Nach dem Nationalrat befasste sich in der Frühjahrssession 2023 der Ständerat mit der Motion der KVF-NR zur Realisierung und Vollendung des «Verkehrskreuzes Schweiz». Die Motion verlangt, dass sich der Bundesrat im Rahmen der «Perspektive Bahn 2050» verstärkt auf den Fernverkehr von Grenze zu Grenze zwischen Nord und Süd sowie zwischen West und Ost konzentrieren soll.
Während sich mit 7 zu 2 Stimmen bei 3 Enthaltungen eine Mehrheit der KVF-SR für die Motion aussprach, kritisierte eine Minderheit diesen Fokus auf den Fernverkehr. Mathias Zopfi (gp, GL) monierte, dass dadurch der Regional- und Agglomerationsverkehr – also der Verkehr auf kurzen und mittleren Distanzen – vernachlässigt werde und zu viele Mittel in den Fernverkehr fliessen würden. Er verwies dabei auf das benachbarte Frankreich, in dem die Fernverkehrsverbindungen sehr gut seien, der «ÖV in der Provinz [jedoch] ziemlich dürftig» ausfalle. Vor allem der Ausbau im Regional- und Agglomerationsverkehr könne den ÖV-Anteil am Gesamtverkehr steigern, während der Fernverkehrsausbau nur zu Mehrverkehr führe.
Kommissionssprecher Hans Wicki (fdp, NW) vertrat im Rat hingegen die Meinung, dass der Fokus nicht zu stark auf den Agglomerationsverkehr gesetzt werden, sondern auch die «Attraktivität des gesamten Netzes nicht aus den Augen verloren gehen» dürfe. Projekte müssten zwischen den Regionen aufeinander abgestimmt werden und die Verlagerung des Personenverkehrs auf die Schiene auf internationaler Ebene durch die Steigerung der Attraktivität des Fernverkehrsnetzes sei anzustreben. Die Kommission unterstütze deshalb diese «Gesamtvision» durch eine Weiterentwicklung des Fernverkehrsnetzes.
Der neu im Amt stehende Verkehrsminister Albert Rösti versicherte, dass der Bundesrat mit seiner Strategie den Fernverkehr nicht vernachlässigen und auch die 37 Agglomerationsprogramme nicht gegeneinander ausspielen möchte. Geplant sei vielmehr, den Fernverkehr auf jenen Strecken auszubauen, in welchen die Bahn gegenüber dem Individualverkehr noch zu wenig konkurrenzfähig sei – etwa auf den Strecken Bern-Lausanne oder Winterthur-St.Gallen. In der Vernehmlassung zur Perspektive Bahn 2050 habe sich gezeigt, dass der Fokus primär auf die kurzen und mittleren Strecken gelegt werden sollte. Der Bundesrat beantrage deshalb eine Ablehnung der Motion, er werde aber sowieso den «Fernverkehr nicht einfach ausser Acht lassen», wie er abschliessend erklärte. Die Differenzen seien deshalb nicht sehr gross.
Mit 28 zu 10 Stimmen stimmte der Ständerat der Motion schliesslich deutlich zu und überwies diese damit an den Bundesrat, welcher den Auftrag im Zuge der Botschaft zu den Bahnperspektiven 2050 umzusetzen plant.