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Der Bundesrat beschloss, die im Vorjahr vom Parlament verabschiedete Senkung des Mündigkeitsalters von 20 auf 18 Jahre auf den 1. Januar 1996 in Kraft zu setzen.

Senkung des zivilrechtlichen Mündigkeits- und Ehefähigkeitsalters von 20 auf 18 Jahre
Dossier: Senkung des zivilrechtlichen Mündigkeitsalters auf 18 Jahre

Der Nationalrat gab einer parlamentarischen Initiative Robert (gp, BE) keine Folge, welche dem Parlament die Kompetenz erteilen wollte, dem fakultativen Referendum unterstehende völkerrechtliche Verträge direkt, d.h. ohne Unterschriftensammlung, der Volksabstimmung zu unterstellen. Neben dem Einwand, dass damit das Instrumentarium der Volksrechte noch variantenreicher und damit unübersichtlicher würde, verwies die Staatspolitische Kommission auch auf die anstehende Totalrevision der Verfassung, welche den geeigneten Rahmen zur Reform der Volksrechte biete.

Forderungen nach obligatorischen Referendum für Volkerrechtliche Verträge
Dossier: Parlamentarische Vorstösse zur Änderung der Politischen Rechte 1990-2000

Kritisch zu den Vorschlägen des Verfassungsentwurfs äusserte sich vor allem die SP. Ihre Exponenten lehnten eine Verdoppelung der Unterschriftenzahlen strikt ab und konterten mit einer Serie von auf Bundesebene neu einzuführenden Volksrechten. Dazu gehören altbekannte Vorschläge wie die Gesetzesinitiative, aber auch Neukreationen wie die Volksmotion (analog zur parlamentarischen Motion), die Euro-Volksinitiative (diese soll den Bundesrat via Volksabstimmung auf die Vertretung einer bestimmten Politik im Rahmen von internationalen Organisationen verpflichten) oder die Express-Initiative (die innerhalb eines Jahres dem Volk zur Abstimmung vorgelegt werden muss).

Vernehmlassung und «Volksdiskussion» zur Reform der Bundesverfassung
Dossier: Totalrevision der Bundesverfassung 1/2: Vorgeschichte (1966 bis 1996)

In einem Leitentscheid anerkannte das Bundesgericht erstmals ausdrücklich ein ungeschriebenes Verfassungsrecht auf ein Minimum an staatlicher Fürsorge, das aus der persönlichen Freiheit und aus der Menschenwürde abgeleitet wird. Auch wer durch sämtliche sozialen Sicherheitsnetze gefallen ist, soll keine Bettelexistenz führen müssen. Praktisch bedeutsam wird die Anerkennung dieses Grundrechtes vorwiegend in Ausnahmefällen, in denen die zahlreichen Gesetze von Bund, Kantonen und Gemeinden den Notbedarf einer Person nicht decken. Das Urteil wurde von drei Staatenlosen erfochten, denen der Kanton Bern aufgrund ihrer prekären fremdenpolizeilichen Situation Fürsorgeleistungen verweigert hatte.

Recht auf Existenzsicherung parlamentarische Initiative

Nachdem der Nationalrat bereits 1993 zwei parlamentarische Initiativen für eine Erhöhung der Unterschriftenzahl für Volksbegehren und Referenden abgelehnt hatte, sprach er sich nun auch mit 86:32 Stimmen gegen eine entsprechende Standesinitiative des Kantons Solothurn aus. Da der Ständerat dem Begehren jedoch mit 24:11 zustimmte, musste der Nationalrat seine ablehnende Haltung in einer zweiten, noch etwas deutlicher ausgefallenen Abstimmung definitiv bestätigen. Neben materiellen Argumenten sprach gegen die Initiative auch, dass eine Verdoppelung der Unterschriftenzahl ohnehin mit dem in der Zwischenzeit veröffentlichten Entwurf für eine Totalrevision der Bundesverfassung auf die Traktandenliste gesetzt worden war.

Standesinitiative Solothurn zur Erhöhung der Unterschriftenhürde
Dossier: Parlamentarische Vorstösse zur Änderung der Politischen Rechte 1990-2000

Gleich drei Volksinitiativen kündigte die SP-Parteileitung zu Beginn des Jahres als Wahlkampf-Lokomotive an. Gemäss dem Initiativprojekt gegen Jugendarbeitslosigkeit sollen Lohnabhängige über 60 Jahren auf Kosten der Arbeitslosenversicherung in den vorzeitigen Ruhestand treten können, wenn mehr als 50'000 Menschen in der Schweiz arbeitslos sind.
Ein zweites Initiativprojekt will eine «Millionärs-Steuer» für natürliche und juristische Personen, deren Vermögen über einer Million liegt, einführen. Vorgesehen ist eine Zusatzabgabe von einem Promille des Vermögens.
Der dritte Initiativvorschlag gilt der Einführung des konstruktiven Referendums. Während die SP letzteren im Herbst lancierte, stellte sie die beiden ersten Initiativprojekte vorläufig zurück. Dies tat sie nicht zuletzt deshalb, weil im Sommer beide Räte die 1992 eingereichte SP-Initiative «Für weniger Militärausgaben und mehr Friedenspolitik» für ungültig erklärten, da die Einheit der Materie nicht gegeben sei. Die desavouierte Partei entschied daraufhin, eine Doppelinitiative mit gleichem Inhalt zu lancieren. Bereits im Januar hatte die SP ein Leitbild für eine «Armee light» präsentiert, die nur halb soviel kosten soll wie die Armee 95.

Drei Volksinitiativen als Wahlkampf-Lokomotive der SP 1995

Von der Rechtslehre als ungeschriebenes Grundrecht anerkannt, wird das Recht auf Existenzsicherung möglicherweise neu in der Verfassung (Art. 48 BV) verankert werden. Im Auftrag der nationalrätlichen Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit schickte der Bundesrat eine entsprechende Vorlage in die Vernehmlassung. Gemäss Vorentwurf soll jede Person in Notlagen Anspruch auf soviel Sozialhilfe haben, wie sie für ein menschenwürdiges Leben braucht. Die Sozialhilfe soll als "Netz unter dem Netz" dienen, dort wo der Schutz der Sozialversicherungen gegen abschliessend definierte Risiken oder Ereignisse wie Tod, Unfall, Krankheit, Invalidität oder das Erreichen einer bestimmten Altersgrenze nicht zum Tragen kommt, wo aber andere Formen von Bedürftigkeit auftreten können, beispielsweise als Folge von Langzeitarbeitslosigkeit oder aufgrund fehlender Alimentenzahlungen. In der Vernehmlassung lehnten die meisten Kantone, die Wirtschaftsverbände, FDP und SVP eine Verankerung des Grundrechts auf Existenzsicherung in der Verfassung ab und sprachen sich für die heutige föderale Regelung aus, die sich bewährt habe. Befürwortet wurde der Vorschlag hingegen von der CVP und der SP sowie von den Hilfswerken.

Recht auf Existenzsicherung parlamentarische Initiative

Bereits vor der Publikation des bundesrätlichen Verfassungsentwurfs hatte eine Arbeitsgruppe der FDP ihre Reformvorschläge bezüglich Volksrechte präsentiert. Diese decken sich zu einem guten Teil mit denjenigen des Verfassungsentwurfs. Auch die FDP-Experten möchten das Sammeln von Unterschriften erschweren: entweder durch die Bestimmung, dass diese auf Amtsstellen geleistet werden müssen, oder aber durch eine Erhöhung der geforderten Anzahl. Bei den Staatsverträgen weichen die freisinnigen Vorschläge jedoch vom Verfassungsentwurf ab und propagieren mit dem in Italien praktizierten «abrogativen» Referendum eine Neuerung: bei Gesetzesanpassungen zur Erfüllung von Verpflichtungen aus internationalen Verträgen soll das fakultative Referendum erst nachträglich, d.h. einige Zeit nach Inkrafttreten eines Gesetzes, möglich sein. Über die Gültigkeit von ausformulierten Volksinitiativen – namentlich in bezug auf Einheit der Materie – soll gemäss der freisinnigen Arbeitsgruppe nicht mehr das Parlament, sondern bereits vor der Unterschriftensammlung ein vom Parlament gewähltes unabhängiges Gremium definitiv entscheiden. Dieser letzte Vorschlag wurde im Herbst von der Staatspolitischen Kommission des Ständerats aufgenommen.

Vernehmlassung und «Volksdiskussion» zur Reform der Bundesverfassung
Dossier: Totalrevision der Bundesverfassung 1/2: Vorgeschichte (1966 bis 1996)

Der Ende Juni in die Vernehmlassung gegebene Entwurf für eine Totalrevision der Bundesverfassung enthielt mehrere Vorschläge zur Neugestaltung der Volksrechte. Mit der Begründung der angewachsenen Zahl der Stimmberechtigten sieht er eine Verdoppelung der Unterschriftenzahlen für Initiative und Referendum vor. Ins Spiel gebracht wurden aber auch neue Formen der Volksrechte. Die Gesetzesinitiative wird zwar abgelehnt, jedoch soll eine als Anregung formulierte allgemeine Volksinitiative eingeführt werden, bei der das Parlament über den genauen Text und die Rechtsform entscheidet. Der Entwurf spricht sich auch gegen das konstruktive Referendum aus. Hingegen soll das Parlament ausdrücklich die Möglichkeit haben, bei einer Volksabstimmung zwei Varianten zu präsentieren. Um bestimmte, nicht dem Referendum unterstehende, aber hochpolitische Parlamentsbeschlüsse vor das Volk bringen zu können, soll eine Verwaltungsreferendum eingeführt werden. Auf Verlangen eines Drittels der Mitglieder beider Parlamentskammern würden damit Ausgabenbeschlüsse (z.B. Rüstungskäufe) oder Bewilligungen (z.B. für Kernkraftwerke) dem fakultativen Referendum unterstellt. Vermehrt sollen zudem auch internationale Verträge dem Referendum unterstellt werden, wobei dann allerdings gegen die gesetzgeberische Umsetzung dieser Verträge das Referendum nicht mehr eingesetzt werden könnte.

Vernehmlassung und «Volksdiskussion» zur Reform der Bundesverfassung
Dossier: Totalrevision der Bundesverfassung 1/2: Vorgeschichte (1966 bis 1996)

Die vom Bundesrat beantragte Ungültigkeitserklärung für die Volksinitiative der SD „für eine vernünftige Asylpolitik“ wegen Unvereinbarkeit mit zwingendem Völker- und Menschenrecht fand im Ständerat Zustimmung. Carlo Schmid (cvp, AI) plädierte vergeblich gegen die Ungültigkeitserklärung (und für die Ablehnung) der Initiative. Mit seinem Argument, dass die Verfassung selbst nur formelle, aber keine materiellen Schranken für Verfassungsteilrevisionen nennt, vermochte er nur einen Ratskollegen zu überzeugen. In einer staatsrechtlichen Debatte von hohem Niveau wurde von mehreren Rednern betont, dass in den letzten Jahrzehnten ein Gesinnungswandel in bezug auf materielle Schranken von Verfassungsrevisionen stattgefunden habe. Heute werde zwingendes Völkerrecht („jus cogens“) auch dann als übergeordneter Rechtsbestand von Demokratien anerkannt, wenn es nicht explizit in den Verfassungen erwähnt ist. Bundesrat Koller präzisierte in seinem Votum, dass nur sehr wenige, aber für den Schutz des Lebens zentrale Normen zu diesem zwingenden Völkerrecht gehörten, namentlich das Genozid- und Folterverbot sowie das - von der SD-Initiative in Frage gestellte - „Non-refoulement-Prinzip“. In dem Ende Juni in die Vernehmlassung gegebenen Entwurf für die Totalrevision der Bundesverfassung ist die Ungültigkeit von Initiativen, die zwingendem Völkerrecht widersprechen, explizit festgehalten.

Volksinitiative „Für eine vernünftige Asylpolitik“
Dossier: Volksinitiativen „Für eine vernünftige Asylpolitik“ und „Gegen die illegale Einwanderung“ (BRG 94.061)

Die Bundesversammlung entschied im Berichtsjahr über eine Volksinitiative, bei welcher die von der Verfassung geforderte Einheit der Materie umstritten war. Der Bundesrat hatte im Vorjahr beantragt, die Volksinitiative der SP „für weniger Militärausgaben und mehr Friedenspolitik“ trotz Verletzung der Einheit der Materie für gültig zu erklären. Die Sicherheitspolitische Kommission des Ständerats war damit nicht einverstanden. Gestützt auf eine Beurteilung der Staatspolitischen Kommission verlangte sie, die Initiative für ungültig zu erklären, da kein sachlicher Zusammenhang zwischen der Reduktion des Militärbudgets und der von den Initianten geforderten Aufstockung der Ausgaben für die Sozialpolitik bestehe. Die kleine Kammer folgte diesem Antrag. Im Nationalrat sprachen sich die Fraktionen der SP, der GP sowie SD/Lega und LdU/EVP für Gültigkeit, FDP, SVP, FP sowie eine Mehrheit der CVP für Ungültigkeit aus. Von Seiten der SP wurde argumentiert, dass mit der Ungültigkeitserklärung eine bisher grosszügige Praxis verlassen und Treu und Glauben der Initianten verletzt würde. Ihre Gegner erwiderten, dass - mit Ausnahme der wegen Undurchführbarkeit ungültig erklärten Chevallier-Initiative - noch nie eine derart eklatante Verletzung der Verfassungsvorschriften für Volksinitiativen vorgelegen habe, und deshalb von einer Praxisänderung nicht die Rede sein könne. Die Initiative wurde in der Gesamtabstimmung im Ständerat mit 37:7 und im Nationalrat mit 96:65 Stimmen für ungültig erklärt. Die SP lancierte kurz danach eine ähnliche Initiative, welche aber auf eine direkte Zuleitung der eingesparten Gelder in die Sozialpolitik verzichtet.

Initiative populaire «Pour moins de dépenses militaires et davantage de politique de paix» (déclarée invalide)
Dossier: Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (GSoA)

Im Herbst lancierte die SP die Volksinitiative „Mehr Rechte für das Volk dank dem Referendum mit Gegenvorschlag“, welche die Einführung des sog. konstruktiven Referendums verlangt. Der neue Verfassungsartikel sieht vor, dass zusätzlich zum bisherigen Referendum auch noch ein ebenfalls 50'000 Unterschriften erforderndes Referendum mit einem konkreten Gegenvorschlag zu einem Gesetz oder einem allgemeinverbindlichen Bundesbeschluss eingereicht werden kann. Voraussetzung dazu ist allerdings, dass der Gegenvorschlag bereits in einer der beiden Parlamentskammern beantragt worden ist, und dort bei mindestens 5% der Ratsmitglieder Unterstützung fand. Das Verfahren bei der Volksabstimmung wäre analog zu demjenigen bei einer Volksinitiative mit einem Gegenvorschlag (doppeltes Ja möglich, Stichfrage für den Fall, dass beide angenommen werden); mehrere sich konkurrierende Referenden würden einander zuerst in Eventualabstimmungen gegenübergestellt. (Zur Einführung des konstruktiven Referendums im Kanton Bern siehe hier.)

Volksinitiative „für ein konstruktives Referendum“ (99.021)

Nationalrat Keller (sd, BL) verlangte mit einer Motion, dass in Zukunft nicht mehr die Bundesversammlung über die Gültigkeit von Volksinitiativen entscheidet, sondern eine - nicht näher spezifizierte - Stelle eine verbindliche materiellrechtliche Vorprüfung durchführt. Der Vorstoss wurde in ein Postulat umgewandelt, obwohl ihn Vollmer (sp, BE), der sich für das Recht des Parlaments einsetzte, für diese Überprüfung allein zuständig zu bleiben, auch in dieser Form bekämpfte. Die Staatspolitische Kommission des Ständerats zeigte an einer solchen Lösung grosses Interesse. Bei der Vorberatung der Teilrevision des Gesetzes über die politischen Rechte (s. oben) beschloss sie, eine rechtliche Vorprüfung von Initiativen durch die Bundeskanzlei einzuführen. Deren Entscheid könnte innerhalb von 60 Tagen bei einer vom Parlament gewählten unabhängigen Rekurskommission angefochten werden, welche dann definitiv entscheiden würde. Der vom Bundesrat in die Vernehmlassung gegebene Entwurf für die Totalrevision der Verfassung schlägt vor, dass weiterhin die Bundesversammlung über die Gültigkeit entscheidet. Eine Ungültigkeitserklärung aufgrund von Nichtvereinbarkeit mit Völkerrecht müsste allerdings vom Bundesgericht sanktioniert werden.

Motion zur materiellrechtliche Vorprüfung von Volksinitiativen
Dossier: Parlamentarische Vorstösse zur Änderung der Politischen Rechte 1990-2000

Der Ständerat hatte im Vorjahr beschlossen, auf die Vorlage des Nationalrats für ein Verbot von rückwirkenden Bestimmungen in Volksinitiativen nicht einzutreten und den Bundesrat mit einer Motion [93.3533] zu beauftragen, selber diesbezügliche Vorschläge auszuarbeiten. Die vorberatende Kommission des Nationalrats hatte anschliessend mit knapper Mehrheit entschieden, den konkreten Vorschlag ebenfalls fallen zu lassen und auf entsprechende allgemeinere Vorschläge des EJPD im Rahmen der Totalrevision der Bundesverfassung zu warten. Nachdem die drei bürgerlichen Bundesratsparteien aber für eine rasche Lösung votiert hatten, beharrte der Nationalrat mit 84:64 auf seinem ursprünglichen Beschluss. Er überwies zudem auch die Motion des Ständerats. Dieser lehnte dann den Verbotsbeschluss des Nationalrats zum zweitenmal und damit definitiv ab.

Pa. Iv Zwingli, Verbot von Rückwirkeklausel in Initiativen

Eine Reduktion der Unterschriftenzahl für Initiativen und Referenden visierte demgegenüber eine parlamentarische Initiative Blatter (cvp, OW) an. Allerdings wollte er gleichzeitig das Sammeln von Unterschriften wesentlich erschweren, indem die Formulare nur noch auf bestimmten, von den Gemeinden bezeichneten Amtsstellen rechtsgültig hätten unterzeichnet werden können. Nach Ansicht des Initianten könnten damit nicht nur gewisse Missstände bei Unterschriftensammlungen vermieden (z.B. Direct-Mail-Kampagnen durch bezahlte Werbebüros), sondern auch die Zahl der Volksbegehren insgesamt reduziert werden. Der Nationalrat stimmte dem Anliegen gegen den Antrag seiner Staatspolitischen Kommission vorerst zu, lehnte es dann aber nach einem Rückkommensantrag Steinemann (fp, SG) ab.

Forderung nach Reglementierung der Unterschriftensammlung
Dossier: Parlamentarische Vorstösse zur Änderung der Politischen Rechte 1990-2000

Nachdem die für die Nationalratswahlen 1995 relevanten Teile der Botschaft des Bundesrats über eine Teilrevision des Gesetzes über die politischen Rechte herausgelöst und noch 1994 verabschiedet worden waren, befasste sich das Parlament mit dem Rest der Vorlage. Dieser behandelt insbesondere Fragen im Zusammenhang mit Initiativen, Referenden und Volksabstimmungen. Dabei geht es nicht um grundlegende Neuerungen, sondern eher um technische Anpassungen.

Der Nationalrat lehnte diverse SP-Zusatzanträge ab, so den Vorschlag, dass die Abstimmungsbotschaft an die Bürger nicht mehr vom Bundesrat, sondern vom Parlament verfasst werden soll. Keine Chance hatte auch die Forderung, an Komitees, welche Volksinitiativen einreichen, sowie an Parteien, welche an den Nationalratswahlen teilnehmen, finanzielle Beiträge auszuschütten. Beschlossen wurde eine Verlängerung der Referendumsfrist um 10 auf 100 Tage. Sie soll den Gemeinden eine korrekte Beglaubigung der Unterschriften erlauben; gleichzeitig wurde die Möglichkeit der nachträglichen Beglaubigung aufgehoben. Neu festgelegt wurde auch, dass eine Volksinitiative maximal neun Monate nach der Schlussabstimmung im Parlament dem Volk zum Entscheid vorgelegt werden muss.

Teiländerung des Bundesgesetzes über die politischen Rechte (93.066)
Dossier: Parlamentarische Vorstösse zur Änderung der Politischen Rechte 1990-2000

Da in den letzten Jahren vermehrt Volksinitiativen angenommen worden sind (fünf seit 1982), stellt sich häufiger als früher das Problem, ob das Parlament - das sich in der Regel gegen die Begehren ausgesprochen hat - beim Erlass der Ausführungsgesetzgebung die Intentionen der Initianten ausreichend umsetzt. In jüngster Vergangenheit wurde diese korrekte Ausführung etwa bei der 1. August-Initiative (keine Lohnzahlungsgarantie) oder bei der Alpeninitiative (Bau der N9 bis Brig/VS) bestritten. Nationalrat Gross (sp, ZH) möchte für diese Fälle eine Rekursmöglichkeit einführen. Gemäss seiner 1993 eingereichten parlamentarischen Initiative sollen 10 000 Bürger und Bürgerinnen vom Bundesgericht eine Überprüfung der Übereinstimmung der Gesetzgebung mit dem Verfassungsauftrag verlangen können. Die Kommissionsmehrheit sprach sich aus grundsätzlichen Überlegungen gegen eine, wenn auch nur selektive, Verfassungsgerichtsbarkeit aus und verwies zudem auf die Möglichkeit, eine unbefriedigende Ausführungsgesetzgebung mit dem Referendum zu bekämpfen. Das Plenum teilte diese Ansicht und lehnte den Vorstoss mit 65:36 Stimmen ab.

Disskussion um die Rekursmöglichkeit gegen Umsetzungen von Initiativen
Dossier: Parlamentarische Vorstösse zur Änderung der Politischen Rechte 1990-2000

Die im Berichtsjahr wieder etwas häufiger vorgekommenen Niederlagen der Parlamentsmehrheit in Volksabstimmungen führten zu neuen Vorschlägen, wie oppositionellen Initiativ-, Referendums- und Abstimmungskomitees das Leben schwerer gemacht werden könnte. Ökonomieprofessoren, die davon ausgehen, dass der schweizerische Staat handlungsunfähig geworden ist, schlugen eine massive Einschränkung des fakultativen Referendums vor. Dieses soll nur noch gegen Parlamentsbeschlüsse ergriffen werden können, die in den Räten keine Zweidrittelmehrheit erreicht haben. Nach der nur knapp ausgefallenen Zustimmung zu dem von fast allen Parteien unterstützten Antirassismus-Gesetz regte Ständerat Zimmerli (svp, BE) mit einer parlamentarischen Initiative an, dass ein Parlamentsbeschluss erst dann als abgelehnt gilt, wenn die ablehnende Mehrheit mindestens einen Drittel der Stimmberechtigten ausmacht; beim Beitritt zu supranationalen Organisationen oder bei Verfassungsteilrevisionen müsste dazu auch noch eine ablehnende Mehrheit der Stände kommen. Ein analoges Quorum von einem Drittel der Stimmberechtigten wäre für die Annahme einer Volksinitiative neben Stände- und Volksmehr erforderlich.

Parlamentarische Initiative Zimmerli zur Einschränkung des fakultativen Referendums
Dossier: Parlamentarische Vorstösse zur Änderung der Politischen Rechte 1990-2000

Der Bundesrat setzte die neue Rechtsnorm auf den 1. Januar 1995 in Kraft und gab den Beitritt der Schweiz zur Antirassismus-Konvention der UNO bekannt. Wie er bereits im Abstimmungskampf angekündigt hatte, meldete er dazu zwei Vorbehalte an. Der wichtigere der beiden betrifft die gesetzliche Regelung der Zulassung von Ausländern zum schweizerischen Arbeitsmarkt. Damit will er sich die Möglichkeit freihalten, die Einwanderung aus europäischen und anderen kulturell eng verwandten Staaten bevorzugt zuzulassen.

Beitritt zur UNO-Antirassismuskonvention und Revision des StGB (BRG 92.029)
Dossier: Das Antirassismusgesetz von 1995 und dessen Folgen

Im Berichtsjahr fanden fünf mit Referenden verlangte Volksabstimmungen über Beschlüsse der Bundesversammlung statt (davon eine zu einem Entscheid aus dem Jahr 1993). Ein Referendum war erfolgreich (UNO-Blauhelme), bei den anderen vier mit Referenden verlangten Abstimmungen (Luftfahrtgesetz, Anti-Rassismusgesetz, Krankenversicherung, Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht) folgte das Volk dem Parlament.

Referenda

Zum vierten Mal seit 1986 - zum zwölften Mal insgesamt -, stimmte der Souverän einer Volksinitiative zu (Alpen-Initiative). Die zweite zur Abstimmung gelangende Initiative wurde hingegen deutlich abgelehnt (Krankenversicherung). Neu eingereicht wurden im Berichtsjahr vier Volksinitiativen (gegen Gentechnologie, Volksabstimmung vor der Eröffnung von EU-Beitritts-Verhandlungen, für eine preisgünstige und ökologische Landwirtschaft, für eine Liberalisierung der Drogenpolitik). Da andererseits zwei Initiativen zurückgezogen wurden (Freizügigkeit bei der 2. Säule, Landwirtschaftsinitiative des SBV), blieb der Bestand der hängigen, d.h. der zustandegekommenen, aber dem Volk noch nicht zum Entscheid vorgelegten Initiativen unverändert bei 16. Neu lanciert worden sind 1994 sechs Initiativen, davon haben nicht weniger als vier die AHV zum Thema.

Übersicht der Volksinitiativen pro Jahr

Von den sechs nicht durch Volksinitiativen bedingten obligatorischen Volksabstimmungen gingen vier im Sinne von Bundesrat und Parlament aus, zweimal hatten diese zwar eine Volksmehrheit hinter sich, scheiterten aber am Ständemehr (Kulturförderungsartikel, erleichterte Einbürgerung). Die gesamte Abstimmungsbilanz fiel für Bundesrat und Parlamentsmehrheit mit 9 Siegen in 13 Volksentscheiden nicht mehr so glänzend aus wie 1993, wo sie sämtliche 16 Abstimmungen gewonnen hatten.

Obligatorische Referenda

Die Frage, ob und wie der Ausgang von Wahlen und Volksabstimmungen durch publizierte Ergebnisse von Meinungsumfragen beeinflusst wird, lässt sich nicht eindeutig beantworten. Immerhin bestehen in einigen Staaten gesetzliche Vorschriften über den Mindestabstand zwischen den letzten Veröffentlichungen und dem Wahl- resp. Abstimmungstag. In der Schweiz halten sich die Meinungsforschungsinstitute freiwillig an eine Frist von zehn Tagen. Diese Vorsichtsmassnahme droht nun durch die allgemeine Einführung der brieflichen Stimmabgabe, welche bereits drei bis vier Wochen vor dem Urnengang ausgeübt werden kann, bedeutungslos zu werden. Ständerat Büttiker (fdp, SO) lud deshalb den Bundesrat ein, die eventuellen Auswirkungen von während Kampagnen veröffentlichten Umfrageresultaten wissenschaftlich abklären zu lassen. Der Ständerat überwies sein Postulat gegen den Willen des Bundesrates, der für diese Thematik kein Geld ausgeben wollte.

Meinungsumfragen

Der Bundesrat beantragte dem Parlament die Ratifikation der Protokolle 9 und 10 zur Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK). Das erste gibt dem einzelnen Beschwerdeführer das Recht, persönlich seine Sache vor dem Gerichtshof zu vertreten. Das Protokoll 10 befasst sich mit den Entscheiden des Ministerkomitees des Europarates bei Beschwerden, die nicht dem Gerichtshof vorgelegt worden sind. Für diese soll in Zukunft nicht mehr ein qualifiziertes Mehr von zwei Dritteln, sondern das einfache Mehr erforderlich sein. Beide Räte stimmten der Ratifizierung ohne Diskussion zu.

La ratification des Protocoles 9 et 10 de la CEDH (MCF 94.024)
Dossier: EMRK Zusatzprotokolle

Gegen Jahresende beantragte die Regierung ferner die Genehmigung des 11. Protokolls zur EMRK für die Schaffung eines vollamtlichen Gerichtshofs für Menschenrechte. Dieser soll die beiden bisherigen nichtständigen Organe (Kommission als Vorprüfstelle und Gerichtshof als definitiv urteilende Instanz) ablösen. Erhofft wird von der Reform eine Beschleunigung des Verfahrens, welche vor allem wegen der Zunahme der individuellen Beschwerdefälle und dem Beitritt ost- und mitteleuropäischer Staaten zur EMRK dringlich geworden ist.

La ratification du Protocole 11 de la CEDH (MCF 94.099)
Dossier: EMRK Zusatzprotokolle