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Ranglisten haben etwas Eingängiges: Mit ihrer Hilfe lassen sich vermeintliche Unterschiede fest- und darstellen. So versuchen öfters auch die Medien Parlamentarierinnen und Parlamentarier einzuordnen und zu vergleichen. 2017 präsentierte die Sonntagszeitung ein Parlamentarierrating, mit welchem der Einfluss aller Parlamentsmitglieder gemessen werden sollte, und die NZZ wartete mit ihrem jährlichen Links-Rechts-Rating auf.
Der Einfluss wurde in der Sonntagszeitung anhand der Kommissionszugehörigkeit, der in den Räten vorgebrachten Voten, der Anzahl erfolgreicher politischer Vorstösse, der Ämter im Rat und in der Partei, der Medienpräsenz und dem ausserparlamentarischen Beziehungsnetz gemessen. Zwar wies die Zeitung nicht aus, wie sie diese Elemente miteinander verknüpfte und gewichtete, die Rangliste diente ihr aber als Grundlage für immerhin drei ganze Zeitungsseiten. Laut den Berechnungen war SP-Parteipräsident Christian Levrat (FR) in den Jahren 2015–2017 der einflussreichste Parlamentarier, gefolgt von Pirmin Bischof (svp, SO) und Gerhard Pfister (cvp, ZG). Die «Flop 15» – so die Sonntagszeitung – wurden angeführt von Géraldine Marchand-Balet (cvp, VS), Hermann Hess (fdp, TG) und David Zuberbühler (svp, AR). Die Rangierungen verleiteten die Zeitung zu weiteren Analysen: So sei der Einfluss der SVP und der FDP, gemessen am Anteil Fraktionsangehöriger unter den Top 50, verglichen mit dem Rating 2014 gestiegen und der Einfluss des Kantons Zürich gesunken. Mit einem Vergleich der Rangliste hinsichtlich Medienpräsenz und dem Gesamtrang konnte die Zeitung zudem «die grössten Blender» ausmachen. Zwar häufig in den Medien, aber sonst nur wenig einflussreich waren laut dieser Berechnung etwa Tim Guldimann (sp, ZH), Andreas Glarner (svp, AG) oder Benoît Genecand (fdp, GE). Einzelne Regionalzeitungen diskutierten in der Folge «ihre» kantonalen Vertreterinnen und Vertreter. Solche Ratings seien nicht entscheidend, aber es fühle sich immer gut an, wenn man vorne sei, beurteilte Christian Levrat die Auswertung.

Wichtigste Erkenntnis der von der NZZ präsentierten Links-Rechts-Positionierung, die seit 1999 jährlich auf der Basis von in den Räten durchgeführten Abstimmungen von der Forschungsstelle Sotomo durchgeführt wird – auch in der NZZ wurde die Methode zur Messung von Links und Rechts lediglich sehr kryptisch mit den Begriffen «D-Nominate» und «Alpha-Nominate» angedeutet und dem Hinweis versehen, dass diese Methode für den amerikanischen Kongress entwickelt worden seien und die ideologische Position der Abgeordneten messe –, war die zunehmende Fraktionsdisziplin. Der Druck, auf Fraktionslinie zu stimmen, habe dazu geführt, dass es kaum noch Überlappungen in der ideologischen Positionierung zwischen den einzelnen Parteien gebe. Vor allem die CVP – sie variiert auf der Gesamtskala von -10 (links) bis +10 (rechts) zwischen 0.2 (Gerhard Pfister) und -1.7 (Barbara Schmid-Federer, ZH) – sei wesentlich geschlossener als früher, als sie noch Fraktionsmitglieder gehabt habe, die sich am rechten Rand bei der Position von (linken) FDP- und SVP-Mitgliedern befunden und am linken Rand die «rechten Ausläufer der SP» berührt hätten. Die FDP-Mitglieder, die Positionen zwischen 0.3 (Christa Markwalder, BE) und 2.4 (Bruno Pezzatti, ZG) einnahmen, sowie die SVP-Mitglieder (Jean-Pierre Grin, VD: 6.1 bis Erich Hess, BE: 10.0) lagen ziemlich weit auseinander. Der Median des gesamten Nationalrats verlief genau zwischen der CVP und der FDP. Auf der Ratslinken gab es mehr ideologische Gemeinsamkeiten: Zwar war die SP insgesamt etwas linker als die Grünen – die Werte variierten bei den Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten zwischen -8.2 (Chantal Galladé, ZH) und -9.9 (Silvia Schenker, BS) und bei den Grünen zwischen -9.4 (Lisa Mazzone, GE) und -7.8 (Bastien Girod, ZH) –, aber die Durchmischung war wesentlich stärker als im Block der Bürgerlichen. Die grösste Geschlossenheit wies die GLP auf, bei der sich Kathrin Bertschy (BE) und Tiana Angelina Moser (ZH) mit einem Wert von -3.0 ideologisch nur marginal von Martin Bäumle (ZH, -2.7) entfernt positionierten. Die BDP wies mehr Varianz auf: Sowohl Rosmarie Quadranti (ZH, -1.6) als auch Hans Grunder (BE, -0.2) fanden sich ideologisch leicht links der Mitte. Interessant war, dass sich die Kleinstparteien am Rand ihrer Fraktionen ansiedelten. Sowohl die Lega und das MCG bei der SVP-Fraktion, als auch die EVP bei der CVP-Fraktion wiesen im Rating ideologische Differenzen zu ihrer Fraktion auf.
Im Ständerat waren zwar die verschiedenen Parteien ebenfalls voneinander getrennt, es kam aber zwischen CVP und FDP zu Überlappungen und die Gesamtvarianz der Positionen in der kleinen Kammer war geringer. Sie reichte von Liliane Maury Pasquier (sp, GE; -8.3) bis Peter Föhn (svp, SZ; 9.8), wobei sich Letzterer am rechten Rand ziemlich alleine auf weiter Flur befand, gefolgt von Werner Hösli (svp, GL; 7.6). Bei der FDP gesellten sich Fabio Abate (TI, -0.2) und vor allem Raphaël Comte (NE; -1.6) zum Lager der CVP, das von -2.4 (Anne Seydoux-Christe, JU) bis 0 (Isidor Baumann, UR) reichte. Am rechten Rand der FDP politisierte Philipp Müller (AG, 3.4) und lag damit nahe bei Thomas Minder (SH, 4.8), der als Parteiloser der SVP-Fraktion angehört. Von der SP sassen mit Pascale Bruderer (AG, -5.2) , Claude Janiak (BL, -5.5), Hans Stöckli (BE, -5.6) und Daniel Jositsch (ZH, -5.6) vier im Vergleich zum Nationalrat ziemlich gemässigte Genossinnen und Genossen in der kleinen Kammer.

Nationalratsrating

«Weniger Aktivismus im Parlament» vermutete das St. Galler Tagblatt, weil die Parlamentsmitglieder im Jahr 2016 den 2015 einsetzenden Trend hin zu etwas weniger lancierten Vorstössen zu bestätigen schienen. Auch die NZZ stellte eine «gedrosselte Gesetzesproduktion» fest. In der Tat auferlegten sich die Parlamentarierinnen und Parlamentarier mit total 1'972 parlamentarischen Vorstössen (Motionen, Postulate, Interpellationen, Anfragen und Fragen in der Fragestunde) und parlamentarischen Initiativen zum ersten Mal seit 2008 wieder weniger als 2'000 Aufträge. Pro Kopf bedeutete dies rund 8 Anliegen. Der Rückgang im Vergleich zum Vorjahr war insbesondere bei den Motionen (342; 2015: 404) und den Postulaten (174; 2015: 238) augenfällig. Rückläufig waren zudem die Fragen in der Fragestunde (607; 2015: 638) und die Anfragen (87; 2015: 98). Die Interpellationen (656; 2015: 627) und auch die parlamentarischen Initiativen (106; 2015: 101) hatten hingegen zugenommen.
Auch bei der Zahl der dem Parlament von aussen auferlegten Aufgaben war 2016 ein Rückgang zu verzeichnen. So legte der Bundesrat 72 Geschäfte (Botschaften, Berichte) vor, drei weniger als noch 2015. 2016 wurden zudem weniger Standesinitiativen (19; 2015: 28) und weniger Petitionen (23; 2015: 45) eingereicht als im Vorjahr und es standen weniger Wahlgeschäfte an (29; 2015: 30).
Freilich war vielen Akteuren der «enorme Vorstossausstoss» (Berner Zeitung) bzw. die «Vorstossflut» nach wie vor ein Dorn im Auge. So wollte sich etwa Fabio Abate (fdp, TI) mit einem Postulat dagegen wehren, weil jeder Vorstoss im Schnitt Kosten von CHF 6'100 verursache. Die rege Anwendung parlamentarischer Instrumente zeuge allerdings auch von einem aktiven und selbstbewussten Parlament. Eine Studie der Universität Bern zeigte zudem, dass jüngere Parlamentarierinnen und Parlamentarier und solche, die neu im Parlament sind, vergleichsweise mehr Vorstösse einreichen als solche, die schon länger dabei sind.

Die Vorstossflut ist mit der Arbeitslast der Parlamentarierinnen und Parlamentarier verknüpft, müssen lancierte Vorstösse und vorgelegte Geschäfte doch abgearbeitet werden. Hier war das Parlament, gemessen an der reinen Zahl bearbeiteter Geschäfte, weniger arbeitsam als im Vorjahr. 2016 wurden 2'326 Geschäfte erledigt (2015: 2'590), darunter 87 Geschäfte des Bundesrats (2015: 90), 26 Wahlgeschäfte (2015: 30), 32 Standesinitiativen (2015: 34) und 39 Petitionen (2015: 41). Auch die eigenen Vorstösse wurden 2016 mit Ausnahme der Postulate etwas weniger abgebaut als 2015: 82 parlamentarische Initiativen (2015: 92), 457 Motionen (2015: 546) und 288 Postulate (2015: 246) konnten erledigt werden und 1'315 Interpellationen, Anfragen oder Fragen bei Fragestunden wurden beantwortet (2015: 1'511).

Doch was bedeutet «erledigt»? Bei den Motionen und den Postulaten lässt die Geschäftsdatenbank «Curia Vista» diesbezüglich Antworten zu. Von den total 457 im Jahr 2016 erledigten Motionen wurden 131 angenommen und an den Bundesrat überwiesen. Dies entsprach einer Erfolgsrate von 28.7 Prozent, was höher war als 2015 (25.8%) und auch das langjährige Mittel (2000-2016: 22.9%) deutlich überstieg. Von den restlichen Motionen wurden 86 zurückgezogen (18.8%; 2015: 6.8%), 82 wegen verstrichener Frist oder Ausscheidens aus dem Rat abgeschrieben (17.9%; 2015: 41.6%) und deren 158 abgelehnt (34.6%; 2015: 25.8%), wobei 85 davon immerhin noch die Hürde des Erstrates genommen hatten (18.6%; 2015: 17.0%). Erfolgreicher als die Motionen waren die Postulate, die 2016 von den Räten behandelt wurden. Mehr als die Hälfte (53.5%) und damit mehr als 2015 (46.7%) und mehr als der langjährige Schnitt (2000-2016: 46.5%) wurden angenommen. 10.4 Prozent aller 2016 als erledigt klassifizierter Postulate wurden zurückgezogen (2015: 7.3%), 9.7 Prozent abgeschrieben (Fristablauf oder Ausscheiden aus dem Rat; 2015: 29.3%) und 26.4 Prozent abgelehnt (2015: 16.7%).

Arbeitsbelastung 2016
Dossier: Geschäftsstatistik der Bundesversammlung

Die Anzahl Vorstösse, die von den Mitgliedern beider Räte eingereicht wird, steigt von Jahr zu Jahr, wie etwa die jüngsten Auswertungen aus den Jahren 2015 und 2016 verdeutlichen. Berechnungen zeigen, dass die Parlamentarierinnen und Parlamentarier im Jahr 2000 insgesamt 760 parlamentarische Initiativen, Motionen oder Postulate eingereicht hatten. Innert 15 Jahren hatte sich diese Zahl fast verdoppelt, auf insgesamt rund 1'300 Vorstösse, wobei 2009 gar rund 1'400 Vorstösse gezählt wurden.
Die mit der hohen Zahl eingereichter Ideen verbundene Arbeitsbelastung für Parlament und Verwaltung war bereits früher Gegenstand verschiedener Reformvorschläge gewesen. Diese hatte aber damals das gleiche Schicksal ereilt wie aktuell das Postulat Abate (fdp, TI) mit dem etwas martialischen Titel "Wehret der Vorstossflut!". Der Tessiner Ständerat forderte eine Prüfung von Möglichkeiten, mit denen die Zahl der Vorstösse eingeschränkt werden könnte. Das Büro-SR empfahl die Ablehnung des Vorstosses, weil Vorstösse das wichtigste parlamentarische Handlungswerkzeug darstellten und der Ständerat hinsichtlich der Nutzung dieser Werkzeuge, im Gegensatz zum Nationalrat, eher Zurückhaltung zeige. Sollte die grosse Kammer hier aber Handlungsbedarf sehen, so sei es an ihr selber, am besten mit einer parlamentarischen Initiative, tätig zu werden. Der Ständerat lehnte den Vorstoss in der Sommersession 2016 diskussionslos ab.

Wehret der Vorstossflut! (Po. 16.3143)
Dossier: Massnahmen gegen zu viele parlamentarische Vorstösse