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Im März bzw. im Juni 2016 nahmen die beiden Kammern vom Bericht des Bundesrates Kenntnis, mit dem die beiden Motionen 11.3468 und 11.3751 abgeschrieben werden. Beide Anliegen hätten eine bessere Vereinbarkeit von Volksinitiativen mit dem Völkerrecht verlangt. Nach der Vernehmlassung zweier Erlassentwürfe war der Bundesrat allerdings aufgrund der sehr negativen Stellungnahmen zum Schluss gelangt, dass die Zeit für Reformen noch nicht reif sei. Die Diskussion war damit allerdings noch nicht beendet. Die SPK-NR entschied zwar laut Bericht einstimmig, dem Antrag des Bundesrates auf Abschreibung der Motionen aus formellen Gründen zuzustimmen, sie nahm aber gleichzeitig eine Analyse des Handlungsbedarfes im Bereich Gültigkeit von Volksinitiativen vor. Gleich vier parlamentarische Initiativen der SPK-SR sowie eine parlamentarische Initiative Lustenberger (cvp, LU) (14.471) lagen zum Thema vor und veranlassten die SPK-NR zur Bildung einer Subkommission, welche die Problematik ganzheitlich angehen soll. In ihrem Bericht begrüsste die SPK-SR ihrerseits das Vorgehen der Schwesterkommission in dieser Sache und empfahl, die beiden Motionen zwar abzuschreiben, deren inhaltliche Stossrichtung allerdings im weiteren Verlauf der Diskussionen weiterzuverfolgen.

Vereinbarkeit von Volksinitiativen mit dem Völkerrecht (BRG 14.024)
Dossier: Ungültigkeitsgründe von Volksinitiativen

In einem Bericht beantragte der Bundesrat die Abschreibung der beiden Motionen beider Staatspolitischen Kommissionen (SPK-NR, SPK-SR), mit denen die Vereinbarkeit von Volksinitiativen mit dem Völkerrecht gefordert worden wäre. Die Vorschläge des Bundesrates, vor der Unterschriftensammlung eine Vorprüfung vorzunehmen, die Ungültigkeitsgründe auszuweiten oder Warnhinweise auf den Unterschriftenbögen anzubringen, falls eine geplante Initiative potentiell mit dem Völkerrecht in Konflikt gerät, wurden in der Vernehmlassung derart zerzaust, dass die Regierung das Vorhaben auf Eis legen wollte. Die SPK-NR lehnte den Antrag des Bundesrates auf Abschreibung allerdings ab. Zumindest soll der Bericht zu einem Postulat der FDP abgewartet werden, mit dem das Problem der Vereinbarkeit von durch Initiativen geschaffenen Verfassungsartikeln mit dem Völkerrecht beleuchtet werden soll.

Vereinbarkeit von Volksinitiativen mit dem Völkerrecht (BRG 14.024)
Dossier: Ungültigkeitsgründe von Volksinitiativen

Um die Vereinbarkeit von Volksinitiativen mit dem Völkerrecht konkret zu verbessern, schickte der Bundesrat Mitte März 2013 in Erfüllung zweier Motionen der Staatspolitischen Kommissionen beider Räte (Mo. 11.3751 und Mo. 11.3468) verschiedene Vorschläge in die Vernehmlassung. Zwei zentrale Massnahmen sollten die Konflikte von Volksbegehren mit völkerrechtlichen Verpflichtungen vermindern: eine materielle Vorprüfung vor der Unterschriftensammlung sowie die Ausdehnung der Ungültigkeitsgründe auf Grundrechte. Erstere sollte einer nicht verbindlichen Rechtskontrolle gleichkommen, wobei es dem Initiativkomitee überlassen bliebe, ob es bei einem Normkonflikt den Initiativtext ändern oder aber die Unterschriftensammlung trotzdem durchführen will. Die Initianten wären aber verpflichtet, die Stellungnahme auf die Unterschriftenbögen zu drucken. Die zweite Massnahme wollte den Katalog der Ungültigkeitsgründe ausdehnen: ein Begehren wäre somit ungültig, wenn sein Ziel die in der Bundesverfassung anerkannten grundrechtlichen Kerngehalte (und nicht nur das zwingende Völkerrecht) verletzt. Die SVP reagierte noch beim Start der Vernehmlassung und sprach von einem „Staatsstreich“. Weil die Volksrechte massiv eingeschränkt würden, drohte die Volkspartei bereits vorsorglich mit einem Referendum. Die Massnahmen stiessen jedoch auch auf Unterstützung, weil insbesondere durch das vorgängige Rechtsgutachten von Beginn weg auch für die Unterzeichner einer Initiative Klarheit über allfällige Umsetzungsschwierigkeiten hergestellt werde. Die Vernehmlassungsantworten waren gesamthaft aber ziemlich ernüchternd. Von den Parteien äusserte sich einzig die BDP positiv. Der Bundesrat zog deshalb Mitte Dezember seine Ideen zurück und beauftragte das EJPD zusammen mit dem EDA und der Bundeskanzlei neue Lösungsansätze zu erarbeiten.

Vereinbarkeit von Volksinitiativen mit dem Völkerrecht (BRG 14.024)
Dossier: Ungültigkeitsgründe von Volksinitiativen

Ende November verabschiedete der Bundesrat seine Botschaft zur Änderung des Bundesgesetzes über die politischen Rechte. Die Änderungen betrafen insbesondere die Organisation der Nationalratswahlen, die aufgrund der wachsenden Zahl von Listen und Kandidaturen mit zunehmendem Organisationsaufwand einhergehen. Neu sollen, um die Funktionstüchtigkeit des Wahlverfahrens sicher zu stellen, unzulässige Doppelkandidaturen auch nachträglich noch gestrichen werden können. Weiter soll der Anmeldeschluss für Kandidaturen schweizweit auf den Monat August gelegt werden und das Wahlmaterial möglichst in jedem Kanton in der viertletzten Woche vor den Wahlen an die Wahlberechtigten gelangen. Die Panaschierstatistik, die in den letzten Jahren auf immer grösseres Interesse gestossen war, soll zudem neu von Gesetzes wegen erhoben werden. Volksabstimmungen waren vom fünften hauptsächlichen Revisionspunkt betroffen: Nachzählungen von eidgenössischen Urnengängen sollen nur dann durchgeführt werden, wenn Unregelmässigkeiten glaubhaft gemacht werden können. Auf einer zu schaffenden Gesetzesgrundlage sollen dabei Stimmberechtigte als Beobachter von Urnengängen fungieren. Drei weitere, ursprünglich geplante Änderungen – eine Differenzierung der Sammelfristen zu Volksbegehren, mit denen Sammelfrist und Einholen der Stimmrechtsbescheinigungen getrennt worden wären, die gehashte AHV-Nummer aller Nationalratskandidaten zwecks Vermeidung von Doppelkandidaturen über Kantonsgrenzen hinweg und die Streichung der Berufsangabe der Kandidierenden für den Nationalrat – waren in der zwischen März und Juni durchgeführten Vernehmlassung auf Kritik gestossen und deshalb aus dem Entwurf gestrichen worden. Die Räte werden erst 2014 über die Botschaft befinden.

Bundesgesetzes über die politischen Rechte

Die VOX-Analyse zur Abstimmung über die allgemeine Volksinitiative vom 27. September 2009 zeigte für die Abstimmung, die praktisch ohne vorgängige Kampagne durchgeführt worden war, wenig verwunderliche Resultate. Mehr als 50 Prozent der Teilnehmenden konnten keine substantielle Antwort auf die Frage geben, worum es bei der Abstimmung überhaupt ging. Politische Merkmale, also die Parteiensympathie oder die Links-Rechts-Verortung, spielten keine Rolle für den Abstimmungsentscheid. Allerdings zeigte sich das Regierungsvertrauen als erklärungskräftig. Die Autoren der VOX-Studie führten dies darauf zurück, dass in Ermangelung anderer «Elitesignale» die Empfehlung des Bundesrats als einzige «Entscheidhilfe bei der Meinungsbildung» gedient habe. Eine weitere Stütze für diese Schlussfolgerung dürfte die «aussergewöhnlich hohe Zahl» von Befragten sein, die ihren Stimmentscheid mit der Empfehlung von Parlament und Regierung begründeten. Dass die Befragten vergleichsweise schlecht informiert waren, zeigte sich mitunter daran, dass mehr als ein Fünftel der befragten Nein-Stimmenden nicht mehr wussten, weshalb sie Nein gestimmt hatten, und dass sehr viele Befragte die vorgelegten Argumente nicht bewerten konnten (also mit «weiss nicht» antworteten). Die Autorenschaft der VOX-Analyse fasste zusammen, «dass infolge eines hohen Desinteresses und eines fehlenden Abstimmungskampfes die StimmbürgerInnen vom Entscheidmaterial überfordert waren».

Verzicht auf die Einführung der allgemeinen Volksinitiative (Pa.Iv. 06.458)
Dossier: Ausbau der Volksrechte (Allgemeine Volksinitiative, Fakultatives Staatsvertragsreferendum) (2003)

In der Volksabstimmung vom 27. September waren Volk und Stände damit einverstanden, auf die 2003 in die Verfassung aufgenommene allgemeine Volksinitiative wieder zu verzichten. Eine Kampagne fand nicht statt; gegen die Streichung ausgesprochen hatten sich nur die Lega und die PdA. Das Resultat fiel mit einem Ja-Stimmenanteil von 67,9% (1 307 237 Ja gegen 618 664) und keinem einzigen ablehnenden Kanton deutlich aus.

Abstimmung vom 27. September 2009

Beteiligung: 40,4%
Ja: 1 307 237 (67,9%) / 20 6/2 Stände
Nein: 618 664 (32,1%) / 0 Stände

Parolen:
– Ja: SVP, SP, FDP (1)*, CVP (2)*, GP (1)*, EVP, BDP, GLP, CSP, EDU (1)*, FPS, SD; SGV, SBV, Travail.Suisse.
– Nein: Lega, PdA.
* In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen

Verzicht auf die Einführung der allgemeinen Volksinitiative (Pa.Iv. 06.458)
Dossier: Ausbau der Volksrechte (Allgemeine Volksinitiative, Fakultatives Staatsvertragsreferendum) (2003)

Die Umsetzung der 2003 in die Verfassung aufgenommenen allgemeinen Volksinitiative ist gescheitert. Als Zweitrat beschloss auch der Ständerat Nichteintreten auf den Vorschlag des Bundesrats. Die SPKdes Nationalrats gab in der Folge den Vorschlag zur Aufhebung des Verfassungsartikels über diese allgemeine Volksinitiative in die Vernehmlassung (06.458).

Bundesgesetz zur Einführung der allgemeinen Volksinitiative (06.053)
Dossier: Ausbau der Volksrechte (Allgemeine Volksinitiative, Fakultatives Staatsvertragsreferendum) (2003)

Die Vernehmlassung über den Vorentwurf für die legislative Umsetzung der 2003 in die Verfassung aufgenommenen allgemeinen Volksinitiative war mehrheitlich negativ ausgefallen. Trotzdem legte der Bundesrat im Mai dem Parlament seinen Vorschlag für entsprechende Teilrevisionen von Bundesgesetzen vor (BG über die politischen Rechte, Parlamentsgesetz und Bundesgerichtsgesetz). Die Vielzahl der bei der Behandlung einer derartigen Initiative möglichen Entscheidungsschritte, welche durch das System von zwei gleich berechtigten Parlamentkammern noch komplexer werden, erlaubte es dem Bundesrat nicht, die Vorlage gegenüber dem Vernehmlassungsentwurf wesentlich zu vereinfachen. Nachdem sich die SPK des Nationalrats davon hatte überzeugen lassen, dass eine einfachere Lösung nicht möglich ist, beschloss sie mit 13 zu 11 Stimmen, Nichteintreten zu beantragen. Gleichzeitig einigte sie sich mit der SPK des Ständerats darauf, eine Vorlage zur Aufhebung des Verfassungsartikels über diese allgemeine Volksinitiative vorzubereiten. Der Nationalrat folgte der Mehrheit seiner Kommission und entschied sich mit 136 zu 13 Stimmen für Nichteintreten.

Bundesgesetz zur Einführung der allgemeinen Volksinitiative (06.053)
Dossier: Ausbau der Volksrechte (Allgemeine Volksinitiative, Fakultatives Staatsvertragsreferendum) (2003)

Der Ende 2004 in die Vernehmlassung gegebene Vorentwurf für die legislative Umsetzung der allgemeinen Volksinitiative stiess auf wenig Verständnis. Er sei viel zu kompliziert, ja sogar unverständlich. Dies hat seinen Grund vor allem in den vielen Kombinationen und Konstellationen der Entscheidfindung, die bei diesem neuen Volksrecht auftreten können.

Bundesgesetz zur Einführung der allgemeinen Volksinitiative (06.053)
Dossier: Ausbau der Volksrechte (Allgemeine Volksinitiative, Fakultatives Staatsvertragsreferendum) (2003)

Nach dem Nationalrat stimmte auch der Ständerat, trotz des Einspruchs von Reimann (svp, AG), dem Beitritt der Schweiz zum „International Institut for Democracy and Electoral Assistance“ zu. Diese Stelle will weltweit die Demokratie primär durch Erfahrungs- und Wissensaustausch fördern.

Affiliation à l’Institut pour la démocratie et l’assistance électorale (IDEA)

Gegen Jahresende gab der Bundesrat einen Gesetzesvorentwurf für die Umsetzung der 2003 in die Verfassung aufgenommenen Allgemeinen Volksinitiative in die Vernehmlassung.

Bundesgesetz zur Einführung der allgemeinen Volksinitiative (06.053)
Dossier: Ausbau der Volksrechte (Allgemeine Volksinitiative, Fakultatives Staatsvertragsreferendum) (2003)

Gegen die Stimmen der SVP beschloss der Nationalrat auf Antrag des Bundesrats, dem „International Institut for Democracy and Electoral Assistance“ beizutreten. Das Ziel dieser Institution ist die weltweite Förderung der Demokratie primär durch Erfahrungs- und Wissensaustausch. Ihr gehören zur Zeit 23 Staaten an und die Schweiz machte seit der Gründung im Jahr 1995 als nicht stimmberechtigte Beobachterin mit.

Affiliation à l’Institut pour la démocratie et l’assistance électorale (IDEA)

Gemäss der VOX-Analyse zur Justizreform (Abstimmung vom 12. März 2000) fand die Justizreform neben den vier zur Abstimmung stehenden Volksinitiativen («Beschleunigung der direkten Demokratie», «für menschenwürdige Fortpflanzung», «Verkehrshalbierung» und «gerechte Vertretung der Frauen in den Bundesbehörden») kaum Beachtung. Dies war wohl auch der Grund dafür, dass 49 Prozent der Befragten keine Angaben zum Inhalt der Vorlagen machen konnten. Zudem fielen auch die Motive für das Ja recht schwammig aus («wichtig, richtig, sinnvoll»; «es braucht Veränderungen»), vielfach wurden als Begründung für ein Ja auch Empfehlungen von Behörden und Parteien vorgebracht. In der Nachbefragungsanalyse zeigten sich zudem keinerlei soziale oder politische Merkmale, hinsichtlich derer sich die Ja- und die Nein-Stimmenden voneinander unterscheiden liessen.

Justizreform (BRG 96.091)
Dossier: Totalrevision der Bundesverfassung 2/2: BRG 96.091 (1996 bis 2000)

In der Volksabstimmung vom 12. März hiessen die Stimmberechtigten mit sehr deutlichem Mehr die im Vorjahr vom Parlament verabschiedete Justizreform gut. Nachdem die beiden am meisten umstrittenen Punkte, die Zugangsbeschränkungen und die Einführung einer Verfassungsgerichtsbarkeit vom Parlament massiv entschärft resp. eliminiert worden waren, gab es kaum mehr Opposition gegen die Vorlage. Keine nationale Partei gab die Nein-Parole aus; lediglich die relativ unbedeutenden Kantonalsektionen der SVP in Genf und im Wallis lehnten die Reform ab.

Das Verdikt fiel mit einem Ja-Stimmenanteil von 86 Prozent sehr deutlich aus; nicht ein Kanton hatte sich dagegen ausgesprochen. Am klarsten fiel die Annahme in Genf mit 92 Prozent, am knappsten im Wallis mit 71 Prozent aus.


Justizreform
Abstimmung vom 12. März 2000

Beteiligung: 41,9%
Ja: 1'610'107 (86,4%) / 20 6/2 Stände
Nein: 254'355 (13,6%) / 0 Stände

Parolen:
– Ja: SP, FDP, CVP, SVP (2*), GP, LP (1*), EVP, FP, SD, EDU, PdA, CSP; Economiesuisse (Vorort), SGB, CNG.
– Nein: -
* In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen

Justizreform (BRG 96.091)
Dossier: Totalrevision der Bundesverfassung 2/2: BRG 96.091 (1996 bis 2000)

Im August legte der Bundesrat dem Parlament eine Botschaft mit einer Serie von technischen und redaktionellen Änderungen von Gesetzen und eingereichten Volksinitiativen vor, um diese formal an die neue Bundesverfassung anzupassen. Da es sich dabei nicht um materielle Neuerungen handelt, werden sie hier nicht einzeln aufgeführt. Das Parlament verabschiedete sie diskussionslos bei bloss einigen Gegenstimmen resp. Enthaltungen im Nationalrat, vor allem aus den Reihen der Freiheits-Partei. Der Bundesrat setzte die neue Bundesverfassung auf den 1. Januar 2000 in Kraft.

Totalrevision der Bundesverfassung: Verfahren und Verfahrensfragen (BRG 96.061)
Dossier: Totalrevision der Bundesverfassung 2/2: BRG 96.091 (1996 bis 2000)

Von den beiden im ursprünglichen Totalrevisionsvorhaben enthaltenen Reformpaketen Justizreform und Volksrechte konnte beim ersten die parlamentarische Behandlung abgeschlossen werden, während das zweite aufgegeben wurde.

Totalrevision der Bundesverfassung: Verfahren und Verfahrensfragen (BRG 96.061)
Dossier: Totalrevision der Bundesverfassung 2/2: BRG 96.091 (1996 bis 2000)

Im Berichtsjahr kam die im Rahmen der Verfassungstotalrevision vorgesehene Reform der Volksrechte (Paket B) nach langen Kommissionsberatungen in die Parlamentskammern. Im Nationalrat empfahl die Kommission Nichteintreten, da sich in ihren Reihen keine tragbare Lösung für den von der Regierung beabsichtigten Ausbau der Volksrechte bei gleichzeitiger Erhöhung der erforderlichen Unterschriftenzahlen habe finden lassen. In den Voten der Fraktionssprecher wurde zum Ausdruck gebracht, dass zwar wohl ein Reformbedarf besteht, dieser allerdings je nach Partei mit unterschiedlicher Zielrichtung versehen ist. Mit 134:15 Stimmen beschloss der Nationalrat Nichteintreten. Angesichts dieses klaren Entscheids resignierte die Staatspolitische Kommission des Ständerates und beantragte ebenfalls Nichteintreten. Um zu unterstreichen, dass sie trotzdem einen Reformbedarf sieht, legte sie eine parlamentarische Initiative für «die Beseitigung von Mängeln der Volksrechte» vor (99.436). Der vom Plenum überwiesene Vorstoss ist zwar offen formuliert, in der Begründung werden aber das unklare Vorgehen bei nicht völkerrechtskonformen Volksinitiativen und die geltende Beschränkung des Initiativrechts auf die Verfassungsebene als zu behebende Mängel des aktuellen Systems erwähnt.

Reform der Volksrechte (BRG 96.091)
Dossier: Totalrevision der Bundesverfassung 2/2: BRG 96.091 (1996 bis 2000)

Am 18. April fand die Volksabstimmung über die neue, totalrevidierte Verfassung statt. Mit Ausnahme von links- und rechtsextremen Kleinparteien (PdA, FP, SD) sprachen sich alle nationalen Parteien und auch alle massgeblichen Interessenverbände für die neue Verfassung aus. Unter den Regierungsparteien fiel der Entscheid bei der SVP am knappsten aus: die von den Zürcher Nationalräten Hans Fehr und Schlüer angeführte Opposition unterlag an der Delegiertenversammlung mit 185:92 Stimmen. Für die rechtsbürgerlichen Kritiker ging die Reform über eine Nachführung hinaus. Sie sei vielmehr Ausdruck eines unakzeptablen, von der politischen Mitte und der Linken geprägten Politikverständnisses. Die Sektion Zürich der SVP und in ihrem Gefolge auch diejenigen von Kantonen, wo die SVP erst in den letzten Jahren gegründet worden ist (unter anderem BS, LU, SO, SG), gaben die Nein-Parole aus. Bei der SP, deren Fraktion die neue Verfassung anlässlich der parlamentarischen Verhandlungen ebenfalls heftig kritisiert hatte, entschied sich der Parteivorstand mit 34:3 Stimmen für die Ja-Parole. Die von Nationalrat Rennwald (JU) formulierte Kritik bemängelte das Fehlen von linken Politikinhalten, also gerade das Gegenteil von dem, was der Verfassung von SVP-Seite vorgeworfen wurde.

In der Kampagne schlugen die Wellen nicht sehr hoch. Auf Befürworterseite fiel vor allem der grosse Einsatz des aus dem Amt scheidenden Justizministers Koller auf. Im redaktionellen Teil der Presse war die Stimmung durchwegs positiv, hingegen waren praktisch keine Inserate für die neue Verfassung auszumachen. Die nicht zuletzt in Leserbriefen sehr aktiven Gegner behaupteten, dass sich die Schweiz mit der Verfassung internationalem Recht unterstellen würde (weil darin der auch bisher geltende Vorrang des Völkerrechts nun explizit erwähnt ist), sie zu einem Ausbau des Sozialstaats führe und sich überhaupt die alte Verfassung bewährt habe. In den Inseraten sprachen sie vor allem davon, dass die neue Verfassung eine «Liquidation der Schweiz» einleiten würde; zudem stellten sie darin auch eine ganze Reihe von schlicht falschen Behauptungen auf (z.B. dass in der neuen Verfassung die Begriffe «Schweizerische» und «Eidgenössische» gestrichen worden seien). Neben den erwähnten SVP-Kantonalsektionen, der FP und den SD beteiligten sich auch weit rechtsaussenstehende Organisationen wie der VPM (mit der ihm nahestehenden Zeitschrift «Zeit-Fragen») und «Pro Libertate» an der Kampagne. Dieses über das übliche Mass von Abstimmungspropaganda hinausgehende Verdrehen von Tatsachen durch die Gegner rief in der letzten Woche vor der Abstimmung den Bundesrat mit einer Gegendarstellung auf den Plan.

Volk und Kantone hiessen die totalrevidierte Bundesverfassung am 18. April mit einer relativ knappen Mehrheit von 59.2 Prozent und bei 12 2/2 gegen 8 4/2 Ständestimmen gut. Die Beteiligung fiel mit 35.9 Prozent recht mager aus; besonders niedrig war sie in der Romandie, wo nur gerade 21.6 Prozent von ihrem Stimmrecht Gebrauch machten. Mitverantwortlich dafür war sicher auch der Beschluss des Bundesrates, diese Vorlage in Anbetracht ihrer besonderen Bedeutung allein, d.h. nicht im Multipack mit anderen, für die Stimmbürgerinnen und -bürger attraktiveren Vorlagen zu präsentieren. Am meisten Ja-Stimmen gab es in der französischen Schweiz (mit Ausnahme des Wallis) und im Tessin. Ähnlich deutlich fiel die Zustimmung auch in den Grossstädten der Deutschschweiz aus. Gegen die totalrevidierte Verfassung sprachen sich die kleinen Kantone der Innerschweiz (ohne Zug), die Ostschweiz (ohne Graubünden) sowie der Aargau und das Wallis aus.


Bundesbeschluss über die Neue Bundesverfassung
Abstimmung vom 18. April 1999

Beteiligung: 35.9%
Ja: 969'310 (59.2%) / 12 2/2 Stände
Nein: 669'158 (40.8%) / 8 4/2 Stände

Parolen:
– Ja: SP, FDP, CVP, SVP (8*), LP, LdU, EVP, EDU (1*); SGB, CNG, Vorort, SGV, SBV.
– Nein: FP, SD, PdA; Centre patronal.
* In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen

Totalrevision der Bundesverfassung: Verfahren und Verfahrensfragen (BRG 96.061)
Dossier: Totalrevision der Bundesverfassung 2/2: BRG 96.091 (1996 bis 2000)

Angesichts der hohen Zustimmung war es für die Autoren der Vox-Analyse zu diesem Urnengang schwierig, ein Profil jener zu erstellen, welche Nein gestimmt hatten. Tendenziell liess sich aber feststellen, dass es vor allem Personen waren, die neben der obligatorischen Schule keinen weiteren Abschluss gemacht haben. Jüngere und lateinischsprachige Stimmbürgerinnen stimmten der Vorlage deutlicher zu als ältere Personen und solche aus der Deutschschweiz .

Verfassungsartikel über die Transplantationsmedizin (BRG 97.035)
Dossier: Transplantation von Organen, Geweben und Zellen

Am 7. Februar fand die eidgenössische Abstimmung über den Verfassungsartikel zur Transplantationsmedizin statt, welcher erste nationale Leitplanken für dieses ethisch sensible Spezialgebiet der Medizinaltechnik setzt. Die mit fast 88% Ja-Stimmen überdeutlich angenommene neue Verfassungsbestimmung gibt dem Bund die gesetzgeberische Kompetenz, den Umgang mit Organen, Geweben und Zellen gegenüber den kantonalen Lösungen einheitlich zu reglementieren und dabei den Schutz der Menschenwürde sowie der Persönlichkeit und der Gesundheit zu gewährleisten; zudem erhält er die Aufgabe, Kriterien für eine gerechte Zuteilung der zur Verfügung stehenden Organe festzulegen. Als wichtige Schranke gegen einen allfälligen Missbrauch gilt die Unentgeltlichkeit der Spende sowie das Verbot des Handels mit menschlichen Bestandteilen. Konkrete Abgrenzungsfragen (Zustimmung des Spenders, Definition des Todeszeitpunkts und Xenotransplantation) sollen im Rahmen eines spezifischen Transplantationsgesetzes angegangen werden, für welches Bundespräsidentin Dreifuss eine Botschaft im Jahr 2000 in Aussicht stellte.

Die Zustimmung erfolgte am deutlichsten in Genf und den übrigen lateinischen Kantonen mit Ja-Stimmenanteilen nahe bei oder über 90%. Die geringste Unterstützung fand der Verfassungsartikel in Uri und den beiden Appenzell, wo er aber immer noch über 80% der Stimmen auf sich vereinigen konnte.

Die parlamentarische Debatte zu diesem Verfassungsartikel hatte bereits gezeigt, dass dieser nur vereinzelt bei den Grünen und den ihnen nahestehenden Kreisen auf Ablehnung stossen würde. Besonders die beiden Nationalrätinnen Gonseth (gp, BL) und von Felten (sp, BS) sowie gentechnologiekritische und tierschützerische Gruppierungen bekämpften präventiv die neuen Kompetenzen des Bundes im Bereich der Xenotransplantation, welche sie generell nicht zulassen oder zumindest einem längeren Moratorium unterstellen möchten. Die GP zeigte sich in der Frage übrigens gespalten: Während die Deutschschweizer Sektionen die Nein-Parole ausgaben, votierten die Sektionen in der Waadt und im Kanton Genf für ein Ja.


Verfassungsartikel über die Transplantationsmedizin (Art. 24decies)
Abstimmung vom 7. Februar 1999


Beteiligung: 38,0%
Ja: 1'501'925 (87,8%) / 20 6/2 Stände
Nein: 209'263 (12,2%) / 0 Stände

Parolen:
– Ja: CVP, FDP, SP, SVP (1*), LPS, LdU, EVP, FP, SD (1*), PdA; Evang. Kirchenbund; Swisstransplant.
– Nein: Grüne (4*); Schweiz. Arbeitsgruppe Gentechnologie
– Stimmfreigabe: SGV

* In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen

Verfassungsartikel über die Transplantationsmedizin (BRG 97.035)
Dossier: Transplantation von Organen, Geweben und Zellen

Das Parlament begann die Beratung der Verfassungstotalrevision in einer einwöchigen Sondersession im Januar. Die Verhandlungen beschränkten sich auf den Teil A (Verfassungsnachführung) und wurden parallel geführt, wobei der Ständerat Erstrat für die Detailberatungen eines ersten Teils (bis Art. 126), und der Nationalrat für den zweiten Teil war. Die Differenzbereinigung zog sich dann bis in die Wintersession, wo die totalrevidierte Bundesverfassung mit der Schlussabstimmung am 18. Dezember verabschiedet wurde. Die Behandlung der als Teile B und C ebenfalls zum Totalrevisionsprojekt gehörenden Vorlagen «Volksrechte» und «Justizreform» gerieten demgegenüber in zeitlichen Verzug. Die Justizreform steckte zu Jahresende noch in der Differenzbereinigung zwischen den beiden Räten. Die Plenumsberatungen zur Reform der Volksrechte konnten hingegen im Berichtsjahr noch nicht begonnen werden. In diesem Bericht wird die Entwicklung dieser beiden Reformpakete im jeweiligen Sachzusammenhang dargestellt.

Totalrevision der Bundesverfassung: Verfahren und Verfahrensfragen (BRG 96.061)
Dossier: Totalrevision der Bundesverfassung 2/2: BRG 96.091 (1996 bis 2000)

Damit konnte die neue Verfassung wie geplant noch im Jubiläumsjahr zum 150jährigen Bestehen des Bundesstaates vom Parlament verabschiedet werden. In der Schlussabstimmung votierte der Nationalrat mit 134:14 Stimmen bei 31 Enthaltungen und der Ständerat einstimmig für die Reform. Die Opposition im Nationalrat kam sowohl von links als auch von rechts. Die 14 Neinstimmen stammten von drei (welschen) Sozialdemokraten, der Freiheitspartei, der Mehrheit der Schweizer Demokraten (ohne Ruf, BE) und vier Vertretern der SVP. Gut vertreten waren die SP und die SVP auch bei den Enthaltungen (14 resp. 11). Die CVP und die GP stellten sich einhellig hinter das Projekt, während beim Freisinn fünf und bei den Liberalen eine Enthaltung zu verzeichnen waren.

Totalrevision der Bundesverfassung: Verfahren und Verfahrensfragen (BRG 96.061)
Dossier: Totalrevision der Bundesverfassung 2/2: BRG 96.091 (1996 bis 2000)

Trotz dieses klaren Votums der grossen Kammer beharrte der Ständerat in dritter Lesung mit 22 zu 15 Stimmen noch immer auf seinem Standpunkt. Nun fand es der Nationalrat gar nicht mehr nötig, die leidige Angelegenheit noch einmal zu diskutieren. Ohne Wortmeldung und Abstimmung hielt er an seinem Entschluss fest. In der Einigungskonferenz setzte sich die Version des Nationalrates durch. Damit fand eine jahrelange Streitigkeit ein Ende und der Bundesfeiertag wurde definitiv den Sonntagen gleichgestellt und als arbeitsrechtlich bezahlter Feiertag anerkannt.

Arbeitsfreier Nationalfeiertag in der revidierten Bundesverfassung (BRG 96.091)
Dossier: Totalrevision der Bundesverfassung 2/2: BRG 96.091 (1996 bis 2000)

Zu einer schwergewichtigen Differenz zwischen den beiden Kammern führte der Abs. 3 von Art. 8, der die Beziehungen zwischen den Geschlechtern regelt. Der Bundesrat hatte neben der Feststellung, dass Mann und Frau gleichberechtigt sind, die Formulierung vorgeschlagen, wonach das Gesetz für die Gleichstellung namentlich in Familie, Ausbildung und Arbeit sorgt. Dem stimmte der Ständerat diskussionslos zu. Die Kommission des Nationalrates ging hier weiter und stipulierte, der Gesetzgeber habe für die rechtliche und tatsächliche Gleichstellung zu sorgen. Diese Fassung hiess das Plenum mit 110 zu 55 Stimmen gut. Ein von links-grüner Seite in die Diskussion gebrachter weiterer Absatz, wonach Bund und Kantone die materielle Gleichstellung zwischen Männern und Frauen in allen Lebensbereichen verwirklichen, indem sie bestehende Diskriminierungen beseitigen und positive Massnahmen fördern, wurde hingegen mit 93 zu 61 Stimmen abgelehnt. Beide Kammern beharrten in der Folge auf ihren Standpunkten. Der Ständerat vertrat die Ansicht, die tatsächliche Gleichstellung könne nicht per Gesetz dekretiert werden, sondern sei ein vom Verfassungsgeber unabhängiger gesellschaftlicher Prozess; der Nationalrat war der Meinung, in diesem Bereich sei lange genug getrödelt worden, weshalb es jetzt an der Zeit sei, zügig voranzumachen. Erst die Einigungskonferenz brachte die Entscheidung zugunsten des Nationalrates.

Gleichstellung und Schutz vor Diskriminierung in der revidierten Bundesverfassung (BRG 96.091)
Dossier: Vorstösse für eine geschlechtergerechte Sprache in der Politik und Verwaltung
Dossier: Totalrevision der Bundesverfassung 2/2: BRG 96.091 (1996 bis 2000)

Im Zweckartikel (Art. 2) der neuen Bundesverfassung nahm der Nationalrat auf Vorschlag seiner Kommission einen zusätzlichen Absatz an, der die Eidgenossenschaft verpflichtet, für eine möglichst grosse Chancengleichheit unter den Bürgerinnen und Bürgern zu sorgen. Der Ständerat, dem in erster Lesung kein entsprechender Vorschlag vorgelegen hatte, lehnte einen Antrag Aeby (sp, FR), hier dem Nationalrat zu folgen vorerst mit dem Argument ab, die Erwähnung der Chancengleichheit an so prominenter Stelle würde unerfüllbare Erwartungen wecken. In der Folge beharrten beide Räte auf ihrer Sicht der Dinge; erst in der Einigungskonferenz setzte sich dann die Version des Nationalrates durch.

Zweckartikel, Selbstverantwortung und Chancengleichheit in der revidierten Bundesverfassung (BRG 96.091)
Dossier: Totalrevision der Bundesverfassung 2/2: BRG 96.091 (1996 bis 2000)