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Jahresrückblick 2020: Umweltpolitik

Die Schweizer Umweltpolitik war im Jahr 2020 vor allem von drei übergeordneten Themen bestimmt. Dies war zum einen die Qualität des Trinkwassers, respektive deren Beeinträchtigung durch Pflanzenschutzmittel, zum anderen der Bereich Kreislaufwirtschaft und schliesslich, wie schon im Vorjahr, allen voran die Klimapolitik. Dennoch wurde 2020 in den Medien Corona-bedingt generell deutlich seltener über die Umweltpolitik berichtet als noch im Vorjahr. Während sich 2019 noch gut sechs Prozent aller Zeitungsartikel mit dieser Thematik beschäftigt hatten, waren es 2020 nur noch knapp drei Prozent, wobei mehr als die Hälfte der Presseartikel auf die Klimapolitik entfielen.

Im Frühjahr 2020 publizierte das BAFU eine erste landesweite Einschätzung der Belastung mit Abbauprodukten von Chlorothalonil (sogenannte Metaboliten) im Grundwasser, was einige Medien interessiert aufnahmen. Die Studie bezog sich auf Messungen aus den Jahren 2017 und 2018; gemäss diesen überschritten mehrere Metaboliten den Grenzwert von 0.1 Mikrogramm pro Liter im Grundwasser; insbesondere drei Abbauprodukte verunreinigten das Grundwasser in diversen landwirtschaftlich geprägten Regionen des Mittellandes grossflächig. Da sich das Grundwasser nur langsam erneuere und die entsprechenden Metaboliten ausgesprochen langlebig seien, ging das BAFU davon aus, dass diese Verunreinigungen die Grundwasserqualität noch während einigen Jahren beeinträchtigen werden. In den Medien mehr zu reden gab allerdings die sogenannte Trinkwasser-Initiative respektive der Umgang des Parlaments damit. Die Initiative war zwar 2019 vom Nationalrat und 2020 vom Ständerat der Stimmbevölkerung ohne Gegenvorschlag zur Ablehnung empfohlen worden. Noch 2019 hatte die WAK-SR aber eine eigene parlamentarische Initiative mit dem Titel «Das Risiko beim Einsatz von Pestiziden reduzieren» lanciert, welcher die WAK-NR ebenfalls Folge gegeben hatte. Die ständerätliche Kommission machte von Anfang an klar, dass sie diese parlamentarische Initiative explizit nicht als Gegenentwurf zur Trinkwasserinitiative und zur Pestizid-Initiative – der zweiten anstehenden Volksinitiative zum Thema Gewässerschutz – versteht. Dennoch kam die Kommission in ihrer Vorlage mit einigen Massnahmen den Anliegen der beiden Volksinitiativen entgegen. Die im Aktionsplan «Pflanzenschutzmittel» festgehaltenen Reduktionsziele sollen gesetzlich verankert werden, damit die Verbindlichkeit in der Umsetzung der Vorgaben erhöht wird: Bis 2027 sollen die mit Pflanzenschutzmitteln verbundenen Risiken für Oberflächengewässer, naturnahe Lebensräume und als Trinkwasser genutztes Grundwasser gegenüber dem Mittel aus den Jahren 2012 bis 2015 um 50 Prozent reduziert werden. Um sowohl Trinkwasser als auch Grundwasser ausreichend zu schützen, sieht die Initiative zudem vor, dass bei Grenzwertüberschreitungen die entsprechenden Zulassungen überprüft werden sollen; auch will sie die Zuströmbereiche von Trinkwasserfassungen durch Anpassungen im Landwirtschafts-, im Chemikalien- und im Gewässerschutzgesetz besser schützen.

Der Bereich Kreislaufwirtschaft war im Jahr 2020 — eventuell aufgrund des Sitzgewinns des Grünen Lagers (Stichwort Klimawahl) bei den nationalen Wahlen 2019 — wieder vermehrt Anlass für politische Vorstösse. Das Thema war nach Ablehnung des indirekten Gegenvorschlags zur Volksinitiative «Grüne Wirtschaft» 2015 und nach der negativ ausgefallenen Volksabstimmung 2016 etwas in den Hintergrund geraten. Im Berichtsjahr überwies das Parlament mehrere Vorstösse und gab einer parlamentarischen Initiative Folge. Die Vorstösse widmeten sich unter anderem den Themen Abfallvermeidung und Kreislaufwirtschaft (Po. 20.3062), der Wiederverwendung von Baumaterialien (Po. 20.3090 und Mo. 19.4296) und dem Littering (Mo. 19.4100). Die parlamentarische Initiative der UREK-NR (Pa.Iv. 20.433) will zudem die Umweltbelastung in den Bereichen Verpackungen und Abfälle reduzieren. Sie bündelte damit verschiedene Anliegen aus mehreren parlamentarischen Initiativen zum Thema, die aufgrund der neuen Kommissionsinitiative zurückgezogen wurden (Pa.Iv. 19.445, Pa.Iv. 19.446, Pa.Iv. 19.447, Pa.Iv. 19.448, Pa.Iv. 19.449, Pa.Iv. 19.451 und Pa.Iv. 19.509). Schliesslich legte auch die Verwaltung im Jahr 2020 einen Bericht zum Stand der Arbeiten im Bereich Grüne Wirtschaft vor, woraufhin der Bundesrat das UVEK beauftragte, in Zusammenarbeit mit dem WBF und dem EFD weitere Massnahmen zur Ressourcenschonung auszuarbeiten.

Im Umweltbereich bot schliesslich wie im Vorjahr allen voran die Klimapolitik Anlass zu intensiven Debatten. Dabei stach im Berichtsjahr vor allem die Verabschiedung des revidierten CO2-Gesetzes hervor. Dieses brachte in verschiedenen Bereichen wesentliche Veränderungen mit sich, wie etwa einen CO2-Grenzwert bei Ölheizungen, einen teureren Benzinpreis oder die hart umkämpfte CO2-Abgabe auf Flugtickets. Zu dieser letzten Massnahme waren denn auch zwei Motionen und zwei Standesinitiativen eingereicht worden (Mo. 19.3047; Mo. 17.3998; Kt.Iv. 19.305; Kt.Iv. 19.304). Zu reden gab 2020 auch die sogenannte Klimajugend, welche auch im Berichtsjahr einige Demonstrationen und Aktionen auf die Beine stellte. Anfang Januar kam es in der Westschweiz zu einem Gerichtsprozess gegen die Gruppierung «Lausanne Action Climat», deren Mitglieder 2018 in einer Credit Suisse-Filiale mittels einer spielerischen Aktion auf die Klimaproblematik der Finanzbranche aufmerksam gemacht hatten. Weil sich die Aktivistinnen und Aktivisten gegen die Strafen für Hausfriedensbruch und die Durchführung einer unbewilligten Kundgebung wehrten, kam es zum Prozess. Dabei wurden sie erstinstanzlich freigesprochen. Schliesslich besetzte eine Gruppe junger Aktivistinnen und Aktivisten in der Herbstsession 2020 während zweier Tage den Bundesplatz, um auf ihre Anliegen aufmerksam zu machen; diese illegale Besetzung – während Sessionen sind auf dem Bundesplatz keine politischen Aktionen erlaubt – wurde von einer umfassenden Medienberichterstattung begleitet. Auf dem Gebiet der internationalen Klimapolitik schloss die Schweiz schliesslich ein Abkommen mit Peru ab, welches die Rahmenbedingungen für die Kompensation von Schweizer CO2-Emissionen über Projekte in Peru regelt. Es handelte sich dabei weltweit um das erste solche Abkommen unter dem Pariser Klimaabkommen.

Jahresrückblick 2020: Umweltpolitik
Dossier: Jahresrückblick 2020

Jahresrückblick 2020: Aussenpolitik

Nebst dem Dauerbrenner «Institutionelles Rahmenabkommen» hielten auch die Auswirkungen der Corona-Krise im Bereich der Aussenpolitik das Parlament und den Bundesrat auf Trab. Sie waren aber beileibe nicht die einzigen Themen, welche die Schweizer Aussenpolitik im Jahr 2020 prägten.

Mitte März beschloss der Bundesrat aufgrund der Corona-Pandemie die Einführung von Schengen-Grenzkontrollen – und damit faktisch die Schliessung der Grenzen – zu allen Nachbarländern mit Ausnahme Liechtensteins. Diese Restriktionen wurden in den darauffolgenden Wochen auf die Schengen-Aussengrenzen und Flüge aus sämtlichen Schengen-Staaten ausgeweitet. Kurz darauf ergriff das EDA erste Massnahmen, um den im Ausland gestrandeten Bürgerinnen und Bürgern die Rückreise in die Schweiz zu erleichtern. Da diese Massnahmen bereits nach wenigen Tagen nicht mehr ausreichten, da abgesagte Flüge und geschlossene Grenzen die eigenständige Rückreise verunmöglichten, initiierte das EDA die bis anhin grösste Rückholaktion von Schweizer Reisenden aller Zeiten. Im Rahmen dieser Aktion führten Edelweiss und Swiss bis Ende April Repatriierungsflüge für rund 7000 Personen durch. Mit dem Abflachen der ersten Infektionswelle wurde im Mai rasch der Ruf nach einer möglichst baldigen Öffnung der Grenzen zu Deutschland und Frankreich und der Wiederherstellung der Personenfreizügigkeit laut. Trotz des Drängens der Parlamentarierinnen und Parlamentarier führte der Bundesrat Lockerungen erst wie geplant im Juni ein.

Das Evergreen der Schweizer Aussenpolitik, das institutionelle Rahmenabkommen, geriet ob der Corona-Krise bisweilen fast ein wenig in Vergessenheit, gewann aber spätestens nach der Ablehnung der Begrenzungsinitiative an der Urne wieder an Bedeutung. Das hatte einerseits mit einer Erklärung der Sozialpartner zu tun, welche sich nicht hinter die zuletzt vorgestellte Fassung des Rahmenabkommens stellen wollten. Andererseits sorgte aber vor allem auch die Absetzung des bisherigen EU-Chefunterhändlers – Roberto Balzaretti – und die damit einhergehende Ernennung von Livia Leu zur neuen Staatssekretärin und Chefunterhändlerin für mediale Schlagzeilen. Während zahlreiche Parlamentarierinnen und Parlamentarier den Nutzen des Wechsels in Frage stellten und den Bundesrat für seinen Personalverschleiss kritisierten, zeigten Vertreter der EU wenig Verständnis für erneute Verzögerungen aufseiten der Schweiz. Durch die Annahme eines Postulats Nussbaumer(sp, BL; Po. 18.3059) forderte das Parlament vom Bundesrat derweil die Möglichkeit der parlamentarischen Mitwirkung in den Angelegenheiten Schweiz-EU, sofern das Rahmenabkommen angenommen werden sollte. Deutlich weniger polarisierend waren die Genehmigung und Umsetzung des Europäischen Reiseinformations- und Genehmigungssystems für den Schengen-Raum sowie eine nötig gewordene Änderung des Ausländer- und Integrationsgesetzes, die vom Ständerat einstimmig angenommen wurden.

Neben diesen zwei zentralen Aspekten tat sich aber in der Aussenpolitik 2020 noch einiges: Begonnen hatte das aussenpolitische Jahr im Januar mit der Veröffentlichung der Aussenpolitischen Strategie 2020-2023, die erstmals im Rahmen eines interdepartementalen Prozesses erarbeitet worden war, um die Kohärenz zwischen Innen- und Aussenpolitik zu verbessern. Frieden und Sicherheit, Wohlstand, Nachhaltigkeit sowie Digitalisierung bildeten die vier inhaltlichen Schwerpunkte der Strategie. Im Februar folgte sodann die Strategie der internationalen Zusammenarbeit 2021-2024, welche den Handlungsrahmen für die Bereiche der Entwicklungszusammenarbeit, der humanitären Hilfe, der Förderung des Friedens und der menschlichen Sicherheit vorgab. Im Vergleich zur Strategie der Vorperiode (2017-2020) wurden die Beendigung der extremen Armut und die Bekämpfung des Klimawandels stärker gewichtet.

Von besonderer Bedeutung für die Schweizer Aussenpolitik ist traditionsgemäss die Rolle der Schweiz in internationalen Organisationen aber auch als Sitz ebenjener. Die Kandidatur für ein nichtständiges Mandat im UNO-Sicherheitsrat 2023/24 beschäftigte das Parlament im abgelaufenen Jahr auf ganz unterschiedliche Weise. Während Roland Büchel (svp, SG) noch immer für einen Verzicht auf die Kandidatur kämpfte, sorgte sich die Aussenpolitische Kommission des Ständerats vor allem um den Einbezug des Parlaments im Falle eines Erfolgs. Für den Bundesrat stand die Kandidatur ausser Frage, was er unter anderem durch die Erwähnung in der Aussenpolitischen Strategie zementierte. Er argumentierte überdies, dass das Mandat nicht zuletzt auch der Standortförderung des internationalen Genfs diene. Die Wettbewerbsfähigkeit Genfs wurde 2020 auch durch die Finanzhilfen an die Internationale Fernmeldeunion und die Strategie zur Digitalaussenpolitik, mit welcher Genf zum Zentrum der internationalen Gouvernanz im Bereich Cyberspace gemacht werden soll, gefördert. Die SVP bemühte sich zudem um den Rückzug der Schweiz vom UNO-Flüchtlingspakt und eine Senkung des Finanzbeitrags an die UNRWA, fand aber keine Unterstützung über die Fraktionsgrenzen hinaus.

In der Entwicklungspolitik gaben vor allem die Kapitalerhöhungen der Weltbankgruppe und der Afrikanischen Entwicklungsbank Anlass zu ausführlichen Ratsdebatten. Zwei Minderheiten der Ratsrechten setzten sich für ein Nichteintreten ein und begründeten ihre Ablehnung unter anderem mit der finanziellen Belastung der Schweiz in der Corona-Krise, die solche Ausgaben nicht zuliesse. Im Endeffekt nahmen beide Räte die Krediterhöhungen an, genauso wie einen von der APK-NR beantragten Nachtragskredit für die humanitäre Hilfe.

Ferner beschäftigte sich das Parlament ausgiebig mit dem Umgang der Schweiz mit dem Brexit. Im Rahmen der sogenannten Mind-the-Gap-Strategie setzten sich die Räte unter anderem mit einem Abkommen zur Fortsetzung der Personenfreizügigkeit auseinander und loteten eine vertiefte wirtschaftliche Zusammenarbeit mit dem Vereinigten Königreich aus. In beiden Fällen sprach sich das Parlament mit grosser Mehrheit für die Kooperation mit Grossbritannien aus.
Im Nachgang des 2019 gefällten EDA-Entscheids zu den Tätigkeiten der Pilatus AG in Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten veröffentlichte der Bundesrat Anfang Jahr einen Bericht zur Überprüfung des Bundesgesetzes über die im Ausland erbrachten Sicherheitsdienstleistungen. Er beschloss die Prüfung einer Gesetzesrevision, weshalb im Juni eine Motion der SIK-NR zur gleichen Thematik abgelehnt wurde.
Wenn auch inhaltlich nicht sonderlich bedeutsam, war die schiere Menge an Anpassungen von Doppelbesteuerungsabkommen im Jahr 2020 dennoch bemerkenswert. Grund für die Änderungsprotokolle waren die neuen OECD-Mindeststandards, denen sich die Schweiz im Rahmen des BEPS-Übereinkommens bereits im vergangenen Jahr unterworfen hatte. Zudem genehmigte das Parlament auch das lange Zeit sistierte Doppelbesteuerungsabkommen mit Saudi-Arabien.
Obwohl die Genfer Standesinitiative für ein Referendum über das Freihandelsabkommen mit Mercosur (Kt.Iv. 19.313) im März noch klar vom Ständerat abgelehnt worden war und sich mehrere Kantone bereits im vergangenen Jahr erfolglos gegen das Freihandelsabkommen mit Indonesien gewehrt hatten, zeichnete sich allmählich ein Wandel in der Schweizer Aussenwirtschaftspolitik ab. Im Juni kam es mit dem erfolgreichen Referendum gegen das Wirtschaftspartnerschaftsabkommen mit Indonesien nun zu einer Anomalie in der Schweizer Wirtschaftspolitik. Erst einmal hatte die Bevölkerung über ein Abkommen im Bereich der Aussenwirtschaft abstimmen können – wobei die Abstimmung über den EWR dem ausserordentlichen obligatorischen Referendum unterlegen hatte – und noch nie war bisher ein fakultatives Referendum zu einem Freihandelsabkommen zustande gekommen.

Die Corona-Krise wirkte sich erwartungsgemäss auch auf die Themenkonjunktur in den Zeitungen aus. So sank die Zahl der aussenpolitischen Artikel von über 10 Prozent im Dezember 2019 auf 4 Prozent im April 2020. Wenig erstaunlich waren Artikel zu zwischenstaatlichen Beziehungen überaus stark vertreten, was sich mit den Grenzschliessungen/-öffnungen und den Quarantänebestimmungen erklären lässt. Gegen Jahresende nahm die Berichterstattung zu Europa, die im Vergleich zu den Vorjahren unterdurchschnittlich ausfiel, etwas zu. Grund hierfür war das Rahmenabkommen, dessen Verhandlung nach der Abstimmung zur Begrenzungsinitiative weiter vorangetrieben wurde.

Jahresrückblick 2020: Aussenpolitik
Dossier: Jahresrückblick 2020

Die FDP-Liberale Fraktion forderte den Bundesrat im September 2020 mittels einer Motion dazu auf, ein schweizweites Programm zur Erforschung des Untergrunds zu erarbeiten, und verfolgte damit ein ähnliches Anliegen wie zuvor Nationalrat Karl Vogler (csp, OW; Mo. 19.4059). Damit will die FDP-Liberale Fraktion die Datengewinnung über den Untergrund vorantreiben, womit die Voraussetzungen geschaffen werden sollen, um den Untergrund für die Ressourcengewinnung (bspw. Wärme), für die Speicherung (bspw. CO2) und für die Infrastrukturverlagerung (vor allem Verkehr) nutzen zu können. Diese Nutzung sei vor allem im Hinblick auf die Erreichung der Schweizer Klimaziele wichtig, denn nur so könne das Ziel von Netto-Null-Treibhausgasemissionen bis 2050 erreicht werden. Der Bundesrat beantragte die Annahme der Motion. Der Nationalrat stimmte ihr in der Wintersession 2020 stillschweigend zu.

Erforschung des Untergrunds (Mo. 20.4063)

Die APK-NR wollte den Bundesrat mittels Postulat dazu auffordern, einen detaillierten Bericht über die Situation der Tibeterinnen und Tibeter in der Schweiz zu erstellen. Dieser solle sich insbesondere mit der Situation der Meinungsäusserungsfreiheit und der Überwachung auseinandersetzen. Damit gab die Kommission einer Petition der Gesellschaft für bedrohte Völker (Pet. 18.2020) Folge.
Der Bundesrat beantragte die Annahme des Postulats.

Bericht über die Situation der Tibeterinnen und Tibeter in der Schweiz (Po. 20.4333)
Dossier: Menschenrechtspolitik Schweiz-China

Der Nationalrat beschäftigte sich in der Wintersession 2020 mit der vom Ständerat gutgeheissenen Motion Herzog (sp, BS) zur Förderung des Gütertransports auf dem Rhein. Die Mehrheit der KVF-NR beantragte die Annahme der Motion. Katja Christ (glp, BS) führte aus, dass die Motion das Ziel verfolge, «aufzuzeigen, mit welchen Strategien und Massnahmen der Gütertransport auf dem Rhein für die Schweiz langfristig sichergestellt werden kann», wodurch er seine wichtige verkehrspolitische Rolle weiterhin wahrnehmen könne. Sie betonte des Weiteren, dass es darum gehen solle, «Anreize für Innovation, Automation und Digitalisierung mit unseren verkehrs- und klimapolitischen Zielen zu vereinen». Eine Kommissionsminderheit, die ausschliesslich aus SVP-Mitgliedern bestand, beantragte die Ablehnung der Motion. Sandra Sollberger (svp, BL) erläuterte, dass der Staat durch diesen Vorstoss in die Wirtschaft eingreifen und damit die Wirtschaftsfreiheit unnötigerweise einschränken würde. Dies sei aber nicht nötig, der Gütertransport auf dem Rhein funktioniere ausgezeichnet und bedürfe keinerlei Massnahmen seitens der öffentlichen Hand. Zudem würde eine staatliche Förderung des Gütertransports auf dem Rhein bloss den Gütertransport auf der Schiene konkurrenzieren. Verkehrsministerin Sommaruga argumentierte, dass es nicht darum gehe, das eine Transportmittel gegen das andere auszuspielen. Vielmehr sollen mit der Umsetzung dieser Motion mögliche Probleme antizipiert und auch die Versorgungssicherheit der Schweiz im Auge behalten werden. Hierfür spiele der Gütertransport auf dem Rhein nämlich eine entscheidende Rolle. Die grosse Kammer folgte der Empfehlung seiner vorberatenden Kommission und nahm die Motion mit 136 zu 49 Stimmen bei 2 Enthaltungen an. Die ablehnenden Stimmen stammten allesamt von Mitgliedern der SVP-Fraktion.

Förderung des Gütertransports auf dem Rhein

Die grosse Kammer befasste sich in der Wintersession 2020 mit der möglichen Verbesserung der Rahmenbedingungen für fossilfrei angetriebene Nutzfahrzeuge. Die vorberatende KVF-NR hatte zwei materielle Änderungen in die Vorlage eingebracht. Zum einen hatte sie den Begriff «emissionsarm» in «fossilfrei angetrieben» geändert, zum anderen hatte sie die mögliche Befreiung von der LSVA gestrichen und nur noch von der Reduktion der LSVA gesprochen. Eine Minderheit Giezendanner (svp, NR) wollte den Vorstoss ablehnen, da sie tiefere Einnahmen aus der LSVA für die Kantone ablehne. Zudem bedeute die reduzierte LSVA eine Vergünstigung der Strassenbenutzung, was in Widerspruch zum Ziel der Verkehrsverlagerung stehe. Verkehrsministerin Sommaruga konnte durch die von der KVF-NR eingebrachten materiellen Änderungen die Annahme der Motion unterstützen, nachdem der Gesamtbundesrat die Motion in seiner Stellungnahme noch zur Ablehnung empfohlen hatte. In der Abstimmung stimmte der Nationalrat dem Geschäft deutlich mit 183 zu 4 Stimmen (bei einer Enthaltung) zu. Interessanterweise befand sich Benjamin Giezendanner nicht unter den vier SVP-Mitgliedern, welche die Motion ablehnten, sondern unter den Befürwortenden.
Als nächstes wird sich wiederum der Ständerat mit der Motion befassen, da der Nationalrat einer geänderten Version der Motion zustimmte.

Rahmenbedingungen für emissionsärmere Nutzfahrzeuge (Mo. 19.4381)
Dossier: Potential und Einsatz von Wasserstoff

In der Wintersession 2020 stimmte der Nationalrat einer Motion Dittli (fdp, UR) zur Rolle des Bahngüterverkehrs bei der Senkung des CO2-Ausstosses stillschweigend zu. Die vorberatende KVF-NR hatte einstimmig empfohlen, die Motion anzunehmen.

Bahngüterverkehr und Beitrag zur Senkung des CO2-Ausstosses

Les Etats-Unis ont placé la Suisse sur la liste noire des pays manipulateurs de devises. La Banque nationale Suisse (BNS) a véhément répliqué qu'aucune manipulation de devises n'est et ne sera effectuée. Cette décision du Trésor américain se base sur trois critères: l'excédent de la balance courante, l'excédent commercial avec les Etats-Unis et les interventions sur les marchés à un niveau supérieur à 2 pour cent du PIB helvétique. Alors que les deux premiers critères existaient déjà au début de l'année 2020, le troisième critère s'est matérialisé suite aux conséquences économiques et financières du Covid-19. Néanmoins, cette décision ne devrait pas entraîner des conséquences majeures pour l'économie helvétique, ni sur les relations américano-helvétiques.

Manipulation BNS-USA

Der Nationalrat hatte die Motion Stamm (svp, AG) zur Verbesserung der Kooperation bezüglich des Vollzugs von Freiheitsstrafen im Herkunftsland in der Frühjahrssession 2019 stillschweigend angenommen.
Erst in der Wintersession 2020 beschäftigte sich schliesslich der Ständerat mit der Motion. Die RK-SR hatte sich im Vorfeld der Session gegen die Motion ausgesprochen, da die Schweiz ohnehin bereits bestrebt sei, die Zusammenarbeit mit Staaten wie etwa Italien, Albanien und Bosnien Herzegowina zu verbessern, indem man diese zur Ratifikation des Zusatprotokolls zum Übereinkommen über die Überstellung verurteilter Personen bewege. Die Kommission konnte daher keinen zusätzlichen Gesetzgebungsbedarf erkennen, wie ihr Sprecher Daniel Jositsch (sp, ZH) dem Rat im Plenum mitteilte. Die anwesende Bundesrätin Karin Keller-Sutter merkte an, dass der Bundesrat die Motion in ihrer Stossrichtung unterstütze, er sie aber eigentlich als bereits umgesetzt erachte. Man arbeite so oder so daran, möglichst viele Überstellungen durchzuführen, weshalb der Bundesrat nichts dagegen hätte, wenn die Motion abgelehnt werden würde. Der Ständerat liess sich nicht zweimal bitten und verwarf die Motion mit 29 zu 7 Stimmen deutlich.

Strafvollzug im Ausland. Verstärkung der Kooperation mit umliengeden Ländern (Mo. 18.4369)

Zwischen National- und Ständerat gab es in Bezug auf die Kapitalerhöhungen der Weltbankgruppe und der Afrikanischen Entwicklungsbank eine letzte Differenz zu bereinigen. Diese bezog sich auf die Offenlegungspflicht der Tätigkeiten. Während der Nationalrat verlangte, dass das Abstimmungsverhalten der Schweiz im Internet bekannt gegeben werde, hatte der Ständerat gegen diesen Vorschlag gestimmt. Letzterer hatte die Transparenzanforderung in der Differenzbereinigung in der Folge dahingehend abgeschwächt, dass der Bundesrat die Aussenpolitischen Kommissionen periodisch über seine Tätigkeiten zu informieren habe. Der Nationalrat musste in der Wintersession 2020 demnach über diese letzte verbleibende Differenz entscheiden. Auf Antrag der APK-NR stimmte ihr der Nationalrat einstimmig im Sinne des Ständerats zu.

Kapitalerhöhungen Weltbankgruppe und Afrikanische Entwicklungsbank (BRG 20.024)

In der Wintersession 2020 befasste sich der Nationalrat mit dem Rechtshilfeabkommen in Strafsachen mit Indonesien, welches bei einem Teil der SVP-Fraktion auf Widerstand stiess. Eine Minderheit Reimann (svp, SG) wollte nicht auf das Geschäft eintreten, weil man sich damit zum «Handlanger von Menschenrechtsverletzungen» mache. Nationalrat Reimann befürchtete auch einen Missbrauch der Rechtshilfe durch die indonesischen Behörden und schlug stattdessen vor, dass man Indonesien in seiner Entwicklung helfe, indem man die Menschenrechte und die Religionsfreiheit stärke. Die Bedenken der Minderheit stiessen bei den anderen Fraktionen zwar auf Gehör, vermochten diese aber nicht zur Ablehnung des Abkommens zu bewegen. Min Li Marti (sp, ZH) und Nicolas Walder (gp, GE) argumentierten, dass die Schweiz bei Anzeichen von Menschenrechtsverstössen gemäss Abkommen sowieso keine Rechtshilfe leisten dürfe. Laut Sidney Kamerzin (cvp, VD) würde man den Kampf gegen das Verbrechen in Indonesien mit dem Rechtshilfeabkommen gar stärken. Und auch die FDP sprach sich für die Annahme des Abkommens aus. Wenn man Freihandel mit Indonesien haben könne, dann könne man auch Rechtshilfe mit klaren Rechtsmitteln unterhalten, so Christian Lüscher (fdp, GE). Bundesrätin Karin Keller-Sutter fügte an, dass neben reinen Sicherheitsbedenken auch weitere Gründe für das Abkommen sprächen. So solle die internationale Staatengemeinschaft nicht als Hort für illegale ausländische Gelder dienen, deren Rückgabe im Vertrag vorgesehen seien. Die Abstimmung über den Nichteintretensantrag fiel entsprechend deutlich aus: Er wurde mit 153 zu 32 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) abgelehnt. Das Rechtshilfeabkommen selber wurde dann vom Nationalrat mit 150 zu 32 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) verabschiedet.

Abkommen mit Indonesien über Rechtshilfe in Strafsachen (BRG 19.084)

Die Doppelbesteuerungsabkommen mit Kuwait und Bahrain (BRG 20.066) kamen in der Wintersession 2020 in den Nationalrat, sorgten dort aber kaum für Diskussionsbedarf. Christian Lüscher (fdp, GE) unterstützte im Namen der WAK-NR den Abschluss des Doppelbesteuerungsabkommens mit Bahrain, unter anderem weil das Land eine grosse Investitionskapazität besitze und es bereits mit zahlreichen anderen europäischen Ländern ähnliche Abkommen abgeschlossen habe. Laut Lüscher würde das Abkommen, welches inhaltlich der Schweizer Vertragspraxis gemäss OECD entspreche und damit die BEPS-Mindeststandards der OECD erfülle, den Schweizer Finanzplatz und damit die Schweizer Wirtschaft im Allgemeinen stärken. Auch das Änderungsprotokoll mit Kuwait empfahl die Kommission zur Annahme, da dieses eine Anpassung an die neuen BEPS-Mindeststandards gewährleiste . Es enthalte überdies wichtige Verbesserungen bezüglich der Besteuerung von Dividenden und Zinsen, schaffe die Quellensteuer fast gänzlich ab und enthalte eine Schiedsklausel zur Erhöhung der Rechtssicherheit. Bundesrat Ueli Maurer unterstrich in der Debatte die Bedeutung der bilateralen Beziehungen mit Bahrein, indem er auf die bereits bestehenden Freihandels- und Luft- und Schifffahrtsabkommen verwies. Der Nationalrat nahm das Abkommen mit Bahrein mit 137 zu 25 Stimmen (bei 22 Enthaltungen) und das Änderungsprotokoll mit Kuwait mit 138 zu 25 Stimmen (bei 18 Enthaltungen) deutlich an. Die Nein-Stimmen und Enthaltungen stammten fast ausschliesslich von der SVP-Fraktion, welche Vorlagen zur Entwicklung des internationalen Steuerrechts laut eigener Aussage konsequent ablehne.

Doppelbesteuerungsabkommen mit Kuwait (BRG 20.065)
Dossier: BEPS-Übereinkommen mit der OECD
Dossier: Doppelbesteuerungsabkommen

En décembre 2020, le Conseil national a refusé de donner suite à une initiative parlementaire du député Thomas Matter, qui visait à exclure les réfugiés dits écologiques ou climatiques de la notion de réfugié figurant dans la loi sur l'asile. Le texte proposait d'ajouter la mention suivante à l'Art. 3 de la LAsi: «Ne sont pas des réfugiés les personnes qui sont exposées à de sérieux préjudices ou craignent à juste titre de l'être en raison de changements affectant leurs ressources naturelles ou le climat.». Il devait en être de même pour l'attribution du statut d'admission provisoire. La crainte de l'UDC, qui a d'ailleurs formé la minorité de commission souhaitant entrer en matière, était que les milieux de gauche et écologiste se servent des débats actuels sur le climat pour «élargir de façon irresponsable la notion de réfugié». La majorité de la CIP-CN a en revanche estimé que la définition de la notion de réfugié doit rester positive et ne pas reposer sur un catalogue de critères négatifs. Elle a en outre ajouté que chaque personne en procédure d'asile a le droit à un examen de sa situation, afin de déterminer si sa vie et son intégrité corporelle sont menacées dans son pays d'origine.
Un avis que l'ensemble du Conseil national a suivi, rejetant l'initiative par 132 voix contre 51 et une abstention.

Exclure les réfugiés dits écologiques ou climatiques de la notion de réfugié figurant dans la loi sur l'asile (Iv.pa. 19.434)

Um auch noch die letzte Differenz hinsichtlich der Kapitalerhöhungen der Weltbankgruppe und der Afrikanischen Entwicklungsbank zum Nationalrat zu bereinigen, befasste sich der Ständerat in der Wintersession 2020 zum zweiten Mal mit diesem Bundesratsgeschäft. Der Nationalrat hatte zwar dem ständerätlichen Kompromiss weitgehend zugestimmt, es war jedoch eine letzte Differenz in Bezug auf die Offenlegungspflicht auszuräumen. Kommissionssprecher Damian Müller (fdp, LU) hielt fest, dass die APK-SR die Differenz ausgiebig beraten habe und zum Schluss gekommen sei, dass grundsätzlich gar keine solche bestehe. Transparenz und Rechenschaftspflicht seien Prinzipien, die man erfüllen wolle, was auch aus der Botschaft zur Strategie der internationalen Zusammenarbeit 2021-2024 hervorgehe. Jedoch dürfe man dabei den eigenen Handlungsspielraum nicht einschränken, weshalb die Kommission einen «eleganten und wirkungsvollen» Weg gefunden habe: Statt das Abstimmungsverhalten zu veröffentlichen, wie der Nationalrat gefordert hatte, soll der Bundesrat die Aussenpolitischen Kommissionen periodisch – mindestens einmal pro Jahr – über sein Handeln informieren. Bundesrat Parmelin zeigte sich mit der gefundenen Lösung zufrieden. Diese berücksichtige sowohl die Zwänge der Stimmrechtsgruppen, denen die Schweiz in den beiden Banken ausgesetzt sei, als auch die Forderung des Parlaments nach mehr Transparenz. Der Rat nahm dem Vorschlag der Kommission stillschweigend an. Damit ging das Geschäft wieder zurück an den Nationalrat.

Kapitalerhöhungen Weltbankgruppe und Afrikanische Entwicklungsbank (BRG 20.024)

Wenige Tage nach der zweiten Sitzung des Ständerats zur Vorlage befasste sich der Nationalrat mit dessen Kompromiss zu den Kapitalerhöhungen der Weltbankgruppe und der Afrikanischen Entwicklungsbank. Die vier Verpflichtungskredite waren in beiden Räten unumstritten, jedoch hatte der Nationalrat fünf Artikel mit Handlungsrichtlinien ergänzt, die vom Ständerat zwar abgelehnt, im Sinne einer Kompromisslösung aber grösstenteils in einem neu geschaffenen Artikel 3a aufgenommen worden waren. Während dieser Artikel 3a auf Antrag der APK-NR angenommen wurde, setzte sich eine Minderheit Schneider-Schneiter (cvp, BL) dafür ein, dem Ständerat auch hinsichtlich der Streichung der Offenlegungspflicht zu folgen und Artikel 3c zu streichen. Die Minderheit aus Vertreterinnen und Vertretern der Mitte-, der FDP- und der GLP-Fraktion argumentierte, dass die Publikation im Internet nicht umsetzbar und die Unterrichtungspflicht des Parlaments bereits anderweitig geregelt sei. Roland Fischer (glp, LU) zeigte Verständnis für den Wunsch nach mehr Transparenz und stellte in Aussicht, dass die Aussenpolitischen Kommissionen in der Differenzbereinigung einen Kompromiss ausarbeiten könnten. Die Mehrheit des Nationalrates wollte jedoch an der Offenlegungspflicht festhalten. Franz Grüter (svp, LU), dessen Fraktion sich von Anfang an gegen die Verfügungskredite eingesetzt hatte, bezeichnete die Institutionen als «Dunkelkammern» und verlangte eine «Aufsicht über die Aufsicht». Auch die SP setze sich für die Einhaltung von Transparenz und Rechenschaft und daher für Artikel 3c ein, wie Claudia Friedl (sp, SG) verlauten liess. Bundesrat Parmelin freute sich zwar über den konstruktiven Kompromiss zu Artikel 3a, der keine grösseren Umsetzungsprobleme mit sich brachte. Er verwies jedoch in Bezug auf den umstrittenen Artikel 3c ebenfalls darauf, dass die Publikation der Schweizer Positionen im Internet «äusserst problematisch und sehr oft kontraproduktiv» sein könne. Um auf internationaler Ebene Kompromisse finden zu können, sei es manchmal unumgänglich, Positionen vertraulich zu behandeln. Auf Nachfrage von Fabian Molina (sp, ZH) stimmte er aber im Namen des Bundesrats zu, den zuständigen Kommissionen gegenüber Rechenschaft abzulegen. Der Nationalrat nahm den Antrag der Mehrheit in Bezug auf Artikel 3c trotz der bundesrätlichen Bedenken mit 118 zu 68 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) an, womit er erneut eine Differenz zum Ständerat schuf.

Kapitalerhöhungen Weltbankgruppe und Afrikanische Entwicklungsbank (BRG 20.024)

Eva Herzog (sp, BS) forderte mit einer im September 2020 eingereichten Motion, dass der Bundesrat ein Monitoring über die Entwicklung der Kundennachfrage und der Flugaktivitäten im Rahmen der Einführung der Flugticketabgabe einführen soll. Dies sei insbesondere für den binationalen Flughafen Basel-Mulhouse wichtig. Falls die Flugticketabgabe zu einer unerwünschten Verlagerung der Flugpassagiere in den französischen Sektor des Flughafens führe, wo die Tickets einer tieferen Abgabe unterlägen und daher günstiger seien, solle der Bundesrat Vorschläge erarbeiten, wie dieser Trend aufgehalten werden könnte. Im schlimmsten Fall könne nämlich die Binationalität des Flughafens in Frage gestellt werden. Falls dieser dann nur noch ein französischer Regionalflughafen wäre, dürfte die Schweiz ihn zwar noch mitbenutzen, hätte aber kein Mitspracherecht mehr (Stichwort Nachtflugsperre). Herzog befürchtete auch ein mögliches Ausweichen der Passagiere von anderen Schweizer Flughäfen nach Basel-Mulhouse, was zu einer Intensivierung der Lärmbelastung führen würde. Der Bundesrat beantragte die Annahme der Motion; die kleine Kammer stimmte dieser in der Wintersession 2020 stillschweigend zu.

Entwicklung der Kundennachfrage und der Flugaktivitäten im Rahmen der Einführung der Flugticketabgabe

In der Wintersession 2020 stimmte der Ständerat auf Empfehlung der Mehrheit seiner Kommission der Motion «Ausnahme des Modellflugs von der EU-Drohnenregelung» zu. Hans Wicki (fdp, NW) vertrat im Rat die Position der Mehrheit der KVF-SR. Er legte dar, dass mit der Übernahme der EU-Drohnenregelung die administrativen Anforderungen für die Modellfliegerei erhöht würden, ohne dass dabei ein konkreter Sicherheitsgewinn resultieren würde. Zudem gehe mit der Übernahme die faktische Einführung des Vereinszwangs einher, da Nichtmitglieder zahlreiche Nachteile zu befürchten hätten. So müssten diese etwa einen zusätzlichen Online-Test absolvieren, und die Flughöhe ihrer Modellflugzeuge würde auf 120 Meter beschränkt. Eva Herzog (sp, BS) und Simonetta Sommaruga erläuterten für die Minderheit, respektive für den Gesamtbundesrat, die von ihnen befürchteten Konsequenzen bei einer Annahme der Motion. So nehme man mit Annahme der Motion in Kauf, dass die EU-Regulierung für den Drohnen- und Modellflug, an der die Schweiz stark mitgearbeitet hatte, nicht ratifiziert werden könne. Dadurch werde die Erhöhung der Sicherheit im Schweizer Luftverkehr verzögert und die Schweizer Drohnen- und Robotikindustrie verliere den Zugang zum EU-Binnenmarkt inklusive Forschungszusammenarbeit. Schliesslich erläuterte Sommaruga, wie bereits im Nationalrat, dass die Schweiz von der Weiterentwicklung des EU-Rechts im Bereich der unbemannten Luftfahrzeuge ausgeschlossen wäre. In der Abstimmung schloss sich der Ständerat der Mehrheit seiner Kommission an und stimmte der Motion knapp zu, mit 20 gegen 18 Stimmen bei 4 Enthaltungen.

Ausnahme des Modellflugs von der EU-Drohnenregelung (Mo. 20.3916)
Dossier: Drohnen und die Sicherheit im Luftraum

Auch im Ständerat war die Genehmigung des Montreal-Protokolls zur Änderung des Tokio Abkommens über strafbare und bestimmte andere an Bord von Luftfahrzeugen begangene Handlungen unbestritten. Die kleine Kammer stimmte dem Geschäft in der Wintersession 2020 einstimmig mit 40 zu 0 Stimmen zu. In den Schlussabstimmungen verabschiedeten die beiden Kammern das Geschäft ebenfalls jeweils einstimmig: 194:0 Stimmen im Nationalrat, 42:0 Stimmen im Ständerat.

Änderung des Luftfahrtgesetzes

Im Juni 2020 veröffentlichte der Bundesrat seine Botschaft zum Sozialversicherungsabkommen mit Bosnien Herzegowina, welches als Teil einer Reihe von Abkommen mit den Nachfolgestaaten der Föderativen Volksrepublik Jugoslawien das ursprüngliche Abkommen mit dem ehemaligen Jugoslawien ersetzen soll. Laut Botschaft entspreche das Abkommen inhaltlich den anderen von der Schweiz abgeschlossenen Sozialversicherungsabkommen und erfülle die internationalen Standards zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit. Es bezwecke die Koordinierung der AHV, IV und der Unfallversicherung der Vertragsstaaten, um allfällige Nachteile und Diskriminierungen von Staatsbürgern zu vermeiden. Demgemäss garantiere es die Gleichbehandlung der Versicherten und die Auszahlung von Renten ins Ausland. Zudem seien Bestimmungen zur Bekämpfung von Missbrauch und Betrug in den Abkommenstext integriert worden, da gemäss der Stellungnahme des Bundesrats zur SVP-Motion «Aufkündigung von Sozialversicherungsabkommen» (Mo. 09.3887) Abkommen mit den Balkanstaaten nur erneuert oder neu abgeschlossen werden können, wenn ein funktionierendes System zur Aufklärung von Betrugsvorfällen vorliegt. Auf eine Vernehmlassung wurde verzichtet, da die Eidgenössische Kommission für die Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung, welche die interessierten Kreise umfassend abbildet, das Abkommen ohne Einwände gutgeheissen hatte.

Der Nationalrat befasste sich in der Wintersession 2020 mit dem Geschäft, wobei sich einzig die SVP gegen das Abkommen stellte. So reichte eine Minderheit Aeschi (svp, ZG) einen Antrag auf Nichteintreten ein. Aeschi störte sich vor allem am angeblichen Missverhältnis zwischen Einzahlenden und Bezügerinnen und Bezügern. So lebten lediglich 815 Schweizerinnen und Schweizer in Bosnien und Herzegowina, jedoch 29'000 Personen aus Bosnien und Herzegowina in der Schweiz. Er befürchtete einen «einseitigen Finanztransfer», wobei die Schweiz bezahle und dies zu Lasten der nicht ausfinanzierten Schweizer Sozialversicherungssysteme. Philippe Nantermod (fdp, VS), Sprecher der SGK-NR, stellte jedoch klar, dass die zusätzlichen Kosten auf weniger als CHF 100'000 geschätzt würden. Alain Berset appellierte an den Nationalrat, das Abkommen anzunehmen. Die Modernisierung dieses Übereinkommens sei notwendig, da es im Interesse der Schweiz sei, mit den Ländern, mit denen sie in Kontakt steht, stabile Beziehungen zu pflegen.
Der Nichteintretensantrag der SVP-Fraktion hatte im Rat keine Chance und wurde mit 137 zu 51 Stimmen (bei 1 Enthaltung) abgelehnt. Mit dem gleichen Ergebnis wurde das Sozialversicherungsabkommen in der Folge angenommen, wobei die SVP in beiden Fällen die Minderheit bildete, mit Ausnahme von Alfred Heer (svp, ZH), der sich zweimal der Stimme enthielt.

Abkommen mit Bosnien Herzegowina zur Sozialen Sicherheit (BRG 20.047)
Dossier: Sozialversicherungsabkommen der Schweiz
Dossier: Sozialversicherungsabkommen mit den Nachfolgestaaten der Föderativen Volksrepublik Jugoslawien

Hintergrund des Postulates «Reduzierte Bemessungsgrundlage bei Geschäftsfahrzeugen mit 0g CO2/km im Betrieb» der UREK-NR war die Tatsache, dass Elektroautos, die als Geschäftsfahrzeuge verwendet werden, gleich besteuert werden wie Autos mit fossilem Antrieb. Aufgrund des hohen Anschaffungspreises von Elektroautos habe dies eine starke Belastung durch Einkommenssteuern und Sozialversicherungen zur Folge. Mit dem im September 2020 eingereichten Postulat wurde der Bundesrat aufgefordert, in einem Bericht darzulegen, welche Auswirkungen eine reduzierte Bemessungsgrundlage des Privatanteils für Inhaberinnen und Inhaber von Geschäftsfahrzeugen mit klimaneutralem Antrieb hätte.
Der Bundesrat erklärte sich bereit zu prüfen, ob eine differenziertere Bemessung zugunsten von Elektroautos opportun sei.
Der Nationalrat befasste sich in der Wintersession 2020 mit dem Geschäft. Er nahm das Geschäft deutlich, mit 133 zu 48 Stimmen (bei einer Enthaltung), an und entschied damit im Sinne der Mehrheit der Kommission und entgegen des Antrags Imark (svp, SO), der die Ablehnung des Postulates gefordert hatte. Die ablehnenden Stimmen stammten von 47 Mitgliedern der SVP-Fraktion und einem Mitglied der Mitte-Fraktion.

Reduzierte Bemessungsgrundlage bei Geschäftsfahrzeugen mit 0g CO2/km im Betrieb (Po. 20.3957)

Der Ständerat nahm in der Wintersession 2020 Kenntnis vom Bericht zu den abgeschlossenen völkerrechtlichen Verträgen 2019. APK-SR-Sprecher Damian Müller (fdp, LU) informierte den Rat darüber, dass der Bundesrat der Kommission bereits einige Fragen zu den bilateralen und multilateralen Verträgen schriftlich beantwortet habe, weshalb kein weiterer Diskussionsbedarf mehr bestehe. Bundesrat Cassis berichtete, dass man das Format des Berichts in den vergangenen Jahren angepasst habe, um diesen «besser lesbar» zu machen. So habe man dessen Umfang um 65 Prozent reduzieren können, wobei die wichtigsten Informationen weiterhin enthalten seien.

Bericht zu den abgeschlossenen völkerrechtlichen Verträgen 2019
Dossier: Bericht zu den abgeschlossenen völkerrechtlichen Verträgen

Nachdem der Nationalrat mehrere Artikel hinsichtlich der Transparenzanforderungen und der strategischen Ausrichtung der Schweizer Beteiligung hinzugefügt hatte, musste sich der Ständerat in der Wintersession 2020 im Differenzbereinigungsverfahren erneut mit den Kapitalerhöhungen der Weltbankgruppe und der Afrikanischen Entwicklungsbank befassen. Damian Müller (fdp, LU) sprach sich im Namen der Mehrheit der APK-SR für einen Kompromiss zwischen dem ursprünglichen Entscheid des Ständerats (keine Handlungsanweisungen) und dem Beschluss des Nationalrats (Handlungsanweisungen in fünf Bestimmungen) aus, indem die Offenlegungspflicht gestrichen würde. Für Müller zeige das klare Abstimmungsresultat der Kommission von 11 zu 1 Stimmen, dass man das Anliegen des Nationalrates unterstütze, dabei aber auf eine «übersichtliche und elegante Lösung» setze. Eine Minderheit Sommaruga (sp, GE) verlangte jedoch das Festhalten an genannter Offenlegungspflicht durch Artikel 3c, welcher Regelungen über die Veröffentlichung des Abstimmungsverhaltens und die Berichterstattung an das Parlament beinhaltete. Der Bundesrat empfahl die Ablehnung des Minderheitsantrags, da die Veröffentlichung solcher Positionen negative Reaktionen von anderen Ländern hervorrufen könnte. Der Antrag wurde schliesslich mit 22 zu 11 Stimmen (bei 1 Enthaltung) abgelehnt, wobei Sommaruga prophezeite, dass der Nationalrat den Artikel wieder aufbringen werde. Mit 22 zu 19 Stimmen angenommen wurde hingegen eine Ergänzung von Ständerätin Carobbio Guscetti (sp, TI), damit auch die «Förderung der Menschenrechte» als Grundlage der Entscheidungsfindung aufgeführt wird. Für Kommissionssprecher Damian Müller war dieser Zusatz «eigentlich logisch, aber nicht zwingend».

Kapitalerhöhungen Weltbankgruppe und Afrikanische Entwicklungsbank (BRG 20.024)

Wie so vieles im Jahr 2020 stand auch der in der Wintersession 2020 zusammen mit der Staatsrechnung 2019 und dem ordentlichen zweiten Nachtrag zum Voranschlag 2020 behandelte Voranschlag 2021 mit integriertem Aufgaben- und Finanzplan 2022-2024 im Zeichen der Corona-Pandemie. Zum ersten Mal hatten sich National- und Ständerat vorgängig auf ein Notbudget geeinigt für den Fall, dass die Session Corona-bedingt abgebrochen werden müsste und der Voranschlag deshalb nicht zu Ende beraten werden könnte. Zudem hatte das Parlament neben unzähligen traditionellen erneut auch über zahlreiche im ursprünglichen Voranschlag oder in einer der drei vom Bundesrat eingereichten Nachmeldungen aufgeführten Corona-bedingten Budgetposten zu beraten, wobei es gleichzeitig entscheiden musste, welche davon als ausserordentliche Ausgaben verbucht und damit von der Schuldenbremse ausgenommen werden sollen. Die Kommissionssprecher Nicolet (svp, VD) und Fischer (glp, LU) erläuterten, dass das ursprüngliche Budget des Bundesrates ein Defizit von CHF 1.1 Mrd. aufgewiesen habe, dass dieses durch die Nachmeldungen aber auf über CHF 2 Mrd. CHF angestiegen sei; auf über CHF 4 Mrd. gar, wenn man die ausserordentlichen Ausgaben miteinbeziehe. Keine unwesentliche Rolle spielten dabei die Corona-bedingten Mehrausgaben, welche sich auf CHF 5.4 Mrd. beliefen (CHF 2.5 Mrd. davon sollten als ordentlicher, CHF 2.9 Mrd. als ausserordentlicher Zahlungsbedarf verbucht werden).
In der Folge beriet die grosse Kammer zwar einmal mehr zahlreiche Minderheitsanträge, nahm jedoch nur 7 Minderheits- oder Einzelanträge an und änderte die bundesrätliche Version nur in 14 Bereichen ab. Dadurch erhöhte der Nationalrat die Ausgaben gegenüber dem bundesrätlichen Entwurf um CHF 726 Mio. und gegenüber der FK-NR um CHF 15 Mio. und nahm den Entwurf zum Schluss mit 190 zu 2 Stimmen deutlich an.

Vor der Detailberatung betonten die Kommissionssprecher, dass die FK-NR dem Bundesrat weitgehend gefolgt sei, gerade bei den Covid-19-Massnahmen und bei den Direktzahlungen in der Landwirtschaft aber einige Änderungen angebracht habe. Insgesamt schöpfe die Kommission den Schuldenbremse-bedingten Spielraum mit einem Defizit von CHF 2 Mrd. nicht vollständig aus – möglich wäre ein Defizit von CHF 3.2 Mrd. Der dadurch verbleibende strukturelle Überschuss von CHF 1.2 Mrd. sollte, wie vom Bundesrat vorgeschlagen, dem Amortisationskonto der Schuldenbremse gutgeschrieben und entsprechend für den Abbau der als ausserordentliche Ausgaben verbuchten Corona-Defizite verwendet werden, wie es der Bundesrat auch für den budgetierten Überschuss in der Staatsrechnung 2019 beantragt hatte.
Ergänzend wies Finanzminister Maurer darauf hin, dass das Budget mit sehr vielen Unsicherheiten belastet sei. Je nach Dauer und Anzahl der Corona-Wellen und der Erholungszeit gewisser Bereiche könne sich der Voranschlag durch kommende Nachträge durchaus noch verschlechtern. Man habe hier aber ein Budget ohne Sparmassnahmen erstellt, um der Wirtschaft zu helfen, wieder auf die Beine zu kommen, betonte er.

Der Nationalrat behandelte die einzelnen Budgetposten in sieben Blöcken, beginnend mit den Covid-19-Unterstützungshilfen. Stillschweigend folgte er dem Bundesrat dabei bei den meisten seiner Nachmeldungen, zum Beispiel bezüglich der Leistungen des Erwerbsersatzes, welche der Bundesrat von anfänglich CHF 490 Mio. auf CHF 2.2. Mrd. aufgestockt hatte, nachdem das Parlament im Rahmen des Covid-19-Gesetzes auch indirekt betroffenen Selbständigen Zugang zur EO gewährt hatte; bezüglich der Unterstützung für den Kulturbereich, wie sie in der Herbstsession 2020 in der Kulturbotschaft beschlossen worden war; bezüglich der Arzneimittelbeschaffung; der Lagerhaltung von Ethanol; der Härtefallentschädigung für Vermietende; des öffentlichen Verkehrs oder der Stabilisierung von Skyguide. Minderheitsanträge lagen unter anderem bezüglich der kantonalen Härtefallmassnahmen für Unternehmen vor. Hier hatte der Bundesrat den anfänglichen Verpflichtungskredit von CHF 200 Mio. auf CHF 680 Mio. aufgestockt, eine Minderheit Widmer (sp, ZH) verlangte hingegen eine weitere Erhöhung auf CHF 1 Mrd. Bundesrat Maurer bat den Rat jedoch darum, bei den mit den Kantonen ausgehandelten CHF 680 Mio. zu bleiben, da eine Erhöhung gegen Treu und Glauben verstossen würde – die Kantone müssten entsprechend ebenfalls höhere Beträge sprechen. Zudem wollte dieselbe Minderheit Widmer den Verpflichtungskredit durch einen Zahlungskredit ersetzen, so dass diese Mittel den Kantonen rasch zur Verfügung stehen könnten; die Kommission schlug stattdessen eine Ergänzung des Verpflichtungskredits durch einen entsprechenden Zahlungskredit vor. Finanzminister Maurer kritisierte die Umwandlung, da sie dem Finanzhaushaltsgesetz widerspreche und sich der Bund ja erst beteiligen müsse, wenn die Kantone durch ihre Darlehen Verluste erlitten. Entsprechend müssten die nicht ausgeschöpften Kredite jeweils übertragen werden. Mit 110 zu 78 Stimmen sprach sich der Nationalrat gegen die Minderheit Widmer aus, die immerhin bei den geschlossen stimmenden SP-, Grünen- und GLP-Fraktionen Anklang fand, nahm jedoch den neuen Zahlungskredit stillschweigend an.

Im zweiten Block – Beziehungen zum Ausland und Migration – lagen zwei Gruppen von Minderheitsanträgen vor. So beantragten auf der einen Seite Minderheiten aus der SVP-Fraktion (Grin (svp, VD) und Keller (svp, NW)), Beträge bei der Entwicklungszusammenarbeit, bei multilateralen Organisationen oder bei den Darlehen und Beteiligungen in Entwicklungsländern zu senken und sie damit auf dem Stand des Vorjahres zu belassen. Nicht nur in den Entwicklungsländern, auch in der Schweiz müsse man der schwierigen Rechnungssituation 2021 Rechnung tragen, argumentierte etwa Grin. Auf der anderen Seite versuchten Minderheiten aus der SP- und der Grünen-Fraktion (Friedl (sp, SG) und Wettstein (gp, SO)), unter anderem die Kredite der Entwicklungszusammenarbeit, für humanitäre Aktionen, zur zivilen Konfliktbearbeitung sowie für Integrationsmassnahmen für Ausländerinnen und Ausländer zu erhöhen, um sicherzustellen, dass die APD-Quote, welche auf 0.5 Prozent des BNE festgelegt worden war, auch wirklich erreicht werde. Roland Fischer (glp, LU) verwies für die Kommission darauf, dass die Kredite im Budget den Parlamentsbeschlüssen zu den Zahlungsrahmen für internationale Zusammenarbeit entsprechen und die Kommission entsprechend Erhöhungen oder Kürzungen ablehne. Folglich sprach sich der Nationalrat gegen sämtliche Minderheitsanträge aus, diese fanden denn auch kaum über die jeweiligen Fraktionen hinaus Unterstützung.

Dasselbe Bild zeigt sich im dritten Block, in dem es um die soziale Wohlfahrt ging. Minderheiten Guggisberg (svp, BE) und Nicolet (svp, VD) beantragten tiefere Kredite respektive den Verzicht auf eine Aufstockung der Kredite für Massnahmen zur Gleichstellung von Frauen und Männern, für familienergänzende Kinderbetreuung sowie für den Kinderschutz und die Kinderrechte. Die entsprechenden Aufgaben lägen vor allem in der Kompetenz der Gemeinden und Kantone, weshalb auf eine Aufstockung beim Bund verzichtet werden solle. Eine Minderheit Dandrès (sp, GE) wollte das Budget des Eidgenössischen Büros für die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen aufstocken, weil gerade Menschen mit Behinderungen von der Corona-Pandemie besonders stark getroffen worden seien. Zudem sollte auch der Betrag des Bundesamtes für Verkehr zur Behindertengleichstellung für Investitionen in die Barrierefreiheit aufgestockt werden. Letzterer Betrag sei jedoch nicht gekürzt worden, wie einige Sprechende vermuteten, sondern werde neu über den Bahninfrastrukturfonds finanziert, erklärte Finanzminister Maurer. Auch in diesem Block wurden sämtliche Minderheitsanträge deutlich abgelehnt.

Im vierten Block, in dem es um Kultur, Bildung, Forschung und Sport ging, waren die Bildungsanträge wie in früheren Jahren vergleichsweise erfolgreich. Der Nationalrat stimmte Einzelanträgen von Christian Wasserfallen (fdp, BE) sowie Matthias Aebischer (sp, BE) und einem Minderheitsantrag Schneider Schüttel (sp, FR) zu. Wasserfallen und Aebischer wollten verschiedene Kredite des SBFI und des ETH-Bereichs aufstocken (unter anderem den Finanzierungsbeitrag an den ETH-Bereich und an die Forschungseinrichtungen von nationaler Bedeutung) und damit die Entscheidungen des Nationalrats aus der BFI-Botschaft, die sich gerade im Differenzbereinigungsverfahren befand, aufnehmen. Alle vier Einzelanträge fanden im Rat eine Mehrheit, obwohl sie von der SVP- sowie von mehr oder weniger grossen Teilen der FDP.Liberalen- und der Mitte-Fraktion abgelehnt wurden. Die Minderheit Schneider Schüttel wollte den Betrag bei der internationalen Bildungs-Mobilität verdoppeln und auch in den Finanzplanjahren sehr stark aufstocken, um so ab 2021 die Schweizer Vollassoziierung an Erasmus plus zu finanzieren. Kommissionssprecher Fischer (glp, LU) wies jedoch darauf hin, dass die Bedingungen für die Teilnahme von Drittstaaten noch nicht bekannt seien und man das Geld entsprechend erst dann beantragen wolle, wenn man die genauen Kosten kenne. Der Nationalrat folgte der Kommission diesbezüglich zwar im Voranschlagsjahr, nahm aber die Erhöhungen für die Finanzplanjahre mit 93 zu 86 Stimmen (bei 4 Enthaltungen) an. Erfolglos blieben in diesem Block Kürzungsanträge bei Pro Helvetia, bei verschiedenen Kultureinrichtungen (Minderheiten Guggisberg), deren Kredit die FK-NR aufgrund der Kulturbotschaft aufgestockt hatte, sowie beim Schiesswesen (Minderheit Wettstein).

Landwirtschaft und Tourismus standen im fünften Block im Zentrum und einmal mehr wurde die 2017 angenommene Motion Dittli (fdp, UR; Mo. 16.3705) zum Streitpunkt. Der Bundesrat hatte die Direktzahlungen gegenüber dem Jahr 2020 aufgrund der negativen Teuerung reduziert – gemäss der Motion Dittli soll jeweils die tatsächlich stattgefundene Teuerung verrechnet werden. Die Kommission schlug nun aber vor, zum früheren Betrag zurückzukehren. Der Finanzminister zeigte sich genervt über diesen Entscheid: Die Parlamentarierinnen und Parlamentarier müssten sich überlegen, «ob Sie uns überhaupt solche Aufträge erteilen wollen, wenn Sie sich letztlich nicht daran halten. Das auszurechnen, gibt nämlich einiges zu tun». Mit dieser Darstellung zeigten sich aber verschiedene Sprechende nicht einverstanden. So argumentierten Heinz Siegenthaler (bdp, BE) und Markus Ritter (cvp, SG), dass der Bundesrat in der Botschaft zur Agrarpolitik 2018-2021 die Teuerung nicht ausgleichen wollte und zusätzlich eine nominelle Kürzung vorgenommen habe. Das Parlament habe in der Folge auf die Teuerung verzichtet, aber die Kürzung rückgängig gemacht. Nun dürfe aber keine Teuerung korrigiert werden, die man gar nie gewährt habe. Auch eine linke Minderheit Schneider Schüttel (sp, FR) zeigte sich bereit, die Direktzahlungen zu erhöhen, solange dies zielgerichtet erfolge, und schlug vor, als Reaktion auf das abgelehnte Jagdgesetz eine Krediterhöhung um CHF 1.6 Mio. in den Planungsgrössen den Sömmerungsbeiträgen an die nachhaltige Schafalpung zuzuweisen. Eine zweite Minderheit Schneider Schüttel beantragte, bezüglich der Direktzahlungen dem Bundesrat zu folgen. Der Rat entschied sich in der Folge sowohl für eine Erhöhung um CHF 1.8 Mio. für die Sömmerungsbeiträge als auch für die von der Kommissionsmehrheit vorgeschlagene Erhöhung um fast CHF 17 Mio. und lehnte entsprechend den Antrag der Minderheit II ab. Weitere Minderheitsanträge zur Pflanzen- und Tierzucht und zur Förderung von Innovationen und Zusammenarbeit im Tourismus (Minderheiten Wettstein) fanden keine Mehrheit, jedoch folgte der Nationalrat stillschweigend dem Antrag seiner Kommission, das Globalbudget von Agroscope für deren Restrukturierung um CHF 4.1 Mio. aufzustocken.

Im sechsten Block behandelte der Rat die Themen Verkehr und Umwelt und änderte hier stillschweigend die Sollwerte für die Auslastung des öffentlichen Verkehrs und des Schienengüterverkehrs. Diese sollen überdies auch in den Finanzplanjahren um jährlich 0.1 Prozent steigen. Erfolgreich war auch eine Minderheit Gschwind (cvp, JU), die beantragte, den Kredit für Schäden durch Wildtiere, Jagd und Fischerei nicht zu erhöhen, da hier bereits genügend Mittel vorhanden seien (106 zu 86 Stimmen). Erfolglos blieben Minderheitsanträge auf höhere Kredite für den Technologietransfer und den Langsamverkehr (Minderheit Brélaz: gp, VD) und auf einen tieferen Kredit für Natur und Landschaft (Minderheit Nicolet). Bei der Förderung von Umwelttechnologien wollte die Kommissionsmehrheit den vom Bundesrat vorgeschlagenen Betrag um CHF 3 Mio. erhöhen und den Anfangsbetrag damit fast verdoppeln, was eine Minderheit Gmür bekämpfte. Die Förderung könne auch durch die Privatwirtschaft geschehen, nicht immer durch den Staat – sofern die Projekte gut seien. Die grosse Kammer folgte jedoch ihrer Kommissionsmehrheit.

Im siebten und letzten Block standen Eigenaufwand und Verwaltungsprozesse im Zentrum, wobei der Rat überall seiner Kommission folgte. Er lehnte sämtliche Anträge auf Kürzung, zum Beispiel bei den Parlamentsdiensten, bei denen eine Minderheit Strupler (svp, TG) auf zusätzliches bewaffnetes Sicherheitspersonal im Parlamentsgebäude verzichten wollte, oder bei der Aufstockung des Globalbudgets des BAFU (Minderheit Dandrès), ab. Umstrittener war die Frage, ob das Globalbudget des NDB erhöht und stattdessen der Kredit für Rüstungsaufwand und -investitionen des VBS reduziert werden soll. Eine Minderheit Widmer (sp, ZH) lehnte diesen Austausch ab, der Rat stimmte dem Kommissionsantrag jedoch deutlich zu. Abgelehnt wurde schliesslich auch der Antrag einer Minderheit Schwander (svp, SZ), wonach die gesamten Personalausgaben in den Finanzplanjahren sukzessive auf CHF 6 Mrd. reduziert und dort plafoniert werden sollten. Schliesslich schlug die Kommission vor, für die Zentrale Ausgleichsstelle (ZAS), die für die Durchführung der Sozialversicherungen der 1. Säule zuständig ist, vier neue Planungsgrössen bezüglich einer effizienten Bearbeitung der Versichertendossiers einzuführen, um so deren Effizienz zu steigern. Obwohl Finanzminister Maurer um die Annahme der Minderheiten Fischer und Gysi (sp, SG) für einen Verzicht auf die neuen Sollwerte bat, weil die ZAS inmitten eines Umbaus ihrer Informatik sei, wodurch die Effizienz der Institution ab 2024 gesteigert werden könne, sprach sich der Nationalrat für die Änderung aus.

Insgesamt erhöhte der Nationalrat damit die Ausgaben gegenüber dem bundesrätlichen Entwurf um CHF 726 Mio. und gegenüber der FK-NR um CHF 15 Mio. Offen war schliesslich noch die Frage, welche Kredite als ausserordentliche Ausgaben verbucht werden sollen. Der Bundesrat hatte vorgeschlagen, die Covid-Kosten für die Erwerbsausfallentschädigungen für Selbständigerwerbende (CHF 2.2 Mrd.) und CHF 680 Mio. für die Härtefallhilfe der Kantone als ausserordentlichen Kredite zu behandeln, während die übrigen Corona-bedingten Ausgaben über CHF 2.5 Mrd. dem ordentlichen Zahlungsbedarf zugerechnet werden sollten. Die Kommission beantragte dem Bundesrat zu folgen, während eine Minderheit Fischer (glp, LU) die gesamten Corona-bedingten Mehrkosten von CHF 5.4 Mrd. als ausserordentliche Ausgaben dem Amortisationskonto belasten wollte. Eine einheitliche Verbuchung würde eine höhere Transparenz ermöglichen, erklärte Fischer, zumal es keine objektiven und rechtlichen Kriterien für eine Einteilung in ordentliche und ausserordentliche Ausgaben gebe. Zusätzlich würde dadurch der Schuldenbremse-bedingte Spielraum vergrössert, indem der strukturelle Überschuss von CHF 1.2 Mrd. auf CHF 3.7 Mrd. erhöht würde. Unverändert bliebe dabei das Finanzierungsdefizit in der Höhe von CHF 4.917 Mrd. Auch Finanzminister Maurer bestätigte, dass die Verbuchung keine exakte Wissenschaft sei und entsprechend beide Lösungen möglich wären. Der Bundesrat habe diejenigen Ausgaben, die man «im Voraus» kenne, im ordentlichen Budget untergebracht und einzig die bei der Budgetierung unbekannten Kredite für die EO und die Härtefallhilfen ausserordentlich verbucht. Die Transparenz werde zukünftig durch einen noch zu erstellenden Zusatzbericht hergestellt, welcher die gesamten aufgeschlüsselten Kosten der Covid-19-Krise für den Bund aufzeigen werde. Mit 112 zu 73 Stimmen folgte der Rat gegen den Willen der SP, der Grünen und der GLP der Kommissionsmehrheit. In der darauffolgenden Gesamtabstimmung sprach sich der Nationalrat mit 190 zu 2 Stimmen für seinen Budgetentwurf aus. Die ablehnenden Stimmen stammten von Erich Hess (svp, BE) und Christian Imark (svp, SO). Auch die Bundesbeschlüsse zu den Planungsgrössen, Finanzplanjahren, zum Bahninfrastrukturfonds und dem Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrsfonds wurden jeweils sehr deutlich angenommen.

Voranschlag 2021 mit integriertem Aufgaben- und Finanzplan 2022-2024 (BRG 20.041)
Dossier: Bundeshaushalt 2021: Voranschlag und Staatsrechnung
Dossier: Mögliche Massnahmen zur Reduktion des Covid-19-bedingten Defizits

Im November 2020 publizierte der Bundesrat seine Botschaft zur Genehmigung der Rahmenvereinbarung mit Frankreich über die Nutzung des Satellitensystems «Composante Spatiale Optique». Darin legte der Bundesrat dar, dass die Informationsbeschaffung mittels Satelliten insbesondere für nachrichtendienstliche Zwecke stark an Bedeutung gewinne. Auch die Schweiz verfüge seit 2010 über ein Bildauswertungszentrum, welches für den NDB und den Militärischen Nachrichtendienst arbeite. Satellitenbilder eignen sich laut Bericht zur Erarbeitung von eigenständigen Lagebeurteilungen und sicherheitspolitischen Einschätzungen. Die Auswertung von Satellitenbildern durch neutrale Staaten könne beispielsweise in Konfliktsituationen, in internationalen Friedensmissionen oder bei der Überprüfung von Sanktionsregimen wertvoll sein. Die «Composante Spatiale Optique» (CSO), welche Frankreich mehreren Staaten zur Nutzung anbiete, würde der Schweiz bedeutende Vorteile bringen, argumentierte der Bundesrat. Unter anderem hätte sie damit direkten Einfluss auf die Programmierung der Satelliten, einen rascheren Zugriff auf Bildmaterial und man könnte auch das Risiko von manipuliertem Bildmaterial minimieren. Zudem müsste der NDB seine Interessengebiete und Prioritäten nicht mehr gegenüber kommerziellen Anbietern offenlegen, was ebenfalls die Datenintegrität stärke.
Die Vereinbarung mit Frankreich umfasse einen Anteil von zwei Prozent an den Programmierungsrechten der CSO sowie Zugriff auf zwei Prozent der täglich generierten Bilddaten und auf das Bildarchiv; eine eigene Empfangsstation, um mit dem System CSO interagieren zu können; die Schaffung einer französisch-schweizerischen Arbeitsgruppe für Kooperation im Forschungs- und Technologiebereich sowie eine Regelung in Bezug auf Wartung und Betrieb des Systems. Der Bundesrat beantragte dem Parlament dafür einen Verpflichtungskredit in Höhe von CHF 82 Mio., hinzu kommen jährlich CHF 2.5 Mio. Betriebs- und Unterhaltskosten. Die Rahmenvereinbarung gelte als Militärkooperation, da das System CSO vom französischen Verteidigungsministerium betrieben wird. Sie sei unter gewissen Bedingungen, welche von Frankreich bereits akzeptiert worden seien, dennoch mit der Schweizerischen Neutralitätspolitik vereinbar. So dürfe die Schweizer Beteiligung am Projekt einerseits nicht massgeblich sein, andererseits müsse die Schweiz die Möglichkeit haben, die Kooperation jederzeit und bedingungslos zu suspendieren oder zu beenden. Die Überweisung der Beiträge müsse zudem in einem mehrjährigen Zahlungsplan geregelt werden, damit die Schweiz die Zahlungen unverzüglich suspendieren könne, falls ein an CSO beteiligter Staat an einem internationalen Konflikt beteiligt wäre. Laut Bundesrat sind bilaterale Nutzungsmöglichkeiten von Satellitensystemen für nachrichtendienstliche Zwecke selten. Das französische Angebot sei daher für die Schweiz in dieser Form einzigartig, vergleichbare Alternativangebote lägen keine vor.

Rahmenvereinbarung mit Frankreich über das Satellitensystem Composante Spatiale Optique

Im November 2020 veröffentlichte der Bundesrat die Botschaften zu den Änderungsprotokollen der Doppelbesteuerungsabkommen mit Liechtenstein (BRG 20.085), Malta (BRG 20.086) und Zypern (BRG 20.087). Weil sich die Schweiz seit 2019 am OECD-Projekt zur Bekämpfung der Gewinnverkürzung und -verlagerung (BEPS) beteiligt und die bisherigen Abkommen nicht den Mindeststandards entsprachen, wurden diverse Anpassungen nötig. Da sich die Schweiz mit den drei Staaten nicht auf einen gemeinsamen Wortlaut für die neuen Bestimmungen betreffend die Mindeststandards einigen konnte, wurden die Anpassungen über separate Änderungsprotokolle vorgenommen. Die Protokolle enthalten Klauseln, mit denen sichergestellt werden soll, dass die Doppelbesteuerungsabkommen nicht missbräuchlich angewendet werden. Zudem sollen sie die Verständigungsverfahren zwischen den Behörden verstärken und somit die effektive Vermeidung von Doppelbesteuerung fördern.
Die Kantone und interessierten Wirtschaftskreise begrüssten den Abschluss der Änderungsprotokolle, die noch vom Parlament genehmigt werden müssen.

Doppelbesteuerungsabkommen mit Liechtenstein, Malta (BRG 20.086) und Zypern (BRG 20.087)
Dossier: Doppelbesteuerungsabkommen