In der Sommersession befasste sich der Nationalrat als Zweitrat mit der „Neuausgestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgaben zwischen Bund und Kantonen“ (NFA). Die grundsätzlich einen starken Zentralstaat bevorzugende linke Kommissionsminderheit verlangte, auf die Vorlage nicht einzutreten, oder aber sie an den Bundesrat zurückzuweisen mit dem Auftrag, die gesamte Sozialpolitik von der neuen Kompetenzverteilung auszunehmen. Die beiden Anträge wurden nach einer langen Eintretensdebatte mit 114:52 resp. 113:55 Stimmen abgelehnt. In der Detailberatung setzte sich praktisch überall die von der Kommissionsmehrheit unterstützte Ständeratsfassung durch. Insbesondere bestätigte der Rat gegen den Widerstand der SP den Beschluss des Ständerats, das in der Schweiz seit jeher praktizierte Subsidiaritätsprinzip erstmals explizit in die Verfassung aufzunehmen. Trotz staatsrechtlicher Bedenken von linker und bürgerlicher Seite beharrte er mit 94:75 Stimmen darauf, renitente Kantone mit einem Allgemeinverbindlichkeitsbeschluss zu zwingen, sich an der gemeinsamen Aufgabenlösung mit Lastenausgleich zu beteiligen; einzelne Kantone müssen in diesen Fällen Gesetze übernehmen, welche sie selbst in einer Volksabstimmung abgelehnt haben. Bei der neuen Kompetenzverteilung war, wie bereits im Ständerat, der Bereich der Behindertenpolitik am umstrittensten. Konkret kritisierte die Linke, unterstützt von Behindertenorganisationen, den Rückzug des Bundes aus der Mitfinanzierung (über die IV) von Schulen, Werkstätten und Heimen für Behinderte. Sie befürchtete, dass die Kantone nicht Willens oder nicht in der Lage wären, die bisherigen staatlichen Leistungen ohne Einschränkungen fortzuführen. Bei diesem Thema ergab sich im Nationalrat der einzige Abstimmungserfolg für die Linke. Mit Hilfe des Freisinns wurde die Möglichkeit geschaffen, dass gegen kantonale Regelungen, welche als ungenügend erachtet werden, an das Bundesgericht appelliert werden kann. Anders waren die Fronten bei der Festlegung der Beteiligung der reichen Kantone am Lastenausgleich. Hier verlief die Konfliktlinie quer durch das bürgerliche Lager, wo sich die SVP und weitere bürgerliche Abgeordnete aus den wohlhabenderen Kantonen einerseits und CVP- und FDP-Vertreter aus den ärmeren Kantonen sowie die Linke andererseits gegenüber standen. Die zweite Gruppe setzte sich durch und näherte die Obergrenze der Beteiligung der reichen Kantone, welche die kleine Kammer auf 75% der eingesetzten Bundesmittel beschränkt hatte, wieder dem bundesrätlichen Vorschlag einer gleich starken Beteiligung an. Der Rat beschloss, dass dieser Beitrag bis zu 100% ausmachen kann. Gegen den Antrag der Kommissionsmehrheit hielt er an der bisherigen Regelung fest, dass 8 Kantone – und nicht wie vom Ständerat beschlossen lediglich 5 – das fakultative Referendum ergreifen können. In der Gesamtabstimmung verabschiedete der Nationalrat die neuen Verfassungsbestimmungen gegen die Opposition der SP und der GP mit 75:42 Stimmen.
In der Differenzbereinigung lehnte der Ständerat die vom Nationalrat geschaffene Möglichkeit ab, Entscheide der Kantone im Bereich der Massnahmen zur Wiedereingliederung von Behinderten in letzter Instanz bis vor das Bundesgericht ziehen zu können. Obwohl er zugestand, dass es im Hinblick auf die Volksabstimmung taktisch sinnvoll wäre, diesen Passus beizubehalten, lehnte er ihn aus grundsätzlichen Überlegungen ab, da er den Zielen der aktuellen Justizreform widerspreche. Bei der Höhe der Beteiligung der reichen Kantone am Lastenausgleich sprach er sich gegen die Obergrenze von 100% der Bundesbeiträge aus und erhöhte sein Angebot von 75% auf 80%. In beiden Fragen gab die grosse Kammer auf Antrag ihrer Kommissionsmehrheit nach. In der Schlussabstimmung hiess der Nationalrat die NFA gegen den Widerstand der SP und der GP mit 126:54 Stimmen gut; in der kleinen Kammer lautete das Ergebnis 38:2.