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In der Herbstsession 2022 behandelte der Ständerat das Bundesgesetz über die Regulierung der Versicherungsvermittlertätigkeit. Eintreten war unbestritten. Diskutiert wurde jedoch insbesondere über die vom Nationalrat eingefügte Unterscheidung zwischen internen und externen Vermittelnden bei der Ausbildung und der Einschränkung der Entlöhnung. Die SGK-SR hatte mit 6 zu 5 Stimmen empfohlen, dem nationalrätlichen Vorschlag zu folgen und die Regelung der Ausbildung und Entlöhnung von Personen, die mit einem Arbeitsvertrag an eine Versicherung gebunden sind, nicht einzuschränken. Für die Kommissionsmehrheit erklärte Erich Ettlin (mitte, OW), dass eine Unterscheidung zwischen internen Vermittlerinnen und Vermittlern, die Akquise machen, und solchen, die bestehende Kundinnen und Kunden beraten, schwierig sei. Eine Minderheit Stöckli (sp, BE) verlangte, die entsprechenden Regelungen sowohl für externe wie interne Vermittelnde zu erlassen. Minderheitensprecher Stöckli kritisierte den Mehrheitsantrag denn auch deutlich: Diese Unterscheidung stelle ein «Schlupfloch» für die Versicherungen dar, zumal mehrere Krankenkassen in den letzten Monaten damit begonnen hätten, solche bisher externen Vermittlerunternehmen zu kaufen und «in die Versicherungsgruppe [zu] integrier[en]». Über solche Käufe hatten zuvor auch verschiedene Zeitungen berichtet. Hinzu komme, dass durch eine solche Regelung Ungleichheiten zwischen den grossen und kleineren Versicherungen geschaffen würden, da Letztere keine finanziellen Möglichkeiten für solche Käufe hätten. Schliesslich bestehe bereits eine umfassende Definition der Vermittelnden im VAG; dort sei als Vermittlerin oder Vermittler eingestuft, «wer Kontakt hat zu Leuten, die eine Versicherung abschliessen wollen». Und auch in der KVAV sei keine entsprechende Unterscheidung zwischen internen und externen Personen gemacht worden, ergänzte später auch Gesundheitsminister Berset. Schliesslich sei es für die Bevölkerung irrelevant, ob die entsprechenden Telefonate von internen oder externen Vermittelnden durchgeführt würden.
Damian Müller (fdp, LU) wies hingegen darauf hin, dass die Branchenvereinbarung bisher nur für externe Vermittelnde gelte und diese Definition folglich nicht erweitert werden solle. Mit 21 zu 19 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) setzte sich die Minderheit knapp durch und der Ständerat verzichtete auf die Schaffung dieser Unterscheidung.

Daneben wurde darüber diskutiert, ob – wie es die Kommissionsmehrheit beabsichtigte – eine Regelung geschaffen werden soll, wonach der Bundesrat die Versicherungen vor der Allgemeinverbindlichkeitserklärung der Branchenvereinbarungen anhören muss. Man wolle diese «Zusatzschlaufe», die gemäss Verwaltung «keine grosse Sache» sei, einführen, bevor der Bundesrat eine «so einschneidende [...] Erklärung» vornehmen könne, begründete Kommissionssprecher Ettlin den Antrag. Eine Minderheit Carobbio Guscetti (sp, TI) sowie der Gesundheitsminister plädierten dafür, auf diese neue Regelung zu verzichten, zumal bereits gemäss Vernehmlassungsgesetz entsprechende Anhörungen nötig seien. Mit 26 zu 12 Stimmen (bei 1 Enthaltung) stimmte der Ständerat jedoch der neuen Regelung zu.

Schliesslich stellte sich die Frage, ob die neuen Regelungen nur im KVAG, also nur in der Grundversicherung, oder auch im VAG und somit in den Zusatzversicherungen verankert werden sollen. Hier plädierte die Kommissionsmehrheit dafür, auch gleich den Zusatzversicherungsbereich zu regeln, eine Minderheit Germann (svp, SH) bevorzugte die Einschränkung der Regelung auf den Krankenkassenbereich. Erich Ettlin erachtete eine umfassende Lösung als nötig, weil die Prämienzahlenden keinen Unterschied darin machen würden, ob sie Anrufe von Krankenkassen oder Zusatzversicherungen erhielten. Bundesrat Berset erinnerte überdies daran, dass die Versicherungen selbst zugunsten der Transparenz und Kohärenz eine einheitliche Regelung wünschten. Minderheitensprecher Germann verwies hingegen auf die unterschiedlichen Wettbewerbssituationen der beiden Bereiche, welche unterschiedliche Regelungen bedingen würden. Da die Branche zudem bereits grosse Fortschritte gemacht habe, brauche es die Regelung im VAG nicht. Schliesslich habe die WEKO den Einbezug der Zusatzversicherungen im Rahmen der ursprünglichen Motion gerügt und man habe bei Annahme der Motion versprochen, deren Situation nochmals zu überprüfen. Mit 25 zu 19 Stimmen folgte der Ständerat der Kommissionsmehrheit, gemäss welcher also beide Bereiche geregelt werden sollten.

In der darauf folgenden Gesamtabstimmung nahm der Ständerat den Entwurf zum Bundesgesetz über die Regulierung der Versicherungsvermittlertätigkeit mit 32 zu 11 Stimmen (bei 1 Enthaltung) an. Die ablehnenden Stimmen stammten von Mitgliedern der FDP.Liberalen-, der SVP- und der Mitte-Fraktion.

Bundesgesetz über die Regulierung der Versicherungsvermittlertätigkeit (BRG 21.043)

In der Herbstsession 2022 beriet der Ständerat über die parlamentarische Initiative Molina (sp, ZH) zur Einführung einer Rechtsgrundlage für gezielte Sanktionen bei schweren Menschenrechtsverletzungen und Korruption durch hochrangige Politiker und Politikerinnen. Damian Müller (fdp, LU) erläuterte der kleinen Kammer die Geschichte des Geschäfts, dem von der APK-NR im Januar 2021 Folge gegeben worden war. Die APK-SR hatte der Initiative zwar im April 2021 nicht zugestimmt, da die APK-NR aber daran festgehalten hatte und der Nationalrat die Initiative in der Folge ebenfalls angenommen hatte, musste sich die APK-SR erneut damit befassen. Kommissionssprecher Müller erklärte, dass die Kommission die Differenzbereinigung beim Embargogesetz habe abwarten wollen und daher die Beratung des Geschäfts verschoben hatte. Da man bei der Beratung des Embargogesetzes verneint habe, eine Rechtsgrundlage für eigenständige Sanktionen schaffen zu wollen, mache es in den Augen der Kommissionsmehrheit auch keinen Sinn, der Initiative Folge zu geben. Eine Minderheit Jositsch (sp, ZH) beantragte dem Rat dennoch, der Initiative Folge zu geben, da durch die persönliche Sanktionierung einzelner hochrangiger Personen negative Konsequenzen für die Zivilbevölkerung vermieden werden könnten. Jositsch erklärte, dass die Initiative – wie der ähnlich ausgestaltete Minderheitsantrag Sommaruga (sp, GE) zum Embargogesetz – eine Ombudsstelle zur Wahrung der rechtsstaatlichen Prinzipien vorsehe. Er erwarte jedoch nicht, dass dies den Ständerat umstimmen würde. Damit behielt er Recht und der Ständerat gab der Initiative mit 28 zu 13 Stimmen keine Folge, womit das Geschäft erledigt war.

Einführung einer Rechtsgrundlage für gezielte Sanktionen bei schweren Menschenrechtsverletzungen und Korruption durch hochrangige Politiker und Politikerinnen (Pa.Iv. 19.501)

Der Abstimmungskampf zum Referendum gegen den Ausbau des Schweizer Beitrags an die EU-Grenzschutzagentur Frontex wurde in der Westschweizer Öffentlichkeit schon im Januar 2022 lanciert, noch bevor das Referendum zustande gekommen war. In einem Meinungsbeitrag in Le Temps beschrieben Ständerätin Lisa Mazzone (gp, GE) und eine Flüchtlingshelferin die Zustände auf dem Mittelmeer und in Libyen und wiesen vor allem auf die Menschenrechtsverletzungen durch Frontex hin. Wenige Tage darauf meldete sich FDP-Ständerat Damian Müller (fdp, LU) im gleichen Medium zu Wort und kritisierte seine Ratskollegin dafür, in ihrem Beitrag keine Alternativen anzubieten und stattdessen Frontex kategorisch abzulehnen. Er argumentierte überdies, dass fehlende Mittel für Frontex dazu führen könnten, dass es in Europa und der Schweiz zu einer Explosion «irregulärer Überfahrten» von Wirtschaftsmigrantinnen und -migranten kommen würde. Der Frontex-Beitrag sei essentiell, um ein Mindestmass an Kontrolle der Migrationsströme sicherzustellen. Zudem brauche man darüber hinaus eine verstärkte Entwicklungshilfe in den Ursprungsländern der Flüchtenden in Kombination mit besseren Grenzkontrollen durch die Nachbarländer Libyens.

Die deutschsprachigen Medien griffen das Thema erst im Februar grossflächig auf, nachdem das Referendumskomitee am 20. Januar knapp 58'360 Unterschriften – davon 54'377 gültige – eingereicht hatte. Diskutiert wurde in den Medien insbesondere über mögliche interne Konflikte innerhalb der SP und der SVP. Bei der SP orteten die Medien einen Widerspruch zwischen der Ablehnung von Frontex und dem Wunsch nach Beibehaltung des Schengen-Abkommens, bei der SVP hingegen zwischen dem parteilichen Ziel einer restriktiven Migrationspolitik, und somit der Unterstützung von Frontex, bei gleichzeitiger Ablehnung aller Arten von EU-Verträgen. Der Blick sah die «Linke» gar in der «EU-Falle» sitzen, da die Schweiz bei einem Nein nicht nur aus dem Schengen-Dublin-System ausgeschlossen würde, sondern sich in diesem Fall auch die bilateralen Beziehungen mit der EU dramatisch verschlechtern würden. Dabei waren die Auswirkungen einer Ablehnung auf den Verbleib im Schengen-Raum jedoch umstritten. Gemäss EJPD-Vorsteherin Karin Keller-Sutter würde durch ein Nein zum Frontex-Ausbau ein Beendigungsverfahren für das Schengen-Abkommen ausgelöst, welches bei einer fehlenden Einigung nach sechs Monaten den Ausschluss der Schweiz aus Schengen/Dublin zur Folge hätte. Dieser Einschätzung widersprach jedoch der emeritierte Rechtsprofessor Rainer J. Schweizer in der NZZ. Demnach könne der Ausschluss der Schweiz aus Schengen/Dublin nicht gemäss der Guillotineklausel von 2004 vonstatten gehen, da die Schweiz seither rund 370 Rechtsakte der EU übernommen habe. Dies würde folglich einen umfassenden Austrittsvertrag nach dem Vorbild des Brexit-Vertrags vonnöten machen. Dieser Meinung schloss sich die SP (sowie auch die Grünen) an. Ergänzend präsentierte etwa SP-Ständerat Daniel Jositsch (sp, ZH) einen Plan B in Form einer parlamentarischen Initiative, falls die Schweizer Stimmbevölkerung den Frontex-Ausbau tatsächlich ablehnen sollte. Darin schlug er vor, das Schweizer Kontingent der von der UNO anerkannten Flüchtlinge innerhalb der 90 Tage bis zum Schengen-Ausschluss auf 4'000 zu erhöhen, sozusagen als humanitäre flankierende Massnahme zum Frontex-Ausbau. Da die SP die Unterstützung an den Frontex-Ausbau an diese Bedingung gekoppelt hatte, könnte die Schweiz nach der Aushandlung dieser Erhöhung den Frontex-Beitrag dann trotzdem freigeben.
Die Nein-Parole beschloss die SP an ihrem Parteitag mit grosser Mehrheit, wenngleich einzelne Parteiexponentinnen und -exponenten wie Nationalrat Eric Nussbaumer (sp, BL) sich nur halbherzig anschliessen mochten. In den Befragungen im Vorfeld der Abstimmung zeichnete sich jedoch eine SP-interne Spaltung ab: Die Sympathisierenden der SP wollten der Vorlage gemäss einer Ende April durchgeführten Tamedia-Vorumfrage entgegen dem Kurs des Parteipräsidiums und des Parteitags mit fast 53 Prozent zustimmen. Ähnliches spielte sich bei den Grünen ab, bei denen 48 Prozent der Sympathisierenden trotz Nein-Parole der Partei eine Ja-Stimme in Aussicht stellten, wogegen 44 Prozent der Parteileitung zu folgen gedachten. Auch bei den traditionell SP-nahen Organisationen zeigten sich die Auswirkungen dieses inhaltlichen Dilemmas, wie CH Media berichtete. Obwohl das Sekretariat des Gewerkschaftsbundes seinem Vorstand und den Mitgliedern in einem internen Papier Stimmfreigabe vorgeschlagen hatte, da «ein Interessenkonflikt zwischen einer menschenwürdigen europäischen Flüchtlingspolitik und der Personenfreizügigkeit im Rahmen von Schengen» vorliege, beschloss der SGB-Vorstand die Nein-Parole. Hingegen entschied sich der Gewerkschaftsbund gemäss Mediensprecher Gaillard jedoch dagegen, den Abstimmungskampf des Referendumskomitees mitzufinanzieren. Auch andere NGOs wie die SFH, die traditionell die Anliegen der SP unterstützten, taten sich mit der Parolenfassung schwer. SFH-Direktorin Miriam Behrens befürchtete, dass die Schweiz bei einem Nein nicht mehr an der Verbesserung der europäischen Migrationspolitik mitwirken könnte. Andererseits könnte der Ausbau der EU-Agentur die Kontrolle der Mitgliedstaaten erschweren, in deren Kompetenzbereich die meisten Verstösse fielen. Amnesty International verzichtete darauf, sich am Abstimmungskampf zu beteiligen, da die im Referendum betroffenen Bestimmungen nicht die konkreten Bedingungen von Schutzsuchenden oder die Verteidigung der Menschenrechte beträfen.

Am anderen Ende des politischen Spektrums hatte die SVP ebenfalls mit der Beschlussfassung zu kämpfen. Obwohl die Vorlage zum Ausbau des Schweizer Beitrags an Frontex aus dem Departement von SVP-Bundesrat Ueli Maurer stammte, lehnten sie mehrere einflussreiche SVP-Mitglieder von Anfang an ab, darunter Esther Friedli (svp, SG), Lukas Reimann (svp, SG), Marcel Dettling (svp, SZ)) und Marco Chiesa (svp, TI), oder wechselten nach der parlamentarischen Phase aus dem Ja- ins Nein-Lager (Céline Amaudruz (svp, GE) und Roger Köppel (svp, ZH)). Die Südostschweiz berichtete, dass sich die Parteibasis eine Nein-Parole wünsche, was eine unheilige Allianz mit der SP und den Grünen bedeuten würde. Die Vertreterinnen und Vertreter des Nein-Lagers innerhalb der SVP wollten die Gelder lieber an der eigenen Grenze investieren, als diese der Frontex, deren Nutzlosigkeit sich gezeigt habe, zur Verfügung zu stellen. Die Befürworterinnen und Befürworter setzten sich hingegen für mehr Grenzschutz an den EU-Aussengrenzen und weniger «illegale Migration» ein. Es lag daher an der neunköpfigen Parteileitung, eine Empfehlung auszuarbeiten, deren Mitglieder hatten in der Schlussabstimmung im Parlament aber unterschiedliche Positionen vertreten. Die Partei beschloss schliesslich Anfang April 2022 die Ja-Parole und folgte damit nicht zuletzt der Empfehlung ihres verantwortlichen Bundesrats Ueli Maurer.
Bei der Parolenfassung weniger schwer taten sich die Mitte und die FDP, deren Delegiertenversammlungen im Januar (Mitte) und Februar (FDP) klare Ja-Parolen ausgaben.

Mitte März trat erstmals das Referendumskomitee «No Frontex» an die Öffentlichkeit. Das Komitee lehnte nicht nur die Erhöhung des Beitrags, sondern die Grenzschutzagentur als Ganzes ab, weil diese «ohne jegliche demokratische Kontrolle der Mitgliedstaaten» agiere, berichtete die Tribune de Genève. Mitte April versuchten die Frontex-Gegnerinnen und -Gegner mit Demonstrationen und anderen öffentlichen Anlässen, die Stimmbevölkerung für die Thematik zu sensibilisieren.

In der Folge äusserten sich aber auch zahlreiche Befürworterinnen und Befürworter öffentlich zu Wort. Während sich die Frontex-Gegnerinnen und -Gegner auf humanitäre Argumente stützten, wandten sich Wirtschaftsorganisationen mit ökonomischen Bedenken an die Öffentlichkeit. So gründete der Tourismussektor im April ein Ja-Komitee, da dieser bei einer Ablehnung der Vorlage den Ausschluss aus dem Schengen-Visa-Raum befürchtete. Dadurch bräuchten Touristen aus Fernmärkten ein separates Visum für einen Aufenthalt in der Schweiz, was die Attraktivität einer Schweiz-Reise drastisch senken würde, begründete STV-Direktor Philipp Niederberger die Ängste der Branche. Hotelleriesuisse rechnete mit Einbussen von bis zu CHF 188 Mio. pro Jahr und der Bundesrat erwartete jährliche Ausfälle von jährlich maximal CHF 500 Mio. Franken für den Schweizer Tourismus. Doch nicht nur wirtschaftliche Bedenken wurden vorgebracht, KKJPD-Präsident Fredy Fässler (sp, SG) warnte davor, bei einem Nein zum Frontex-Beitrag vom Sicherheitssystem der EU abgehängt zu werden, was für die Polizeiarbeit hochproblematisch wäre.

Ebenfalls im April, also knapp einen Monat vor der Abstimmung, wurde bekannt, dass OLAF – die Antibetrugsbehörde der EU – in einem geheimen Bericht mehrfache Verfehlungen durch Frontex-Verwaltungsräte festgestellt hatte. Die Frontex-Spitze um Direktor Fabrice Leggeri sei demnach in Mobbing und illegale Pushbacks – also in illegale Ausweisungen oder Rückschiebungen von Migrantinnen und Migranten unmittelbar vor oder nach dem Grenzübertritt, ohne dass diese die Möglichkeit hatten, einen Asylantrag zu stellen – verwickelt gewesen. Nach Veröffentlichung dieser Vorwürfe verweigerte der Haushaltsausschuss des EU-Parlaments Frontex die Décharge. Auch der Vorsitzende des Frontex-Verwaltungsrats, Marko Gasperlin, gab in einem Blick-Interview zu Protokoll, dass in bestimmten Fällen «absolut falsch gehandelt» worden sei, auch wenn das Frontex-System im Grossen und Ganzen funktioniere. Zwei Wochen vor dem Abstimmungstermin bat der umstrittene Frontex-Chef Fabrice Leggeri seinen Rücktritt an, der vom Verwaltungsrat gleichentags akzeptiert wurde. Leggeri wurde nicht nur für die zahlreichen nachgewiesenen Pushbacks verantwortlich gemacht, er wurde auch des Missmanagements und des Mobbings bezichtigt. Unklar war, wie sich diese Nachricht auf die Volksabstimmung auswirken würde. Einerseits bestätige der Rücktritt die Kritik an der Grenzagentur, andererseits sei er Zeugnis einer gewissen Reformbereitschaft, argumentierte der Tages-Anzeiger. Letzterer Interpretation schloss sich das EFD an. Eine Sprecherin erklärte, dass Frontex nun das angeschlagene Vertrauen zurückgewinnen könne und dass sich gezeigt habe, dass die Aufsichtsmechanismen funktionierten.

Eine Tamedia-Meinungsumfrage vom 4. Mai machte jeglichen Anflug von Spannung hinsichtlich des Ausgangs der Abstimmung zunichte, denn eine grosse Mehrheit der Befragten (64%) wollte ein Ja an der Urne einlegen. Auf eine deutliche Annahme der Vorlage am 15. Mai deuteten nicht nur die Meinungsumfragen, sondern auch die Auswertung der Zeitungs- und Inserateanalyse von Année Politique Suisse hin. Während das Ja-Lager in den untersuchten Printmedien rund 120 Inserate publizieren liess, fand quasi keine Gegenkampagne statt (ein einzelnes Kontra-Inserat während der ganzen Untersuchungsperiode). Die Pro-Inserate warnten vor allem davor, dass ein Nein die Sicherheit der Schweiz, die Reisefreiheit und die Schweizer Wirtschaft bedrohen würde. Einen direkten Zusammenhang zum oftmals genannten Ausschluss der Schweiz aus Schengen/Dublin machten nur 35 Prozent der Inserate, also deutlich weniger als drei Jahre zuvor beim Referendum zur Umsetzung der EU-Waffenrichtlinie.

Übernahme und Umsetzung der Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Europäische Grenz- und Küstenwache (Frontex; BRG 20.064)
Dossier: Beteiligung der Schweiz am Ausbau von Frontex

Wie bereits seine Kommission wies auch der Ständerat in der Wintersession 2021 ein zwiespältiges Verhältnis zur Freiburger Standesinitiative für eine Integration des Freiburger Modells der pharmazeutischen Betreuung in Pflegeheimen in die OKP auf. Eine aus der Freiburger Ständerätin Johanna Gapany (fdp, FR) bestehende Minderheit hatte Folgegeben beantragt, wobei die Minderheitensprecherin im Rahmen der Ratsdebatte insbesondere die positiven Folgen der Zusammenarbeit zwischen Apotheken, Heimen, Pflegeheimen sowie Ärztinnen und Ärzten im eigenen Kanton betonte. Diese ermögliche eine Reduktion der Medikamentenverschwendung und somit auch der Medikamentenkosten. Dieses Projekt habe sich zwischen 2002 und 2018 bewährt und Kosteneinsparungen von 23 Prozent mit sich gebracht, sei nun aber aufgrund der Änderung der Regelungen zum Risikoausgleich blockiert. Auch Kommissionssprecher Damian Müller (fdp, LU) lehnte das Modell nicht prinzipiell ab, sondern erklärte, dass es die SGK-SR in eine breite Auslegeordnung aufnehmen und dort insbesondere klären möchte, ob das Modell nicht bereits im geltenden Recht verwendet werden könne. Folglich sei die Standesinitiative nicht nötig, weshalb dieser keine Folge gegeben werden solle. Mit 19 zu 7 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) folgte der Ständerat dem Antrag der Kommissionsmehrheit und verzichtete auf Folgegeben.

Freiburger Modell der pharmazeutischen Betreuung in Pflegeheimen (Kt.Iv. 20.332)

Gut ein Jahr, nachdem der Nationalrat zahlreiche zentrale Elemente des Pakets 1b des ersten Massnahmenpakets zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen gestrichen hatte, setzte sich der Ständerat in der Wintersession 2021 mit dem Projekt auseinander. Zuvor hatte sich die SGK-SR in zahlreichen zentralen Punkten mit den Änderungen des Nationalrats einverstanden gezeigt. Eintreten war unbestritten.

Ein zentraler Aspekt des Projekts stellte das Referenzpreissystem für patentabgelaufene Arzneimittel dar. Dieses sah vor, dass nur die Medikamentenkosten bis zu einem Referenzpreis durch die OKP erstattet werden. Wer also die teureren Originalprodukte statt der Generika kaufen möchte, müsste die Preisdifferenz selbst bezahlen. Der Nationalrat wollte den Generikaverkauf hingegen durch preisunabhängige Margen im generikafähigen Arzneimittelmarkt sowie durch eine Vergrösserung des Preisabstandes fördern. Auch die Kommissionsmehrheit lehnte das Referenzpreissystem gemäss Kommissionssprecher Ettlin (mitte, OW) ab, da die Generikadurchdringung in der Schweiz noch zu niedrig sei. Stattdessen wolle man dem Vorschlag des Nationalrats folgen, mit dem zuerst die Generikadurchdringung erhöht werden solle. Der Bundesrat wollte am Referenzpreissystem festhalten, schlug jedoch aufgrund des nationalrätlichen Widerstands eine abgeschwächte Form vor: den Referenzabzug light. Dabei soll das Referenzpreissystem erst ab drei wirkstoffgleichen Medikamenten Anwendung finden – in diesen Fällen gebe es keine Versorgungsprobleme –, zudem soll zwischen Generika und Biosimilars unterschieden werden – Letztere werden dem Referenzpreissystem nicht unterstellt. Im Ständerat präsentierte Marina Carobbio Guscetti (sp, TI) den bundesrätlichen Vorschlag als Minderheitenantrag. Sollten durch die erste Version des Referenzpreissystems jährlich CHF 310 bis 480 Mio. eingespart werden, wären es für die Light-Version CHF 200 bis 400 Mio. und für die nationalrätliche Variante etwa CHF 220 Mio. Mit 24 zu 17 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) sprach sich der Ständerat gegen die Einführung des Referenzpreissystems light aus und nahm stattdessen den vom Nationalrat geschaffenen Alternativvorschlag an. Zusätzlich schuf er jedoch auch eine Befähigung für Ärztinnen und Ärzte, an der Verschreibung des Originalpräparates anstelle eines Generikums festhalten zu können. Hingegen lehnte der Ständerat die vom Nationalrat eingeführte Möglichkeit des Parallelimports von Generika wegen Risiken für die Patientinnen und Patienten einstimmig ab und sprach sich gegen die Motion 19.3202 aus. Stattdessen soll Swissmedic bei der Zulassung von Parallelimporten von Arzneimitteln zukünftig Vereinfachungen zum Beispiel bei der Kennzeichnung und der Arzneimittelinformation vornehmen können.

Auch bei der Steuerung der Kosten durch die Tarifpartner hatte sich der Nationalrat mehrheitlich gegen die bundesrätlichen Vorschläge ausgesprochen. So wollte der Bundesrat die Leistungserbringenden und Versicherungen dazu verpflichten, in ihren Tarifverträgen Massnahmen zur Kostensteuerung vorzusehen. Die Kommissionsmehrheit wollte dem Bundesrat in diesem Punkt folgen und sprach sich für eine solche Verpflichtung der Leistungserbringenden und Versicherungen aus, Kommissionssprecher Ettlin erachtete diese Frage gar als «einen der Kernpunkte dieser Vorlage». Eine Minderheit Müller (fdp, LU) beantragte hingegen die Streichung dieser Regelung. Nicht einig waren sich die beiden Lager, ob diese Regelung ohne Rationierung des Gesundheitsangebots umgesetzt werden könne, ob sie also verfassungskonform sei. Ein Gutachten von Ueli Kieser, Professor für Sozialversicherungsrecht an der Universität St. Gallen, verneinte die Verfassungskonformität, eine Stellungnahme des Bundesamtes für Justiz bejahte sie. Minderheitssprecher Müller verwies jedoch in erster Linie auf «grundsätzliche[…] gesetzgeberische[…] Überlegungen» zur Ablehnung dieser Regelung: Man solle diesen Aspekt zusammen mit der Kostenbremse-Initiative der Mitte-Partei und somit im Rahmen des zweiten Massnahmenpakets, welches der Bundesrat als indirekten Gegenvorschlag zu dieser Initiative festgelegt hatte, beraten.
Ein Einzelantrag Würth (mitte, SG) beantragte stattdessen, den bundesrätlichen Vorschlag um die auf kantonaler Ebene abgeschlossenen Tarifverträge zu ergänzen. So finanzierten die Kantone zukünftig aufgrund von EFAS (womöglich) auch einen Teil der ambulanten Kosten, weshalb sie ebenfalls in die Kostensteuerung einbezogen werden sollen. Gesundheitsminister Berset wehrte sich gegen die Minderheit Müller: Wichtig sei aber, dass hier eine Differenz zum Nationalrat geschaffen werde, um die Diskussion zu dieser Frage weiterführen zu können – auch ein Entscheid für den Antrag Würth sei somit im Sinne des Bundesrates. Man sei sich einig, dass es eine Kostenentwicklung gebe – folglich müsse man nun etwas dagegen tun und könne die Klärung dieser wichtigen Frage nicht auf eine spätere Revision verschieben, betonte er mit Nachdruck. Selbstverständlich werde man diese Regelung so ausgestalten, dass der Zugang zur Pflege und die bestmögliche Qualität immer gewährleistet sei. Dennoch setzte sich die Kommissionsminderheit mit 20 zu 20 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) und Stichentscheid von Ratspräsident Hefti (fdp, GL) gegen den Einzelantrag Würth durch, der zuvor dem Mehrheitsantrag vorgezogen worden war (26 zu 17 Stimmen). Somit müssen die Tarifvereinbarungen keine Massnahmen zur Kostensteuerung vorsehen.

Umstritten war wie bereits im Nationalrat auch die Frage, ob den Organisationen der Versicherungen von nationaler oder regionaler Bedeutung ein Beschwerderecht gegen Beschlüsse der Kantonsregierungen bezüglich der kantonalen Spitalplanung zugesprochen werden soll. Der Bundesrat erachtete dies gemäss Kommissionssprecher Ettlin als notwendig, um ein «gewisses Gleichgewicht der Kräfte» herzustellen. Dies sei aufgrund der Kostenfolgen dieser Entscheide für die Versicherten nötig. Die Kommissionsmehrheit sprach sich denn auch für ein solches Beschwerderecht aus, obwohl die GDK dagegen votiert hatte. Minderheitensprecher Stöckli (sp, BE) erinnerte die Mitglieder der Kantonskammer hingegen daran, dass die Kantone verfassungsmässig für die Gesundheitsversorgung verantwortlich seien. Zudem könnten die Verbände mit dieser Regelung Volksentscheide umstossen. Schliesslich könne ein Eingriff in die Planungsarbeit der Kantone die Gesundheitskosten aufgrund der Verfahren, Verzögerungen und Rechtsunsicherheiten gar erhöhen. Mit 18 zu 18 Stimmen und erneutem Stichentscheid von Ratspräsident Hefti sprach sich der Ständerat für das Beschwerderecht der Versicherungen aus.

Nicht einverstanden zeigte sich die SGK-SR zur Erleichterung des Gesundheitsministers schliesslich mit dem Vorschlag des Nationalrats, Versicherungen 25 Prozent der Einsparungen, die sie aufgrund von günstigeren Tarifvereinbarungen mit den Leistungserbringenden erzielt haben, zur freien Verfügung zu stellen. Damit würde das Gewinnverbot in der Grundversicherung gekippt, dieses dürfe aber gemäss Kommissionssprecher Ettlin «nicht angetastet werden». So wären dadurch auch kaum Kosteneinsparungen möglich, vielmehr würde dies ein Widerspruch zu verschiedenen anderen Artikeln des KVG darstellen. Gesundheitsminister Berset lobte diese Haltung, zumal die Zustimmung zum Nationalrat «vraiment un changement de principe extrêmement important dans l'assurance obligatoire des soins» darstellen würde. Stillschweigend folgte der Ständerat seiner Kommission in diesem Punkt und schuf damit eine weitere Differenz zum Nationalrat.

Mit 25 zu 10 Stimmen (bei 6 Enthaltungen) nahm die kleine Kammer schliesslich den Entwurf an, die ablehnenden Stimmen stammten von Mitgliedern der SP und der Grünen und von einem Mitglied der Mitte.

Erstes Massnahmenpaket zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen (BRG 19.046)
Dossier: Anstieg der Krankenkassenprämien dämpfen (seit 2020)

Der Ständerat setzte sich in der Wintersession 2021 mit einer Motion der SGK-NR zur Evaluation einer leistungsorientierten Abgeltung der Apothekerinnen und Apotheker auseinander. Im Vorfeld hatte sich die SGK-SR mit 6 zu 5 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) für das Anliegen ausgesprochen. Erich Ettlin (mitte, OW) schilderte die Beweggründe für die gespaltene Haltung der Kommission: Argumente für die Motion seien, dass es sich um einen «Teil des Alternativmodells zum Referenzpreissystem» handle und die Apothekerschaft dadurch, dass im Bereich der leistungsorientierten Abgeltung etwas unternommen werde, gestärkt werde. Gegen das Geschäft sprächen hingegen Interpretationsschwierigkeiten der Motion sowie wirtschaftliche Anreize zur Diskriminierung von Originalpräparaten durch Apothekerinnen und Apotheker. Damian Müller (fdp, LU) verwies für die Kommissionsminderheit auf die Argumente des Bundesrates zur Ablehnung und bat seine Ratskolleginnen und -kollegen, der Motion nicht zuzustimmen. Mit 25 zu 10 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) hiess der Ständerat die Motion jedoch gut.

Evaluation einer leistungsorientierten Abgeltung der Apothekerinnen und Apotheker (Mo. 20.3937)

Am 24. November 2021 genehmigte der Bundesrat das MoU mit der EU bezüglich des zweiten Schweizer Beitrags an ausgewählte EU-Mitgliedstaaten, nachdem beide Parlamentskammern den seit 2019 blockierten Beitrag Ende September 2021 freigegeben hatten. Schon Mitte November hatten Bundespräsident Cassis und EU-Kommissar Sefčovič bei ihrem Treffen die auf technischer Ebene erzielte Einigung begrüsst. Für den Bundesrat stelle die Freigabe ein «weiteres positives Signal» an die EU dar, wie er in seiner Medienmitteilung verlauten liess. Das Memorandum beinhalte die wichtigsten Eckwerte des zweiten Schweizer Beitrags wie dessen Höhe, die Aufteilung auf die Partnerländer, die thematischen Prioritäten und die Prinzipien für die Zusammenarbeit und die Umsetzung. Die Unterzeichnung erfolge aber erst, wenn die EU ihre internen Genehmigungsverfahren abgeschlossen habe. Dennoch beschloss der Bundesrat bereits, die Verhandlungen mit den Partnerländern aufzunehmen.
Tags zuvor hatte die APK-NR beschlossen, in der Wintersession 2021 im Rahmen der Debatte zum Voranschlag 2022 einen Antrag auf eine Erhöhung der Kohäsionsmilliarde um CHF 953 Mio. einzureichen, mit dem sie den Beitrag beinahe verdoppeln wollte. Diese Aufstockung sollte mit Konditionen verbunden sein, beispielsweise sollte die EU der Schweiz in mehreren Kooperationsabkommen wie Horizon, Digital Europe, ITER (Internationaler Thermonuklearer Experimental-Reaktor), Euratom und Erasmus+ entgegenkommen. Die NZZ schätzte die Chancen des Antrags als sehr gering ein. Schliesslich setze sich bei Differenzen zwischen den Räten bei Budgetprozessen automatisch die Version mit dem tieferen Betrag durch und bei den Aussenpolitikerinnen und Aussenpolitikern der kleinen Kammer käme die Idee eher schlecht an. Damian Müller (fdp, LU) – Präsident der APK-SR – warnte in der NZZ denn auch vor derartig unüberlegten «Ideen nach dem Prinzip Hoffnung, ohne Strategie und ohne Konzept». In der Budgetdebatte setzte sich die Kommissionsminderheit dann, zur Erleichterung von Finanzminister Maurer, mit 93 zu 84 Stimmen (bei 6 Enthaltungen) durch und versenkte die Idee einer Erhöhung.

Bundesrat genehmigt MoU mit der EU bezüglich des zweiten Schweizer Beitrags an ausgewählte EU-Mitgliedstaaten
Dossier: Schweizer Beitrag an die erweiterte EU

In der Herbstsession 2021 beriet der Ständerat die Motion Germann (svp, SH) «Kein InstA-Hüftschuss ohne Klärung der offenen Punkte», welche inhaltlich identisch mit der im Dezember 2020 vom Nationalrat abgelehnten Motion 20.3985 der SVP-Fraktion war. Damian Müller (fdp, LU) empfahl im Namen der APK-SR die Ablehnung der Motion. Mit dem Beschluss der Nichtunterzeichnung des Rahmenabkommens sei die Motion inhaltslos geworden. Motionär Germann lobte den Bundesrat für diese Notbremse und den Verhandlungsabbruch. Den Grund für das Scheitern verortete er in der «dogmatischen Sturheit und Arroganz der Brüsseler Zentralbürokratie». Aufgrund der Unerfüllbarkeit zog Germann seine Motion zurück.

Kein InstA-Hüftschuss ohne Klärung der offenen Punkte (Mo. 20.3985)
Dossier: Institutionelles Rahmenabkommen

Im Juli 2021 hatte die APK-SR die Motion Salzmann (svp, BE; Mo. 20.3993) vorberaten, welche die Nichtunterzeichnung und Abschreibung des institutionellen Abkommens mit der EU forderte. Die gleichlautende Motion Aeschi (svp, ZG; Mo. 20.3986) war bereits im Dezember 2020 im Nationalrat gescheitert. Angesichts des Abbruchs der Verhandlungen über das institutionellen Rahmenabkommen erachtete die Kommission die Motion als obsolet. Diesen Standpunkt vertrat in der Herbstsession 2021 auch Kommissionssprecher Müller (fdp, LU) im Rat, woraufhin Salzmann seine Motion zurückzog.

Abschreibung des institutionellen Abkommens (Mo. 20.3986)
Dossier: Institutionelles Rahmenabkommen

Im August 2021 brachte der Bundesrat mit der vorgeschlagenen Anpassung der Bundesbeschlüsse über den zweiten Schweizer Beitrag an ausgewählte EU-Mitgliedstaaten Bewegung in die Diskussionen um den seit 2019 eingefrorenen Beitrag in Höhe von CHF 1302 Mio. (inklusive CHF 65 Mio. Eigenaufwand der Bundesverwaltung). Nach der Aberkennung der Börsenäquivalenz durch die EU hatten sich die beiden Räte dafür ausgesprochen, die Auszahlung des Beitrags zu blockieren, bis vonseiten der EU keine diskriminierenden Massnahmen mehr in Kraft seien. In seiner Botschaft liess der Bundesrat jedoch verlauten, dass man nach dem Abbruch der Verhandlungen über das institutionelle Rahmenabkommen den bilateralen Weg fortführen und daher den Schweizer Beitrag «ohne europapolitische Bedingungen» freigeben wolle. Die Freigabe würde auch beweisen, dass die Schweiz eine verlässliche Partnerin bleibe, erklärte der Bundesrat. Dafür müsse das Parlament die Bundesbeschlüsse zu den Rahmenkrediten Kohäsion (CHF 1047 Mio.) und Migration (CHF 190 Mio.) möglichst bald – vorzugsweise noch in der Herbstsession 2021 – freigeben. Der Bundesrat wolle durch diesen Schritt den Beziehungen zur EU neue Impulse verleihen und Fortschritte in weiteren Dossiers ermöglichen, beispielsweise bei der Weiterführung der Assoziierung an das Forschungsprogramm Horizon Europe. Zudem sei eine rasche Freigabe des Rahmenkredits wichtig, weil dessen gesetzliche Grundlage bis Ende 2024 befristet sei. Basierend auf den Erfahrungen des ersten Beitrags schätzte der Bundesrat, dass die Verpflichtung der Mittel ungefähr drei Jahre brauche, weshalb eine spätere Freigabe die Vollständigkeit der Verpflichtung bedrohe. Für die Umsetzung der Auszahlung plane man zudem ein MoU zu vereinbaren, um eine Grundlage für den Abschluss der bilateralen Umsetzungsabkommen mit den Empfängerstaaten zu schaffen.
Die AZ gab tags darauf zu bedenken, dass der Zeitplan des Bundesrats illusorisch sei, da sich der Ständerat erst am letzten Sessionstag mit dem Geschäft auseinandersetze, weshalb es erst in der Wintersession in den Nationalrat gelangen könne. Zahlreiche Parlamentarier und Parlamentarierinnen äusserten sich gegenüber den Medien zwar wohlwollend zu den Plänen des Bundesrats, zeigten gegenüber dem zeitlichen Drängen jedoch wenig Verständnis. Ständerat Würth (mitte, SG) meinte, dass eine Abweichung von der Verfahrensordnung vom Bundesrat begründet werden müsse. Auch Ständeratspräsident Kuprecht (svp, SZ) teilte mit, dass das Ständeratsbüro ein dringliches Verfahren für unnötig erachte. Ähnlich klang es vonseiten der Mitte, bei der Parteipräsident Pfister (mitte, ZG) den Entscheid der EU-Kommission zur zukünftigen Schweiz-Politik abwarten wollte, wie die NZZ berichtete. Die FDP-Fraktion unterstützte zwar die Absichten des Bundesrats, liess jedoch auch Kritik an dessen Kurs anklingen. Nationalrat Portmann (fdp, ZH) verlangte Vorschläge für das weitere Vorgehen zur Entspannung der Beziehung Schweiz-EU. Auch sein Parteikollege Damian Müller (fdp, LU) erwartete, dass der Bundesrat zuerst aufzeige, welche Ziele mit der EU angestrebt werden und wie eine Gesamtstrategie aussehen solle.

Der zweite Schweizer Beitrag an ausgewählte EU-Mitgliedstaaten (Zweite Kohäsionsmilliarde)
Dossier: Schweizer Beitrag an die erweiterte EU

Die kleine Kammer nahm in der Sommersession 2021 Kenntnis vom Aussenpolitischen Bericht 2020. APK-SR-Sprecher Damian Müller (fdp, LU) fasste die wichtigsten Schlussfolgerungen des Berichts zusammen und verwies dann auf vier Fragen, welche sich die Kommission gestellt hatte. Diese betrafen die internationale Forschungs- und Bildungspolitik, das Mandat der USA im Iran, die Impfsituation des Botschaftspersonals und die Zusammenarbeit mit NGOs wie dem IKRK. Da diese Fragen zur Zufriedenheit der Kommissionsmitglieder beantwortet worden waren, sprach er dem Aussenminister ein Lob für dessen Arbeit aus.
Kritischer gab sich Carlo Sommaruga (sp, GE), der die im Bericht versprochene «Kohärenz» vor allem auf die Entwicklungspolitik bezog und in diesem Bereich noch viel Verbesserungspotenzial sah. Er kritisierte auch die im Bericht enthaltene Aussage des Bundesrats, dass der Abschluss eines institutionellen Abkommens mit der EU angestrebt werde, für dessen Abschluss man mit den Kantonen und Sozialpartnern zusammenarbeite. Der kurz darauf erfolgte Abbruch der Verhandlungen stellte für Sommaruga eine Kluft zwischen der europäischen Strategie 2020 und jener im Jahr 2021 dar. Er forderte daher vom Bundesrat eine präzise Strategie, um den im Bericht angekündigten bilateralen Weg fortführen zu können. Bundesrat Cassis bekräftigte das bundesrätliche Bekenntnis zu Europa, gab dabei aber zu bedenken, dass ein gemeinsam gestalteter bilateraler Weg aussen- und innenpolitisch getragen werden müsse. Die Partnerschaft mit der EU bleibe aber die Priorität des Bundesrats.

Aussenpolitischer Bericht 2020 (BRG 21.009)
Dossier: Aussenpolitische Berichte (ab 2009)

In der Frühjahrssession 2021 nahm auch der Ständerat Kenntnis vom Bericht zur Aussenwirtschaftspolitik 2020 und dem Bericht über zolltarifliche Massnahmen 2020. Die APK-SR hatte im Vorfeld der Session empfohlen, von diesen Berichten Kenntnis zu nehmen und darüber hinaus die drei Bundesbeschlüsse zur Genehmigung der Änderungsbeschlüsse der EFTA-Konvention, zur Genehmigung der Änderung der Liste LIX-Schweiz-Liechtenstein und zur Genehmigung zolltarifarischer Massnahmen anzunehmen.
Kommissionssprecher Damian Müller (fdp, LU) lobte den Bundesrat dafür, im Berichtsjahr die Warenflüsse gewährleistet zu haben und bezeichnete den internationalen Handel als Teil der Lösung angesichts geschwächter multilateraler Institutionen und interventionistischer Industriepolitik. Die Kommission zeigte sich mit der Qualität des Berichts und den darin gezogenen Schlüssen zufrieden. Carlo Sommaruga (sp, GE) gab allerdings zu bedenken, dass die Schweizer Bevölkerung in den vergangenen Abstimmungen zur Konzernverantwortungsinitiative und dem Freihandelsabkommen mit Indonesien Bedenken hinsichtlich der Konsequenzen des Schweizer Aussenhandels auf die Umwelt zum Ausdruck gebracht habe. Daher müsse man sich vertieft über die Vereinbarkeit des Freihandels mit der Agenda 2030 Gedanken machen und diese Thematik sei in Zukunft im Rahmen des Berichts zentral zu behandeln. Der Ständerat nahm die drei Bundesbeschlüsse gemäss der Empfehlung der Kommission einstimmig an.
Auch in den Schlussabstimmungen trafen die drei Bundesbeschlüsse auf keinerlei Widerstand. Der Beschluss zu den Pan-Europa-Mittelmeer-Präferenzursprungsregeln wurde vom Nationalrat mit 190 zu 1 Stimme (bei 3 Enthaltungen) und vom Ständerat einstimmig angenommen. Einstimmigkeit herrschte in beiden Räten auch bezüglich der Annahme des Bundesbeschluss über die Genehmigung der Änderung der Liste LIX-Schweiz-Liechtenstein bezüglich Würzfleisch.

Bericht zur Aussenwirtschaftspolitik 2020 (BRG 21.008)
Dossier: Aussenwirtschaftspolitische Berichte

In der Herbstsession 2020 behandelte der Ständerat das von der SGK-NR geschaffene Paket 1a des Massnahmenpakets zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen, das die weniger umstrittenen Teile des ersten Massnahmenpakets des Bundesrats beinhaltete. Nachdem er ohne Gegenantrag auf die Vorlage eingetreten war, schuf er einige Differenzen zum Erstrat.
Nur eine kleine Änderung gegenüber der nationalrätlichen Version nahm der Ständerat, in Übereinstimmung mit seiner Kommission, bei der Frage der Rechnungsstellung im Tiers payant-System vor. Hier ergänzte er stillschweigend einen Passus, wonach die Versicherungen und die Leistungserbringenden abmachen können, dass die Versicherung für die Übermittlung der Rechnungen zuständig sein soll. Mit der Änderung des Nationalrats, wonach die Rechnungen auch elektronisch verschickt oder auf einem Webportal hinterlegt werden können, zeigten sich die Ständerätinnen und Ständeräte hingegen einverstanden.
Für deutlich mehr Diskussionen sorgte die Frage der Behandlungstarife, insbesondere die Patientenpauschaltarife bei ambulanten Behandlungen, gemäss Kommissionssprecher Pirmin Bischof (cvp, SO) «ein Herzstück der Vorlage». Neu sollen gemäss Bundesrat vereinbarte Patientenpauschaltarife auf einer gesamtschweizerisch vereinbarten einheitlichen Tarifstruktur beruhen müssen, erklärte Bischof. Die Tarife müssten zwar nicht schweizweit identisch sein, wohl aber die in der Rechnung aufgeführten Teile einer Behandlung. Dies habe den Vorteil, dass die Rechnungen gesamtschweizerisch vergleichbar seien. Nachteilig sei hingegen, dass kantonale Differenzen in der Struktur nicht mehr möglich seien. Der Vorteil dieser Änderung liege gemäss Marina Carobbio Guscetti (sp, TI) auch darin, dass man damit das Risiko einer Mengenausweitung reduzieren könne. «Je mehr man verrechnet, desto mehr verdient man.» Eine Minderheit Müller (fdp, LU) beantragte, auf die Schaffung dieser Patientenpauschalen zu verzichten. Bereits heute gebe es solche Pauschalen und sie würden auch bei ambulanten Behandlungen angewendet. Da sich die Behandlung aber zwischen den verschiedenen Patientinnen und Patienten stark unterscheide, würde eine Vereinheitlichung zu einer Übervergütung von einfachen und zu einer Untervergütung von komplizierten Fällen, welche häufig bei kränkeren und sozial schwächeren Patientinnen und Patienten auftreten, führen. Obwohl die Minderheit Müller in der Kommission mit 8 zu 3 Stimmen (bei 1 Enthaltung) unterlegen war, meldeten sich mit Brigitte Häberli-Koller (cvp, TG), Erich Ettlin (cvp, OW), Hannes Germann (svp, SH) und Josef Dittli (fdp, UR) deutlich mehr Kommissionsmitglieder im Namen der Minderheit zu Wort. Einen ganz anderen Aspekt der Regelung stellte Gesundheitsminister Berset in den Mittelpunkt: Für ihn liege der zentrale Unterschied zur heutigen Regelung darin, dass der Bundesrat neu subsidiär eingreifen könne, wenn sich die Tarifpartner nicht auf eine Tarifanpassung einigen könnten. Mit 22 zu 21 Stimmen setzte sich die Minderheit in dieser Frage jedoch knapp durch, der Ständerat lehnte damit die Schaffung einer Patientenpauschale ab.
Eine weitere offene Frage bezüglich der Behandlungstarife betraf die Schaffung einer nationalen Tariforganisation im ambulanten Bereich, entsprechend der Swiss DRG im stationären Bereich, die für die Erarbeitung und Weiterentwicklung der Tarifstrukturen zuständig sein sollte. Hier sei man sich mehrheitlich einig, betonte Bischof, offen sei lediglich noch die Frage der Organisationshoheit. Solle der Bundesrat über die Organisationsform entscheiden, dabei erst eine Konsultation durchführen oder gar nur subsidiär zuständig sein, wenn sich die Leistungserbringenden und Versicherungen nicht einigen können? Letzteres schlug die SGK-SR vor. Bundesrat Berset stellte zudem in seiner Antwort auf eine Frage von Charles Juillard (cvp, JU) fest, dass ausschliesslich Tarifpartner in der Organisation vertreten sein würden und die Kantone somit darin erst mitwirken könnten, wenn EFAS angenommen worden sei und die Kantone somit ebenfalls für die ambulante Behandlung zuständig wären. Stillschweigend folgte der Ständerat in diesem Punkt dem Vorschlag seiner Kommission.
Ein weiterer umstrittener Aspekt der Tariffrage betraf die Finanzierung von Rechnungsprüfungen, welche die Patientenorganisationen durchführen sollten, durch das EDI. Die Kommissionsmehrheit wollte diesen vom Nationalrat eingefügten Punkt aus der Vorlage streichen, eine Minderheit Carobbio Guscetti wollte ihn beibehalten. Natürlich sollten sich Patientinnen und Patienten von externen Organisationen beraten lassen können, der Bund solle sich dabei aber nicht an der Finanzierung dieser Dienstleistung beteiligen, zumal eine solche Finanzhilfe nur eine zusätzliche Kontrolleinheit bedeuten würden, erklärte Kommissionssprecher Bischof. Minderheitensprecherin Carobbio Guscetti betonte hingegen, dass die anfangs eingesetzte Expertengruppe einen ähnlichen Vorschlag gemacht habe und die GDK das Anliegen unterstütze. Nicht abgeneigt gegenüber der Finanzierung zeigte sich auch Bundesrat Berset, für den die Massnahme nicht im Widerspruch zur Strategie des Bundesrates stand. Mit 28 zu 13 Stimmen (bei 1 Enthaltung) sprach sich der Ständerat aber gegen die Finanzierung aus und schuf damit eine weitere Differenz zum Nationalrat.
Schliesslich stand noch der Experimentierartikel im Raum, gemäss Bischof der «zweite Kernartikel dieser Vorlage». Die SGK-SR wollte den nationalrätlichen Vorschlag um die Möglichkeit, experimentelle Projekte zur Förderung der Digitalisierung durchführen zu können, ergänzen. Streichen wollte sie hingegen Projekte zur Einschränkung der freien Arztwahl. Eine weitere Minderheit Müller schlug indes vor, vollständig auf den Katalog mit möglichen Bereichen, in denen Projekte durchgeführt werden können, zu verzichten. Ohne Katalog könnten auch Projekte durchgeführt werden, welche Grundrechtseingriffe enthielten, erklärte Bischof den Widerstand der Kommissionsmehrheit gegen diesen Vorschlag. Die betroffenen Patientinnen und Patienten hätten keine Möglichkeit, sich gegen die Projekte zu wehren. Gesundheitsminister Berset sprach sich vehement gegen den Minderheitsantrag und die Streichung des Katalogs aus. Der Bundesrat und die Verfassungsrechtsexperten des Bundes seien sich einig, dass dies gegen Artikel 5 Absatz 1 der Bundesverfassung verstosse, wonach das Recht Grundlage und Schranke staatlichen Handelns darstelle. Damit würden die möglichen Experimente keine Grenzen kennen. So könnten zum Beispiel für die Bevölkerung eines Kantons die Hälfte des Leistungskatalogs gestrichen, die Franchise auf CHF 10'000 erhöht oder risikobezogene Prämien eingeführt werden. Paul Rechsteiner (sp, SG) kritisierte des Weiteren, dass die freie Arztwahl auf der Liste möglicher Projekte aufgeführt sei: Die Einschränkung der freien Arztwahl sei ein fundamentaler Systemeingriff, der Grundrechtsdimensionen betreffe und entsprechend per Gesetz zu entscheiden sei. Man solle den «Akteuren im Gesundheitswesen [nicht] per Gesetz abschliessend vorschreiben, wo sie experimentieren können», betonte hingegen Minderheitensprecher Müller. Innovation entstehe «relativ chaotisch», ergänzte Erich Ettlin (cvp, OW). Zudem könne ja das EDI die Pilotprojekte bewilligen, müsse es aber nicht. Mit diesen Argumenten setzte sich die Kommissionsminderheit durch: Mit 23 zu 19 Stimmen sprach sich der Ständerat gegen die Einschränkung der Experimente auf einen Katalog aus. Im Anschluss bat Bischof den Nationalrat, in seiner nächsten Sitzung diese vom Ständerat geänderte Bestimmung etwas abzuschwächen und ihr eine Ausnahme für Grundrechtsverletzungen anzufügen.
Mit 31 zu 0 Stimmen (bei 12 Enthaltungen) nahm der Ständerat das Gesetz in der Gesamtabstimmung ohne Gegenstimme an. Die Enthaltungen stammten von sechs Mitgliedern der SP- sowie von je drei Mitgliedern der SVP- und der Grünen-Fraktion.

Erstes Massnahmenpaket zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen (BRG 19.046)
Dossier: Anstieg der Krankenkassenprämien dämpfen (seit 2020)

Der Ständerat lehnte in der Herbstsession 2020 die Motion Grossen (glp, BE) «Klimaschutz endlich auch im Flugverkehr» stillschweigend ab, nachdem Kommissionssprecher Müller (fdp, LU) darauf verwiesen hatte, dass das Anliegen der Motion bereits im Rahmen der Totalrevision des CO2-Gesetzes erfüllt worden sei.

«Klimaschutz endlich auch im Flugverkehr» (Mo. 17.3998)
Dossier: Flugticketabgabe

In der Sommersession 2020 beriet der Ständerat über die Motion der APK-NR zur schrittweisen Öffnung der Grenzen und Wiederherstellung der Personenfreizügigkeit. Die APK-SR hatte sich im Vorfeld der Session mit 10 zu 1 Stimmen für die Annahme der Motion ausgesprochen.
Kommissionssprecher Damian Müller (fdp, LU) erwähnte in der Ratsdebatte die inhaltliche Unbestrittenheit der Motion innerhalb der Kommission. Ein Kommissionsmitglied habe sich laut Müller an der Kompetenzzuschreibung gestört, da einzig und allein der Bundesrat über die Grenzöffnung zu entscheiden hätte und nicht das Parlament. Die anwesende Bundesrätin Karin Keller-Sutter resümierte in der Folge die Geschehnisse seit der Einreichung der Motion. So seien die Einreise- und Zulassungsbeschränkungen für Personen aus dem Schengenraum bereits am 15. Juni 2020 aufgehoben worden und auch die Personenfreizügigkeit sei wiederhergestellt worden. Noch nicht geklärt sei das Verfahren bei Touristen und Arbeitnehmenden aus Drittstaaten, welche das Kriterium der wirtschaftlichen Notwendigkeit nicht erfüllen würden. Der Bundesrat werde in Absprache mit den Schengen-Staaten in den kommenden Wochen über die weitergehenden Lockerungsschritte entscheiden. Die Motion wurde, da ihr Anliegen bereits erfüllt worden war, stillschweigend angenommen.

Schrittweise Öffnung der Grenzen und Wiederherstellung der Personenfreizügigkeit (Mo. 20.3130)
Dossier: Kontrolle der Schweizer Landesgrenzen in Covid-19-Zeiten

Die Beratungen der politischen Agenda des Bundesrats sind immer wieder ein umstrittener Diskussionspunkt in den Räten. Dies zeigte sich auch bei der Beratung der Legislaturplanung 2019–2023 während der Sommersession im Ständerat. Die neuerliche Diskussion, ob die Legislaturplanung vom Parlament lediglich zur Kenntnis genommen oder detailliert beraten und als einfacher, nicht bindender Bundesbeschluss verabschiedet werden soll wie dies seit 2004 vorgesehen ist, wurde zusätzlich durch die Corona-Krise angeheizt. Die ausserordentliche Situation zeige – so etwa Damian Müller (fdp, LU) –, dass es richtig sei, wenn die Legislaturplanung zu einem nicht bindenden Beschluss führe, weil der Bundesrat nur so auf unvorhergesehene Ereignisse reagieren könne. Das bedeute aber eben auch, dass es keine langen Beratungen und keine Legislaturplanungskommission brauche, weil dies letztlich viel zu viel unnötige Zeit und Kosten in Anspruch nehme. Man habe bessere Instrumente, um ganz spezifisch einzelne Massnahmen mitzusteuern, die man dann aber im konkreten Moment anwenden solle. Eine einfache Kenntnisnahme der Legislaturplanungsbotschaft reiche vollends. Dies habe er auch in einer parlamentarischen Initiative so angeregt, für dessen Unterstützung der Luzerner Freisinnige denn in seinem Votum auch schon vorsorglich warb. Heidi Z'graggen (cvp, UR) erwiderte, dass der Weg des Bundesrats, auf den das Land gesteuert werden solle, ein genaues Hinschauen verdiene und nicht einfach durchgewinkt werden sollte. Auch Carlo Sommaruga (sp, GE) führte die Pandemie an, wies aber darauf hin, dass es wegen unvorhergesehener Ereignisse wichtig sei, die Legislaturplanung auch als Legislative anpassen zu können. Thomas Minder (parteilos, SH) wiederum reihte sich zu den Kritikern des aktuellen Vorgehens ein und wies darauf hin, dass zahlreiche Massnahmen im Bericht nach der Corona-Krise Makulatur geworden seien. Er warf dem Bundesrat und der Legislaturplanungskommission deswegen «Unflexibilität» vor. Man müsse neu planen und eine angepasste Vision präsentieren. «Die Sitzung heute Nachmittag ist für mich ein verlorener Tag», schloss der Schaffhauser Ständerat. Auch Olivier Français (fdp, VD) monierte, man habe für die Beratung des Papiers viel zu viel Zeit einberaumt. In der Folge äusserte sich Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga zu Wort und gab zu bedenken, dass ein ans Parlament überwiesener Bundesbeschluss nicht einfach so zurückgenommen werden könne. Man habe aber durchaus Flexibilität bewiesen, indem eben der Bericht auch zusammen mit der Legislaturplanungskommission noch einmal überarbeitet worden sei, was sich ja auch in verschiedenen, nachträglich zu debattierenden Änderungsanträgen niedergeschlagen habe. Das Parlament müsse die Möglichkeit haben, die Planung der Regierung zu überprüfen, so die Magistratin.
Nach diesem Vorgeplänkel – eine Eintretensdebatte gab es nicht, weil Eintreten für die Legislaturplanung obligatorisch ist – wurden in der kleinen Kammer also besagte Änderungen diskutiert. Covid-19 spielte dabei freilich nur noch eine marginale Rolle, indem Artikel 1 mit einem Passus ergänzt wurde, dass sich die Politik des Bundes nach den drei Leitlinien zu richten und dabei auch die Lehren aus der Covid-19-Pandemie zu ziehen habe. Zusätzlich wurde als Massnahme eine Vernehmlassung zu einer Revision des Epidemiengesetzes angenommen. Der erste Änderungsantrag betraf zudem die dritte Leitlinie, die nicht nur den Schutz des Klimas, sondern zusätzlich auch den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen anstreben soll. Der Rat folgte mit 28 zu 13 Stimmen diesem Vorschlag und lehnte damit einen Minderheitsantrag Sommaruga ab, der auch die Nachhaltigkeitsziele der Agenda 2030 in der dritten Leitlinie verankern wollte. Die von Carlo Sommaruga angeführten Minderheitsvorschläge für einen verstärkten Einbezug von Nachhaltigkeitszielen blitzten auch in der Folge samt und sonders ab. Eine Mehrheit fand aber eine von der Legislaturplanungskommission vorgeschlagene sprachliche Änderung einer Massnahme zur Erreichung des 2. Ziels von Leitlinie 1 (effiziente und digitale Erbringung staatlicher Leistungen). Statt die Bundesaufgaben «kontinuierlich» zu überprüfen, sollen sie «regelmässig» überprüft werden. Neu eingeführt wurden zudem verschiedene zusätzliche Massnahmen in verschiedenen Zielen: die Stärkung des Wirtschaftsstandorts, eine Strategie zur Umsetzung einer digitalen Gouvernanz, die Gewährleistung der bilateralen Wirtschaftsbeziehungen mit der EU und dem UK, die Erarbeitung einer Strategie für Barrierefreiheit, die Gewährleistung einer optimalen IKT-Infrastruktur in allen Regionen der Schweiz, einen Bericht über die Rahmenbedingungen für eine Landesausstellung, die Erneuerung der Mittel zum Schutz der Bevölkerung «gegen Bedrohungen aus der dritten Dimension» (gemeint ist die Luftabwehr), einen Aktionsplan «Biodiversität» sowie eine Strategie zur Anpassung an den Klimawandel in der Schweiz. Lange diskutiert wurde im Rat über Bildungsthemen. Auf taube Ohren stiess dabei die Minderheit Chiesa (svp, TI) für eine Strategie zur Initiierung globaler Bildungsprogramme. Heidi Z'graggen forderte vergeblich die Streichung einer von der Kommission eingeführten Botschaft zur politischen Bildung der jungen Generation und gab zu bedenken, dass die Bildung Sache der Kantone bleiben müsse. Angenommen wurde hingegen eine Minderheit Juillard (cvp, JU), die als Massnahme einen Aktionsplan für die Förderung der Mehrsprachigkeit und den Unterricht in Heimatlicher Sprache unter Einbezug der Kantone forderte. Keine Chance hatten die Anträge von rechts, mit welchen die Massnahmen für die geregelten Beziehungen der Schweiz zur EU gestrichen oder wenigstens abgeschwächt hätten werden sollen. Eine Gesamtabstimmung war für diese Art Geschäft nicht vorgesehen. Die derart ergänzte Legislaturplanung ging nun an den Nationalrat.

Legislaturplanung 2019-2023 (BRG 19.078)
Dossier: Legislaturplanungsberichte

Aufgrund des Corona-bedingten Sessionsabbruchs nahm der Ständerat erst in der Sommersession 2020 Kenntnis vom Aussenpolitischen Bericht 2019. Damian Müller (fdp, LU) äusserte sich im Namen der APK-SR dazu und lobte vor allem die erfolgreiche Erarbeitung der «Mind the Gap»-Strategie zur Sicherstellung der Rechte und Pflichten gegenüber dem Vereinigten Königreich nach dem Brexit, die enge Kooperation mit den Nachbarländern und die Bemühungen um den Abschluss des institutionellen Rahmenabkommens mit der EU.

Aussenpolitischer Bericht 2019
Dossier: Aussenpolitische Berichte (ab 2009)

Der Ständerat nahm sich in der Sommersession 2020 des Verpflichtungskredits zur Weiterentwicklung des Schengen/Dublin-Besitzstands an, wobei keine neuen Argumente eingebracht wurden. Damian Müller (fdp, LU) sprach dem Verpflichtungskredit im Namen der APK-SR seine Unterstützung aus, nicht zuletzt weil die Schweiz volkswirtschaftlich und finanziell von ihrer Assoziierung an Schengen/Dublin profitiere. Die APK-SR sehe im Bereich der inneren Sicherheit zudem einen sicherheitspolitischen Mehrwert – dank dem automatischen Datenaustausch –, der sich monetär gar nicht erfassen liesse. Da sich die Schweiz zur termingerechten Übernahme aller Weiterentwicklungen verpflichtet habe, sei der Verpflichtungskredit laut Finanzhaushaltsgesetz notwendig, führte Müller aus. Bundesrätin Keller-Sutter warnte vor einer Verzögerung der Umsetzung, da dies Mehraufwände und Mehrkosten mit sich bringen würde. Sie hob die Wichtigkeit der Neu- und Weiterentwicklungsprojekte für die Schweiz hervor, welche dem Schutz der Aussengrenzen, der Bekämpfung der illegalen Migration und der allgemeinen Kriminalitätsbekämpfung dienen würden. Die in den kommenden fünf Jahren benötigten CHF 122 Mio., von denen CHF 23 Mio. Eigenleistungen und CHF 13.7 Mio. eigene Sachmittel sind, stellten bereits den vierten Verpflichtungskredit für IT-Entwicklungen im Bereich Schengen/Dublin dar, wobei bisher noch nie Kostenüberschreitungen oder Nachtragskreditbegehren aufgetreten seien. Bundesrätin Keller-Sutter kündigte an, dass weitere Verpflichtungskredite anstehen und durch die neuen Aufgaben der Schengen-Staaten, wie beispielsweise die Einrichtung des Europäischen- Reiseinformations- und -genehmigungssystems, höhere Betriebskosten anfallen würden. Sie erwähnte dabei aber auch die Möglichkeit, derartige Projekte durch Beiträge aus dem europäischen Fonds für die innere Sicherheit im Bereich Aussengrenze und Visa mitzufinanzieren. Der Ständerat stimmte dem Kredit mit 36 zu 2 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) zu und übernahm damit auch die Ergänzung des Nationalrats, demgemäss das Geld erst freigegeben wird, wenn das Parlament die gesetzlichen Grundlagen in Sachen Datenschutz beschlossen hat.

Weiterentwicklung des Schengen/Dublin-Besitzstands. Verpflichtungskredit
Dossier: Dublin-Verordnung

In der Sommersession 2020 setzte der Ständerat die Differenzbereinigung bei der Totalrevision des Datenschutzgesetzes fort. In zwei Punkten, die das Auskunftsrecht der von einer Datenbearbeitung betroffenen Person und die Informationspflicht der datenbearbeitenden Stelle betrafen, fügte sich die kleine Kammer stillschweigend und diskussionslos den Beschlüssen des Nationalrates. So muss die betroffene Person nicht zwingend über die Liste ihrer Rechte und die allfällige Absicht, eine Kreditwürdigkeitsprüfung vorzunehmen, informiert werden. Eine angeforderte Auskunft muss zudem «die bearbeiteten Personendaten als solche» beinhalten, wobei die SPK-SR zum Schluss gekommen war, dass die vom Nationalrat eingefügte Ergänzung «als solche» nichts nütze, aber auch nichts schade, wie deren Berichterstatter Daniel Fässler (cvp, AI) vor dem Plenum erläuterte. Stillschweigend hielt der Ständerat hingegen an seinem Entscheid fest, dass alle genetischen Daten als besonders schützenswerte Personendaten gelten sollen, da die einschränkende Definition des Nationalrates gemäss dem Kommissionssprecher wohl nicht EU-konform wäre.
Für eine kurze Debatte sorgte die Frage, welche Daten für eine an sich persönlichkeitsverletzende Kreditwürdigkeitsprüfung verwendet werden dürfen. Eine Minderheit Müller (fdp, LU) schlug vor, den Einbezug von bis zu zehn Jahre alten Daten zu erlauben – dies hatte der Nationalrat so entschieden –, wobei aber Daten aus öffentlich zugänglichen staatlichen Registern von dieser Beschränkung ausdrücklich auszunehmen seien. Mit einer kurzen und starren Frist würden die Interessen der Gläubiger zu wenig berücksichtigt, begründete Damian Müller den Antrag. Der Rat folgte mit 25 zu 17 Stimmen jedoch seiner Kommissionsmehrheit und hielt an seinem letzten Beschluss fest, wonach die verwendeten Daten nicht älter als fünf Jahre sein dürfen, wie es auch der Bundesrat ursprünglich vorgesehen hatte. Kommissionssprecher Fässler argumentierte, dass ältere Daten mitunter ungenau seien und daher nicht als Rechtfertigungsgrund für eine Persönlichkeitsverletzung zugelassen werden sollten.
Gerungen wurde in der Ständekammer indes immer noch um die Definition von «Profiling mit hohem Risiko», nachdem der Nationalrat dem risikobasierten Ansatz zur Regulierung des Profilings zugestimmt, sich aber mit der Abgrenzung der Risikostufen nicht zufrieden gezeigt hatte. Die Kommission schlug ihrem Rat einstimmig eine neue Formulierung vor, die sich am heute geltenden Konzept des Persönlichkeitsprofils orientierte und die die Idee der grossen Kammer aufnahm, das Risiko am Ergebnis der Datenbearbeitung anstatt am Prozess festzumachen. Mit einem Einzelantrag wollte Ständerat Ruedi Noser (fdp, ZH) der Formulierung des Nationalrats den Vorzug geben, weil der Vorschlag der ständerätlichen SPK das Profiling faktisch verbiete und den unklaren und veralteten Begriff «wesentliche Aspekte der Persönlichkeit» verwende. Kommissionssprecher Fässler und Bundesrätin Karin Keller-Sutter widersprachen dieser Darstellung jedoch: Profiling mit hohem Risiko werde nicht verboten, sondern lediglich höheren Anforderungen unterworfen, der kritisierte Begriff sei im geltenden Recht bereits etabliert und der Vorschlag Noser käme einer Nicht-Regulierung des Profilings gleich, wie sie wohl kaum mit dem EU-Datenschutzniveau vereinbar wäre. Zudem hätten der von Noser gewünschten Lösung im Nationalrat nur 65 Mitglieder zugestimmt, während 57 sie abgelehnt und sich 65 der Stimme enthalten hatten, weshalb darin kaum der endgültige Wille der grossen Kammer zum Ausdruck gekommen sei. Der Ständerat folgte mit 39 zu 5 Stimmen (1 Enthaltung) klar seiner Kommission und schrieb die neue Formulierung ins Gesetz, wonach Profiling dann mit hohem Risiko verbunden ist, wenn es «die Beurteilung wesentlicher Aspekte der Persönlichkeit einer natürlichen Person erlaubt». Damit wird das heutige Schutzniveau bei der automatisierten Datenbearbeitung gehalten, aber weder erhöht, wie es im Sinne der Ständeratsmehrheit und der linken Seite des Nationalrats gewesen wäre, noch gesenkt, was dem bürgerlichen Ansinnen entsprochen hätte. Mit noch drei inhaltlichen Differenzen ging die Vorlage wieder an den Nationalrat.

Revision des Datenschutzgesetzes (BRG 17.059)
Dossier: 2. Revision des Bundesgesetzes über den Datenschutz (DSG)

Eine Motion Janiak (sp, BL) – im September 2019 übernommen von Damian Müller (fdp, LU) – zur Chancengleichheit für die Schweizer Flusskreuzfahrt war im Juni 2019 im Ständerat traktandiert. Die Zahl schweizerischer Reiseunternehmen, die Flusskreuzfahrten auf Europas Gewässern anbieten, sei in den letzten Jahren stark gewachsen – laut dem Motionär war mehr als ein Drittel der Kreuzfahrtschiffe auf europäischen Gewässern unter Schweizer Flagge unterwegs. Aufgrund des Wachstum könnten die Unternehmen ihr Personal weder in der Schweiz noch in der EU rekrutieren. Die für die Anstellung von Personal aus Drittländern notwendigen Visa könnten jedoch kaum vergeben werden, da die Schweiz das Arbeitsgebiet als Kriterium nehme, während die EU den Sitz des Unternehmens beachte. Motionär Janiak beklagte zudem, dass die Schweizer Branche damit «zwischen Stuhl und Bank» falle, und verlangte mit seiner Motion eine kleine Änderung des Ausländergesetzes.
Der Bundesrat hielt in seiner Stellungnahme fest, dass die Anstellung von Personal aus Drittstaaten auch heute möglich sei, wenn ein hinreichender Bezug zur Schweiz bestehe – was bedeutet, dass die Erwerbstätigkeit zumindest teilweise auch in der Schweiz ausgeübt werden muss, also die Kreuzfahrtschiffe zuweilen etwa in Basel anlegen müssen. Der Bundesrat beantragte deshalb die Ablehnung der Motion. Ständerat Janiak gab sich damit nicht zufrieden, zeigte sich aber mit dem Ordnungsantrag von Ständerat Müller einverstanden, die Motion der Kommission zur Vorprüfung zuzuweisen, damit diese die Angelegenheit vertieft prüfen könne.
Ende Januar 2020 entschied die Staatspolitische Kommission bei 4 zu 4 Stimmen (3 Enthaltungen) mit Stichentscheid des Kommissions-Vizepräsidenten Zopfi (gp, GL), dass «die besondere Situation dieses Sektors eine Sonderregelung» rechtfertige. Die Kommission beantragte ihrem Rat, die Motion anzunehmen.

Chancengleichheit für die Schweizer Flusskreuzfahrt

Jahresrückblick 2019: Gesundheit, Sozialhilfe und Sport

2019 befasste sich das Parlament mit zahlreichen Geschäften zu Schweizer Gesundheitspolitik, Sport und Sozialhilfe. Besonders relevant waren bezüglich gesundheitspolitischer Themen die Diskussionen um das elektronische Patientendossier (EPD). Dieses soll 2020 in allen Regionen der Schweiz verfügbar sein, weshalb 2019 dazu einige Vorstösse behandelt wurden. So wurde ein Postulat Wehrli (fdp, VD; Po. 18.4328), welches Auskunft über die bereits ergriffenen und die noch zu ergreifenden Massnahmen verlangte, um die Umsetzung des EPD und dessen Nutzung zu fördern, vom Nationalrat angenommen. Ebenfalls Ja sagte die grosse Kammer zu einer Motion der SGK-NR (Mo. 19.3955). Diese hatte den Anschluss sämtlicher am Behandlungsprozess beteiligter Gesundheitsfachpersonen an das EPD zum Ziel und wird nun in einem nächsten Schritt im Stöckli behandelt. Mit dem im Juni 2019 verabschiedeten Bundesratsgeschäft zur «Stärkung von Qualität und Wirtschaftlichkeit im KVG» (BRG 15.083) sollen zudem die Qualität der erbrachten Leistungen im Gesundheitsbereich verbessert, die Patientensicherheit nachhaltig erhöht und die Steigerung der Kosten in der OKP abgeschwächt werden.

In Sachen Spitäler standen 2019 die Kosten im Gesundheitswesen im Mittelpunkt. Unter anderem intendierte Verena Herzog (svp, TG) mittels Motion, gemeinwirtschaftliche Leistungen dem öffentlichen Beschaffungsrecht zu unterstellen (Mo. 16.3842). Denn durch eine Ausschreibungspflicht für gemeinwirtschaftliche Leistungen und der damit verbundenen Transparenz könne man nicht nur Kosten reduzieren, sondern auch an Effizienz gewinnen, erklärte die Motionärin. 2018 hatte der Nationalrat dieser Vorlage zugestimmt, der Ständerat gab ihr in der Herbstsession 2019 allerdings einen Korb. Mit einem Selbstkostenanteil, der beim Aufsuchen der Spitalnotfallstation (und beim ambulanten Praxisbesuch) entrichtet werden soll, wollten sowohl Thomas Weibel (glp, ZH; Pa.Iv. 17.480) als auch Thomas Burgherr (svp, AG; Pa.Iv. 17.452) der Kostenentwicklung entgegenwirken, die Eigenverantwortung der Patientenschaft stärken und den Spitalnotfall entlasten. Die grosse Kammer gab in der Wintersession 2019 der parlamentarischen Initiative Weibel, nicht aber der Initiative Burgherr Folge. Des Weiteren nahm das Stöckli als Zweitrat eine Motion der SGK-NR bezüglich Referenztarifen für ausserkantonale Behandlungen an (Mo. 18.3388). Damit wollte die Kommission sicherstellen, dass die Kantone für Behandlungen ihrer Einwohnerinnen und Einwohner ausserhalb des Wohnkantons nicht weniger bezahlen würden als innerhalb. Bezüglich Ärzteschaft reichte Bea Heim (sp, SO; Mo. 18.3107) eine Motion zur Offenlegung der Honorare von Ärztinnen und Ärzten in einer leitenden Position ein. Transparenz sei notwendig, um falsche Anreize, unnötige Eingriffe und hohe Kosten für die OKP zu verhindern, so Heim. Die Motion wurde im März 2019 von der grossen Kammer gutgeheissen und an die kleine Kammer überwiesen.

Rund um das Pflegepersonal waren die Pflegeinitiative und der indirekte Gegenvorschlag ein wichtiges Thema. Gefordert wurden unter anderem die Sicherstellung von genügend diplomierten Pflegefachleuten und eine Kompetenzerweiterung im Bereich der direkten Abrechnung von Pflegeleistungen zu Lasten der OKP. In der Wintersession empfahl der Nationalrat in Übereinstimmung mit dem Bundesrat die Ablehnung der Initiative und gab dem von der SGK-NR ausgearbeiteten indirekten Gegenvorschlag mit einigen kleinen Änderungen Folge. Anders als seine Kommission wollte er beispielsweise nicht, dass eine Vereinbarung zwischen Pflegefachpersonen und Krankenkasse für die Abrechnung der Pflegenden über die OKP generell nötig ist.

Im Frühling 2019 verabschiedete das Parlament eine Änderung des Heilmittelgesetzes (BRG 18.081), die aufgrund zweier neuen EU-Verordnungen zur Erhöhung von Sicherheit und Qualität von Medizinprodukten nötig geworden war, damit die Schweizer Patientenschaft weiterhin von allen europäischen Produkten profitieren kann und die Hersteller keinen Wettbewerbsnachteil erfahren. Qualität und Behandlungssicherheit waren ebenfalls Gegenstand eines Postulates Stahl (svp, ZH; Po. 19.3382), das den Bundesrat dazu aufforderte, die Bedingungen zur Ermöglichung eines Versandhandels nichtverschreibungspflichtiger Arzneimittel zu überprüfen. Weiter stimmte der Nationalrat in der Sommersession einer Motion Humbel (cvp, AG; Mo. 19.3005) zur Kostenvermeidung bei der Umteilung von den Medikamenten der Kategorie C in die Kategorie B zu und überwies sie an den Ständerat. Antibiotika und ihre Resistenz wurden 2019 mittels zweier Vorstösse thematisiert. Zum einen sprach sich der Nationalrat als Erstrat für eine Motion Graf (gp, BL; Mo. 19.3861) aus, die den Bundesrat damit beauftragte, seine One-Health-Strategie mit der Erforschung von Antibiotikaresistenzen zu ergänzen, um so eine Vorgehensweise zur Bekämpfung ihrer Ursachen ausarbeiten zu können. Zum anderen reichte Claude Béglé (cvp, VD, Po. 19.3860) ein Postulat zur «Förderung der Erforschung und der Entwicklung neuer antimikrobieller Mittel» ein, welches allerdings im Rat nicht auf Anklang stiess. Im Herbst 2019 beschäftigte sich das Stöckli mit einer Motion Müller (fdp, LU; Mo. 19.3743), mit der die Eliminierung von Hepatitis in ein nationales Programm zu sexuell und durch Blut übertragbaren Infektionskrankheiten integriert werden soll.

Auch über Tabakwaren wurde 2019 angeregt diskutiert. So befasste sich der Ständerat erneut mit dem Bundesgesetz über Tabakprodukte, nachdem 2016 ein erster Entwurf an den Bundesrat zurückgewiesen worden war. Das Gesetz soll in erster Linie dazu dienen, Teenager, aber auch die Gesamtbevölkerung vor den negativen Auswirkungen des Tabakkonsums zu schützen. In den Medien war hingegen insbesondere das Thema «E-Zigaretten» zentral. Dieses fand auch seinen Weg ins Parlament; im Ständerat wurde über eine tiefere Besteuerung von elektronischen Zigaretten diskutiert (Mo. 19.3958 der SGK-SR). Vor dem Hintergrund der 2017 eingereichten Motionsserie zu wissenschaftlichen Pilotversuchen mit Cannabis trat der Nationalrat im Dezember 2019 auf die vom Bundesrat vorgeschlagene Änderung des Betäubungsmittelgesetzes ein (BRG 19.021). Neben E-Zigaretten berichteten die Medien auch ausführlich über die umstrittene Auswahl des Tabakkonzerns Philip Morris als Hauptsponsor des Schweizer Pavillons an der Weltausstellung 2020 in Dubai. Nachdem der Schweiz für diesen Entscheid viel Unverständnis entgegengebracht worden war und sich gar die WHO zu Wort gemeldet hatte, erklärte Aussenminister Ignazio Cassis Ende Juli, dass man die Partnerschaft nicht weiterführen werde.

Trotz grosser Aufmerksamkeit in den Medien – dieses Thema ist mitverantwotlich für den Peak des Gesundheitsthemas im Juli 2019 – kaum Eingang ins Parlament fand dieses Jahr die Frage der Sterbehilfe. Aufgegriffen wurde von den Zeitungen vor allem der Gerichtsprozess rund um Erika Preisig und den assistierten Suizid bei psychisch kranken Personen.

Die mediale Berichterstattung zu sportlichen Themen war im Juni 2019 besonders intensiv. Dies ist darauf zurückzuführen, dass in diesem Monat nicht nur das Eidgenössische Turnfest in Aarau stattfand, sondern auch ein Formel-E-Rennen in Bern ausgetragen wurde, das bei der Bevölkerung auf Widerstand stiess und anlässlich dem eine Velo-Demonstration durchgeführt wurde. Zudem wurde die durch die Fussball-Weltmeisterschaft der Frauen ausgelöste Diskussion um die Gleichstellung der Geschlechter in dieser Sportart ebenfalls von den Schweizer Medien aufgenommen.
Im Parlament wurden bezüglich Sport zwei Vorlagen zu Sportzentren respektive zu der Finanzierung ihres Betriebs diskutiert. So nahmen beide Räte eine Motion Engler (cvp, GR, Mo. 18.4150) an, welche beabsichtigte, dem Bund eine Mitfinanzierungsrolle beim Trainings- und Wettkampfbetrieb auf Sportanlagen nationaler Bedeutung zukommen zu lassen. Im Dezember 2019 sagte die kleine Kammer Ja zu einem weiteren Postulat Engler (Po. 19.4044), das einen Bericht zur Realisierung von drei bis vier Wintersportzentren anstelle eines nationalen Schneesportzentrums forderte. Silva Semadeni (sp, GR), die in Vergangenheit eine referendumsfähige Gesetzesgrundlage zur Bundesmilliarde für Sion 2026 schaffen wollte, reichte 2018 eine parlamentarische Initiative ein, um die Unterstützung Olympischer Spiele im Allgemeinen einem fakultativen Referendum zu unterstellen (Pa.Iv. 18.445). In einem ersten Schritt gab die WBK-NR diesem Geschäft im Juni 2019 Folge. Im Gebiet der Dopingpolitik überwies der Nationalrat eine Motion Bourgeois (fdp, FR; Mo. 19.3667) an den Ständerat, die die Prüfung der Errichtung einer Koordinationsstelle für Dopingfragen beim Fedpol zum Gegenstand hatte.

Im Bereich Sozialhilfe interessierten sich die Medien insbesondere für die Höhe der Sozialhilfebeiträge, über die in verschiedenen Kantonen diskutiert wurde. Als erster Kanton stimmte Bern im Mai in einer Volksabstimmung über entsprechende Kürzungen ab. Hätte sich das Stimmvolk für die Revision des Sozialhilfegesetzes ausgesprochen, so hätte der neue Grundbetrag die Empfehlung der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe (Skos) deutlich unterschritten. Von Bedeutung war dieser Entscheid auch für die anderen Kantone, da man sich vor einem «Domino-Effekt» und «Sozialhilfe-Tourismus» fürchtete. Gemäss Einschätzungen des Tagesanzeigers von Anfang Oktober verlor die Forderung nach dem Nein in Bern in anderen Kantonen und Städten an Unterstützung.

Jahresrückblick 2019: Gesundheit, Sozialhilfe und Sport
Dossier: Jahresrückblick 2019

Der Ständerat beschäftigte sich in der Wintersession 2019 mit einer Motion Müller (fdp, LU), welche eine Anpassung der Tarifstruktur in der Kinder- und Jugendmedizin forderte. Der Luzerner hob hervor, dass die Kindermedizin über Besonderheiten verfüge und diese durch das aktuelle Tarifsystem nur ungenügend abgedeckt würden. Gesundheitsminister Alain Berset hingegen war der Auffassung, dass die Diskussion zum Anliegen Müller besser im Rahmen der Motion 19.3957 fortgeführt werden solle und es auch gelte, Verbesserungen im ambulanten Bereich zu überprüfen – etwas, was im Vorstoss Müller nicht angesprochen werde. Der Ständerat liess sich von diesen Worten nicht beirren und nahm die Motion mit 25 zu 10 Stimmen (bei 4 Enthaltungen) klar an. In der Herbstsession 2020 kam das Geschäft in den Nationalrat. Dieser hiess es stillschweigend und diskussionslos gut.

Mehr Zeit für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen (Mo. 19.4120)

Im März 2019 reichte Filippo Lombardi (cvp, TI) eine Motion ein, welche die Intention hatte, die gesetzliche Grundlage zur Wahrung des Mitsprache- und Entscheidungsrechts von Parlament, Volk und Kantonen bei der Umsetzung des Rahmenabkommens zu gewährleisten. Für den Fall, dass der Bundesrat das institutionelle Rahmenabkommen mit der EU unterzeichnen sollte, brauche es eine eindeutige Regelung der dynamischen Übernahme von EU-Recht, damit das Mitspracherecht von Parlament, Volk und Kantonen garantiert sei, begründete der Motionär seinen Vorstoss. Ständerat Lombardi erhoffte sich durch diese Motion auch, dass durch ein frühzeitiges Mitspracherecht die demokratische Legitimation und Akzeptanz des Abkommens gesteigert und die parlamentarischen Kompetenzen geklärt werden würden.
Der Bundesrat beantragte im Mai die Annahme der Motion. Neuerungen im EU-Recht hinsichtlich der Marktzugangsabkommen würden zwar die Mitspracherechte von Parlament, Kantonen und Volk grundsätzlich nicht beeinträchtigen, erklärte er. Im Rahmen des Verhandlungsmandats habe man aber bereits die Überprüfung einer stärkeren Mitsprache des Parlaments und der Kantone beim Abschluss des institutionellen Abkommens eingeleitet. Ausserdem werde man im Falle einer Unterzeichnung des Abkommens prüfen, inwiefern die Partizpationsrechte im Rahmen der Umsetzung gestärkt werden könnten.
Im Juni gelangte das Geschäft in den Ständerat, wo Damian Müller (fdp, LU) einen Ordnungsantrag – zur Zuweisung der Motion an die zuständige Kommission zur Vorprüfung – stellte. Ständerat Müller begründete den Antrag mit der kurz zuvor erfolgten Annahme einer ähnlichen Motion der WAK-SR Die Entwicklungen der jüngeren Vergangenheit und die Relevanz des Themas machten seiner Meinung nach die Zuweisung sinnvoll. Dagegen wehrte sich der Urheber der Motion zwar, weil diese inhaltlich mehr umfasse als die WAK-Motion, doch sein Drängen fand nicht genug Gehör. Der Ständerat sprach sich mit 23 zu 16 Stimmen für den Ordnungsantrag aus.

Gesetzliche Grundlage zur Wahrung des Mitsprache- und Entscheidungsrechts von Parlament, Volk und Kantonen bei der Umsetzung des Rahmenabkommens (Mo. 19.3170)
Dossier: Institutionelles Rahmenabkommen

Der Geschäftsbericht des Bundesrats 2018 wurde von den Räten in der Sommersession 2019 beraten. Im Geschäftsbericht legt die Regierung Rechenschaft über die Schwerpunkte ihrer Tätigkeiten in einem Berichtsjahr ab. In den Ratsdebatten berichten die Vertreterinnen und Vertreter der Aufsichtskommissionen über die Beratungen, die sie mit den Bundesrätinnen und Bundesräten zum Geschäftsbericht geführt haben. National- und Ständerat nehmen dann in Form eines Bundesbeschlusses Kenntnis von diesem Bericht.
Für die GPK berichteten Anne Seydoux-Christe (cvp, JU) im Ständerat und Doris Fiala (fdp, ZH) im Nationalrat. Die GPK hätten mit der Regierung zwei Querschnittthemen behandelt, deren Auswertungen noch ausstünden: den Umgang der Departemente mit Kritik durch Bürgerinnen und Bürger bei Aufsichtsbeschwerden sowie die Ferien- und Zeitguthaben der Topkader in der Bundesverwaltung. Die Fragen der GPK seien vom Bundesrat zufriedenstellend beantwortet worden und man beantrage deshalb die Genehmigung des Geschäftsberichts.
In der Folge berichteten Subkommissionssprecherinnen und -sprecher gestützt auf den Geschäftsbericht über die einzelnen Departemente. Sowohl im Ständerat als auch im Nationalrat stand dabei die Cyberabwehr im VBS im Zentrum. Er könne mit Genugtuung feststellen, dass sich der Bund der Dringlichkeit dieses Themas bewusst sei, führte Damian Müller (fdp, LU) im Ständerat aus. Insbesondere durch die Cyberattacke auf die RUAG sei das VBS sensibilisiert worden und habe den Aktionsplan Cyberdefence ausgearbeitet, berichtete hierzu Ida Glanzmann (cvp, LU) in der grossen Kammer. Beim EDA stand die Frage «Wie weiter mit dem Brexit?» im Zentrum. Damien Müller führte aus, dass ein geordneter Übergang mit insgesamt fünf unterzeichneten Abkommen möglich sein sollte. Ida Glanzmann berichtete bei der Präsentation des EDA über die Diskussionen um den aufgeschobenen Beitritt der Schweiz zum Kernwaffenverbotsvertrag. Entgegen einer angenommenen Motion Sommaruga (sp, GE; Mo. 17.4241) wolle man im Moment nur einen Beobachterstatus anstreben, um die Neutralität der Schweiz nicht zu gefährden. Beim WBF wurde in beiden Räten über den ETH-Bereich berichtet. Gegenstand waren die medial begleiteten Vorwürfe gegen verschiedene Personen an der ETH Zürich, Mobbing, Korruption sowie Amts- und Machtmissbrauch betrieben zu haben. Die GPK sei nach intensiven Gesprächen mit den Verantwortlichen der ETH zur Überzeugung gelangt, dass es einen Kulturwandel brauche, führte Yvonne Feri (sp, AG) im Nationalrat aus. Die Oberaufsicht über die ETH unterliege Bundesrat Parmelin und der sei sich der Situation bewusst, versicherte Joachim Eder (fdp, ZG) im Ständerat. Ein weiteres WBF-Thema in beiden Räten waren die Kriegsmaterialausfuhren. Man habe ja manchmal das Gefühl, die Schweiz liefere Waffen an Schurkenstaaten, so Joachim Eder in der kleinen Kammer. Dies sei aber mitnichten der Fall. Vielmehr stehe die Schweiz hinsichtlich Transparenz von Waffenexporten international an erster Stelle. Man habe aber Fragen im Zusammenhang mit Medienberichten über Schweizer Handgranaten und Sturmgewehre, die angeblich im Jemen-Krieg aufgetaucht seien, klären können – so Yvonne Feri im Nationalrat. Beim EFD wurden die Rolle der Finma und die Cyberrisiken für den Finanzplatz Schweiz diskutiert. Die Finma nehme ihre Aufsicht gut wahr und das «interdepartementale Kompetenzgerangel» beim Thema Cyberrisiken habe sich erledigt: Die Federführung und die Koordination liegen beim EFD, das VBS ist zuständig für die Cyberdefence und das EJPD für die Cyberkriminalität. Von speziellem Interesse war die Postauto-Affäre, auf die der Bundesrat im Geschäftsbericht auf Geheiss der GPK in einem eigenen Kapitel eingehen musste. Diesem Auftrag sei die Exekutive nachgekommen, berichtete Claude Hêche (sp, JU) im Ständerat. Die Aufarbeitung der Affäre sei jedoch noch nicht abgeschlossen. Darüber hinaus erwähnte Hêche bei der Berichterstattung zum EDI die Gesundheitskosten, deren Wachstum als problematisch betrachtet werde. Gesundheitsminister Alain Berset habe aber alle Fragen der GPK beantworten können. Peter Föhn (svp, SZ) und Valérie Piller Carrard (sp, FR) berichteten schliesslich über die Bundeskanzlei und das EJPD. Bei der Bundeskanzlei standen Fragen zur Entwicklung bei Vote Electronique im Vordergrund. Die GPK würden die Problematik eng begleiten, so die Subkommissionssprecherin bzw. der Subkommissionssprecher. Hauptthema beim EJPD war die Terrorismusbekämpfung. Es gebe nach wie vor ein Sicherheitsrisiko für die Schweiz und die Kantone; mit verschiedenen Projekten und vor allem dem anstehenden neuen Bundesgesetz über polizeiliche Massnahmen zur Bekämpfung von Terrorismus würde hier aber viel unternommen.
In beiden Räten fasste Ueli Maurer in seiner Funkion als Bundespräsident ein paar der erreichten Ziele im Rahmen der drei Leitlinien (Wohlstandsicherung; nationaler Zusammenhalt und internationale Zusammenarbeit; Sicherheit und verlässliche internationale Partnerschaften) zusammen. Er bedankte sich am Schluss für die sehr offene und konstruktive Zusammenarbeit mit den GPK. Der Bundesrat profitiere sehr von den Fragen und Hinweisen einer Kommission, «die sehr oft unterhalb des Radars arbeitet, das aber sehr intensiv und gut macht».

Geschäftsbericht des Bundesrates 2018
Dossier: Geschäftsberichte des Bundesrats