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Ende Jahr publizierten 19 hochkarätige Wirtschaftsfachleute um den ehemaligen Diplomaten und ABB-Kopräsidenten David de Pury ein "Weissbuch", in welchem sie nicht nur eine weitestgehende Deregulierung im Wirtschaftsgeschehen, sondern auch eine völlige Neukonzeption der sozialen Sicherheit postulierten. Deren Leistungen sollten nur noch nach streng gehandhabten Bedürfnisklauseln ausgerichtet werden. Insbesondere plädierten sie für eine Aufhebung der beruflichen Vorsorge und für eine AHV, die lediglich das Existenzminimum sichern würde. Die Beibehaltung des bisherigen Lebensstandards im Alter - nach heutiger Auffassung in erster Linie Aufgabe der 2. Säule - sollte hingegen rein der privaten Vorsorge, d.h. allein den Arbeitnehmern überlassen bleiben. Privatisieren wollten die Unternehmer auch die Arbeitslosenversicherung, obgleich die Privatversicherer angesichts der nicht kalkulierbaren Risiken bereits vor Jahren diese Idee abgelehnt hatten.

Publikation "Weissbuch"

Dank der im Vorjahr vom Parlament im Rahmen der dringlichen Entlastungen im Voranschlag 1995 beschlossenen Erhöhung des Beitragssatzes für die Lohnsummen bis 97'200 Fr. von 2% auf 3% und aufgrund tieferer Arbeitslosenzahlen schrieb die ALV erstmals seit fünf Jahren wieder schwarze Zahlen und schloss mit einem Überschuss von rund einer Viertelmilliarde Franken ab. Zusammen mit dem ab 1996 erhobenen Solidaritätsbeitrag von einem Prozent auf den Einkommen zwischen 97'200 und 243'000 Fr. dürfte damit Ende 1998 wie vorgesehen der aufgelaufene Fehlbetrag abgetragen sein. Mit der Neuausrichtung der ALV - insbesondere mit dem Wechsel von passivem Taggeldbezug zu aktiver Arbeitsmarktpolitik - wird sich aber eine Neuverschuldung ergeben, die nicht abgesichert ist. Gemäss BIGA-Direktor Nordmann befasst sich deshalb eine Arbeitsgruppe mit neuen Möglichkeiten der ALV-Finanzierung. Die Arbeiten müssten mit den Neuberechnungen aller Sozialwerke im EDI koordiniert werden, namentlich mit Rücksicht auf einen mehrheitstauglichen Einnahmenmix aus Lohnabzügen und Steuererhöhungen.

Jahresergebnis 1995 der Arbeitslosenversicherung
Dossier: Jahresergebnisse der Arbeitslosenversicherung

Im Rahmen der dringlichen Massnahmen zur Entlastung des Voranschlages 1996 des Bundes versuchte die Landesregierung auf den Entscheid des Parlaments zurückzukommen, wonach nur der Bund A-fonds-perdu-Beiträge zu leisten habe und beantragte, diese ganz zugunsten der Finanzierung über Darlehen fallenzulassen. Ausgehend von einer geschätzten Arbeitslosenzahl von durchschnittlich 130'000 Personen versprach er sich davon eine Einsparung von 220 Mio. Fr. Das Parlament zeigte sich unangenehm berührt vom Ansinnens des Bundesrates, ein Gesetz noch vor dessen Inkrafttreten bereits wieder mit dringlichem Bundesrecht abzuändern; beide Kammern beschlossen recht deutlich Nichteintreten auf die Vorlage.

Dringliche Massnahmen zur Entlastung des Voranschlages 1996 (BRG 95.055)
Dossier: 2. Teilrevision des Arbeitslosenversicherungsgesetzes (AVIG; 1992-1997)

Im Spätsommer leitete der Bundesrat dem Parlament seinen Entwurf für einen allgemeinverbindlichen Bundesbeschluss zu, welcher ihm die Kompetenz geben soll, mit internationalen Organisationen Abkommen über den Status der internationalen Beamten schweizerischer Nationalität hinsichtlich der schweizerischen Sozialversicherungen (AHV/IV/EO und ALV) abzuschliessen. Die Bestimmung der Schweiz, wonach diese Funktionäre obligatorisch den schweizerischen Sozialversicherungen angeschlossen bleiben (es sei denn, sie würden ein entsprechendes Gesuch stellen), hatte in vielen Fällen - da sie automatisch auch der Pensionskasse der jeweiligen Organisation unterstellt wurden - zu einer unzumutbaren Doppelbelastung geführt. Durch eine Ergänzung der Sitzabkommen, welche durch einen Briefwechsel zwischen dem Bundesrat und den in der Schweiz niedergelassenen internationalen Organisationen vorgenommen wurde, einigte man sich nun darauf, dass diese Beamten nur noch auf freiwilliger Basis den schweizerischen Sozialversicherungen angegliedert werden, wobei sie wählen können, ob sie allen Zweigen oder nur der ALV beitreten wollen. Dieser Bundesbeschluss wurde vom Ständerat diskussionslos und einstimmig angenommen.

Status der internationalen Beamten schweizerischer Nationalität Sozialversicherungen

Nach Abschluss einer einjährigen Pilotphase mit der Abgabe von sauberen Spritzen in der Frauen-Strafvollzugsanstalt Hindelbank (BE) wurde ein positives Fazit der Aktion gezogen. In der Versuchsperiode stieg der – in Gefängnissen zwar grundsätzlich verbotene, in Wirklichkeit aber nie auszumerzende – Drogenkonsum nicht an, es gab keine neuen Heroinkonsumentinnen und keine Frau steckte sich neu mit dem HI- oder einem Hepatitis-Virus an. Die Polizeidirektion des Kantons Bern beschloss deshalb, das Pilotprojekt in Form eines Anschlussprogramms fortzusetzen.

HIV in Strafanstalten (1991–1995)

In beiden Kammern und über alle Parteigrenzen hinweg war unbestritten, dass sich die Vorkommnisse der 1980er Jahre, wo unter anderem eine unklare Verantwortlichkeitsregelung die tragischen Ereignisse mit den durch HI-Viren verseuchten Blutkonserven und -präparaten mitverursacht hatte, nicht mehr wiederholen dürfen. Sowohl Stände- wie Nationalrat waren praktisch einstimmig damit einverstanden, die Kompetenzen für die Kontrolle von Herstellung und Handel mit Blutprodukten bis zum Vorliegen des neuen Heilmittelgesetzes in einem dringlichen Bundesbeschluss ausschliesslich dem BAG zu übertragen.

Während aber der Ständerat in den wesentlichen Punkten der bundesrätlichen Vorlage folgte, fügte der Nationalrat auf Antrag seiner Kommission mit 61 zu 46 Stimmen einen Artikel ein, wonach es für alle Transplantate einer schriftlichen Zustimmung des Spenders bedarf. Vergeblich machten der Bundesrat und die Gegner dieses Zusatzes geltend, es handle sich hier nur um eine Übergangsregelung, die in erster Linie auf den Schutz vor Infektionen angelegt ist, weshalb es wenig sinnvoll sei, ohne vertiefte Diskussion die ethisch überaus heikle Frage des Umgangs mit Transplantaten bereits einzubeziehen. Widerstandslos passierte hingegen die ebenfalls von der Kommission eingebrachte Bestimmung, wonach es verboten ist, mit menschlichen Transplantaten Handel zu betreiben. Keine Chance hatten ein Minderheitsantrag zum Verbot von Transplantaten, die von gentechnisch veränderten Tieren stammen, sowie die Forderung nach beratenden Fachkommissionen, welche den Vollzug des Bundesbeschlusses mitgestalten sollten.

Bundesbeschluss zur Bewilligungspflicht für den Umgang mit Blut, Blutprodukten und Transplantaten (BRG 95.019)
Dossier: Transplantation von Organen, Geweben und Zellen
Dossier: HIV-verseuchte Blutkonserven

Das neue Gesetz wird etappenweise eingeführt. Auf den 1. Januar 1996 werden vorab jene Bestimmungen in Kraft gesetzt, die kurzfristig realisiert werden können, wie z.B. die Anhebung des beitragspflichtigen Lohnes, die Neuregelung der zumutbaren Arbeit, die Wartefristen für Jugendliche nach Abschluss der Ausbildung sowie die Verschärfungen bei der Kurzarbeits- und Schlechtwetterentschädigung. Bereits ab 1996 wirksam ist auch die Gesetzesbestimmung, wonach Arbeitslose bei der SUVA gegen Nichtberufsunfälle versichert sind.

2.Teilrevision Arbeitslosenversicherungsgesetz (BRG 93.095)
Dossier: 2. Teilrevision des Arbeitslosenversicherungsgesetzes (AVIG; 1992-1997)

Gleich drei Volksinitiativen kündigte die SP-Parteileitung zu Beginn des Jahres als Wahlkampf-Lokomotive an. Gemäss dem Initiativprojekt gegen Jugendarbeitslosigkeit sollen Lohnabhängige über 60 Jahren auf Kosten der Arbeitslosenversicherung in den vorzeitigen Ruhestand treten können, wenn mehr als 50'000 Menschen in der Schweiz arbeitslos sind.
Ein zweites Initiativprojekt will eine «Millionärs-Steuer» für natürliche und juristische Personen, deren Vermögen über einer Million liegt, einführen. Vorgesehen ist eine Zusatzabgabe von einem Promille des Vermögens.
Der dritte Initiativvorschlag gilt der Einführung des konstruktiven Referendums. Während die SP letzteren im Herbst lancierte, stellte sie die beiden ersten Initiativprojekte vorläufig zurück. Dies tat sie nicht zuletzt deshalb, weil im Sommer beide Räte die 1992 eingereichte SP-Initiative «Für weniger Militärausgaben und mehr Friedenspolitik» für ungültig erklärten, da die Einheit der Materie nicht gegeben sei. Die desavouierte Partei entschied daraufhin, eine Doppelinitiative mit gleichem Inhalt zu lancieren. Bereits im Januar hatte die SP ein Leitbild für eine «Armee light» präsentiert, die nur halb soviel kosten soll wie die Armee 95.

Drei Volksinitiativen als Wahlkampf-Lokomotive der SP 1995

Im Wahljahr 1995 präsentierte sich die FDP als eng mit der Wirtschaft verbundene Regierungspartei und trat mit dem Motto «Verantwortung übernehmen» an. Einstimmig hiess sie ein Positionspapier zur Wirtschaftspolitik gut, in dem sie sich für eine «liberale Fitnesskur», mehr Unternehmerfreiheit und Wettbewerb, Investitionen in Bildung und Forschung sowie eine wirtschaftsfreundlichere Steuerpolitik aussprach. Das Verhältnis zwischen direkten und indirekten Steuern will die FDP zugunsten der indirekten Steuern verbessern. Einen weiteren Ausbau des Sozialstaats lehnte sie ab und sprach sich bei der Arbeitslosenversicherung für punktuelle Leistungskürzungen aus. Die Staatsquote aller drei Ebenen möchte sie bei 32% stabilisieren.

Wirtschaftspolitik der FDP 1995

Die «Aids-Hilfe Schweiz» (AHS), deren erster Präsident – der populäre und inzwischen verstorbene TV-Mann André Ratti – mit seinem öffentlichen Bekenntnis, er sei homosexuell und aidskrank, der Diskussion um die Immunschwächekrankheit in der Schweiz eine emotionale Komponente verliehen und sie damit erst eigentlich ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gebracht hatte, konnte im Berichtsjahr auf ihr zehnjähriges Bestehen zurückblicken. Die AHS ist heute eine breit verankerte Gesundheitsorganisation mit über 100 Mitarbeitern, deren jährliches Betriebsbudget zu über 80 Prozent vom BAG finanziert wird. Die AHS, die sich stark gegen die gesellschaftliche Ausgrenzung der Aidskranken zur Wehr setzt, prägte die 1987 lancierten und bis heute weitergeführten «Stop Aids»-Kampagnen des Bundes, welche die WHO als «weltweit einmalig» bezeichnete, ganz wesentlich mit.

Zehnjähriges Bestehen der Aids-Hilfe Schweiz (1995)

Oppositionslos stimmte der Ständerat einer parlamentarischen Initiative der grossen Kammer zu, welche darauf abzielt, die 1990 beschlossenen Leistungen für Personen, die durch verseuchte Blutpräparate mit dem HI-Virus infiziert wurden, nicht nur auf deren kontaminierte Ehegatten, sondern auch auf allenfalls angesteckte Kinder auszudehnen. Zudem wurden auf Antrag der Kommission die Leistungen des Bundes von CHF 50'000 auf CHF 100'000 pro infizierte Person angehoben. Die Kommission begründete diese Erhöhung einerseits mit der seit 1990 noch deutlicher gewordenen Mitverantwortung des Bundes und andererseits mit einem internationalen Quervergleich, aus welchem hervorgeht, dass sich die bisherigen Leistungen der Schweiz im unteren Bereich der Skala bewegen. Der Bundesrat war mit der Ausdehnung des Kreises der Anspruchsberechtigten einverstanden, bekämpfte aber den Ausbau der Leistungen. In diesem Punkt unterlag er bei der Differenzbereinigung auch im Nationalrat, der den Beschluss des Ständerates diskussionslos bestätigte.
Die Zahl der Kinder, die für eine solche Entschädigung gemäss geändertem Bundesbeschluss in Frage kommen, wird auf höchstens fünf geschätzt. Wie der Blutspendedienst des SRK mitteilte, wurden 1994 und 1995 je eine Person bei einer Bluttransfusion mit dem HI-Virus infiziert. Dies geschah nicht aus Nachlässigkeit, sondern aufgrund des «immunologischen Fensters», welches bewirkt, dass eine Neuansteckung frühestens nach zwei bis drei Monaten im Blut nachweisbar ist, da sich erst nach diesem Zeitraum die Antikörper bilden. Das «Restrisiko» bei einer Fremdblutübertragung beträgt 1:600'000.

Parlamentarische Initiative zur Ausweitung der freiwilligen Bundesbeiträgen an Transfundierte und Hämophile (Pa.Iv. 94.411)
Dossier: HIV-verseuchte Blutkonserven

Da die Vorlage bereits zweimal in beiden Räten beraten worden war, wurde sie nun der Einigungskonferenz zugewiesen. Diese schlug in der noch strittigen Frage der Mittelbeschaffung für arbeitsmarktliche Massnahmen vor, dass die finanzielle Beteiligung der Kantone an den Weiterbildungs- und Beschäftigungsprogrammen tatsächlich pauschalisiert werden soll, erhöhte den kantonalen Beitrag pro Jahresplatz jedoch auf 3000 Fr. In der Verteilung auf die Kantone setzte sich ebenfalls ein Kompromiss durch. So sollte bei der Festsetzung der kantonalen Quote die Zahl der Einwohner und der Versicherten, nicht aber mehr der real Arbeitslosen, berücksichtigt werden, wobei die Verpflichtung für die Mindestzahl der Plätze, die ein Kanton bereitzustellen hat, 25% aller Versicherten im Kanton nicht übersteigen darf. Auf diesen Kompromiss konnten beide Kammer einschwenken, worauf die Vorlage in der Sommersession definitiv verabschiedet wurde. Unbestritten war seit Beginn der Beratungen, dass zu Lasten des ALV-Fonds regionale Arbeitsvermittlungszentren (RAV) eingerichtet werden, welche die Wiedereingliederung effizienter vornehmen sollen als die lokalen Arbeitsämter. Keine Opposition erwuchs auch der Einführung von Ausbildungszuschüssen, welche mindestens 30-jährigen Versicherten erlaubt, eine Berufslehre nachzuholen, sowie den Massnahmen zur Förderung der selbständigen Erwerbstätigkeit.

2.Teilrevision Arbeitslosenversicherungsgesetz (BRG 93.095)
Dossier: 2. Teilrevision des Arbeitslosenversicherungsgesetzes (AVIG; 1992-1997)

Diskussionslos gab der Nationalrat einer parlamentarische Initiative Allenspach (fdp, ZH) Folge, welche verlangt dass das Bundesgesetz über die EO dahingehend geändert wird, dass die Entschädigungen an jeden Dienstleistenden mindestens jenem Betrag entsprechen, den er im Falle von Arbeitslosigkeit erhielte. Kommission und Plenum anerkannten zwar, dass die Arbeiten der Verwaltung zur 6. EO-Revision bereits weit fortgeschritten sind und in die von Allenspach anvisierte Richtung deuten, wollte sich aber mit der Annahme der parlamentarischen Initiative die Möglichkeit offenhalten, bei allfälligen Verzögerungen selber legislatorisch tätig werden zu können.

Dienstleistende sollen mindestens den Arbeitslosenbetrag erhalten (Pa.Iv. 94.413)
Dossier: 6. Revision des Bundesgesetzes über die Erwerbsersatzordnung für Dienstleistende in Armee, Zivildienst und Zivilschutz (EOG, 1993-1998)

Konkretes mit Utopischem verknüpfen wollte die PdA in ihrer Wahlplattform «Zehn Notwendigkeiten für eine solidarische und fortschrittliche Schweiz». Darin stellt sie die gesellschaftliche Verteilung der Arbeit in Frage und postuliert längerfristig die Einführung der 32-Stundenwoche ohne Kürzung der Löhne. Weiter fordert sie eine allgemeine Sozialversicherung, die mit Lohnprozenten finanziert wird und sowohl AHV wie auch Kranken- und Arbeitslosenversicherung beinhaltet. Klar sprach sich die Partei für einen raschen EU-Beitritt aus.

Wahlplattform 1995 «Zehn Notwendigkeiten für eine solidarische und fortschrittliche Schweiz» der PdA

Nach längerer Diskussion verzichtete der Ständerat mit 29:9 Stimmen auf seine ursprünglich beschlossene Verschärfung bei der Definition der zumutbaren Arbeit. Da auch Bundesrat Delamuraz bekräftigt hatte, ein rigoroses Festhalten an den vier Monaten dürfte einer befriedigenden Regelung im Einzelfall nicht gerecht werden, stimmte der Ständerat hier der gemässigteren Fassung des Nationalrates zu. Gewichtige Differenzen wurden hingegen bei der Art der Finanzierung beibehalten resp. neu geschaffen. Entgegen dem Nationalrat, der die Kantone neu mit 10% an den Kosten der Kurse und mit 20% an jenen der Beschäftigungsprogramme beteiligen wollte, schlug der Ständerat vor, für die Kantone einen Pauschalbeitrag von 2500 Fr. einzuführen. Die Bereitstellung von gesamthaft 25'000 Plätzen in arbeitsmarktlichen Massnahmen wurde bestätigt, doch wurden die Kriterien für deren Verteilung auf die Kantone anders definiert. Während der Nationalrat hier eine Mischrechnung zwischen Einwohner- und Arbeitslosenzahlen vorgeschlagen hatte, beantragte die Kommission der kleinen Kammer aus Solidarität mit der besonders von Arbeitslosigkeit betroffenen Romandie, dass jeder Kanton höchstens für 30% aller Arbeitslosen Programmplätze zur Verfügung zu stellen habe. Auf Antrag von Ständerat Schiesser (fdp, GL) wurde dieser Satz mit 30:7 Stimmen um weitere 10% auf 20% gesenkt.

2.Teilrevision Arbeitslosenversicherungsgesetz (BRG 93.095)
Dossier: 2. Teilrevision des Arbeitslosenversicherungsgesetzes (AVIG; 1992-1997)

Bei allem Entgegenkommen schuf der Nationalrat aber doch wichtige Differenzen zum Ständerat. Die nach vier Monaten vorzunehmende Verschärfung bei der Zumutbarkeit einer Arbeit lehnte er mit 101:62 recht deutlich ab. Zu einer längeren Diskussion führte die Ausgestaltung der Karenzfrist vor dem ersten Bezug von Taggeldleistungen. Die Genfer SP-Vertreterin Brunner beantragte im Namen einer Minderheit, diese Massnahme durch besondere Überbrückungs-Taggelder in der Höhe von 50% der ordentlichen Taggelder abzufedern. Nationalrat Epiney (cvp, VS) bezeichnete die Karenzfrist als eigentlichen Schwachpunkt der Vorlage. Es genüge nicht, den Bundesrat zu Ausnahmeregelungen zu ermächtigen, er müsse dazu verpflichtet werden. Sein Genfer Parteikollege Maitre wollte zumindest all jene Versicherten von der Karenzfrist ausnehmen, deren Verdienst weniger als zwei Drittel des für die obligatorische Unfallversicherung massgebenden Höchstbetrags von rund 97'200 Fr. beträgt. Schliesslich wurde dem Antrag Epiney zugestimmt.

Mit 92:43 Stimmen hielt der Nationalrat an der - leicht restriktiver ausgestalteten - Kurzarbeits- und Schlechtwetterentschädigung fest, obgleich quer durch die Parteien der Verdacht geäussert wurde, dass damit von Arbeitgeberseite sehr oft Missbrauch betrieben werde. Andererseits trat aber auch Brunner (sp, GE) für deren Beibehaltung ein, da mit dieser Lösung vielfach Entlassungen vermieden werden könnten, die sonst die Versicherung viel teurer zu stehen kämen.

2.Teilrevision Arbeitslosenversicherungsgesetz (BRG 93.095)
Dossier: 2. Teilrevision des Arbeitslosenversicherungsgesetzes (AVIG; 1992-1997)

Dies genügte nun der Kommission des Nationalrates wiederum nicht, weshalb sie erneut den Dialog mit den Sozialpartnern suchte, diesmal aber auch die Kantone und die Kommission des Ständerates als Gesprächspartner mit einbezog. Aus diesen Verhandlungen entstanden neue Vorschläge - in Anlehnung an den Tagungsort "Solothurner Kompromiss" genannt -, welche einen austarierten Mittelweg zwischen den ersten Entscheiden des Nationalrates und den Korrekturen des Ständerates darstellten.

Festgehalten wurde im Nationalrat an der möglichst raschen Wiedereingliederung in den Arbeitsprozess. Jeder Arbeitslose soll inskünftig gehalten sein, in einem arbeitsmarktlichen Programm tätig zu werden. Je nach Alter besteht ein unterschiedlicher Anspruch auf "freie" Taggelder: Erwerbslose unter 50 Jahren erhalten höchstens 150 ordentliche Taggelder, den Rest müssen sie mit dem Besuch von Beschäftigungsprogrammen, Kursen usw. "verdienen". Zwischen 50 und 60 Jahren werden 250 Taggelder ohne Vorbedingungen ausbezahlt, über 60-jährige erhalten 400 Taggelder. Anders als im bisher geltenden Gesetz, wo durch die Teilnahme an Beschäftigungsprogrammen und Weiterbildungsmassnahmen die Bezugsdauer von Taggeldern ständig neu ausgelöst werden konnte, wurde diese nun definitiv auf zwei Jahre beschränkt.

Um nicht nur die Jugendlichen in den Genuss von arbeitsmarktlichen Massnahmen kommen zu lassen, wurde das Pflichtangebot der Kantone zur Bereitstellung von Beschäftigungs- und Weiterbildungsprogrammen wieder auf 25'000 Plätze erhöht, wobei Kantone, welche die vom Bundesrat festgesetzte Quote, die im Verhältnis zur Arbeitslosen- und Einwohnerzahl definierte werden sollte, nicht erfüllen, 40% der Taggelder jener Arbeitslosen übernehmen müssen, die in keinem Programm untergebracht werden können. Der Ständerat hatte hier nur 20% vorgesehen. Als Gegenleistung an die Kantone wurde auf deren A-fonds-perdu-Beiträge an den ALV-Fonds verzichtet. Diese sollten im Rahmen von 5% nur noch vom Bund geleistet werden. Hingegen wurden die Kantone nicht von der Verpflichtung enthoben, dem ALV-Fonds Darlehen mit einem gegenüber dem freien Markt niedrigeren Zinssatz zur Verfügung zu stellen.

2.Teilrevision Arbeitslosenversicherungsgesetz (BRG 93.095)
Dossier: 2. Teilrevision des Arbeitslosenversicherungsgesetzes (AVIG; 1992-1997)

Nationalrätin von Felten (sp, BS) verlangte in einer parlamentarischen Initiative den Erlass eines Gesetzes über das Massen-Screening, das unter anderem gewährleisten sollte, dass die Durchführung anonymer Studien und die Weiterleitung der erhobenen Daten nur mit der Einwilligung der Betroffenen erfolgen darf, dass Screening-Programme auf behandelbare Krankheiten beschränkt werden und den Patientenorganisationen ein Mitspracherecht zugestanden wird. Die vorberatende Kommission empfahl, der Initiative keine Folge zu geben, da sie in ihrem Wortlaut zu vage sei und die beiden Schritte der Datenbeschaffung und der Datenweitergabe vermenge. Die Frage der Rechtmässigkeit von anonymen Tests werde in der bereits eingeleiteten Revision des Epidemiengesetzes angegangen, weshalb es nicht zweckmässig sei, dafür ein eigenes Gesetz zu schaffen. Das Plenum folgte dieser Argumentation und verwarf die Initiative mit 66 zu 40 Stimmen.

Parlamentarische Initiative für ein Gesetz über das Massen-Screening (Pa.Iv. 93.456)

Bei der zweiten Lesung der Gesetzesrevision zollte der Ständerat den Vorarbeiten des Nationalrates volle Anerkennung. Der Systemwechsel von passiver Versicherung zu aktiver Wiedereingliederungs- und Erwerbsfähigkeit wurde ebenso begrüsst wie die Neuregelung des Taggeldanspruchs, die Einführung regionaler Arbeitsvermittlungszentren und die Neuordnung der Finanzierung. Von links bis rechts waren sich die Standesvertreter aber einig, dass sich das Weiterbildungs- und Beschäftigungsprogramm für Arbeitslose in dem vom Nationalrat beschlossenen Umfang nicht realisieren lasse. Der Aufbau einer Parallelwirtschaft mit über 60'000 Arbeitsplätzen, an denen die reale Wirtschaft offenbar kein Interesse habe, sei den Kantonen nicht zuzumuten, ebenso wenig wie die Auflage, sich bei ungenügendem Angebot an der Finanzierung der deswegen notwendig werdenden ALV-Mehraufwendungen zu beteiligen.

Der Rat reduzierte deshalb das arbeitsmarktliche Pflichtangebot auf junge Arbeitslose bis zum 25. Altersjahr, womit sich die den Kantonen abverlangten Stellen auf knapp 15'000 Plätze verringerten. Bei den A-fonds-perdu-Beiträgen entliess er die Kantone angesichts ihrer anderweitigen Belastung wieder aus der Pflicht, gleich wie der Bund 5% ans jährliche Defizit zu leisten. Die Ständevertreter verschärften hingegen die Arbeitsannahmepflicht, indem nach vier Monaten Erwerbslosigkeit auch Arbeiten als zumutbar gelten sollten, die auf die Fähigkeiten oder bisherigen Tätigkeiten des Arbeitslosen nicht angemessen Rücksicht nehmen. Sie wollten die Karenzfrist von fünf Tagen vor dem ersten Bezug von ALV-Leistungen zwar ebenfalls sozialverträglich gestalten, bezeichneten aber keinen fixen Grenzbetrag, unterhalb dessen die Wartefrist nicht gilt, sondern wollten es dem Bundesrat überlassen, die Härtefälle zu bezeichnen.

2.Teilrevision Arbeitslosenversicherungsgesetz (BRG 93.095)
Dossier: 2. Teilrevision des Arbeitslosenversicherungsgesetzes (AVIG; 1992-1997)

Die Schulden der Arbeitslosenversicherung wuchsen im Berichtsjahr auf den Rekordstand von 6,3 Mia. Fr. an (1993: 4,1 Mia. Fr.). Die laufende Rechnung schloss mit einem Defizit von 2,24 Mia. Fr. und damit um 190 Mio. Fr. besser als im Vorjahr ab. Bei einem Jahresmittel von rund 171'000 Erwerbslosen und einer durchschnittlichen Arbeitslosenquote von 4,7% wurden 1994 insgesamt 4,2 Mia. Fr. an Arbeitslosenentschädigungen ausbezahlt (1993: über 4,3 Mia. Fr.). Für Kurzarbeits- und Schlechtwetterentschädigung wurden 530 Mio. Fr. (880 Mio. Fr.) und für Insolvenzentschädigungen 61 Mio. Fr. (66 Mio. Fr.) ausgeschüttet. Die Präventivmassnahmen schlugen mit 322 Mio. Fr. zu Buche gegenüber 137 Mio. Fr. im Vorjahr. Allein für die Verzinsung der gewährten Darlehen mussten 238 Mio. Fr. aufgewendet werden. Die gesamten Ausgaben der ALV beliefen sich auf 6,13 Mia. Fr. (1993: 6,2 Mia.), die Erträge stiegen - als erstes Zeichen des einsetzenden Aufschwungs - von 3,77 auf 3,89 Milliarden Franken.

Jahresergebnis 1994 der Arbeitslosenversicherung
Dossier: Jahresergebnisse der Arbeitslosenversicherung

Die AIDS-Epidemie hat in der Schweiz in den letzten zehn Jahren die Mortalität bei Personen im Alter von 25 bis 44 Jahren stark beeinflusst. Dies ergab eine vom Bundesamt für Statistik zusammen mit dem BAG durchgeführte Analyse der neun häufigsten Todesursachen. Sowohl bei den Männern wie bei den Frauen im fraglichen Alter hatte AIDS 1982 die neunte und damit letzte Position belegt. 1993 war AIDS bei den Männern nach den Unfällen die zweithäufigste und bei den Frauen nach den Krebserkrankungen und der Selbsttötung die dritthäufigste Todesursache. Mit einer kumulativen Rate von 508.7 AIDS-Fällen pro Million Einwohner nahm die Schweiz Ende 1993 in Europa die zweite Position nach Spanien und vor Frankreich ein. Angesichts dieser Tatsachen unterstrich das BAG die Notwendigkeit, wirksame Massnahmen zur Prävention von HIV-Infektionen langfristig weiterzuführen.
Die im Vorjahr lancierte Pilotstudie zu anonymen AIDS-Massentests wurde aus Spargründen vorläufig auf Eis gelegt, da sich Aufwand und Ertrag nicht die Waage hielten.

AIDS als eine der häufigsten Todesursachen bei jungen Personen (1994)

Der Ständerat stimmte dem Nationalrat im Sinn des Antrags Spoerry zu, wollte aber weder die soziale Abfederung gelten lassen, noch die RAV bereits in diesen Beschluss aufnehmen. Bei den RAV gab der Nationalrat nach, da er anerkannte, dass deren Einführung ohne die anderen Massnahmen des revidierten AVIG nur schwierig zu realisieren wäre. In der Frage der sozialen Abfederung der Karenzfrist beschloss er hingegen Festhalten, kam aber der kleinen Kammer insofern entgegen, als er den Grenzbetrag auf 3000 Fr. (plus 500 Fr. pro Kind) reduzierte, worauf auch der Ständerat auf diese Position einschwenkte. Damit der Beschluss auf den 1.1.1995 in Kraft treten kann, wurde er von beiden Kammern für dringlich erklärt.

Bundesbeschluss über Sanierungsmassnahmen In der Arbeitslosenversicherung (94.090)
Dossier: Dringliche Entlastungen im Voranschlag 1995 (94.090)

Ein Postulat Loeb (fdp, BE), die Arbeitslosenvorsorge analog zur Altersvorsorge durch ein Zweisäulenprinzip sicherzustellen, bei dem die zweite Säule auf steuerbegünstigter Eigenvorsorge beruhen sollte, wurde von Nationalrat Leuenberger (sp, SO) bekämpft und so vorderhand der Diskussion entzogen.

Postulat Arbeitslosenvorsorge

Der Nationalrat verabschiedete oppositionslos ein Postulat seiner Kommission für Wirtschaft und Abgaben, welches den Bundesrat beauftragt, die Arbeitslosenstatistik so rasch als möglich durch Angaben über die Zahl der Ausgesteuerten und der Sozialhilfebezüger in Kantonen und Gemeinden sowie der Gesamtausgaben aller öffentlichen und privaten Stellen als Folge der Arbeitslosigkeit zu ergänzen.

Arbeitslosenstatistik

In der Frage der Blutpräparate handelte Bundesrätin Dreifuss rasch. Da die Ausarbeitung eines eigentlichen Heilmittelgesetzes kaum vor dem Jahr 2000 erwartet werden kann, gab sie Mitte Dezember 1994 ihren Vorschlag für einen befristeten Bundesbeschluss in die Vernehmlassung. Zentraler Punkt ist die Einführung einer Bewilligungspflicht für den Umgang mit Blut, Blutprodukten und Transplantaten sowie für deren Import und Export.

Bundesbeschluss zur Bewilligungspflicht für den Umgang mit Blut, Blutprodukten und Transplantaten (BRG 95.019)
Dossier: Transplantation von Organen, Geweben und Zellen
Dossier: HIV-verseuchte Blutkonserven