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Eine Petition mit über 85 000 Unterschriften forderte "gleiche Rechte für gleichgeschlechtliche Paare". Die Schwulen- und Lesbenorganisationen verlangten insbesondere das Aufenthaltsrecht für die ausländischen Partner und Partnerinnen sowie die Gleichstellung mit heterosexuellen Ehepaaren im Krankheits- oder Todesfall.

Petition

Auf der Suche nach einem Gegenvorschlag zur Volksinitiative «zur Abschaffung der direkten Bundessteuer» des Schweizerischen Gewerbeverbandes, die vom Bundesrat im letzten Jahr kategorisch abgelehnt worden war, beauftragte die ständerätliche Kommission für Wirtschaft und Abgaben (WAK) die Verwaltung, als Kompromisslösung eine Verlagerung von der direkten Bundessteuer hin zur Mehrwertsteuer zu prüfen, wobei von der WAK eine Reduktion der direkten Bundessteuer um 20 bis 30% anvisiert wurde. Das Eidgenössische Finanzdepartement, das schon die SGV-Initiative vehement bekämpft hatte, lehnte auch den Kompromissvorschlag ab. Es bezifferte die Steuerausfälle auf CHF 1.7 bis 2.55 Mrd. und rechnete mit einer Erhöhung des MWSt-Satzes auf 8% resp. 2,4%. Während die hohen Einkommen teilweise massiv entlastet würden, hätten gemäss EFD 75% bis 90% der Steuerpflichtigen mehr Steuern zu bezahlen. Die WAK beharrte aber auf einem indirekten Gegenvorschlag und präsentierte im November einen in der Kommission mit 8:1 Stimmen bei einer Enthaltung klar angenommenen Entwurf, gemäss dem die bei der direkten Bundessteuer steil ansteigende Progressionskurve gemildert werden soll. Mittlere und höhere Einkommen würden entlastet, wie per Saldo auch die verheirateten Doppelverdiener, womit der Konkubinatseffekt gemildert würde. Die aus der Senkung der direkten Bundessteuer um 20% resultierenden Mindereinnahmen von CHF 1.65 Mrd. wären durch einen Zuschlag bei der Mehrwertsteuer von 1% beim Normalsatz und 0,3% beim reduzierten Satz vollständig zu kompensieren. Der Finanzausgleich soll im heutigen Umfang fortgesetzt werden. Zu diesem Zweck sollen die Kantonsanteile an der reduzierten direkten Bundessteuer heraufgesetzt werden.

Gegenvorschlag zur Volksinitiative: Abschaffung der direkten Bundessteuer

Die kantonale Sanitätsdirektorenkonferenz sprach sich im zweiten Anlauf für die Zulassung der Abtreibungspille RU 486 auch in der Schweiz aus. Sie nahm damit den Wunsch von zwölf Frauenorganisationen auf, die im Herbst 1994 an sie gelangt waren. Allerdings blieb unklar, ob die französische Herstellerfirma, welche die Pille bis jetzt nur in ihrem Ursprungsland, in Grossbritannien und in Schweden vertreibt, an einer Registrierung durch die Interkantonale Kontrollstelle für Heilmittel (IKS) überhaupt noch interessiert ist.

Zulassung RU-486 beantragen

Rund 100 führende Wirtschaftsvertreter sprachen sich im Herbst 1995 in einem gemeinsam veröffentlichten Grundsatzpapier für eine ausgeweitete kontrollierte Drogenabgabe an Süchtige, die Eliminierung sämtlicher offener Drogenszenen, eine Entkriminalisierung des Drogenkonsums sowie für verstärkte Präventionsmassnahmen im Bereich der Jugend- und Familienpolitik aus. Sie begründeten ihr Engagement mit menschlicher Betroffenheit, aber auch mit der Ineffizienz der heute noch stark auf Repression ausgerichteten Drogenpolitik, welche den Steuerzahler – und damit auch die Wirtschaft – stark belastet, sowie mit Image-Problemen des Wirtschaftsstandortes Schweiz.

Grundsatzpapier von Wirtschaftsvertretenden für eine ausgeweitete kontrollierte Drogenabgabe an Süchtige (1995)
Dossier: Bundesbeschluss über die ärztliche Verschreibung von Heroin

Gestützt auf eine parlamentarische Initiative Fankhauser (sp, BL) aus dem Jahr 1992 arbeitete die Nationalratskommission für soziale Sicherheit und Gesundheit ein Rahmengesetz über die Familienzulagen aus. Damit soll der Grundsatz einführt werden, dass für jedes Kind in der ganzen Schweiz eine Zulage in gleicher Höhe ausbezahlt wird. Für die Kinderzulage wurden Ansätze zwischen 200 Fr. und 250 Fr. zur Diskussion gestellt, für die Jugendlichen in Ausbildung Beträge zwischen 250 Fr. und 300 Fr.; die einmalige Geburtszulage soll mindestens 1500 Fr. betragen, wobei die Kantone frei wären, höhere Zulagen festzusetzen.

Diese Pläne fanden allerdings in der Vernehmlassung nur gerade bei der SP volle Unterstützung, die auch bei den vorgelegten Varianten jeweils den höchsten Satz verlangte. Die CVP war diesen Vorschlägen gegenüber ebenfalls grundsätzlich positiv eingestellt, befürchtete aber, dass die gleichzeitige Verwirklichung von zwei familienpolitischen Anliegen - Mutterschaftsversicherung und Vereinheitlichung der Familienzulagen - kaum Chancen hätte und wollte deshalb der Mutterschaftsversicherung Priorität einräumen. Die FDP nutzte die Vernehmlassung dazu, ihren Bedenken über das ihrer Ansicht nach unübersichtliche Vorgehen in der Sozialpolitik Ausdruck zu geben. Der Faktor Arbeit dürfe nicht weiter belastet werden, weshalb zusätzliche Lohnprozente nicht in Frage kämen. Vom Staat sei hingegen eine Vereinheitlichung der Familienzulagen angesichts des Zustandes des Bundeshaushalts nicht finanzierbar. Dieser Meinung schloss sich auch die SVP an.

Bundesgesetz über die Familienzulagen
Dossier: Vereinheitlichung der Kinderzulagen

Der Nationalrat erteilte der Schaffung eines Bundesamtes für Familienfragen eine recht deutliche Absage. Mit 74 zu 50 Stimmen beschloss er, einer entsprechenden parlamentarischen Initiative Dünki (evp, ZH) keine Folge zu geben. Der Rat folgte dabei den Ausführungen seiner Kommission, wonach diese Funktion durch die im Bundesamt für Sozialversicherung angesiedelte Zentralstelle für Familienfragen wahrgenommen werde. Eine Verstärkung dieser personell sehr gering dotierten Stelle wäre zwar wünschenswert, angesichts der finanzpolitischen Situation aber unrealistisch. In Umsetzung eines alten Postulates familienpolitischer Organisationen setzte der Bundesrat Ende Jahr aber eine 17-köpfige ausserparlamentarische Kommission für Familienfragen als beratendes Organ des EDI ein.

Bundesamtes für Familienfragen deutliche Absage Kommission für Familienfragen

1994 hatte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte einen Bundesgerichtsentscheid gerügt, mit welchem einem Mann, der den Familiennamen seiner Frau führt, das Recht verwehrt wurde, den Namen, den er vor der Trauung trug, dem Familiennamen voranzustellen. Bei seinem Entscheid hatte sich das Bundesgericht auf den Willen des Gesetzgebers berufen, der bei der Revision des Eherechts der Achtung der Einheit des Familiennamens Priorität und nur für die Ehefrau eine Ausnahme gestattet hatte. Der damals von der Schweiz formulierte Vorbehalt zur Europäischen Menschenrechtskonvention ist aber nach Meinung des Europäischen Gerichtshofes mit der in Gleichstellungsfragen offenen Auslegung der Konvention nicht vereinbar.

Der Bundesrat hatte auf die Rüge aus Strassburg mit einer Änderung der Zivilstandsverordnung reagiert und bestimmt, dass dem Mann die gleiche Möglichkeit wie der Frau zugestanden wird, allerdings nur, wenn beide Brautleute vor der Eheschliessung ein entsprechendes Gesuch stellen, während für die Frau nach wie vor die Erklärung genügt, sie wünsche nach ihrer Verheiratung ihren bisherigen Namen dem Familiennamen voranzustellen. Nicht die durch diese Regelung letztlich nach wie vor bestehende Ungleichbehandlung, sondern der Umstand, dass der Bundesrat in Umgehung der geltenden Normenhierarchie direkt eine Verordnung angepasst hatte, ohne dem Parlament eine diesbezügliche Gesetzesänderung vorzulegen, bewog Nationalrätin Sandoz (lp, VD) zu einer parlamentarischen Initiative, welche verlangt, dass die Bestimmungen des ZGB über den Familiennamen der Ehegatten so geändert werden, dass die Gleichstellung von Mann und Frau gewährleistet wird. Allerdings führt der Text der Initiative nicht aus, in welcher Form die Gleichstellung sicherzustellen sei. Der Nationalrat folgte den Erwägungen seiner Rechtskommission, wonach eine politisch so heikle Frage nicht allein auf dem Verordnungsweg hätte geregelt werden dürfen, und nahm die Initiative stillschweigend an.

Änderung des Namensrechts (Pa.Iv. 94.434)
Dossier: Gleichberechtigung von Frauen und Männern im Namensrecht

Im letzten Jahr hatte der Ständerat einstimmig eine Motion Frick (cvp, SZ) überwiesen, die familiengerechte Bundessteuern verlangt und eine gerechtere Besteuerung doppelverdienender Ehepaare gegenüber Konkubinatspaaren. Im September überwies auch der Nationalrat diese Motion mit 73 zu 37 Stimmen; Bundesrat Stich hatte vergeblich für die unverbindlichere Form des Postulats plädiert. Der Motionär berief sich auf ein Grundsatzurteil des Bundesgerichts, das Steuerunterschiede zu Lasten der Ehepaare spätestens ab 10% Mehrbelastung als verfassungswidrig bezeichnet. Gerade diese Praxis zur Gleichbehandlung von Ehe- und Konkubinatspaaren änderte das Bundesgericht aber im Berichtsjahr. In einem neuen Grundsatzurteil hält das Bundesgericht eine ungleiche Behandlung «in der Grössenordnung von 10% (oder eventuell auch darüber)» für nicht verfassungswidrig. Eine volle Gleichstellung sei im Rahmen des geltenden Rechts gar nicht möglich. Gemäss Bundesgericht steht der Vergleich von Ehepaaren und Alleinstehenden mit vergleichbaren Einkommen im Vordergrund. Erst in zweiter Linie habe der Gesetzgeber für eine Gleichbehandlung von Ehe- und Konkubinatspaaren zu sorgen.

Motion Frick zur Steuerentlastung doppelverdienender Ehepaare

Die EDU lancierte daraufhin ihrerseits eine Petition, welche im September mit rund 88 000 Unterschriften eingereicht wurde. Sie verlangt, dass die traditionelle Familie vom Staat rechtlich und finanziell klar bevorzugt wird. Eine Gleichstellung der homosexuellen mit den heterosexuellen Paaren lehnt sie in aller Form ab, da ihrer Ansicht nach eine Gesellschaft, die Homosexualität fördere, sich selber zerstöre.

Lancierung der Petition «Für die Förderung gesunder Familien und gegen die Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Paare» der EDU

Zu Beginn des Jahres lancierte die EDU eine Petition «Für die Förderung gesunder Familien und gegen die Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Paare». Geschützt werden sollen damit gemäss der Partei die Grundzellen des Staates Ehe, Familie und Kinder.

Kampf der EDU gegen die Gleichstellung von gleichgeschlechtlichen Paaren

1989 bei der Nomination von Franz Steinegger (fdp, UR) für die Bundesratswahl und 1993 bei der "Schlammschlacht" gegen die Bundesratsanwärterin Christiane Brunner (sp, GE) war das mehr oder minder "unorthodoxe" Familienleben der beiden Kandidaten - zumindest hinter vorgehaltener Hand - im Zentrum der Polemik gestanden. Dass dies bei der Wahl von Bundesrat Moritz Leuenberger (sp, ZH), der mit seiner Lebenspartnerin im Konkubinat lebt und aus dieser Verbindung einen Sohn hat, in keiner Hinsicht ein Thema war, zeigte, dass zumindest die eidgenössischen Parlamentarierinnen und Parlamentarier die heutige Familienrealität, in der jede dritte neugeschlossene Ehe wieder geschieden wird, anerkennen und die Brüche in den Lebensläufen als nicht diskriminierende Tatsache akzeptieren.

Bundesratswahl

In seiner letzten Sitzung vor den Sommerferien verabschiedete der Bundesrat seine Stellungnahme zum Expertenbericht "Kindsmisshandlungen in der Schweiz". Zum besseren Schutz der Kinder will er weniger auf neue Gesetze, denn auf Prävention und auf Massnahmen im Bereich der Familien- und Gesellschaftspolitik setzen.

Stellungnahme zum Expertenbericht "Kindsmisshandlungen in der Schweiz"


Im Herbst leitete der Bundesrat dem Parlament seinen Entwurf zur Revision des Ehescheidungsrechts zu. Für das federführende EJPD galt es, den entsprechenden, noch aus dem Jahr 1907 stammenden Teil des Zivilgesetzbuches den heutigen gesellschaftlichen Gegebenheiten anzupassen. Zentraler Punkt ist der konsequente Verzicht auf die Verschuldensfrage. Die Konventionalscheidung soll in Zukunft die Regel werden. Aber nicht nur für die Scheidung selbst, auch bei der Festlegung des Unterhalts sollen inskünftig nur noch objektive Kriterien massgebend sein. Unabhängig vom Güterstand werden bei einer Scheidung in Zukunft die Ersparnisse der zweiten Säule (Pensionskasse) hälftig geteilt. Diese Regelung soll zu materiell ausgewogeneren Folgen für die Scheidungsbeteiligten führen und die wirtschaftliche Selbständigkeit der Ehegatten nach der Scheidung fördern.

Als weiteren Pfeiler der Revision bezeichnete Bundesrat Koller die Verbesserung der Stellung der Kinder während und nach dem Scheidungsverfahren. So erhalten die Kinder neu ein Mitwirkungsrecht im Scheidungsprozess. Vorgesehen ist, dass Kinder mit Rücksicht auf ihr Alter und ihre Entwicklung in "geeigneter Weise" angehört werden, beispielsweise in der Frage, bei welchem Elternteil sie inskünftig mehrheitlich leben werden. Neu können die Eltern auch nach der Scheidung das elterliche Sorgerecht gemeinsam wahrnehmen, wenn sie sich in diesem Punkt einigen können und weitere Voraussetzungen erfüllt sind. Das Besuchsrecht wird als gegenseitiges Recht von Eltern und Kindern ausgestaltet. Damit werden die Eltern grundsätzlich zur Ausübung des Besuchsrechts verpflichtet. Das EJPD räumte ein, dass die zwangsweise Durchsetzung dieses Rechtes gegen den Willen der Eltern in der Praxis kaum realisierbar sei, erhofft sich davon aber eine psychologische Wirkung.

Revision des Scheidungsrechts (4. Etappe der Familienrechtsrevision; BRG 95.079)

Mit einer Motion wollte die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates den Bundesrat beauftragen, Verfassungsgrundlagen zu schaffen, welche sicherstellen, dass dem Bund eine generelle Rechtsetzungskompetenz für den Schutz der Familien sowie zur Wahrung der Rechte von Kindern und Jugendlichen zusteht. In ihren Erwägungen bezeichnete die Kommission die Leistungen der Schweiz für die Familien - insbesondere im Vergleich mit anderen europäischen Ländern - als eigentliches Armutszeugnis. Mit neuen Verfassungsgrundlagen sei deshalb eine Gesamtschau für die Familie und ihre Bedürfnisse zu entwickeln. Auf Antrag des Bundesrates wurde auch diese Motion nur in der Postulatsform verabschiedet.

Schutz der Familien

Entgegen dem Antrag der Kommission, welche im Vorjahr den Vorstoss noch knapp unterstützt hatte, lehnte der Nationalrat eine parlamentarische Initiative Zisyadis (pda, VD), welche die Betreuung von Kleinkindern als öffentliche Aufgabe der Kantone in der Verfassung verankern wollte, mit 91 zu 62 Stimmen recht deutlich ab. Die vom Jurassier Schweingruber angeführte Kommissionsminderheit argumentierte, ein Diktat aus Bern sei in diesem Fall nicht sinnvoll, da die Kantone besser in der Lage seien, den regionalen Unterschieden und der Einstellung der Bevölkerung nuanciert Rechnung zu tragen.

Betreuung von Kleinkindern öffentliche Aufgabe

In ihrer Wahlplattform bekräftigte die EVP das «E» in ihrem Namen als Leitmotiv. Dezidiert sprach sie sich in der Familienpolitik gegen die Fristenlösung, für eine Mutterschaftsversicherung und eine Harmonisierung der Kinderzulagen aus. Weiter schlug sie ein Bundesamt für Familienfragen und die Einführung eines Familienstimmrechts nach dem Motto «Ein Mensch - eine Stimme» vor, wobei das Stimmrecht der Kinder von den Eltern treuhänderisch wahrgenommen würde. Zur Integrationsfrage gab sich die Partei zurückhaltend; vor einer neuen Beurteilung der Beitrittsfrage will sie die bilateralen Verhandlungen mit der EU zu Ende führen. Stark machen will sich die EVP für die Reform der Bundesverfassung, die von ethischer und geistiger Tragweite sei.

Wahlplattform der EVP 1995

Wenig wissen wollte die grosse Kammer auch von einem Gesetz für die finanzielle Unterstützung der im Familienbereich tätigen Organisationen. Auf Antrag des Bundesrates, welcher in erster Linie die Finanzlage des Bundes ins Feld führte, wurde eine entsprechende Motion Grossenbacher (cvp, SO) lediglich als Postulat angenommen.

finanzielle Unterstützung der im Familienbereich tätigen Organisationen

Mit einer Motion verlangte Nationalrätin Spoerry (fdp, ZH), dass Väter oder Mütter, die ihren Beruf nur ausüben können, wenn sie ihre Kinder betreuen lassen, die Kosten dafür von den Steuern sollen absetzen dürfen. Bundesrat Stich beantragte die Umwandlung in ein Postulat, da der Vorstoss das eben erst in Kraft getretene Steuerharmonisierungsgesetz strapazieren würde und die Anrechnung der Betreuungskosten als Gewinnungskosten zu Abzügen in unkontrollierbarer Höhe führen würde. Der Nationalrat folgte aber den Argumenten von Frau Spoerry, wonach die geltende gesetzliche Regelung nicht mehr den heutigen gesellschaftlichen Gegebenheiten und insbesondere der grossen Anzahl von alleinerziehenden Müttern entspreche und überwies den Vorstoss in der verbindlichen Form. Da Spoerry für ihr Anliegen nicht eigentlich eine Gesetzesänderung vorschlug, sondern eher den Weg über eine Anpassung der entsprechenden Verordnung ins Auge fasste, erachtete der Ständerat die Motion als ein rechtlich nicht haltbares Instrument, weil damit das Parlament in den Hoheitsbereich der Exekutive eingreifen würde. Er befand zudem, die Diskussion über diese Fragen sei ohnehin lanciert, weshalb es nicht richtig wäre, jetzt bereits ein Präjudiz für die eine oder andere Lösung zu schaffen. Um aber zu unterstreichen, dass er ebenfalls der Ansicht sei, dass hier Handlungsbedarf bestehe, überwies er die Motion als Postulat.

Kinder betreuen von den Steuern absetzen

Nach vier erfolglosen Versuchen zu einer Neuformulierung der Strafbestimmungen über den Schwangerschaftsabbruch in den 70er und 80er Jahren gab der Nationalrat in der Januarsession mit 91 zu 85 Stimmen bei vier Enthaltungen knapp einer parlamentarischen Initiative Haering Binder (sp, ZH) Folge, welche ein Umdenken in dieser Frage verlangt. Die Initiantin und die vorberatende Kommission machten geltend, die Kluft zwischen restriktivem Gesetz und je nach Kanton liberaler Praxis werde immer grösser. Die unterschiedliche Nutzung des Rechtsspielraumes in den Kantonen habe eine Rechtsungleichheit zur Folge und fördere den innerstaatlichen "Abtreibungstourismus". Diese Situation sei unehrlich und verursache unnötige Kosten. Zudem lehre die Erfahrung, dass die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche weitgehend unabhängig sei von Gesetzen und weit stärker von der Qualität der Information, vom Zugang zu Verhütungsmitteln und vom Grad der sozialen Sicherheit bestimmt werde.

Änderung des Schweizerischen Strafgesetzbuchs (Schwangerschaftsabbruch, BRG 93.434)

Eine Motion der CVP-Fraktion zu einem Rahmengesetz für Bedarfsleistungen bei Mutterschaft wurde - gegen den Antrag der Waadtländer Liberalen Sandoz - vom Nationalrat mit Zustimmung der Urheber als Postulat verabschiedet. Die CVP möchte damit erreichen, dass derartige Unterstützungen nicht nur in einzelnen Kantonen, sondern in der ganzen Schweiz gewährt werden, da sie etliche Familien und vor allem viele alleinerziehende Mütter vor der Inanspruchnahme von Sozialhilfe bewahren könnten. Der Bundesrat, der diese Leistungen auf rund 40 Mio Fr. bezifferte, war bereit, das Postulat entgegenzunehmen, da es in die Richtung seiner im Zusammenhang mit der geplanten Mutterschaftsversicherung gemachten Vorschläge gehe.

Rahmengesetz für Bedarfsleistungen bei Mutterschaft

Eine im Vorjahr von der Zürcher SP-Nationalrätin Haering Binder eingereichte parlamentarische Initiative für die Fristenlösung, die von 62 Abgeordneten aus SP, FDP, LdU und GPS mitunterzeichnet wurde, nahm eine erste Hürde in der Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates, welche die Initiative mit sechs zu drei Stimmen bei drei Enthaltungen unterstützte. Damit wurde die seit 1987 praktisch blockierte Diskussion um dieses umstrittene Thema wieder lanciert.

Änderung des Schweizerischen Strafgesetzbuchs (Schwangerschaftsabbruch, BRG 93.434)

Die Analyse der Daten der Volkszählung 1990 ergab, dass das Modell der traditionellen Kleinfamilie in der Schweiz nach wie vor stark verbreitet ist. Fast 60% der Bevölkerung lebten am Stichdatum in einem Familienhaushalt mit Kindern. Davon waren nur 5,5% Einelternhaushalte und 1,4% Konkubinatspaare. Allerdings hat der Anteil der Ehepaarhaushalte mit Kindern seit 1980 leicht abgenommen. Wenn in diesem Zeitraum nicht die Zahl der ausländischen Familien mit Kindern zugelegt hätte, wäre der Rückgang noch deutlicher ausgefallen. Alternative Lebensformen (Konkubinat, Singles oder Wohngemeinschaften) haben sich vor allem unter den 20- bis 30jährigen ausgebreitet. Die mittleren Jahre verbringen rund zwei Drittel in der Kleinfamilie, nach dem 45. Altersjahr werden die Lebensformen wieder vielfältiger. Nach wie vor ziehen sich die meisten Mütter nach der Geburt eines Kindes aus dem Erwerbsleben zurück. Wenn die Kinder etwas grösser sind, arbeiten die Mütter aber vermehrt ausser Haus. Bei den Frauen mit minderjährigen Kindern stieg ihr Anteil zwischen 1980 und 1990 von 36 auf 48%. Überdurchschnittlich erwerbstätig sind Mütter mit geringer und solche mit überdurchschnittlicher Berufsbildung.

traditionellen Kleinfamilie stark verbreitet

Zum Abschluss des Internationalen Jahres der Familie präsentierte die von der Vereinigung Pro Familia im Auftrag des Bundesrates eingesetzte Kommission einen detaillierten Forderungskatalog. Sie verlangte insbesondere die möglichst rasche Einführung einer Mutterschaftsversicherung, eine einheitliche Regelung der Familien- und Kinderzulagen auf Bundesebene, die Anerkennung der unbezahlten Leistungen der Familien sowie die Sicherung eines Familienlastenausgleichs, um so die Vereinbarkeit von Familie, Arbeit und Schule zu realisieren. Weiter setzte sie sich für die raschestmögliche und vorbehaltlose Ratifikation der UNO-Konvention über die Rechte des Kindes ein. Vom Bundesrat erwartete sie schliesslich, dass er einen unabhängigen Rat für Familienfragen einsetze, der die Vernetzung und den Informationsaustausch von Wissenschaft, Politik, Institutionen und Gesellschaft sicherstellen soll.
Die für die Familienpolitik zuständige Bundesrätin Dreifuss konnte darauf hinweisen, dass einige der Forderungen in Prüfung sind oder sich bereits im Stadium der Gesetzgebung befinden (Mutterschaftsversicherung, Ratifikation der UNO-Konvention). Skeptisch äusserte sich Dreifuss zum Vorschlag, neue eidgenössische Gremien für Familienfragen zu schaffen. Sie schlug stattdessen vor, ein Koordinationsorgan ins Leben zu rufen, in dem die Bundesverwaltung, die Kantone, die Gemeinden, die Wissenschaft sowie die privaten Familien-, Frauen- und Jugendorganisationen vertreten wären.
Wissenschaftliche Studien, die eine Art Bestandesaufnahme der schweizerischen Familienpolitik erstellten, untermauerten die Forderungen der Kommission. Erstmals wurden die staatlichen finanziellen Leistungen zugunsten der Familien erhoben. 1990 machten sie rund 2,1% des Bruttoinlandproduktes (BIP) aus, während sie in den EU-Staaten im Durchschnitt knapp 3% des BIP betrugen. Dies hängt wohl auch damit zusammen, dass die Schweiz als einziges EU- oder Efta-Land immer noch keine Mutterschaftsversicherung kennt.

Internationalen Jahres der Familie Forderungskatalog

Der Ständerat überwies einstimmig eine Motion Frick (cvp, SZ), die verlangt, dass sogenannt doppelverdienende Ehepaare gegenüber unverheirateten Paaren nicht mehr benachteiligt werden. Der Motionär erinnerte an das aktuelle Jahr der Familie und machte geltend, dass von 566'000 Ehepaaren mit zwei Einkommen deren 430'000 von Steuernachteilen betroffen seien, wobei diese bis zu 100% betragen können. So bezahlten Verheiratete mit einem Einkommen von CHF 60'000, zu dem Mann und Frau je CHF 30'000 beitragen, praktisch doppelt soviele Steuern wie ein Konkubinatspaar mit gleichem Einkommen. Das Bundesgericht bezeichne Steuerunterschiede zu Lasten der Ehepaare jedoch spätestens ab 10% als verfassungswidrig. Frick verlangte eine Revision des ungerechten Tarifs, ohne dass dem Bund Steuerausfälle entstehen. Bundesrat Stich, der den Vorstoss nur als Postulat entgegennehmen wollte, relativierte, dass nur rund ein Viertel der Doppelverdiener-Ehepaare eine Mehrbelastung von mehr als 10% zu tragen habe, wobei tatsächlich enorme Unterschiede bestünden. Stich sicherte zu, dass eine Arbeitsgruppe nach einer möglichst gerechten Lösung suchen werde.

Motion Frick zur Steuerentlastung doppelverdienender Ehepaare

Der Kanton Tessin wies zukunftsweisende Wege für die Unterstützung junger Familien. Die Regierung legte einen Gesetzesentwurf vor, der über zwei lohn- und haushaltsabhängige Zulagen allen Familien mit Kindern ein staatlich garantiertes Mindesteinkommen sichern will. Die beiden neuen Zulagen orientieren sich an den AHV-Ergänzungsleistungen, die ein minimales verfügbares Einkommen nach Abzug von Miete und Sozialversicherungen festlegen. Die Leistungen verstehen sich als ein jedem Kind bis zum Erreichen des 15. Altersjahrs zustehendes Mindesteinkommen, mit welchem minderbemittelten Eltern und vor allem alleinerziehenden Frauen die Inanspruchnahme von Fürsorgeleistungen erspart werden soll.

Kanton Tessin Unterstützung junger Familien