Suche zurücksetzen

Inhalte

  • Gleichstellung in der Arbeitswelt
  • Familienpolitik

Akteure

Prozesse

769 Resultate
Als PDF speichern Weitere Informationen zur Suche finden Sie hier

1989 bei der Nomination von Franz Steinegger (fdp, UR) für die Bundesratswahl und 1993 bei der "Schlammschlacht" gegen die Bundesratsanwärterin Christiane Brunner (sp, GE) war das mehr oder minder "unorthodoxe" Familienleben der beiden Kandidaten - zumindest hinter vorgehaltener Hand - im Zentrum der Polemik gestanden. Dass dies bei der Wahl von Bundesrat Moritz Leuenberger (sp, ZH), der mit seiner Lebenspartnerin im Konkubinat lebt und aus dieser Verbindung einen Sohn hat, in keiner Hinsicht ein Thema war, zeigte, dass zumindest die eidgenössischen Parlamentarierinnen und Parlamentarier die heutige Familienrealität, in der jede dritte neugeschlossene Ehe wieder geschieden wird, anerkennen und die Brüche in den Lebensläufen als nicht diskriminierende Tatsache akzeptieren.

Bundesratswahl

Jeder sechste Gesamtarbeitsvertrag (GAV) weist Lohnkategorien auf, die Frauen diskriminieren. Gemäss einer Studie, die im Rahmen des NFP 35 ("Frauen in Recht und Gesellschaft") ausgearbeitet wurde, sind direkte Lohndiskriminierungen zwar - zumindest in den grossen GAV - seltener geworden. Von den 69 grössten GAV, denen 1993 1,24 Mio Beschäftigte (88% aller GAV-Arbeitnehmenden) unterstellt waren, sahen nur noch zwei tiefere Löhne für Frauen vor. Erheblich mehr direkte Lohndiskriminierungen sind in kleineren GAV auszumachen. Zudem sind in allen GAV häufig indirekte Benachteiligungen an die Stelle der direkten getreten, beispielsweise wenn die Kategorien "Frau" und "Mann" durch "leichte Arbeiten" und "schwere Arbeiten" ersetzt wurden.
Die Studie zeigte, dass die GAV in Gleichstellungsfragen zwiespältig sind. Einerseits widerspiegeln sie die Benachteiligung der Frauen im Erwerbsleben, andererseits steckt in den Verträgen durchaus ein Potential zur Gleichstellung der Geschlechter. Im Gegensatz zu den Männern, die grösstenteils Vollzeitstellen besetzen, arbeiten Frauen zu über 50% als Teilzeitangestellte, vor allem wenn sie Kinder haben. Teilzeitarbeitsverhältnisse werden aber von jedem dritten GAV zumindest teilweise ausgeschlossen. Klare Benachteiligungen gibt es auch bei den Bestimmungen bezüglich der Regelung des Überstundenzuschlags. Nur gerade drei GAV sehen vor, dass dieser Zeitzuschlag bereits ab Überschreitung des Teilzeitpensums zu entrichten ist. Andererseits gibt es für 96% aller GAV-unterstellten Frauen eine Mutterschaftsregelung. Auch bei der bezahlten Freistellung zur Pflege kranker Kinder füllen die GAV teilweise eine gesetzliche Lücke. Knapp ein Viertel der Verträge mit einer Drittel aller GAV-Angegliederten enthalten einen Anspruch, der zwei bis fünf Tage pro Jahr beträgt. Aber nur gerade sechs GAV, die 16% aller GAV-unterstellten Frauen umfassen, bekennen sich explizit zur Chancengleichheit und enthalten besondere Bestimmungen zur Frauenförderung. Eine im Frühjahr 1995 im Auftrag des Schweizerischen Kaufmännischen Verbandes durchgeführte Studie, die über 10 000 Einzellöhne in 350 Unternehmen umfasste, zeigte, dass die Frauen in Sachen Lohn umso mehr benachteiligt sind, je älter und je höher sie auf der Karriereleiter gestiegen sind. Für gleiche Arbeit erhalten die Frauen - bei gleicher Funktionsstufe, Branche und Alter - bis zu 35% weniger Lohn als Männer.

GAV in Gleichstellungsfragen zwiespältig

In seiner letzten Sitzung vor den Sommerferien verabschiedete der Bundesrat seine Stellungnahme zum Expertenbericht "Kindsmisshandlungen in der Schweiz". Zum besseren Schutz der Kinder will er weniger auf neue Gesetze, denn auf Prävention und auf Massnahmen im Bereich der Familien- und Gesellschaftspolitik setzen.

Stellungnahme zum Expertenbericht "Kindsmisshandlungen in der Schweiz"


Im Herbst leitete der Bundesrat dem Parlament seinen Entwurf zur Revision des Ehescheidungsrechts zu. Für das federführende EJPD galt es, den entsprechenden, noch aus dem Jahr 1907 stammenden Teil des Zivilgesetzbuches den heutigen gesellschaftlichen Gegebenheiten anzupassen. Zentraler Punkt ist der konsequente Verzicht auf die Verschuldensfrage. Die Konventionalscheidung soll in Zukunft die Regel werden. Aber nicht nur für die Scheidung selbst, auch bei der Festlegung des Unterhalts sollen inskünftig nur noch objektive Kriterien massgebend sein. Unabhängig vom Güterstand werden bei einer Scheidung in Zukunft die Ersparnisse der zweiten Säule (Pensionskasse) hälftig geteilt. Diese Regelung soll zu materiell ausgewogeneren Folgen für die Scheidungsbeteiligten führen und die wirtschaftliche Selbständigkeit der Ehegatten nach der Scheidung fördern.

Als weiteren Pfeiler der Revision bezeichnete Bundesrat Koller die Verbesserung der Stellung der Kinder während und nach dem Scheidungsverfahren. So erhalten die Kinder neu ein Mitwirkungsrecht im Scheidungsprozess. Vorgesehen ist, dass Kinder mit Rücksicht auf ihr Alter und ihre Entwicklung in "geeigneter Weise" angehört werden, beispielsweise in der Frage, bei welchem Elternteil sie inskünftig mehrheitlich leben werden. Neu können die Eltern auch nach der Scheidung das elterliche Sorgerecht gemeinsam wahrnehmen, wenn sie sich in diesem Punkt einigen können und weitere Voraussetzungen erfüllt sind. Das Besuchsrecht wird als gegenseitiges Recht von Eltern und Kindern ausgestaltet. Damit werden die Eltern grundsätzlich zur Ausübung des Besuchsrechts verpflichtet. Das EJPD räumte ein, dass die zwangsweise Durchsetzung dieses Rechtes gegen den Willen der Eltern in der Praxis kaum realisierbar sei, erhofft sich davon aber eine psychologische Wirkung.

Revision des Scheidungsrechts (4. Etappe der Familienrechtsrevision; BRG 95.079)

Die Sozialpartner des Buchbindergewerbes beendeten den seit 1991 andauernden Konflikt um Frauenlöhne und einigten sich vor dem Berner Appellationsgericht darauf, dass die angefochtene GAV-Bestimmung verfassungswidrig sei. Die Parteien verpflichteten sich, ihre Mitglieder anzuhalten, keine Gesamt- und Einzelarbeitsverträge abzuschliessen, die für Frauen tiefere Mindestlöhne vorsehen als für Männer.

Buchbindergewerbes

Mit einer Motion wollte die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates den Bundesrat beauftragen, Verfassungsgrundlagen zu schaffen, welche sicherstellen, dass dem Bund eine generelle Rechtsetzungskompetenz für den Schutz der Familien sowie zur Wahrung der Rechte von Kindern und Jugendlichen zusteht. In ihren Erwägungen bezeichnete die Kommission die Leistungen der Schweiz für die Familien - insbesondere im Vergleich mit anderen europäischen Ländern - als eigentliches Armutszeugnis. Mit neuen Verfassungsgrundlagen sei deshalb eine Gesamtschau für die Familie und ihre Bedürfnisse zu entwickeln. Auf Antrag des Bundesrates wurde auch diese Motion nur in der Postulatsform verabschiedet.

Schutz der Familien

Entgegen dem Antrag der Kommission, welche im Vorjahr den Vorstoss noch knapp unterstützt hatte, lehnte der Nationalrat eine parlamentarische Initiative Zisyadis (pda, VD), welche die Betreuung von Kleinkindern als öffentliche Aufgabe der Kantone in der Verfassung verankern wollte, mit 91 zu 62 Stimmen recht deutlich ab. Die vom Jurassier Schweingruber angeführte Kommissionsminderheit argumentierte, ein Diktat aus Bern sei in diesem Fall nicht sinnvoll, da die Kantone besser in der Lage seien, den regionalen Unterschieden und der Einstellung der Bevölkerung nuanciert Rechnung zu tragen.

Betreuung von Kleinkindern öffentliche Aufgabe

In ihrer Wahlplattform bekräftigte die EVP das «E» in ihrem Namen als Leitmotiv. Dezidiert sprach sie sich in der Familienpolitik gegen die Fristenlösung, für eine Mutterschaftsversicherung und eine Harmonisierung der Kinderzulagen aus. Weiter schlug sie ein Bundesamt für Familienfragen und die Einführung eines Familienstimmrechts nach dem Motto «Ein Mensch - eine Stimme» vor, wobei das Stimmrecht der Kinder von den Eltern treuhänderisch wahrgenommen würde. Zur Integrationsfrage gab sich die Partei zurückhaltend; vor einer neuen Beurteilung der Beitrittsfrage will sie die bilateralen Verhandlungen mit der EU zu Ende führen. Stark machen will sich die EVP für die Reform der Bundesverfassung, die von ethischer und geistiger Tragweite sei.

Wahlplattform der EVP 1995

In Ausführung eines Postulates Stamm (cvp, LU) aus dem Jahr 1993 erarbeitete das BIGA eine Weiterbildung im Baukastensystem, die bereits 1996 angeboten werden soll. Dieses modulare System kommt durch seine Flexibilität vor allem den spezifischen Berufs- und Lebenssituationen der Frauen entgegen. Das BIGA hob hervor, der etappenweise Wiedereinstieg werde damit zeitlich besser verkraftbar und die psychologische Hemmschwelle für die Aufnahme einer beruflichen Weiterbildung kleiner. Auch die Finanzierung verursache weniger Probleme als jene von integralen Lehrgängen. Als besonders frauenfreundlich strich das BIGA die Anrechnung von Familien- und Betreuungspraxis hervor, da vorgesehen ist, dass Lernleistungen und Erfahrungen aus familiären oder gemeinnützigen Tätigkeiten ganz oder teilweise anerkannt werden.

Weiterbildung im Baukastensystem

Wenig wissen wollte die grosse Kammer auch von einem Gesetz für die finanzielle Unterstützung der im Familienbereich tätigen Organisationen. Auf Antrag des Bundesrates, welcher in erster Linie die Finanzlage des Bundes ins Feld führte, wurde eine entsprechende Motion Grossenbacher (cvp, SO) lediglich als Postulat angenommen.

finanzielle Unterstützung der im Familienbereich tätigen Organisationen

Nachdem der Ständerat im Vorjahr signalisiert hatte, dass er nicht bereit war, alle vom Nationalrat eingefügten Änderungsvorschläge zur Abschwächung des Bundesgesetzes über die Gleichstellung von Frau und Mann ("Gleichstellungsgesetz") hinzunehmen, schwenkte auch die grosse Kammer auf eine moderat frauenfreundlichere Linie ein. Mit 111:58 Stimmen dehnte sie das Diskriminierungsverbot wieder auf alle Tatbestände zwischen Anstellung und Auflösung des Arbeitsverhältnisses aus. Das Zünglein an der Waage spielten hier die CVP-Vertreter, welche sich - gleich wie alle weiblichen Abgeordneten mit Ausnahme der Berner Freisinnigen Aubry und der Waadtländer Liberalen Sandoz - in dieser Frage dem rot-grünen Lager anschlossen.

Erneut keine Chancen hatte hingegen eine über Klagen bezüglich Lohndiskriminierung hinausgehende Beweislastumkehr, bei welcher eine auf Diskriminierung klagende Person vor Gericht nur glaubhaft machen muss, dass eine geschlechtsbedingte Diskriminierung vorliegt, worauf es dann am Arbeitgeber ist zu beweisen, dass dies nicht zutrifft. Mit 89 zu 87 Stimmen bei zwei Enthaltungen lehnte es der Nationalrat äusserst knapp ab, die erleichterte Beweisführung für das ganze Arbeitsverhältnis gelten zu lassen. Hier sprachen sich nur gerade noch drei bürgerliche Frauen - Nabholz (fdp, ZH), Gadient (svp, GR) und Lepori Bonetti (cvp, TI) - für die frauenfreundlichere Variante aus.

Entgegen seinem ersten Entscheid schloss sich der Nationalrat der kleinen Kammer hingegen beim Verbandsklagerecht an. Dieses berechtigt Gewerkschaften und Frauenorganisationen, in eigenem Namen feststellen zu lassen, dass eine Diskriminierung für einen Einzelfall oder eine ganze Berufsgruppe vorliegt. Eine vom Arbeitgeber-Vertreter Allenspach (fdp, ZH) angeführte Minderheit wollte das Verbandsklagerecht einschränken, indem bei Einzelklagen im Gegensatz zu Kollektivklagen das Einverständnis der betroffenen Arbeitnehmerin eingeholt werden müsste. Diese Einschränkung unterlag ebenfalls knapp mit 86 zu 84 Stimmen.

Bei der verbleibenden wesentlichen Differenz (Regelung der Beweislast) erteilte der Ständerat der restriktiven Haltung der grossen Kammer erneut eine Absage. Als Kompromissvariante schlug er aber vor, die Anstellung von der erleichterten Beweisführung auszunehmen und diese nur auf die Aufgabenzuteilung, die Aus- und Weiterbildung, die Entlöhnung, die Beförderung und die Entlassung zu beschränken. Mit 93 zu 66 Stimmen schloss sich der Nationalrat hier an, so dass das Gesetz in der Frühjahrssession definitiv verabschiedet werden konnte.

Bundesgesetz über die Gleichstellung von Frau und Mann "Gleichstellungsgesetz"

Bei der verbleibenden wesentlichen Differenz (Regelung der Beweislast) erteilte der Ständerat der restriktiven Haltung der grossen Kammer erneut eine Absage. Als Kompromissvariante schlug er aber vor, die Anstellung von der erleichterten Beweisführung auszunehmen und diese nur auf die Aufgabenzuteilung, die Aus- und Weiterbildung, die Entlöhnung, die Beförderung und die Entlassung zu beschränken. Mit 93 zu 66 Stimmen schloss sich der Nationalrat hier an, so dass das Gesetz in der Frühjahrssession definitiv verabschiedet werden konnte.

Bundesgesetz über die Gleichstellung von Frau und Mann "Gleichstellungsgesetz"

Mit einer Motion verlangte Nationalrätin Spoerry (fdp, ZH), dass Väter oder Mütter, die ihren Beruf nur ausüben können, wenn sie ihre Kinder betreuen lassen, die Kosten dafür von den Steuern sollen absetzen dürfen. Bundesrat Stich beantragte die Umwandlung in ein Postulat, da der Vorstoss das eben erst in Kraft getretene Steuerharmonisierungsgesetz strapazieren würde und die Anrechnung der Betreuungskosten als Gewinnungskosten zu Abzügen in unkontrollierbarer Höhe führen würde. Der Nationalrat folgte aber den Argumenten von Frau Spoerry, wonach die geltende gesetzliche Regelung nicht mehr den heutigen gesellschaftlichen Gegebenheiten und insbesondere der grossen Anzahl von alleinerziehenden Müttern entspreche und überwies den Vorstoss in der verbindlichen Form. Da Spoerry für ihr Anliegen nicht eigentlich eine Gesetzesänderung vorschlug, sondern eher den Weg über eine Anpassung der entsprechenden Verordnung ins Auge fasste, erachtete der Ständerat die Motion als ein rechtlich nicht haltbares Instrument, weil damit das Parlament in den Hoheitsbereich der Exekutive eingreifen würde. Er befand zudem, die Diskussion über diese Fragen sei ohnehin lanciert, weshalb es nicht richtig wäre, jetzt bereits ein Präjudiz für die eine oder andere Lösung zu schaffen. Um aber zu unterstreichen, dass er ebenfalls der Ansicht sei, dass hier Handlungsbedarf bestehe, überwies er die Motion als Postulat.

Kinder betreuen von den Steuern absetzen

Nach vier erfolglosen Versuchen zu einer Neuformulierung der Strafbestimmungen über den Schwangerschaftsabbruch in den 70er und 80er Jahren gab der Nationalrat in der Januarsession mit 91 zu 85 Stimmen bei vier Enthaltungen knapp einer parlamentarischen Initiative Haering Binder (sp, ZH) Folge, welche ein Umdenken in dieser Frage verlangt. Die Initiantin und die vorberatende Kommission machten geltend, die Kluft zwischen restriktivem Gesetz und je nach Kanton liberaler Praxis werde immer grösser. Die unterschiedliche Nutzung des Rechtsspielraumes in den Kantonen habe eine Rechtsungleichheit zur Folge und fördere den innerstaatlichen "Abtreibungstourismus". Diese Situation sei unehrlich und verursache unnötige Kosten. Zudem lehre die Erfahrung, dass die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche weitgehend unabhängig sei von Gesetzen und weit stärker von der Qualität der Information, vom Zugang zu Verhütungsmitteln und vom Grad der sozialen Sicherheit bestimmt werde.

Änderung des Schweizerischen Strafgesetzbuchs (Schwangerschaftsabbruch, BRG 93.434)

Eine Motion der CVP-Fraktion zu einem Rahmengesetz für Bedarfsleistungen bei Mutterschaft wurde - gegen den Antrag der Waadtländer Liberalen Sandoz - vom Nationalrat mit Zustimmung der Urheber als Postulat verabschiedet. Die CVP möchte damit erreichen, dass derartige Unterstützungen nicht nur in einzelnen Kantonen, sondern in der ganzen Schweiz gewährt werden, da sie etliche Familien und vor allem viele alleinerziehende Mütter vor der Inanspruchnahme von Sozialhilfe bewahren könnten. Der Bundesrat, der diese Leistungen auf rund 40 Mio Fr. bezifferte, war bereit, das Postulat entgegenzunehmen, da es in die Richtung seiner im Zusammenhang mit der geplanten Mutterschaftsversicherung gemachten Vorschläge gehe.

Rahmengesetz für Bedarfsleistungen bei Mutterschaft

Mit einem weiteren Positionspapier «Perspektiven liberaler Lebensgestaltung» verabschiedete die FDP verschiedene Postulate zur Gleichstellung der Geschlechter. Konkret forderte sie den gleichen Zugang von Frauen und Männern zu allen Berufen und Positionen, die Einführung von Blockzeiten an den Schulen, freiwillige Tagesschulen sowie flexible Arbeitsformen und Teilzeitarbeit. Ferner trat sie für ein geschlechts- und zivilstandsunabhängiges Sozialversicherungs- und Steuersystem ein. Die Forderungen basieren auf einer im Auftrag der FDP erstellten Pilotstudie «Frau und Mann in Wirtschaft und Gesellschaft der Schweiz».

Positionspapier «Perspektiven liberaler Lebensgestaltung» der FDP 1995

Eine im Vorjahr von der Zürcher SP-Nationalrätin Haering Binder eingereichte parlamentarische Initiative für die Fristenlösung, die von 62 Abgeordneten aus SP, FDP, LdU und GPS mitunterzeichnet wurde, nahm eine erste Hürde in der Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates, welche die Initiative mit sechs zu drei Stimmen bei drei Enthaltungen unterstützte. Damit wurde die seit 1987 praktisch blockierte Diskussion um dieses umstrittene Thema wieder lanciert.

Änderung des Schweizerischen Strafgesetzbuchs (Schwangerschaftsabbruch, BRG 93.434)

Die Analyse der Daten der Volkszählung 1990 ergab, dass das Modell der traditionellen Kleinfamilie in der Schweiz nach wie vor stark verbreitet ist. Fast 60% der Bevölkerung lebten am Stichdatum in einem Familienhaushalt mit Kindern. Davon waren nur 5,5% Einelternhaushalte und 1,4% Konkubinatspaare. Allerdings hat der Anteil der Ehepaarhaushalte mit Kindern seit 1980 leicht abgenommen. Wenn in diesem Zeitraum nicht die Zahl der ausländischen Familien mit Kindern zugelegt hätte, wäre der Rückgang noch deutlicher ausgefallen. Alternative Lebensformen (Konkubinat, Singles oder Wohngemeinschaften) haben sich vor allem unter den 20- bis 30jährigen ausgebreitet. Die mittleren Jahre verbringen rund zwei Drittel in der Kleinfamilie, nach dem 45. Altersjahr werden die Lebensformen wieder vielfältiger. Nach wie vor ziehen sich die meisten Mütter nach der Geburt eines Kindes aus dem Erwerbsleben zurück. Wenn die Kinder etwas grösser sind, arbeiten die Mütter aber vermehrt ausser Haus. Bei den Frauen mit minderjährigen Kindern stieg ihr Anteil zwischen 1980 und 1990 von 36 auf 48%. Überdurchschnittlich erwerbstätig sind Mütter mit geringer und solche mit überdurchschnittlicher Berufsbildung.

traditionellen Kleinfamilie stark verbreitet

Eine Untersuchung des Bundesamtes für Statistik zeigte, dass von den Frauen ab 15 Jahren 55% erwerbstätig sind, die Hälfte davon in einer Teilzeitstelle. Auch von den Müttern im Alter zwischen 29 und 39 Jahren gehen über 50% einer Erwerbstätigkeit nach. Bei den Männern sind 79% erwerbstätig, aber nur 5% von ihnen arbeiten teilzeitlich. 15% aller angestellten Frauen sind in Kaderpositionen, gegenüber 35% bei den Männern. Diese unterschiedliche Karrieresituation erklärt aber nur zum Teil das im Schnitt um einen Viertel niedrigere Lohneinkommen der Frauen. Weitere Gründe sind das tiefere Ausbildungsniveau, die überproportionale Vertretung in Branchen mit tiefem Lohnniveau, kürzere Berufserfahrung und Lohndiskriminierung.

niedrigere Lohneinkommen der Frauen

Zum Abschluss des Internationalen Jahres der Familie präsentierte die von der Vereinigung Pro Familia im Auftrag des Bundesrates eingesetzte Kommission einen detaillierten Forderungskatalog. Sie verlangte insbesondere die möglichst rasche Einführung einer Mutterschaftsversicherung, eine einheitliche Regelung der Familien- und Kinderzulagen auf Bundesebene, die Anerkennung der unbezahlten Leistungen der Familien sowie die Sicherung eines Familienlastenausgleichs, um so die Vereinbarkeit von Familie, Arbeit und Schule zu realisieren. Weiter setzte sie sich für die raschestmögliche und vorbehaltlose Ratifikation der UNO-Konvention über die Rechte des Kindes ein. Vom Bundesrat erwartete sie schliesslich, dass er einen unabhängigen Rat für Familienfragen einsetze, der die Vernetzung und den Informationsaustausch von Wissenschaft, Politik, Institutionen und Gesellschaft sicherstellen soll.
Die für die Familienpolitik zuständige Bundesrätin Dreifuss konnte darauf hinweisen, dass einige der Forderungen in Prüfung sind oder sich bereits im Stadium der Gesetzgebung befinden (Mutterschaftsversicherung, Ratifikation der UNO-Konvention). Skeptisch äusserte sich Dreifuss zum Vorschlag, neue eidgenössische Gremien für Familienfragen zu schaffen. Sie schlug stattdessen vor, ein Koordinationsorgan ins Leben zu rufen, in dem die Bundesverwaltung, die Kantone, die Gemeinden, die Wissenschaft sowie die privaten Familien-, Frauen- und Jugendorganisationen vertreten wären.
Wissenschaftliche Studien, die eine Art Bestandesaufnahme der schweizerischen Familienpolitik erstellten, untermauerten die Forderungen der Kommission. Erstmals wurden die staatlichen finanziellen Leistungen zugunsten der Familien erhoben. 1990 machten sie rund 2,1% des Bruttoinlandproduktes (BIP) aus, während sie in den EU-Staaten im Durchschnitt knapp 3% des BIP betrugen. Dies hängt wohl auch damit zusammen, dass die Schweiz als einziges EU- oder Efta-Land immer noch keine Mutterschaftsversicherung kennt.

Internationalen Jahres der Familie Forderungskatalog

Mit einer Motion verlangte Nationalrätin Goll (sp, ZH) die regelmässige statistische Erfassung der gesamtgesellschaftlich geleisteten Arbeit von Frauen und Männern sowie eine Schätzung des Verhältnisses zwischen der Wertschöpfung bezahlter und unbezahlter Arbeit als Ergänzung zur nationalen Buchhaltung. Sie begründete ihren Vorstoss damit, dass eine frauengerechte Arbeitsmarkt-, Wirtschafts- und Sozialpolitik nur im Wissen um die effektiv geleistete, gesamtgesellschaftliche Arbeit formuliert werden könne. Der Bundesrat anerkannte durchaus die grosse Bedeutung der unbezahlten Arbeit, verwies jedoch auf methodische und finanzielle Probleme bei der Erstellung von derartigen Statistiken. Auf seinen Antrag wurde die Motion nur als Postulat verabschiedet.

Erfassung der gesamtgesellschaftlich geleisteten Arbeit von Frauen und Männern

Als erster Arbeitgeber in der Schweiz erliess Radio DRS konkrete Richtlinien, mit welchen Frauen vor sexuellen Übergriffen geschützt werden sollen. In jedem der drei Radiostudios ist inskünftig eine Vertrauensfrau für Gespräche im Falle von sexuellen Belästigungen zuständig. Kommt es zu einer offiziellen Beschwerde, klärt eine mehrheitlich aus Frauen zusammengesetzte Kommission den Fall ab und kann der Radiodirektion Sanktionen vorschlagen. Für die klagende Frau und ihre Zeuginnen besteht ein Kündigungsschutz.

Radio DRS Richtlinien sexuellen Belästigungen

Der Kanton Tessin wies zukunftsweisende Wege für die Unterstützung junger Familien. Die Regierung legte einen Gesetzesentwurf vor, der über zwei lohn- und haushaltsabhängige Zulagen allen Familien mit Kindern ein staatlich garantiertes Mindesteinkommen sichern will. Die beiden neuen Zulagen orientieren sich an den AHV-Ergänzungsleistungen, die ein minimales verfügbares Einkommen nach Abzug von Miete und Sozialversicherungen festlegen. Die Leistungen verstehen sich als ein jedem Kind bis zum Erreichen des 15. Altersjahrs zustehendes Mindesteinkommen, mit welchem minderbemittelten Eltern und vor allem alleinerziehenden Frauen die Inanspruchnahme von Fürsorgeleistungen erspart werden soll.

Kanton Tessin Unterstützung junger Familien

Der Ständerat erwies sich als bedeutend frauenfreundlicher und machte die Entschärfungsversuche des Nationalrates in weiten Teilen rückgängig. In der Eintretensdebatte wandte sich niemand gegen die Vorlage. Die Standesvertreter warnten allerdings vor übertriebenen Hoffnungen. Den Tenor der Diskussionen fasste der Basler SP-Ständerat Plattner zusammen, als er sagte, das Gesetz werde in jedem Fall weit hinter den Hoffnungen der Befürworter zurückbleiben - aber auch weit hinter den Befürchtungen der Gegner.

In der Detailberatung beschloss der Ständerat, wieder zu der vom Bundesrat vorgeschlagenen generellen und nicht abschliessenden Definition des Diskriminierungsverbotes zurückzukehren, um den Richtern die Möglichkeit zu geben, neu auftauchende Diskriminierungen in Zukunft ebenfalls zu erfassen. Als Mittelweg zwischen Bundes- und Nationalrat entschied er, dass die Frauen inskünftig von der Anstellung bis zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses vor geschlechtsbedingter Benachteiligung geschützt werden sollen. Ein Antrag Coutau (lp, GE), gleich wie der Nationalrat die Anstellung vom Tatbestand der Diskriminierung auszunehmen, wurde mit der Begründung abgelehnt, dass damit das Gesetz zum Papiertiger verkomme, da es im Extremfall dadurch umgangen werden könnte, dass man einfach keine Frauen einstellt. Die Stellenausschreibung wurde hingegen vom Katalog ausgenommen, da es erwiesenermassen Aufgaben gebe, die geschlechtsspezifisch seien.

Eine Differenz zum Nationalrat schuf der Zweitrat auch bei der erleichterten Beweisführung in Zusammenhang mit Diskriminierungsklagen (Beweislastumkehr). Er dehnte den Grundsatz, wonach die Arbeitnehmerin die Diskriminierung nur glaubhaft zu machen hat, worauf es dann am Arbeitgeber ist, das Gegenteil zu beweisen, wieder auf alle Sachverhalte zwischen Anstellung und Auflösung des Arbeitsverhältnisses aus. Vorbehalten blieb nur die sexuelle Belästigung. In dieser Frage vertrat der Ständerat einhellig die Meinung, Klägerin und Angeklagter hätten hier einen ebenbürtigen Wissensstand, da anders als in den anderen Bereichen die Beweismittel nicht allein in der Hand des Arbeitgebers konzentriert seien. Um die Stellung der Frauen dennoch zu verbessern, verstärkte die kleine Kammer den Schutz vor sexueller Belästigung im Obligationenrecht (Art. 328 OR).

Unbestritten war, wie schon im Nationalrat, der Schutz vor Rachekündigungen sechs Monate über das gerichtliche Verfahren hinaus. Beim Verbandsklagerecht wurde ein Antrag Coutau (lp, GE), dieses nur unter der Bedingung der expliziten Zustimmung der betroffenen Personen zuzulassen, gleich wie im Erstrat deutlich abgelehnt. In der Gesamtabstimmung wurde die Vorlage schliesslich einstimmig angenommen.

Bundesgesetz über die Gleichstellung von Frau und Mann "Gleichstellungsgesetz"

19 Basler Kindergärtnerinnen, Arbeits- und Hauswirtschaftslehrerinnen gewannen ihren Kampf um Lohngleichheit. Auf eine staatsrechtliche Beschwerde des Basler Regierungsrates trat das Bundesgericht nicht ein, womit es beim Urteil des baselstädtischen Verwaltungsgerichts blieb, welches diese vorwiegend von Frauen ausgeübten Berufe als zu tief entlöhnt erachtet hatte. Der Kanton wollte jedoch den Entscheid des Bundesgerichtes vorerst nur auf die erfolgreichen Klägerinnen anwenden, während die übrigen Staatsangestellten der gleichen Berufskategorien keine Lohnnachzahlung erhalten und vorderhand auch nicht in eine höhere Lohnklasse eingestuft werden sollten. Die Berufsverbände der Klägerinnen stellten für diesen Fall eine Massenklage in Aussicht, worauf die Kantonsregierung insofern einlenkte, als sie auf 1. August die Gehälter aller rund 600 Basler Kindergärtnerinnen, Arbeits- und Hauswirtschaftslehrerinnen jenen der 19 Klägerinnen anglich.

Kampf um Lohngleichheit Bundesgericht