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  • Addor, Jean-Luc (svp/udc, VS) NR/CN

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In schöner Regelmässigkeit (1986, 2004, 2009, 2013) werden Vorstösse deponiert, die die Einführung einer Gesetzesinitiative fordern. Die Urheberinnen und Urheber stammten dabei bereits aus allen politischen Lagern. Im März 2021 kam die Forderung aus dem linken Lager: Gabriela Suter (sp, AG) wollte mit der Einführung des in allen Kantonen verankerten Volksrechts ein «Demokratiemanko beseitigen», wie sie ihren Vorstoss betitelte. Mehr als die Hälfte der eidgenössischen Volksinitiativen hätten den Charakter von Gesetzesinitiativen, da sie Regelungen vorschlügen, die nicht auf Verfassungs-, sondern auf Gesetzesstufe angesiedelt werden müssten. Dies führe dann etwa mit Verweis auf die «Burka-Initiative» dazu, dass die Verfassung «Kleidervorschriften» beinhalte. Die Gesetzesinitiative funktioniere auf kantonaler Ebene seit mehr als 100 Jahren. Freilich müsste diskutiert werden, wie dieses neue direktdemokratische Instrument auf Bundesebene übertragen werden solle, ob also beispielsweise das Ständemehr gelten solle oder nicht. In dieser Phase der parlamentarischen Initiative gehe es aber zuerst einmal darum, den Handlungsbedarf zu bestätigen und den Willen für einen Ausbau der Beteiligungsrechte zu signalisieren, so Suter in der Debatte während der Sommersession 2022.
Die SPK-NR hatte den Vorstoss vor der Session mit 13 zu 9 Stimmen (1 Enthaltung) zur Ablehnung empfohlen. Weil ihm eine starke linke Kommissionsminderheit aber Folge geben wollte, war eine Debatte im Nationalrat nötig geworden. Minderheitssprecherin Samira Marti (sp, BL) betonte, sie könne nicht nachvollziehen, dass die Mehrheit der SPK-NR keinen Handlungsbedarf sehe: Gerade in den letzten Jahren seien so viele Volksinitiativen wie noch nie mit konkreten Regelungen angenommen worden, die «eigentlich nichts in der Verfassung verloren» hätten. Weil die Stimmberechtigten gar keine Möglichkeit hätten, konkrete und konstruktive Ideen einzubringen, aber Reformbedarf bestehe, würden wohl in den nächsten Jahren vermehrt als Volksinitiativen verpackte Gesetzesinitiativen eingereicht werden. Die ablehnende Kommissionsmehrheit wurde von Jean-Luc Addor (svp, VS) und Kurt Fluri (fdp, SO) vertreten. Eine Gesetzesinitiative würde das politische System ziemlich umkrempeln, warnte Addor. Der Stimmbevölkerung obliege die Nachkontrolle von Gesetzen, nicht aber die unmittelbare Gesetzgebung. Fluri zählte mögliche Probleme auf, die sich mit der Einführung dieses neuen Volksrechtes ergäben. So bräuchte es ein Kontrollorgan, das die Verfassungsmässigkeit und die Vereinbarkeit eines Vorschlags mit dem Völkerrecht kontrolliere. Dies sei – wie man bereits bei Volksinitiativen sehe – kein leichtes Unterfangen. Zudem müsste abgeklärt werden, ob ein Vorschlag dem Föderalismusartikel entspreche, ob es sich also tatsächlich um Bundeskompetenzen handeln würde. Die Frage, ob das Ständemehr gelten müsse oder nicht, sei ebenfalls nicht einfach zu beantworten. Die fehlende Verfassungsgerichtsbarkeit, die Rücksichtnahme auf den Föderalismus und die Frage nach dem Ständemehr stellten sich auf kantonaler Ebene nicht, weshalb es eben nicht zulässig sei, die Kantone als Vorbild für eine nationale Gesetzesinitiative ins Feld zu führen.
Mit 119 zu 70 Stimmen (1 Enthaltung) gab die Ratsmehrheit der parlamentarischen Initiative keine Folge. Damit ereilte den Vorstoss das gleiche Schicksal wie seine Vorgänger in den letzten rund 40 Jahren. Nur die geschlossen stimmenden Fraktionen von GP und SP sowie die drei EVP-Mitglieder aus der Mitte-EVP-Fraktion sahen diesbezüglich zum gegebenen Zeitpunkt Handlungsbedarf.

Einführung der Gesetzesinitiative (Pa.Iv. 21.423)
Dossier: Vorstösse für eine Einführung der Gesetzesinitiative

Die SPK-NR wollte den Bundesrat mittels eines Postulats dazu auffordern, einen Bericht zu E-Collecting zu verfassen. Es solle dabei weniger um technische Aspekte, als vielmehr um die «staatspolitischen Auswirkungen» gehen. Der Bericht solle die Folgen von E-Collecting auf das politische System z.B. hinsichtlich Fristen oder Unterschriftenhürden analysieren und auch eine öffentliche Diskussion anstossen. Die Idee für diesen Auftrag erwuchs der Kommission im Rahmen einer Anhörung zum Thema «elektronisches Sammeln von Unterschriften».
Der Bundesrat beantragte Annahme des Postulats. Dass es trotzdem zu einer Debatte im Nationalrat kam, war der Opposition einer Kommissionsminderheit aus SVP-Fraktionsmitgliedern geschuldet. Die SVP habe Erfahrung mit dem Sammeln von Unterschriften und sie brauche keinen Bericht, um zu wissen, dass dies nicht auf elektronischem Weg geschehen dürfe – argumentierte Jean-Luc Addor (svp, VS) als Sprecher dieser Minderheit. E-Collecting beraube die direkte Demokratie ihrem Charakter. Es sei nötig, mit den Bürgerinnen und Bürgern auf der Strasse in Kontakt zu treten. Freilich sei es für ressourcenschwache Gruppierungen einfacher, auf elektronischem Weg Unterstützung zu sammeln, aber das gelte auch für ressourcenstarke Gruppierungen, die damit die Bevölkerung massiv beeinflussen könnten. Die Mehrheit der grossen Kammer wünschte sich allerdings einen Bericht. Mit 124 zu 50 Stimmen (1 Enthaltung) erteilte sie dem Bundesrat den entsprechenden Auftrag. Die Gegenstimmern stammten praktisch ausschliesslich aus der SVP-Fraktion.

Bericht zu E-Collecting (Po. 21.3607)
Dossier: Vote électronique

Der Grundsatz «In dubio pro populo!» solle in die Gesetzgebung einfliessen, forderte Jean-Luc Addor (svp, VS) in einer Motion. Seit einigen Jahren würden zunehmend kantonale Volksinitiativen vor allem vom Bundesgericht für ungültig erklärt. Das Problem sei, dass sich die Judikative immer mehr anmasse, selber Politik zu betreiben. Ein «Richterstaat» müsse aber verhindert werden, weshalb der Grundsatz, einen mehrdeutigen Initiativtext im Zweifelsfall so auszulegen, dass über ihn abgestimmt werden kann, im Gesetz festgeschrieben werden soll, um Ungültigerklärungen wenn möglich vermeiden zu können und damit letztlich die direkte Demokratie zu stärken.
In der Ratsdebatte begründete Justizministerin Karin Keller-Sutter die ablehnende Haltung des Bundesrats. Der Grundsatz leite sich vom Verhältnismässigkeitsprinzip ab und sei also in der Rechtsprechung bereits vorgesehen. Eine explizite rechtliche Verankerung würde zudem nichts daran ändern, dass kantonale Volksinitiativen, die übergeordnetes Recht verletzten, weiterhin für ungültig erklärt werden müssten, was im Sinne der Rechtsstaatlichkeit zu begrüssen sei. Lediglich die geschlossene SVP-Fraktion und drei Mitglieder der Mitte-Fraktion unterstützten den Vorstoss, der entsprechend mit 129 zu 55 Stimmen abgelehnt wurde.

In dubio pro populo! (Mo. 19.3466)
Dossier: Ungültigkeitsgründe von Volksinitiativen