révisée, mis en vigueur en mai 2014, laissent le choix aux cantons s'ils veulent partir d'un scénario démographique «haut» ou «moyen» afin de définir les mesures de planification et les besoins de déclassement.
– Bien que les cantons soient toujours occupés par la mise en ouvre de la première révision de de loi sur l'aménagement du territoire (LAT), le Conseil fédéral a envoyé en consultation la deuxième étape de la révision de la LAT, acceptée par le peuple en 2013.
– Le Conseil des Etats, conseil prioritaire sur la question du message relatif à la mise en oeuvre de l'initiative sur les résidences secondaires, a utilisé toutes les manouvres législatives possibles pour atténuer la révision selon la conseillère fédérale compétente sur la question.
– Le Parlement a renoncé à l'abrogation de la Lex Koller, prévue par un objet du Conseil fédéral adopté en 2008.
– Malgré des réponses controversées émises en procédure de consultation, le Conseil fédéral a décidé de maintenir l'obligation de communiquer le loyer précédent et a demandé une révision de la loi correspondante.
– A travers l'adoption d'une motion, le Parlement a décidé de soumettre, à nouveau à l'impôt sur les gains immobiliers, les gains réalisés sur l'aliénation ou le transfert des immeubles agricoles et sylvicoles.

Protection de l'environnement:
– Lors du vote sur l'ensemble, le Conseil des Etats a favorisé une révision atténuée de la loi sur la protection de l'environnement, prévue comme contre-projet indirect à l'initiative «Economie verte».
– Le Conseil fédéral a annoncé avoir rempli son engagement envers le Protocole de Kyoto pour la réduction des gaz à effet de serre jusqu'en 2012, néanmoins cela a été possible uniquement grâce à l'achat de certificats à l'étrangers et à l'effet de puits de CO2 des forêts.
– En réponse aux problèmes relatifs à la mise en ouvre de la loi sur la protection des eaux et à l'ordonnance correspondante, l'OFEV a élaboré, en collaboration avec les acteurs concernés, la fiche pratique «Espace réservé aux eaux».
– Le problème relatif au gaspillage alimentaire (dit Food Waste) a suscité une attention toute particulière à la suite des résultats de l'Analyse de la composition des ordures présentée par l'OFEV.
– A la suite de l'approbation du Parlement, la Suisse a ratifié le Protocole de Nagoya sur l'accès aux ressources génétiques.

Population et travail:
– La population a refusé les initiatives «Halte à la surpopulation – Oui à la préservation durable des ressources naturelles» et «Pour la protection des salaires équitables» (initiative sur les salaires minimums) en votation populaire.
– L'année 2014 a vu le nombre de travailleurs actifs atteindre un nouveau niveau maximal.
– La clause de sauvegarde envers les Etats de l'Union européenne, activée en 2013 a cessé de s'appliquer lors de l'année sous revue.
– Les chambres fédérales ont traité à plusieurs reprises le thème de la pénurie de main d'oeuvre.
– Les salaires réels et nominaux ont augmenté en moyenne de 0.8 pourcent.

Santé, assistance sociale, sport:
– D'autres mesures ont été adoptées dans le cadre de la stratégie «Santé2020».
– Le contre-projet de l'initiative «Oui à la médecine de famille» a été nettement accepté.
– Dans le domaine de l'e-Health, un nouveau pas en avant a été fait grâce à la conception du dossier électronique du patient.
– La loi sur les professions médicales (LPMéd) a occupé les Chambres fédérales.
– La loi sur les produits thérapeutiques (LPTh) a donné du grain à moudre et n'a pas encore pu être conclue.
– La législation sur l'alcool a pris forme.
– Une loi-cadre relative à l'aide sociale commence à prendre tournure.
– Dans le domaine du sport, le gouvernement a endossé une position claire et lancé une «Vue d'ensemble Sport Suisse».

Assurances sociales:
– Différents acteurs ont demandé l'introduction d'une assurance obligatoire des soins pour les personnes âgées.
– La stratégie «Prévoyance vieillesse 2020» a connu beaucoup de critiques lors de la consultation, mais elle a quand même été transmise au Parlement sans grandes modifications.
– Les conseils ont adopté la loi fédérale sur la surveillance de l'assurance-maladie sociale après une procédure intensive d'élimination des divergences.
– L'initiative populaire «Pour une caisse publique d'assurance-maladie» a été nettement rejetée.

Groupes sociaux:
– L'initiative «contre l'immigration de masse» a été acceptée en votation populaire.
– La question de l'application de l'initiative «pour le renvoi des criminels étrangers» est toujours en négociation au parlement.
– Le Conseil fédéral a adapté la révision de la loi sur les étrangers aux nouvelles dispositions découlant de l'acceptation de l'initiative «contre l'immigration de masse».
– Cette même initiative a suscité le dépôt de deux motions visant à lutter contre la pénurie de main d'ouvre qualifiée.
– L'initiative visant à rayer l'interruption volontaire de grossesse du catalogue des prestations remboursées par l'assurance-maladie obligatoire a été refusée en votation populaire.
– Suite à de longs débats, le parlement s'est accordé sur un projet de légalisation du diagnostic préimplantatoire, qui sera soumis au peuple en 2015.

Enseignement et recherche:
– Le vote du 9 février sur l'immigration a eu des répercussions sur les programmes de formation et de recherche académique, Eramsus+ et Horizon 2020.
– L'initiative «Protection contre la sexualisation à l'école maternelle et primaire» a récolté le nombre de signatures requises.
– La question de l'équivalence des diplômes de la formation professionnelle supérieure a fait débat.
– La loi sur la formation continue a abouti.
– Le contre-projet indirect à l'initative sur les bourses d'étude propose une réforme de la loi sur les aides à la formation.
– La participation de la Suisse à la «Source européenne de spallation ESS» à passer le cap du premier Conseil.

Culture, langues, églises:
– Malgré d'importantes critiques issues des milieux économiques et des partis bourgeois, le Conseil fédéral a proposé des moyens financiers additionnels dans le cadre du message culture (2016-2020).
– Le parlement a adopté une révision totale de la loi fédérale sur la protection des biens culturels en cas de conflit armé.
– Le Musée des beaux-arts de Berne a conclu une convention avec l'Allemagne et la Bavière concernant le rachat des oeuvres de la collection de Cornelius Gurlitt.
– Dans son rapport, la Commission européenne contre le racisme et l'intolérance n'a pas accordé une bonne note à la Suisse relativement à la gestion des gens du voyage.
– Une enquête auprès des catholiques suisses concernant la pastorale matrimoniale, familiale et la vie en couple a révélé de grandes différences par rapport à l'Eglise catholique.
– Les citoyens des Grisons autant que ceux de Zurich se sont prononcés contre l'abrogation des impôts ecclésiastiques pour les personnes morales.

Médias:
– Etant donné les potentiels changements profonds dans la structure du paysage médiatique, le Conseil fédéral, dans son rapport «Garantir les fonctions étatiques et démocratiques des médias», propose de ne pas prendre de mesures précipitées pour le moment.
– Un postulat a donné le mandat au Conseil fédéral de présenter un rapport relatif aux prestations de service public de la SSR.
– Après des heures de discussions, le parlement a abouti à une révision de la LRTV prévoyant l'introduction d'une redevance générale pour les privés et les entreprises avec un chiffre d'affaires annuel supérieur à CHF 500'000 au lieu de la redevance Billag existante; l'Union suisse des arts et métiers a lancé un référendum.
– La vente du quotidien «Le Temps» à Ringier ainsi que le potentiel remplacement de Markus Spillmann, rédacteur en chef de la NZZ, par Markus Somm, a soulevé de nombreuses discussions sur l'indépendance rédactionnelle de ces deux importants acteurs médiatiques suprarégionaux.

Partis
– Les discussions autour du financement des partis et de la divulgation des dons persistent, des changements du système peu transparents ne trouvent pas de majorité.
– L'acceptation de l'initiative sur l'immigration de masse a fait bouger le system des partis politiques; tous les partis ont pris position et émis des propositions.
– Le PS a dû encaisser plusieurs défaites dans les urnes sur des questions de politique économique et cherche désormais à éclaircir sa position sur la question de l'Europe.
– Alors que l'initiative sur les pédophiles a créé des dissensions au sein du PLR, le parti s'est exprimé, au niveau de la politique énergétique, contre une interdiction des centrales nucléaires et, au niveau de la politique d'asile, pour une ligne dure.
– Le PDC a présenté un nouveau programme politique, avec notamment une prise de position en faveur d'un deuxième tube au Gothard.
– L'UDC a fêté le succès de l'acceptation de leur initiative sur l'immigration de masse et a lancé une initiative pour la primauté du droit national.
– Christoph Blocher a quitté le Conseil national afin de mieux se concentrer sur la lutte contre une «adhésion insidieuse à l'UE».
– Les Verts se sont véhément démarqués de l'initiative Ecopop.
– Les Vert'libéraux ont remodelé leur ligne directrice, mais n'ont toujours délivré aucun programme politique.
– Le siège du PBD au Conseil fédéral se retrouve sous le feu des critiques après la perte des élections dans le canton de Berne.
– Les longues discussions au sujet d'un projet d'union entre le PDC et le PBD n'ont pas abouti étant donné la résistance des sections cantonales du PBD.

Associations et autres groupes d'intérêt
– A travers un durcissement de ses règles professionnelles, la Société Suisse de Public Affairs a voulu augmenter la transparence des lobbies politiques.
– Le syndicat paysan a fait une démonstration de son extraordinaire capacité de mobilisation lors de la collecte des signatures pour l'initiative sur la sécurité alimentaire.
– Avec Monika Rühl, la direction d'Economiesuisse a été confiée, pour la première fois, à une femme.
– Alors que le syndicat paysan Uniterre luttait pour la survie, le paysage des syndicats helvétiques était complété par un représentant politique pour les infrastructures de réseau et une nouvelle organisation des branches financières.

Jahresrückblick / Rétrospective annuelle 2014
Dossier: Jahresrückblicke 2004 bis 2014

Obgleich sich das Parlament bei der gescheiterten 11. AHV-Revision gegen eine sozial abgefederte Ausgestaltung der vorzeitigen Pensionierung ausgesprochen hatte, ist das Anliegen in den Räten trotzdem nicht vom Tisch. Mit 86 zu 57 Stimmen lehnte der Nationalrat zwar wegen offener Finanzierungsfragen eine parlamentarische Initiative (03.467) Rossini (sp, VS) ab, welche die Frühpensionierung an 40 Beitragsjahre koppeln wollte, nahm aber eine Motion (04.3623) seiner SGK an, die den Bundesrat beauftragt, bei der nächsten AHV-Revision eine Bestimmung zur Flexibilisierung des Rentenalters vorzulegen, die insbesondere die Beitragsjahre aufgrund von Erwerbstätigkeit (einschliesslich Erziehungs- und Betreuungsgutschriften) berücksichtigt. Der Ständerat stimmte ebenfalls zu, modifizierte aber den Auftrag an den Bundesrat zu einer blossen Prüfung.

vorzeitigen Pensionierung