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Mitte Dezember 2021 und damit knapp ein Jahr nach Sammelbeginn reichten die Initiantinnen und Initianten der Initiative «Für Freiheit und körperliche Unversehrtheit» 126'089 Unterschriften ein. War die Debatte zur Impfpflicht bei Sammelbeginn noch theoretisch gewesen, verwies die Freiheitliche Bewegung Schweiz nun auf die neusten Entwicklungen in der Pandemiebekämpfung: Einzelne Bars oder Kinos würden demnach nur noch geimpften oder genesenen, nicht mehr aber getesteten Personen Einlass gewähren. Am Tag nach Einreichung verkündete der Bundesrat denn auch allgemein, dass Personen, welche weder gegen Covid-19 geimpft noch davon genesen sind, temporär keinen Zugang zu Innenräumen wie denjenigen von Restaurants mehr erhalten. Gut einen Monat später bestätigte die Bundeskanzlei das Zustandekommen der Initiative mit 125'015 gültigen Unterschriften.

Initiative «Für Freiheit und körperliche Unversehrtheit» (BRG 22.075)

Im Oktober 2021 befanden National- und Ständerat im Rahmen der Schlussabstimmung über die Organspende-Initiative sowie ihren indirekten Gegenvorschlag. Die Volksvertreterinnen und -vertreter stimmten mit 141 zu 44 Stimmen (bei 11 Enthaltungen) für den indirekten Gegenentwurf und mit 137 zu 29 Stimmen (bei 29 Enthaltungen) für den Bundesbeschluss auf Empfehlung der Ablehnung der Volksinitiative. Das Stöckli sprach sich mit 31 zu 12 Stimmen (bei 1 Enthaltung) zugunsten des Gegenvorschlags und mit 35 zu 0 Stimmen (bei 9 Enthaltungen) für den Bundesbeschluss auf Ablehnungsempfehlung aus. In der Folge zog das Initiativkomitee die Initiative bedingt zurück. Sollte also das Referendum gegen den indirekten Gegenvorschlag ergriffen und das Gesetz von der Bevölkerung abgelehnt werden, würde es dennoch zur Volksabstimmung über die Initiative kommen.

Organspende-Initiative und indirekter Gegenvorschlag (BRG 20.090)
Dossier: Transplantation von Organen, Geweben und Zellen

Zwei Tage nach dem Ständerat beugte sich erneut der Nationalrat über die Volksinitiative «Organspende fördern – Leben retten» und den indirekten Gegenvorschlag. Die beiden Kommissionssprecherinnen der SGK-NR, Flavia Wasserfallen (sp, BE) und Céline Amaudruz (svp, GE), stellten hinsichtlich des Gegenvorschlags kurz die wenigen redaktionellen und formellen Differenzen zum Ständerat vor. Zudem liessen sie verlauten, dass die Kommission mit 21 zu 0 Stimmen (bei 4 Enthaltungen) entschieden habe, der kleinen Kammer und dem Bundesrat zu folgen und die ursprünglich zur Annahme empfohlene Volksinitiative nun zur Ablehnung zu empfehlen. Grund für diesen Sinneswandel sei, dass die Abstimmungsempfehlung relativ früh getroffen worden sei, mit dem indirekten Gegenvorschlag nun aber eine gute Lösung vorliege, die im Gegensatz zum Volksbegehren auch der Rolle der Angehörigen Rechnung trage. In der Folge bereinigte der Nationalrat stillschweigend die noch bestehenden Differenzen beim Gegenvorschlag und sprach sich gegen die Volksinitiative aus.

Organspende-Initiative und indirekter Gegenvorschlag (BRG 20.090)
Dossier: Transplantation von Organen, Geweben und Zellen

Die Organspende-Initiative und ihr indirekter Gegenvorschlag waren Gegenstand der ständerätlichen Debatte in der Herbstsession 2021. Im Vorfeld hatte sich die SGK-SR mit 9 zu 3 Stimmen (bei 1 Enthaltung) für den indirekten Gegenvorschlag des Bundesrates und mit 10 zu 1 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) gegen das Volksbegehren ausgesprochen. Gemäss Kommissionssprecher Paul Rechsteiner (sp, SG) sei die Widerspruchsregelung als «konkrete Antwort auf den Organmangel» zu werten. Ausgehend von den Erfahrungen südeuropäischer Staaten könne angenommen werden, dass die Zahl der Spenderinnen und Spender durch einen Systemwechsel zunehme. Allerdings gehe der Kommissionsmehrheit wie bereits dem Bundesrat die von der Initiative geforderte enge Widerspruchslösung zu weit – daher auch die diesbezüglich ablehnende Haltung. Weitere Ansätze, mit denen dem Organmangel begegnet werden könnte, namentlich die Einführung eines Erklärungsmodells und der Vorschlag Nantermod (fdp, VS), den Spendewillen auf der Krankenversicherungskarte einzutragen, hätten in der Kommission ebenfalls keine Unterstützung gefunden, so Rechsteiner weiter. Beim indirekten Gegenvorschlag des Bundesrates, welcher eine erweiterte Widerspruchlösung vorsehe, handle es sich hingegen um eine griffige Lösung, bei der auch die nächsten Angehörigen entlastet würden. Eine Kommissionsminderheit rund um Josef Dittli (fdp, UR) teilte diese Ansicht indes nicht. Dem Urner Standesvertreter zufolge würde auch durch den indirekten Gegenvorschlag «eine Erwartungshaltung generiert, die einer Pflicht zur Organspende gefährlich nahe komm[e]». Einen entsprechenden Nichteintretensantrag lehnte der Ständerat jedoch mit 31 zu 13 Stimmen ab. In der Detailberatung folgte die kleine Kammer abgesehen von redaktionellen und formellen Änderungen der grossen Kammer und nahm den Entwurf des indirekten Gegenvorschlags mit 31 zu 12 Stimmen (bei 1 Enthaltung) an. Die Volksinitiative indes blieb im Ständerat chancenlos. Einstimmig sprachen sich die Kantonsvertreterinnen und -vertreter gegen das Volksbegehren aus.

Organspende-Initiative und indirekter Gegenvorschlag (BRG 20.090)
Dossier: Transplantation von Organen, Geweben und Zellen

Während der Sondersession Anfang Mai 2021 stand die Organspende-Initiative sowie der vom Bundesrat lancierte indirekte Gegenvorschlag auf der Traktandenliste des Nationalrates, der dieses Geschäft als Erstrat behandelte. Im Rat herrschte grossmehrheitlich Einigkeit darüber, dass Handlungsbedarf angezeigt sei – umfasste doch gemäss Kommissionssprecher Philippe Nantermod (fdp, VS) die Warteliste für eine Organspende alleine 2019 1'415 Personen. Bei der Frage, wie der Problematik begegnet werden kann, herrschte indes über die Parteigrenzen hinweg Uneinigkeit.
Die grosse Kammer diskutierte in einem ersten Schritt den indirekten Gegenvorschlag, nachdem sie einen Nicht-Eintretensantrag von Siebenthal (svp, BE) abgelehnt hatte. Der Berner SVP-Politiker hatte seinen Antrag damit begründet, dass dem Volk bei einer solch zentralen Angelegenheit eine aktive Mitsprache zugestanden werden müsse, dies jedoch im Falle eines Rückzugs der Volksinitiative nicht gegeben sei.
In der Detailberatung folgte der Nationalrat weitgehend dem bundesrätlichen Entwurf sowie den von der Mehrheit seiner SGK vorgenommenen Präzisierungen. Eine dieser Präzisierungen bestand darin, dass die im indirekten Gegenvorschlag vorgesehene erweiterte Widerspruchslösung mit der Möglichkeit versehen werden soll, sich explizit für eine Organspende auszusprechen. Weiter bestätigte der Nationalrat die Meinung der Kommission, dass der Wille der hingeschiedenen Person gegenüber dem Willen ihrer Angehörigen vorrangig behandelt werden muss und dass der Entscheid über eine allfällige Organspende an eine Vertrauensperson übertragen werden kann, welche die Rolle der nächsten Angehörigen einnimmt.
Wie bereits bei der Behandlung durch die Kommission fand auch in der Ratsdebatte das sogenannte Erklärungsmodell, das von einer Minderheit Amaudruz (svp, GE) gefordert wurde, keine Mehrheit. Gemäss diesem sollten sich die einzelnen Personen regelmässig zu ihrer Absicht bezüglich Organspende äussern. Ebenfalls erfolglos blieben weitere Minderheitsanträge, darunter zwei Anträge einer Minderheit Nantermod. Diese verfolgten das Ziel, dass Bürgerinnen und Bürger bei Behördengängen – wie zum Beispiel bei der Erneuerung der Identitätskarte – auf die Regelung zur Organspende hinzuweisen seien und dass ihr Wille auf der Versicherungskarte vermerkt werden soll.
In der Gesamtabstimmung stimmte der Nationalrat dem indirekten Gegenvorschlag schliesslich deutlich mit 150 zu 34 Stimmen (bei 4 Enthaltungen) zu, wobei sämtliche Nein-Stimmen aus dem Lager der SVP-Fraktion stammten. Äusserst knapp fiel indes das Resultat der im Anschluss daran erfolgten Abstimmung betreffend die Empfehlung zur Volksinitiative aus: Mit 88 zu 87 Stimmen (bei 14 Enthaltungen) sprach sich die grosse Kammer auch für das Volksbegehren aus. Eine grosse Mehrheit der SVP- und der Mitte-Fraktion empfahlen die Initiative zur Ablehnung, gespalten zeigte sich die FDP-Fraktion. Weitere Nein-Stimmen kamen von Mitgliedern der SP-Fraktion. Die Grünliberalen und die Grünen waren die einzigen, die dem Volksbegehren geschlossen zustimmten, wenn auch mit einigen Enthaltungen.

Organspende-Initiative und indirekter Gegenvorschlag (BRG 20.090)
Dossier: Transplantation von Organen, Geweben und Zellen

Inmitten der zweiten Welle der Corona-Pandemie begann die Freiheitliche Bewegung Schweiz (FBS) mit der Unterschriftensammlung für die Initiative «Für Freiheit und körperliche Unversehrtheit». Die Initiantinnen und Initianten – neben dem Präsidenten und Vizepräsidenten der FBS gehörten dem Initiativkomitee unter anderem auch Nationalrätin Yvette Estermann (svp, LU) und Komiker Marco Rima an – verlangten, dass «Eingriffe in die körperliche oder geistige Unversehrtheit einer Person [...] deren Zustimmung» bedürfen und eine Ablehnung eines solchen Eingriffs keine Bestrafung oder beruflichen und sozialen Nachteile nach sich ziehen darf. Gemäss Presse lehnt das Komitee mit seiner Initiative einen Impfzwang ab, über den bei Sammelbeginn anlässlich der Ankündigung von Pfizer/BioNTech, einen zu 90 Prozent wirksamen Impfstoff gegen das Corona-Virus entwickelt zu haben, in den Medien diskutiert wurde. Das Initiativkomitee hat bis zum 1. Juni 2022 Zeit, um 100'000 Unterschriften zu sammeln.

Initiative «Für Freiheit und körperliche Unversehrtheit» (BRG 22.075)

Im November 2020 veröffentlichte der Bundesrat seine Botschaft zur Volksinitiative «Organspende fördern – Leben retten». Darin befürwortete er das Ansinnen des Volksbegehrens prinzipiell. Es existiere zwar der Aktionsplan «Mehr Organe für Transplantationen», die Anzahl Organspenden seien in der Schweiz jedoch im europäischen Vergleich immer noch tief. Zur Verbesserung der Chancen für Menschen, die auf eine Organspende warten, sei eine zusätzliche Massnahme deshalb angebracht. Dennoch empfahl der Bundesrat die Initiative zur Ablehnung. Ausgehend von der wissenschaftlichen Literatur könne zwar angenommen werden, dass mit der Einführung einer Widerspruchslösung die Spendenrate ansteigen werde. Allerdings sei dem Initiativtext nichts darüber zu entnehmen, welche Rolle den Angehörigen von möglichen Organspendenden zukommen solle. Die Landesregierung war der Ansicht, dass eine enge Widerspruchslösung, wie sie die Initiative gemäss ihrem Wortlaut darstelle, «ethisch nicht vertretbar» sei.
Stattdessen stellte der Bundesrat der Initiative nach der Vernehmlassung eines entsprechenden Vorentwurfs einen indirekten Gegenvorschlag gegenüber, im Rahmen dessen er eine Änderung des Transplantationsgesetzes in Richtung einer erweiterten Widerspruchslösung beabsichtigte. Werde eine Organspende erwogen, müssten die Angehörigen konsultiert werden. Diese sollen zudem über den mutmasslichen Willen der verstorbenen Person befragt werden, falls kein Dokument mit der Absicht der bzw. des Hingeschiedenen vorhanden sein sollte. Um sicherzustellen, dass der Wille des bzw. der Verstorbenen zuverlässig erfasst und im Notfall abrufbar ist, sah die Landesregierung die Einrichtung eines leicht bedienbaren Organ- und Gewebespenderegisters vor. Darin sollen zu Lebzeiten ein allfälliger Widerspruch, die Nicht-Berücksichtigung einzelner Organe für eine Spende, aber auch eine generelle Zustimmung zur Organentnahme festgehalten werden können, wobei eine Änderung des Eintrags jederzeit möglich sein soll. Ferner plante der Bundesrat, die Bevölkerung mittels «umfassende[r] Kommunikationsstrategie» über die vorgenommene Gesetzesänderung und das Widerspruchsrecht zu informieren.

Organspende-Initiative und indirekter Gegenvorschlag (BRG 20.090)
Dossier: Transplantation von Organen, Geweben und Zellen

Im Oktober 2020 wurde der Ergebnisbericht zur Vernehmlassung des indirekten Gegenvorschlags zur Organspende-Initiative, welche vom 13. September bis zum 13. Dezember 2019 gedauert hatte, veröffentlicht. Insgesamt hatten 81 Akteurinnen und Akteure Stellung genommen, wobei sich mit 53 von ihnen ein Grossteil der Vernehmlassungsteilnehmenden vollumfänglich oder grundsätzlich zustimmend zum Gegenvorschlag aussprachen. Zu ihnen gehörten 21 Kantone, die beiden Parteien GLP und GPS sowie dreissig Organisationen, darunter auch Swisstransplant, eine Unterstützerin der Volksinitiative. Explizit abgelehnt wurde die Vorlage von 16 Vernehmlassungsteilnehmenden. Als Gründe für die ablehnende Haltung wurden die Befürwortung der Volksinitiative (JU), des Erklärungsmodells (LU, CVP, EVP, CBCES, EKS, MERH_UZH, NEK) oder der parlamentarischen Initiative Nantermod (fdp, VS; pa.Iv. 18.443; FDP), aber auch die zu enge Zustimmungslösung (ÄPOL) und der Wunsch nach Beibehaltung der aktuell gültigen erweiterten Zustimmungslösung (HGS) aufgeführt. Weitere Argumente gegen den indirekten Gegenvorschlag liessen sich auf ethische Bedenken (SH, HLI, MIGUNIBE, SPO) oder auf die Forderung zurückführen, dass die Vorlage Teil eines Gesamtprojekts zur Einwilligung in der Gesundheits- und Humanforschung sein sollte (Privatim). Weder eine zustimmende noch eine ablehnende Haltung nahmen aus diversen Gründen zehn Vernehmlassungsteilnehmende ein (BL, TG, iEH2, SPS, BDP, SVP, GDK, insieme, SBK und SGG). Der SAV, santésuissse und der SSV verzichteten auf eine Stellungnahme.

Positiv aufgenommen wurde von der Mehrheit der Vernehmlassungsteilnehmenden die geplante Einbindung der Angehörigen. In diesem Zusammenhang kam denn auch mehrfach die Forderung auf, dass eine Organentnahme nur zulässig sein soll, wenn die Angehörigen erreicht werden können. Auch die gesetzliche Verankerung eines Registers wurde grösstenteils befürwortet, wobei verschiedene Änderungsvorschläge eingingen. Einer von ihnen bestand darin, dass neben der Dokumentation des Widerspruchs auch eine Zustimmung festgehalten werden können sollte. Von verschiedenen Seiten wurde zudem der Wunsch geäussert, dass der Stiftung Swisstransplant die Registerführung zukommen soll, weil sie bereits über ein Register verfüge. Ferner wurde der Information der Bevölkerung über das Widerspruchsmodell ein hoher Stellenwert beigemessen.

Organspende-Initiative und indirekter Gegenvorschlag (BRG 20.090)
Dossier: Transplantation von Organen, Geweben und Zellen

Am 13. September 2019 gab der Bundesrat seinen indirekten Gegenvorschlag zur Organspende-Initiative in die Vernehmlassung. Anstelle der engen Widerspruchslösung sah er eine erweiterte Widerspruchslösung vor. Konkret sollen wie bei der Initiative die Organe einer verstorbenen Person entnommen werden können, falls sich diese vor ihrem Tod nicht explizit dagegen ausgesprochen hatte. Anders als bei der Initiative sah der Gegenvorschlag allerdings den Einbezug der Angehörigen vor, welchen ein subsidiäres Widerspruchsrecht zukommen soll, falls der Wille des bzw. der Verstorbenen unbekannt ist. So sollen die Angehörigen eine Organentnahme ablehnen können, wenn davon ausgegangen werden muss, dass dies im Sinne der hingeschiedenen Person ist. Die Landesregierung plante eine intensive Informationskampagne, mit welcher die Bevölkerung über die zulässige Organ-, Gewebe- und Zellentnahme bei fehlendem Widerspruch und darüber, dass ein allfälliger Widerspruch in einem dafür geschaffenen Register festgehalten werden muss, unterrichtet werden soll. Von der Widerspruchslösung ausgenommen werden sollen Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren, urteilsunfähige Menschen sowie Personen, deren Wohnsitz sich nicht in der Schweiz befindet, weil sie gemäss erläuterndem Bericht nicht über die Widerspruchslösung informiert werden können oder weil sie nicht die Gelegenheit hatten, sich gegen eine Organentnahme auszusprechen. Fehlt bei diesen Personengruppen der Widerspruch, müssten ihre Angehörigen angefragt werden, «ob sie einer Entnahme widersprechen möchten».

Inwiefern ein erweitertes Widerspruchsmodell im Vergleich zum Zustimmungsmodell die Angehörigen entlasten würde, ist umstritten. Gesundheitsminister Berset erklärte, dass zwar bei beiden Modellen die Angehörigen entscheiden müssten, dass dadurch, dass die Organentnahme nicht mehr die Ausnahme, sondern den Normalfall darstelle, «das Gespräch zwischen Pflege und Verwandten beeinfluss[t]» werde. Während Renato Lenherr, Leiter des Organspende-Netzwerks DCA, sich im Tagesanzeiger davon überzeugt zeigte, dass das Widerspruchsmodell den Angehörigen beim Treffen des Entscheids entgegenkomme, weil es sich bei der Organentnahme um den Regelfall handle, war Notfallpsychologin Viviana Abati der Ansicht, dass die Angehörigen durch den Systemwechsel nicht entlastet, sondern zusätzlich belastet würden, weil sie sich gegen eine Organspende «wehren» müssten, wenn sie der Auffassung seien, dass eine solche dem Willen des respektive der Verstorbenen widerspreche.

Einige Tage bevor der Bundesrat seinen Entwurf in die Vernehmlassung gab, hatte die Nationale Ethikkommission im Bereich der Humanmedizin (NEK), welche die Widerspruchslösung für «ethisch bedenklich» hielt, einen Alternativvorschlag präsentiert. Denn auch sie befand die aktuelle Situation für unbefriedigend, da eine Mehrheit der Bevölkerung eine positive Haltung gegenüber einer Organspende einnehme, sich allerdings nur sehr wenige diesbezüglich explizit äusserten. Dies habe zur Folge, dass es an den Angehörigen liege, diese schwierige Entscheidung zu treffen, und zudem nicht genügend Organe vorhanden seien. Mit dem sogenannten Erklärungsmodell sah die NEK vor, dass sich die Menschen regelmässig mit der Frage, ob sie Organe spenden möchten oder nicht, auseinandersetzen und ihren Willen in einem Register eintragen müssen. Wie genau die Regelung ausgestaltet werden soll, darüber bedürfe es noch Diskussionen, so die Kommission in der NZZ. In den Medien war diesbezüglich von einem Spenderegistereintrag bei der Erneuerung der Identitätsausweise oder anlässlich von Konsultationen beim Hausarzt die Rede. Neben der Zustimmung und der Ablehnung der Organspende soll auch die Angabe «keine Erklärung» gemacht werden können. Die NEK versprach sich vom Erklärungsmodell, dass sich die positive Grundhaltung der Schweizer Bevölkerung bezüglich Organspende auch in den Anzahl Spenderegistereinträgen niederschlagen und dass das Vertrauen in die Organspende gefördert würde. Gemäss NZZ hatte sich auch der Bundesrat mit dem Erklärungsmodell auseinandergesetzt, dieses allerdings verworfen, da er unter anderem die wiederholte Abfrage des Spenderwillens «als Eingriff in die persönliche Freiheit» interpretierte.

Organspende-Initiative und indirekter Gegenvorschlag (BRG 20.090)
Dossier: Transplantation von Organen, Geweben und Zellen

Mitte Juni 2019 gab der Bundesrat dem EDI die Ausarbeitung eines indirekten Gegenvorschlags zur Organspende-Initiative in Auftrag. Prinzipiell befürwortete die Landesregierung die Forderung des Volksbegehrens der «Jeune Chambre International Riviera» zwar – so habe das Modell der Widerspruchslösung in anderen europäischen Ländern zu einer Zunahme an Organspenden geführt, was für die Verkürzung der Wartezeiten für eine Organtransplantation und das Retten von Menschenleben zentral sei –, jedoch sprach sich der Bundesrat gegen eine enge Widerspruchslösung aus, bei der die Angehörigen nicht miteingebunden werden. In seinem indirekten Gegenvorschlag sah er daher eine erweiterte Widerspruchslösung vor, bei welcher die Rechte der Angehörigen gewahrt werden sollen. Sie sollen auch künftig beigezogen werden und sich gegen eine Organspende aussprechen können, falls dies der nirgends festgehaltene Wille der hingeschiedenen Person war. Der Bundesrat plante, den Gesetzestext bis im Herbst 2019 in die Vernehmlassung zu geben.
Die Medien gingen davon aus, dass das Initiativkomitee sein Anliegen wohl zurückziehen werde, falls das Parlament die Widerspruchslösung unterstützt. Gemäss Basler Zeitung hiess Franz Immer, Direktor von Swisstransplant, den bundesrätlichen Vorschlag gut. Der Einbezug der Angehörigen sei nicht explizit in die Initiative aufgenommen worden, für das Initiativkomitee stehe allerdings fest, dass die Angehörigen zu Rate gezogen werden müssten. Der medialen Berichterstattung war aber auch Kritik zu entnehmen. Die Ethikerin Ruth Baumann-Hölzle gab im Tages-Anzeiger beispielsweise zu bedenken, dem Staat komme eigentlich die Aufgabe des Schutzes der Menschen vor Eingriffen zu, mit der Widerspruchslösung werde indes riskiert, dass Menschen zu Organspendern würden, ohne dies zu wollen. In eine ähnliche Richtung argumentierte Armin Müller, Mitglied der Chefredaktion der Sonntagszeitung. Er meinte, der «menschliche[…] Körper [dürfe] nicht [durch den Staat] zum Ersatzteillager degradiert werden». Weiter befürchtete Baumann-Hölzle, dass mit dem indirekten Gegenvorschlag ein Paradigmenwechsel vollzogen würde, ohne dass das Volk etwas dazu zu sagen habe, falls dagegen nicht ein fakultatives Referendum ergriffen werde.

Organspende-Initiative und indirekter Gegenvorschlag (BRG 20.090)
Dossier: Transplantation von Organen, Geweben und Zellen

Am 22. März 2019 reichte die Jeune Chambre Internationale Riviera ihre Volksinitiative zur Organspende ein, welche am 18. April 2019 mit 112'633 gültigen Unterschriften von der Bundeskanzlei für zustande gekommen erklärt wurde. Den Initianten und Initiantinnen zufolge waren die 100'000 nötigen Unterschriften bereits im Januar desselben Jahres erreicht worden. Im Zusammenhang mit dem Volksbegehren hatte Swisstransplant, eine Partnerin der Initiative, ein Organspendenregister eingerichtet, auf dem man sich ab dem Alter von 16 Jahren registrieren und angeben kann, ob man seine Gewebe und Organe spenden möchte. Dabei ist eine Änderung des Eintrages jederzeit möglich. Bis Ende 2018 hatten sich gemäss dem Boten der Urschweiz bereits 50'000 Personen eingetragen, wobei sich der Anteil der Eingetragenen, die eine Organspende ablehnen, auf 4 Prozent beläuft.

Organspende-Initiative und indirekter Gegenvorschlag (BRG 20.090)
Dossier: Transplantation von Organen, Geweben und Zellen

Im Oktober 2017 lancierte die Bewegung Jeune Chambre Riviera eine Volksinitiative zur Organspende. Die Forderung des Begehrens bestand darin, dass alle Menschen automatisch als Organspenderinnen und -spender gelten sollen, solange sie sich nicht explizit dagegen ausgesprochen haben. Personen, die nicht bereit sind, ihre Organe zu spenden, müssten sich in einem nationalen Register eintragen lassen. Es soll folglich ein Systemwechsel von der «Zuspruchslösung» zur «Widerspruchslösung» stattfinden. Bislang war nur Spender oder Spenderin, wer der Organentnahme zu Lebzeiten explizit zugestimmt hatte. Unterstützt wurde das Initiativkomitee von Swisstransplant, der Stiftung für Organspende und Transplantation.
Die Initiantinnen und Initianten erhofften sich durch die Volksinitiative eine Sensibilisieren für die Thematik und einen Anstieg der Spendequote. In der Schweiz werde zu wenig oft darüber gesprochen, ob man bereit wäre, seine Organe zu spenden, sollte man plötzlich sterben. So sei bei gut der Hälfte der Gespräche bezüglich einer Organentnahme der Wille der verstorbenen Person nicht bekannt. Gemäss dem Waadtländer Gesundheitsdirektor Yves Maillard (sp, VD) gaben in Umfragen 85 Prozent der Bevölkerung an, einer Organspende zuzustimmen, die Zustimmungsrate der Angehörigen liegt allerdings lediglich bei 40 Prozent und somit auch deutlich tiefer als beispielsweise in Frankreich (70%) und Spanien (85%). Das führe zu langen Wartelisten: Im September 2017 hätten 1'502 Personen auf ein Spenderorgan gewartet, so die Zahlen von Swisstransplant, während nur von 105 Spenderinnen und Spendern insgesamt 331 Organe hatten entnommen werden dürfen. Dadurch würden den Medien zufolge hierzulande jährlich hundert Personen sterben, weil sie nicht rechtzeitig eine Organspende erhalten. Dabei könnte der Organbedarf eigentlich ohne Schwierigkeiten gedeckt werden, auch wenn sich nicht alle der 65'000 Personen, die jährlich sterben, als Spenderinnen und Spender eigneten.
Das Anliegen der Initiantinnen und Initianten war nicht unumstritten und hatte bereits in der Vergangenheit unter anderem im Zusammenhang mit der Änderung des Transplantationsgesetzes (BRG 13.029) für Diskussionen gesorgt. Während die Befürworter und Befürworterinnen mit den oben dargelegten Zahlen argumentierten, gab Ruth Humbel (cvp, AG) zu bedenken, dass «das Recht auf körperliche Unversehrtheit bis über den Tod hinaus […] nicht verhandelbar» sei. Von Seiten der Ethikerinnen und Ethiker war Ruth Baumann-Hölzle, Leiterin des Instituts Dialog Ethik in Zürich, der Ansicht, dass durch den Systemwechsel das Risiko eingegangen werde, dass einer Person Organe entnommen würden, ohne dass diese damit einverstanden sei. Dabei handle es sich um Organraub.

Organspende-Initiative und indirekter Gegenvorschlag (BRG 20.090)
Dossier: Transplantation von Organen, Geweben und Zellen

Im Berichtsjahr nahm der Nationalrat als Zweitrat die Verhandlungen über die Volksinitiative „Ja zur Hausarztmedizin“ und den direkten Gegenentwurf dazu, den Bundesbeschluss über die medizinische Grundversorgung, auf. Dem Antrag auf Ablehnung der Initiative folgte der Nationalrat Anfang März, worauf in der Herbstsession beide Räte in ihren Schlussabstimmungen diese Abstimmungsempfehlung fassten. Differenzierter wurde die Formulierung des Gegenvorschlages behandelt, welcher der Ständerat im Vorjahr zugestimmt hatte. Dieser setzt eine vernetzte, koordinierte und multiprofessionell erbrachte medizinische Grundversorgung ins Zentrum, bei der die Hausarztmedizin eine zentrale Rolle spielt. Zudem sollen damit die Anliegen und Interessen einer jüngeren Generation von Hausärztinnen und -ärzten erfüllt und eine zukunftsgerichtete Vision der medizinischen Grundversorgung wahrgenommen werden. Der Ständerat hatte 2012 eine leicht modifizierte, etwas verbindlichere Formulierung des Bundesbeschlusses beschlossen. Inhaltlich war das Ratsplenum jedoch sehr nahe an der bundesrätlichen Fassung geblieben. Auch im Nationalrat genoss die Vorlage grundsätzliche Unterstützung. Es galt, die Differenzen zwischen Ständerat und Bundesrat zu erörtern und einen Beschluss zu fassen, wobei die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit (SGK) des Nationalrates ihrerseits noch einige neue Passagen vorschlug. Aufgrund eines zusätzlichen Absatzes sollen Bund und Kantone „günstige Voraussetzungen für die Ausübung der Gesundheits- und Medizinalberufe und [...] eine ausgewogene regionale Verteilung“ schaffen. Zudem soll die Hausarztmedizin und deren Steuerungsfunktion gestärkt werden. Ebenfalls neu war die Idee, der Bund müsse Vorschriften über „die medizinische Grundversorgung und das verfügbare Aus- und Weiterbildungsangebot, soweit dies zur Sicherstellung der ausreichenden Versorgung erforderlich ist“, erlassen. Diese Bestimmungen wurden unbestritten angenommen. Für Diskussionsstoff sorgte hingegen eine vom Ständerat gefasste Formulierung, wonach eine angemessene Abgeltung der Leistungen der Hausarztmedizin in der Verfassung festgeschrieben werden sollte. Bürgerliche Nationalräte um Ignazio Cassis (fdp, TI) stellten einen Minderheitsantrag auf Streichung dieser Norm mit dem Argument, sie sei nicht verfassungswürdig und stelle falsche Anreize, indem eine bestimmte Berufsgruppe verfassungsmässig zugesicherte Löhne erhalte. Namens der SP Fraktion hielt Nationalrätin Heim (sp, SO) dagegen, dass es in allen Berufen selbstverständlich sei, dass gute Leistungen angemessen abgegolten werden. Die Realität bei der Hausärzteschaft sei aber eine andere, so die Politikerin: Je länger je mehr entspreche der Lohn weder der fachlichen noch der zeitlichen Herausforderung. Auch die grosse Verantwortung dieses Berufs werde nur unzureichend berücksichtigt. Entsprechend dem Mehrheitsantrag der SGK und gegen die Minderheit Cassis nahmen die Parlamentarier den betreffenden Gesetzesartikel mit 102 zu 78 Stimmen an, wobei sich die geschlossen stimmenden Fraktionen der FDP und SVP der Ratslinken und weiteren Stimmen aus dem Mittelager beugen mussten. In der Gesamtabstimmung wurde der Gegenvorschlag mit 123 zu 40 Stimmen gutgeheissen und dem Ständerat zur Differenzbereinigung übergeben. Im Zuge der Beratungen behandelte der Nationalrat ebenfalls eine Motion (Mo. 12.3643) der ständerätlichen SGK. Der Vorstoss sah vor, dass der Bundesrat mit verschiedenen Massnahmen die Hausarztmedizin als wesentlichen Teil der medizinischen Grundversorgung kurz- und mittelfristig stärken soll. Die Kommission schlug dazu ein Sieben-Punkte-Programm vor, welches in Einklang mit einem sich in Arbeit befindenden „Masterplan Hausarztmedizin“ umgesetzt werden sollte. Damit wollte man die Grundlage für einen allfälligen Rückzug der Volksinitiative schaffen. In diesem Sinne sprach sich der Nationalrat für die Annahme dieser Motion aus. Der Ständerat wurde in der Sommersession mit den Differenzen konfrontiert. Dessen SGK beantragte grundsätzliches Festhalten an den früheren Ständeratsbeschlüssen und damit die Streichung beider vom Nationalrat neu eingeführten Bestimmungen. Die vorgeschlagene „ausgewogene regionale Verteilung und die Stärkung der Hausarztmedizin und deren Steuerungsfunktion“ gehe zu weit und entspreche beinahe den Forderungen der Initiative, welche der Ständerat seinerseits deutlich abgelehnt hatte. Der Erlass von Vorschriften über "die medizinische Grundversorgung und das verfügbare Aus- und Weiterbildungsangebot“ sei in der Fassung des Ständerates bereits erfüllt und daher als redundant zu streichen. Diesen in der SGK-SR einstimmig gefällten Beschlüssen folgte das Ratsplenum. Im Nationalrat forderte eine Minderheit Pezzatti (fdp, ZG) daraufhin, dem Ständerat zu folgen. Die Mehrheit der Kommission wollte jedoch aus verfahrenstaktischen gründen an ihrem Antrag festhalten: Mit einer Verzögerung des Geschäftsabschlusses sollte Zeit gewonnen werden, um den „Masterplan Hausmedizin“ weiter gedeihen zu lassen. Die Kommissionsmehrheit gewann die Abstimmung mit 110 zu 73 Stimmen, womit die grosse Kammer auf der eigenen Fassung beharrte und die Räte erst in der Herbstsession dazu weitertagten. Nachdem der Ständerat Anfang September wiederum an seiner Version festhielt, lenkte die SGK des Nationalrates ein und beantragte einstimmig, dem Ständerat zu folgen. Dieser Antrag wurde vom Nationalrat gestützt, womit die beiden Differenzen bereinigt wurden. Nicht unwesentlich für diesen Entscheid waren auch die Signale des Berufsverbandes Hausärzte Schweiz: Er deutete an, seine Initiative zugunsten des Gegenvorschlages zurückzuziehen. Der in der Zwischenzeit weiter fortgeschrittene Masterplan skizziere passende Massnahmen und erfülle zusammen mit dem Gegenvorschlag die Absichten der Initiative. Mit 38 respektive 195 Stimmen fassten die Räte die Abstimmungsempfehlung auf Ablehnung der Initiative jeweils einstimmig. Der Gegenvorschlag wurde im Ständerat mit 43 Stimmen einstimmig und im Nationalrat mit 140 zu 49 Stimmen ebenfalls deutlich angenommen. Anfang Oktober gab das Initiativkomitee bekannt, die Volksinitiative zurückzuziehen. Damit wird Volk und Ständen lediglich der Gegenvorschlag zur Abstimmung unterbreitet.

Gegenentwurf „Ja zur Hausarztmedizin“

Bei den Abstimmungen vom 1. Juni musste die SVP eine dreifache Niederlage einstecken: Ihre Volksinitiative „für demokratische Einbürgerungen“ wurde deutlich abgelehnt, ebenso die Initiative „gegen Behördenpropaganda“, die sie als einzige grosse Partei unterstützt hatte, und der Gesundheitsartikel, der als Gegenvorschlag zu einer mittlerweile zurückgezogenen SVP-Volksinitiative entstanden war.

Abstimmungsniederlagen für die SVP

Die Komplementärmedizin soll politisch und rechtlich verankert und der Schulmedizin gleichgestellt werden. Das verlangt eine Volksinitiative, die Ende September lanciert wurde. Bund und Kantone sollen im Rahmen ihrer Zuständigkeiten für die umfassende Berücksichtigung der Komplementärmedizin sorgen. Das Volksbegehren will die alternativen Heilmethoden definitiv in der Grundversicherung nach KVG verankern und den Stellenwert der Komplementärmedizin in der Ausbildung, in Lehre und Forschung verbessern. Hinter dem Begehren stehen Organisationen der ärztlichen und nichtärztlichen Komplementärmedizin, Patientenorganisationen, Wissenschafter, Exponenten von Krankenversicherern und Vertreter der nationalen und kantonalen Politik, so etwa die Nationalräte Günter (sp, BE) und Müller (gp, AG), Nationalrätin Hollenstein (gp, SG), Ständerätin Sommaruga (sp,BE) sowie alt Bundesrat Otto Stich.

Volksinitiative „Ja zur Komplementärmedizin“

Im September legte die SVP den Forderungskatalog ihrer geplanten Gesundheitsinitiative vor. Die Krankenkasse sollte analog der AHV auf einem Dreisäulenmodell aufgebaut sein mit einer obligatorischen Krankenversicherung, die das Minimum abdeckt, einer erweiterten Krankenversicherung als freiwillige, individuelle Ergänzung und einer Zusatzversicherung. Nicht der Bundesrat, sondern das Parlament solle den Leistungskatalog für die obligatorische und die erweiterte Krankenversicherung festlegen.

SVP berät über Krankenkasseninitiative "für tiefere Prämien"

Nach dem Nationalrat lehnte auch die kleine Kammer die 1997 eingereichte Volksinitiative „Für eine freie Arzt- und Spitalwahl“, die eine uneingeschränkte Wahl des Leistungserbringers für die Kranken- und Unfallversicherten in der ganzen Schweiz verlangte, mit 28 zu 0 Stimmen klar ab. Da mit der 2. Teilrevision des KVG im Bereich der Spitalfinanzierung ein Hauptanliegen der Initianten (gleich lange Spiesse für öffentliche Spitäler und private Kliniken) weitgehend Berücksichtigung fand, wurde das Begehren im Sommer zurückgezogen.

Volksinitiative «für eine freie Arzt- und Spitalwahl» (BRG 99.059)

Diskussionslos und einstimmig lehnte auch der Ständerat die Volksinitiative „für tiefere Spitalkosten“ ab. Das aus Kreisen um den Detailhandelsgrossisten Denner lancierte Begehren wollte das Versicherungsobligatorium auf den Spitalbereich beschränken. Für alle anderen Leistungen sollte Privatversicherungsrecht herrschen. Die Vorlage wurde vor der Abstimmung nur gerade von der Lega unterstützt, alle anderen Parteien und die massgebenden Verbände lehnten sie ab. In der Volksabstimmung vom 26. November wurde die Initiative mit über 82 Prozent Neinstimmen massiv verworfen.


Abstimmung vom 26. November 2000

Beteiligung: 41,7%
Ja: 343 008 (17,9%) / 0 Stände
Nein: 1 574 528 (82,1%) / 20 6/2 Stände

Parolen:
– Ja: Lega.
– Nein: FDP, CVP, SP, SVP, LP, EVP, CSP, PdA, GP, SD, EDU, FP; Economiesuisse, SGV, SBV, SGB, CNG.

Die nahezu einhellige Ablehnung der Initiative zeigte sich auch im Abstimmungsprofil. Gemäss der Vox-Analyse ergab sich kein signifikanter Zusammenhang zwischen soziodemographischen Merkmalen und Stimmentscheid. Auch bei den parteipolitischen Merkmalen konnten nur graduelle Unterschiede ausgemacht werden; so lagen die Neinstimmenanteile bei den Bundesratsparteien mit Ausnahme der SVP über 80%. Die Ablehnung der Initiative war im rechtskonservativen Lager weniger ausgeprägt, aber immer noch sehr deutlich.

Volksinitiative "für tiefere Spitalkosten"

Kategorisch und ohne direkten oder indirekten Gegenvorschlag lehnte der Bundesrat die Denner-Initiative „für tiefere Spitalkosten“ ab, welche die obligatorische Krankenversicherung auf Spitalaufenthalte beschränken möchte, für welche die Krankenversicherungen – unabhängig von den tatsächlichen Kosten – 250 Fr. pro Tag zu bezahlen hätten. Wer sich weiterhin für die ambulante oder teilstationäre Behandlung versichern möchte, müsste dafür eine freiwillige Zusatzversicherung abschliessen. Gemäss dem Bundesrat würde das Volksbegehren das soziale System der Krankenversicherung untergraben, ohne die Gesundheitskosten zu senken. Es fände eine Entsolidarisierung mit jenen (oft betagten) chronisch Kranken statt, die ständige ärztliche ambulante Betreuung brauchen. Zudem würden sich die Patientinnen und Patienten vermehrt im Spital behandeln lassen, was die Gesundheitskosten ungerechtfertigt anheben würde. Der Nationalrat folgte in der Wintersession mit seltener Einmütigkeit dem Bundesrat und verwarf die Initiative mit 154 zu 7 Stimmen deutlich.

Volksinitiative "für tiefere Spitalkosten"

Ohne Wenn und Aber beantragte der Bundesrat dem Parlament, die Volksinitiative „für eine freie Arzt- und Spitalwahl“ Volk und Ständen zur Ablehnung zu empfehlen, da damit ein wichtiges Steuerungsinstrument zur Dämpfung der Gesundheitskosten und Prämien wegfallen würde. Der Nationalrat schloss sich mit 151 zu 14 Stimmen ganz klar dem Bundesrat an. Die freie Wahl des Arztes sei zwar im Krankenversicherungsgesetz verankert und ein zutiefst liberales Anliegen, betonten vor allem freisinnige Parlamentarier. Auch die freie Spitalwahl über die Kantonsgrenzen hinweg sei wünschenswert, doch sei eine uneingeschränkte Zulassung von Leistungserbringern nicht bezahlbar, da im Gesundheitswesen der Wettbewerb nur bedingt spiele: nicht der Patient als Nachfrager, sondern der Arzt als Anbieter entscheide darüber, wie viele Leistungen erbracht werden. Der Mitbegründer der Initiative und frischgebackene Aargauer CVP-Nationalrat Zäch, Chef des Paraplegikerzentrums Nottwil (LU), wollte dem Rat zumindest einen indirekten Gegenvorschlag in Form einer gesamtschweizerischen Spitalplanung beliebt machen. Obgleich dieses Ansinnen in den Räten bereits mehrfach zur Diskussion gestanden hatte und durchaus auf Interesse gestossen war, wurde sein Antrag vom Nationalrat mit 95 gegen 72 Stimmen abgelehnt.

Volksinitiative «für eine freie Arzt- und Spitalwahl» (BRG 99.059)

Erwartungsgemäss wurde die Droleg-Initiative massiv verworfen, mit 74% der ablehnenden Stimmen sogar noch deutlicher als ein Jahr zuvor das Begehren “Jugend ohne Drogen” (70,7% Nein). Mit Ausnahme der Kantone Zürich und Schaffhausen sowie beider Basel sprachen sich alle Kantone mit über 70% der Stimmen dagegen aus. Mit mehr als 80% Neinstimmen wurde die Initiative im Kanton Appenzell Innerrhoden sowie in den romanischen Landesgegenden (mit Ausnahme von Genf) abgelehnt. Am deutlichsten sprach sich Neuenburg mit nur knapp 15% Ja-Stimmen dagegen aus.


Volksinitiative “für eine vernünftige Drogenpolitik”
Abstimmung vom 29. November 1998


Beteiligung: 38,4%
Nein: 1'290'070 (74%) / 23 6/2 Stände
Ja: 453'451 (26%) / 0 Stände

Parolen:
– Nein: FDP, CVP, SVP, LP, LdU (1*), EVP, FP, SD, CSP; SGV, SBV; FMH, SFA.
– Ja: SP (9*), GP, PdA.
– Stimmfreigabe: SGB

* In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen

Volksinitiativen «für eine vernünftige Drogenpolitik» (Droleg-Initiative) und «Jugend ohne Drogen» sowie direkter Gegenvorschlag (BRG 95.046)

Die vom Detailhandel-Discounter Denner im Vorjahr lancierte Volksinitiative “für tiefere Spitalkosten” kam mit 106'776 gültigen Unterschriften zustande. Danach soll die obligatorische Krankenkasse abgeschafft und durch eine reine Spitalkostenversicherung abgelöst werden, welche eine Tagespauschale ausrichtet.

Volksinitiative "für tiefere Spitalkosten"

Nach der politischen Sommerpause setzte der Abstimmungskampf für die Volksinitiative “für eine vernünftige Drogenpolitik” ein, welche unter dem gängigeren Namen “Droleg” den Drogenkonsum generell freigeben und die Drogenbeschaffung als Staatsmonopol etablieren wollte, um damit der organisierten Kriminalität die Daseinsberechtigung zu entziehen. Da niemand, nicht einmal die SP, deren Vorstand Stimmfreigabe beschloss, deren Delegiertenversammlung dann aber für eine Unterstützung votierte, wirklich an einen Erfolg des Volksbegehrens glaubte, wurde die Kampagne von beiden Seiten recht lau geführt, wobei auch ins Gewicht fiel, dass die Befürworter nur sehr beschränkte Mittel einsetzen konnten. Wortführerin der ablehnenden Kreise war Bundesrätin Dreifuss, die betonte, die Initiative sei im Interesse der Volksgesundheit abzulehnen. Die Vorstellung, mit einer Legalisierung könnte der Schwarzmarkt effizient bekämpft werden, gehöre ins Land der Illusionen. Zudem würde sich die Schweiz damit international isolieren und das weltweite Netz der Verbrechensbekämpfung schwächen.

Volksinitiativen «für eine vernünftige Drogenpolitik» (Droleg-Initiative) und «Jugend ohne Drogen» sowie direkter Gegenvorschlag (BRG 95.046)

Der Detailhandel-Discounter Denner lancierte Ende Jahr eine Volksinitiative "für tiefere Spitalkosten". Demnach soll die obligatorische Krankenversicherung in der heutigen Form aufgehoben und durch eine reine Spitalkostenversicherung ersetzt werden. Ganz gleich, ob ein Patient in der allgemeinen oder privaten Abteilung, im öffentlichen Spital oder in der Privatklinik liegt, sollen die Versicherer pro Tag 250 Fr. (indexiert) an die Kosten bezahlen.

Volksinitiative "für tiefere Spitalkosten"

Mittelfristig möchte die SP die Gesundheitskosten durch einen ganzen Strauss von Massnahmen senken, welche sie im zweiten Teil der im November lancierten Volksinitiative "Gesundheit muss bezahlbar bleiben (Gesundheitsinitiative)" ausführte. Gegenüber dem heutigen Krankenversicherungsgesetz (KVG) soll der Bundesrat mit weitgehenden Kompetenzen ausgestattet werden. Er soll insbesondere die Spitzenmedizin regeln und die Gesundheitsplanungen der Kantone koordinieren, die Maximalpreise der in der obligatorischen Krankenversicherung erbrachten Leistungen unter Einschluss der Medikamente festlegen, Zulassungsbestimmungen für die Leistungserbringer erlassen und für eine wirksame Qualitätskontrolle sorgen. Werden übermässige Leistungsmengen erbracht, soll er nach Sparten und Regionen differenziert weitere Kostendämpfungsmassnahmen ergreifen.

Volksinitiative "Gesundheit muss bezahlbar bleiben (Gesundheitsinitiative)"