Nach einer Vorbereitungsphase für eine Kandidatur für Olympia 2026 im Graubünden von knapp einem Jahr stand im Februar 2017 der Bündner Volksentscheid zum Kredit von CHF 25 Mio. zur Ausarbeitung einer Olympia-Kandidatur an.
Die Befürwortenden und die Gegnerschaft der Bündner Kandidatur führten einen Abstimmungskampf mit äusserst ungewissem Ende – wie die Medien betonten –, nachdem eine Kandidatur für Olympia 2022 erst wenige Jahre zuvor trotz gross angelegter Pro-Kampagne an der Urne gescheitert war. Die Voraussetzungen für eine Olympia-Kandidatur hätten sich in den vergangenen Jahren mit der neuen Olympischen Agenda 2020 des IOK jedoch geändert, argumentierten die Befürwortenden – allen voran Mitinitiant des Projekts Andreas Wieland, welcher versicherte, dass das Bündner Konzept diesen neuen Forderungen weitgehend entspreche. Die Befürwortenden sahen in Bündner Winterspielen im Sinne einer gross angelegten Standortförderung die Chance, den Tourismus und die Wirtschaft des Kantons anzukurbeln, nachdem sich Letztere seit 2013 massiv verschlechtert habe. Wie der Volkswirtschaftsdirektor des Kantons, Jon Domenic Parolini (GR, bdp), vor der Abstimmung befand, stünden die Chancen für eine Annahme in den touristischen Regionen des Kantons grundsätzlich gut. Die weniger touristischen Ortschaften wie das Rheintal müssten jedoch noch stärker für die Vorteile des Vorhabens sensibilisiert werden, so seine Einschätzung. Zu den organisierten Befürwortenden gehörten unter anderem die bürgerlichen Parteien, die Bündner Wirtschafts- und Tourismusverbände sowie die Ostschweizer Regierungskonferenz.
Die Kontrahenten des Vorhabens – bestehend aus dem Komitee «Olympiakritisches Graubünden» sowie aus den linken Parteien und den Umweltverbänden – sahen in einer Volksabstimmung so kurz nach dem letzten Volksnein eine «Zwängerei». Gemäss Jon Pult (GR, sp), dem prominentesten Gegner des Olympiavorhabens, bestehe in der Bevölkerung grosser Unmut über diese erneute Abstimmung. Auch der enge Zeitplan – welcher sich nach dem Vorverschieben der Volksabstimmung auf Wunsch von Swiss Olympics noch verdichtet hatte – bot Stoff für Kritik: Die transparente Auflistung der genauen Kosten sei damit nicht möglich und der Bevölkerung werde so die «Katze im Sack» verkauft, so Sylvia Semadeni (GR, sp) im Gespräch mit der LZ. Weiter gab die Kontra-Seite zu bedenken, dass der Gigantismus mit der «Pseudoreform-Agenda 2020» (NZZ) nicht wesentlich verhindert werde, es handle sich dabei vielmehr um eine «Imageübung» (AZ) des IOK. Auch dass die Winterspiele den gewünschten grossen Profit für alle abwerfen werden, bezweifelte Pult; viel wahrscheinlicher sei es, dass sie nichts als hohe Defizite für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler hinterliessen und kurze wirtschaftliche «Strohfeuer» (WW, LZ) die bestehenden wirtschaftlichen Probleme nicht nachhaltig würden lösen können.
Am 12. Februar 2017 erlosch «Graubündens Olympia-Flämmchen» (NZZ) schliesslich vollständig. Die Stimmbevölkerung lehnte die Vorlage an der Urne mit einem Nein-Stimmenanteil von 60.1 Prozent und einer Stimmbeteiligung von 50.1 Prozent ab und zeigte damit, dass sich die Haltung gegenüber den Olympischen Spielen seit dem Volksnein 2013 nicht grundlegend verändert hatte. Die Angst vor einem Finanzdesaster, Gigantismus und Fremdbestimmung überwogen noch immer, war sich die Presse einig. Das klare Nein sei nicht zuletzt einerseits auf das bevölkerungsstarke Chur und andererseits auf die möglichen Host-Citys und Tourismus Hotspots St. Moritz, Arosa und Davos zurückzuführen, welche entgegen den Erwartungen der Befürwortenden den Kredit für die Ausarbeitung von Winterspielen in ihrem Kanton ablehnten. Im Rennen um die schweizerischen Olympischen Spiele 2026 verblieb damit nur noch die Walliser Kandidatur.
Dossier: Olympiakandidaturen