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Die Totalrevision der Militärversicherung (MV) konnte im Berichtsjahr abgeschlossen werden. Unbestritten blieben in der grossen Kammer die verschiedenen Leistungsverbesserungen sowie die Reduktion von Leistungen, die zu einer Überdeckung führen könnten. Anders als der Ständerat lehnte es der Nationalrat aber ab, die rund 1900 Angehörigen des Grenzwachtskorps in die MV aufzunehmen. Auch verweigerte er den beruflich MV-Versicherten die Möglichkeit, nach ihrer Pensionierung weiterhin freiwillig die Deckung ihrer Krankheits- und Unfallrisiken der MV zu übertragen. Er begründete dies damit, dass ohne Not der MV nicht ein systemwidriger neuer Versicherungszweig angegliedert werden dürfe.

In der Differenzbereinigung beugte sich der Ständerat der grossen Kammer in der Frage der Grenzwächter, beharrte aber bei der Weiterführung der MV für Pensionierte aus Rücksicht auf die Mitglieder des Instruktionskorps auf seiner Position womit er sich schliesslich durchsetzte.

Totalrevision der Militärversicherung (BRG 90.045)

In seinem Bericht über die Richtlinien der Regierungspolitik sicherte der Bundesrat zu, noch in der laufenden Legislatur dem Parlament einen Gesetzesentwurf für eine Mutterschaftsversicherung unterbreiten zu wollen, welche den bezahlten Mutterschaftsurlaub für Arbeitnehmerinnen und Bedarfsleistungen für nichterwerbstätige und für selbständig erwerbende Frauen beinhalten soll. Eine Richtlinienmotion, welche den Bundesrat beauftragen wollte, dieses Gesetz bis spätestens 1994 vorzulegen, wurde lediglich als Postulat überwiesen (Mo. Ad 92.037).

Richtlinienmotion für eine Mutterschaftsversicherung (im Rahmen von BRG 92.037)
Dossier: Legislaturplanung 1991–1995 (BRG 92.037)
Dossier: Schaffung einer Mutterschaftsversicherung (1989-2004)

Die Kontroverse um HIV-verseuchte Blutpräparate flackerte 1992 erneut auf. Ein AIDS-infizierter Hämophiler reichte Strafklage gegen Unbekannt ein – wobei aber klar war, dass er das BAG, die IKS und den Blutspendedienst des Schweizerischen Roten Kreuzes (SRK) meinte –, da er durch eine Bluttransfusion mit dem HI-Virus kontaminiert worden war. Er erhielt indirekte Unterstützung vom ehemaligen Leiter des Zentrallaboratoriums des SRK, der öffentlich erklärte, Opfer wären zu vermeiden gewesen, wenn die verantwortlichen Behörden rechtzeitig gehandelt hätten. Diese Anschuldigungen führten Ende 1992 zu einer konkreten Reaktion des SRK: Es entschloss sich, unter Mithilfe des BAG, welches dies schon mehrfach angeregt hatte, ein «Look back» durchzuführen, d.h. die Blutspendenempfänger, welche zwischen 1982 und 1985 womöglich ohne ihr Wissen mit kontaminiertem Blut angesteckt wurden, durch Zurückverfolgung der kritischen Blutkonserven ausfindig zu machen. Bisher hatte das SRK dies stets mit dem Hinweis auf die grosse psychische Belastung abgelehnt, welcher nicht infizierte Blutempfänger während des Abklärungsverfahrens ausgesetzt wären, sowie mit dem Fehlen wirksamer Medikamente gegen die Infektion.

«Look-back»-Studie (ab 1992)
Dossier: HIV-verseuchte Blutkonserven

Im Vorjahr hatte sich das BSV geweigert, den privaten Institutionen, welche zur Beherbergung AIDS-Kranker geschaffen worden waren, Beiträge aus der Invalidenversicherung auszurichten, da es sich hier um eigentliche Sterbe-Heime handle, eine soziale und berufliche Eingliederung, wie sie die IV anstrebt, also nicht mehr gegeben sei. Das Basler «Light-House», die erste Einrichtung dieser Art in der Schweiz, reichte umgehend Beschwerde beim Eidgenössischen Versicherungsgericht ein. Dieses gab ihm Recht und befand, der Invaliditätsbegriff, wie ihn das Gesetz umschreibt (gesundheitlich bedingte bleibende oder länger dauernde Erwerbsunfähigkeit), sei durchaus auf AIDS-Kranke anzuwenden, weshalb AIDS-Wohnheime weiterhin Anspruch auf Betriebsbeiträge aus der IV hätten. Zudem handle es sich bei den AIDS-Sterbeheimen um Stätten der sozialen Integration, da ohne Institutionen wie das «Lighthouse» AIDS-Kranke im Endstadium in Spitäler eingeliefert werden müssten, wo sie – abgesehen von Phasen stationärer Behandlung – nicht angemessen untergebracht wären.

AIDS-Wohnheime haben Anspruch auf Betriebsbeiträge aus der IV (1992)

1991 sind in der Schweiz 615 neue Fälle von AIDS-Erkrankungen registriert worden, ein Drittel mehr als im Vorjahr. Immer häufiger sind auch Heterosexuelle von der Immunschwächekrankheit betroffen. Seit 1983, dem Beginn der Erfassung von AIDS-Erkrankungen, starben 1378 Menschen an den Folgen der HIV-Infektion, davon allein 429 im Berichtsjahr. Aufgrund der gemeldeten positiven Bluttests und der angenommenen Dunkelziffer schätzte das BAG den Anteil der HIV-Positiven an der Gesamtbevölkerung auf zwei bis vier Promille, womit die Schweiz nach wie vor Spitzenreiter in Europa ist.

Anzahl gemeldete neue AIDS-Fälle (1990–1993)

Zur Diskussion steht auch immer wieder die Stellung der HIV-Positiven und AIDS-Kranken in den Sozialversicherungen. In seiner Stellungnahme zu einer Motion von Felten (sp, BS) verwies der Bundesrat auf das im Vorjahr vom Eidgenössischen Versicherungsgericht gefällte Urteil, wonach eine HIV-Infektion als Krankheit im Rechtssinne zu bezeichnen sei. HIV-Positive würden demzufolge bei Vorbehalten oder der Verweigerung von Zusatzversicherungen nicht speziell diskriminiert, sondern lediglich wie andere Kranke behandelt. Er bekräftigte erneut seinen Wunsch nach einem Obligatorium in der Krankenversicherung, womit die Vorbehalte bei der Grundversicherung dahinfallen würden, und erinnerte daran, dass im BVG Mindestleistungen ohne Vorbehalt garantiert sind. Im überobligatorischen Bereich und bei den Zusatzversicherungen lehnte er spezifische Ausnahmen für HIV-Positive und AIDS-Kranke hingegen ab, da dies nach seiner Auffassung eher noch zu einer weiteren Ausgrenzung der von AIDS Betroffenen führen könnte. Auf seinen Antrag hin wurde die Motion nur als Postulat angenommen.

Stellung der HIV-Positiven und Aids-Kranken in den Sozialversicherungen

Das Schweizerische Rote Kreuz (SRK) und sein Blutspendedienst übernahmen die Mitverantwortung für die rund 200 bis 300 Bluter und Transfusionsempfänger, die durch HIV-verseuchte Blutkonserven mit dem Virus angesteckt worden sind. Zusätzlich zum bestehenden Notfall-Fonds wurden Rückstellungen von CHF 1 Mio. für AIDS-Betroffene getätigt. Das SRK betonte, dass sich in der Schweiz im Vergleich zum Ausland bedeutend weniger HIV-Infektionen auf diesem Weg ereignet hätten. Ein Grossteil der Infizierungen sei vor Mitte 1985 erfolgt, zu einem Zeitpunkt also, da noch keine Möglichkeit bestand, sämtliche Blutspenden auf eine eventuelle HIV-Positivität hin zu kontrollieren.

Entschädigung für durch verseuchte Blutkonserven mit HIV angesteckte Personen (1990–1993)
Dossier: HIV-verseuchte Blutkonserven

Im Rahmen des Nationalen Forschungsprogramms «Die Gesundheit des Menschen in seiner heutigen Umwelt» (NFP 26) widmeten sich verschiedene interdisziplinäre Untersuchungen dem Ausmass, den Mechanismen und den Auswirkungen der gesellschaftlichen Ausgrenzung von HIV-Infizierten und AIDS-Kranken. Fazit der Studien war, dass dieses Thema nur zusammen mit der wachsenden Intoleranz gegenüber den Randgruppen ganz allgemein angegangen werden kann. Im November 1991 lief eine vom BAG und der Stiftung zur Förderung der Aidsforschung unterstützte Studie zur Frage an, ob bei HIV-Positiven Ausbruch und Verlauf der Krankheit von virusunabhängigen Faktoren beeinflusst werden. Im Zentrum des Interesses stehen zusätzliche Faktoren, welche die Funktionsweise des Immunsystems beeinträchtigen können, wie etwa Stress, Konsum von Drogen oder Alkohol, mangelhafte Ernährung und Rauchen.

Die Gesundheit des Menschen in seiner heutigen Umwelt (NFP 26)

In seiner Stellungnahme zu einer vom Nationalrat als Postulat überwiesenen Motion Segmüller (cvp, SG) versprach der Bundesrat, eine Neuregelung der Lohnfortzahlung bei Mutterschaft speditiv an die Hand nehmen zu wollen und dem Parlament in der kommenden Legislatur entsprechende Vorschläge zu unterbreiten. Allerdings wollte er sich in bezug auf die Finanzierung (Lohnfortzahlungspflicht des Arbeitgebers und/oder Mutterschaftstaggeldversicherung) noch nicht festlegen.

Lohnfortzahlungspflicht bei Mutterschaft (Mo. 91.3039)
Dossier: Schaffung einer Mutterschaftsversicherung (1989-2004)

Der Ständerat stimmte als Erstrat der Revision der Militärversicherung grundsätzlich zu, brachte aber an den Vorschlägen des Bundesrates noch einige Änderungen an. Insbesondre beschloss er, das Grenzwachtkorps ebenfalls in den Geltungsbereich einzubeziehen.

Totalrevision der Militärversicherung (BRG 90.045)

In Beantwortung einer Einfachen Anfrage Steffen (sd, ZH) bekräftigte der Bundesrat seine Auffassung, wonach restriktive Massnahmen gegen bestimmte Kategorien von einreisenden Ausländern (HIV-Screening, Einreisesperren) als ineffizient und diskriminierend einzustufen wären und deshalb für die Schweiz nicht in Frage kommen.

Bundesrat will keine restriktiven (gesundheitspolitischen) Massnahmen gegen einreisende Ausländer (1991)

Die Stop-AIDS-Kampagnen des BAG zeigen Wirkung: Der Gebrauch von Präservativen ist seit 1987 sprunghaft angestiegen; zudem verzichten offenbar immer mehr Jugendliche auf häufigen Partnerwechsel. Zu diesem Schluss kam der dritte Evaluationsbericht über die Wirksamkeit der getroffenen Massnahmen. Mit Genugtuung vermerkte der Bericht zudem, dass die wichtigsten Übertragungswege des HI-Virus (Sexualkontakte und Spritzentausch) in der ganzen Bevölkerung gut bekannt sind. Was die Drogenabhängigen betrifft, so scheinen sie von der gefährlichen Mehrfachverwendung gebrauchter Spritzen abzusehen, sofern entsprechendes sauberes Material zugänglich ist. Die Gesundheitsbehörden erachteten deshalb die freie Spritzenabgabe an Drogensüchtige für nötiger denn je.

Stop-AIDS-Kampagnen des BAG

Fünf Monate nach dem erstmaligen Auftreten des Rinderwahnsinns (BSE) in der Schweiz erliess die IKS vorbeugende Massnahmen gegen die nicht völlig auszuschliessende Ansteckung des Menschen über Medikamente mit Rinderbestandteilen. Produktion und Handel von fünf Arzneimitteln, die Extrakte von Rinderinnereien enthalten, wurden bis auf weiteres verboten.

Massnahmen gegen die Ansteckung des Menschen mit Rinderwahnsinn (1991)

Zur besseren Aufklärung der bei uns lebenden Ausländer legten die Eidgenössische Kommission für Ausländerfragen (EKA) und das BAG gemeinsam eine neue AIDS-Informationsbroschüre in 14 Sprachen auf, um möglichst vielen fremdsprachigen Bevölkerungsgruppen die grundlegenden Kenntnisse zur AIDS-Prävention in ihrer Muttersprache näherzubringen. Zudem lancierte das BAG zusammen mit der AIDS-Hilfe Schweiz (AHS) drei auf die jeweiligen kulturellen und religiösen Bedürfnisse abgestimmte Kampagnen zur gezielten Information der türkischen, spanischen und portugiesischen Bevölkerungsgruppen in unserem Land.

Aufklärung der bei uns lebenden Ausländer zur Aids-Prävention (1991)

Gleich wie der Ständerat 1989 beschloss auch der Nationalrat einstimmig, einer Standesinitiative des Kantons Genf für die Schaffung einer von der Krankenversicherung unabhängigen Mutterschaftsversicherung Folge zu geben. Auch er überwies, wie vor ihm die kleine Kammer, ein Postulat, welches den Bundesrat ersucht, die Vorarbeiten dafür unverzüglich an die Hand zu nehmen. Die Sprecher der vorberatenden Kommission erinnerten daran, dass das Volk bereits 1945 einen diesbezüglichen Verfassungsartikel angenommen habe, dass aber dessen gesetzliche Umsetzung in der Volksabstimmung von 1987 an der Verquickung mit dem Krankenversicherungsgesetz gescheitert sei. Der Entkoppelung der beiden Bereiche müsse deshalb grosse Bedeutung beigemessen werden, weshalb auch klar festzuhalten sei, dass es sich hier nur um eine Taggeldversicherung handeln könne, da die Pflegeleistungen bereits im heutigen System von der Krankenversicherung übernommen würden.

Standesinitiative des Kantons Genf für die Schaffung einer Mutterschaftsversicherung (Kt.Iv. 88.201)
Dossier: Schaffung einer Mutterschaftsversicherung (1989-2004)

Von den rund 3500 Frauen und Männern, die durchschnittlich die Schweizer Strafanstalten belegen, sind zwischen 10 Prozent und 15 Prozent HIV-positiv. Wie aus einer Studie des BAG hervorging, sind die Strafgefangenen aber über AIDS nur ungenügend informiert. Das BAG rügte, dem Ansteckungsrisiko über gebrauchte Spritzen, die in Haftanstalten erwiesenermassen zirkulierten, werde zu wenig Rechnung getragen und die Häftlinge würden kaum zum Thema «safer sex» aufgeklärt.

HIV in Strafanstalten (1991–1995)

Der Bundesrat beantragte dem Parlament, allen durch kontaminierte Blutpräparate mit dem HIV-Virus infizierten Hämophilen oder Bluttransfusionsempfängern sei eine einmalige Leistung von CHF 50'000 zu entrichten, unabhängig davon, ob die Krankheit bereits ausgebrochen ist oder nicht. Die Räte stimmten dieser Regelung zu, dehnten aber den Kreis der Anspruchsberechtigten auch auf den HIV-infizierten Ehepartner – nicht aber den infizierten Lebensgefährten – aus.

Entschädigung für durch verseuchte Blutkonserven mit HIV angesteckte Personen (1990–1993)
Dossier: HIV-verseuchte Blutkonserven

Emotionsloser verlief der Internationale Kongress über AIDS-Prävention, der anfangs November in Montreux (VD) stattfand. Die Fachleute aus aller Welt waren sich dabei einig, dass Evaluation ein wichtiger Bestandteil jeder Prävention sei und deshalb unbedingt zuverlässigere Daten über die Verbreitung der HIV-Infektion erhoben werden müssten. Das BAG möchte so im Einvernehmen mit der Verbindung der Schweizer Ärzte FMH die Bevölkerung mit unverknüpfbaren anonymen Stichproben auf ihre Seropositivität testen lassen. In diesem Sinn reichte Nationalrat Günter (ldu, BE; Mo. 90.349) eine Motion ein, welche die Durchführung anonymer HIV-Tests bei Rekruten verlangt. Die Motion wurde nach dem Ausscheiden Günters aus dem Rat abgeschrieben.

Internationale Kongress über AIDS-Prävention und Motion für anonyme Stichproben von Rekruten zu ihrer Seropositivität (Mo. 90.349)

Dieselbe Haltung nahm auch das Eidgenössische Versicherungsgericht ein, welches entschied, der Vorbehalt einer Krankenkasse gegenüber einer HIV-positiven Frau sei zulässig gewesen. Fachleute befürchteten, mit diesen beiden Urteilen werde der für die Betroffenen überaus schmerzlichen Ausgrenzung noch weiter Vorschub geleistet. Um zumindest die versicherungsrechtliche Diskriminierung zu verhindern, reichte der Genfer SP-Nationalrat Longet eine Motion (Mo. 90.826) ein, die sicherstellen soll, dass HIV-positive Personen in der Krankenversicherung und der beruflichen Vorsorge nicht benachteiligt werden. Die Motion wurde als Postulat dem Bundesrat überwiesen.

Stellung der HIV-Positiven und Aids-Kranken in den Sozialversicherungen

In der Sommersession behandelte der Nationalrat eine Petition, welche eine Revision des EOG und des OR in dem Sinn verlangte, dass in Fällen, in denen ein Mann nicht erwerbstätig ist und minderjährige Kinder betreut, seine Frau während seines Militärdienstes ihrer Arbeit fernbleiben kann und dennoch ihren Lohn im gleichen Umfang weiterbezieht, wie sie ihn erhielte, wenn sie als Mann Militärdienst leistete (Pet. 90.2005) (für eine als Postulat überwiese Motion Hafner (sp, SH) mit ähnlichem Inhalt) siehe hier). Der Rat gab der Petition keine Folge, überwies aber ein Postulat seiner Petitions- und Gewährleistungskommission, mit welcher der Bundesrat beauftragt wird, im Rahmen des EOG die Einführung einer Zulage für Erziehungsaufgaben zu prüfen. Der Ständerat gab der Petition ebenfalls keine Folge, verwies aber, in zustimmendem Sinn, ausdrücklich auf das Postulat des Nationalrate.

Mann nicht erwerbstätig ist und minderjährige Kinder betreut,

Die parlamentarische Initiative Hafner (gp, BE), welche verlangte, der Bund solle umgehend seine Beteiligung an der Impfkampagne gegen Masern, Mumps und Röteln einstellen, hatte im Nationalrat wenig Chancen. Dennoch zeigte die ausführliche und engagiert geführte Debatte, dass Zweifel an den traditionellen Methoden der Schulmedizin nicht mehr so einfach vom Tisch zu wischen sind. Dies kam auch einem Anliegen von Nationalrat Fierz (gp, BE; Po. 89.421) zugute, der in einem in der Herbstsession überwiesenen Postulat anregte, die Schirmbilduntersuchung der Rekruten sei angesichts der hohen Strahlenbelastung und des praktischen Verschwindens von Tuberkulose umgehend einzustellen. Bereits ab Anfang 1991 werden diese Untersuchungen nun nicht mehr durchgeführt.

Einstellung der Unterstützung der Impfkampagne gegen Masern, Mumps und Röteln (Pa.Iv. 89.222)

Die Kommission für soziale Sicherheit des Nationalrats gab bekannt, dass sie dem Plenum bei der Behandlung der Standesinitiative des Kantons Genf das gleiche Vorgehen empfehlen will, wie es der Ständerat wählte, nämlich die Umwandlung in ein Postulat, mit welchem der Bundesrat aufgefordert wird, den Räten darüber Bericht zu erstatten, wie unverzüglich ein Entwurf für eine von der Krankenversicherung unabhängige Mutterschaftsversicherung ausgearbeitet werden könne.

Standesinitiative des Kantons Genf für die Schaffung einer Mutterschaftsversicherung (Kt.Iv. 88.201)
Dossier: Schaffung einer Mutterschaftsversicherung (1989-2004)

Das Bundesgericht fällte einen Grundsatzentscheid, der nicht ohne Folgen für die Sozialversicherungen und den Arbeitsbereich bleiben dürfte. Das BAG und die Eidgenössische Fachkommission für AIDS-Fragen hatten immer wieder betont, HIV-Seropositivität sei wohl ein behandlungsbedürftiger Zustand, nicht aber eine eigentliche Krankheit. Der Kassationshof des Bundesgerichts bestätigte nun die Verurteilung eines HIV-Positiven mit der Begründung, die Übertragung des AIDS-Virus auf einen ahnungslosen Intimpartner bedeute eine vorsätzliche schwere Körperverletzung und eine vorsätzliche Verbreitung einer gefährlichen übertragbaren menschlichen Krankheit (Art. 122 und 231 StGB).

Stellung der HIV-Positiven und Aids-Kranken in den Sozialversicherungen

Ende Juni verabschiedete der Bundesrat seine Botschaft für eine Totalrevision der Militärversicherung. Hauptziele der Revision sind eine vermehrte Harmonisierung mit den übrigen Sozialversicherungen und Verbesserungen im Leistungsbereich. Insbesondere wird der Verdienstausfall künftig im Ausmass von einheitlich 95% ausgeglichen (statt wie bisher je nach Familienlasten). Dazu kommen Ehegatten- und Waisenrenten auch für den Fall, dass der Tod in keinem Zusammenhang mit dem versicherten Leiden steht, die Hinterbliebenenrente der AHV aber wegen des Erwerbsunterbruchs ungenügend ist. Weiter schlägt der Bundesrat eine Ausdehnung der Eingliederungs- und Umschulungsmassnahmen und verbesserte Leistungen an Selbständigerwerbende vor.

Der Geltungsbereich der Militärversicherung wird sodann ausgedehnt, namentlich auf Teilnehmer an friedenserhaltenden Aktionen des Bundes und an Einsätzen des Schweizerischen Katastrophenhilfekorps. Auch zeitlich schlug der Bundesrat eine Erweiterung des Geltungsbereiches vor. Der Versicherungsschutz soll während des persönlichen Urlaubs nicht mehr ruhen und ebenfalls für Informationsanlässe zur Aushebung gelten.

Trotz den zahlreichen Leistungsverbesserungen werden Bund und Kantone durch diese Totalrevision finanziell nicht zusätzlich belastet. Der Mehraufwand — anfänglich rund 7,8 Mio. und nach Ablauf der Übergangsregelung ungefähr 13,6 Mio. Fr. — wird durch die Reduktion der Altersrente auf 50% des versicherten Einkommens und durch den Verzicht auf die Steuerfreiheit bei neuen Leistungen ausgeglichen.

Totalrevision der Militärversicherung (BRG 90.045)

Da der AIDS-Forschung kurzfristig der finanzielle Kollaps drohte, sprach der Bundesrat einen Zusatzkredit von CHF 5 Mio. und beschloss, für 1991 das Forschungsbudget ebenfalls um CHF 5 Mio. auf CHF 8 Mio. zu erhöhen und die AIDS-Forschung analog der Krebsforschung in seine Botschaft über die Förderung der wissenschaftlichen Forschung 1992 bis 1995 zu integrieren. Mit dem Argument der wissenschaftlichen Relevanz begründete Bundesrat Cotti auch die Teilnahme der Schweiz an der Internationalen AIDS-Konferenz in San Francisco. Das BAG hatte vorgehabt, die Konferenz – gleich wie die EG-Länder – zu boykottieren, um so gegen die restriktive Einreisepolitik der USA gegenüber AIDS-Kranken zu protestieren. Diesen Entscheid hatte das BAG allerdings ohne Rücksprache mit dem Departementsvorsteher getroffen; dieser zeigte sich erstaunt ob dem Vorgehen des BAG und betonte vor dem Nationalrat, dass in derartigen Fällen nur ihm allein die Entscheidungskompetenz zustehe. Wie weit dieser Vorfall zum Rücktritt von BAG-Direktor Beat Roos beitrug, wurde nicht publik.

Finanzierung der AIDS-Forschung (1989–1990)