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Am 17. Juni legte der Bundesrat die Botschaft zu einem neuen Bundesgesetz zur Bekämpfung der Geldwäscherei im Finanzsektor vor. Dieses soll Lücken im zur Zeit gültigen Gesetz schliessen, indem zusätzlich zu den Banken auch andere Leistungsanbieter des Finanzsektors einbezogen werden. Damit würde ein den ganzen Finanzsektor abdeckender einheitlicher Standard der Sorgfaltspflichten geschaffen, welcher insbesondere die Identifizierungs- und Ausweispflicht für Kunden sowie die Feststellung der effektiv wirtschaftlich berechtigten Person umfasst. Als auch den Bankensektor betreffende Neuerung sieht der Entwurf zudem eine Meldepflicht für Transaktionen vor, bei denen ein begründeter Verdacht auf Geldwäscherei besteht. Ist eine derartige Meldung an die Behörden erfolgt, müssen die entsprechenden Vermögenswerte automatisch blockiert werden; der Kunde oder Dritte dürfen jedoch über die Meldung nicht informiert werden. Der Kritik der Banken am ursprünglichen Vernehmlassungsentwurf von 1994 wurde insofern Rechnung getragen, als die Meldepflicht (nicht aber das Melderecht) entfällt, wenn auf die Aufnahme einer Geschäftsbeziehung verzichtet worden ist. Zur Entgegennahme der Meldungen soll gemäss Vorschlag des Bundesrates eine zentrale Stelle im Bundesamt für Polizeiwesen geschaffen werden, welche die Informationen koordiniert und sie an die kantonalen Strafverfolgungsbehörden weiterleitet.

Bundesgesetz zur Bekämpfung der Geldwäscherei im Finanzsektor (BRG 96.055)
Dossier: Neues Geldwäschereigesetz (1997)

Die besondere Verwerflichkeit der sogenannten Kinderpornographie verlangt nach einstimmiger Meinung des Nationalrats nach zusätzlichen strafrechtlichen Bestimmungen. Er überwies eine parlamentarische Initiative von Felten (sp, BS), welche zusätzlich zur Herstellung und zum Vertrieb auch den Besitz von Kinderpornographie unter Strafe stellen will.

Parlamentarische Vorstösse zur Strafbarkeit des Besitzes von Kinderpornografie
Dossier: Revision des StGB betreffend Kinderpornografie und sexuellem Missbrauch von Kindern

Ende Jahr veröffentlichte der Bundesrat auch seine Botschaft zum wesentlich umstritteneren Wiener Übereinkommen von 1988. Diese Konvention verpflichtet die Mitgliedstaaten, den unerlaubten Verkehr mit Betäubungsmitteln und psychotropen Stoffen zu bekämpfen. Die wichtigsten Ziele sind dabei die Ahndung der Geldwäscherei, die Kontrolle des Handels mit Chemikalien zur Drogenherstellung (sog. Vorläufersubstanzen) sowie die Optimierung der internationalen polizeilichen Zusammenarbeit im Bereich der Drogenkriminalität. Da das Übereinkommen aber auch eine generelle Pflicht zur Bestrafung der Vorbereitungshandlungen, wie Anbau, Erwerb und Besitz von Betäubungsmitteln zum Eigenkonsum vorsieht, möchte der Bundesrat der Konvention nur mit einem entsprechenden Vorbehalt beitreten, um so den heutigen innerstaatlichen Handlungsspielraum bei der Gestaltung der Drogenpolitik zu bewahren. Damit keine Präjudizien für die Abstimmungen über die beiden hängigen Volksinitiativen geschaffen werden, beabsichtigt der Bundesrat, das 88er Abkommen erst nach diesen Urnengängen ratifizieren zu lassen.

Ratifikation von internationalen Betäubungsmittelabkommen (BRG 94.059)
Dossier: Revision Betäubungsmittelgesetz (BetmG) 2001-2004

Das BAG und die Wissenschafter, welche die Versuche mit der kontrollierten Drogenabgabe im Auftrag des Bundes begleiten und evaluieren, zogen Ende Jahr eine mehrheitlich positive Zwischenbilanz. Nach ihren Erkenntnissen verbessert die ärztliche Verschreibung von Betäubungsmitteln die gesundheitliche und psychosoziale Situation schwerstabhängiger Patientinnen und Patienten erheblich. 82 Prozent der Probanden blieben mindestens sechs Monate in Behandlung, was gegenüber den traditionellen Therapieformen (Entzug oder Methadon) eine sehr hohe «Haltequote» bedeutet. Als akzeptierteste Therapieform erwies sich dabei die Abgabe von oralem Methadon mit einer täglichen Heroininjektion. Auch die Lebensumstände der Betroffenen verbesserten sich wesentlich. Während des ersten halben Jahres ihrer Teilnahme an den Versuchen stabilisierte sich bei 89 Prozent die Wohnsituation; die Obdachlosigkeit ging von 15 Prozent auf 3 Prozent zurück. Statt 18 Prozent gingen nach sechs Monaten 46 Prozent der Versuchsteilnehmer einer einigermassen geregelten Erwerbstätigkeit nach. Die Kriminalität ging rapide zurück und der Gesundheitszustand machte markante Fortschritte. Nach Meinung der Experten wäre deshalb eine dauerhafte Abgabe von Heroin durchaus geeignet, jene stark marginalisierte Gruppe von langjährigen Heroinabhängigen zu erreichen, die in allen anderen Behandlungsformen gescheitert sind. Problematisch wurde allerdings von allen Beteiligten der Ausschluss von Kokain aus dem Therapieangebot erachtet, da dieses von den Süchtigen häufig in Ergänzung zu Heroin konsumiert wird.

Massnahmenpaket zur Drogenpolitik: Ärztlich kontrollierter Zugang zu Heroin (1991–1997)
Dossier: Bundesbeschluss über die ärztliche Verschreibung von Heroin

In Zürich fand vor dem Bezirksgericht der Prozess im bisher grössten Fall von Korruption in der Schweiz statt. Der frühere Leiter der Abteilung Wirtschaftswesen der Kantonsverwaltung (u.a. zuständig für die Bewilligung von Restaurants etc.), Raphael Huber, wurde wegen passiver Bestechung (Annahme von Bestechungsgeldern) im Umfang von CHF 2.4 Mio angeklagt. Im Abwesenheitsverfahren verurteilte ihn das Gericht zu einer Gefängnisstrafe von fünf Jahren, einer Busse von CHF 200'000 und zur Ablieferung der nachgewiesenen Deliktsumme von CHF 1.38 Mio. Diverse Besitzer von Gastronomiebetrieben wurden wegen aktiver Bestechung mit Gefängnisstrafen bis zu 15 Monaten bedingt, kombiniert mit Bussen bis zu CHF 40'000 und mit der Einziehung von erlangten Vermögensvorteilen bestraft. Das EJPD setzte – als Konsequenz aus einer im Vorjahr als Postulat überwiesenen Motion Rechsteiner (sp, SG) – eine Arbeitsgruppe ein, welche einen Bericht über das Ausmass der Korruption in der Schweiz anfertigen soll.

Ausweitung des strafrechtlichen Begriffs der Korruption
Dossier: Änderung des StG betreffend Korruption von Beamten

Mit einem Postulat Schenk (svp, BE) lud der Nationalrat den Bundesrat ein, Massnahmen zu überprüfen, mit denen Geldwäscherei mittels Zahlungsverkehr auf den neuen elektronischen Datennetzen (Internet etc.) verhindert werden kann.

elektronischen Datennetzen

Der im Vorjahr heftig kritisierte Vernehmlassungsentwurf für eine Verschärfung des Gesetzes über die Bekämpfung der Geldwäscherei wurde im Berichtsjahr von der Verwaltung überarbeitet. Die Bestimmungen über die Verhinderung der Geldwäscherei im Nichtbankensektor wurden konkretisiert und verschärft. Als Alternative zu der von den Banken bekämpften Meldepflicht im Falle eines begründeten Verdachts schlugen die Bankenkommission und die Nationalbank eine obligatorische interne Blockierung der Vermögen vor.

Geldwäschereigesetz in der Vernehmlassung
Dossier: Neues Geldwäschereigesetz (1997)

Die Verfolgung der auf internationalem Niveau tätigen Kriminellen (namentlich im Bereich des organisierten Verbrechens und der Wirtschaftskriminalität) wird durch die kantonale Organisation der Polizei- und Justizbehörden erschwert. Der Ständerat hiess deshalb – trotz föderalistischer Bedenken Danioths (cvp, UR) – eine Motion Rhinow (fdp, BL) für eine Vereinheitlichung der Strafprozessordnung in der Schweiz gut. Der Bundesrat hatte sich ursprünglich für die Umwandlung in ein Postulat ausgesprochen, nachdem aber eine Expertengruppe ebenfalls Handlungsbedarf konstatiert hatte, war er mit der Motionsform einverstanden. Er nahm den Vorschlag zudem in den Vernehmlassungsentwurf für die Totalrevision der Bundesverfassung auf. Auch der Nationalrat stellte sich hinter den Vorstoss und überwies zudem noch eine gleichlautende Motion Schweingruber (fdp, JU) (Mo. 94.3181). Dieselbe Zielrichtung verfolgen auch die im Berichtsjahr eingereichten Standesinitiativen der Kantone Basel-Stadt, Basel-Land, St. Gallen und Solothurn.

Vereinheitlichung der Strafprozessordnung in der Schweiz
Dossier: Vereinheitlichung des Strafprozessrechts (2010)
Dossier: Totalrevision der Bundesverfassung 1/2: Vorgeschichte (1966 bis 1996)

Mit knappem Mehr (69:62) gab der Nationalrat auf Antrag seiner vorberatenden Kommission einer parlamentarischen Initiative Carobbio (sp, TI) Folge, welche verlangt, dass Schmier- oder Bestechungsgelder grundsätzlich nicht mehr als Geschäftsunkosten steuerlich abziehbar sind. Die heutige Rechtslage basiert auf einem Bundesgerichtsentscheid und einem darauf gestützten Kreisschreiben der Eidgenössischen Steuerverwaltung aus dem Jahre 1946. Danach sind derartige Zahlungen steuerlich absetzbar, wenn sie vom Empfänger als Einnahmen deklariert sind und ihre geschäftliche Notwendigkeit nachgewiesen ist.

Abschaffung der steuerlichen Abzugsfähigkeit von Bestechungszahlungen (Pa.Iv. 93.440)
Dossier: Änderung des StG betreffend Korruption von Beamten

Der Nationalrat stimmte einem Postulat Grendelmeier (ldu, ZH) zu, welches den Bundesrat auffordert, periodisch einen Bericht über die Entwicklung auf dem Gebiet des gewalttätigen politischen Extremismus vorzulegen.
(Vgl. letzter Extremismusbericht 1992.)

Postulat Grendelmeier (Po. 92.3593)

In der Kampagne zur Volksabstimmung tauchten kaum neue Argumente auf. Für die Befürworter handelte es sich um notwendige Massnahmen zur besseren Durchsetzung des Vollzugs der pro Jahr rund 20'000 Ausweisungsbeschlüsse und gegen den Missbrauch des Asylrechts durch Kleinkriminelle. Für die Gegner stellten die Zwangsmassnahmen eine Diskriminierung von Ausländern und ein untaugliches Mittel zur Bekämpfung des Drogenhandels dar; in der Westschweiz wurde in diesem Zusammenhang betont, dass es nicht angehe, wegen der zu liberalen Zürcher Drogenpolitik nationales Ausnahmerecht einzuführen. Die Auseinandersetzung wurde, zumindest am Anfang, von den Gegnern zum Teil sehr emotional und gehässig geführt. So warfen sie der Parlamentsmehrheit und dem Bundesrat vor, mit den Massnahmen den Rassismus zu fördern und, nach dem Vorbild der faschistischen Diktatoren Hitler und Mussolini, die Disziplinierung und Ausschaltung unbequemer Menschen anzustreben. SP-Nationalrat Rechsteiner (SG) sprach im Pressedienst seiner Partei von einem «braunen Blick-Gesetz». Zu der von der SP und den Hilfswerken befürchteten Stimmungsmache gegen Ausländer kam es hingegen nicht; sowohl die SD als auch die FP traten praktisch nicht in Erscheinung. Alle Parteien ausser der SP, der GP und der PdA empfahlen die Ja-Parole; nur in Genf, wo auch namhafte Juristen heftige Kritik an den neuen Massnahmen übten, kam es – bei der LP – zu einer abweichenden Parole einer Kantonalsektion. Gegen die Massnahmen sprach sich auch die katholische Bischofskonferenz aus, welche befürchtete, dass damit das Misstrauen gegen Ausländer geschürt würde; die Leitung der evangelischen Kirche verzichtete dagegen auf eine Stellungnahme.

In der Volksabstimmung vom 4. Dezember stimmten knapp 73 Prozent für die Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht. Am deutlichsten fiel das Ja in der Nordostschweiz (inkl. Zürich) aus. In den ländlichen Gebieten der Innerschweiz und in der Westschweiz war die Skepsis grösser; am knappsten war die Zustimmung in Genf (52.3 Prozent), wo sich mit Ausnahme der FDP alle Parteien für ein Nein eingesetzt hatten.

Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht
Abstimmung vom 4. Dezember 1994

Beteiligung: 43.8%
Ja: 1'435'040 (72.9%)
Nein: 533'297 (27.1%)

Parolen:
– Ja: FDP, CVP, SVP, LP (1*), FP, LdU, EVP, SD, Lega, EDU; Vorort, SGV, Angestelltenverbände.
– Nein: SP, GP, PdA; SGB, CNG, Caritas, HEKS und andere Hilfswerke.
*In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen

Die Vox-Analyse über das Stimmverhalten ergab, dass die Sympathisanten der drei bürgerlichen Bundesratsparteien sehr deutlich zugestimmt hatten, während sich bei der Anhängerschaft der SP die Ja- und Nein-Stimmen die Waage hielten. Sämtliche soziale Gruppen sprachen sich für die Zwangsmassnahmen aus; bei Frauen, jüngeren Stimmberechtigten und Bewohnern von städtischen Agglomerationen fiel diese Unterstützung aber unterdurchschnittlich aus.

Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht (BRG 93.128)

Die 1991 vom Bundesrat beantragte Strafrechtsrevision in bezug auf strafbare Handlungen gegen das Vermögen und auf Urkundenfälschung konnte abgeschlossen werden. In der Differenzbereinigung schloss sich der Nationalrat weitgehend den Entscheiden der kleinen Kammer an.

Strafbare Handlungen gegen das Vermögen und Urkundenfälschungen (BRG 91.032)

Zusätzliche Massnahmen gegen ausländische Drogenhändler forderte eine Motion der liberalen Fraktion. Sie verlangte eine Verschärfung des Betäubungsmittelgesetzes in dem Sinne, dass Ausländer ohne Niederlassungsbewilligung, welche zu Zuchthaus- oder Gefängnisstrafen verurteilt worden sind, automatisch nach Verbüssung der Strafe des Landes verwiesen werden, sofern nicht internationale Übereinkommen eine Ausschaffung verbieten. Der Nationalrat überwies den Vorstoss als Postulat.

Verschärfung des Betäubungsmittelgesetzes (Po. 93.3420)

Vertreter der SP, der GP und des SGB sowie die Dachorganisation der Flüchtlingshilfswerke wollten zuerst auf ein Referendum verzichten. Sie befürchteten, dass in einer Abstimmungskampagne das Thema «kriminelle Ausländer» dominieren würde, und sich diese Diskussion für die Anliegen der Ausländer in der Schweiz negativ auswirken könnte. Das Referendum wurde dann aber von einer Vielzahl anderer Organisationen ergriffen, unter denen lokale asylpolitische Bewegungen dominierten und von den Parteien nur die PdA vertreten war. In der Folge unterstützten auch einige SP-Kantonalsektionen und schliesslich – nach einem ersten negativen Entscheid im März – auch die SPS die Unterschriftensammlung. Das Referendum kam mit rund 75'000 Unterschriften fristgerecht zustande.

Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht (BRG 93.128)

In der bisher grössten in der Schweiz aufgedeckten Geldwäschereiaffäre beschlagnahmten die Behörden bei der Schweizerischen Bankgesellschaft rund USD 150 Mio. Die Ermittlungsbehörden vermuten, dass diese Gelder von kolumbianischen Drogenhändlern stammen. Sie wurden vor Inkrafttreten des Geldwäschereigesetzes (August 1990) angelegt und nachher vom verantwortlichen Bankangestellten nicht gemeldet, obwohl er nach Ansicht der Justizbehörden von ihrer illegalen Herkunft Kenntnis hatte.

Grösste Geldwäschereiaffäre der Schweiz
Dossier: Neues Geldwäschereigesetz (1997)

Die grosse Kammer beharrte in der Differenzbereinigung vorerst auf der Haftanordnung durch den Richter, musste dann aber dem Ständerat nachgeben. In der Frage der Dauer der Ausschaffungshaft fand man einen Kompromiss: diese dauert höchstens drei Monate, kann allerdings von einem Richter um maximal weitere sechs Monate verlängert werden. In der Schlussabstimmung sprachen sich im Nationalrat 111 für und 51 gegen die Massnahmen aus; 13 enthielten sich der Stimme. In der kleinen Kammer lautete das Stimmenverhältnis 37 zu 2.

Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht (BRG 93.128)

Der Nationalrat beriet in der Frühjahrssession die vom Bundesrat im Herbst des Vorjahres vorgeschlagenen Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht. Gegen den Widerstand der Fraktionen LdU/EVP und GP sowie eines Teils der SP beschloss er mit 143 zu 34 Stimmen, darauf einzutreten. Dabei waren die Positionen unversöhnlich und beide Seiten warfen dem Gegner vor, mit seiner Haltung der Fremdenfeindlichkeit in der Bevölkerung Vorschub zu leisten: Für die Befürworter handelte es sich darum, die Umgehung von Ausweisungsbeschlüssen zu erschweren, und die Kantone mit Abwehrmitteln gegen illegal anwesende Kriminelle, welche dem Ruf aller Ausländer schaden, auszurüsten. Die Gegner bezeichneten die Vorschläge als diskriminierende, ausländerfeindliche Massnahmen, mit welchen die bürgerlichen Politiker von den sozialen Problemen ablenken und sich den Beifall der Boulevardzeitung «Blick» holen wollten. Während der eine Fraktionssprecher der SP (Rechsteiner, SG) die generelle kontrollierte Drogenabgabe als Alternative propagierte, gab der zweite (Tschäppät, BE) immerhin gewisse Missstände beim Vollzug des Ausländer- und des Asylrechts zu, beurteilte aber die Zwangsmassnahmen als überrissen. Der Kritik, dass die vorgeschlagenen Massnahmen nicht menschenrechtskonform seien, begegnete der Bundesrat mit dem Verweis auf diverse Expertengutachten. In diesen wird insbesondere festgehalten, dass es EMRK-konform ist, Ausländer ohne Aufenthaltsrecht anders zu behandeln als solche mit geregeltem Status oder eigene Staatsangehörige.
In der Detailberatung beschloss der Rat mit Stichentscheid der Präsidentin, dass die Vorbereitungs- resp. Ausschaffungshaft nicht von der kantonalen Verwaltung – mit nachträglicher richterlicher Überprüfung –, sondern von Anfang an von einem Richter anzuordnen ist. Die «Vorbereitungshaft» für Asylsuchende, die sich absichtlich nicht an Rayonbeschränkungen halten, die unter mehreren Namen Gesuche einreichen oder die Vorladungen mutwillig missachten, wurde gemäss Antrag des Bundesrates auf höchstens drei Monate festgesetzt. Die maximale Dauer der Ausschaffungshaft für Personen, welche sich einer Ausschaffungsanordnung offensichtlich entziehen wollen, reduzierte der Nationalrat von neun auf drei Monate, mit der Möglichkeit einer richterlichen Verlängerung um weitere drei Monate. Die ebenfalls sehr umstrittene neue Bestimmung, wonch die Behörden mit richterlicher Erlaubnis in Wohnungen oder Räumen von Dritten nach untergetauchten abgewiesenen Asylbewerbern und deren Ausweispapieren suchen dürfen, wurde entschärft: die Suche nach Ausweisen allein legitimiert keine Hausdurchsuchung. Ein von Vertretern der FP vorgebrachter Antrag, dass die Kantone die neuen Massnahmen zwingend anwenden müssen, wurde deutlich abgelehnt. Die Zustimmung zu den Zwangsmassnahmen erlaubte die Streichung der bisher im Ausländergesetz verankerten Möglichkeit der maximal zweijährigen Internierung von Auszuschaffenden.

Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht (BRG 93.128)

Der Ständerat behandelte das Geschäft ebenfalls noch in der Frühjahrssession und schloss sich weitgehend dem Nationalrat an. Bei der Anordnung der Vorbereitungs- resp. Ausschaffungshaft kam er jedoch auf den bundesrätlichen Vorschlag zurück, dass diese von Verwaltungsstellen angeordnet werden kann, aber nach spätestens vier Tagen von einem Haftrichter bestätigt werden muss. Dabei setzte er die Anforderungen allerdings etwas strenger als der Bundesrat, indem der Richter nicht nur aufgrund der Akten die Anordnung der Verwaltung überprüfen, sondern nach einer mündlichen Verhandlung einen eigenständigen Entscheid fällen muss. Die von Kritikern befürchtete Inhaftierung von Kindern unter 15 Jahren schloss er explizit aus. Zudem beschloss er in Abweichung vom Nationalrat, dass die Ausschaffungshaft maximal sechs Monate betragen kann, wobei der Richter diese Frist um weitere drei Monate verlängern kann. Zustimmung fand auch der vom Bundesrat auf Wunsch des Nationalrats und der Kommission des Ständerats zusätzlich eingebrachte Antrag, dass der Bund die Kantone beim Bau und Betrieb von Haftanstalten, welche dem Vollzug dieser Zwangsmassnahmen dienen, finanziell unterstützen kann.

Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht (BRG 93.128)

Eine internationale Expertenkommission hatte im Vorjahr die Vorkehrungen der Schweiz gegen die Geldwäscherei ins Examen genommen und war dabei, namentlich für den Bankensektor, zu einem guten Ergebnis gekommen. Wie der Bundesrat schlug auch sie vor, die Bestimmungen auch auf den Parabankensektor auszuweiten.

Geldwäschereigesetz in der Vernehmlassung
Dossier: Neues Geldwäschereigesetz (1997)

Im Januar gab der Bundesrat den Vorentwurf für eine Ausweitung der Bestimmungen gegen die Geldwäscherei auf den ganzen Finanzsektor in die Vernehmlassung. Dem neuen Gesetz sollen nicht nur wie bisher Banken unterstellt sein, sondern alle im Finanzmarkt tätigen Akteure, also auch Versicherungen, PTT, Treuhänder, Anwälte und andere mit Finanzierungs- und Kreditgeschäften befasste Personen und Firmen. Vorgesehen ist eine Identifizierungspflicht für Kunden (bei Bargeschäften ab CHF 25'000) und die Abklärung der wirtschaftlichen Hintergründe und des Zwecks der Transaktion bei Anzeichen von verdächtigen Handlungen. Bei Gewissheit oder begründetem Verdacht soll eine Meldepflicht eingeführt werden.
Die Reaktionen auf den Vorschlag des Bundesrates fielen überwiegend negativ aus. Keinen dringenden Handlungsbedarf konnten die ins Visier genommenen Treuhänder ausmachen. Für die Banken ist zwar ein solcher durchaus gegeben, die neuen Regeln würden aber ihrer Ansicht nach die bestehenden Normen konkurrenzieren und zu Ungereimtheiten führen. Die vorgesehene Meldepflicht bei verdächtigen Transaktionen lehnten sie, wie übrigens auch die FDP und die SVP, ab.

Geldwäschereigesetz in der Vernehmlassung
Dossier: Neues Geldwäschereigesetz (1997)

Erstmals seit 1988 ist 1992 die Gesamtheit der bei der Polizei angezeigten Verbrechen und Vergehen wieder zurückgegangen. Ausschlaggebend für diese Entwicklung war eine Abnahme bei den gemeldeten Diebstählen; die angezeigten Gewaltdelikte wie Raub oder Körperverletzung nahmen jedoch weiterhin zu. Die wachsende Angst eines Teils der Bevölkerung, Opfer eines Verbrechens zu werden, liess die öffentliche resp. die innere Sicherheit auch zu einem wichtigen politischen Thema werden. Nach einer recht emotionalen Debatte im Sommer präsentierten im Oktober sowohl die FDP als auch die CVP ihre Thesen und Vorschläge zu dieser Problematik. Bei der Ursachenforschung vermieden beide Parteien Schuldzuweisungen an politische Gegner oder bestimmte Bevölkerungsgruppen. Sie machten für die wachsende Kriminalität eher allgemeine gesellschaftliche Entwicklungen wie zunehmende Anonymität und Wertewandel verantwortlich. Als Gegenmittel schlugen sie einen Ausbau der Strafverfolgungs- und -vollzugsbehörden vor, was freilich nicht ohne zusätzliches Personal und neue Strafvollzugsanstalten zu bewerkstelligen wäre. Auch Exponenten der SVP äusserten sich in ähnlicher Weise. Bundesrat Koller beauftragte eine verwaltungsinterne Arbeitsgruppe mit der Abklärung der Frage, welche Beiträge das EJPD zur Verbesserung der Situation leisten kann. Wenig Resonanz fand dieses Thema bei der SP, die zwar ebenfalls Vollzugsprobleme konstatierte, sonst aber den Verdacht äusserte, dass dieses Thema von den bürgerlichen Parteien hochgespielt werde, um von den wirtschaftlichen Problemen abzulenken und um Wählerstimmen zu erobern. Zumindest im lokalen Rahmen wurde ihre Anschuldigung bestätigt, als die Zürcher SVP in Wahlkampfinseraten die «Linken und Netten» für die zunehmende Kriminalität verantwortlich machte.

Gewaltdelikte emotionalen Debatte

Nachdem er im Oktober eine Vernehmlassung durchgeführt hatte, legte der Bundesrat gegen Jahresende dem Parlament seine Vorschläge für einen effizienteren Vollzug von Ausweisungsbeschlüssen gegen kriminelle Ausländer vor. Sie betreffen nur Personen, welche weder über eine Niederlassungs- noch eine Aufenthaltsgenehmigung verfügen. Die Massnahmen richten sich nach Bundesrat Koller namentlich gegen jene, welche das Asylrecht missbrauchen, um unter dessen Schutz im Drogenhandel tätig zu sein. Wichtigstes Element soll wie bisher die prioritäre Bearbeitung der Gesuche von delinquierenden Asylbewerbern bleiben. Damit diese aber während der oft langwierigen Beschaffung von Ausreisepapieren nach einem ablehnenden Bescheid nicht weiterhin im kriminellen Milieu aktiv sein können, ist eine Ausdehnung der Ausschaffungshaft von einem auf sechs Monate vorgesehen. Um die Suche nach Reisedokumenten zu erleichtern, soll die Polizei die Effekten der Asylbewerber durchsuchen können. Erfolgt die Verurteilung bereits vor dem Abschluss des Asylverfahrens, sollen solche Personen bis zum Entscheid in eine «Vorbereitungshaft» von bis zu drei Monaten genommen werden können. Im weiteren sollen die Behörden während der Dauer des Anerkennungsverfahrens einen Aufenthaltsrayon resp. eine Sperrzone für Asylbewerber deklarieren dürfen. Schärfere Massnahmen, wie etwa sofortige Ausschaffung von kriminellen Asylbewerbern oder Nichteintreten auf deren Gesuche kommen hingegen für den Bundesrat aus verfassungs- und völkerrechtlichen Gründen nicht in Frage.

Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht (BRG 93.128)

Besondere Vollzugsprobleme zeigten sich im Kanton Zürich. Vor allem als Folge der Konzentration des schweizerischen Drogenmarktes auf die Stadt Zürich waren die Gefängnisse oft dermassen überfüllt, dass die Polizei auf Verhaftungen verzichten musste, oder dass Gefangene, bei denen die Landesverweisung vollzogen werden konnte, vorzeitig entlassen wurden. Der Zürcher Regierungsrat Leuenberger (sp) kündigte gegen Jahresende den Bau von neuen Vollzugsanstalten an. Die von Zürcher Politikern aufgestellte Forderung nach einem Einsatz der Armee im Strafvollzug wurde von EMD-Chef Villiger umgehend und kategorisch abgelehnt.

Vollzugsprobleme zeigten sich im Kanton Zürich

Der Ständerat stimmte in der Dezembersession den Anträgen des Bundesrats weitgehend zu. Einen Antrag Morniroli (lega, TI) auf Schaffung einer «Kronzeugenregelung» lehnte er deutlich ab. Der Nationalrat überwies ferner ein Postulat der CVP-Fraktion (Po. 93.3347), worin namentlich Mittel und Personal für eine Verbesserung der Koordination zwischen den Organen des Bundes, der Kantone und des Auslands im Kampf gegen das organisierte Verbrechen sowie Rechtsgrundlagen für die verdeckte Fahndung gefordert werden.

Ergänzende Massnahmen zur Bekämpfung des organisierten Verbrechens (BRG 93.058)

Grosses Aufsehen erregte ein Entscheid des Bundesgerichts vom 24. März 1992 im Falle eines seit 1985 in der Schweiz ansässigen und nach einer bedingten Haftentlassung erneut in Untersuchungshaft sitzenden Ausländers. Das oberste Gericht hatte die anlässlich der ersten Verurteilung als Zusatzstrafe verhängte Landesverweisung mit der Begründung aufgeschoben, dass die Chancen einer Resozialisierung in der Schweiz besser seien als im Heimatland des Delinquenten. Eine parlamentarische Initiative Moser (ap, AG) (Pa.Iv. 92.421) verlangte nun, dass für Ausländer, die wegen bestimmter schwerer Verbrechen zu Zuchthausstrafen verurteilt worden sind, automatisch eine Landesverweisung auf Lebenszeit ausgesprochen wird. Diese Zusatzstrafe ist heute nur bei Wiederholungstätern möglich. Die Ratsmehrheit lehnte die Initiative Moser ab. Im Anschluss an diesen Entscheid überwies der Nationalrat jedoch eine vom Bundesrat und der Ratslinken bekämpfte Motion, welche Änderungen des StGB und des Ausländergesetzes (Anag) verlangt, damit Landesverweisungen, welche von den Gerichten als Zusatzstrafe bei schweren Verbrechen verhängt worden sind, auf jeden Fall vollzogen werden müssen. Für den Ständerat war diese Motion zu undifferenziert, weshalb er sie in ein Postulat umwandelte. Noch 1986 hatte der Nationalrat die Überweisung einer grundsätzlich gleichen Motion Ruf (sd, BE) mit 82:3 Stimmen abgelehnt (Mo. 85.430).

als Zusatzstrafe verhängte Landesverweisung (Mo. 93.3025)