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Am 16. April 2020 informierte der Bundesrat über die geplante Lockerungsstrategie der Massnahmen zum Coronavirus, die in drei Schritten erfolgen sollte. In den Mittelpunkt stellte der dabei die Gesundheit der Schweizer Bevölkerung, daneben beabsichtigte er aber auch, die wirtschaftlichen Schäden in Grenzen zu halten und die Einschränkung der Grundrechte zu reduzieren. In einer ersten Etappe sollten ab dem 27. April Coiffeursalons, Kosmetikstudios, Baumärkte, Blumenläden und Gärtnereien ihre Türen wieder öffnen dürfen. In diesen Einrichtungen sei die Umsetzung von Schutzkonzepten einfach möglich, sie wiesen wenige direkte Kontakte auf und lösten keine grossen Personenströme aus, erklärte der Bundesrat die Auswahl. Ab dem gleichen Datum sollten in Krankenhäusern zudem wieder uneingeschränkt Eingriffe durchgeführt werden können.
Als zweite Etappe sah die Regierung für den 11. Mai die Wiedereröffnung der obligatorischen Schulen, Einkaufsläden und Märkte vor. Vor dem Entscheid über diesen zweiten Lockerungsschritt wollte sie jedoch die Entwicklung der Fallzahlen abwarten und diesen folglich erst am 29. April fällen. Schliesslich war als dritte Etappe neben der Öffnung von Museen, Zoos und Bibliotheken sowie der Lockerung des Versammlungsverbots für den 8. Juni auch die Wiederaufnahme des Präsenzunterrichts an Mittel-, Berufs- und Hochschulen geplant. Einzelheiten dazu beabsichtigte der Bundesrat am 27. Mai festzulegen.

An demselben Tag, an dem der Bundesrat diese ersten Lockerungsschritte ankündigte, verabschiedete er eine am 20. April 2020 in Kraft tretende Verordnung, die eine übergangsweise Befreiung von der Anzeigepflicht bei Überschuldung, die in der Regel zur sofortigen Insolvenz führen würde, und eine zeitlich befristete Covid-19-Stundung beinhaltete. Letztere sollten insbesondere KMU unbürokratisch beantragen können. Er gab zudem bekannt, dass Selbständigeerwerbende rückwirkend ab dem 17. März 2020 Anspruch auf EO erhalten sollen. Mit diesem Entscheid sollte die Problematik angegangen werden, dass rund 270'000 Personen, darunter zum Beispiel viele Taxifahrerinnen und Taxifahrer oder Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten, keine Covid-19-Kredite oder Kurzarbeitsgelder hatten beantragen können, da der Bundesrat ihre Unternehmen nicht geschlossen hatte, sie aber dennoch bis zu 90 Prozent ihres Einkommens aufgrund der Pandemie eingebüsst hatten. Um die durch die Corona-Pandemie entstandenen Finanzlöcher zu stopfen, gingen zahlreiche verschiedene Vorschläge ein: von einer Halbierung der Mehrwertsteuer, wodurch der Konsum angekurbelt werden sollte (Postulat Müller; fdp, LU; Po. 20.3214), über ein fünfjähriges Ausgaben- und Aufgabenmoratorium (SVP-Fraktion; Mo. 20.3567) und der Reduktion der Ausgaben für die EU, den Asylbereich und ausländische Personen (Motion Quadri; lega, TI; Mo. 20.3272) hin zu einer Solidaritätssteuer, z.B. über eine Erhöhung der Kapitalgewinnsteuer (Motion de la Reussille, pda, NE, Mo. 20.3174; Motion der SP-Fraktion, Mo. 20.3203; Motion Prezioso, egsols, GE, Mo. 20.3335; Motion Rytz, gp, BE, Mo. 20.3362).

Anspruch auf Entschädigung ihres vollen Erwerbs sagte der Bundesrat am 22. April denjenigen Angehörigen der Armee zu, die zwischen dem 6. März 2020 und dem 30. Juni 2020 zur Bewältigung der Coronakrise im Einsatz standen und die Dauer ihres Ausbildungsdienstes überschritten hatten. Für Angehörige des Zivilschutzes sollte eine vergleichbare Regel gelten.

Eine Woche darauf kündigte die Regierung an, dass einige Lockerungen schneller vorgenommen werden könnten als ursprünglich geplant, da die Ausbreitung von Covid-19 aufgrund der vorbildlichen Umsetzung der ergriffenen Massnahmen durch die Bevölkerung hatte abgeschwächt werden können. Daher sollten unter anderem auch Restaurants, Museen und Bibliotheken bereits ab dem 11. Mai wieder ihre Pforten öffnen dürfen und auch Primar- und Sekundarschulen ihren Unterricht vor Ort wieder aufnehmen können, wobei die diesbezügliche Entscheidung über die Durchführung bei den Kantonen lag. Diese sollten auch entscheiden, ob an den Gymnasien schriftliche Abschlussprüfungen durchgeführt werden oder nicht. Im Vorfeld hatte die EDK bereits bekanntgegeben, dass sie die Absage mündlicher Prüfungen empfehle. Anders sah die Situation für die Berufsschulen aus, wo bereits zuvor landesweit einheitlich entschieden worden war, auf schriftliche Lehrabschlussprüfungen zu verzichten. Auch Trainings im Breiten- und Spitzensport sollten ab dem 11. Mai wieder erlaubt sein.
Um die Auswirkungen der Lockerungen auf die Epidemieentwicklung genau beobachten zu können, plante der Bundesrat ein entsprechendes Monitoring. Die einzelnen Lockerungsetappen sollten mit Schutzkonzepten einhergehen, zudem müssten alle Institutionen über ein auf den Vorgaben des BAG, des SECO oder auf einem Branchenkonzept basierendes Schutzkonzept verfügen. Des Weiteren beschloss die Regierung, auch die Einreisebeschränkungen zu entschärfen; Grossveranstaltungen mit über 1'000 Personen blieben jedoch bis Ende August 2020 weiterhin verboten. Die Kantone wurden zudem aufgefordert, ab dem 11. Mai die flächendeckende Rückverfolgung von Neuinfektionen fortzuführen. Ein ähnliches Ziel verfolgte die SwissCovidApp, eine digitale Applikation mit Bluetooth-Funktechnik, mit der die Benutzerinnen und Benutzer informiert würden, wenn sie sich in der Nähe einer mit Covid-19 infizierten Person befunden haben (Proximity Tracing). Diese gehe Mitte Mai in die Testphase, zudem solle in Kürze auch die gesetzliche Grundlage für ihren ordentlichen Betrieb geschaffen werden, erklärte der Bundesrat. Die eidgenössischen Abstimmungen vom 19. Mai, welche der Bundesrat im März abgesagt hatte, sollten am 27. September 2020 nachgeholt werden. Ferner kündigte er Liquiditätshilfen in der Höhe von maximal CHF 1.9 Mrd. an, um den beiden Fluggesellschaften Swiss und Edelweiss unter die Arme zu greifen.

Mit den ersten Lockerungen einhergehend änderte die BAG-Kampagne «So schützen wir uns» am 30. April ihre Grundfarbe auf Pink. Dennoch wurde betont, dass trotz einiger Zugeständnisse nach wie vor die gleichen Regeln gälten – unter anderem Abstandhalten, Händewaschen und das Niesen in den Ellbogen. Das BAG legte der Bevölkerung ausserdem nahe, eine Maske zu tragen, sollten die Abstandsregeln nicht eingehalten werden können.

Was die vorläufig auf Eis gelegte Fussballsaison anbelangt, so entschloss der Zentralvorstand des SFV Ende April, dass abgesehen von der Super League, der Challenge League und dem Schweizer Cup der Männer der Spielbetrieb endgültig nicht fortgesetzt werden sollte. Ob und in welcher Form die Saison der beiden höchsten Ligen fortgeführt werden könne, wollte die Swiss Football League nach Anhörung der tangierten Clubs entscheiden.

Nachdem die Frühjahrssession 2020 vor der dritten Woche abgebrochen werden musste, tagten National- und Ständerat vom 4. bis 6. Mai im Rahmen einer ausserordentlichen Session, an welcher in erster Linie Geschäfte im Zusammenhang mit Covid-19 behandelt wurden. Im Zentrum standen dabei die dringlichen Ausgaben zur Bekämpfung der Folgen der Pandemie, etwa für die Corona-Kredite, welche nachträglich von der Bundesversammlung abgesegnet werden mussten. Darüber hinaus beschäftigen sich die Räte aber auch ausführlich mit den Corona-Krediten für die Unternehmen, mit den Massnahmen für die Medien oder mit den Frage nach dem Erlass der Geschäftsmieten.

Da sich Jugendliche und junge Erwachsene aufgrund der gegebenen Umstände bei der Suche nach einer Lehrstelle oder einer Stelle im Anschluss an ihre Ausbildung vor Herausforderungen gestellt sahen, kam es am 7. Mai 2020 zur Gründung einer aus Vertreterinnen und Vertretern der Kantone, der Sozialpartner und des Bundes bestehenden Task Force, welche die Berufsbildung stärken sollte. Tags darauf gab der Bundesrat bekannt, Institutionen der familienergänzenden Betreuung, die wegen der Pandemie Ertragsausfälle erlitten, mit CHF 65 Mio. unterstützen zu wollen. Wie diese Unterstützung genau erfolgen sollte, plante die Landesregierung bis zum 20. Mai in einer entsprechenden Verordnung festzuhalten.

Am 13. Mai liess das EJPD verlauten, dass die Grenzen zu Deutschland, Österreich und Frankreich bis zum 15. Juni 2020 vollständig geöffnet werden sollen, wenn dies mit der epidemiologischen Situation vereinbar sei. Die drei Nachbarländer würden sich zurzeit ebenfalls in der Transitionsphase befinden und verfügten über eine ähnliche epidemiologische Lage wie die Schweiz. Bis dahin sollten für binationale Paare, die nicht verheiratet sind, sowie für «allfällige weitere Personenkategorien» Lösungen entwickelt werden. Gleichentags verkündete das VBS die Unterstützung des Schweizer Sports mit Darlehen in einer Höhe vom CHF 500 Mio.

Auch an der sonst schon einem starken Wandel unterworfenen Medienlandschaft zog die Coronakrise nicht unbemerkt vorbei. Zeitung, Radio und Fernsehen hatten unter anderem einen starken Rückgang an Werbeeinnahmen zu beklagen. Angesichts der zentralen Rolle, die den Medien in einer Demokratie zukomme, stellte der Bundesrat am 20. Mai die Covid-19-Verordnung elektronische Medien vor, in der Radio- und Fernsehveranstaltern finanzielle Soforthilfen in der Höhe von CHF 40 Mio. in Aussicht gestellt wurden. Zeitgleich erliess die Landesregierung eine Notverordnung zur Unterstützung der Printmedien, die finanzielle Sofortmassnahmen im Rahmen von CHF 17.5 Mio. beinhaltete. Weiter beantragte der Bundesrat am 20. Mai CHF 14.9 Mrd. in Form von elf Nachtragskrediten, um die Auswirkungen des Coronavirus auf die Wirtschaft weiter abzudämpfen. Der Löwenanteil von CHF 14.2 Mrd. ging dabei an die ALV.

Eine Woche später – am 27. Mai 2020 – teilte der Bundesrat an seiner Pressekonferenz den bis anhin grössten Lockerungsschritt mit. So sollte das spontane Zusammenkommen von bis zu 30 Personen ab dem 30. Mai 2020 wieder erlaubt sein. Ab dem 6. Juni sollten auch wieder öffentliche Veranstaltungen wie etwa Messen, Theatervorstellungen, Familienanlässe oder politische Kundgebungen mit bis zu 300 Personen stattfinden dürfen. Für denselben Tag wurde zudem die Wiedereröffnung von Bergbahnen, Campingplätzen und anderen Angeboten im Tourismusbereich wie auch für Casinos, Freizeitparks, Zoos, botanische Gärten, Wellnessanlagen und Erotikbetriebe angesetzt. In Restaurants sollte ab dem 6. Juni ausserdem die Gruppengrösse von maximal vier Personen aufgehoben werden, jedoch müssen ab einer Gruppengrösse von vier Personen die Kontaktdaten angeben werden. In Mittel-, Berufs- und Hochschulen sollte ab dem 6. Juni ebenfalls wieder vor Ort unterrichtet werden dürfen, wobei die Kantone über die Umsetzung entscheiden sollten. Der Bundesrat legte der Bevölkerung nahe, weiterhin von zuhause aus zu arbeiten, die Unternehmen dürften jedoch grundsätzlich selbst über die Rückkehr an den Arbeitsplatz bestimmen. Weiter sollten ab dem 8. Juni die Bearbeitung der Gesuche von Erwerbstätigen aus dem EU/EFTA-Raum wieder aufgenommen werden und die Anstellung hochqualifizierter Arbeitnehmerinnen und -nehmer durch Schweizer Firmen wieder möglich sein. Zudem sei für den 6. Juni die vollständige Wiederherstellung der Personenfreizügigkeit und Reisefreiheit im Schengen-Raum geplant, gab der Bundesrat bekannt.

Am 15. Juni wurden schliesslich die Grenzen zu allen Staaten des EU-EFTA-Raums wieder vollständig geöffnet und auch der Einkaufstourismus, der zuvor verboten worden war, wieder zugelassen. Vier Tage darauf beschloss der Bundesrat, die ausserordentliche Lage zu beenden und stattdessen zur besonderen Lage gemäss Epidemiengesetz zurückzukehren, wofür er die Covid-19-Verordnung 3 verabschiedete. Das Demonstrationsverbot, das zuvor für ausführliche Diskussionen um die Frage der Grundrechte gesorgt hatte, fiel am 20. Juni und ab dem 22. Juni wurden weitere bis anhin herrschende Massnahmen aufgehoben: Unter anderem konnten wieder Veranstaltungen mit bis zu 1'000 Personen stattfinden, der Mindestabstand zwischen zwei Personen wurde von zwei Metern auf 1.5 Meter reduziert und die für Restaurants und Diskotheken geltende Sperrstunde um Mitternacht sowie die Home-Office-Empfehlung wurden aufgehoben. Somit waren zu diesem Zeitpunkt zwar noch immer verschiedene Unterstützungsmassnahmen für die Wirtschaft am Laufen, Einschränkungen bestanden jedoch fast keine mehr.

Verlauf und Bekämpfung der Covid-19-Pandemie
Dossier: Covid-19 – Wirtschaftliche und finanzielle Folgen

Mitte Januar 2020 verkündeten diverse Medien, dass Dr. h.c. Heinrich Weiss, Gründer des Museums für Musikautomaten, am 9. Januar 2020 in seinem 100. Lebensjahr verstorben war.
Bereits in den 1960er-Jahren hatte Heinrich Weiss – auch bekannt als der Erfinder des Barcodes – mit dem Sammeln von Schweizer Musikdosen und anderen mechanischen Musikinstrumenten begonnen und 1979 gar eigens hierfür ein privates Museum in Seewen (SO) eröffnet, das rasch weit über die Landesgrenzen hinaus Bekanntheit erlangte. Zur langfristigen Sicherung der Sammlung und des Museums gründete er gemeinsam mit seinen Familienangehörigen 1981 die «Dr. h.c. H. Weiss-Stauffacher-Stiftung».
Ab dem 1. Juli 1990 wurde das Museum für Musikautomaten als ein Museum des Bundes geführt, da es durch eine Schenkung, die mit der Annahme eines Bundesratsbeschlusses bestätigt worden war, an die Schweizerische Eidgenossenschaft überging. In den frühen 1990er-Jahren leitete Weiss die Einrichtung noch selbst und zeigte sich für die Realisierung eines im Frühjahr 2000 von Bundesrätin Ruth Dreifuss eingeweihten Erweiterungsbaus verantwortlich.
Das Bundesamt für Kultur (BAK) führte in einer Mitteilung an, dass das Museum für Musikautomaten heute dem BAK angegliedert sei und ergänzend weiterhin den Zusatz «Sammlung Dr. h.c. Heinrich Weiss» in seinem Namen trage.

Heinrich Weiss - Gründer des Museums für Musikautomaten verstorben

Die wahrscheinliche Übernahme der Gurlitt-Sammlung durch das Kunstmuseum Bern befeuerte 2015 Diskussionen um den Umgang mit Raubkunst. Dabei kritisierten Medien und ein Kunsthistoriker der Universität Bern die passive Rolle des Bundes im Fall Gurlitt. Der Bundesrat verteidigte sein Vorgehen etwa auch in seiner Antwort auf eine Interpellation Comte (fdp, NE). Der Bund gehöre nicht zu den Vertragsparteien, weswegen er die Gespräche zwischen dem privatrechtlichen Kunstmuseum Bern, der Bundesrepublik Deutschland und dem Freistaat Bayern lediglich im Rahmen seiner Guten Dienste verfolgt habe. Ebenfalls wehrte er sich gegen die Forderungen – wie sie etwa von Seiten des Kantons Bern und der SP im Rahmen der Vernehmlassung zur neuen Kulturbotschaft geäussert wurden – zur Verstärkung seiner Provenienzforschung, die er seit 1998 durch die beim BAK angesiedelte Anlaufstelle Raubkunst betreibt und jüngst durch ein Internetportal ergänzt hat. Vorerst seien die Museen gefordert. Nichtsdestotrotz stellte er noch im selben Jahr Museen Mittel zur Intensivierung der Forschung über die Herkunft ungeklärter Werke in Aussicht.
Sinniert wurde 2015 ebenfalls über die Unterscheidung von Raubkunst und Fluchtgut, so etwa an einer wissenschaftlichen Tagung in Winterthur. Der Begriff des Fluchtguts, der im Rahmen der Untersuchungen der Bergier-Kommission zur Rolle der Schweiz im zweiten Weltkrieg geprägt wurde, bezeichnet das von Juden nach ihrer Flucht in die Schweiz veräusserte Kunsteigentum. Dabei geht die Schweiz – anders als beispielsweise Deutschland oder Österreich, die eine breitere Auslegung der Washingtoner Richtlinien verfolgen und nicht zwischen diesen beiden Begriffen unterscheiden – davon aus, dass solche Verkäufe unter freiem Willen und rechtmässig erfolgt waren. Die offizielle Sichtweise der Schweiz vertrat ein Salzburger Rechtsprofessor an der Winterthurer Tagung mit Rückgriff auf die unterschiedliche Rolle Deutschlands und Österreichs im Vergleich zur Schweiz im zweiten Weltkrieg. Ebenfalls geteilt wird diese Ansicht von den grossen öffentlichen Museen in der Schweiz.

Diskussion um Raubkunst

Im Projektwettbewerb für die Sanierung und Erweiterung des Landesmuseums Zürich stach ein junges Architekturbüro aus der Schweiz die gesamte internationale Konkurrenz aus. Das siegreiche Team will den heutigen Verwaltungstrakt durch einen Neubau ersetzen, der sich wie eine Schlange durch den Platzspitz-Park und um den vor über 100 Jahren erstellten «Türmchenbau» zieht, wobei alte und neue Gebäude miteinander verbunden werden. Gegen das Projekt regte sich Widerstand aus Kreisen der Natur- und Heimatschützer. Sie kritisierten insbesondere den Einbezug des Platzspitz und verlangten, der Neubau sei gesondert an einem anderen Standort zu erstellen. Nach mehreren öffentlichen Hearings mit Architekten und Museumsfachleuten liessen sich die Kritiker allerdings weitgehend besänftigen.

Bundesrat entscheidet sich vorerst nur für die Sanierung (ohne Erweiterung) des Landesmuseums in Zürich
Dossier: Sanierung und Erweiterung des Landesmuseums Zürich

Nach einer vierjährigen umfassenden Erneuerung konnte im Juni das Museo Vela in Ligornetto bei Mendrisio (TI) wieder für das Publikum geöffnet werden. Das Museum war der letzte Wohnsitz des aus dem Ort stammenden Bildhauers Vincenzo Vela (1820-1891) und wurde 1892 von dessen Sohn mit allen darin enthaltenen Werken der Eidgenossenschaft vermacht. Die Renovierung, die auch die Kunstsammlung betraf, kostete CHF 6.45 Mio., die vom Parlament 1996 bewilligt worden waren.

Neueröffnung des Museo Vela

Für die Sanierung und Erweiterung des Landesmuseums wurde ein Ideenwettbewerb ausgeschrieben. Aus 141 eingegangenen Beiträgen wurden 15 ausgewählt, deren Verfasser sich am nun folgenden Projektwettbewerb beteiligen können. Im Vorfeld war es zu kontroversen Diskussionen gekommen über die Frage, ob der historistische Bau des heutigen Landesmuseums erhalten oder abgerissen werden soll. Die von der Jury zur Weiterbearbeitung empfohlenen Modelle beziehen alle den Gull’schen «Türmchenbau» von 1898 mit ein. Mit den Bauarbeiten soll 2003 begonnen werden.

Bundesrat entscheidet sich vorerst nur für die Sanierung (ohne Erweiterung) des Landesmuseums in Zürich
Dossier: Sanierung und Erweiterung des Landesmuseums Zürich

Im Herbst öffnete das Centre Dürrenmatt oberhalb von Neuenburg seine Tore. Nach dem Tod Dürrenmatts 1990 hatte seine Ehefrau die Idee für das Zentrum entwickelt. Dieses besteht aus dem alten Wohnhaus des Schriftstellers sowie einem Neubau des Tessiner Architekten Mario Botta und soll zugleich Museum und Forschungsstätte sein. Der Bund hatte den Bau mit CHF 3 Mio. unterstützt.

Planung und Eröffnung des Dürrenmatt-Zentrums

Die Cinémathèque suisse scheint die finanziellen Turbulenzen hinter sich lassen zu können. Nachdem sie in den letzten Jahren die Subventionen von Bund, Kanton Waadt und Stadt Lausanne vor allem darauf verwenden musste, die Hypothekarzinsen für das neue Lagergebäude in Penthaz (VD) zu bezahlen, worunter die eigentlichen Konservierungsarbeiten litten, erklärte sich der Bund bereit, die Liegenschaft zum Preis von CHF 6 Mio. zu kaufen und der Stiftung weiter zur Verfügung zu stellen. Damit ist die Sanierung dieses Filmarchivs, das als eines der wichtigsten in Europa gilt, auf gutem Weg.

Cinémathèque suisse

In den Räumen des Bundesarchivs wurde Ende Oktober ein audiovisuelles politisches Informationszentrum eröffnet. Ziel ist, das Geschichtsbild auch emotional abzurunden. An den eigens dafür eingerichteten Arbeitsplätzen können fortan die Beiträge der Schweizerischen Filmwochenschau von 1940 bis 1975 und der Tagesschau des Schweizer Fernsehens von 1957 bis 1989 visioniert werden. Die entsprechenden, zum Teil vom Verfall bedrohten Bestände wurden in den letzten Jahren archivarisch aufgearbeitet, auf neue Träger kopiert und in Datenbanken erschlossen. Das Projekt wurde als Bestandteil des Jubiläumsprogramms des Bundesstaates lanciert und gemeinsam von Eidgenossenschaft und SRG finanziert.

audiovisuelles politisches Informationszentrum

Unter finanzieller Beteiligung des Eidg. Departements für Landesverteidigung, welches die Anlage für CHF 5,4 Mio renovierte, entstand auf der Gotthard-Passhöhe ein Festungsmuseum. Anhand von ausgewählten Ausstellungsstücken erzählt das Museum vom primitiven Leben der Soldaten und von ihren militärischen Übungen vor und nach dem Ersten Weltkrieg.

Entstehung eines Festungsmuseum

Mitte Juni wurde das neue Museum im Schloss Prangins bei Nyon nach langen Jahren der Renovationsarbeiten feierlich eröffnet. Das Gebäude, das 1975 dem Bund von den Kantonen Waadt und Genf mit der Auflage geschenkt worden war, eine welsche Aussenstelle des Landesmuseums einzurichten, hatte sich in gewisser Hinsicht als Danaergeschenk erwiesen, kosteten doch Restaurierung und Umwandlung des zwar einmalig schön gelegenen, aber baufälligen und letztlich doch recht kleinräumigen Gebäudes rund CHF 70 Mio. Das Museumskonzept sieht vor, den Besucherinnen und Besuchern das 18. und 19. sowie das frühe 20. Jahrhundert der Schweizer Geschichte näherzubringen. Auf vier Etagen werden anhand von über 1000 Objekten kulturelle, politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Aspekte dieser Zeit thematisiert.

Schloss Prangins

Das Bundesarchiv in Bern, dessen Gründung während der Zeit der Helvetischen Republik auf die Errichtung eines Zentralarchivs nach französischem Vorbild zurückgeht, konnte sein 200jähriges Bestehen feiern. Dabei wurde darauf hingewiesen, dass das „Gedächtnis der Nation” in diesem Zeitraum von einer abweisenden Aktenaufbewahrungsanstalt zu einem modernen Dienstleistungsunternehmen geworden ist, das neben seinen 36 000 Laufmetern Akten auch Photos, Filme, Tondokumente und Computerdisketten verwaltet.

Bundesarchiv in

Nach neun Monaten Entwicklungszeit legten die Landesbibliothek in Bern, die ETH-Bibliothek und die Zentralbibliothek in Zürich das gemeinsam initiierte Pilotprojekt "Informationsnetz Schweiz" vor. Benutzer können nun via Internet Informationen in rund 200 Schweizer Bibliotheken suchen und abrufen.

"Informationsnetz Schweiz" via Internet

Das Sportmuseum in Basel, das im Vorjahr nur dank einer konzertierten Aktion gerettet werden konnte, schien dieses Jahr endgültig vor dem Aus zu stehen. Im letzten Moment fand sich dann aber eine anonyme Investorengruppe, die sich bereit erklärte, das Museum weiterzuführen.

Sportmuseum

Die Idee eines Dürrenmatt-Zentrums in Neuenburg, welches das bildnerische Werk des Schriftstellers wieder für die Öffentlichkeit zugänglich machen soll, kam einen Schritt weiter. Nachdem die Witwe Dürrenmatts das ehemalige Wohnhaus des Schriftstellers der Eidgenossenschaft und die Friedrich-Dürrenmatt-Stiftung dem Literaturarchiv die Bilder und Zeichnungen aus ihrem Besitz geschenkt hatten, stimmte der Bundesrat dem Bau des Zentrums zu, für welches Stararchitekt Botta bereits Pläne ausgearbeitet hat. Baubeginn soll im Frühling 1998 sein. Von den auf CHF 6 Mio. geschätzten Kosten werden CHF 3 Mio. vom Bund übernommen, CHF 2 Mio. vom Kanton Neuenburg und CHF 1 Mio. von privaten Sponsoren und Mäzenen.

Planung und Eröffnung des Dürrenmatt-Zentrums

Im Oktober wurde die auf privater Basis entstandene Fondation Beyeler in Riehen (BS) der Öffentlichkeit übergeben. Das Museum beherbergt die international renommierte Sammlung moderner Kunst, welche die beiden Basler Kunsthändler Ernst und Hildy Beyeler aufgebaut haben.

Fondation Beyeler

In Bern wurde die 1959 gegründete Osteuropa-Bibliothek in ihren neuen Räumlichkeiten offiziell wiedereröffnet. Diese Institution, fortan eine Filiale der Berner Stadt- und Universitätsbibliothek, ist mit ihren rund 120 000 Bänden die grösste Spezialbibliothek der Schweiz zu zeitgeschichtlichen Osteuropafragen. Das Bibliothekskonzept ist nicht mehr, wie zu Gründerzeiten, politisch definiert, sondern historisch-geographisch.

Osteuropa-Bibliothek

Die Zukunft des in materiellen Nöten steckenden Spieldosen- und Automatenmuseums in Sainte-Croix (VD) ist gesichert. Nachdem die Museumsleitung und die Standortgemeinde in den vergangenen Jahren vergeblich an den Bund appelliert hatten, das Museum, welches einen wichtigen Wirtschaftszweig der Region im 19. Jahrhundert dokumentiert, finanziell zu unterstützen, stimmten die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger deutlich einer Übernahme des Museumsgebäudes durch die Gemeinde zu.

Spieldosen- und Automatenmuseums

90 Jahre nach seiner Gründung entliessen die PTT "ihr" Museum in die Selbständigkeit. Von einer Verwaltungseinheit wurde es zum eigenständigen Unternehmen unter dem Namen Museum für Kommunikation. Trägerin des neuen Museums ist eine Stiftung; ihr überliessen die PTT die Sammlungsbestände, das moderne Museumsgebäude in Bern sowie einen Betriebsfonds von CHF 1 Mio.

Museum für Kommunikation

Das Verkehrshaus in Luzern, das meistbesuchte Museum der Schweiz, steht erneut vor einer strukturellen Finanzkrise. Die anstehenden Unterhaltskosten sind durch den Museumsbetrieb nicht mehr zu erwirtschaften. Ohne substantielle Unterstützung durch die öffentliche Hand - Bund, Stadt und Kanton Luzern - werden die drei Dienstleistungssektoren (Museum, Archiv und Bibliothek) kaum dauerhaft aufrecht erhalten werden können.

Verkehrshaus in Luzern

Zu einem erbitterten Streit unter den Erben und Freunden von Jean Tinguely kam es kurz nach der Einweihung des vom Pharmakonzern Hoffmann-LaRoche finanzierten und vom Tessiner Architekten Mario Botta konzipierten Museums in Basel, welches mit rund 70 plastischen Arbeiten und über 100 Zeichnungen einen reichen Querschnitt durch Werk und Leben Tinguelys vermittelt. Gemäss einem nur wenige Tage nach der Museumseröffnung unerwartet aufgetauchten Testament wollte der Künstler seine Maschinen als Ganzes in einem "anti-musée" in seinem Atelier in La Verrerie (FR) aufgestellt sehen.

Jean Tinguely

Ende Oktober fand in Budapest die 8. Konferenz der europäischen Kulturminister statt. Mit grosser Mehrheit wurde dabei ein Entwurf für eine europäische Konvention zum Schutz des audiovisuellen Erbes verabschiedet. Die Konvention würde die Mitgliedstaaten dazu verpflichten, das in ihrem Besitz befindliche Filmmaterial zu konservieren und zu archivieren. Sie erstreckt sich aber auch auf kinematographische Erzeugnisse, die in anderen Medien (Fernsehen, CD-ROM) realisiert sind.

europäische Konvention zum Schutz des audiovisuellen Erbes

Gemeinsam mit Schweiz Tourismus und dem Verband der Museen der Schweiz schuf das BAK einen Museums-Pass, der die Freude und das Interesse an der einheimischen Kultur fördern und die Schwellenangst vor den Museen abbauen will. Der Pass kostet pro Jahr CHF 90 und berechtigt zum Gratiseintritt in vorerst 180 Museen lokaler, regionaler oder nationaler Bedeutung. Allerdings sind so prestigeträchtige Institute wie das Zürcher Kunsthaus oder Berns Kunstmuseum und Kunsthalle der Initiative noch nicht beigetreten.

Museums-Pass

Zum Schutz des gefährdeten audiovisuellen Kulturgutes gründeten Ende Jahr das Bundesarchiv, die SLB, die Cinémathèque suisse, die Fonoteca nazionale, die SRG und das Bundesamt für Kommunikation den Verein "Memoriav". Die neue Vereinigung will sich angesichts der als dramatisch bezeichneten Gefährdung von Schweizer Bild- und Tondokumenten für deren Rettung und Vermittlung ans Publikum einsetzen.

Schutz des gefährdeten audiovisuellen Kulturgutes

In Anwesenheit von Bundesrat Stich wurde Mitte September der Grundstein zum Erweiterungsbau des Musikautomaten-Museums in Seewen (SO) gelegt. Dieses Museum wird seit seiner Schenkung an die Eidgenossenschaft (1990) als Aussenstelle des Landesmuseums geführt. 1993 hatte das Parlament für die Sanierung der bestehenden Museumsräumlichkeiten sowie einen Neubau CHF 14.6 Mio. bewilligt.

Erweiterungsbau des Musikautomaten-Museums in Seewen