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  • Beziehungen zur Europäischen Union (EU)

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  • Würth, Benedikt (mitte/centre, SG) SR/CE
  • Portmann, Hans-Peter (fdp/plr, ZH) NR/CN

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Die Standesinitiative Genf (Kt.Iv. 21.320) mit dem Titel «Für eine rasche Assoziierung der Schweiz an das Programm Horizon Europe» wurde in der Wintersession 2022 im Ständerat behandelt. Die Initiative verlangte, dass die Schweiz den zweiten Kohäsionsbeitrag an ausgewählte EU-Staaten so rasch wie möglich freigibt, damit die Beziehungen zur EU stabilisiert werden könnten und die Schweiz rasch dem Forschungsabkommen Horizon Europe beitreten könne. Die vorberatende WBK-SR beantragte mit 9 zu 0 Stimmen bei 4 Enthaltungen, dem vorliegenden Kantonsbegehren keine Folge zu geben. Wie Kommissionssprecher Benedikt Würth (mitte, SG) ausführte, sprachen für die Kommission insbesondere drei Gründe gegen die Initiative: Erstens liege die Kompetenz für Verhandlungen der Schweiz mit der EU in den Händen des Bundesrates, zweitens sei der zweite Kohäsionsbeitrag unterdessen von beiden Räten genehmigt worden. Drittens sei mit der Zustimmung zu den beiden Standesinitiativen Basel-Stadt (Kt.Iv. 21.328) und Basel-Land (Kt.Iv. 21.327) und mit deren initiierten Umsetzung das «innenpolitisch Mögliche nun aufgegleist». Anschliessend gab die kleine Kammer der Standesinitiative Genf stillschweigend keine Folge.

Drei Standesinitiativen zum Forschungsprogramm Horizon Europe (Kt. Iv. GE 21.320; Kt. Iv. BL 21.327; Kt. Iv. BS 21.328) & Horizon-Fonds-Gesetz
Dossier: Erasmus und Horizon

Im Juni 2022 reichte die APK-NR eine Motion ein, mit der sie sich für sozialpartnerschaftliche Lösungen im EU-Dossier einsetzte. Sie wollte den Bundesrat damit beauftragen, im EU-Dossier mit den Sozialpartnern eine tragfähige Einigung zu finden, wie den Schweizer Anliegen beim Lohnschutz und beim Schutz der Sozialwerke Rechnung getragen werden kann. Zudem sollte der Bundesrat dem Parlament regelmässig Bericht über die Entwicklungen der Verhandlungen zwischen den Sozialpartnern erstatten und Schutzklauseln in den zentralen Fragen der Personenfreizügigkeit – insbesondere den flankierenden Massnahmen – mit der EU prüfen und diese dem Parlament vorlegen. Die Kommissionsmehrheit sah den Hauptgrund für den Abbruch der Verhandlungen über ein Rahmenabkommen in der «einseitigen Aufkündigung der sozialpartnerschaftlichen Rahmenbedingungen und Verpflichtungen in der Europapolitik [...] durch den Bundesrat», indem sich dieser entschied, das Verhandlungsergebnis zum institutionellen Rahmenabkommen aufgrund offener Punkte bei den flankierenden Massnahmen und der Unionsbürgerrichtlinie vorerst nicht zu paraphieren. Nun müsse der sozialpartnerschaftliche Konsens wiederhergestellt werden, bevor eine breite inländische Abstützung für weitere Schritte hin zu einem guten bilateralen Verhältnis hergestellt werden könne, so die APK-NR. Es brauche ein «inländisches Commitment» zwischen Sozialpartnern und jenen Parteien, die an einer Weiterführung des institutionellen Verhältnisses mit der EU interessiert seien, damit der Schutz der Löhne und des Sozialsystems in künftigen Abkommen gesichert seien. Eine Kommissionsminderheit Portmann (fdp, LU) beantragte die Ablehnung der Motion.

In seiner Stellungnahme anerkannte der Bundesrat zwar die Bedeutung der Sozialpartner in der Europapolitik, hielt jedoch entgegen, dass er deren Anliegen bereits bei den Verhandlungen über das InstA Rechnung getragen habe. Sie seien auch in allen Verhandlungsschritten involviert gewesen, unter anderem bei der 2019 durchgeführten Konsultation. Ab Mitte 2019 habe man die Sozialpartner zudem bei der Lösungssuche in den drei noch offenen Punkten miteinbezogen. Auch nach dem Abbruch der Verhandlungen seien ihre Positionen berücksichtigt worden, zuletzt bei einem Austausch mit Bundesrätin Keller-Sutter und Bundesrat Parmelin im Mai 2022.
Zur zweiten Forderung – der Information des Parlaments – erklärte der Bundesrat, dass die aussenpolitischen Kommissionen laufend über europapolitische Aktualitäten informiert und gegebenenfalls sogar konsultiert würden. Eine regelmässige Berichterstattung im Parlament würde jedoch die Schweizer Verhandlungspositionen offenlegen und damit die Verhandlungsposition der Schweiz schwächen. Zusätzliche Schutzklauseln seien nicht nötig, da die Schweiz bereits jetzt für den Fall von «schwerwiegenden wirtschaftlichen oder sozialen Störungen» temporär vom FZA abweichende Massnahmen ergreifen könne, sofern die EU damit einverstanden sei. Der Bundesrat beantragte dementsprechend die Ablehnung der Motion.

In der Herbstsession 2022 befasste sich der Nationalrat mit der Motion seiner aussenpolitischen Kommission. Gerhard Pfister (mitte, ZG) erklärte im Namen der APK-NR, dass ein europapolitischer Konsens zwischen Sozialpartnern und Parteien der Grundstein für eine glaubwürdige und verbindliche Verhandlungsposition der Schweiz darstelle. Nur so könne eine erarbeitete Lösung auch einem allfälligen Referendum standhalten. Hans-Peter Portmann (fdp, ZH) forderte den Nationalrat im Namen seiner Minderheit hingegen auf, den Kommissionsvorstoss abzulehnen. Er resümierte, dass die Arbeitgeberschaft zu Konzessionen bereit sei, während die Gewerkschaften nicht von ihrer Maximalforderung abrückten, den gesamten Personenfreizügigkeitskreis von der Streitschlichtung auszunehmen. Er warb daher dafür, dass man auch ohne Gewerkschaften eine Mehrheit der Schweizer Bevölkerung für gute flankierende Massnahmen gewinnen könne. Bundesrat Parmelin stellte zu Beginn seiner Stellungnahme klar, dass die Einbeziehung aller relevanten Interessengruppen in der Europapolitik grosses Gewicht besässe. Die im Motionstext erwähnte Aufkündigung der sozialpartnerschaftlichen Rahmenbedingungen sei denn auch nicht einseitig gewesen. Er versprach, dass der Gesamtbundesrat den Dialog mit den Sozialpartnern im Hinblick auf die zukünftigen Verhandlungen mit der EU fortführen werde, und beantragte die Ablehnung der Motion. Die grosse Kammer nahm diese mit 104 zu 80 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) gegen der Willen der SVP- und der FDP.Liberalen-Fraktion jedoch an.

Sozialpartnerschaftliche Lösungen im EU-Dossier (Mo. 22.3871)

In der Herbstsession 2022 behandelte der Nationalrat ein Postulat seiner aussenpolitischen Kommission, welches sich mit den «Unterschiede[n] zwischen dem Schweizer und dem EU-Recht im Bereich des Arbeitnehmerschutzes» beschäftigte. Die APK-NR verlangte vom Bundesrat einen Bericht, in dem dieser aufzeigen sollte, welche Anpassungen nötig wären, um das Schweizer Recht im Bereich des Arbeitnehmendenschutzes demjenigen der EU anzugleichen. Ausserdem sollte der Bericht aufzeigen, ob eine derartige Angleichung den Arbeitnehmendenschutz verbessern oder verschlechtern würde. Kommissionssprecher Molina (sp, ZH) erklärte, dass der Bundesrat nach dem Abbruch der Verhandlungen über das Rahmenabkommen autonome Anpassungen des nationalen Rechts an dasjenige der EU geprüft habe, sich dabei aber auf die fünf vom damaligen InstA betroffenen Marktzugangsabkommen beschränkt habe. Die APK-NR wolle jedoch diese Untersuchungen auf weitere Bereiche ausweiten. Seine Kommissionskollegin Bulliard-Marbach (mitte, FR) fügte an, dass das Parlament eine gute Entscheidungsgrundlage für die anstehenden Verhandlungen mit der EU benötige und die Themen Personenfreizügigkeit und Arbeitnehmendenschutz im Mittelpunkt der Diskussionen stehen dürften. Eine Kommissionsminderheit Portmann (fdp, ZH) beantragte der grossen Kammer, den Vorstoss abzulehnen. Portmann vertrat die Ansicht, dass der Sozialbereich nicht Teil der Binnenmarktabkommen mit der EU sei und die Schweiz zurzeit eine liberale Regulierung des Arbeitsmarktes praktiziere. Eine derartige Analyse sei dementsprechend nicht relevant. Der Minderheitssprecher bezeichnete das Postulat als «Frontalangriff auf unseren noch halbwegs liberalen Arbeitsmarkt» und fürchtete sich vor einem «sozialistischen Arbeitsmarkt». Auch der Bundesrat zweifelte den Nutzen des Postulates an, da eine derartige Analyse lückenhaft ausfallen würde. Bundesrat Guy Parmelin wies darauf hin, dass das Schweizer System auf einer starken Sozialpartnerschaft und einem gemeinsamen Dialog mit allen Anspruchsgruppen beruhe, mithilfe derer man spezifische Branchenlösungen suche. Man beobachte die Entwicklungen im EU-Recht aufmerksam und berücksichtige diese, sofern sie zur Erreichung der Schweizer Ziele beitragen. Der Nationalrat stimmte schliesslich mit 90 zu 90 Stimmen (bei 1 Enthaltung) nach Stichentscheid von Nationalratspräsidentin Irène Kälin (gp, AG) für die Annahme des Postulats. SP, Grüne und Grünliberale stimmten dafür, SVP und FDP dagegen, die Mitte zeigte sich gespalten.

Unterschiede zwischen dem Schweizer und dem EU-Recht im Bereich des Arbeitnehmerschutzes

Der Ständerat befasste sich in der Herbstsession 2022 mit dem vom Bundesrat beantragten Beitritt zu sechs ERIC-Forschungsinfrastrukturnetzwerken und der damit einhergehenden Änderung des FIFG. Wie Benedikt
Würth (mitte, SG) erläuterte, beantragte die WBK-SR einstimmig, der Vorlage zuzustimmen. Der Beitritt zu diesen Netzwerken ermögliche Schweizer Forschenden die Zusammenarbeit mit europäischen Partnern in Bereichen, die von grosser gesellschaftlicher Relevanz seien. Forschungsminister Parmelin ergänzte, dass der Beitritt zu diesen Forschungsinfrastrukturen die Nicht-Assoziation an Horizon Europe nicht kompensieren könne, die Mitgliedschaft jedoch einen wichtigen Schritt auf dem Weg hin zu einer verstärkten Verbindung und Integration in die europäische Forschungslandschaft darstelle. Die kleine Kammer genehmigte den Bundesbeschluss über den Beitritt der Schweiz zu den sechs Forschungsinfrastrukturnetzwerken sowie die Änderung des FIFG jeweils einstimmig.

Beitritt der Schweiz zu sechs internationalen ERIC-Forschungsinfrastrukturnetzwerken und Änderung des FIFG
Dossier: Erasmus und Horizon

In der Sommersession 2022 nahm der Nationalrat Kenntnis vom Aussenpolitischen Bericht 2021. APK-NR-Sprecher Hans-Peter Portmann (fdp, ZH) bedankte sich bei Aussenminister Cassis für den «aussagekräftigen Bericht und für die mehrheitlich kohärente Umsetzung der aussenpolitischen Strategie des Bundesrates». In Bezug auf den Abbruch der Verhandlungen über das Rahmenabkommen habe der Bundesrat im Bericht erläutert, dass nur in zwei zentralen Bereichen des Abkommens substanzielle Differenzen – beim Lohnschutz und der Auslegung des Freizügigkeitsabkommens – bestanden hätten, wobei die EU nicht bereit gewesen sei, der Schweiz die nötigen Ausnahmen zu gewähren. Eine Minderheit der Kommission unterstütze den Abbruchsentscheid des Bundesrats, obwohl sie nie zu dieser Entscheidung konsultiert worden sei, teilte Portmann mit. Die Mehrheit der Kommission habe sich sehr kritisch darüber geäussert, dass sich der Bundesrat in seinem Bericht – rund zehn Monate nach Verhandlungsabbruch – nach wie vor optimistisch zeige, dass die Freigabe des geschuldeten Kohäsionsbeitrags und der autonome Nachvollzug von EU-Recht zu einer Stabilisierung der bilateralen Beziehungen führen könnten. Portmann monierte, dass diesen Aussagen eine «totale Fehleinschätzung seitens des Bundesrates zugrunde liegt», der die Erosion der bilateralen Verträge nicht wahrhaben wolle.
Ein weiteres Kapitel des Berichts widmete sich dem Thema «Frieden und Sicherheit». Darin ging es vor allem um das Engagement der Schweiz auf multilateraler Ebene, unter anderem in der UNO. Angesichts der erfolgreichen Wahl in den UNO-Sicherheitsrat wünschten sich verschiedene Kommissionsmitglieder, dass die Schweiz weiterhin an der Reform für eine UNO ohne Vetorecht arbeite und dazu beitrage, eine Vereinigung von mittelgrossen und kleinen Staaten mit ähnlich gelagerten Anliegen und Wertehaltungen zu schaffen, so Portmann. Weitere Minderheiten der APK-NR forderten vom Bundesrat die Unterzeichnung des Atomwaffenverbotsvertrags und eine aktivere Politik im UNO-Menschenrechtsrat. Trotz der durchaus auch kritischen Stimmen beantragte die APK-NR den Bericht einstimmig zur Kenntnisnahme. Denis de la Reussille (pda, NE), ebenfalls Kommissionssprecher, lobte seinerseits den Bericht und hob die Bedeutung der Armutsbekämpfung und des Zugangs zu Wasser in den kommenden Jahren hervor.
Verschiedene Fraktionssprecherinnen und -sprecher drückten anschliessend ihren Unmut über den Abbruch der InstA-Verhandlungen mit der EU und die daraus erwachsenen negativen Konsequenzen in Form von fehlender Teilnahme an wichtigen Kooperationsprogrammen wie Erasmus und Horizon aus. Sie kritisierten auch die fehlenden Bemühungen des Bundesrats, die Beziehungen schnellstmöglich zu verbessern, beispielsweise durch die Aushandlung eines neuen Rahmenabkommens.
Bundesrat Cassis fühlte sich angesichts der insgesamt doch eher positiven Einschätzungen des Berichts in der Wahl eines neuen methodischen Ansatzes innerhalb des EDAs bestätigt, wie er in der Folge erklärte. Dieser neue Ansatz beinhaltete einerseits die engere Kooperation zwischen den sieben Departementen bei der Gestaltung der Aussenpolitik, die er zu Beginn der Legislatur in der Aussenpolitischen Strategie 2020-2023 angekündigt hatte, und andererseits die Entscheidung, den aussenpolitischen Bericht möglichst knapp zu halten. Zur Kritik an der EU-Politik des Bundesrats bezog der Bundespräsident hingegen keine Stellung. Der Nationalrat nahm den Bericht auf Antrag seiner Kommission zur Kenntnis.

Aussenpolitischer Bericht 2021
Dossier: Aussenpolitische Berichte (ab 2009)

In der Frühjahrssession 2022 beschäftigte sich der Nationalrat mit der parlamentarischen Initiative Molina (sp, ZH) zur Einführung einer Rechtsgrundlage für gezielte Sanktionen bei schweren Menschenrechtsverletzungen und Korruption durch hochrangige Politiker und Politikerinnen. Die APK-NR hatte der Initiative im Vorfeld der Session mit 13 zu 10 Stimmen (bei 1 Enthaltung) Folge gegeben. Kommissionssprecher und Initiant Fabian Molina argumentierte, dass die Sanktionen der europäischen Länder in Reaktion auf den russischen Angriff auf die Ukraine Wirkung gezeigt hätten. Sanktionen seien das einzige Mittel zwischen Krieg und Frieden, um «Regelbrecher zur Raison zu bringen». Um die Zivilbevölkerung dadurch aber nicht zu schädigen, müsse man «smart sanctions» nutzen, die gezielt die Verantwortlichen von Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen strafen. Die Schweiz tue sich generell schwer mit der Übernahme von Sanktionen, es fehle aber auch die rechtliche Grundlage für eigenständige Sanktionen, erläuterte Molina. Molina bezeichnete den Umstand, dass die Schweiz UNO-Sanktionen und Massnahmen der OSZE und der EU übernehmen müsse als «nicht neutral und noch weniger souverän». Die APK-NR habe daher auch bei der Revision des Embargogesetzes einen Artikel vorgeschlagen, der es dem Bundesrat bei Menschenrechtsverletzungen erlauben soll, eigenständige Sanktionen gegen Personen oder Entitäten anzuordnen. Hans-Peter Portmann (fdp, ZH) kritisierte Molina dafür, dass er die Forderung seiner parlamentarischen Initiative bereits im Embargogesetz eingebracht habe und somit dem Rat zweimal das gleiche Anliegen vorlege und forderte den Rückzug der Initiative. Fabian Molina erklärte, dass dies gemäss Parlamentsrecht nicht möglich sei, weil sie bereits in der Kommission beraten worden war, er wolle aber insbesondere auch im Hinblick auf die Beratung im Ständerat an der Initiative festhalten. Eine Kommissionsminderheit Nidegger (svp, GE) forderte die Ablehnung der Initiative, einerseits weil der Begriff «Menschenrechtsverbrechen» eine Verurteilung nach eingehender Untersuchung voraussetzen würde, andererseits weil die Schweiz dadurch zur aktiven Akteurin im Sanktionsbereich und somit zu einer an internationalen Konflikten beteiligten Partei werden würde. Nidegger befürchtete auch, dass der Rechtsstaat geschwächt werden könnte und die Schweiz im Ausmass der Sanktionen sogar weiter gehen könnte, als die UNO und die wichtigsten Handelspartner. Der Minderheitsführer argumentierte in der Ratsdebatte, dass nur Staaten als Völkerrechtssubjekte das Völkerrecht verletzen könnten und daher auch nur Staaten Gegenstand von Sanktionen sein könnten. Der Nationalrat gab der Initiative schliesslich mit 104 zu 74 Stimmen (bei 5 Enthaltungen) Folge. Die SVP-Fraktion, sowie die FDP.Liberale-Fraktion stimmten fast geschlossen dagegen.

Einführung einer Rechtsgrundlage für gezielte Sanktionen bei schweren Menschenrechtsverletzungen und Korruption durch hochrangige Politiker und Politikerinnen (Pa.Iv. 19.501)

Lors de la session d'automne 2020, une motion de la sénatrice verte Maya Graf (BL) demandant une adaptation des droits de propriété intellectuelle pour la sélection végétale avait été renvoyée en commission pour discussions. A l'issue de celles-ci, une majorité de la CSEC-CE a décidé de déposer une motion alternative pour renforcer la transparence dans le domaine des brevets sur les plantes. La solution proposée par la commission est un compromis qui récolte le soutien tant du Conseil fédéral que de différentes organisations agricoles et de consommateurs. Pour le développement de nouvelles variétés végétales, les obtenteurs doivent pouvoir facilement savoir si les variétés qu'ils utiliseront pour débuter leurs recherches sont protégées par un brevet ou par une protection des obtentions végétales. Au nom de la commission, Benedikt Würth (centre, SG) a longuement expliqué la distinction entre les deux et les conséquences en cas d'utilisation par un tiers d'une variété protégée soit par l'un soit par l'autre. En effet, le droit fédéral distingue entre variétés obtenues grâce à des solutions technologiques, par modification du génome par exemple, (protégées par les brevets) et variétés obtenues par le biais de procédés classiques (variétés qui tombent sous la protection des obtentions végétales). Les registres manquent aujourd'hui de clarté à cet égard, ce qui complique le travail des entreprises développant de nouvelles variétés. La majorité de la commission estime donc qu'offrir de meilleures conditions-cadres permettra de renforcer l'innovation dans ce domaine. Pour la minorité, représentée par Matthias Michel (plr, ZG) et Andrea Gmür-Schönenberger (centre, LU), cette modification n'est pas nécessaire car la plupart des variétés proviennent du marché européen, dans le cadre duquel il existe des plateformes qui font la transparence sur le droit appliqué sur les différentes variétés vendues. La minorité redoute également que la Suisse soit un îlot en la matière au milieu de l'Europe si elle adapte sans concertation sa législation. Cela n'aura pas suffi à convaincre la chambre haute, qui a accepté, par 28 voix contre 10, la motion de la commission.

Davantage de transparence dans le domaine des brevets sur les plantes (Mo. 22.3014)

Der Ständerat behandelte in der Wintersession ein Postulat der grünen Baselbieter Ständerätin Maya Graf. Sie wollte damit vom Bundesrat einen Bericht verlangen zur Frage, welche Optionen es für die «verbindliche Beteiligung der Kantone» an bestimmten aussenpolitischen Entscheidungen gibt. Namentlich sollte es um Entscheidungen gehen, die direkte Auswirkungen auf die Exportbranchen der Kantone, auf essenzielle Wirtschaftszweige der Schweiz, auf den Bildungs- und Forschungsstandort oder auf den täglichen grenzüberschreitenden Austausch haben. Die Postulantin begründete ihren Vorstoss damit, dass in vielen Themenfeldern der Bedarf nach grenzüberschreitenden Regelungen sowie nach einer dynamischen Rechtsübernahme wachse, wie etwa die – einige Monate vor der Einreichung des Postulats abgebrochenen – Verhandlungen über ein Rahmenabkommen mit der EU gezeigt hätten. Ein vermehrter Einbezug der Kantone dränge sich deshalb auf, denn eine verstärkte aussenpolitische Zusammenarbeit erfordere erstens eine breitere innenpolitische Legitimation und betreffe zweitens auch kantonale Kompetenzen und Aufgabenbereiche stark. Mit Graf und ihren sechs Mitunterzeichnenden standen Ständeratsmitglieder aus sieben verschiedenen Grenzkantonen und vier verschiedenen Fraktionen hinter dem Postulat.
Der Bundesrat beantragte die Ablehnung des Vorstosses, denn die Mitwirkungsrechte der Kantone seien in der Bundesverfassung und im Bundesgesetz über die Mitwirkung der Kantone an der Aussenpolitik des Bundes schon ausreichend geklärt: Grundsätzlich sei die Aussenpolitik Sache des Bundes, er müsse aber die Kantone bei der Vorbereitung von Entscheiden, die deren Zuständigkeiten oder wesentlichen Interessen betreffen, einbeziehen. Dies geschehe insbesondere mit dem Instrument der Anhörung. Die Stellungnahmen der Kantone seien für den Bund zwar nicht verbindlich, er müsse sie aber berücksichtigen und den Kantonen bei abweichenden Entscheiden seine Gründe darlegen. Was das Rahmenabkommen betreffe, habe der Bundesrat im Übrigen die Annahme der gleichlautenden Motionen 19.3167 und 19.3170 beantragt, die für den Fall einer Unterzeichnung des Abkommens eine gesetzliche Grundlage für ein Mitsprachrecht der Kantone bei der dynamischen Übernahme von EU-Recht gefordert hätten.
Bei den Verhandlungen im Ständerat in der Wintersession 2021 betonte die Postulantin Maya Graf, dass die Aussenpolitik in der heutigen hochgradig verflochtenen Welt und in einer föderalen Demokratie nicht einfach Sache des Bundes sein könne. Die Kantone seien nicht reine Umsetzungsinstanzen international verhandelter Themen, sondern bei zahlreichen Themen in ihren eigenen Kompetenzbereichen betroffen, so etwa in der Gesundheitspolitik, der Verkehrspolitik oder der Energiepolitik. Blosse Anhörungen seien vor diesem Hintergrund nicht ausreichend, zumal bereits die Bundesverfassung festhalte, dass der Bund bei der Aussenpolitik «Rücksicht auf die Zuständigkeiten der Kantone [nehmen] und ihre Interes­sen [wahren]» müsse und dass die Kantone dann, «wenn sie in ihren Zuständigkeiten betroffen sind, [...] in geeigneter Weise an internationalen Verhandlungen mit[wirken].» Eine solche besondere Betroffenheit liege insbesondere bei stark vernetzten Grenzkantonen oft vor. Letztlich verlange das Postulat bloss einen Bericht über die Möglichkeiten zur Umsetzung dessen, was bereits in der Verfassung stehe.
Unterstützung erhielt Graf von den Mitte-Vertretern Charles Juillard (mitte, JU) und Benedikt Würth (mitte, SG). Juillard fand, dass sich die Frage des angemessenen Einbezugs der Kantone keineswegs auf das Rahmenabkommen beschränkt habe, sondern sich auch in Zukunft bei vielen weiteren Abkommen stellen werde. Würth betonte, die Mitwirkung der Kantone sei eine Kompensation dafür, dass die Aussenpolitik dazu tendiere, Themen national zu steuern, die eigentlich auf kantonaler Ebene angesiedelt sind. Das Gesetz regle bisher aber nur den Einbezug der Kantone bei Verhandlungen klar. Aussenpolitik finde jedoch auch dann statt, wenn – wie derzeit nach der Beerdigung des Rahmenabkommens – keine Verhandlungen liefen. Der vom Postulat geforderte Bericht solle deshalb zeigen, wie die Kantone auch in einer solchen Situation besser einbezogen werden können. In der Vergangenheit habe es beispielsweise immer wieder Diskussionen dazu gegeben, wie der Bundesrat die Kantone bei Sondierungen einzubeziehen hat, die im Vorfeld von Verhandlungen stattfinden; hier seien durchaus noch Fragen offen.
Aussenminister Ignazio Cassis vertrat sodann den Ablehnungsantrag des Bundesrats. Er gab Würth Recht, dass die Mitwirkung der Kantone bei der generellen Aussenpolitik heute weniger klar geregelt sei als bei Verhandlungen. Allerdings gebe es Gefässe wie den föderalistischen Dialog oder den Europa-Dialog, über welche die Kantone mitwirken könnten und ein ständiger Austausch gepflegt werde. Bei den Beziehungen mit der EU kämen noch zwei weitere Mechanismen hinzu, in denen die Kantone und der Bund bereits kooperierten: erstens die sogenannte kleine Aussenpolitik, also die grenzüberschreitende Zusammenarbeit auf subnationaler Ebene; zweitens gebe es drei Mitarbeitende im EDA, die von der KdK delegiert und bezahlt werden, die aber vollwertig in die Arbeiten der EDA-Abteilung Europa in Bern sowie in Brüssel integriert seien. Ohnehin seien die Kantone auch in der Aussenpolitik die wichtigsten institutionellen Partner des Bundesrats, und dieser könne faktisch «kaum etwas tun, wenn die Kantone dagegen sind». Eine Auslegeordnung in einem Bericht könne man immer machen, aber der Bundesrat sehe beim Einbezug der Kantone keinen Handlungsbedarf – anders wäre dies bei einem Wechsel zu einer dynamischen Übernahme von EU-Recht gewesen, doch dies stehe nach dem Scheitern des Rahmenabkommens nun ja nicht mehr auf der Tagesordnung.
In der Abstimmung folgte schliesslich eine hauchdünne Mehrheit des Ständerats dem Bundesrat – mit 22 Nein- zu 21 Ja-Stimmen bei einer Enthaltung wurde das Postulat abgelehnt.

Verbindliche Beteiligung der Kantone an der aussenpolitischen Entscheidungsfindung des Bundesrates (Po. 21.4192)
Dossier: Mitwirkung der Kantone in der Aussenpolitik

Ende Oktober 2021 berichtete der Tages-Anzeiger, dass Aussenminister Cassis Mitte November für einen Arbeitsbesuch nach Brüssel reisen werde, um sich ein erstes Mal mit dem neuen EU-Verantwortlichen für das Schweiz-Dossier – Maroš Sefčovič – zu treffen. Wie Cassis selbst auf Twitter bekannt gab, diente das Treffen dazu, sich gegenseitig kennen zu lernen und über die Zukunft der bilateralen Beziehungen zu sprechen. Wie der Tagesanzeiger berichtete, sei aus EU-Kreisen zu vernehmen, dass die Schweiz nach dem Abbruch der Verhandlungen über das Rahmenabkommen bei der EU an Priorität eingebüsst habe, daran habe auch die Freigabe der zweiten Kohäsionsmilliarde wenig geändert. Etwas anders präsentierte sich die Erwartungshaltung des Bundesrats. Im Vorfeld des Arbeitsbesuchs äusserte sich Cassis in einem Interview mit der NZZ zur EU-Politik der Schweiz und erwartete nach dem positiven Signal der Schweiz mit dem Kohäsionsbeitrag nun eine Reaktion der EU. Darüber hinaus gab er sich jedoch sehr bedacht und warnte, dass man «nicht noch einmal in die gleiche Falle» wie 2013 tappen dürfe, als die Schweiz «Verhandlungen nach dem Prinzip Hoffnung» aufgenommen habe und sich nicht sicher gewesen sei, was sie wolle und zu welchem Preis. Auf die Frage, ob die Schweiz im Gegenzug für den nächsten Kohäsionsbeitrag die Assoziierung bei der Forschungszusammenarbeit fordere, antwortete Cassis, dass man diese «Logik der gegenseitigen Bedingungen» beenden wolle. Cassis dämpfte in seinem NZZ-Interview die Erwartungen an das bevorstehende Treffen und erklärte, man brauche «Zeit, um ohne Druck innenpolitisch unsere Prioritäten zu klären».
Unterdessen drückten immer mehr Parteien und Vertretende aus der Zivilgesellschaft und Wirtschaft ihre Unzufriedenheit mit dem Vorgehen des Bundesrats aus. Dessen dreiteilige Strategie – Kohäsionsmilliarde freigeben, politischen Dialog stärken, einseitige Anpassung von Schweizer Recht – dürfte erst 2024 zu weiteren Verhandlungen führen, konstatierte die Aargauer Zeitung. Sie berichtete auch, dass ungenannte kritische Stimmen Cassis vorwerfen würden, sich vor den Wahlen 2023 nicht «die Finger an diesem toxischen Dossier» verbrennen zu wollen. Das dauere vielen Parteien, darunter den Grünen und den Grünliberalen, und Interessensgruppen, unter anderem der Operation Libero, zu lange. Ständerat Würth (mitte, SG) forderte vom Bundesrat vor allem angesichts der Probleme bei der Forschungskooperation und der Stromversorgung schnellere Lösungen.
Einige Tage vor dem Arbeitsbesuch von Ignazio Cassis reiste Bundespräsident Parmelin nach Brüssel, wo er sich mit Amtskollegen der EFTA- und EU-Staaten traf. Gegenüber den anwesenden Medienschaffenden erklärte er die Vollassoziierung am Forschungsprogramm Horizon Europe als Hauptziel der kommenden Gespräche zwischen der Schweiz und der EU. Das könnte sich als schwierig erweisen, hielt der Tages-Anzeiger fest, denn die EU verknüpfe Kooperationsfragen neuerdings auch mit den institutionellen Marktzugangsfragen, was zu einer schwierigen Verhandlungslage führe. Hinsichtlich regelmässiger Kohäsionszahlungen in der Zukunft meinte Parmelin, dass man alles diskutieren könne. Das Treffen zwischen Cassis und seinem EU-Ansprechpartner sei eine «erste Kontaktmöglichkeit», der Gesamtbundesrat werde zu einem späteren Zeitpunkt konkrete Vorschläge machen müssen, wie es nach dem InstA-Aus weitergehen soll.

Das Treffen zwischen Cassis und Sefčovič fand am 15. November statt und wie angekündigt wurde insbesondere über die Assoziierung an Horizon 2021-2027 und Erasmus+ gesprochen. Cassis bezeichnete diesbezüglich die Verknüpfung von Marktzugangs- und Kooperationsabkommen als kontraproduktiv und unverständlich. In Bezug auf die Freigabe des zweiten Kohäsionsbeitrags zeigte sich Sefčovič erfreut und die beiden Parteien einigten sich auf technischer Ebene auf ein Memorandum of Understanding über das weitere Vorgehen. Das sei ein positives Zeichen, stellte die NZZ fest, habe doch die EU im Vorfeld regelmässige Zahlungen als «Eintrittsticket» für den Binnenmarkt verlangt, während die Schweiz die Zahlungen als freiwilligen Beitrag für die osteuropäischen Staaten verstanden habe. Abschliessend bekräftigten beide Seiten die Bedeutung der bilateralen Beziehungen und hoben den Willen zu einer konstruktiven Zusammenarbeit hervor. Man einigte sich darauf, am Rande des WEF 2022 über eine bis dahin zu erarbeitende Standortbestimmung und eine gemeinsame Agenda zu diskutieren, um strittige Punkte wie die Streitbeilegung und die Rechtsübernahme angehen zu können.
Die Schweizer Medien reagierten mit gemischten Gefühlen auf die Ergebnisse des Treffens. Die lange Dauer der Besprechung – statt der geplanten Stunde erstreckte sich das Gespräch schliesslich über zwei Stunden – wurde unterschiedlich interpretiert: wahlweise als gutes Zeichen oder als Folge neuer Probleme. Der Tages-Anzeiger sah in der harten Wortwahl des EU-Kommissars im Nachgang des Treffens ein Zeichen für die nach wie vor angespannte Beziehung. Bezeichnend dafür sei auch die Feststellung von Ignazio Cassis, dass man die vergangenen Monate unterschiedlich wahrgenommen habe. Der Tages-Anzeiger mutmasste auch, dass das angekündigte Treffen am WEF als neue Frist der EU verstanden werden könne, insbesondere weil Sefčovič ankündigte, dass man dann sehen werde, ob aufseiten der Schweiz ein «ernsthafter politischer Wille» vorhanden sei. Sefčovič machte auf jeden Fall deutlich, dass der abrupte Abbruch der Verhandlungen zu einer Vertrauenskrise geführt habe und die EU vom Bundesrat ein «klares politisches Signal» erwarte, bevor man über Fragen wie die Teilnahme an Horizon Europe nachdenken könne. Gegenüber dem Tages-Anzeiger hielt Sefčovič am horizontalen Verhandlungsansatz der EU fest und lehnte es ab, institutionelle Fragen für jedes Abkommen einzeln zu lösen: Die Roadmap, die am WEF besprochen werden soll, müsse folglich die Schlüsselfragen zur dynamischen Rechtsübernahme, den Staatsbeihilfen, der Streitschlichtung und einem Mechanismus für regelmässige Kohäsionsbeiträge angehen. Die NZZ gab sich dementsprechend pessimistisch und stellte fest, dass man in den bilateralen Beziehungen etwa gleich weit sei wie vor Abbruch der Verhandlungen, beide Seiten würde immer noch aneinander vorbeireden. Diese Kritik machte sie auch an Cassis' abweichender Darstellung des Treffens fest. Dieser meinte beispielsweise, das Parlament habe mit der Freigabe der Kohäsionsmilliarde bereits das stärkstmögliche Signal gesendet und der Bundesrat würde bis Januar 2022 nichts darüber hinaus tun. In Bezug auf die offengebliebenen Fragen der Personenfreizügigkeit habe er seinem Gegenüber klar gemacht, dass man diesbezüglich nicht weiterkommen werde, denn schliesslich habe die Schweiz nicht zuletzt aufgrund dieser Differenzen die Verhandlungen über das Rahmenabkommen abgebrochen.

Aussenminister Cassis reiste für einen Arbeitsbesuch nach Brüssel
Dossier: Beziehungen Schweiz–EU, institutionelle Frage

Im August 2021 brachte der Bundesrat mit der vorgeschlagenen Anpassung der Bundesbeschlüsse über den zweiten Schweizer Beitrag an ausgewählte EU-Mitgliedstaaten Bewegung in die Diskussionen um den seit 2019 eingefrorenen Beitrag in Höhe von CHF 1302 Mio. (inklusive CHF 65 Mio. Eigenaufwand der Bundesverwaltung). Nach der Aberkennung der Börsenäquivalenz durch die EU hatten sich die beiden Räte dafür ausgesprochen, die Auszahlung des Beitrags zu blockieren, bis vonseiten der EU keine diskriminierenden Massnahmen mehr in Kraft seien. In seiner Botschaft liess der Bundesrat jedoch verlauten, dass man nach dem Abbruch der Verhandlungen über das institutionelle Rahmenabkommen den bilateralen Weg fortführen und daher den Schweizer Beitrag «ohne europapolitische Bedingungen» freigeben wolle. Die Freigabe würde auch beweisen, dass die Schweiz eine verlässliche Partnerin bleibe, erklärte der Bundesrat. Dafür müsse das Parlament die Bundesbeschlüsse zu den Rahmenkrediten Kohäsion (CHF 1047 Mio.) und Migration (CHF 190 Mio.) möglichst bald – vorzugsweise noch in der Herbstsession 2021 – freigeben. Der Bundesrat wolle durch diesen Schritt den Beziehungen zur EU neue Impulse verleihen und Fortschritte in weiteren Dossiers ermöglichen, beispielsweise bei der Weiterführung der Assoziierung an das Forschungsprogramm Horizon Europe. Zudem sei eine rasche Freigabe des Rahmenkredits wichtig, weil dessen gesetzliche Grundlage bis Ende 2024 befristet sei. Basierend auf den Erfahrungen des ersten Beitrags schätzte der Bundesrat, dass die Verpflichtung der Mittel ungefähr drei Jahre brauche, weshalb eine spätere Freigabe die Vollständigkeit der Verpflichtung bedrohe. Für die Umsetzung der Auszahlung plane man zudem ein MoU zu vereinbaren, um eine Grundlage für den Abschluss der bilateralen Umsetzungsabkommen mit den Empfängerstaaten zu schaffen.
Die AZ gab tags darauf zu bedenken, dass der Zeitplan des Bundesrats illusorisch sei, da sich der Ständerat erst am letzten Sessionstag mit dem Geschäft auseinandersetze, weshalb es erst in der Wintersession in den Nationalrat gelangen könne. Zahlreiche Parlamentarier und Parlamentarierinnen äusserten sich gegenüber den Medien zwar wohlwollend zu den Plänen des Bundesrats, zeigten gegenüber dem zeitlichen Drängen jedoch wenig Verständnis. Ständerat Würth (mitte, SG) meinte, dass eine Abweichung von der Verfahrensordnung vom Bundesrat begründet werden müsse. Auch Ständeratspräsident Kuprecht (svp, SZ) teilte mit, dass das Ständeratsbüro ein dringliches Verfahren für unnötig erachte. Ähnlich klang es vonseiten der Mitte, bei der Parteipräsident Pfister (mitte, ZG) den Entscheid der EU-Kommission zur zukünftigen Schweiz-Politik abwarten wollte, wie die NZZ berichtete. Die FDP-Fraktion unterstützte zwar die Absichten des Bundesrats, liess jedoch auch Kritik an dessen Kurs anklingen. Nationalrat Portmann (fdp, ZH) verlangte Vorschläge für das weitere Vorgehen zur Entspannung der Beziehung Schweiz-EU. Auch sein Parteikollege Damian Müller (fdp, LU) erwartete, dass der Bundesrat zuerst aufzeige, welche Ziele mit der EU angestrebt werden und wie eine Gesamtstrategie aussehen solle.

Der zweite Schweizer Beitrag an ausgewählte EU-Mitgliedstaaten (Zweite Kohäsionsmilliarde)
Dossier: Schweizer Beitrag an die erweiterte EU

In der Sommersession 2021 nahmen beide Räte Kenntnis vom Bericht der Delegation bei der EFTA/Europäisches Parlament 2020. Dieser gab einen Überblick darüber, wie die Delegation die Bundesversammlung im EFTA-Parlamentarierkomitee vertrat und welche Anstrengungen sie im Rahmen der Pflege der Beziehungen zum Europäischen Parlament unternahm. Wie zu erwarten war, dominierte die Covid-19-Pandemie sämtliche Tätigkeiten der Delegation im Berichtsjahr. Für die EFTA-Staaten zeigte sich während der Krise, wie wichtig ihre Einbindung in das gesamteuropäische Krisenmanagement der EU war. Nebst der Erarbeitung von Modellkapiteln in den Bereichen Nachhaltigkeit und E-Commerce widmete sich die EFTA im Berichtsjahr vor allem der Verbesserung der Transparenz bei Freihandelsverhandlungen, insbesondere im Hinblick auf die bevorstehenden Verhandlungen mit Thailand und der Republik Moldau. Ein weiterer Themenschwerpunkt der EFTA-Parlamentarierversammlung waren die bilateralen Beziehungen zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU nach dem Brexit. Für die Schweiz werde es diesbezüglich vor allem wichtig sein, dafür zu sorgen, dass Schweizer Unternehmen im Vergleich zur europäischen Konkurrenz nicht benachteiligt werden, wurde im Bericht vermerkt.
Der bilaterale Austausch der Schweizer Delegation mit der entsprechenden EU-Delegation fand pandemiebedingt mehrheitlich virtuell statt. Anfang Oktober 2020 reiste die Delegation jedoch für einen Arbeitsbesuch nach Brüssel, wo sie sich mit Stefano Sannino – dem damaligen Chef-Unterhändler der EU – austauschte. Die Schweizer EFTA-/EU-Delegation beschäftigte sich im Berichtsjahr auch mit den Beteiligungsmöglichkeiten an den neuen Forschungs- und Innovationsprogrammen «Horizon Europe» und «Erasmus+». Im Vordergrund stand der Status von Drittstaaten, der neue Beitragsmechanismus und eine mögliche Verknüpfung in Abhängigkeit der Fortschritte beim institutionellen Rahmenabkommen.
Während im Nationalrat keine Voten abgegeben wurden, merkte Ständerat Benedikt Würth (mitte, SG) im Namen der APK-SR wohlwollend an, dass der Dialog zwischen den Parlamenten aufgrund der Delegation bereits institutionalisiert sei, während der Bundesrat sich noch immer darum bemühe, einen Dialog mit Brüssel zu implementieren.

Bericht der Delegation EFTA/Europäisches Parlament 2020
Dossier: Bericht der Delegation EFTA/Europäisches Parlament

Im Oktober 2019 befasste sich die FK-NR mit dem Verpflichtungskredit zur Weiterentwicklung des Schengen/Dublin-Besitzstands. Sie sprach sich für den Verpflichtungskredit aus, sofern die APK-NR die Schweizer Teilnahme an Schengen/Dublin weiterhin für unumgänglich halte. Die APK des Nationalrats beriet im November 2019 über die Botschaft des Bundesrats. Ein Antrag auf Sistierung des Geschäfts bis zur Klärung des institutionellen Abkommens und dessen Kosten, lehnte die Kommission mit 17 zu 8 Stimmen ab und nahm stattdessen die Vorlage in der Gesamtabstimmung mit der gleichen Stimmenzahl an. Sie fügte dieser jedoch eine Klausel hinzu, gemäss welcher der Kredit erst freigegeben werden kann, wenn das Parlament die gesetzlichen Grundlagen – vor allem im Bereich des Datenschutzes – dafür beschlossen hat.

Das Geschäft gelangte in der Wintersession in den Nationalrat, wo sich eine SVP-Ratsminderheit um Nationalrat Büchel (svp, SG) für die Sistierung des Kredits einsetzte. Bis die offenen Fragen zum institutionellen Abkommen mit der EU geklärt und die hohen Kosten überdacht seien, solle man die Kreditvergabe verschieben. Diese Haltung stiess bei den Vertreterinnen und Vertretern der anderen Parteien auf wenig Resonanz. Nationalrätin Schneider-Schneiter (cvp, BL) befand es für notwendig, die Informationssysteme auszubauen, und warf den Gegnerinnen und Gegnern der Vorlage vor, nicht wirklich Interesse an einer geregelten Migration und an einem effizienten Asylverfahren zu haben. Selbst Hans-Peter Portmann (fdp, ZH) nahm sich in seiner Kritik an der SVP-Fraktion nicht zurück und zeigte sich irritiert, dass die ansonsten «befreundete» SVP-Fraktion den Nutzen von Schengen/Dublin in den Bereichen Tourismus und Migration nicht erkenne. Darüber hinaus warf er ihr vor, Falschinformationen zu verbreiten. Denn das Rahmenabkommen sei vertraglich unabhängig von Schengen/Dublin. Der fragliche Kredit stelle einen weiteren Vollzug bereits getroffener Entscheide zur Weiterentwicklung der Informationssysteme dar. Konsequenterweise müsse der Nationalrat diesen also annehmen.
Die Minderheit erhielt für ihren Sistierungsantrag über die eigene Fraktionsgrenze hinaus keine Unterstützung und blieb mit 55 zu 138 Stimmen (bei zwei Enthaltungen) chancenlos. Mit 137 zu 6 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) folgte der Nationalrat schliesslich der Empfehlung seiner aussenpolitischen Kommission und übernahm dabei auch die vorgeschlagene Änderung.

Weiterentwicklung des Schengen/Dublin-Besitzstands. Verpflichtungskredit
Dossier: Dublin-Verordnung

In der Herbstsession 2019 gelangte das Geschäft zur Genehmigung der Beteiligung an der Europäischen Agentur für das Betriebsmanagement von IT-Grosssystemen in den Nationalrat. Die EU-Lisa ist für den Betrieb und die Weiterentwicklung zahlreicher zentraler Systeme des Schengenraums verantwortlich. Dazu gehören unter anderem das SIS, das Visa-Informationssysstem, die Fingerabdruck-Datenbank Eurodac und das Ein- und Ausreisesystem (EES). Hans-Peter Portmann (fdp, ZH), der Sprecher der APK-NR, wies darauf hin, dass die Schweiz seit 2012 als Beobachterin der Agentur an sämtlichen Projekten der EU-Lisa beteiligt sei und das Parlament der EU-Verordnung zur Errichtung der Agentur bereits zugestimmt habe. Gemäss der vorliegenden Vereinbarung solle die Schweiz sich zukünftig vollständig daran beteiligen und sich mit begrenztem Stimmrecht gleichberechtigt mit den EU-Mitgliedsstaaten engagieren können. Die Beteiligungskosten würden für die Schweiz wie bis anhin CHF 7-8 Mio. betragen, so Portmann weiter. Eine Kommissionsminderheit Estermann (svp, LU) hatte einen Nichteintretensantrag gestellt, obwohl man sich, so Estermann, der Vorteile des Abkommens bewusst sei. Jedoch sei die SVP-Delegation der Meinung, dass man keine weiteren Zahlungen an die EU leisten solle, solange man von dieser in verschiedener Hinsicht diskriminiert werde. Dieses Verhalten wurde von den anderen Ratsmitgliedern nicht goutiert. Walter Müller (fdp, SG) etwa befand das Ablehnen eines nach langer Verhandlung erarbeiteten Resultats für nicht konstruktiv. Der Rat beschloss mit 132 zu 51 Stimmen (bei 2 Enthaltungen), auf das Geschäft einzutreten, wobei nur Mitglieder der SVP-Fraktion dagegen stimmten, und nahm es kurz darauf mit 133 zu 49 Stimmen (bei 4 Enthaltungen) an. Auch in der Schlussabstimmung drei Tage später fiel das Ergebnis im Nationalrat mit 138 zu 52 Stimmen (bei 7 Enthaltungen) eindeutig und im Ständerat gar einstimmig aus.

Participation à l'agence européenne pour la gestion opérationnelle des systèmes d'information à grande échelle
Dossier: Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands, Errichtung von IT-Grosssystemen