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Die IKS wird auf Anfang 1997 das sogenannte Fast-Track-Verfahren einführen für die beschleunigte Registrierung von Arzneimitteln, die bei einer schweren Krankheit (AIDS, Krebs, Alzheimer und Multiple Sklerose), für die es bisher keine befriedigende Behandlung gibt, eine erfolgreiche Heilung oder zumindest eine markante Verbesserung des Gesundheitszustandes versprechen. Mit dem Schnellverfahren folgt die IKS entsprechenden Bestrebungen in der EU und in den USA. Ein beschleunigtes Verfahren ist bereits im Berichtsjahr 1996 auf Druck einzelner Kantonsregierungen bei zwei vielversprechenden AIDS-Medikamenten zum Zug gekommen. Mehrere Kantone gaben überdies weitere AIDS-Medikamente, die zwar zugelassen, aber noch nicht in die Spezialitätenliste aufgenommen waren, den Patienten in ihrem Kanton gratis ab, worauf ein Sonderausschuss der Eidg. Arzneimittelkommission auch diese in einem Schnellverfahren in die Liste der kassenpflichtigen Medikamente integrierte.

Beschleunigte Registrierung von Arzneimitteln (1996)

Mit Besorgnis wurde registriert, dass sich über Internet problemlos – und oftmals zu deutlich tieferen Preisen – Arzneimittel bestellen lassen, die im eigenen Land nicht zugelassen sind oder für die ein entsprechendes Rezept eines Arztes fehlt. Nationale Kontrollstellen und Vorschriften werden so obsolet, da sie ohne weiteres umgangen werden können. Die juristische Lücke soll demnächst geschlossen werden. Europaweit laufen Anstrengungen für ein generelles Teleshopping-Verbot für Medikamente.

Bemühungen für ein Teleshopping-Verbot für Medikamente (1996)

Der Nationalrat nahm in der Herbstsession 1996 mit Zustimmung des Bundesrates eine Motion Heberlein (fdp, ZH) an, wonach das Verbot der Medikamentenwerbung an Radio und Fernsehen weiter gelockert werden soll. Die Liberalisierung war aus Kreisen der Ärzteschaft, der Apotheker und der Konsumenten kritisiert worden, da sie einen Anstieg des Medikamentenkonsums befürchteten. Auch die beiden betroffenen Bundesämter BAG und BAKOM hatten sich gegen eine Lockerung ausgesprochen.

Motion zur Lockerung des Verbots der Medikamentenwerbung an Radio und Fernsehen (Mo. 96.3310)

Der Regierungsrat des Kantons Zürich sprach sich dagegen aus, in Bern eine Standesinitiative einzureichen, welche eine Freigabe von Haschisch auf Verfassungsstufe verlangt. Der Kantonsrat hatte 1995 eine entsprechende Einzelinitiative vorläufig unterstützt. Die Regierung führte aus, wie beim Absinth-Paragraphen sei es fragwürdig, Bestimmungen zu einem einzigen Suchtmittel in die Verfassung aufzunehmen. Hingegen wurde mit Zustimmung der Regierung vom Kantonsrat eine FDP-Motion angenommen, welche die Legalisierung von Haschisch über eine Standesinitiative zur entsprechenden Änderung des Betäubungsmittelgesetzes erreichen will. Der Vorstoss wurde von FDP, SP, GP und LdU unterstützt, SVP, SD, FPS und EVP sprachen sich dagegen aus; die CVP war - gleich wie auf der nationalen Ebene - gespalten.

Standesinitiative zur Legalisierung von Cannabis und Marihuana

Die Absicht der Krankenkassen Helvetia und Visana, zur Senkung der allgemeinen Gesundheitskosten inskünftig einen Teil der Medikamente per Post und unter Ausschluss der Apotheken zu vertreiben, stiess beim Schweizerischen Apothekerverein (SAV) auf harsche Kritik. Der SAV verlangte ein gesamtschweizerisches Verbot derartiger Praktiken, da ein Medikamentenversandhandel fachlich unvertretbar, patientenfeindlich, gesetzeswidrig und unwirtschaftlich sei. Der SAV schlug stattdessen ein neues Abgeltungssystem vor, bei dem die Apotheker wirtschaftliche Anreize erhalten sollen, um Medikamentenkosten einzusparen.

Diskussionen zum Versand von Medikamente per Post (ab 1996)

Seit dem 1. Januar des Berichtsjahres 1996 gelten für medizinische Versuche in der ganzen Schweiz strengere Normen, welche die Interkantonale Kontrollstelle für Heilmittel (IKS) gemäss internationalen Richtlinien festgesetzt hat. Danach müssen alle Versuche, bei denen Medikamente eingesetzt werden, genau dokumentiert sein. Im Gesuch muss unter anderem beschrieben werden, welche Risiken die verwendeten Substanzen mit sich bringen, wie die Patienten informiert wurden und welcher Versicherungsschutz für die Probanden besteht.

Strengere Normen für medizinische Versuche (1996)

Ausgehend von der revidierten Verordnung über die Arzneimittelpreiskontrolle, welche auf den 1. Januar 1996 in Kraft trat, nahm das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) die Preise von rund 280 Präparaten unter die Lupe. Kernpunkt des neuen Vorgehens ist ein Preisvergleich mit Deutschland, Dänemark und den Niederlanden. In einer ersten Überprüfung wurden für 70 ältere, patentabgelaufene Medikamente die Preise gesenkt, gleichzeitig aber für 90 neuere Arzneimittel Preiserhöhungen vorgenommen, da diese Produkte im internationalen Vergleich zu billig abgegeben würden. Nach dem gleichen Vorgehen werden bis zum Jahr 2000 alle Medikamente verbilligt, die vor 1985 auf den Markt gekommen sind. Das soll zu Einsparungen von gut CHF 500 Mio. führen; der verbesserte Patentschutz auf den neueren Medikamenten wird demgegenüber mit rund CHF 70 Mio. zu Buche schlagen.

Überprüfung der Medikamentenpreise (ab 1996)

Eine Mehrheit der Kommission für soziale Sicherheit, Gesundheit, Familie und Sport der CVP sprach sich ausserdem für die Zulassung der Abtreibungspille RU 486 als medikamentöse Alternative zum chirurgischen Schwangerschaftsabbruch aus, wobei die Verabreichung der Pille an strengste Auflagen geknüpft werden müsse. Ihre grundsätzlich ablehnende Haltung in der Abtreibungsfrage behielt die CVP bei.

Position der CVP über die Abtreibungspille RU 486

Der Bundesrat setzte die Verordnung für Medizinprodukte auf den 1. April 1996 in Kraft. Als Medizinprodukte gelten etwa Herzschrittmacher, künstliche Gelenke, Röntgenapparate und Kontaktlinsen. Die Verordnung legt die Anforderungen bezüglich Sicherheit, Wirksamkeit und Zuverlässigkeit fest. Im Gegensatz zu den Arzneimitteln bestanden für Medizinprodukte bisher in der Schweiz keine umfassenden Qualitätsstandards. Verschiedene Ereignisse, wie etwa die Diskussion um die Sicherheit von Silikon-Implantaten, machten die Notwendigkeit einer umfassenden Regelung der Medizinprodukte deutlich.

Verordnung zur Schaffung einer Eurokompatibilität der Medizinprodukte (1994)

Nach Abschluss einer einjährigen Pilotphase mit der Abgabe von sauberen Spritzen in der Frauen-Strafvollzugsanstalt Hindelbank (BE) wurde ein positives Fazit der Aktion gezogen. In der Versuchsperiode stieg der – in Gefängnissen zwar grundsätzlich verbotene, in Wirklichkeit aber nie auszumerzende – Drogenkonsum nicht an, es gab keine neuen Heroinkonsumentinnen und keine Frau steckte sich neu mit dem HI- oder einem Hepatitis-Virus an. Die Polizeidirektion des Kantons Bern beschloss deshalb, das Pilotprojekt in Form eines Anschlussprogramms fortzusetzen.

HIV in Strafanstalten (1991–1995)

Auf Druck der Pharma-Industrie lockerte die IKS 1995 die Vorschriften für die Werbung für nicht rezeptpflichtige Heilmittel, welche nur in Apotheken angeboten werden. Abweichend von ihrem Entscheid von 1994, wonach die Werbung für Heilmittel mit Sucht- oder Missbrauchspotential grundsätzlich verboten bleiben sollte, stimmte sie einer Regelung zu, wonach es an der IKS ist, im Einzelfall zu belegen, dass ein Produkt abhängig machen oder missbräuchlich verwendet werden kann. Gegen diese Schleusenöffnung wehrten sich die Ärzte und Apotheker, das BAG sowie weitere gesundheitspolitisch engagierte Kreise. Um deren Bedenken entgegenzukommen, beschloss die IKS, die Medikamentenwerbung in den elektronischen Medien einer Vorkontrolle zu unterstellen; diese soll auch in den Printmedien für die als «sensibel» eingeschätzte Arzneimittelgruppe der Analgetika, Schlafmittel, Sedativa und Schlankheitsmittel gelten. Neu eingeführt wurde auch ein Beanstandungsrecht für Privatpersonen und Organisationen.

Werbung für nicht rezeptpflichtige Medikamente in Medien wird erlaubt (1992–1995)

Mit einer Motion wollte Nationalrat Bischof (sd, ZH) den Bundesrat beauftragen, ein Datenerfassungssystem einzurichten, damit präzise diagnostische Kriterien für die Ermittlung einer Medikamentenabhängigkeit erarbeitet werden können. Da der Bundesrat ausführte, das BAG habe bereits die Absicht, eine entsprechende Studie in Auftrag zu geben, wurde auf seinen Antrag der Vorstoss lediglich als Postulat überwiesen.

Motion für präzise diagnostische Kriterien zur Ermittlung der Medikamentenabhängigkeit (Mo. 95.3038)

In beiden Kammern und über alle Parteigrenzen hinweg war unbestritten, dass sich die Vorkommnisse der 1980er Jahre, wo unter anderem eine unklare Verantwortlichkeitsregelung die tragischen Ereignisse mit den durch HI-Viren verseuchten Blutkonserven und -präparaten mitverursacht hatte, nicht mehr wiederholen dürfen. Sowohl Stände- wie Nationalrat waren praktisch einstimmig damit einverstanden, die Kompetenzen für die Kontrolle von Herstellung und Handel mit Blutprodukten bis zum Vorliegen des neuen Heilmittelgesetzes in einem dringlichen Bundesbeschluss ausschliesslich dem BAG zu übertragen.

Während aber der Ständerat in den wesentlichen Punkten der bundesrätlichen Vorlage folgte, fügte der Nationalrat auf Antrag seiner Kommission mit 61 zu 46 Stimmen einen Artikel ein, wonach es für alle Transplantate einer schriftlichen Zustimmung des Spenders bedarf. Vergeblich machten der Bundesrat und die Gegner dieses Zusatzes geltend, es handle sich hier nur um eine Übergangsregelung, die in erster Linie auf den Schutz vor Infektionen angelegt ist, weshalb es wenig sinnvoll sei, ohne vertiefte Diskussion die ethisch überaus heikle Frage des Umgangs mit Transplantaten bereits einzubeziehen. Widerstandslos passierte hingegen die ebenfalls von der Kommission eingebrachte Bestimmung, wonach es verboten ist, mit menschlichen Transplantaten Handel zu betreiben. Keine Chance hatten ein Minderheitsantrag zum Verbot von Transplantaten, die von gentechnisch veränderten Tieren stammen, sowie die Forderung nach beratenden Fachkommissionen, welche den Vollzug des Bundesbeschlusses mitgestalten sollten.

Bundesbeschluss zur Bewilligungspflicht für den Umgang mit Blut, Blutprodukten und Transplantaten (BRG 95.019)
Dossier: Transplantation von Organen, Geweben und Zellen
Dossier: HIV-verseuchte Blutkonserven

Die «Aids-Hilfe Schweiz» (AHS), deren erster Präsident – der populäre und inzwischen verstorbene TV-Mann André Ratti – mit seinem öffentlichen Bekenntnis, er sei homosexuell und aidskrank, der Diskussion um die Immunschwächekrankheit in der Schweiz eine emotionale Komponente verliehen und sie damit erst eigentlich ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gebracht hatte, konnte im Berichtsjahr auf ihr zehnjähriges Bestehen zurückblicken. Die AHS ist heute eine breit verankerte Gesundheitsorganisation mit über 100 Mitarbeitern, deren jährliches Betriebsbudget zu über 80 Prozent vom BAG finanziert wird. Die AHS, die sich stark gegen die gesellschaftliche Ausgrenzung der Aidskranken zur Wehr setzt, prägte die 1987 lancierten und bis heute weitergeführten «Stop Aids»-Kampagnen des Bundes, welche die WHO als «weltweit einmalig» bezeichnete, ganz wesentlich mit.

Zehnjähriges Bestehen der Aids-Hilfe Schweiz (1995)

Oppositionslos stimmte der Ständerat einer parlamentarischen Initiative der grossen Kammer zu, welche darauf abzielt, die 1990 beschlossenen Leistungen für Personen, die durch verseuchte Blutpräparate mit dem HI-Virus infiziert wurden, nicht nur auf deren kontaminierte Ehegatten, sondern auch auf allenfalls angesteckte Kinder auszudehnen. Zudem wurden auf Antrag der Kommission die Leistungen des Bundes von CHF 50'000 auf CHF 100'000 pro infizierte Person angehoben. Die Kommission begründete diese Erhöhung einerseits mit der seit 1990 noch deutlicher gewordenen Mitverantwortung des Bundes und andererseits mit einem internationalen Quervergleich, aus welchem hervorgeht, dass sich die bisherigen Leistungen der Schweiz im unteren Bereich der Skala bewegen. Der Bundesrat war mit der Ausdehnung des Kreises der Anspruchsberechtigten einverstanden, bekämpfte aber den Ausbau der Leistungen. In diesem Punkt unterlag er bei der Differenzbereinigung auch im Nationalrat, der den Beschluss des Ständerates diskussionslos bestätigte.
Die Zahl der Kinder, die für eine solche Entschädigung gemäss geändertem Bundesbeschluss in Frage kommen, wird auf höchstens fünf geschätzt. Wie der Blutspendedienst des SRK mitteilte, wurden 1994 und 1995 je eine Person bei einer Bluttransfusion mit dem HI-Virus infiziert. Dies geschah nicht aus Nachlässigkeit, sondern aufgrund des «immunologischen Fensters», welches bewirkt, dass eine Neuansteckung frühestens nach zwei bis drei Monaten im Blut nachweisbar ist, da sich erst nach diesem Zeitraum die Antikörper bilden. Das «Restrisiko» bei einer Fremdblutübertragung beträgt 1:600'000.

Parlamentarische Initiative zur Ausweitung der freiwilligen Bundesbeiträgen an Transfundierte und Hämophile (Pa.Iv. 94.411)
Dossier: HIV-verseuchte Blutkonserven

Der Bundesrat verabschiedete die revidierte Arzneimittelverordnung, mit welcher aufgrund einer Verkürzung der Preisschutzfrist ältere Originalmedikamente billiger, neue hingegen durch die Einführung eines Innovationszuschlages etwas teurer werden. Nach der geänderten Verordnung ist bei der Preisbestimmung auch der Verkaufspreis im Ausland ausschlaggebend. Diese neuen Bestimmungen betreffen aber nur die Präparate auf der Spezialitätenliste mit vereinbarten und von den Krankenkassen akzeptierten Preisen, also nur rund ein Viertel der in der Schweiz angebotenen Medikamente.

Verordnungsänderungen gegen das Preisgefälle zwischen hiesigen und ausländischen Medikamenten (1993–1995)

Nationalrätin von Felten (sp, BS) verlangte in einer parlamentarischen Initiative den Erlass eines Gesetzes über das Massen-Screening, das unter anderem gewährleisten sollte, dass die Durchführung anonymer Studien und die Weiterleitung der erhobenen Daten nur mit der Einwilligung der Betroffenen erfolgen darf, dass Screening-Programme auf behandelbare Krankheiten beschränkt werden und den Patientenorganisationen ein Mitspracherecht zugestanden wird. Die vorberatende Kommission empfahl, der Initiative keine Folge zu geben, da sie in ihrem Wortlaut zu vage sei und die beiden Schritte der Datenbeschaffung und der Datenweitergabe vermenge. Die Frage der Rechtmässigkeit von anonymen Tests werde in der bereits eingeleiteten Revision des Epidemiengesetzes angegangen, weshalb es nicht zweckmässig sei, dafür ein eigenes Gesetz zu schaffen. Das Plenum folgte dieser Argumentation und verwarf die Initiative mit 66 zu 40 Stimmen.

Parlamentarische Initiative für ein Gesetz über das Massen-Screening (Pa.Iv. 93.456)

Das EDI setzte 1995 eine Expertenkommission ein, welche einen Entwurf für ein Bundesgesetz über die Kontrolle der Heilmittel ausarbeiten soll. Das neue Gesetz wird die Heilmittelkontrolle erstmals eidgenössisch regeln. Eine selbständige Anstalt des Bundes soll die Aufgaben übernehmen, die heute von der Interkantonalen Kontrollstelle für Heilmittel (IKS) und der Abteilung Pharmazie des Bundesamtes für Gesundheitswesen (BAG) wahrgenommen werden. Der Zweck des künftigen Bundesgesetzes ist die Versorgung der Bevölkerung mit sicheren und wirksamen Heilmitteln guter Qualität. Erfasst werden alle Sparten der Arzneimittel und der immunbiologischen Erzeugnisse für Mensch und Tier (Medikamente, Blutpräparate und Medizinprodukte).

Heilmittelgesetz (BRG 99.020)
Dossier: Bundesgesetz über Arzneimittel und Medizinprodukte (Heilmittelgesetz, HMG)

Die AIDS-Epidemie hat in der Schweiz in den letzten zehn Jahren die Mortalität bei Personen im Alter von 25 bis 44 Jahren stark beeinflusst. Dies ergab eine vom Bundesamt für Statistik zusammen mit dem BAG durchgeführte Analyse der neun häufigsten Todesursachen. Sowohl bei den Männern wie bei den Frauen im fraglichen Alter hatte AIDS 1982 die neunte und damit letzte Position belegt. 1993 war AIDS bei den Männern nach den Unfällen die zweithäufigste und bei den Frauen nach den Krebserkrankungen und der Selbsttötung die dritthäufigste Todesursache. Mit einer kumulativen Rate von 508.7 AIDS-Fällen pro Million Einwohner nahm die Schweiz Ende 1993 in Europa die zweite Position nach Spanien und vor Frankreich ein. Angesichts dieser Tatsachen unterstrich das BAG die Notwendigkeit, wirksame Massnahmen zur Prävention von HIV-Infektionen langfristig weiterzuführen.
Die im Vorjahr lancierte Pilotstudie zu anonymen AIDS-Massentests wurde aus Spargründen vorläufig auf Eis gelegt, da sich Aufwand und Ertrag nicht die Waage hielten.

AIDS als eine der häufigsten Todesursachen bei jungen Personen (1994)

In der Frage der Blutpräparate handelte Bundesrätin Dreifuss rasch. Da die Ausarbeitung eines eigentlichen Heilmittelgesetzes kaum vor dem Jahr 2000 erwartet werden kann, gab sie Mitte Dezember 1994 ihren Vorschlag für einen befristeten Bundesbeschluss in die Vernehmlassung. Zentraler Punkt ist die Einführung einer Bewilligungspflicht für den Umgang mit Blut, Blutprodukten und Transplantaten sowie für deren Import und Export.

Bundesbeschluss zur Bewilligungspflicht für den Umgang mit Blut, Blutprodukten und Transplantaten (BRG 95.019)
Dossier: Transplantation von Organen, Geweben und Zellen
Dossier: HIV-verseuchte Blutkonserven

Die Bundesämter für Statistik und Gesundheitswesen legten eine gemeinsame Studie vor, welche anhand der Verzeigungen und Verurteilungen der letzten 20 Jahre einige Vorurteile über das Ausmass des Drogenkonsums in der Schweiz ausräumen konnte. Entgegen den Darstellungen in den Medien – und vor allem in der Boulevardpresse – ist die Zahl der Konsumenten von harten Drogen in den letzten Jahren ungefähr stabil bei 24'000 bis 30'000 geblieben. Die Abhängigkeit von illegalen Drogen ist deutlich geringer als der Konsum von Alkohol, Tabak und Medikamenten. So gibt es beispielsweise rund 30 Mal mehr Personen, die einmal pro Woche Alkohol konsumieren, als solche, die Haschisch zu sich nehmen. Auch starker Zigarettenkonsum oder die tägliche Einnahme von Medikamenten sind häufiger als wöchentlicher Cannabiskonsum. Die weitverbreitete Meinung, die Konsumentinnen und Konsumenten von illegalen Drogen würden immer jünger, konnte ebenfalls widerlegt werden. So erhöhte sich seit den 1970er Jahren das Durchschnittsalter der Verzeigten oder Verurteilten kontinuierlich von 24 auf 26 Jahre. Der Anteil der Personen unter 18 Jahren hat sich dagegen kaum verändert.

Studie zum Ausmass des Drogenkonsums (1994)

Der Nationalrat will AIDS nicht der Meldepflicht unterstellen und verwarf deshalb eine parlamentarische Initiative Schmied (svp, BE). Er folgte damit seiner vorberatenden Kommission, welche vor dem kontraproduktiven Effekt einer verschärften Meldepflicht warnte. Risikogruppen und AIDS-Infizierte würden vermehrt HIV-Tests meiden, womit die Prävention geschwächt würde. In Anlehnung an den – ebenfalls abgelehnten – zweiten Teil der Initiative, welcher eine rasche Änderung der Gesetzgebung im Bereich der Sozialversicherungen verlangte, um die Diskriminierung der Aids-Infizierten zu verhindern, überwies die grosse Kammer ein Postulat ihrer Kommission, welches den Bundesrat ersucht, Möglichkeiten zur Aufhebung der Diskriminierung von HIV-Positiven im Versicherungsvertragsrecht und im überobligatorischen Bereich der beruflichen Vorsorge zu prüfen (Po. 94.3314).

AIDS der Meldepflicht unterstellen (Pa.Iv. 93.460)

Ausgehend von einer parlamentarischen Initiative Duvoisin (sp, VD) beschloss der Nationalrat, die Anspruchsberechtigung für die freiwilligen Bundesbeiträge an Transfundierte und Hämophile, die mit Produkten des SRK infiziert worden sind, auch auf die nachfolgend angesteckten Kinder auszuweiten. Im ersten Beschluss von 1990 waren lediglich die infizierten Ehepartner berücksichtigt worden. Auf Anregung ihrer Kommission verlängerte die grosse Kammer die Frist zur Einreichung von Beitragsgesuchen um fünf Jahre bis April 2001.
Die SRK wird allen AIDS-Kranken, die erwiesenermassen durch ihre Blutprodukte mit dem HI-Virus angesteckt wurden, und deren angesteckten Lebenspartnern eine monatliche Rente von CHF 1500 ausrichten.

Parlamentarische Initiative zur Ausweitung der freiwilligen Bundesbeiträgen an Transfundierte und Hämophile (Pa.Iv. 94.411)
Dossier: HIV-verseuchte Blutkonserven

Die Berner Ärzte verloren an der Urne ihren Kampf für die uneingeschränkte Selbstdispensation in ihren Praxen. Die Stimmberechtigten verwarfen die Volksinitiative «für einen patientenfreundlichen Medikamentenbezug» deutlich. Den Initianten wurde im Vorfeld der Abstimmung vorgeworfen, mit einem irreführenden Titel agiert zu haben. So wurde das Volksbegehren von einem überparteilichen gegnerischen Komitee in «Nebenerwerbsinitiative» umgetauft. Der Kantonalverband bernischer Krankenkassen rechnete vor, dass in der Region Bern pro Arztpraxis und Jahr durch den Medikamentenverkauf im Durchschnitt CHF 120'000 eingenommen werden, obgleich das geltende Gesetz die Abgabe von Medikamenten über die Erstversorgung hinaus nur dann erlaubt, wenn der Arzt in einer Ortschaft praktiziert, in der nicht mehr als eine öffentliche Apotheke besteht.

Berner Ärzte erhalten kein Recht auf uneingeschränkte Selbstdispensation (1994)

Nach dem Nichtbeitritt von zwei Kantonen zum interkantonalen Heilmittelkonkordat von 1988 wurde im Bereich der Heilmittelkontrolle ein allseitiger Handlungsbedarf im Sinn einer Bundeslösung ausgemacht. Auf Initiative der Interkantonalen Vereinigung für die Kontrolle der Heilmittel (IKV) und gestützt auf einen im Berichtsjahr erstellten Expertenbericht beauftragte der Bund das EDI, ihm einen Entwurf zu einem Bundesgesetz über die Heilmittel zu unterbreiten und die Gründung einer eidgenössischen Heilmittelkontrollstelle als eine rechtlich selbständige Anstalt des Bundes in die Wege zu leiten. Die Bundesregelung soll spätestens im Jahr 2000 in Kraft treten können. Im Parlament dürfte sich kein Widerstand gegen die neue Lösung regen. Nachdem der Ständerat noch im Vorjahr eine diesbezügliche Motion Weber (ldu, ZH) deutlich abgelehnt hatte (Mo. 93.3176), verabschiedete er nun auf einstimmigen Antrag seiner Kommission eine analoge Motion des Nationalrates diskussionslos.

Heilmittelgesetz (BRG 99.020)
Dossier: Bundesgesetz über Arzneimittel und Medizinprodukte (Heilmittelgesetz, HMG)