Der Ständerat als Erstrat hielt sich – gegen einen Antrag Inderkum (cvp, UR) – an die Empfehlungen seiner Kommission und strich nach kurzer Diskussion den Artikel mit 20 zu 17 Stimmen. Haupttenor war, die Manifestationen religiösen Lebens seien Teil der Gewissensfreiheit, eine Bedrohung des konfessionellen Friedens sei in weite Ferne gerückt und der «Bistumsartikel» lediglich ein Überbleibsel aus dem «Kulturkampf» im 19. Jahrhundert. Bundesrat Koller anerkannte zwar, dass der Artikel unter grund- und völkerrechtlichen Aspekten problematisch sei, plädierte aber vergebens dafür, die Angelegenheit erst in einer nachfolgenden Partialrevision zu lösen, da es politisch nicht klug wäre, eine bestehende und emotional nicht zu unterschätzende Verfassungsbestimmung im Rahmen der Nachführung einfach zu streichen. Im Nationalrat fand Koller dann mehr Gehör. Mit dem relativ deutlichen Mehr von 88 zu 68 Stimmen wurde der «Bistumsartikel» beibehalten, obgleich auch hier mehrfach betont wurde, diese Diskriminierung einer einzelnen Konfession sei wahrlich kein Ruhmesblatt für die neue Verfassung. Die von Koller ins Feld geführten staatspolitischen Bedenken führten schliesslich auch im Ständerat zum Umdenken. Die Entscheidung fiel allerdings nur mit Stichentscheid des Präsidenten. Bei diesen Diskussionen war allerdings klar geworden, dass niemand mehr ernsthaft an diesen einschränkenden Bestimmungen festhalten will, weshalb die Frage baldmöglichst mit einer Teilrevision gelöst werden soll. In Ausführung der von ihr 1995 angenommenen parlamentarische Initiative beauftragte die staatspolitische Kommission des Ständerates den Bundesrat mit einer Vernehmlassung zu dieser Problematik.
Kirche und Religion in der revidierten Bundesverfassung (BRG 96.091)Dossier: Totalrevision der Bundesverfassung 2/2: BRG 96.091 (1996 bis 2000)