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In seiner Stellungnahme auf entsprechende parlamentarische Vorstösse von links-grüner Seite machte der Bundesrat klar, dass er auch nach den Vorkomnissen rund um die Veröffentlichung der Panama Papers nicht gedenke, zusätzliche Anstrengungen gegen Offshore-Konstrukte und gegen Briefkastenfirmen zu ergreifen. Die Regierung verwies stattdessen auf die bereits getroffenen Massnahmen in diesem Zusammenhang (Übernahme des Automatischen Informationsaustauschs) und plädierte für ein international abgestimmtes Vorgehen.

Panama Papers
Dossier: Panama Papers
Dossier: Paradise Papers

Ab Anfang April 2016 sorgte ein internationales Journalistenkonsortium mit der Veröffentlichung einer riesigen Datenmenge, die bei der panamaischen Anwaltskanzlei Mossack Fonseca entwendet und den Medien zugespielt worden war, weltweit für Aufsehen. Die sogenannten Panama Papers belegten, dass zahlreiche Politiker und ihnen nahestehende Personen, darunter der britische Premier Cameron, der isländische Premier Gunnlaugsson und ein Freund von Russlands Präsident Putin, an Briefkastenfirmen beteiligt waren. Des Weiteren wurden Offshore-Konstrukte offenbar dazu verwendet, Geld aus kriminellen Machenschaften zu waschen und vor dem Fiskus zu verstecken.
Aus Schweizer Sicht besonders brisant war die Tatsache, dass auch Banken und Anwaltskanzleien aus der Schweiz in die Konstruktion und den Unterhalt von Briefkastenfirmen in Panama involviert waren. Dies rief alsbald die Politik auf den Plan: Die Linke forderte die Finma dazu auf, die gegenwärtige Geldwäschereigesetzgebung zu überprüfen. Insbesondere wurde als stossend erachtet, dass Anwälte nur dann dem Geldwäschereigesetz unterstehen und zu entsprechendem Verhalten verpflichtet sind, wenn sie direkten Zugriff auf die Finanzströme ihrer Kunden haben, nicht aber, wenn es sich lediglich um eine beratende Tätigkeit handelt. Ebenfalls infrage gestellt wurde die Regelung, wonach sich Anwälte anstatt durch die Finma auch von Selbstregulierungsorganisationen kontrollieren lassen können. Hingegen äusserten sich Politiker von FDP und SVP dahingehend, dass die bestehenden Gesetze, sofern korrekt und konsequent angewendet, ausreichend seien.

Panama Papers
Dossier: Panama Papers
Dossier: Paradise Papers

Nach dem Scheitern des Abgeltungssteuerabkommens mit Deutschland war am Jahresende ungewiss, ob das Konzept der Abgeltungssteuer Zukunft haben würde. Zwar konnte mit verschiedenen Ländern ein Abgeltungssteuerabkommen geschlossen werden, andererseits schien sich abzuzeichnen, dass in Europa der Trend in Richtung eines automatischen Informationsaustauschs gehen würde, unter anderem weil das deutsche Parlament nicht von der Abgeltungssteuer überzeugt werden konnte. Zusätzlich stärkte die Umsetzung von FATCA in Luxemburg und Österreich – beide Länder blockierten die Einführung eines automatischen Informationsaustauschs in der EU – die Verhandlungsposition anderer EU-Länder, die den Informationsaustausch einführen wollten. Dies, weil die EU eine Meistbegünstigungsklausel kannte und FATCA faktisch zu einem Informationsaustausch führte. Am Jahresende äusserte sich Bundesrätin Widmer-Schlumpf dahingehend, dass eine Diskussion um den Informationsaustausch auch für die Schweiz kein Tabu sein dürfe. Dafür wurde sie von den Vertretern der bürgerlichen Parteien scharf kritisiert.

automatischen Informationsaustauschs
Dossier: Informationsaustausch - Steueramtshilfeverordnung (AIA)

Die absehbare Einführung der US-Regulierungen des Foreign Account Tax Compliance Act (FATCA) beschäftigte im Berichtsjahr weniger das Parlament als vielmehr die Schweizer Diplomatie. In seiner ursprünglichen Form sah FATCA für alle potenziell in den USA steuerpflichtigen Kunden eine Datenmeldung an die US-Steuerbehörde (IRS) durch die betreuenden Finanzintermediäre vor. Im Falle einer Nicht-Zustimmung zur Datenmeldung durch einen betroffenen Kunden sollten alle US-Zahlungen an diesen sogenannt „unkooperativen“ Kunden mit eine Quellsteuer von 30% belegt werden. Zusätzlich waren in diesem Fall die Einfrierung der betroffenen Kundengelder und die anschliessende Saldierung der entsprechenden Konti vorgesehen. Von der Meldepflicht ausgenommen werden sollten unter anderem Lokalbanken, deren Kunden zu mindestens 98% aus dem Inland stammten. Diese Institute wurden a priori als FATCA-konform angesehen. International stiess FATCA wegen seiner extraterritorialen Wirkung auf Kritik, vor allem weil die Regelung häufig im Konflikt mit den lokalen Rechtsordnungen stand. Zusätzlich bemängelten Finanzverbände die unverhältnismässig hohen Kosten der Umsetzung. Für die Schweiz war besonders stossend, dass kaum eine Lokalbank mindestens 98% Schweizer Kundenbeziehungen unterhielt, weil viele Banken Kunden im grenznahen Ausland betreuten. Derweil wurden den EU-Finanzinstituten die Bürger sämtlicher Mitgliedsstaaten als inländische Kunden angerechnet. Das bilaterale Abkommen zwischen der Schweiz und den USA, das Ende 2012 paraphiert wurde, sah für den Schweizer Finanzplatz verschiedene Erleichterungen bei der Umsetzung von FATCA vor. Unter anderem wurde die Meldungspflicht von potenziell in den USA steuerpflichtigen Personen auf 1.1.14 verschoben. Zusätzlich wurden Sozialversicherungen, Pensionskassen sowie Sach- und Schadenversicherungen von FATCA ausgenommen. Lokalbanken, deren Kunden zu mindestens 98% aus der Schweiz oder der EU stammten, wurden ebenfalls als a priori FATCA-konform angesehen, was einer faktische Ausnahme von der Meldepflicht entsprach und den befürchteten Wettbewerbsnachteil gegenüber Finanzintermediären aus dem EU-Raum abwendete. Im Gegenzug wurde den Schweizer Lokalbanken verboten, US-Kundengelder abzulehnen. Die wichtigste Regelung betraf jedoch die Datenlieferung an die USA, weil diese nach ursprünglichem Abkommen im Konflikt mit dem schweizerischen Bankkundengeheimnis gestanden hätte. Der Vertrag sah vor, dass Schweizer Finanzintermediäre direkt Kundeninformationen in die USA übermitteln sollten, falls der Kunde der Datenlieferung zustimmte. Andernfalls war, im Gegensatz zur erlassenen FATCA-Regelung, weder ein Quellsteuerabzug auf US-Wertschriften noch die Schliessung der betroffenen Kundenkonti vorgesehen. Allerdings verpflichteten sich die Finanzdienstleister in diesem Fall dazu, aggregierte Informationen zu den unkooperativen Kunden an die USA zu übermitteln, worauf diese ein Amtshilfegesuch an die Schweizer Behörden stellen konnten (Gruppenanfrage mit spezifischen Verhaltensmuster, in diesem Falle die Nicht-Zustimmung zur Offenlegung der Konti). Die Schweizer Behörden konnten darauf die Herausgabe der Kundeninformationen verfügen. Bundesrätin Widmer-Schlumpf anerkannte, dass die gefundene Lösung zwar formell keinem automatischen Informationsaustausch entsprach, faktisch diesem aber sehr nahe kam. Für die internationale Verhandlungsposition bezüglich des von der Schweiz gegenüber dem automatischen Informationsaustausch bevorzugten Abgeltungssteuerkonzepts war es offentsichtlich wichtig, formell keinem automatischen Informationsaustausch zuzustimmen. Dies scheint mit ein Grund zu sein, weshalb die Schweiz auf Reziprozität verzichtete, also von den USA keine Datenlieferungen zu in der Schweiz steuerpflichtigen Personen erhalten wollte. Mit dem FATCA-Vertrag setzen sich die eidgenössischen Räte ab 2013 auseinander.

Erleichterungen bei der Umsetzung von FATCA

Der zweite Bereich des US-Steuerstreits betraf die rund ein Dutzend in ein strafrechtliches Verfahren verwickelten Banken, die vornehmlich unbeobachtet von der Öffentlichkeit versuchten, ein individuelles Abkommen mit den US-Behörden abzuschliessen. Auf Druck der Amerikaner lieferten mindestens fünf Banken im Jahresverlauf Mitarbeiterdaten in die USA: Der Bundesrat hatte diese Handlung auf Basis von Artikel 271 StGB bewilligt. Die irritierten Bankmitarbeiter klagten darauf ihre Arbeitgeber wegen Verletzung der Fürsorgepflicht an, worauf diese die Verantwortung an den Bundesrat abschoben. Dieser hielt wiederum fest, dass seine Bewilligung zur Datenlieferung nur vor möglicher strafrechtlicher, jedoch nicht vor zivilrechtlicher Verfolgung befreiende Wirkung entfaltete. Tatsächlich enthielt die Bewilligung des Bundesrats den ausdrücklichen Hinweis auf die zivilrechtlichen Verpflichtungen der Banken aus ihren Arbeitsverhältnissen. Das Vorgehen des Bundesrats erntete trotzdem sowohl juristische als auch politische Kritik.

zivilrechtliche Aufbewahrungspflicht

Die USA verschärften ab Dezember 2011 den Druck auf den Schweizer Finanzplatz erneut. Sie forderten zusätzlich zu den bereits erhaltenen anonymisierten statistischen Angaben zu US-Kundenbeziehungen in der Schweiz unter anderem Informationen bezüglich Korrespondenz mit und über die US-Kunden und die Bezahlung einer Busse in der Grössenordnung von nun CHF 3 Mia. (Summe für den gesamten Finanzplatz). Abkommen dieser Form wurden elf Schweizer Banken individuell unterbreitet, womit sich die Krise von einer Globallösung (Vergangenheitsbewältigung für den gesamten Finanzplatz) wegbewegte. Die Erfüllung der Bedingungen hätte für das einzelne Institut Klagefreiheit bedeutet, nicht aber für den gesamten Finanzplatz.

USA verschärft Druck auf den Schweizer Finanzplatz erneut (2011)
Dossier: Too-big-to-fail (TBTF) nach der Finanzkrise 2008

Im Frühjahr 2011 lancierte Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf die Diskussion zur Übernahme der in absehbarer Zeit erneut überarbeiteten OECD-Standards für Amtshilfe in Steuersachen (OECD Musterabkommen für Doppelbesteuerungsabkommen), wonach Amtshilfe auch für Gruppenanfragen ohne spezifische Namensnennung und aufgrund von Verhaltensmustern möglich sein soll, sofern der Bank „aktives, schuldhaftes Verhalten“ angelastet werden kann. Bundesrätin Widmer-Schlumpf argumentierte, dass nach der ersten Anerkennung des OECD-Amtshilfestandards eine Nichtübernahme der angepassten Standards international kaum akzeptiert würde. Deshalb sprach sie sich für eine entsprechende Anpassung der in der Zwischenzeit abgeschlossenen DBA rückwirkend per Änderungsdatum (USA: September 2009) aus. Rechtsexperten wiesen darauf hin, dass das Bundesverwaltungsgericht in einem Urteil vom März 2009 Gruppenanfragen erlaubt habe, weshalb eine Anpassung des DBA rechtlich nicht nötig sei. Nach anderer Meinung wurde entsprechender Gerichtsbeschluss auf Basis des DBA mit den USA von 1996 gefällt, was nicht impliziere, dass Gruppenanfragen auch auf Basis des neuen DBA mit den USA von 2009 möglich sein würden. Der Bundesrat erachtete es aber, abgesehen von der rechtlichen Notwendigkeit, als angezeigt, dass Parlament über die Auslegeregelung befinden zu lassen, weil die neue Auslegung der bisher vom Bundesrat kommunizierten Position teilweise widerspräche.

OECD-Standards für Amtshilfe in Steuersachen

Der Staatsvertrag in Sachen DBA/UBS regelte zwar nur den Einzelfall UBS, sah aber im Sinne eines Präzedenzfalls Verhandlungen über ein ähnliches Abkommen vor, sollte eine weitere Unternehmung in vergleichbarem Ausmass („gleiches Handlungsmuster unter gleichen Umständen“) US-Recht gebrochen haben wie die UBS. Ein solches Abkommen hätte bei entsprechendem Abschluss ebenfalls rückwirkende Datenlieferung im Zusammenhang mit fortgesetzter, schwerer Steuerhinterziehung ausgelöst. Die USA nutzten diese Präzedenzwirkung um im Berichtsjahr Druck auf die ebenfalls systemrelevante Credit Suisse (CS) aufzubauen. Die US-Behörden beschuldigten die Bank, ähnlich wie die UBS gehandelt zu haben und forderten sie dazu auf, ebenfalls rückwirkend, Kundendaten zu liefern. Weil im Bundesbeschluss vom September 2010 betreffend rückwirkende Datenlieferungsoption nur der Einzelfall UBS erfasst war, hätte eine entsprechende Anwendung des genannten Passus erneut via Staatsvertrag und Absegnung durch das Parlament erfolgen müssen. Dies löste unter allen grossen Parteien starken Wiederstand aus, wenngleich anerkannt wurde, dass eine US-Strafklage gegen die CS ebenfalls existenzbedrohendes Ausmass annehmen würde. Der Bundesrat schloss einen neuerlichen Staatsvertrag mit rückwirkender Amtshilfe dezidiert aus, weil er das Verhalten der CS als ungleich weniger gravierend einstufte als jenes der UBS. Dabei äusserte er rechtsstaatliche Bedenken bezüglich der Rückwirkung. Genannter Passus konnte nur bis zur Erfüllung des UBS-Staatsvertrags angewendet werden, was zum Zeitpunkt der US-Drohungen schon fast vollständig der Fall war (vollständig spätestens ab September 2011). Weil der Bundesrat eine erneute Anwendung von Notrecht kategorisch ausschloss, schien es jedoch ungeachtet der Vorgeschichte möglich, dass die Schweiz erneut den Weg via Staatsvertrag nehmen musste, wenn entsprechender Druck aus den USA im Falle der CS stark und glaubwürdig ansteigen würde.

Druck auf die ebenfalls systemrelevante Credit Suisse (CS; 2011)
Dossier: Too-big-to-fail (TBTF) nach der Finanzkrise 2008

Die Unruhe rund um den Finanzplatz Schweiz belebte den Ratsbetrieb auch ausserhalb der Staatsvertragsfrage und des bundesrätlichen Ansinnens, das Parlament über den Planungsbeschluss in die Pflicht zu nehmen und der Finanzplatzdebatte eine strategische Richtung zu geben. Der bunte Strauss an Vorstössen, deren Beratung im Berichtsjahr noch ausstand, lässt sich thematisch zu vier Gruppen zusammenfassen. Zwei Vorlagen zielten erstens auf die Aufgaben der Finma als Aufsichts- und Regulierungsbehörde. Zur Senkung des von den grossen Finanzinstituten ausgehenden Systemrisikos wurden zweitens Massnahmen wie eine Vergütungsobergrenze für Kader von Banken, die staatliche Unterstützung erhielten, eine obligatorische Finanzrisikoversicherung für Banken und Versicherungen oder die Auferlegung der Kosten für Amtshilfeverfahren, wahlweise auf die verursachenden Firmen oder die verantwortlichen strategischen und operativen Kader vorgeschlagen. Unzufrieden mit den bisher ergriffenen Massnahmen zur Stabilisierung des Finanzplatzes (Doppelbesteuerungsabkommen nach OECD-Standard in der Form einer Abgeltungssteuer), lancierte das linke Lager drittens diverse Vorstösse, über die der Bund zu einer sogenannten Weissgeld- oder Qualitätsstrategie und damit zur Abkehr vom fiskalischen Bankgeheimnis verpflichtet werden sollte. Aus der SVP-Fraktion schliesslich stammten Motionen, welche die Angriffe auf das Bankgeheimnis über eine enge Auslegung der völkerrechtlichen Verpflichtungen der Schweiz oder mit der Androhung von Wirtschaftssanktionen zu parieren suchen.

Diverse Vorstösse rund um den Finanzplatz Schweiz (2010)
Dossier: Bankgeheimnis
Dossier: Too-big-to-fail (TBTF) nach der Finanzkrise 2008

Die Reaktionen der politischen Parteien fielen unterschiedlich aus. Die SP begrüsste den Schritt des Bundesrates als längst überfällig und sprach sich für eine Ausdehnung auch auf inländische Bankkunden aus. Auf der anderen Seite warf die SVP der Landesregierung Verrat an den Bankkunden und Kapitulation vor einer ausländischen Erpressung vor. FDP und CVP rieten dazu, zuerst die Umsetzung in neuen Doppelbesteuerungsabkommen und die konkreten Auswirkungen abzuwarten. Sowohl der Wirtschaftsdachverband Economiesuisse als auch die Bankiervereinigung stellten sich hinter den Bundesrat.

OECD-Standards

Am 13. März beschloss der Bundesrat seine neue Strategie zur Bewältigung der Krise im Zusammenhang mit den fortgesetzten Angriffen aus dem Ausland auf das schweizerische Bankgeheimnis. Demnach werde sich die Schweiz vorbehaltlos an die OECD-Standards (konkret ging es um Art. 26 des Musterabkommens der OECD für Doppelbesteuerungsabkommen) halten und in Zukunft auch in Fällen von qualifizierter Steuerhinterziehung von im Ausland wohnenden Personen mit schweizerischen Bankkonten Amtshilfe leisten. Zuvor waren bereits Belgien, Liechtenstein und andere wegen ihres Bankgeheimnisses unter Druck geratene Staaten auf diese Linie eingeschwenkt; Luxemburg und Österreich taten diesen Schritt gleichzeitig mit der Schweiz. Diese Lockerung gelte gemäss Bundesrat allerdings nur für konkrete, mit einem Verdacht belastete Einzelfälle und nicht für „fishing expeditions“ ausländischer Steuerbehörden. Entsprechende Doppelbesteuerungsabkommen würden in den nächsten Monaten ausgehandelt. Ein automatischer Informationsaustausch mit ausländischen Steuerbehörden komme hingegen nicht in Frage und für im Inland wohnende Bankkunden bleibe das Bankgeheimnis bei Steuerhinterziehung weiterhin in Kraft.

OECD-Standards

Unter besonderen Druck geriet die schweizerische Grossbank UBS in den USA. Dort hatte Ende 2007 ein Immobilienmakler im Rahmen einer Untersuchung der US-Steuerbehörde IRS zugegeben, mit Hilfe von Angestellten der UBS Hunderte von Millionen Dollar vor den Steuerbehörden versteckt zu haben. Im Rahmen der Abklärungen gegen die UBS verhafteten die amerikanischen Behörden einen aktuellen und einen früheren UBS-Mitarbeiter. Letzterer trat als Kronzeuge auf und gab den Behörden ausführlich Auskunft über die Mittel, mit welchen UBS-Angestellte amerikanische Kunden bei der Steuerhinterziehung und -umgehung unterstützt hatten. Nach diplomatischen Bemühungen der Schweiz, welche befürchtete, dass die UBS unter dem Druck einer Lizenzverweigerung die Kundenbeziehungen offen legen könnte und damit gegen schweizerisches Recht verstossen würde, reichten die US-Behörden bei der Schweiz ein ordentliches Rechtshilfegesuch ein. Das Tempo, das die Schweiz bei der Behandlung dieses Gesuchs anschlug, erschien den Amerikanern jedoch als zu zögerlich. Ende 2008 verlangten sie ultimativ den Abschluss dieses Rechtshilfeverfahrens bis Anfang 2009.

Untersuchung der US-Steuerbehörde IRS

Die Bankiervereinigung reagierte negativ auf die Ende 2003 von den bürgerlichen Abgeordneten der beiden Parlamentskammern praktisch einstimmig gutgeheissenen Vorstösse für die Verankerung des Bankgeheimnisses in der Bundesverfassung. Eine solche zusätzliche rechtliche Absicherung erachtete sie als überflüssig. Zudem wäre es ihrer Ansicht nach für den Ruf des schweizerischen Finanzplatzes wenig nützlich, darüber einen Abstimmungskampf durchzuführen und der Linken eine breite und international gut beachtete Plattform für ihre Kritik an den schweizerischen Banken und dem Bankgeheimnis zu geben.

Bankkundengeheimnis
Dossier: Bankgeheimnis

Im Ständerat war Eintreten ebenfalls unbestritten. Sämtliche Redner betonten die innen– und aussenpolitische Notwendigkeit einer gründlichen Aufklärung auch der negativen Aspekte der schweizerischen Politik im 2. Weltkrieg. Einige Sprecher nutzten die Gelegenheit, um darauf hinzuweisen, dass die oft diffamierenden Attacken gegen die Schweiz wohl weniger massiv ausgefallen wären, wenn diese besser in internationale Organisationen (namentlich UNO und EU) integriert wäre (so etwa die CVP–Vertreter Cottier (FR) und Gemperli (SG)). Der Rat stimmte dem Beschluss ebenfalls einstimmig zu, nahm in der Detailberatung aber einige Änderungen vor. Die wichtigste betraf die Anonymisierung von Personendaten im Bericht, wenn überwiegende Interessen lebender Personen betroffen sind. Auf Antrag der Kommissionsmehrheit beschloss der Rat, dass der Entscheid des Bundesrates über die Anonymisierung vor einem Richter einklagbar sein müsse, wie es Art. 6 der Menschenrechtskonvention verlangt. Für den Nationalrat war diese Argumentation jedoch nicht überzeugend, da es ja nicht um eine rechtliche Untersuchung gehe, sondern um einen historischen Bericht. Er befürchtete insbesondere, dass mit diesem ausgebauten Persönlichkeitsschutz versucht werden könnte, die Veröffentlichung des Berichtes mit Gerichtsverfahren ungebührlich in die Länge zu ziehen. Aus dem gleichem Grund fügte er auch noch die explizite Bestimmung ein, dass das Bundesgesetz über den Datenschutz – welches Betroffenen unter Umständen ein Einsichtsrecht vor der Publikation hätte einräumen können – nicht anwendbar ist. Diese Entscheide wurden schliesslich auch von der kleinen Kammer übernommen. Der Beschluss wurde für dringlich erklärt und am 13. Dezember von beiden Räten einstimmig verabschiedet. Am 19. Dezember ernannte der Bundesrat die von Jean-François Bergier geleitete neunköpfige internationale Expertenkommission (5 Schweizer, 4 Ausländer), welche acht Historiker und einen Juristen umfasst.

Aufklärung über allfällige Vermögenswerte von Nazi–Opfern auf Schweizerbanken (Mo. 95.3257)
Dossier: Nachrichtenlose Konten von Naziopfern auf Schweizer Banken

Im April tauchte erstmals die Idee eines Fonds auf. Vertreten wurde sie von dem auf die Erforschung der Geschichte der Juden in der Schweiz spezialisierten Berner Historiker Jacques Picard. Er begründete seinen Vorschlag damit, dass es nach mehr als 50 Jahren unmöglich sein werde, alle individuellen Ansprüche befriedigend abzuklären. Deshalb solle zusätzlich auch ein substantieller Kollektivfonds eingerichtet werden, aus dem arme jüdische Gemeinden in Osteuropa, bedürftige Nachkommen von Holocaust-Opfern, aber auch Erinnerungsstätten und Forschungsinstitute zum Antisemitismus unterstützt werden könnten. Später nahm der Schweizerische Israelitische Gemeindebund diese Idee auf und präzisierte, dass diese Stiftung einerseits aus definitiv erbenlosen nachrichtenlosen Vermögen und andererseits aus den Gewinnen, welche die Nationalbank aus dem Goldgeschäft mit den Nazis erzielt hatte, gespiesen werden sollte. Im November forderte der englische Labour–Abgeordnete Granville Janner – der ebenfalls eine jüdische Organisation vertritt – die Schweiz auf, nicht bis zum Vorliegen des Berichts der Historikerkommission zuzuwarten, sondern als Zeichen der Wiedergutmachung rasch einen Fonds zur Entschädigung von Nazi–Opfern einzurichten. Am Rande eines Hearings vor dem Bankenausschuss des amerikanischen Repräsentantenhauses im Dezember tauchte die Idee eines Fonds – wie bei Janner mit dem spezifischen Zweck der Entschädigung von Holocaust–Opfern – erneut auf. Der Vorsitzende des WJC, Edgar Bronfman, und Senator D'Amato regten an, dass die Schweiz mit der Einrichtung eines solchen Fonds ein Zeichen für ihren guten Willen setzen könnte. In Gesprächen angetönt wurde dabei eine Summe von USD 250 Mio. Ein Postulat der freisinnigen Nationalrätin Nabholz (ZH) nahm die Idee eines Fonds auf und schlug vor, ihn aus den nicht beanspruchten nachrichtenlosen Vermögen zu bilden. Der Bundesrat gab bekannt, dass er – zumindest in naher Zukunft – auf diese Forderung nicht eintreten wolle und es für besser halte, zuerst Forschungsergebnisse der eingesetzten Expertenkommission abzuwarten. Bundespräsident Delamuraz bestätigte diese Haltung in einem Zeitungsinterview zum Jahresende und bezeichnete die diesbezüglichen Forderungen der amerikanischen jüdischen Organisationen als Erpressung und Lösegeldforderung.

Aufklärung über allfällige Vermögenswerte von Nazi–Opfern auf Schweizerbanken (Mo. 95.3257)
Dossier: Nachrichtenlose Konten von Naziopfern auf Schweizer Banken

Die Entwicklungshilfeorganisation «Erklärung von Bern» kritisierte den Vorschlag als ungenügend. Insbesondere bemängelte sie, dass die Gewährung von Rechtshilfe auch in Zukunft an die Strafbarkeit eines Verhaltens in der Schweiz gebunden ist; damit bleiben Steuerhinterziehung (nicht aber Steuerbetrug) und Verstösse gegen nationale Kapitalexportrestriktionen ausgeklammert. Kritik kam aber auch von den Untersuchungsbehörden, welche befürchteten, dass die neue Prozedur immer noch zu langsam für eine effektive Verbrechensbekämpfung sein werde. Der Staatsanwalt des Kantons Genf forderte, zumindest für die Auslieferung von Bankauszügen und anderen Dokumenten sämtliche Einsprachemöglichkeiten abzuschaffen.

Revision des Rechtshilfegesetzes (BRG 95.024)

Den Banken werden von einem Teil der Öffentlichkeit nicht nur ihre geschäftlichen Beziehungen zu einzelnen korrupten Staatsoberhäuptern, sondern generell zu Entwicklungsländern und Diktaturen vorgeworfen. Kritisiert wurden namentlich die Verbindungen der Grossbanken zu der von immer mehr Staaten und Privatfirmen wegen ihrer Rassenpolitik boykottierten Republik Südafrika. Vorsprachen hoher kirchlicher Amtsträger und die Gründung eines oppositionellen Aktionärskomitees bei der besonders involvierten SBG änderten nichts an der Haltung der Banken, die Geschäfte im bisherigen Rahmen weiterführen zu wollen.

La Suisse ne reprend pas les sanctions économiques contre l'Afrique du Sud
Dossier: Von der Schweiz ergriffene Sanktionen gegen andere Staaten

Ein herausragendes bankenpolitisches Thema bildete 1983 die Auseinandersetzung um das schweizerische Bankgeheimnis. Von der politischen Linken wurde betont, die besondere Ausgestaltung des Bankgeheimnisses begünstige die Steuerhinterziehung und wirke als Magnet für ausländisches Fluchtgeld. Die Lockerung des Bankgeheimnisses gegenüber den Steuerbehörden und die Verbesserung der internationalen Rechtshilfe in Steuersachen sind wesentliche Punkte der von der SPS 1979 eingereichten Bankeninitiative. Nach dem negativen Entscheid des Bundesrates vom Vorjahr verwarf nun auch das eidgenössische Parlament die Volksinitiative, ohne ihr einen Gegenvorschlag gegenüberzustellen. Neben den Sozialdemokraten setzte sich nur gerade die PdA/PSA/POCH-Fraktion für das Begehren ein. Als Hauptargumente der Gegner dienten einerseits der Schutz der Persönlichkeitssphäre in Vermögensangelegenheiten und andererseits der Wunsch, die Banken als wichtige Quelle des Wohlstandes der Schweiz in ihrer Handlungsfreiheit nicht zu sehr einzuschränken. Die bürgerlichen Sprecher unterstrichen das Vorhandensein von Mechanismen zur Selbstkontrolle der Banken bei der Entgegennahme von Fremdgeldern; eine zentrale Rolle spiele dabei die Vereinbarung über die Sorgfaltspflicht. Ein Vertreter der LdU/EVP-Fraktion stufte das Volksbegehren als Attacke gegen die liberale Wirtschaftsordnung ein. Votanten der SPS hoben hervor, dass die Initiative sich nicht gegen die Banken richte; deren Tätigkeit müsse aber ethischen und moralischen Kriterien standhalten. Die ungehemmte Annahme von «schmutzigen Geldern» habe das Ansehen der Schweiz im Ausland geschädigt.

Initiative «gegen den Missbrauch des Bankgeheimnisses und der Bankenmacht»
Dossier: Bankgeheimnis