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In Übereinstimmung mit dem Bundesrat verweigerte die grosse Kammer einer Motion Jutzet (sp, FR) die Zustimmung, die eine Gesetzesänderung in dem Sinn verlangte, dass lohnbeziehende Väter bei der Geburt eines Kindes einen bezahlten Vaterschaftsurlaub von mindestens einer Woche Dauer erhalten. Für die Ablehnung wurde geltend gemacht, dass solche Regelungen weiterhin den Vereinbarungen unter den Sozialpartnern vorbehalten bleiben sollen.

Vaterschaftsurlaub (Mo. 98.3043)
Dossier: Parlamentarische Vorstösse zu Vaterschafts- oder Elternurlaub

Lediglich als Postulat überwies der Nationalrat eine Motion Teuscher (gp, BE), die den Bundesrat beauftragen wollte, ein Konzept für eine Informations- und Sensibilisierungskampagne auszuarbeiten, um partnerschaftliche Modelle sowohl bei der Familienarbeit und der Kinderbetreuung als auch bei der Erwerbsarbeit zu unterstützen. Gänzlich verworfen – und zwar mit 71 zu 26 Stimmen – wurde eine weitere Motion Teuscher, die eine Ergänzung von Art. 217 des Strafgesetzbuches (Vernachlässigung der Unterhaltspflichten) verlangte. Danach sollte säumigen Alimentenzahlern der Führerausweis entzogen werden können, bis sie ihren Verpflichtungen nachkommen. Der Bundesrat erklärte seinen Antrag auf Ablehnung damit, dass der Führerscheinentzug nicht als Strafe, sondern nur als Massnahme der kantonalen Verwaltungsbehörden verhängt werde, weshalb sich das Instrument im vorliegenden Fall nicht eigne.

partnerschaftliche Modelle säumigen Alimentenzahlern der Führerausweis entzogen

Kurz darauf doppelte die Eidg. Kommission für Familienfragen in einem Bericht über die Auswirkungen von Armut und Arbeitslosigkeit auf die Familien nach. Sie verlangte ein Recht für alle auf bezahlte Arbeit und die Einführung eines gesetzlich garantierten Mindestlohnes, der zumindest das Existenzminimum eines Haushaltes deckt.

Bericht über die Auswirkungen von Armut und Arbeitslosigkeit auf die Familien

Gegen das revidierte Scheidungsrecht wurde das Referendum ergriffen. Das Komitee ”Pro Ehe und Familie”, dem vor allem Mitglieder der Katholischen Volkspartei Schweiz angehören, begründete seinen Schritt damit, dass das neue Gesetz einen Angriff auf den Kern von Familie und Ehe darstelle. Ihm schloss sich, wenn auch aus ganz anderen Gründen, eine ”Trägerschaft Scheidungsrecht nein” an, die sich vornehmlich aus der ”Interessengemeinschaft geschiedener und getrennter Männer” rekrutierte: diese Gruppierung hatte sich vehement dafür eingesetzt, dass das gemeinsame Sorgerecht für die Kinder zur Regel werde und sah sich nun in ihren Erwartungen entäuscht. Trotz ihrer recht unterschiedlichen Standpunkte schlossen sich die beiden Trägerschaften Ende August zusammen; Rückhalt fanden sie bei der EDU und dem Neuen Rütlibund. Anfangs Oktober gab das Komitee die Unterschriftensammlung mangels Unterstützung auf. Da die Situation nun geklärt war, beschloss der Bundesrat, das neue Gesetz auf den 1.1.2000 in Kraft zu setzen.

Revision des Scheidungsrechts (4. Etappe der Familienrechtsrevision; BRG 95.079)

Im Grundsatz standen die FDP-Frauen der Einführung einer Mutterschaftsversicherung positiv gegenüber, allerdings bestand über die Frage der Finanzierung noch kein Konsens. Auch die Mehrheit der Fraktion machte die Schaffung einer Mutterschaftsversicherung von einer sauberen Finanzierungsgrundlage abhängig. Bezüglich Schwangerschaftsabbruch sprach sie sich mehrheitlich für die Straffreiheit und gegen die Zwangsberatung aus, da diese zu unerwünschter staatlicher Einflussnahme führe und der Selbstverantwortung der Frau nicht gerecht werde.

FDP-Frauen zur Einführung einer Mutterschaftsversicherung

Ausgehend von einer parlamentarische Initiative Haering Binder (sp, ZH) unterbreitete die Rechtskommission des Nationalrates eine Revision der Strafgesetzbestimmungen über den Schwangerschaftsabbruch. Gemäss der Mehrheit der Kommission sollte der Abbruch während der ersten 14 Wochen der Schwangerschaft auf Verlangen der Frau und unter Mitwirkung eines Arztes oder einer Ärztin möglich sein, nach dieser Frist nur noch nach den strengeren Massstäben der heutigen Regelung. Nach dem geltenden Recht braucht es zwei Ärzte oder Ärztinnen, die einen Abbruch für angezeigt halten, weil die Frau einen schweren körperlichen oder psychischen Schaden erlitte, wenn sie das Kind austrüge. Diese Liberalisierung ging dem Bundesrat zu weit. Er meinte, der Staat müsse darauf hinwirken, dass eine sorgfältige Güterabwägung zwischen den Rechten der Frau und dem Schutz des ungeborenen Lebens stattfindet. In seiner Stellungnahme votierte er für das im Vorjahr von den CVP-Frauen in die Diskussion gebrachte ”Schutzmodell mit Beratungspflicht".Nach einer Kaskade von Variantenabstimmungen befürwortete der Nationalrat den Vorschlag seiner Kommission für eine Fristenlösung in den ersten 14 Wochen der Schwangerschaft. Die Zürcher SP-Abgeordnete Haering Binder stellte in der vorgängigen Diskussion fest, dass nach den Erfahrungen im In- und Ausland Verbote keine Abbrüche verhindern, eine Liberalisierung sie aber auch nicht fördert. Nach ihrem Verständnis von Rechtssicherheit gehe es auch darum, die in der Schweiz entstandene Kluft zwischen dem landesweit geltenden restriktiven Recht und der in vielen Kantonen gelebten liberalen Rechtswirklichkeit zu schliessen. Der Staat habe nicht die Moral vorzuschreiben; er solle optimale Rahmenbedingungen schaffen, damit die schwangere Frau ohne Zwang in Eigenverantwortung entscheiden kann. Dazu gehöre selbstverständlich auch ein breites Beratungsangebot. Die Beratung müsse aber freiwillig sein, weil eine Verpflichtung nur wieder neue Abhängigkeiten schaffe. Unterstützt wurde sie von Vallender (AI) als Sprecherin der FDP-Fraktion.Ganz anderer Ansicht waren viele ihrer männlichen Kollegen aus dem rechtsbürgerlichen Lager, welche bei der heutigen Regelung bleiben wollten. Die extreme Gegenposition vertrat die von der SP zu den Grünen übergetretene Baslerin von Felten. Sie beantragte die ersatzlose Streichung aller Artikel zum Schwangerschaftsabbruch aus dem Strafrecht. Mit dem Votum ihres Parteipräsidenten Durrer (OW) plädierte die CVP für ihr Modell mit obligatorischer Beratungspflicht, doch wurde dieses schliesslich mit 106 zu 56 Stimmen abgelehnt. Der Kommissionsvorschlag passierte schliesslich mit 98 zu 73 Stimmen.Im Anschluss an diese Beratung hiess der Nationalrat eine Motion Engler (cvp, AR), welche einen Ausbau des Beratungsangebots zur Verringerung der Zahl der Abtreibungen verlangte, auf Antrag des Bundesrates, der auf die grundsätzliche Kantonskompetenz in diesem Bereich verwies, in der Postulatsform gut.

Änderung des Schweizerischen Strafgesetzbuchs (Schwangerschaftsabbruch, BRG 93.434)

In zweiter Lesung hielt der Nationalrat in diesen beiden zentralen Punkten ebenso hartnäckig fest wie vor ihm der Ständerat. Dem Verbot der kirchlichen vor der zivilen Trauung wurde diskussionslos zugestimmt. Bei der Dauer der Trennung, wenn eine einvernehmliche Scheidung nicht möglich ist, standen sich ein Mehrheitsantrag auf Festhalten und ein Minderheitsantrag Thanei (sp, ZH) auf Zustimmung zum Ständerat entgegen. Die Sprecherin der Kommission wies darauf hin, dass ein Drittel aller Ehescheidungsklagen nach einer sehr kurzen Ehedauer (zwischen null und fünf Jahren) eingereicht werde, weshalb bei einer strittigen Scheidung eine fünfjährige Trennungszeit als Voraussetzung unverhältnismässig lang erscheine; zudem sei anzunehmen, dass dort, wo kein Ehewille mehr bestehe, dieser sich auch nach längerer Trennungszeit nicht mehr einstelle. Dem hielt Thanei entgegen, dass sich in der Vernehmlassung sämtliche Frauenorganisationen für die fünfjährige Trennung ausgesprochen hätten. Als mögliche Gründe für die Verweigerung einer Scheidung und den nötigen Schutz dieser Haltung zumindest während einer gewissen Zeit erwähnte sie wirtschaftliche oder persönlich bedingte Zukunftsängste, religiöse oder fremdenpolizeiliche Bedenken. Die grosse Kammer beschloss mit 69 zu 62 Stimmen Festhalten an ihrem ersten Entscheid.

Revision des Scheidungsrechts (4. Etappe der Familienrechtsrevision; BRG 95.079)

Zum beinahen Stolperstein der Vorlage wurde schliesslich eine letzte Differenz bei einer Bestimmung, die in den Debatten an und für sich wenig zu reden gegeben hatte, die aber dennoch unbereinigt von einem Rat zum anderen geschoben worden war. Es ging um die Frage, ob die Konventionalscheidung ausgesprochen werden kann, wenn die Nebenfolgen noch nicht abschliessend geklärt sind. Der Ständerat wollte mit der möglichen zeitlichen Staffelung unsäglich langen Scheidungsverhandlungen den Wind aus den Segeln nehmen. Der Nationalrat beharrte darauf, dass zwischen Scheidung und Regelung der Nebenfolgen ein Junktim besteht. In dieser Frage kam die Einigungskonferenz zum Zuge, welche Zustimmung zum Nationalrat beantragte. Beide Kammern akzeptierten diesen Entscheid, worauf die Vorlage definitiv verabschiedet werden konnte.

Revision des Scheidungsrechts (4. Etappe der Familienrechtsrevision; BRG 95.079)

Bei der Beratung der Sozialziele in Art. 41 der neuen Bundesverfassung fügte der Nationalrat auf Antrag seiner Kommission bei Abs. 1 eine Litera c ein, welche besagt, dass Familien als Gemeinschaften von Erwachsenen und Kindern geschützt und gefördert werden. Ein Antrag Keller (sp, BS), der noch weiter gehen wollte und für Familien eine angemessene Unterstützung bezüglich der Kinderkosten verlangte, wurde mit 118 zu 61 Stimmen abgelehnt. Der expliziten Erwähnung der Familien stimmte der Ständerat diskussionslos zu.

Sozialziele in der revidierten Bundesverfassung (BRG 96.091)
Dossier: Totalrevision der Bundesverfassung 2/2: BRG 96.091 (1996 bis 2000)

Angesichts der Entschlossenheit des Nationalrates beantragte die Kommission des Ständerates dem Plenum in beiden Punkten Zustimmung zur Volkskammer. Im Fall des Verbots der kirchlichen vor der zivilrechtlichen Trauung erfolgte dies diskussionslos. Bei der Trennungszeit setzte eine Minderheit mit 18 zu14 Stimmen durch, dass im Sinn eines Kompromisses eine vierjährige Frist festgeschrieben wurde. Unter Hinweis auf den knappen Entscheid in der grossen Kammer plädierte auch Bundesrat Koller für diesen, wie er meinte, vernünftigen Mittelweg. Der Nationalrat schloss sich mit 101 zu 32 Stimmen der vierjährigen Trennungszeit an.

Revision des Scheidungsrechts (4. Etappe der Familienrechtsrevision; BRG 95.079)

Eine von einer stark religiös geprägten Gruppierung (”Schweizerische Hilfe für Mutter und Kind”) lancierte Volksinitiative ”Für Mutter und Kind – für den Schutz des ungeborenen Lebens und für die Hilfe an seine Mutter” möchte das Rad der Zeit um Jahrzehnte zurückdrehen. In der Verfassung soll festgeschrieben werden, dass eine Abtreibung nur noch dann erlaubt ist, wenn die Mutter sonst in akute Lebensgefahr gerät. Psychische Probleme – also auch etwa die Gefahr eines Suizids – dürften keine Rolle spielen, nur körperliche Erkrankungen. Selbst der Organisation ”Ja zum Leben”, die sich seit mehr als 20 Jahren gegen eine Fristenlösung einsetzt, gingen die Absichten und vor allem die Methoden des Initiativekomitees zu weit, weshalb sie sich davon distanzierte.

Volksinitiative für den Schutz des ungeborenen Lebens

Die kleine Kammer beharrte gegen den Willen von Bundesrat und Nationalrat bei den Bestimmungen über die Eheschliessung darauf, das bis anhin geltende Verbot der kirchlichen Trauung vor der zivilrechtlichen aus dem geltenden Recht zu kippen. Mit 20 zu 16 Stimmen setzte sich das von Rhinow (fdp, BL) und Schmid (cvp, AI) ins Feld geführte Argument durch, dass diese Bestimmung ein Relikt aus dem Kulturkampf sei und zudem Anwendungsprobleme in der Praxis stelle. Danioth (cvp, UR) und Koller plädierten vergeblich dafür, aus Gründen des Sozial- und Rechtsschutzes und angesichts der starken Unterstützung in der Vernehmlassung am Primat der Ziviltrauung festzuhalten.

Revision des Scheidungsrechts (4. Etappe der Familienrechtsrevision; BRG 95.079)

In der Märzsession behandelte der Ständerat die rund 40 Differenzen, die der Nationalrat geschaffen hatte. In zwei wesentlichen Punkten bestätigte er dabei seinen ursprünglichen Entscheid. Mit ausdrücklicher Zustimmung von Bundesrat Koller hielt er daran fest, dass ein Ehegatte erst dann auf Scheidung klagen kann, wenn das Paar mindestens fünf Jahre getrennt gelebt hat. Der Nationalrat hatte diese Wartefrist auf drei Jahre verkürzt. Kommissionssprecher Küchler (cvp, OW) erinnerte daran, dass fünf Jahre schon einen grossen Fortschritt gegenüber der bisherigen bundesgerichtlichen Praxis von 15 Jahren darstellen. Koller fügte hinzu, dass die Schweiz bei einer Verkürzung der Wartefrist auf drei Jahre das scheidungsfreundlichste Recht in ganz Europa hätte und im Gegenzug automatisch eine Härteklausel notwendig würde.

Ständerat Scheidung wenn das Paar mindestens fünf Jahre getrennt

Eine vom Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) in Auftrag gegebene Studie berechnete erstmals die indirekten Kinderkosten einer Familie (Lohnausfall des betreuenden Elternteils resp. hypothetische finanzielle Entschädigung für Haus- und Familienarbeit). Bei einem mittleren Erwerbseinkommen ergaben die Berechnungen einen Lohnausfall von rund 480 000 Fr. oder 25% des Familieneinkommens. Zusammen mit den direkten Ausgaben von rund 340 000 Fr. belaufen sich die geschätzten Kosten auf über 800 000 Fr. Bei zwei Kindern kam die Studie auf indirekte Kosten von 35% des Familieneinkommens und Gesamtkosten von knapp 1,2 Mio Fr. Rund ein Sechstel der Kosten werden den Eltern laut BSV über Familienzulagen und Steuerabzüge zurückerstattet.

Studie indirekten Kinderkosten

Der Bundesrat gab die Ratifikation des 1993 verabschiedeten Haager Adoptions-Übereinkommens und den dazugehörigen Entwurf für ein Bundesgesetz in die Vernehmlassung. Damit sollen Missbräuche bei der Adoption ausländischer Kinder verhindert und garantiert werden, dass internationale Adoptionen stets im Interesse des Kindes liegen und die dem Kind zustehenden Grundrechte respektiert werden. Verwirklicht werden sollen diese Ziele durch eine systematische Zusammenarbeit zwischen den Vertragsstaaten. Dabei teilen sich die Herkunfts- und Aufnahmestaaten vor allem in die Abklärung, ob Kind und Adoptiveltern für die Adoption geeignet sind. Zudem stellt das Übereinkommen die gegenseitige Anerkennung von Adoptionen sicher.

Haager Adoptions-Übereinkommens

Diskussionslos nahm der Nationalrat eine Motion des Ständerates an, welche den Bundesrat beauftragt, im Hinblick auf das Inkrafttretens des neuen Scheidungsrechts eine Broschüre über Eheschliessung und Eherecht zu verfassen. Diese soll den Heiratswilligen bei ihrer Anmeldung auf dem Zivilstandsamt unentgeltlich abgegeben werden.

Broschüre über Eheschliessung und Eherecht

Sehr kontrovers diskutiert wurde das gemeinsame Sorgerecht für die Kinder nach einer Scheidung. Bundesrat, Ständerat und eine bürgerliche Kommissionsminderheit vertraten die Auffassung, dass, wenn beide Eltern dies wollen und sie sich über die Betreuung und die finanzielle Unterstützung einigen können, sie das auch so sollen regeln können. Eine Kommissionsmehrheit wollte das gemeinsame Sorgerecht von der Bedingung abhängig machen, dass sich die Eltern schon vor der Scheidung in die Betreuung der Kinder teilten. Eine zweite Minderheit - in der sich so unterschiedliche Geister wie der Thurgauer SVP-Mann Baumann und die Basler SP-Frau von Felten trafen - wollten gar kein gemeinsames Sorgerecht, weil damit nur die Streitigkeiten über die Ehe hinaus fortgeführt würden. Noch einmal ganz anders sah es der Aargauer CVP-Vertreter Bircher: Für ihn sollte das gemeinsame Sorgerecht die Regel sein. Der Rat stimmte hier schliesslich seiner Kommissionsminderheit zu, wonach sich die Eltern ins Sorgerecht teilen können, allerdings nur, wenn sie ihre Streitigkeiten nicht vor Gericht austragen und diese Lösung dem Wohl des Kindes dient.

Ein weiterer Diskussionspunkt war die finanzielle Abgeltung der Frauen. Der Grundsatz der hälftigen Teilung der Pensionskassengelder war unbestritten. Auseinandersetzungen gab es aber in der Frage, wie lange dies auch nach der Scheidung gelten solle. Zahlreiche Minderheitsanträge vor allem von SP-Frauenseite verlangten, dass die Frau auch nach der Scheidung noch Anrecht auf die Hälfte der Pensionskassenguthaben haben soll, wenn sie wegen der Kinder nicht arbeitet - im Maximum so lange, bis das jüngste Kind erwachsen ist. Der Rat mochte dieser Argumentation nicht folgen und bestimmte, dass nur das während der Ehe angesparte Pensionskassenguthaben hälftig aufzuteilen ist. Verdient ein ex-Mann plötzlich mehr als vor der Scheidung, während die ex-Frau mit den Alimenten nicht auskommt, so sollte sie nach Meinung von Bundes- und Ständerat mehr verlangen können, allerdings nur in den ersten fünf Jahren nach der Scheidung. Die Mehrheit der Kommission wollte diese Frist streichen. Eine Minderheit wollte noch weiter gehen: Frauen sollten auch dann mehr verlangen können, wenn es ihnen plötzlich finanziell schlechter geht, der Mann aber nicht mehr verdient. In diesem Punkt setzte sich die Auffassung von Bundesrat und Ständerat durch.

Ausgerechnet bei der Frage der Mediation gingen die Emotionen hoch. Nach dem Ständerat lehnte auch der Nationalrat die Pflicht der Kantone zur Schaffung von Vermittlungsstellen in Scheidungsangelegenheiten ab. Den Mediatorinnen und Mediatoren fehle es zumeist am notwendigen juristischen Wissen, was sich leicht zum Nachteil der Schwächeren - und meist seien dies die Frauen - auswirken könne, befand Nabholz (fdp, ZH). Ganz anderer Meinung war Dormann (cvp, LU). Für sie bedeutete die Mediation das zweite Standbein des neuen Scheidungsrechtes. Es sei ein Angebot gerade auch für Personen mit eingeschränkten finanziellen Möglichkeiten. Zusammen mit Bundesrat Koller musste sie sich jedoch geschlagen geben.

Revision des Scheidungsrechts (4. Etappe der Familienrechtsrevision; BRG 95.079)

Der Nationalrat behandelte in seiner Wintersession in einer Monsterdebatte mit rund 40 Kommissionsanträgen und 45 Minderheitsanträgen die Vorlage. Dabei schuf er rund 30 Differenzen unterschiedlichen Gewichts zu den Beratungen im Ständerat. In den grossen Linien - Abkehr vom Verschuldensprinzip, Förderung einvernehmlicher Lösungen, bestmögliche Wahrung der Kinderinteressen und eine gerechte Regelung der wirtschaftlichen Folgen - übernahm er die Vorschläge des Bundesrates und die Beschlüsse des Ständerates. Gegen den Bundesrat folgte er aber auf Antrag einer Kommissionsminderheit dem Ständerat beim Verzicht auf eine zweite richterliche Anhörung der Scheidungswilligen nach der Bedenkzeit von zwei Monaten. Ganz auf die Bedenkfrist verzichten, wie dies Vallender (fdp, AR) anregte, wollte er aber auch nicht. Umgekehrt stimmte er dem Bundesrat beim Verbot der kirchlichen vor der zivilrechtlichen Trauung zu; dabei liess er sich von Argumenten der Rechtssicherheit und des Sozialschutzes leiten. Sowohl gegen Bundesrat wie Ständerat befand die grosse Kammer, drei Jahre Wartefrist für eine Scheidung, welche nur einer der Ehegatten wolle, sei genug. Der ursprüngliche, vom Ständerat genehmigte Vorschlag sah noch fünf Jahre vor.

Revision des Scheidungsrechts (4. Etappe der Familienrechtsrevision; BRG 95.079)

Die Homosexuellenorganisation «Pink Cross» und die «Lesbenorganisation Schweiz» verlangten eine ausdrückliche Erwähnung des Verbots der Diskriminierung von Schwulen und Lesben in Art. 7 Abs. 2 der revidierten Bundesverfassung, welcher festhält, dass niemand diskriminiert werden darf. In die vom Bundesrat vorgeschlagene beispielhafte Aufzählung der wichtigsten Diskriminierungsgründe (Herkunft, Geschlecht, Rasse, Sprache, soziale Stellung, religiöse, weltanschauliche oder politische Überzeugung sowie körperliche oder geistige Behinderung) soll nach Ansicht der Schwulen und Lesben auch die «sexuelle Orientierung» aufgenommen werden. 24 Organisationen, darunter die SP, der SGB und die Grünen hatten dieses Ansinnen in der Vernehmlassung unterstützt. Die parlamentarische Verfassungskommission des Ständerats lehnte diese Forderung ab, da der Schutz durch das allgemeine Diskrimierungsverbot gegeben sei. Diejenige des Nationalrats trat hingegen auf das Anliegen ein und nahm den – allerdings umfassenderen – Begriff «Lebensform» in die Liste auf.

Gleichstellung und Schutz vor Diskriminierung in der revidierten Bundesverfassung (BRG 96.091)
Dossier: Vorstösse für eine geschlechtergerechte Sprache in der Politik und Verwaltung
Dossier: Totalrevision der Bundesverfassung 2/2: BRG 96.091 (1996 bis 2000)

An einer Delegiertenversammlung in Luzern stellten die CVP-Frauen die von der Mutterpartei jahrzehntelang vertretene Ablehnung des Schwangerschaftsabbruchs radikal in Frage, indem sie sich mit 42 zu 4 Stimmen bei 6 Enthaltungen für eine Fristenregelung beim Schwangerschaftsabbruch von 14 Wochen und damit für die parlamentarische Initiative Haering Binder (sp, ZH) aussprachen.
Die CVP hatte sich bisher konsequent sogar gegen eine soziale Indikation gewehrt und im Schwerpunktprogramm von 1994 nur die medizinische und juristische Indikation verankert. Die CVP-Frauen kritisierten insbesondere die unterschiedliche Handhabung der Gesetzesbestimmungen in den einzelnen Kantonen und verlangten die Entkriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs. Gleichzeitig forderten sie, dass Verhütungsmittel leicht zugänglich und kassenpflichtig werden müssten.
Der Entscheid der innerhalb der Partei zu einer eigenständigen Kraft erstarkten CVP-Frauen stellte die Gesamtpartei vor eine Zerreissprobe. Sie vertagte die heikle Schwangerschaftsabbruch-Debatte auf eine ausserordentliche Delegiertenversammlung im August und setzte eine von der Solothurner Ständerätin Rosmarie Simmen präsidierte Arbeitsgruppe ein. Diese arbeitete zwei Modelle für einen straflosen Schwangerschaftsabbruch in den ersten zwölf Wochen aus: Während das «Schutzmodell mit Beratungspflicht» den Entscheid nach einer obligatorischen Beratung letztlich der Frau selbst überlassen wollte, hätte das «Indikationenmodell» Abtreibung nur bei einer medizinischen Notlage, nach einer Vergewaltigung oder bei Inzucht erlaubt, wobei eine Fachperson diesen Entscheid getroffen hätte.
Nachdem eine Mehrheit der CVP-Bundeshausfraktion das Indikationenmodell unterstützt hatte, entschieden sich die CVP-Delegierten im August mit 182 zu 91 Stimmen überraschend für das Schutzmodell. Die CVP-Frauen, deren oberstes Ziel es war, dass der Abtreibungsentscheid letztlich bei der Frau liegt, zeigten sich mit dem Kompromissvorschlag zufrieden. Im November war das CVP-Modell in der vorberatenden Kommission des Nationalrates dann allerdings chancenlos; diese sprach sich für den straflosen Schwangerschaftsabbruch in den ersten 14 Wochen aus. Damit ist die CVP weiterhin im Dilemma. Immerhin machte der Entscheid der CVP klar, dass sich die Partei weiter vom konservativ-katholischen Wählersegment löst und die konfessionelle und gesellschaftliche Öffnung, die sie nach den verlorenen Nationalratswahlen 95 ankündigte, ohne Rücksicht auf kurzfristige Wählerverluste auch umsetzen will.

Uneinigkeiten in der CVP beim Thema Fristenregelung beim Schwangerschaftsabruch

Ausgehend von der heutigen Rechtslage bestätigte das Bundesgericht einen Entscheid der Zürcher Behörden, wonach die Eltern nicht wählen können, welchen Nachnamen ihre Kinder tragen sollen. Laut geltendem Gesetz erhält das Kind verheirateter Eltern in jedem Fall deren Familiennamen, in der Regel also den Namen des Ehemannes (Art. 160 und 270 ZGB). Wenige Tage nach Veröffentlichung dieses Urteils beschloss die Rechtskommission des Nationalrates, dem Plenum vorzuschlagen, dass Heiratswillige inskünftig den gemeinsamen Familiennamen frei wählen oder ihren eigenen Namen weiterführen können; folgerichtig sollen die Kinder entweder den gemeinsamen Familiennamen oder den Namen der Mutter bzw. des Vaters tragen dürfen. Der Vorentwurf der Rechtskommission wurde in der Vernehmlassung insgesamt positiv aufgenommen.

Änderung des Namensrechts (Pa.Iv. 94.434)
Dossier: Gleichberechtigung von Frauen und Männern im Namensrecht

Schwule und Lesben verliehen ihrer Forderung nach einer vollen Gleichstellung ihrer Partnerschaft mit der Ehe Nachdruck. Sie leiteten dem EJPD zwei Gesetzesprojekte zu ihrem Anliegen zu. Der erste Vorschlag sieht eine Öffnung der Ehe für Schwule und Lesben vor, der zweite eine registrierte Partnerschaft mit grundsätzlich den gleichen Rechten und Pflichten wie in der Ehe.

Schwule und Lesben verliehen ihrer Forderung nach einer vollen Gleichstellung ihrer Partnerschaft mit der Ehe Nachdruck

Die SVP sprach sich gegen jede Form von Fristenlösung beim Schwangerschaftsabbruch aus. Nicht zuletzt dürfte sie dabei auch an die enttäuschten katholisch-konservativen bisherigen CVP-Wähler insbesondere in der Innerschweiz gedacht haben. Die SVP-Frauen, die sich im Verhältnis 3 zu 1 für die Fristenlösung ausgesprochen hatten, wurden innerhalb der Partei einmal mehr marginalisiert.

SVP gegen Fristenlösung bei Abtreibung

Dem SP-Vorstand ging der Vorschlag der Rechtskommission zu wenig weit. Auf Antrag der SP-Frauen verabschiedete er eine Resolution für einen straflosen Abbruch ohne Festsetzung einer Frist. Die eidgenössische Frauenkommission verlangte eine Fristenlösung von 16 statt 14 Wochen. Sie sprach sich zudem für die Straflosigkeit des Abbruchs auch nach dieser Frist aus. Die FDP unterstützte den Kommissionsvorschlag, die SVP zeigte sich vorerst in einen konservativen und einen liberalen Flügel gespalten; die Fraktion lehnte schliesslich die Fristenlösung ab, gleich wie die EVP, die zudem ankündigte, ein allfälliges Referendum unterstützen zu wollen.

Änderung des Schweizerischen Strafgesetzbuchs (Schwangerschaftsabbruch, BRG 93.434)