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Er verstehe und begrüsse, dass die SPK-NR selber eine parlamentarische Initiative einreichen wolle, um dem Problem der Abschreibung zahlreicher Vorstösse aufgrund des Mangels an Beratungszeit Herr zu werden, ergriff Matthias Jauslin (fdp, AG) in der Sommersession 2023 das Wort, um seine eigene parlamentarische Initiative zu bewerben, mit der er die «Guillotine-Klausel» bei hängigen Vorstössen abschaffen wollte. Eine grosse Zahl eingereichter Motionen und Postulate werde nämlich gar nicht behandelt, weil sie nach zwei Jahren abgeschrieben, also eben dieser Guillotine-Klausel zum Opfer fallen würden. Er sei selber Mitglied der SPK-NR gewesen und wisse, dass dieses Problem zwar schon lange diskutiert werde, bisher aber nichts geschehen sei. Deshalb wolle er dem Nationalrat seine eigene parlamentarische Initiative schmackhaft machen, damit in der Folge Lösungen für diese Probleme diskutiert werden könnten. Er befürchte, dass das Anliegen «in der nächsten Amtsperiode» wieder in Vergessenheit gerate, wenn man es nicht «fest einbuche».
Mit 135 zu 44 Stimmen (11 Enthaltungen) teilte die Mehrheit des Nationalrats diese Befürchtung allerdings nicht und gab der parlamentarischen Initiative Jauslin keine Folge. Einzig eine grosse Mehrheit der Fraktion des Initianten (26 Stimmen), die geschlossen stimmende GLP-Fraktion (13) und einzelne Mitglieder der Fraktionen der SP (3), der Mitte-EVP (1) und der Grünen (1) sprachen sich für Folgegeben aus.

Guillotine-Klausel bei hängigen Vorstössen verhindern! (Pa.Iv. 22.480)

In den letzten Jahren gab es einige Vorstösse, mit denen Parlamentsmitglieder etwas gegen die wachsende Geschäftslast im Parlament unternehmen wollten. Freilich blieben diese Anliegen stets ohne Erfolg. Einen neuen Ansatz in dieser Sache verfolgte Matthias Jauslin (fdp, AG): Der FDP-Nationalrat wollte mit seiner parlamentarischen Initiative «Guillotine-Klausel bei hängigen Vorstössen verhindern!» dafür sorgen, dass das Parlament dank Optimierungen zukünftig mehr Vorstösse behandelt. Der Aargauer Nationalrat stiess sich an Art. 119 Absatz 5 des Parlamentsgesetzes, der vorsieht, dass innert zwei Jahren unbehandelte Vorstösse automatisch abgeschrieben werden. Diese unbehandelten Abschreibungen könnten insbesondere im Nationalrat durch verschiedene Massnahmen reduziert werden, etwa durch eine Verkürzung der Beratungszeiten, durch die Behandlung gewisser Vorstösse in einem schriftlichen Verfahren, durch einen Verzicht auf Debatten, durch eine Priorisierung von Vorstössen zu wichtigen Themen, in denen eine hohe Zahl von Vorstössen auf die Behandlung wartet, oder durch die Abkürzung von Beratungen zu parlamentarischen Initiativen, bei der sich eine Kommission gegen Folgegeben ausgesprochen hatte. Um die Geschäftslast dennoch zu begrenzen, schlug Jauslin darüber hinaus vor, die Zahl der Vorstösse, die ein Ratsmitglied pro Session einreichen darf, zu begrenzen.
Mit 18 zu 6 Stimmen wollte die SPK-NR den Auftrag zur Prüfung von Optimierungsmöglichkeiten allerdings nicht entgegennehmen und empfahl entsprechend, der Initiative keine Folge zu geben. Sie teile zwar die Meinung des Initianten, dass das zentrale Recht der Parlamentsmitglieder, mittels Vorstössen den Auftrag ihrer Wählerinnen und Wähler umzusetzen, durch die Guillotine-Klausel beschnitten werde, die von Jauslin vorgeschlagenen Massnahmen seien jedoch nicht zielführend. So seien zwischen 2008 und 2022 jedes Jahr durchschnittlich 1.7 Motionen pro Ratsmitglied eingereicht worden. Eine Optimierung könne lediglich mit einer Senkung dieser Zahl erreicht werden, was einer Begrenzung auf eine Motion pro Jahr und Ratsmitglied und damit einer gravierenden Einschränkung der parlamentarischen Rechte gleichkäme. Zudem würde mit einer Verschriftlichung der Beratungen eine ebenfalls ungewollte Einschränkung der wichtigen politischen Debatte in Kauf genommen. Das diskussionslose Überweisen zahlreicher Motionen an den Zweitrat wäre nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ eine Überforderung des Letzteren, weil dieser keine Anhaltspunkte habe, mit welchen Argumenten der Erstrat eine Motion annehmen oder einer parlamentarische Initiative Folge geben wolle.
In ihrem Bericht versprach die SPK-NR allerdings, sich des Problems der Guillotine-Klausel anzunehmen. Sie wolle verschiedene Vorschläge prüfen und allenfalls eine Kommissionsinitiative dazu einreichen. So könnte etwa über Motionen und Postulate, die nach zwei Jahren nach wie vor unbehandelt sind, ohne Debatte abgestimmt werden, thematisch ähnliche Vorstösse könnten gebündelt und ohne Rederecht der Urheberinnen und Urheber behandelt werden. Auch könnte geprüft werden, ob hängige Motionen in Anträge in einem Bundesratsgeschäft umformuliert werden könnten, es könnten vermehrt Sondersessionen zur Behandlung von Vorstössen genutzt werden oder man könnte den Kommissionen die Möglichkeit geben, von der Guillotine-Klausel bedrohte Motionen und Postulate als Kommissionsvorstösse neu einzureichen.
Der Nationalrat wird in der Sommersession 2023 über den Antrag der SPK-NR entscheiden.

Guillotine-Klausel bei hängigen Vorstössen verhindern! (Pa.Iv. 22.480)

Nach zwei Rekordjahren – sowohl 2020 als auch 2021 war die Arbeitsbelastung des Parlaments gemessen an der Zahl eingereichter, neu vorgelegter oder erledigter Vorstösse und Geschäfte rekordhoch gewesen – wurde 2022 ein leichter Rückgang verzeichnet.
Noch immer war die Zahl der Vorstösse, mit denen Parlamentsmitglieder Auskünfte bei der Exekutive verlangen (75 Anfragen, 1'018 nur für den Nationalrat vorgesehene Fragen für die Fragestunde, 902 Interpellationen), beinahe 65 Prozent höher als der langjährige Durchschnitt (total 1'257). Im Vergleich zum Vorjahr wurden aber weniger Postulate (202; 2021: 240) und parlamentarische Initiativen (101; 2021: 131) eingereicht. Hingegen nahm die Zahl der 2022 neu eingereichten Motionen im Vergleich zum Vorjahr wieder leicht zu (547; 2021: 528). Praktisch unverändert blieb die Anzahl neu vorgelegter Bundesratsgeschäfte (73; 2021: 72) und Standesinitiativen (25; 2021: 24). 2022 wurden zudem 43 Petitionen eingereicht (2021: 53) und das Parlament hatte über 41 Wahlgeschäfte zu befinden, die grösste Zahl seit dem Jahr 2000 (Schnitt von 2000-2022: 27).

Ein leichter Rückgang – verglichen mit den beiden Vorjahren – konnte 2022 auch bei der Erledigung der Gesamtzahl aller Vorstösse und Geschäfte beobachtet werden. Lag dieser Wert 2021 noch bei 3'530, wurden 2022 insgesamt 3'251 Erledigungen gezählt, was freilich noch weit über dem langjährigen Schnitt zwischen 2000 und 2022 lag (2'081). Der leichte Rückgang zeigte sich allerdings nicht bei allen Kategorien: 2022 beantwortete vor allem die Verwaltung im Vergleich zu 2021 etwas weniger Anfragen (81; 2021: 100; Schnitt 2000-2021: 131), Fragen (1'015; 2021: 1253; Schnitt: 570) und Interpellationen (812; 2021: 921; Schnitt: 534); auch hier war die Aufgabenlast aber nach wie vor überdurchschnittlich hoch. Das Parlament erledigte derweil 344 Postulate (2021: 298) – mehr als jemals zuvor seit dem Jahr 2000 (Schnitt: 187) –, 696 Motionen (Schnitt: 397) und 128 parlamentarische Initiativen (Schnitt: 96). Die starke Aktivität der Kantone im Covid-19-Pandemie-Jahr 2020, als nicht weniger als 45 Standesinitiativen eingereicht worden waren, resultierte 2022 in einer ebenfalls rekordhohen Zahl von 41 erledigten Standesinitiativen (Schnitt: 20). In Anbetracht der hohen Zahl an 2022 eingereichten Parlaments- bzw. Wahlgeschäften kam es auch in dieser Kategorie 2022 zu den meisten Erledigungen (37 erledigte Geschäfte; Schnitt: 26) seit 2000. Unterdurchschnittlich waren 2022 hingegen die Zahl erledigter Bundesratsgeschäfte (69; Schnitt: 81) sowie die Zahl erledigter Petitionen (28; Schnitt: 29).

Die reine Zahl der erledigten Motionen und Postulate führt freilich zu einer Überschätzung der parlamentarischen Arbeitsbelastung. «Erledigt» bedeutet nämlich nicht bloss «debattiert» im Sinne von «angenommen» oder «abgelehnt», sondern auch «unbehandelt abgeschrieben» oder «zurückgezogen». Für Diskussionen sorgte in diesem Zusammenhang die sogenannte «Guillotine-Klausel», also die Regel, dass während zweier Jahre seit Einreichung nicht behandelte Postulate und Motionen automatisch abgeschrieben werden. Gegen diese Guillotine-Klausel reichte Matthias Jauslin (fdp, AG) 2022 eine parlamentarische Initiative ein: Durch eine Optimierung der parlamentarischen Behandlung von Vorstössen solle der Anteil abgeschriebener Postulate und Motionen verringert werden, so die Forderung.
Allerdings war der Anteil abgeschriebener Postulate und Motionen im Jahr 2022 unterdurchschnittlich: Von den 344 erledigten Postulaten wurden 54 abgeschrieben (15.7%; Schnitt 2000-2022: 22.4%) und der Anteil abgeschriebener Motionen lag 2022 gar nur bei 14.4 Prozent (Schnitt: 28.8%). Weil nicht weniger als 140 Motionen im Jahr 2022 zurückgezogen wurden (20.1% aller 696 erledigten Motionen), lag die Zahl effektiv vom Parlament debattierter Motionen bei 456. 178 davon (39%; Schnitt 2000-2022: 36%) wurden angenommen, 144 bereits vom Erstrat und 134 vom Zweitrat abgelehnt. Bei den Postulaten lag die entsprechende Erfolgsquote bei 77 Prozent: Von den 259 behandelten Postulaten (von den total 344 Postulaten waren 31 zurückgezogen und wie erwähnt 54 abgeschrieben worden) wurden 200 angenommen (Schnitt 2000-2022: 69.6%).

Arbeitsbelastung 2022
Dossier: Geschäftsstatistik der Bundesversammlung

Nachdem der Nationalrat in der Sommersession 2022 der parlamentarischen Initiative von Matthias Jauslin (fdp, AG), die einen vollständigen Zugriff auf alle Kommissionsunterlagen forderte, einstimmig zugestimmt hatte, wurde sie in der darauffolgenden Herbstsession im Ständerat beraten. Die zuständige SPK-SR stand dem Geschäft skeptisch gegenüber und empfahl mit 10 zu 3 Stimmen, keine Folge zu geben. Kommissionssprecher Mathias Zopfi (gp, GL) führte die Gründe für das Nein der SPK-SR aus. Es gehe hier nicht wie im Nationalrat diskutiert um eine Digitalisierungs-, sondern um eine rechtliche Frage. Seit der Reform des Parlamentsrechts von 2019 sei geregelt, wer Zugriff auf welche Dokumente haben solle. Explizit keinen Zugriff habe man damals für Dokumente aus kommissionsinternen Geschäften gewähren wollen, die lediglich von den entsprechenden Kommissionsmitgliedern und den Fraktionssekretariaten einsehbar sein sollen. Damals wie in der heutigen Empfehlung gehe es der SPK-SR um den Schutz des Kommissionsgeheimnisses. Es müsse zudem möglich bleiben, dass Themen zuerst einmal kommissionsintern beraten würden, ohne dass zugehörige Dokumente bereits von allen Ratsmitgliedern einsehbar seien. In einem Einzelantrag plädierte Hannes Germann (svp, SH) für Folgegeben. Es könne nicht angehen, dass Parlamentsmitglieder schlechter gestellt würden als Angestellte der Fraktionssekretariate. Es sei der Arbeit eines Parlamentariers oder einer Parlamentarierin unwürdig, wenn Dokumente im Fraktionssekretariat bestellt werden müssten, wenn man sie einsehen wolle. Für das Problem mit dem Fraktionsgeheimnis würden sich bei der Umsetzung der Initiative Lösungen finden – so Germann. Man sei ja erst «in Phase eins». Mit 26 zu 18 Stimmen folgte der Ständerat allerdings seiner Kommissionsmehrheit und versenkte damit das Geschäft.

Zugriff auf Kommissionsunterlagen (Pa.Iv. 20.461)

Das von Balthasar Glättli (gp, ZH) mittels parlamentarischer Initiative geforderte Obligatorium für die freie Rede bei Ratsdebatten löste in der Sommersession 2022 im Nationalrat ein von einiger Heiterkeit begleitetes Frage-Antwort-Spiel aus. Der Initiant legte dar, dass es zu Beginn des Parlamentsbetriebs, also vor 172 Jahren, verboten gewesen sei, eine Rede abzulesen. Er glaube, dass frei gesprochene Reden nicht nur spannendere, sondern auch verständlichere Debatten nach sich ziehen würden, was «der Demokratie guttäte». Wer frei spreche, habe sich mit dem Thema besser auseinandergesetzt, als wer einfach ablese. Er fordere kein Verbot von Unterlagen, aber er wolle verhindern, dass eine Rede lediglich abgelesen werde. Auf die Frage von Roger Nordmann (sp, VD), ob sich Glättli bewusst sei, dass es sprachliche und rhetorisch nicht so begabte Minderheiten gebe, für die die freie Rede nicht so einfach sei – ein Punkt, den auch das Büro-NR in seinem Bericht gegen die parlamentarische Initiative vorgebracht hatte –, erwiderte der Initiant, dass es in der Tat nicht gut sei, dass man einander nicht verstehe, dies aber mit der freien Rede nichts zu tun habe. Beat Flach (glp, AG) wollte von Glättli wissen, ob er mit einem Verbot nicht überschiesse. Hier brachte der Initiant das Beispiel Grossbritanniens vor, wo man ebenfalls ein Ableseverbot kenne, das freilich mit Augenmass umgesetzt werde: «Aber es gibt dann im britischen Parlament auch den Moment, wo es aus den Reihen schallt ‹He is reading!›, weil man merkt, dass jemand nicht mehr bei der Sache ist, sondern nur noch am Papier klebt. Das will ich verhindern.». Ob denn die freie Rede nicht einfach «in zielloses, polemisches Geschwafel» ausarte, wollte Kurt Fluri (fdp, SO) wissen. Man müsse hierfür wohl zuerst Erfahrungen sammeln und dann allenfalls korrigieren, verteidigte sich Glättli. Es brauche keine Kontrolle, sondern individuelle Abwägung, wie viel man von einem Spickzettel ablesen wolle, antwortete Glättli eine Frage von Lorenz Hess (mitte, BE) und auch die Frage von Benjamin Roduit (mitte, VS), ob denn mit freier Rede nicht die Gefahr eines Überziehens der Zeit bestehe, konterte Glättli: Auch diese Regel müsste eigentlich überdacht werden und auch hier könnte man eine gewisse «souplesse» oder Flexibilität walten lassen.
Das Büro hatte zuvor mit 10 zu 1 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) entschieden, dem Vorstoss keine Folge zu geben. Neben den in den Fragen angesprochenen Kritikpunkten (Überforderung von Minderheiten, schwierige Kontrolle, Bedeutung der «Legiferierung» statt Debattenkultur in der Schweiz) fügte das Büro im Bericht auch noch das Argument der nötigen Präzision von Reden an: Komplexe Geschäfte sowie die Berichterstattung von Kommissionsdiskussionen bedingten eine möglichst präzise und doch möglichst knappe Sprache. Dies sei in freier Rede kaum möglich. Mit Ausnahme der GLP- und der FDP-Fraktion fanden sich aus allen Fraktionen Unterstützerinnen und Unterstützer des Antrags. Die insgesamt 30 befürwortenden Stimmen reichten allerdings gegen die 129 Stimmen, die der Initiative keine Folge geben wollten, nicht aus. Ins Auge fielen die 32 Enthaltungen, die wiederum mit Ausnahme der FDP-Fraktion aus allen parlamentarischen Gruppen stammten. Damit ist die parlamentarische Initiative erledigt.

Freie Rede einführen (Pa.Iv. 21.500)

Um den Informationsstand für alle Parlamentsmitglieder anzugleichen und eine unbürokratischere Stellvertretung in Kommissionen zu ermöglichen, forderte Matthias Jauslin (fdp, AG) mittels parlamentarischer Initiative einen besseren Zugriff auf Kommissionsunterlagen. Es gehe dabei nicht um eine Aufhebung des Kommissionsgeheimnisses, sondern um die Ermöglichung eines vollständigen Zugriffs auf die elektronische Plattform «Parlnet», auf der sich alle Kommissionsunterlagen (Protokolle, Berichte, Dokumente, Sitzungseinladungen) befänden. Es sei unverständlich, dass die Fraktionssekretariate über diesen vollständigen Zugriff verfügten, nicht aber die einzelnen Ratsmitglieder, obwohl das Parlamentsgesetz dies eigentlich so vorsehe. In der Ratsdebatte machte Matthias Jauslin zudem darauf aufmerksam, dass erst mit einem freien Zugriff auf alle Dokumente von Parlnet der Digitalisierung zum Durchbruch verholfen werde. Weil im Moment der elektronische Zugriff nicht möglich sei, müssten etwa einem Parlamentsmitglied, das ein anderes in einer Kommission vertrete, alle Unterlagen per Mail oder gar per Post zugeschickt werden. Die Ratsdebatte war nötig geworden, weil zwar die SPK-NR der Initiative mit 18 zu 0 Stimmen (6 Enthaltungen) Folge gegeben, die SPK-SR dem aber mit 9 zu 2 Stimmen nicht zugestimmt hatte. Laut Medienmitteilung befürchtete die ständerätliche Kommission eine Aufweichung des Schutzes des Kommissionsgeheimnisses. Weil die Unterstützung in der SPK-NR in der Zwischenzeit gar noch angestiegen war – die Kommission empfahl im Vorfeld der Ratsdebatte mit 22 zu 0 Stimmen (2 Enthaltungen) Folgegeben –, gab der Nationalrat der Initiative nach dem Votum von Jauslin oppositionslos Folge.

Zugriff auf Kommissionsunterlagen (Pa.Iv. 20.461)

Der Nationalrat beugte sich in seiner Sondersession im Oktober 2020 über die Vorschläge seiner SPK-NR zu einer Regelung für transparentes Lobbying. Nachdem Eintreten während der Wintersession 2019 beschlossen worden war, galt es nun die Details zu beraten, was in zwei Blöcken getan werden sollte: Block 1 umfasste den Zugang zum Parlamentsgebäude, während Block 2 die Offenlegungspflichten der Ratsmitglieder betraf. Nachdem die Fraktionen ihre Positionen dargelegt hatten, berichteten Greta Gysin (gp, TI) und Andri Silberschmidt (fdp, ZH) für die Kommission. Die Vorlage, die auf den Vorschlägen einer 2015 eingereichten parlamentarischen Initiative Berberat (sp, NE) beruhen, sehe ein öffentliches Register von Lobbyisten, eine Offenlegung derer Mandate sowie Sanktionen bei Verstössen vor. Lobbyisten sollen nur noch Tageszutritte zum Bundeshaus erhalten. Dauerausweise (so genannte Badges) – so der Vorschlag für ein vereinfachtes Akkreditierungssystem – sollen nur noch an Familienmitglieder und persönliche Mitarbeitende vergeben werden dürfen, die, falls sie Interessenvertretung betreiben, ebenfalls in das öffentliche Register eingetragen werden müssen. Schliesslich beantragte die SPK-NR, dass nur noch Zutritt zur Wandelhalle haben soll, wer einen Dauerausweis oder eine Medienakkreditierung besitzt.
Verschiedene sprachliche Präzisierungen, die von Minderheitenanträgen verlangt wurden, erhielten in den ersten Detailabstimmungsrunden eine Mehrheit. So sollen zum Beispiel Bundesangestellte, die ebenfalls einen Dauerausweis haben, von der Regelung für eine Offenlegungspflicht ausgenommen werden. Keine Chance und lediglich Zuspruch von der SVP- und von Teilen der FDP-Fraktion hatte ein Minderheitsantrag Buffat (svp, VD), der verhindern wollte, dass die Ausstellung des Dauerausweises mit einem Verbot für die Annahme von Geld- und Sachzuwendungen verknüpft wird. Die gleiche Minderheit wollte – ebenso erfolglos – die Verhaltensregeln streichen, die für Tagesbesucherinnen und -besucher festgehalten werden sollen.
Die Vorschläge in Block 2, die den Ratsmitgliedern selber Vorschriften für mehr Transparenz hätten machen wollen, hatte die Mehrheit der SPK-NR gänzlich abgelehnt. Die bestehenden Regelungen würden genügen und die Forderungen hätten mit der Idee der parlamentarischen Initiative Berberat nichts zu tun, führten Greta Gysin und Andri Silberschmidt erneut für die Kommission als Begründungen an. Diese bestehenden Regelungen – Offenlegungspflicht der beruflichen Tätigkeiten, der Tätigkeiten in Führungs- und Aufsichtsgremien, der Beratungs-, Leitungs- und Expertentätigkeiten und der Mitwirkung in Kommissionen, unterschieden nach ehrenamtlichen und bezahlten Mandaten – sollten auf Antrag linker Minderheiten ergänzt werden. Aber weder der Vorschlag der obligatorischen Offenlegung von Entgelten über CHF 12'000 pro Jahr noch die Offenlegung von Spenden über CHF 5'000 oder die Forderung einer Deckelung von Entgelten fanden im Rat genügend Unterstützung. Angenommen wurde einzig ein Kommissionsantrag, der Einladungen von Interessenorganisation zu Informationsreisen erlauben wollte, sofern die Reisekosten von den eingeladenen Ratsmitgliedern selber bezahlt werden.
Bei der Gesamtabstimmung ereilte die Vorlage dann das Schicksal, das ihr einzelne bürgerliche Fraktionssprecherinnen und Fraktionssprecher bereits zu Beginn der Beratung angedroht hatten: Mit 96 zu 82 Stimmen wurde sie abgelehnt. Die ablehnenden Stimmen stammten dabei von der Mitte-Fraktion (21) – Marco Romano (cvp, TI) hatte von einer unbefriedigenden Vorlage gesprochen –, von der FDP-Fraktion (22) – Matthias Jauslin (fdp, AG) hatte der Kommission vorgeworfen, keinen Schritt weitergekommen zu sein und ihre Arbeit nicht gemacht zu haben – und von der SVP-Fraktion (49), bei der Barbara Steinemann (svp, ZH) ausgeführt hatte, dass Lobbying überbewertet werde. Immerhin gesellten sich auch insgesamt vier Fraktionsmitglieder der SP und der GLP zur ablehnenden Mehrheit. Einzig die Grüne Fraktion stimmte geschlossen für die Vorlage – Irène Kälin (gp, AG) hatte gefordert, das man diese wesentlichen Informationen für alle Menschen verfügbar machen und deshalb «die Hosen runter» lassen müsse. Die Ablehnung der Vorlage bewirkte nun freilich, dass die Parlamentsmitglieder auch in Zukunft bedeckt bleiben dürfen. Die Vorlage war mit dem Nein nämlich definitiv vom Tisch. Erstaunlicherweise führte dies in den Medien – anders als noch im Sommer 2019, als der Nationalrat in einer ersten Runde nicht auf die Vorlage eintreten wollte – kaum zu Kritik.

Transparentes Lobbying (Pa. Iv. 15.438)
Dossier: Lobbyismus im Bundeshaus

Weil der Ständerat auf die Vorlage der SPK-NR, welche diese auf der Basis der parlamentarischen Initiative Aeschi (svp, ZG) ausgearbeitet hatte, nicht eintreten wollte, musste die grosse Kammer entscheiden, ob sie an ihrem bereits gefassten Eintretensentscheid festhalten oder aber der Entscheidung des Ständerats folgen und die Idee der Einführung eines Verordnungsvetos endgültig versenken wollte. Letzteres empfahl eine links-grüne Kommissionsminderheit. Deren Sprecherin Nadine Masshardt (sp, BE) betonte, es sei kein Zufall, dass der Ständerat die Vorlage deutlich ablehne, weil auch die Kantone in der Vernehmlassung signalisiert hätten, dass sie keinen Handlungsbedarf sehen, dafür aber Mehraufwand und Rechtsunsicherheit befürchteten. Erneut wies die Sprecherin auch auf die Gefahr hin, dass man mit einem Verordnungsveto die Gewaltentrennung ritze. In die gleiche Kerbe schlug Bundeskanzler Walter Thurnherr, der den Standpunkt des Bundesrats vertrat. Die Regierung weise zudem noch einmal darauf hin, dass es genügend alternative Instrumente gebe, um auf Verordnungen Einfluss zu nehmen, betonte er. Mit einer Motion könne man zum Beispiel die Änderung ganz spezifischer Punkte in einer Verordnung erwirken. Das sei letztlich nicht nur effizienter, sondern auch rascher als mit einem Veto alles zu blockieren. Anders sah dies die Kommissionsmehrheit, die durch Matthias Jauslin (fdp, AG) und Jean-Luc Addor (svp, VS) vertreten wurde. Hauptargument für ein Festhalten am ursprünglichen Entschluss sei, dass der Bundesrat bei Verordnungen eben nicht immer den Willen des Parlaments umsetze. Es brauche ein Instrument, mit dem sichergestellt werde, dass Verordnungen mit der ursprünglichen Meinung des Gesetzgebers übereinstimmten. Es seien wohl auch nicht die Kantone, die gegen ein Veto seien, sondern vielmehr die Kantonsregierungen, so Addor. Die 16 zu 7-Mehrheit der SPK-NR sei der Meinung, dass sich der Ständerat der wichtigen Frage nicht einfach entziehen dürfe.
Die Mehrheit des Nationalrats folgte der Kommissionsmehrheit. Mit 99 zu 83 Stimmen und 6 Enthaltungen wurde Festhalten am Eintretensentscheid beschlossen. Gespalten zeigten sich die Mitte- und die FDP-Fraktion. Die SVP und die Grünliberalen stimmten geschlossen für Festhalten und Links-Grün wollte die Vorlage erfolglos versenken. Damit geht das Geschäft noch einmal zurück in die kleine Kammer.

Veto gegen bundesrätliche Verordnungen (Pa. Iv. 14.422)
Dossier: Vorstösse für ein Veto des Parlamentes gegen Verordnungen des Bundesrates

Erneut musste sich der Nationalrat mit der parlamentarischen Initiative Berberat (sp, NE) befassen, weil sich der Ständerat noch einmal für Folge geben entschieden hatte, obwohl die grosse Kammer in der Sommersession entschieden hatte, nicht auf die Vorlage einzutreten. In der Zwischenzeit hatte sich die SPK-NR mit 12 zu 11 Stimmen ein weiteres Mal gegen die Vorlage für ein transparentes Lobbying ausgesprochen.
Allerdings mochte der Nationalrat – nota bene nach den eidgenössischen Wahlen in neuer Besetzung – diese Empfehlung überraschend deutlich nicht befolgen. Mit 107 zu 66 Stimmen bei 4 Enthaltungen folgte der geschlossene rot-grün-grünliberale Block, unterstützt von jeweils fast der Hälfte der FDP- und der Mitte-Fraktion sowie 8 Mitgliedern der SVP-Fraktion der Kommissionsminderheit. Nur ein halbes Jahr seit der ursprünglichen Ablehnung (damals mit 103 zu 72 Stimmen) hatte sich der Wind in der grossen Kammer also stark gedreht.
In der Debatte wurde betont, dass es sich beim vorliegenden Vorschlag um eine Minimallösung handle, es sei ein «kleiner Schritt in die richtige Richtung», wie sich Minderheitensprecher Matthias Jauslin (fdp, AG) ausdrückte. Es gehe jetzt und hier für das neue Parlament darum, zu zeigen, ob mehr Transparenz als Wahlversprechen ehrlich gemeint gewesen sei, so der Aargauer Freisinnige weiter. Für die SP bestehe Handlungsbedarf, fasste Nadine Masshardt (sp, BE) die Position ihrer Fraktion zusammen. Lobbying gehöre zum System, brauche aber Transparenz, klare Regeln und chancengleichen Zugang. Solche Regeln könnten aber nur geschaffen werden, wenn man mal wenigstens auf die Vorlage eintrete, um sie dann noch zu verbessern. Balthasar Glättli (gp, ZH) richtete sich an «jene, die zum ersten Mal in diesem Rund sitzen»: Wenn man nicht wolle, dass das Geschäft weg vom Tisch sei, müsse man für Eintreten votieren. Auf der Gegenseite argumentierte Ruth Humbel (cvp, AG) für die Mitte-Fraktion, dass die Vorlage keinen Mehrwert bringe, sondern nur mehr Bürokratie und «das beruhigende Gefühl, etwas getan zu haben». Lobbying werde zudem überbewertet und es sei staatspolitisch zweifelhaft, dass Lobbyistinnen und Lobbyisten per Parlamentsgesetz zum Teil des Parlamentsbetriebs gemacht würden. Tiana Angelina Moser (glp, ZH) entgegnete, dass man zuerst einmal eintreten müsse und dann debattieren könne, ob man hier ein Bürokratiemonster schaffe. Die GLP wolle einen Schritt weiterkommen und beantrage deshalb Eintreten. Für die SVP, die den Antrag der Mehrheit auf Nicht-Eintreten unterstützte, ergriff kein Mitglied das Wort.

Transparentes Lobbying (Pa. Iv. 15.438)
Dossier: Lobbyismus im Bundeshaus

In der Sommersession beugte sich der Nationalrat über den von der SPK-SR ausgearbeiteten Entwurf für die Umsetzung der parlamentarischen Initiative Berberat (sp, NE), die ein transparentes Lobbying verlangte. Die SPK-NR hatte sich in ihrer vorberatenden Sitzung bereits Ende Mai gegen die Vorlage ausgesprochen. Dass Interessenvertreterinnen und -vertreter, die von Parlamentsmitgliedern Zutritt erhalten, ihre Aufträge offenlegen müssten, diene nicht der Transparenz – in ihrer Medienmitteilung stellte die SPK-NR die Frage, was denn die Bürgerinnen und Bürger mit dieser Information anfangen sollten –, sondern verursache nur sehr viel Bürokratie. Man könne den einzelnen Parlamentarierinnen und Parlamentariern zumuten, dass sie sich selber über Auftraggeberinnen und Auftraggeber der Personen informierten, die von ihnen einen Badge erhalten. Das vorgesehene Akkreditierungssystem würde hingegen zur Institutionalisierung des Lobbyismus führen und nur den grossen Agenturen dienen. Auch hier entstünde dem Parlament lediglich bürokratischer Mehraufwand. Die Kommission beantragte deshalb Nichteintreten.
In der Ratsdebatte wies der Kommissionssprecher Marco Romano (cvp, TI) zusätzlich zu den Argumenten der Kommissionsmehrheit darauf hin, dass die wichtigen Kontakte ausserhalb des Bundeshauses stattfänden, Transparenz also sowieso illusorisch sei. Die Minderheit, vertreten durch Matthias Jauslin (fdp, AG), betonte hingegen, dass selbst die Lobbyorganisationen, also etwa die Schweizerische Public Affairs Gesellschaft (Spag), Regelungen wünschten. Die in der Initiative Berberat angeregten Ideen seien eigentlich viel weiter gegangen, als die vorliegende «Schwachstromlösung». Diese sei aber immerhin ein kleiner Kompromiss, den man jetzt nicht auch noch abweisen dürfe. Man solle wenigstens eintreten und der SPK-NR damit die Möglichkeit geben, sich noch einmal um die Sache zu kümmern. Wegschauen sei keine Lösung.
Nachdem Vertreterinnen und Vertreter der SP, der Grünen und der GLP sich für Eintreten ausgesprochen hatten und nach einer mit Rückfragen gespickten Debatte, in der es auch um die Frage ging, ob man in der Kommission genügend über die Details der Vorlage nachgedacht und nicht einfach nur über Eintreten diskutiert habe – eine Frage die von Angehörigen der Kommissionsmehrheit anders beantwortet wurde als von den Mitgliedern der Minderheit –, votierte die Ratsmehrheit der grossen Kammer schliesslich gegen Eintreten. Wie aufgrund der Debatte nicht anders zu erwarten war, stammten die 72 Stimmen für Eintreten aus den geschlossenen stimmenden Fraktionen von SP, GP und GLP; allerdings votierten auch nicht weniger als 19 bürgerliche Abweichlerinnen und Abweichler für Eintreten. Der Mehrheit von 103 Stimmen vermochten sie allerdings nichts entgegenzuhalten. In der Presse stiess der nationalrätliche Entscheid auf Kritik. Vier Jahre nach der «Kasachstan-Affäre» sei nun auch der letzte der damals zahlreich eingereichten Vorstösse versenkt worden, ohne dass Verbesserungen vorgenommen worden seien.

Transparentes Lobbying (Pa. Iv. 15.438)
Dossier: Lobbyismus im Bundeshaus

Bevor der Nationalrat in der Sommersession über die Umsetzung der parlamentarischen Initiative Aeschi (svp, ZG) zur Einführung eines Verordnungsvetos debattierte, hatte sich der Bundesrat in die Diskussion eingebracht. In ihrer Stellungnahme beantragte die Regierung, nicht auf das Geschäft einzutreten. Sie machte dabei geltend, dass dem Parlament bereits wirksame Instrumente (Motion, parlamentarische Initiative, Konsultationsrechte) zur Verfügung stünden, um Einfluss auf die Verordungsgebung des Bundesrats zu nehmen. Ein Veto würde hingegen nicht nur zu Verzögerungen führen, sondern sei – weil es die Gewaltenteilung verletze – auch verfassungswidrig. Im Falle eines Eintretens verlangte der Bundesrat Ausnahmen etwa im Falle völkerrechtlicher Verpflichtungen, für Verordnungen rein technischen Inhalts oder für Verordnungen zur Wahrung der inneren oder äusseren Sicherheit. Zudem seien Verordnungen auszunehmen, die bei dringlichen Bundesgesetzen erlassen werden müssen. In seiner Stellungnahme äusserte sich der Bundesrat zudem zu den verschiedenen Anträgen der von der SPK-NR ausgearbeiteten Vorlage.

Der Entwurf der SPK-NR sieht vor, dass ein Drittel der Mitglieder eines Rates innerhalb von 15 Tagen nach deren Veröffentlichung gegen Verordnungen des Bundesrats ein Veto einlegen kann. Nach höchsten 60 Tagen muss die verantwortliche Kommission über den Antrag befinden. Lehnt sie diesen ab, ist er erledigt; stimmt sie ihm zu, wird er von den Räten in der nachfolgenden ordentlichen Session behandelt. Diese entscheiden dann, ob eine Verordnung der Ansicht des Gesetzgebers widerspricht und folglich neu verfasst werden muss oder nicht. Ziel sei es, dem Eindruck zu begegnen, dass die Umsetzung von vom Parlament beschlossenen Gesetzen durch die bundesrätlichen Verordnungen nicht immer dem Willen des Gesetzgebers entsprächen. Das Veto hätte so also auch präventive Wirkung, warb Kommissionssprecher Matthias Jauslin (fdp, AG) in der Eintretensdebatte für die Vorlage.
Diese Eintretensdebatte wurde ziemlich ausführlich geführt und machte die Kontrahentinnen und Kontrahenten sichtbar, die sich insbesondere am zentralen Element der Gewaltenteilung rieben. Die vom Bundesrat unterstützte, gegen Eintreten optierende Minderheit, bestehend aus den geschlossen stimmenden Fraktionen der SP und der GP sowie aus Minderheiten der CVP- und der FDP-Fraktion, erachtete das Veto gegen Verordnungen als Instrument, mit dem die Teilung der Gewalten je nach Lesart «geritzt» oder gar «verletzt» werde. Die gesetzgebende Gewalt dürfe sich nicht in die technische Arbeit der vollziehenden Gewalt einmischen, wurde argumentiert. Angelo Barrile (sp, ZH) warnte mit Blick auf die Vernehmlassungsantworten, in denen sich die «Lobbys» für ein Verordnungsveto ausgesprochen hätten, dass der Einfluss von Interessenorganisationen mit dem neuen Instrument auch auf die Umsetzung von Gesetzen ausgedehnt würde. Die Minderheit verwies zudem auf das «Verzögerungs- und Blockadepotenzial» des Verordnungsvetos, so etwa Nadine Masshardt (sp, BE). Das Veto lade zudem dazu ein, politisch zu taktieren, und erteile keinen Auftrag, weil man mit ihm Verordnungen nur ablehnen oder gutheissen könne, monierte Marianne Streiff-Feller (evp, BE) für die Minderheit der CVP-Fraktion. Und Balthasar Glättli (gp, ZH) wies darauf hin, dass das Parlament mit der parlamentarischen Initiative ja ein viel stärkeres Instrument habe, selber Gesetze zu verfassen. Die Mehrheit beharrte hingegen darauf, dass der Bundesrat sich mit Verordnungen immer wieder dem Willen des Souveräns widersetze. Wirklich stossende Abweichungen der Gesetzgebung durch Verordnungen müssten darum sozusagen mittels «Notbremse» verhindert werden können, so Beat Flach (glp, AG) für die GLP-Fraktion. Es handle sich um ein staatsrechtliches Experiment, auf das man sich einlassen und das man diskutieren solle. Es gehe nicht um die Frage, ob dieser Vorstoss verfassungskonform sei oder nicht – nahm Gregor Rutz (svp, ZH) für die SVP-Fraktion Stellung –, sondern um den Schutz der Verfassung selber. Man habe zwar kein Verfassungsgericht, aber die Kontrolle gegen ein Gesetz könne mittels Referendum wahrgenommen werden. Dies sei nun aber bei Verordnungen eben nicht möglich. Heute stamme ein Drittel aller Regelungen aus Verordnungen und lediglich 12 Prozent aus Gesetzen. Deshalb sei ein Korrekturinstrument dringend. Für die FDP-Fraktion ergriff schliesslich Kurt Fluri (fdp, SO) das Wort: Es sei wichtig, zu sehen, dass das Veto kassatorisch sei. Es gehe eben gerade nicht darum, neue Regelungen zu diskutieren oder anzustossen – was mit den parlamentarischen Anstossinstrumenten mitunter Jahre dauere –, sondern einzig darum, den Bundesrat aufzufordern, Gesetze im Sinne des Parlaments und nicht «seinen eigenen Willen» umzusetzen. Fluri ging zudem auf die Erfahrungen in seinem Kanton Solothurn ein, der ein Verordnungsveto kennt. In den 30 Jahren zwischen 1988 und 2018 sei lediglich gegen 77 von 1115 Verordnungen ein Veto eingelegt worden, acht dieser beanstandeten Verordnungen seien von der Regierung zurückgezogen und etwa jede fünfte korrigiert worden. Es könne – zumindest im Kanton Solothurn – nicht von systematischer Blockade gesprochen werden. Bundeskanzler Walter Thurnherr äusserte sich am Schluss der Eintretensdebatte im Namen des Bundesrats und warnte vor der Vermischung der Gewalten und einem unverhältnismässigen Aufwand. Zudem fehle aus Sicht der Regierung die verfassungsmässige Grundlage für das neue Instrument. Mit 115 zu 64 Stimmen wurde dann – aufgrund der Positionen der einzelnen Fraktionen eher wenig überraschend – Eintreten beschlossen.
Bei der Detailberatung wurden alle Vorschläge des Bundesrates für zusätzliche Ausnahmen abgelehnt.Auch ein Minderheitsantrag der SVP, wonach nicht die Kommissionsmehrheit das letzte Wort haben soll, sondern ein Minderheitsantrag auch im Rat diskutiert werden sollte, fand keine Mehrheit. Es soll also die Kommission beziehungsweise deren Mehrheit sein, die entscheidet, ob über einen Antrag auf ein Veto abgestimmt wird oder nicht. Das gleiche Schicksal der Ablehnung ereilte ein Minderheitsantrag der SP, mit dem die Erläuterungen zu den Verordnungen im Bundesblatt hätten veröffentlicht werden sollen. Alle weiteren Minderheitsanträge, mit denen Ausnahmen geschaffen werden sollten, lehnte die Ratsmehrheit ab. Mit ein Grund dafür war wohl das von Kommissionssprecher Jauslin vorgebrachte Argument, dass hier ein neues Instrument geschaffen werde und man zuerst Erfahrungen sammeln müsse, um dann vielleicht später in einzelnen Bereichen Ausnahmen zu schaffen. In der Gesamtabstimmung erhielt die unveränderte Vorlage der SPK-NR 113 Stimmen. Die 67 Gegenstimmen stammten von allen anwesenden GP- (11) und SP-Mitgliedern (40) sowie von 10 Mitgliedern der FDP- und 6 der CVP-Fraktion. Sechs der acht Grünliberalen enthielten sich der Stimme. Damit ging die Vorlage an den Ständerat.

Veto gegen bundesrätliche Verordnungen (Pa. Iv. 14.422)
Dossier: Vorstösse für ein Veto des Parlamentes gegen Verordnungen des Bundesrates

In der Sommersession 2018 schritten die Räte zur Differenzbereinigung bei der Sammelvorlage zu den verschiedenen Änderungen des Parlamentsrechts. Zu reden gab dabei die vom Ständerat angepasste Regelung zur Offenlegung von bezahlten oder ehrenamtlichen Mandaten. Die SPK-NR schlug vor, hier einen Richtwert einzusetzen, um unterscheiden zu können, ob ein Mandat ehrenamtlich oder bezahlt ist: Nichtberufliche Mandate, für die pro Jahr inklusive Spesen nicht mehr als CHF 12'000 ausbezahlt werden, gälten als ehrenamtlich. Es gehe aber nicht darum, so Kommissionssprecher Matthias Jauslin (fdp, AG), dass man die konkret erhaltenen Beträge ausweisen müsse, sondern nur darum, anzugeben, ob man ehrenamtliche oder bezahlte Mandate habe. Dies ging freilich einer Minderheit Rutz (svp, ZH) zu weit. Gregor Rutz warnte, dass dies das Einlasstor für Forderungen nach völliger Transparenz aller Entschädigungen sei, die man als Parlamentsmitglied erhalte. Der Minderheitsantrag auf Streichung des gesamten Passus – inklusive der Deklarationspflicht zur Unterscheidung des ehrenamtlichen vom bezahlten Engagement – wurde in der Folge äusserst knapp mit 93 zu 92 Stimmen angenommen.
Hinsichtlich des Obligatoriums für Abstimmungen zu Einigungsanträgen entschied sich die grosse Kammer diskussionslos für Festhalten. Der Ständerat hatte die Forderung für ein solches Obligatorium abgelehnt. Für Diskussionen sorgte sodann die ständerätliche Idee, den Bundesrat zu verpflichten, bei jeder Gesetzesvorlage zu überlegen, ob das Gesetz zeitlich befristet werden könnte. Diese auf eine parlamentarische Initiative Vogt (svp, ZH; Pa.Iv. 16.437) zurückgehende Forderung wurde von einer Minderheit Barrile (sp, ZH) bekämpft und auch vom Bundesrat – vertreten durch Bundeskanzler Walter Thurnherr – als aufwändig und nicht sehr zielführend zur Ablehnung empfohlen. Mit 145 zu 42 Stimmen folgte der Nationalrat aber seiner Kommissionsmehrheit. Dies tat er auch bezüglich des Antrags der Streichung der vom Ständerat eingefügten Forderung, bei Erlassentwürfen die Folgen für Auslandschweizerinnen und -schweizer abzuschätzen. Mit 144 zu 39 Stimmen wurde ein Minderheitsantrag Moret (fdp, VD) abgelehnt, der den ständerätlichen Vorschlag aufnehmen wollte.
Die Verordnung wurde vom Nationalrat entsprechend den Änderungen des Ständerats gutgeheissen.
Die grosse Kammer hatte anschliessend auch noch über ihr Geschäftsreglement zu beraten. In einer zweiten Lesung gab vor allem die Frage der Sitzungszeiten zu diskutieren. Ein Minderheitsantrag Barrile (sp, ZH), die Ratssitzungen nicht um 8.00 Uhr, sondern um 8.15 Uhr zu beginnen, scheiterte aber auch in der zweiten Lesung ebenso wie ein Minderheitsantrag der SVP, aus Kostengründen ganz auf den Freitag in der letzten Sessionswoche zu verzichten.

Während die Verordnung und das Geschäftsreglement somit bereit waren für die Schlussabstimmungen, musste das Gesetz noch einmal zurück in den Ständerat, der in den drei verbleibenden gewichtigen Fragen auf Festhalten entschied. Die kleine Kammer pochte also darauf, dass Parlamentsmitglieder ausweisen müssen, ob sie ehrenamtliche oder entgeltliche Mandate ausüben, lehnte eine obligatorische Abstimmung bei Einigungsanträgen nach wie vor ab und wollte eine Abschätzung der Folgen von Erlassentwürfen auf Schweizerinnen und Schweizer, die im Ausland leben.

Die Differenzen wurden dann schliesslich in der gleichen Session ausgeräumt. Während der Nationalrat bei den Fragen nach mehr Transparenz beim Ausweisen der Mandate sowie bei der Folgeabschätzung für Auslandschweizerinnen und -schweizer einlenkte, gab der Ständerat bei der Frage nach namentlichen Abstimmungen bei Einigungsanträgen nach.

Bei den Schlussabstimmungen stiessen Gesetz und Verordnung in beiden Kammern auf Opposition von rechts. Mit 124 zu 86 Stimmen bei 6 Enthaltungen (Gesetz) bzw. 126 zu 70 Stimmen bei 2 Enthaltungen (Verordnung) passierten die Änderungen die grosse Kammer aber doch deutlich. Und auch in der kleinen Kammer waren die Mehrheiten klar: 36 zu 8 Stimmen, bzw. 37 zu 7 Stimmen und eine Enthaltung. Die Änderungen des Geschäftsreglements des Nationalrats wurden von diesem mit 196 zu 1 Stimme (bei 1 Enthaltung) angenommen.

Änderungen des Parlamentsrechts (Sammelvorlage; Pa. Iv. 16.457)
Dossier: Parlamentarische Initiativen für verschiedene Änderungen des Parlamentsrechts

Es seien eineinhalb Jahre vergangen, in denen sich die SPK-NR mit zahlreichen Vorstössen zum Einkommen der Parlamentarierinnen und Parlamentarier habe befassen müssen. Die Beratungen dazu hätten gezeigt, dass eine Überprüfung von Einkommen und Spesen der Mitglieder der Bundesversammlung nicht angemessen sei. Die Bedürfnisse der einzelnen Ratsmitglieder seien derart verschieden, dass allgemeine Regelungen nicht angebracht seien. Dies gelte auch für die Idee eines Pauschalbetrags für persönliche Mitarbeitende, wie man in der Zwischenzeit festgestellt habe. Aus diesem Grund habe die Kommission ihre Meinung geändert und empfehle nun die entsprechende parlamentarische Initiative von Matthias Aebischer (sp, BE) zur Ablehnung.
Der Sozialdemokrat machte sich im Rat noch einmal stark für sein Anliegen. Die parlamentarische Arbeit würde an Qualität gewinnen und die Ratsmitglieder hätten vielleicht auch einmal ein wenig Zeit und Musse, um neue Visionen zu entwickeln, wenn ein maximal zu 80 Prozent angestellter persönlicher Mitarbeiter oder eine persönliche Mitarbeiterin zur Verfügung stünde. Da diese Personen von der Bundesadministration angestellt würden, führe dies auch zu keiner Mehrbelastung. Die Idee sei übrigens nicht neu, sondern bereits 1991 diskutiert worden – so Aebischer. Matthias Jauslin (fdp, AG) betonte hingegen die Position der SPK-NR: Die aktuelle Regelung erlaube wesentlich mehr Flexibilität. Dieses Argument und der Hinweis, dass der Vorschlag nicht nur mehr Kosten verursache, sondern auch zu einer weiteren Professionalisierung des Milizparlaments führen würde, wie Jean-Luc Addor (svp, VS) betonte, schienen dann letztlich in der grossen Kammer zu verfangen: 123 bürgerliche Stimmen aus der SVP-, der CVP-, der FDP- und der BDP-Fraktion reichten locker aus, um die parlamentarische Initiative gegen die 61 vor allem links-grünen und grünliberalen Stimmen zu versenken.

Persönliche Mitarbeitende (Pa.Iv. 15.445)
Dossier: Vereinbarkeit der Parlamentsarbeit mit Familie und Beruf

In der Wintersession stand die Sammelvorlage für die sechs parlamentarischen Initiativen zu verschiedenen Änderungen des Parlamentsrechts im Nationalrat auf dem Sessionsprogramm. Die verschiedenen Vorstösse und eine Reihe von weiteren Anliegen der beiden SPK verlangten Änderungen im Parlamentsgesetz, in der Parlamentsverwaltungsverordnung und im Geschäftsreglement des Nationalrats. Hauptsächlich ging es um drei bedeutende Aspekte, nämlich die Erweiterung der Offenlegungspflichten der Ratsmitglieder (Block 1), die Ermöglichung einer Veröffentlichung von Kommissionsunterlagen (Block 2) und die Regelung der Zugänglichkeit von Kommissionsprotokollen für alle Ratsmitglieder und deren persönliche Mitarbeiter (Block 3).

Eintreten war umstritten. Barbara Steinemann (svp, ZH) gab zu Protokoll, dass die SVP keinen generellen Handlungsbedarf sehe. Zudem sei das Problem einer Sammelvorlage, dass man auch zu schlechten Punkten ja oder aber zu guten Punkten nein sagen müsse. Es würden zahlreiche, nicht miteinander vereinbare Punkte vermischt, mit denen aber weder die Effizienz gesteigert noch Kosten eingespart würden, weshalb gar nicht auf die Vorlage eingetreten werden solle. Auch die BDP-Fraktion hatte Nichteintreten beschlossen. Bernhard Guhl (bdp, AG) führte aus, dass es sich hier um eine Wohlstandvorlage handle. Kein einziger der verschiedenen Aspekte sei wirklich nötig für den Ratsbetrieb. Auch die BDP hätte es, wie die SVP, begrüsst, wenn die einzeln Folge gegebenen Vorstösse auch einzeln beraten worden wären. Keine der restlichen Fraktionen war zwar vollumfänglich zufrieden mit der Sammelvorlage – Balthasar Glättli (gp, ZH) sprach von einem Birchermüesli –, man wolle aber die einzelnen Punkte in der Detaildiskussion klären. Mit Nichteintreten sei hingegen nichts gewonnen – so der Tenor. Die grosse Kammer beschloss dann relativ knapp mit 94 zu 80 Stimmen bei 3 Enthaltungen, auf die Vorlagen einzutreten.

Im Block 1 wurde um die Offenlegungspflichten gestritten. Der Kommissionsvorschlag sah vor, dass jedes Ratsmitglied bei Amtsantritt und auf Jahresbeginn Angaben zur beruflichen Tätigkeit und – falls relevant – Angaben zum Arbeitgeber machen muss. Nicht weniger als sechs Minderheitsanträge lagen vor, die ein Festhalten an der bisherigen Regelung (lediglich Angabe beruflicher Tätigkeit; Minderheit Pfister), eine Nennung der ehrenamtlichen Tätigkeiten (Minderheit Jauslin) und der Einkünfte daraus (Minderheit Wermuth), die Eintragung in ein öffentliches Register (Minderheit Wermuth) oder die Offenlegung während Rats- (Minderheit Barrile) und Kommissionsdebatten (Minderheit Glättli) forderten. Zu einem teilweise recht gehässigen Austausch gab zudem ein Antrag von Angelo Barrile (sp, ZH) Anlass, der verlangt hätte, dass von Krankenkassen angestellte oder bezahlte Ratsmitglieder nicht in Kommissionen sitzen dürfen, die für die Gesetzgebung im Bereich der Krankenversicherung zuständig sind. Letztlich hatte mit Ausnahme des Antrags Pfister keiner der verschiedenen Anträge eine Chance. Somit blieb bezüglich der Offenlegungspflichten alles beim Alten.

Ein eigentliches Sammelsurium unterschiedlicher Änderungen umfasste Block 2. Umstritten war hier insbesondere der Vorschlag der SPK, Kommissionsunterlagen veröffentlichen zu dürfen, die keine schützenswerten Interessen beinhalten. Auch hier obsiegte letztlich aber der Status Quo, wie er erneut von einer Minderheit Pfister gefordert wurde. Gerhard Pfister (cvp, ZG) warnte davor, damit einer Untergrabung des Kommissionsgeheimnisses Vorschub zu leisten.
Die Kommissionsprotokolle, die mit einem Antrag Rickli hätten veröffentlicht werden können, bleiben auch in Zukunft geheim. Natalie Rickli (svp, ZH) hatte in ihrem Antrag geltend gemacht, dass durch Indiskretion immer wieder Informationen aus den Kommissionssitzungen an die Öffentlichkeit gelangten. Es sei stossend, dass es sich dabei jeweils nur um „einen Teil der Wahrheit” handle, wohingegen Protokolle den ganzen Verlauf einer Sitzung aufzeigen könnten.
Unbestritten waren im Block 2 die Zuständigkeitserklärung der Redaktionskommission für die Berichtigung von Erlassen, die nicht der Schlussabstimmung unterstehen, das Verbot eines Rückkommensantrags, der nicht in unmittelbarem Anschluss an die Abstimmung gestellt wird und einige Präzisierungen zu Dringlichkeitsklausel, Abstimmungsverfahren, Fristen bei Volksinitiativen und Anforderungen an die Botschaften zu Erlassentwürfen. Darüber hinaus soll gesetzlich festgehalten werden, dass Schlussabstimmungen in beiden Räten gleichzeitig stattfinden müssen.
Kein Gehör fand die SPK mit ihrem Vorschlag, auf eine Schlussabstimmung bei Volksinitiativen zu verzichten. Rechtlich bindend und als Stimmempfehlung sei – entgegen der Usanz des Bundesrates beim Verfassen der Abstimmungsempfehlungen – die Abstimmung über die Abstimmungsempfehlung zu betrachten; eine Schlussabstimmung sei bei obligatorischem Eintreten und ohne Gesamtabstimmung eigentlich nicht angebracht. Ein von der Ratsmehrheit unterstützter Antrag Schilliger, der einen Antrag des Bundesrates aufnahm, erachtete diese Änderung als unnötig.
Zu reden gab auch der Vorschlag einer Kommissionsminderheit Rutz, die durchsetzen wollte, dass Sitzungsgelder neu halbtägig ausbezahlt werden sollen. Die vor allem aus Angehörigen der SVP-Fraktion bestehende Minderheit monierte, dass jemand ein Taggeld von CHF 440 erhalte, wenn sie oder er lediglich für eine Stunde eine parlamentarische Initiative in einer Kommission erläutern müsse, was unverhältnismässig sei. Die Mehrheit des Nationalrates folgte allerdings der Argumentation der Kommissionsmehrheit, dass diese Idee mit hohem bürokratischen Aufwand verbunden sei. Das Anliegen zur Neuregelung der Übernachtungsentschädigung wurde zwar in der Debatte um die Taggelder ebenfalls angesprochen, diese parlamentarische Initiative wurde aber nicht in die Sammelvorlage aufgenommen.
Erfolgreich war die SPK mit ihrem Anliegen zu den Auslandreisen: Neu müssen Ratsmitglieder Reisen ins Ausland in einem öffentlichen Register aufführen. Nicht offen gelegt werden müssen dabei Reisen, die auf Einladung von Interessengruppen durchgeführt werden – ein Antrag einer links-grünen Kommissionsminderheit hatte hier keine Chance.
Zur Diskussion standen schliesslich zwei Änderungen der Sitzungszeiten. Sowohl die Streichung des Freitags der letzten Sessionswoche, wie sie von einer Kommissionsminderheit gefordert worden wäre, als auch der Beginn der Sitzungszeiten um 8.15 Uhr statt um 8.00 Uhr fanden bei der Mehrheit des Nationalrats kein Gehör. Die grosse Kammer folgte dem Argument der Kommissionsmehrheit, dass der Freitag in Anbetracht der dichten Sessionsprogramme nötig sei. Um die Effizienz zu steigern, soll der letzte Sitzungstag allerdings nicht wie bisher bereits um 11.00 fertig sein, was von der Minderheit insbesondere als ineffizient moniert worden war, sondern bis 13.00 dauern. Das Argument der besseren Zugverbindungen sowie der Umstand, dass auch der Ständerat um 8.15 die Sitzungen beginne, verfingen hingegen nicht. Die Mehrheit des Rates sträubte sich gegen die entsprechende viertelstündige Verschiebung der Sitzung nach hinten.

Block 3, mit dem der Zugang von Kommissionsprotokollen für Parlamentsmitglieder hätte geregelt werden sollen, wurde in Anbetracht der ablehnenden Haltung des Parlaments gegenüber einer grösseren Transparenz der Kommissionsarbeit zur Überarbeitung an die SPK-NR zurückgewiesen, die Blöcke 1 und 2 wurden zur Beratung an den Ständerat übergeben.

Änderungen des Parlamentsrechts (Sammelvorlage; Pa. Iv. 16.457)
Dossier: Parlamentarische Initiativen für verschiedene Änderungen des Parlamentsrechts

Die von Hans Grunder (bdp, BE) selber als „Zwillingsinitiativen" bezeichneten parlamentarischen Initiativen wurden in der Sommersession im Nationalrat gemeinsam behandelt. Mit einer Amtszeitbeschränkung (Pa.Iv. 15.492) und einer Verlängerung der Amtsperiode (Pa.Iv. 15.491) wollte der Berner BDP-Abgeordnete zur Rettung des Milizsystems beitragen. Wenn Parlamentarierinnen und Parlamentarier wüssten, dass sie nur für eine bestimmte Zeit im Amt seien, würden sie den Bezug zu ihrem Beruf, den sie nach dem Mandat wieder ausführen müssten, nicht verlieren. Die Verlängerung des Mandats würde zudem dem permanenten Wahlkampf Einhalt gebieten.
In der Ratsdebatte wurde dem Anliegen durchaus Sympathie entgegengebracht. In der Tat sei eine Entwicklung hin zu einem Berufsparlament zu beobachten und es sei immer schwieriger, Amt, Beruf und Wahlkampf unter einen Hut zu bringen. Mit den Forderungen könne aber das Milizsystem nicht gestärkt werden. Sie würden vielmehr die Rechte von Wählerinnen und Wählern beschneiden: Mit Amtszeitbeschränkung würde die Auswahl verkleinert und die Amtszeitverlängerung würde dazu führen, dass gesellschaftliche Meinungsumschwünge nicht mehr so rasch via Wahlen im Parlament abgebildet werden könnten. Die Schwächung des Milizsystems und der permanente Wahlkampf sei vielmehr hausgemacht – so etwa Kommissionssprecher Jauslin (fdp, AG). Die Arbeitsbelastung steige vor allem auch deshalb, weil immer mehr Vorstösse eingereicht würden. Zudem könne man die wachsende Medienarbeit auch selber beeinflussen, wenn man nicht zu jedem Thema vor die Kamera trete.
Mit 59 zu 128 Stimmen (keine Enthaltung) wurde der Idee zur Verlängerung der Amtsperiode etwas mehr Sympathie zuteil als der Forderung für eine Amtszeitbeschränkung, der mit 31 zu 144 Stimmen (bei 12 Enthaltungen) ebenfalls keine Folge gegeben wurde. Die Unterstützung kam beide Male von der SP und der BDP. Eine Verlängerung der Amtsperiode begrüssten zusätzlich auch die Grünen.

Rettung des Milizparlaments (Pa. Iv. 15.491)
Dossier: Milizparlament in der Krise?

Weil die Mehrheit der SPK-NR die parlamentarische Initiative der Grünen Fraktion, die eine Veröffentlichung von Tages-Zugangsbewilligungen verlangt, abgelehnt hatte, musste sich die grosse Kammer in der Frühjahrssession dem Thema annehmen. Zwar werde über die Personen Buch geführt, die von den Parlamentsmitgliedern eine eintägige Zugangsbewilligung erhalten – so die Ausführungen des Fraktionssprechers Balthasar Glättli (gp, ZH) – aber diese Buchführung werde eben nicht öffentlich gemacht. Dadurch könnten kluge Lobbyistinnen und Lobbyisten „unter dem Radar der Transparenzanforderungen“, wie sie aktuell diskutiert würden, durchschlüpfen. Die Sprecherin (Roberta Pantani, lega, TI) bzw. der Sprecher (Matthias Jauslin, fdp, AG) der Mehrheit der SPK-NR verwiesen in ihren Ausführungen auf die parlamentarische Initiative Berberat (sp, NE), mit der bereits mehr Transparenz bei der Lobbyarbeit angestrebt werde. Die von den Grünen geforderte Idee sei sehr schwierig umzusetzen, da für jede Besucherin und jeden Besucher abgeklärt werden müsste, ob er lediglich Gast oder tatsächlich Lobbyistin oder Lobbyist sei. Mit der von der Pa.Iv. Berberat angestrebten Akkreditierung sei das Problem besser in den Griff zu kriegen. Die Ratsmehrheit von 112 Stimmen, die 53 Gegenstimmen bei 2 Enthaltungen gegenüberstand, folgte dieser Argumentation und versenkte den Vorstoss der Grünen Fraktion.

Tages-Zugangsbewilligungen (Pa. Iv. 15.464)
Dossier: Lobbyismus im Bundeshaus