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In der Wintersession 2022 erledigte der Ständerat die Motion Regazzi (mitte, TI), die forderte, dass Terroristinnen und Terroristen in ihre Herkunftsländer ausgewiesen werden, unabhängig davon, ob diese als sicher gelten oder nicht. Die SPK-SR hatte ihrem Rat einstimmig beantragt, es dem Nationalrat gleichzutun und den Vorstoss abzuschreiben, was dieser stillschweigend tat. Im Ratsplenum dankte Kommissionssprecher Hans Stöckli (sp, BE) dem Bundesrat für die «sehr gute Botschaft», in der die Regierung dargelegt hatte, weshalb die Motion rechtlich nicht umsetzbar sei. Die Kommission teile die Meinung des Bundesrates vollumfänglich – sie hatte schon 2019 vergeblich für deren Ablehnung plädiert. Das Non-Refoulement-Gebot sei Teil des zwingenden Völkerrechts, von dessen Verpflichtungen sich die Schweiz nicht etwa durch Kündigung von Verträgen befreien könne. Damit sei der Widerspruch zum Anliegen der Motion «unüberbrückbar», erläuterte Stöckli.

Ausweisung von Terroristinnen und Terroristen in ihre Herkunftsländer, unabhängig davon, ob sie als sicher gelten oder nicht (Mo. 16.3982)

Im Dezember 2022 veröffentlichte das Bundesamt für Justiz einen Bericht zum Verbot von nationalsozialistischen, rassistischen, gewaltverherrlichenden und extremistischen Symbolen. Bundesrätin Karin Keller-Sutter hatte den Bericht in Reaktion auf mehrere eingereichte Vorstösse zum Thema (Mo. 21.4354, Pa.Iv. 21.524, Pa.Iv. 21.525) anfertigen lassen. Gemäss der aktuellen Rechtslage könne eine öffentliche Verwendung solcher Symbole von der Antirassismus-Strafnorm in Artikel 261bis StGB erfasst werden. Straflos sei die Verwendung nur, wenn die Symbole ohne Propagandaabsicht – die Absicht, andere Personen von dieser Ideologie überzeugen zu wollen –, in nicht gegen die Menschenwürde verstossender Weise und ohne Diskriminierungs- oder Herabsetzungsabsicht gezeigt würden. Es bestehe diesbezüglich ein weiter Ermessensspielraum, konstatierte das BJ. Im Bericht zeigte das Bundesamt verschiedene Möglichkeiten auf, wie ein weitergehendes Verbot auf Bundes- oder kantonaler Ebene verankert werden könnte. Neben einer Erweiterung von Artikel 261bis StGB um ein explizites Verbot der Verwendung nationalsozialistischer und rassistischer Symbole wäre auch die Schaffung eines neuen Spezialgesetzes denkbar. Dies erlaubte eine spezifischere Regelung und die Ahndung von Verstössen im Ordnungsbussenverfahren. Für eine weniger straf- sondern mehr präventionsfokussierte Lösung sah das BJ eine Verankerung im kantonalen Polizeirecht als gangbaren Weg. Ungeachtet der gewählten Variante stelle die Formulierung des Verbots eine Herausforderung dar, so die Schlussfolgerung des Berichts: Das Verbot müsse einerseits bestimmt genug formuliert sein, damit die Bevölkerung weiss, was verboten und was erlaubt ist. Bereits eine Klassifizierung in verbotene und erlaubte Symbole erweise sich allerdings als schwierig, da manche von Extremistinnen und Extremisten verwendete Symbole – etwa Buchstaben- und Zahlenkombinationen – je nach Zusammenhang eine extremistische oder eine alltägliche Bedeutung haben könnten. Weiter müsste die Verwendung zu wissenschaftlichen, schulischen, künstlerischen oder journalistischen Zwecken geregelt werden. Andererseits müsste die Verbotsnorm offen genug formuliert sein, damit die Gerichte die Aktualität und den Kontext des Einzelfalls berücksichtigen können.
In einer Medienmitteilung, aus der etwa die Aargauer Zeitung zitierte, betonten die beiden jüdischen Dachverbände SIG und PLJS, dass in dieser Frage dringender Handlungsbedarf bestehe. Das geltende Recht habe Lücken, die gezielt ausgenutzt würden. Sie forderten Bundesrat und Parlament auf, rasch ein Verbot von nationalsozialistischen Symbolen umzusetzen, denn bei der Verwendung dieser Symbole dürfe es keinen Graubereich mehr geben.

Bericht zum Verbot von nationalsozialistischen und rassistischen Symbolen
Dossier: Verbot der öffentlichen Verwendung von nationalsozialistischen Symbolen

In der Wintersession 2022 gelangte die parlamentarische Initiative Molina (sp, ZH) betreffend die Verbesserung des Abwehrdispositivs gegen Potentatengelder ins Plenum des Nationalrats. Die Mehrheit der vorberatenden RK-NR beantragte, der Initiative keine Folge zu geben. Gemäss Kommissionssprecher Yves Nidegger (svp, GE) befürchtete sie einen Widerspruch der Forderung zur grundrechtlichen Eigentumsgarantie. Der Vorstoss schaffe zudem eine generelle Korruptionsvermutung gegenüber Personen, die aus einem Land stammten, welches unter Korruption leide oder dessen Rechtsstaat in den Augen der Schweiz ungenügend ausgebaut sei. Eine Minderheit Dandrès (sp, GE) beantragte, der Initiative Folge zu geben. Aufgrund ihrer Stellung im internationalen Finanzplatz sehe sich die Schweiz dem grossen Risiko ausgesetzt, zum sicheren Hafen für Gelder von Potentaten oder diktatorischen Regimen zu werden. Die präventive Blockierung von Gütern oder Vermögenswerten aus illegalem Handel oder Korruption reduziere dieses geopolitische Risiko, so Dandrès. Ausserhalb der sozialdemokratischen, der grünen und der grünliberalen Fraktionen überzeugten diese Argumente allerdings nicht; der Nationalrat gab der parlamentarischen Initiative mit 108 zu 81 Stimmen bei einer Enthaltung keine Folge.

Améliorer le dispositif de lutte contre les avoirs de potentats (In. Pa. 21.523)

Der Nationalrat befasste sich in der Wintersession 2022 mit fünf gleichlautenden parlamentarischen Initiativen mit dem Titel «Recht auf gesunde Umwelt und Rechte der Natur» von Vertreterinnen und Vertretern der Grünen-, der GLP-, der FDP.Liberalen-, der SP- sowie der Mitte-Fraktion. Marionna Schlatter (gp, ZH) und Jon Pult (sp, GR) erläuterten den Initiativtext und setzten sich dafür ein, dass in der Bundesverfassung ein Grundrecht auf eine gesunde Umwelt festgeschrieben wird. Zudem solle in der BV auch eine Grundlage dafür geschaffen werde, dass die Natur zumindest teilweise eine Rechtspersönlichkeit erhält. Nur dadurch könne der ungenügende Schutz der Natur justiziabel gemacht werden. Anschliessend empfahl Yves Nidegger (svp, GE) im Namen der Mehrheit der RK-NR, den fünf Initiativen keine Folge zu geben. Zum einen sei die Bestimmung des Rechts auf eine gesunde Umwelt zu unbestimmt, um dieses zu einem Verfassungsrecht zu erklären. Zum anderen sei die Forderung, die Natur zum Rechtssubjekt zu machen, in der Schweizer Rechtsordnung nicht vorgesehen, denn einem Rechtssubjekt stünden gemäss der hiesigen Rechtsordnung nicht nur Rechte zu, sondern oblägen auch gewisse Pflichten, die man der Natur nicht auferlegen könne. In der Abstimmung sprachen sich 87 Mitglieder des Nationalrates für Folgegeben aus, 101 votierten dagegen und 1 Person enthielt sich der Stimme. Gegen Folgegeben stimmten die geschlossen stimmende SVP-Fraktion sowie die fast geschlossen stimmenden Fraktionen der FDP.Liberalen und der Mitte. Die fünf parlamentarischen Initiativen sind damit erledigt.

Fünf gleichlautende parlamentarische Initiativen mit dem Titel "Recht auf gesunde Umwelt und Rechte der Natur"

Mit 145 zu 33 Stimmen bei 2 Enthaltungen überwies der Nationalrat in der Wintersession 2022 die Motion der RK-SR für einen verbesserten Nationalen Aktionsplan gegen Menschenhandel. Eine Minderheit Addor (svp, VS) hatte die Ablehnung der Motion beantragt, weil sich die vorberatende RK-NR dagegen ausgesprochen hatte, die Motion dahingehend auszuweiten, dass sich der neue NAP zusätzlich auch der illegalen Schleusung von Migrantinnen und Migranten widmen sollte. Wie Bundesrätin Karin Keller-Sutter erklärte, sei der neue NAP zwischenzeitlich fertig erarbeitet und vom EJPD, der KKJPD und der SODK genehmigt worden. Er befinde sich bei Bund, Kantonen und Gemeinden bereits in Umsetzung, woran auch eine Ablehnung der Motion nichts mehr ändern würde.

Verbesserter Nationaler Aktionsplan gegen Menschenhandel (Mo. 22.3369)

Verglichen mit der Intensität der öffentlichen Debatte, die die Abstimmung zur sogenannten Burka-Initiative begleitet hatte, fiel das Echo in der Vernehmlassung zur gesetzlichen Umsetzung des in der Verfassung verankerten Gesichtsverhüllungsverbots eher bescheiden aus. Von den insgesamt 55 Stellung nehmenden Kantonen, Parteien, Organisationen und Privatpersonen äusserten sich nur 8 grundsätzlich ablehnend, darunter der Kanton Genf, die Grüne Partei, Amnesty International, die EKR, Les Foulards Violets und Operation Libero. Demgegenüber bekundeten 39 Teilnehmende grundsätzliche Zustimmung zum Vorentwurf. Dazu zählten neben den anderen 25 Kantonen etwa die EDU, die FDP, die SP und die SVP sowie GastroSuisse, die FIDS und der SIG – und damit auch Akteure, die sich im Abstimmungskampf zur Volksinitiative dezidiert gegen das Verhüllungsverbot eingesetzt hatten. In den befürwortenden Stellungnahmen wurde vor allem die schweizweit einheitliche Umsetzung gelobt. Von der Gegenseite wurde die Umsetzung auf Bundesebene hingegen kritisiert. Gegenstand von Kritik waren auch die Ausnahmebestimmungen, die Verankerung im Strafgesetzbuch und die Höhe der vorgesehenen Bussen.
In seiner Botschaft vom Oktober 2022 berücksichtigte der Bundesrat einige Kritikpunkte aus der Vernehmlassung. So legte er dem Parlament statt der Änderung des Strafgesetzbuches nun ein neues, eigenständiges Bundesgesetz über das Verbot der Verhüllung des Gesichts (BVVG) vor. Damit werde deutlich, dass beim Gesichtsverhüllungsverbot die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Vordergrund stehe, nicht die Bestrafung, erklärte die Regierung. Widerhandlungen gegen das Verhüllungsverbot sollen, um den Aufwand für die Kantone gering zu halten, im Ordnungsbussenverfahren geahndet werden können, die maximale Busse soll CHF 1000 betragen. Im Vorentwurf waren noch Bussen bis CHF 10'000 vorgesehen gewesen, was als unverhältnismässig kritisiert worden war. Damit die Verhüllung an politischen Manifestationen zulässig ist – mit der Formulierung im Vorentwurf hatte sich der Bundesrat den Vorwurf eingehandelt, vermummte Chaoten zu schützen –, soll die zuständige Behörde diese im Voraus bewilligen müssen. In der Medienmitteilung betonte die Regierung jedoch erneut, dass Gesichtsverhüllungen im öffentlichen Raum zulässig sein sollen, wenn sie in Ausübung von Grundrechten, namentlich der Meinungs- und der Versammlungsfreiheit, zum eigenen Schutz notwendig sind. Unverändert aus dem Vorentwurf übernahm der Bundesrat die Ausnahmen aus Gründen der Gesundheit, der Sicherheit, der klimatischen Bedingungen, des einheimischen Brauchtums, für künstlerische und unterhaltende Darbietungen sowie zu Werbezwecken.

Bundesgesetz über das Gesichtsverhüllungsverbot (BRG 22.065)
Dossier: Nationales Burkaverbot

Die parlamentarische Initiative 20.504 zur Strafbarkeit von Folter habe ihn, so erklärte Ständerat Mathias Zopfi (gp, GL) seine Beweggründe im Ständeratsplenum, zur Feststellung veranlasst, dass die darin aufgezeigte Strafbarkeitslücke nicht nur die Folter betreffe: Auch andere vorsätzliche Verstösse gegen Bestimmungen des zwingenden Völkerrechts – beispielsweise Sklaverei oder illegale Rückschiebungen – könnten im geltenden Recht nur geahndet werden, wenn sie im Zusammenhang eines bewaffneten Konflikts stehen. Ein Straftatbestand für Verstösse gegen zwingendes Völkerrecht ohne Zusammenhang mit einem bewaffneten Konflikt fehle in der Schweizer Rechtsordnung allerdings. Mit einem Postulat forderte Zopfi den Bundesrat daher auf zu prüfen, ob diese Strafbarkeitslücken tatsächlich bestehen, und darzulegen, wie sie allenfalls durch Anpassungen im Strafrecht geschlossen werden könnten. Der Bundesrat beantragte das Postulat zur Annahme, obgleich er keine solchen Strafbarkeitslücken erkenne, wie er in seiner Stellungnahme ausführte. Verbrechen gegen die Menschlichkeit seien nicht nur im Kontext eines bewaffneten Konflikts, sondern auch im Rahmen eines ausgedehnten und systematischen Angriffs gegen die Zivilbevölkerung strafbar. Ausserdem richte sich das zwingende Völkerrecht nicht in erster Linie an Individuen, sondern an Staaten. Dennoch erklärte sich die Regierung bereit, die aufgeworfenen Fragen zu prüfen, damit sichergestellt sei, dass das schweizerische Strafrecht «eine effektive Umsetzung des geltenden Völkerrechts» erlaube. In der Herbstsession 2022 überwies der Ständerat das Postulat stillschweigend.

Strafbarkeit von vorsätzlichen Verstössen gegen zwingendes Völkerrecht (Po. 22.3857)

Mit 30 zu 8 Stimmen nahm der Ständerat in der Herbstsession 2022 eine Motion Sommaruga (sp, GE) an, die verlangte, das Verbrechen der Aggression ins Schweizer Recht zu übernehmen. Seit der Anpassung des Römer Statuts auf der Revisionskonferenz in Kampala 2010, die auch von der Schweiz ratifiziert wurde, verfügt der Internationale Strafgerichtshof über die Zuständigkeit für die Verfolgung von Verbrechen der Aggression. Im Gegensatz zu den anderen im Römer Statut definierten Verbrechen – es sind dies Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen – gebe es in der Schweiz aber nach wie vor keine innerstaatliche Zuständigkeit zur Verfolgung von Personen, die ein Aggressionsverbrechen verantworten, erklärte der Motionär. Aufgrund des Erfordernisses der doppelten Strafbarkeit könne die Schweiz heute anderen Staaten in Bezug auf das Aggressionsverbrechen auch keine Strafrechtshilfe leisten, ergänzte Justizministerin Karin Keller-Sutter. Der Bundesrat war der Ansicht, dass die Schweiz mit der Umsetzung des Anliegens dazu beitragen könne, das Gewaltverbot im Völkerrecht durchzusetzen, weshalb er die Motion befürwortete. SVP-Ständerat und -Parteipräsident Marco Chiesa (TI) beantragte die Motion hingegen zur Ablehnung und warnte davor, sich von der Aktualität des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine zu überstürztem Handeln verleiten zu lassen. Weiter argumentierte er, der IStGH sei aufgrund der Natur eines Angriffsverbrechens besser in der Lage, dieses zu beurteilen, als Schweizer Gerichte. Abgelehnt wurde der Vorstoss von den Mitgliedern der SVP-Fraktion sowie Mitte-Vertreter Othmar Reichmuth (SZ).

Kampf gegen die Straffreiheit. Übernahme des Verbrechens der Aggression gemäss Römer Statut in das Schweizer Recht (Mo. 22.3362)

In der Herbstsession 2022 folgte der Nationalrat mit 103 zu 69 Stimmen bei 4 Enthaltungen dem Antrag des Bundesrates und stimmte der Abschreibung der Motion Regazzi (mitte, TI) für eine «Ausweisung von Terroristinnen und Terroristen in ihre Herkunftsländer, unabhängig davon, ob sie als sicher gelten oder nicht», zu. Die vorberatende SPK-NR hatte ihrem Rat mit 14 zu 9 Stimmen empfohlen, dem Antrag des Bundesrates stattzugeben. Neben der im bundesrätlichen Bericht ausführlich dargelegten rechtlichen Unmöglichkeit, die Motion umzusetzen, betonte die Kommissionsmehrheit, beim Grundrechtsschutz dürfe nicht mit zweierlei Mass gemessen werden: «Ein wahrer Rechtsstaat muss auch seine Feindinnen und Feinde rechtskonform und gemäss seinen Werten behandeln», schrieb sie in der Medienmitteilung. Im Ratsplenum erklärte Kommissionssprecher Kurt Fluri (fdp, SO), der Bundesrat habe sich darüber hinaus bereit erklärt, im Umgang mit verurteilten Terroristinnen und Terroristen, die aufgrund des Non-Refoulement-Gebots nicht ausgeschafft werden können, alle rechtlich zulässigen Mittel zur Wahrung der Sicherheit der Schweiz auszuschöpfen. Justizministerin Karin Keller-Sutter ergänzte, man prüfe im Einzelfall, ob vom Herkunftsstaat die diplomatische Zusicherung erlangt werden kann, dass die betroffene Person weder gefoltert noch unmenschlich behandelt wird, sodass eine völkerrechtskonforme Ausschaffung dennoch möglich ist. Zudem werde auch jeweils geprüft, ob die Person in einen anderen Staat als ihren Herkunftsstaat weggewiesen werden kann. Gleichzeitig betonte sie, die Schweiz habe in letzter Zeit mit dem Nachrichtendienstgesetz, den Strafbestimmungen gegen Terrorismus und den präventiv-polizeilichen Massnahmen ein besseres Instrumentarium erhalten, um «mit den Personen, die wir in der Schweiz behalten müssen, umgehen zu können». Momentan handle es sich um fünf Personen, die die Schweiz aufgrund des Non-Refoulement-Gebots nicht ausschaffen könne, so die Bundesrätin.
Eine Minderheit um SVP-Nationalrat Gregor Rutz (ZH) wollte die Motion trotzdem nicht abschreiben. Es könne nicht sein, dass verurteilte Terroristinnen und Terroristen in der Schweiz blieben, und er sei nicht zufrieden damit, «dass der Bundesrat uns sagt, das ginge nicht», so Rutz. Es sei «eine Frage des gesunden Menschenverstandes», dass «wir [...] doch nicht mit unserer Rechtsordnung Leute schützen [können], die diese Rechtsordnung missbrauchen, um sie zu zerstören». Der Bundesrat müsse «noch einmal über die Bücher», denn es gebe «Möglichkeiten, wie man dieses Anliegen umsetzen kann». Einen Vorschlag, wie eine solche Umsetzung aussehen könnte, lieferte der Minderheitsvertreter dem Ratsplenum jedoch nicht. Seine Ansicht teilten die geschlossen stimmende SVP-Fraktion, die grosse Mehrheit der Mitte-Fraktion sowie FDP-Vertreterin Jacqueline de Quattro (VD), was in der grossen Kammer aber nicht zu einer Mehrheit reichte.

Ausweisung von Terroristinnen und Terroristen in ihre Herkunftsländer, unabhängig davon, ob sie als sicher gelten oder nicht (Mo. 16.3982)

Öffentliche Aufrufe zum Ungehorsam gegen militärische Befehle, zur Dienstverletzung, Dienstverweigerung oder zum Ausreissen sollen nicht mehr strafbar sein. Eine parlamentarische Initiative Zopfi (gp, GL) verlangte, dass Strafgesetzbuch und Militärstrafgesetz entsprechend angepasst werden. Seit der Einführung des Zivildienstes seien die genannten Straftatbestände nicht mehr relevant und schränkten die Meinungsäusserungsfreiheit unnötig ein, so die Begründung. Die RK-SR kam ebenfalls zum Schluss, dass die einschlägigen Artikel nicht mehr zeitgemäss seien, und gab der Initiative im Sommer 2022 einstimmig (bei zwei Enthaltungen) Folge.

Anpassung von Artikel 276 StGB und Artikel98 MStG an die heutige Realität zur Stärkung der Meinungsäusserungsfreiheit (Pa.Iv. 21.464)

Im Mai 2022 gab der Bundesrat bekannt, dass die Änderung des Bundesgerichtsgesetzes, mit der die Revision eines Bundesgerichtsentscheids auch nach einer gütlichen Einigung zwischen der Schweiz und dem EGMR möglich wird – bisher war dafür eine Verurteilung der Schweiz durch den EGMR Voraussetzung –, am 1. Juli 2022 in Kraft tritt.

EMRK, Strafregister, Restitutio in integrum. Bundesgerichtsgesetz anpassen (Pa.Iv. 16.461)
Dossier: Revision des Bundesgerichtsgesetzes

Nachdem das Anliegen im Rahmen der Revision der Strafprozessordnung diskutiert und verworfen worden war, zog die RK-NR ihre parlamentarische Initiative zur Verrechnung von Genugtuungsansprüchen mit den Gerichtskosten im Juni 2022 zurück.

Verrechnung der Gerichtskosten mit den Genugtuungsansprüchen aufgrund rechtswidriger Zwangsmassnahmen (Pa.Iv. 13.466)
Dossier: Revision der Strafprozessordnung (Umsetzung der Mo. 14.3383)

Im Juni 2022 veröffentlichte der Bundesrat einen Bericht über die Möglichkeiten zur Verbesserung der Datenlage zu Diskriminierungen von LGBTI-Personen. Er erfüllte damit ein 2017 überwiesenes Postulat Reynard (sp, VS). Im Bericht stellte der Bundesrat fest, dass die Datenlage zu Diskriminierungen aufgrund sexueller Orientierung oder Geschlechtsidentität «heute tatsächlich sehr dünn» sei. Allerdings sei die entsprechende Datenerhebung auch «keine einfache Angelegenheit», wie eine in Auftrag gegebene Machbarkeitsstudie des SKMR gezeigt habe. Quantitative Bevölkerungsumfragen eigneten sich dazu eher schlecht. LGBTI-Personen bildeten keine homogene Gruppe, weshalb Zahlen zu den verschiedenen Ausprägungen separat erhoben werden müssten. Dabei handle es sich jedoch um zahlenmässig kleine Gruppen, die zudem mangels Erhebungsrahmen in Form eines Registers o.ä. schwierig zu identifizieren seien, sodass es «eine grosse Herausforderung» sei, eine repräsentative Stichprobe der LGBTI-Bevölkerung zu gewinnen. Überdies seien Diskriminierungserfahrungen aufgrund unterschiedlicher Wahrnehmungen und Selbsteinschätzungen subjektiv. Um sie allenfalls in standardisierte Bevölkerungsumfragen integrieren zu können, müssten durch qualitative Forschung zuerst geeignete Fragestellungen zur Erfassung des Phänomens entwickelt werden. Damit könnte auch ein vertieftes Verständnis von Mehrfachdiskriminierungen gewonnen werden – eine explizite Forderung des Postulats. In diesem Sinne ermutigte die Regierung Forscherinnen und Forscher dazu, Projekte mit entsprechendem Schwerpunkt beim Schweizerischen Nationalfonds einzureichen. Abschliessend verwies der Bundesrat auf laufende Arbeiten zur Verbesserung der Datenlage zu Hassverbrechen – eine Konsequenz der Aufnahme des Verbots der Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung in das Strafgesetzbuch; am Ende dieses Prozesses sollte das BFS im Rahmen der polizeilichen Kriminalstatistik Zahlen zu Diskriminierung durch Hassverbrechen aufgrund der Geschlechterzugehörigkeit oder der sexuellen Orientierung ausweisen können.

Datenerhebung zu Diskriminierungen, die auf sexueller Orientierung und Geschlechtsidentität beruhen, mit Augenmerk auf Mehrfachdiskriminierungen (Po. 16.3961)

Ayant pour objectif de modifier le préambule de la Constitution fédérale, l'initiative parlementaire de Fabian Molina (ps, ZH) n'a pas été couronnée de succès lors de son passage devant le Conseil national. Par 113 voix contre 59, la chambre basse n'a pas souhaité donné suite à l'objet. 18 parlementaires se sont abstenu.e.s, dont 14 provenaient du camp socialiste, indiquant que la proposition du député Molina n'a pas fait l'unanimité au sein même de son parti. Les partis bourgeois l'ont en revanche rejetée en bloc.
Au nom d'une minorité de la commission des institutions politiques (CIP-CN), Céline Widmer (ps, ZH) a émis le souhait de discuter à nouveau de la formulation du préambule, plus de 20 ans après l'entrée en vigueur de la Constitution de 1999. Entre-temps, de nombreux cantons ont retiré la mention à Dieu de leur constitution, ce qui, selon la zurichoise, démontre que d'autres formulations sont possibles pour exprimer les notions de modestie et d'humilité que le préambule a pour vocation de transmettre. L'argument inverse a été brandi par Michaël Buffat (udc, VD), qui a souligné que de nombreux cantons ainsi que d'autres États font également mention d'une entité supérieure dans leur constitution. Au nom de la majorité de la commission, le député agrarien a mentionné les origines historiques du préambule, dont le but était notamment de rappeler qu'aucun roi ni parti ne détient le pouvoir suprême en Suisse. Selon lui, l'argument de la laïcité ne doit pas suffire pour effacer des symboles de l'histoire suisse, sans quoi on pourrait à l'avenir proposer de «supprimer la croix des armoiries fédérales». Des arguments suivis donc par une majorité des membres de la chambre du peuple.

La laïcité doit être inscrite dans la Constitution (Iv.pa. 21.419)

Der Ständerat nahm in der Sommersession 2022 stillschweigend eine Motion seiner Rechtskommission an, die einen verbesserten Nationalen Aktionsplan gegen Menschenhandel forderte. Die Evaluation des zweiten Aktionsplans 2017–2020 habe noch einigen Handlungsbedarf aufgezeigt, weshalb ein weiterer, dritter NAP vonnöten sei, erklärte Kommissionssprecher Matthias Michel (fdp, ZG). Der Bundesrat beantragte den Vorstoss zur Annahme. Die Motion renne offene Türen ein, so EJPD-Vorsteherin Karin Keller-Sutter, da ihr Departement bereits Ende 2021 mit der Erarbeitung eines neuen Aktionsplans begonnen habe.

Verbesserter Nationaler Aktionsplan gegen Menschenhandel (Mo. 22.3369)

In seinem Bericht zu den parlamentarischen Vorstössen im Jahre 2021 beantragte der Bundesrat die Abschreibung der Motion Lustenberger (cvp, LU) «für eine stärkere Berücksichtigung der nationalen Rechtsordnungen am EGMR». Er betrachte die Motion als erfüllt, da sich die Schweiz in hängigen Verfahren vor dem EGMR, wo angezeigt, auf das Subsidiaritätsprinzip berufe und jeweils auf den Entscheidungsspielraum der nationalen Behörden und Gerichte verweise, so der Bundesrat in seiner Begründung. Zudem arbeite die Schweiz in den Gremien des Europarats auf eine Stärkung des Subsidiaritätsprinzips hin.
Die eidgenössischen Räte folgten diesem Antrag in der Sommersession 2022 und schrieben die Motion stillschweigend ab.

Für eine stärkere Berücksichtigung der nationalen Rechtsordnungen am EGMR (Mo. 15.3335)

Nachdem der Bundesrat infolge eines 2019 überwiesenen Postulats Rechsteiner (sp, SG) einen Bericht zur Antisemitismus-Definition der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA) veröffentlicht hatte, beantragte er im Rahmen seines Berichts über Motionen und Postulate der eidgenössischen Räte im Jahr 2021 die Abschreibung des Postulats. Der Ständerat folgte dieser Empfehlung im Sommer 2022 und schrieb den Vorstoss stillschweigend ab.

Antisemitismus-Definition der International Holocaust Remembrance Alliance (Po. 19.3942)

Nach dem Ständerat nahm auch der Nationalrat in der Sommersession 2022 die Motion von Ständerat Thomas Minder (parteilos, SH) an, mit der Namensänderungen für Personen mit Landesverweis verunmöglicht werden sollen. Mit 107 zu 59 Stimmen folgte er der Empfehlung des Bundesrates und einer Mehrheit der RK-NR. Ähnlich wie der Motionär wies die Rechtskommission darauf hin, dass mit einem Verbot der Namensänderung für des Landes verwiesene Personen verhindert werden könne, dass diese mit neu angenommener Identität eine Gefährdung darstellten. Zudem sei laut Kommissionssprecher Philipp Matthias Bregy (mitte, VS) auch klar, dass bei einem rechtskräftigen Landesverweis der Schutz der Bevölkerung über den individuellen Interessen eines Verurteilten stehe. Minderheitssprecher Christian Dandrès (sp, GE) warf Minder hingegen Effekthascherei aufgrund der medialen Berichterstattung rund um den Dschihadisten Osama M. vor und betonte, dass die Namensänderung von ausgewiesenen Personen in speziellen Fällen, beispielsweise zur Resozialisierung oder Integration nach abgelaufenem Landesverweis, gerechtfertigt sein könne. Bundesrätin Karin Keller-Sutter verneinte jedoch im Namen des Bundesrates, dass es bei Personen, die das Land verlassen müssen, um Integration gehen könne, und unterstützte das Anliegen der Motion.

Keine Namensänderung für Personen mit Landesverweis (Mo. 21.4183)

Im März 2021 reichten die Nationalrätinnen und Nationalräte Marionna Schlatter (Pa. Iv. 21.436; gp, ZH), Beat Flach (Pa. Iv. 21.437; glp, AG), Anna Giacometti (Pa. Iv. 21.438; fdp, GR), Nik Gugger (Pa. Iv. 21.439; evp, ZH) und Jon Pult (Pa. Iv. 21.440; sp, GR) fünf gleichlautende parlamentarische Initiativen mit dem Titel «Recht auf gesunde Umwelt und Rechte der Natur» ein. Sie forderten damit nicht weniger als die Revision der Bundesverfassung (BV), mit dem Ziel, das Recht des Menschen auf eine gesunde Umwelt als Grundrecht festzuhalten sowie der Natur zumindest partiell den Status eines Rechtsobjekts zu verleihen.
Die RK-NR befasste sich im Mai 2022 mit den fünf Initiativen. Eine Mehrheit der Kommission (14 zu 11 Stimmen) kam dabei zum Schluss, dass den Initiativen keine Folge zu geben sei. Die Mehrheit vertrat die Ansicht, dass die Begriffe «gesunde Umwelt» sowie «Natur» zu unpräzise seien, um sie als grundrechtlichen Anspruch respektive als Rechtssubjekt in der BV zu verankern. Eine Minderheit vertrat hingegen die Ansicht, dass die Initiativen die Chance bieten, um über Grundsatzfragen rund um den Schutz der Natur zu debattieren, und wollte ihnen daher Folge geben.

Fünf gleichlautende parlamentarische Initiativen mit dem Titel "Recht auf gesunde Umwelt und Rechte der Natur"

In seinem Bericht zur Abschreibung der Motion Regazzi (mitte, TI) «Ausweisung von Terroristinnen und Terroristen in ihre Herkunftsländer, unabhängig davon, ob sie als sicher gelten oder nicht» (Mo. 16.3982) vom Mai 2022 kam der Bundesrat zum Schluss, es sei rechtlich unmöglich, die Motion umzusetzen. Er beantragte daher, den im Frühjahr 2019 vom Parlament überwiesenen Vorstoss ohne weitere Massnahmen abzuschreiben. Die Forderung der Motion war, dass verurteilte ausländische Terroristinnen und Terroristen in jedem Fall in ihren Herkunftsstaat zurückgeschickt werden, selbst wenn ihnen dort Folter oder andere grausame und unmenschliche Behandlung oder Bestrafung droht. Der Bundesrat legte in seinem Bericht dar, dass eine solche Praxis nicht mit den völkerrechtlichen Verpflichtungen der Schweiz vereinbar sei. Das menschenrechtliche Non-Refoulement-Prinzip, d.h. das Verbot der Ausschaffung in einen Staat, in dem der betroffenen Person Folter oder andere grausame und unmenschliche Behandlung oder Bestrafung droht, sei nicht nur in der Bundesverfassung und im Völkervertragsrecht verankert, sondern Teil des gewohnheitsrechtlichen ius cogens: Als Völkergewohnheitsrecht mit zwingendem Charakter gelte es absolut; die Schweiz könne sich von der Verpflichtung zur Einhaltung des Non-Refoulement-Prinzips ergo nicht durch Vertragskündigungen oder die Änderung der Bundesverfassung befreien. Bei einer Umsetzung der Motion wäre die Schweiz der einzige Staat Europas, der die absolute Geltung des Non-Refoulement-Gebots nicht mehr anerkenne. Dies käme nicht nur einem «vollständigen Bruch mit der humanitären Tradition der Schweiz», sondern auch einer «Abkehr vom Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit im herkömmlichen Sinn» gleich, schlussfolgerte die Regierung.

Ausweisung von Terroristinnen und Terroristen in ihre Herkunftsländer, unabhängig davon, ob sie als sicher gelten oder nicht (Mo. 16.3982)

« Au nom de Dieu Tout-Puissant !
Le peuple et les cantons suisses,
conscients de leur responsabilité envers la Création [...] »

Ainsi commence la constitution fédérale de la Confédération suisse. Son préambule, qui date de la dernière révision totale du texte fondateur de l'État, en 1999, mentionne explicitement un «Dieu chrétien» ainsi que la «Création», selon le député Fabian Molina (ps, ZH). Considérant que ces références contreviennent à la neutralité de l'État en termes de confession, le socialiste propose de modifier ces trois lignes, en les remplaçant par «Le peuple et les cantons suisses, conscients de leur responsabilité envers l'environnement, [...]». Le zurichois invoque l'art. 15 Cst et l'art. 9 CEDH, qui garantissent la liberté de conscience et de croyance, pour mettre en avant l'ambivalence du préambule. De plus, il souligne que les relations entre l’Église et l’État relèvent de la compétence des cantons, en vertu de l'art. 72 Cst. Afin d'être compatible avec ces articles, il serait donc nécessaire d'introduire un préambule laïc. Cette requête avait déjà été formulée par la gauche lors de la révision totale de 1999, sans trouver cependant de majorité.
Un scénario similaire se dessine pour l'initiative parlementaire Molina. Elle n'a, en tout cas, pas trouvé grâce aux yeux de la commission des institutions politiques du Conseil national (CIP-CN). Par 14 voix contre 6 (2 abstentions), la commission a proposé de ne pas donner suite à l'objet, arguant que la formulation du préambule a déjà donné lieu à de vastes discussions lors de la révision de 1999. La formulation actuelle est donc le résultat d'un processus démocratique. En outre, la commission estime qu'une modification du préambule ne devrait pas intervenir dans le cadre d'une révision partielle de la constitution. Celui-ci n'a de toute façon pas force légale et donc aucune implication sur les droits et obligations des citoyennes et citoyens. Une minorité partage cependant l'avis du député Molina et estime qu'il y a d'autres moyens d'exprimer «l'humilité et la modestie» que le préambule a pour vocation de transmettre.
Dans la Sonntagszeitung, le journaliste Markus Somm a rappelé que la mention à «Dieu Tout-puissant», si elle peut paraître dépassée aujourd'hui, trouve ses racines dans la première constitution de 1848. Alors que les démocraties européennes étaient encore balbutiantes, la référence divine visait à établir le lien direct entre le peuple et les cantons suisses et le pouvoir, évitant de passer par un monarque qui hériterait son pouvoir de Dieu. L'objectif n'était donc pas de créer un état chrétien, mais bien d'affirmer le pouvoir du peuple et des cantons comme organes principaux de la Confédération, indique Somm. Conserver le préambule tel qu'il a été formulé à l'origine serait donc un moyen de souligner la souveraineté du peuple et des cantons. D'autres voix se sont cependant élevées dans la presse pour faire remarquer que le préambule ne collait plus avec l'air du temps: dans la Weltwoche, l'éditorialiste Urs Paul Engeler a plaidé en faveur de l'abandon des «fioritures» («Schwulst») de la préface, arguant qu'une formule telle que «le peuple et les cantons suisses se donnent la constitution suivante» suffirait.

La laïcité doit être inscrite dans la Constitution (Iv.pa. 21.419)

Un comité composé de neuf personnes a lancé une initiative demandant une révision totale de la Constitution. Il a jusqu'au 19 octobre 2023 pour rassembler les 100'000 signatures nécessaires afin que le projet aboutisse à une votation populaire. À la tête du comité se trouve l'argovien Pius Lischer, connu pour son combat en faveur du revenu de base inconditionnel (RBI). Le RBI est justement l'une des revendications des initiant.e.s, qui désirent l'inscrire dans la nouvelle Constitution. Parmi leurs autres propositions figure l'introduction d'une taxe sur les combustibles. Celle-ci devrait remplacer les impôts et cotisations obligatoires, qui seraient purement et simplement supprimés. Pour rappel, la Constitution actuelle date de 1999. La dernière révision totale a notamment permis d'instaurer un catalogue de droits fondamentaux complet, alors que ceux-ci étaient jusqu'alors garantis par le droit constitutionnel non-écrit, via la jurisprudence du Tribunal fédéral.

Initiative pour une révision totale de la Constitution

Mit einer parlamentarischen Initiative forderte Nationalrat Lukas Reimann (svp, SG) eine Anpassung der Staatshaftungsrechte. Konkret sollte der Artikel 146 BV, laut welchem der Bund für Schäden haftet, die er widerrechtlich verursacht hat, dahingehend ergänzt werden, dass der Bund auch für rechtmässig verursachte Schäden haften und bei einer unbegründeten, schweren Einschränkung der persönlichen Freiheit oder bei Enteignungen Schadenersatz leisten muss. Der Initiant verwies in seiner Begründung auf die Covid-19-Pandemie und argumentierte, dass im Notrecht die meisten staatlichen Handlungen rechtens seien und somit keine Staatshaftung bestehe. Die vorberatende RK-NR sprach sich mit 18 zu 7 Stimmen gegen die Initiative aus. Wie Kommissionssprecher Beat Flach (glp, AG) im Ratsplenum erklärte, war die Kommissionsmehrheit der Meinung, dass die bestehende Ausgestaltung der Staatshaftung ausreichend und angemessen sei. Bezogen auf die Covid-19-Pandemie führte Flach aus, dass Massnahmen wie Geschäftsschliessungen, die nach Reimanns Vorschlag unter die Staatshaftung fallen könnten, vom Parlament besprochen worden und somit rechtmässig und tragbar gewesen seien. Im Allgemeinen befürchtete die Kommissionsmehrheit, dass eine Ausweitung der Staatshaftung zu einer Flut von Klagen führen würde, was das Rechtssystem überfordern könnte. Im Fall von Enteignungen und Eigentumseinschränkungen bestehe bereits eine angemessene Entschädigung. Eine Minderheit Schwander (svp, SZ) unterstützte die Initiative mit der Begründung, dass mit der bestehenden Gesetzgebung die Staatshaftung zu wenig breit angelegt sei und dass die Hürden für die Einforderung der Staatshaftung zu hoch seien. Der Nationalrat lehnte die parlamentarische Initiative in der Frühjahrssession 2022 mit 135 zu 50 Stimmen ohne Enthaltung ab. Über die SVP-Fraktion hinaus fand sie keine Unterstützung.

Anpassung der Staatshaftungsrechte (Pa. Iv. 20.477)

Der Bundesrat soll klar festlegen, nach welchen Kriterien NGOs im In- und Ausland von der Schweiz finanziert werden, und diesbezüglich wirksame Kontrollvorschriften erlassen, so die Forderung einer Motion Matter (glp, GE). Ziel des Motionärs war es, dass NGOs, die sich an Hassreden und insbesondere an Gewaltaufrufen gegen andere Glaubensrichtungen beteiligen, nicht länger Schweizer Unterstützungsbeiträge erhalten. Er verlangte zudem ausdrücklich, dass die geforderten Rechtsgrundlagen auch eine Bestimmung zum Antisemitismus enthalten, die sich auf die Definition der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA) stützt. In der Begründung des Vorstosses führte er an, dass «gewisse von der Schweiz unterstützte NGOs in Verbindung mit der Volksfront zur Befreiung Palästinas» stünden, die auf der EU-Liste der an Terrorhandlungen beteiligten Vereinigungen und Körperschaften figuriere und deren Tätigkeiten unter der Definition der IHRA als antisemitisch eingestuft würden. Der Bundesrat beantragte die Ablehnung der Motion, da er die bestehenden Regelungen für die Kooperation mit NGOs als ausreichend ansah. Er verwies in seiner Stellungnahme insbesondere auf den Bericht über die Zusammenarbeit mit Nichtregierungsorganisationen in Partnerländern der internationalen Zusammenarbeit, den er Anfang 2020 in Erfüllung einer Motion Imark (svp, SO; Mo. 16.3289) sowie eines Postulats Bigler (fdp, ZH; Po. 18.3820) veröffentlicht hatte. Mit der Frage der Verwendung der Antisemitismus-Definition der IHRA beschäftige er sich ausserdem im Zuge der Beantwortung eines Postulats Rechsteiner (sp, SG; Po. 19.3942). «Il faut faire plus, faire mieux», appellierte der Motionär in der Frühjahrssession 2022 an das Nationalratsplenum und erreichte damit eine knappe Mehrheit: Die Volkskammer nahm die Motion mit 92 zu 84 Stimmen bei 9 Enthaltungen an.

Massnahmen gegen Hass oder Gewalt verherrlichende Reden bei NGO, die von der Schweiz unterstützt werden (Mo. 20.4559)
Dossier: NGOs und der israelisch-palästinensische Konflikt

Jahresrückblick 2021: Soziale Gruppen

Eine überaus wichtige Neuerung im Themenbereich der sozialen Gruppen wurde 2021 für gleichgeschlechtliche Paare eingeführt. Im September nahm die Stimmbevölkerung mit einem deutlichen Ja-Anteil von 64 Prozent die «Ehe für alle» an. Neben der Möglichkeit der Eheschliessung waren damit für gleichgeschlechtliche Paare weitere Ungleichheiten im Familienleben beseitigt worden: In Zukunft ist es auch ihnen möglich, gemeinsam ein Kind zu adoptieren, zudem erhalten verheiratete Frauenpaare Zugang zur Samenspende. Die Relevanz dieser Abstimmung widerspiegelt sich im Ergebnis der APS-Zeitungsanalyse 2021, die einen diesem Ereignis geschuldeten Höchststand an Artikeln zur Familienpolitik im Abstimmungsmonat aufzeigt (vgl. Abbildung 1 im Anhang). Kein anderes Thema im Bereich der sozialen Gruppen erzielte im beobachteten Jahr eine ähnlich hohe mediale Aufmerksamkeit.

Erstmals in der Geschichte der Schweizer Frauen- und Gleichstellungspolitik veröffentlichte der Bundesrat 2021 eine nationale Gleichstellungsstrategie, die jedoch von Frauenorganisationen und linken Parteien kritisiert wurde. Ferner gaben die Kommissionen einer parlamentarischen Initiative Folge, welche die befristete Finanzierung für die familienergänzende Kinderbetreuung durch eine dauerhafte, vom Bund unterstützte Lösung ersetzen will. Der 2022 vorzulegende Entwurf soll die Eltern bei der Finanzierung der Betreuungsplätze massgeblich entlasten und somit zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf beitragen. Gleichzeitig wurden im Berichtsjahr aber verschiedene Vorstösse mit ähnlichen, bereits konkreter ausformulierten Vorstellungen in Form einer parlamentarischen Initiative, einer Standesinitiative und einer Motion abgelehnt. Ebenfalls zur Verbesserung der Stellung der Frauen im Beruf beitragen soll die 2018 geschaffene Revision des Gleichstellungsgesetzes, mit der Unternehmen mit über 100 Mitarbeitenden zur Durchführung von Lohnanalysen verpflichtet worden waren. Erste, im August 2021 publizierte Analyseergebnisse von ausgewählten Unternehmen zeichneten ein positives Bild, das jedoch unter anderem wegen fehlender Repräsentativität in Zweifel gezogen wurde. Nach wie vor sind Unternehmen nicht verpflichtet, die Ergebnisse ihrer Lohnanalysen an den Bund zu übermitteln. Gegen eine entsprechende Regelung hatte sich der Ständerat im Juni erfolgreich gewehrt.

Nachdem im Vorjahr der zweiwöchige Vaterschaftsurlaub in einer Volksabstimmung angenommen worden war, gingen die politischen Diskussionen rund um die Ausdehnung von Urlaubsmöglichkeiten für Eltern 2021 weiter. Eine Standesinitiative aus dem Kanton Jura und eine parlamentarische Initiative mit diesem Ziel stiessen im Parlament indes auf wenig Gehör. Der Nationalrat verabschiedete jedoch ein Kommissionspostulat, das die volkswirtschaftlichen Auswirkungen einer Elternzeit aufzeigen soll. In den Räten setzte sich zudem mit Annahme einer Vorlage zum Adoptionsurlaub eine langjährige Forderung in der Minimalvariante durch: Eltern, die ein Kind unter vier Jahren adoptieren, haben künftig Anrecht auf einen zweiwöchigen Urlaub.

Auch das Thema der Gewalt gegen Frauen blieb 2021 auf der politischen Agenda, immer wieder angetrieben durch Zeitungsberichte über häusliche Gewalt und Femizide. Das Parlament überwies drei Motionen, welche die Bereitstellung eines 24-stündigen Beratungsangebots für von Gewalt betroffene Personen forderten, wozu sich die Schweiz 2017 im Rahmen der Ratifikation der Konvention von Istanbul verpflichtet hatte. Ein Zeichen gegen Gewalt gegen Kinder und Jugendliche setzte der Nationalrat auch durch Befürwortung einer Motion, die das Recht auf eine gewaltfreie Erziehung im Zivilgesetzbuch verankern möchte. Der Ständerat äusserte sich bis Ende Jahr noch nicht zum Geschäft. Ebenfalls kam es zu breiten medialen Vorwürfen bezüglich Gewalt in Bundesasylzentren, woraufhin das SEM einen Bericht erarbeiten liess.

Nicht zuletzt wurde im Berichtsjahr mit verschiedensten Publikationen und Aktionen auf das 50-jährige Bestehen des Frauenstimm- und -wahlrechts Bezug genommen. Mit Corona-bedingter Verspätung fand im September die offizielle Feier des Bundes statt. Ende Oktober tagte zum zweiten Mal nach 1991 die Frauensession, die insgesamt 23 Forderungen zu unterschiedlichen Themen als Petitionen verabschiedete. Darüber hinaus wurde an diesen Anlässen auch über die Gewährung politischer Rechte an weitere Gruppen diskutiert, so etwa an Personen ohne Schweizer Pass, Minderjährige und Menschen mit einer Beeinträchtigung. Bezüglich Letzteren nahm der Ständerat im Herbst 2021 ein Postulat an, das den Bundesrat aufforderte, Massnahmen aufzuzeigen, damit auch Menschen mit einer geistigen Behinderung uneingeschränkt am politischen und öffentlichen Leben teilhaben können.

Wie die APS-Zeitungsanalyse 2021 zeigt, erhielten Fragen rund um die Familien- und Gleichstellungspolitik im Jahr 2021 im Gegensatz zu Fragen zur Asyl- und Migrationspolitik überaus starke mediale Aufmerksamkeit. Der Zeitvergleich macht überdies deutlich, dass die Berichterstattung im Bereich Asyl und Migration über die letzten Jahre konstant an Bedeutung eingebüsst hat.

Dieses fehlende Interesse der Medien ist ob der umstrittenen Gesetzesänderungen des Parlaments im Bereich Asylpolitik, welche die Grundrechte der Asylsuchenden einschränkten, bemerkenswert. So können Schweizer Behörden künftig mobile Geräte der Asylsuchenden verwenden, um beim Fehlen von Ausweispapieren Rückschlüsse auf die Identität einer Person zu gewinnen. Dieser Beschluss provozierte eine negative Reaktion des UNHCR. Zudem schuf das Parlament ein Reiseverbot für vorläufig aufgenommene Personen und entschied, dass Personen in Ausschaffungshaft zum Wegweisungsvollzug zur Durchführung eines Covid-19-Tests gezwungen werden können. Unterschiedliche Ansichten vertraten die beiden Räte in Bezug auf junge Asylbewerbende. So lehnte es der Ständerat ab, die Administrativhaft für Minderjährige abzuschaffen, nachdem sich der Nationalrat für diese Forderung im Vorjahr noch offen gezeigt hatte. Ebenso setzte sich der Nationalrat im Berichtsjahr durch Unterstützung einer Motion dafür ein, dass Personen mit abgewiesenem Asylentscheid ihre berufliche Ausbildung beenden dürfen, während sich der Ständerat nach der Beratung einer anderen Motion gegen diese Möglichkeit aussprach. Schliesslich wollte der Ständerat den Familiennachzug von Schutzbedürftigen erschweren, wogegen sich der Nationalrat aber erfolgreich sträubte. Im Sammelstadium scheiterte überdies eine Volksinitiative des ehemaligen Nationalrats Luzi Stamm, gemäss welcher Asylbewerbende in der Schweiz nur noch mit Sachleistungen hätten unterstützt werden sollen: Seine Volksinitiative «Hilfe vor Ort im Asylbereich», die in erster Linie Flüchtlingen primär in der Nähe der Krisengebiete und nicht in der Schweiz helfen wollte, scheiterte an den direktdemokratischen Hürden.

Jahresrückblick 2021: Soziale Gruppen
Dossier: Jahresrückblick 2021