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Jahresrückblick 2021: Kultur, Sprache, Kirchen

2021 bestätigte den Trend der letzten beiden Jahre – so zeigte die APS-Zeitungsanalyse eine rückläufige Berichterstattung rund um die Themen Kultur, Sprache oder religiöse Fragen auf (vgl. Abbildung 2 der APS-Zeitungsanalyse 2021 im Anhang). Diesbezüglich brachte das Jahr gar einen neuen Tiefstwert seit 2016, wobei insbesondere Fragen im Zusammenhang mit den Religionen deutlich an medialer Präsenz eingebüsst hatten.

Wie auch im Jahr zuvor war die Kulturpolitik geprägt von der weltweiten Covid-19-Pandemie. Deren Auswirkungen auf den Kultursektor verdeutlichten etwa erste Zahlen des BFS im Rahmen der Kulturwirtschaftsstatistik für das Jahr 2020: Im Vergleich zu 2019 war die Beschäftigung im Kulturbereich um markante 5 Prozentpunkte gesunken, was in absoluten Zahlen 14'000 Erwerbspersonen entsprach. Vom Rückgang betroffen waren insbesondere Frauen, Personen mit einem Teilzeitpensum oder all jene, die zuvor weniger als 1 Jahr engagiert gewesen waren. Auch im Vergleich zur Gesamtwirtschaft war der starke Rückgang an Beschäftigten im Kulturbereich beträchtlich. Entsprechend kam es im Parlament zu diversen Vorstössen, mit denen auf die prekäre Situation der Kulturschaffenden reagiert werden sollte. Zwei Vorstösse, welche im Zuge der Pandemie verstärkte Unterstützungsmassnahmen für Freischaffende in Theater und Film und für Buchhandlungen verlangten, fanden im Parlament jedoch keinen Anklang. Hingegen waren sich die Räte darüber einig, dass die soziale Sicherheit der Kulturschaffenden auch unabhängig von der Pandemie verbessert werden müsse.

Neben diesen explizit auf die Pandemie zurückzuführenden Vorstössen bearbeitete das Parlament 2021 drei grosse Geschäfte im Kulturbereich. So fand die Beratung der Kulturbotschaft für die Jahre 2021-2024 nach langwierigen Diskussionen über das Filmförderungsgesetz durch Annahme des entsprechenden Entwurfs ein Ende. Eine parlamentarische Initiative zur Stärkung des Schweizer Stiftungsstandorts kam hingegen auch nach fast 5-jährigen Diskussionen noch zu keinem Abschluss. Zudem wurde der Entwurf des Bundesrats zum neuen Bundesgesetz über den Jugendschutz bei Filmen und Videospielen beraten, mit dem unter anderem die Angleichung an eine geltende EU-Richtlinie angestrebt wird. Der Nationalrat beschäftigte sich in der Frühlings- und Sommersession mit dem Geschäft, der Ständerat wird sich wohl in der Frühlingssession 2022 damit auseinandersetzen.

Wie so oft prägte der Islam die Debatte in der Religionspolitik. Dieses Jahr lag das Augenmerk vermehrt auf der Rolle von Imamen und auf deren Einfluss auf die Gesellschaft. Die SiK-SR verlangte im März 2021 in einem Postulat, dass die Vorteile eines Bewilligungsverfahrens für Imame, ein Imam-Register sowie ein Finanzierungsverbot für Moscheen aus dem Ausland geprüft werden. Die Kommission bezweckte damit eine bessere Kontrolle von Personen, die im Rahmen ihrer religiösen Reden «terroristisches oder gewalttätig-extremistisches Gedankengut verbreiten». Ein im August 2021 vom Bundesrat publizierter Bericht über Professionalisierungsmöglichkeiten von islamischen religiösen Betreuungspersonen zeigte jedoch auf, dass der Einfluss von Imamen in Bezug auf Radikalisierungstendenzen in der Öffentlichkeit überschätzt wird. Basierend auf diesen Erkenntnissen legte der Bundesrat sodann zwölf Handlungsfelder fest, wobei insbesondere die Einbindung von öffentlich-rechtlich anerkannten Religionsgemeinschaften in die Seelsorge diverser öffentlicher Institutionen, wie etwa Militär, Spitälern oder Asylzentren, als zentrale Massnahme definiert wurde. Diese soll dazu beitragen, dass islamische Betreuungspersonen besser in die Gesellschaft integriert werden und indirekt eine Professionalisierung erreicht wird.

Ein weiteres umstrittenes Thema stellte nach wie vor die politische Beteiligung der Schweizer Kirchen im Rahmen von Abstimmungskämpfen dar. So zog die nie zuvor dagewesene Beteiligung der Kirchen am im Vorjahr geführten Abstimmungskampf zur Konzernverantwortungsinitiative Groll nach sich. Die Jungfreisinnigen hatten Stimmrechtsbeschwerden beim Bundesgericht eingereicht, womit sie eine Klärung der Rolle der Kirchen bei Abstimmungen in Form eines Leiturteils erreichen wollten. Gemäss den Medien stufte auch die Bundeskanzlei in einer Stellungnahme an das Bundesgericht das Verhalten der Landeskirchen als «zumindest grenzwertig» ein und erachtete ein Gerichtsurteil diesbezüglich als angezeigt. Das Bundesgericht schrieb die Beschwerde jedoch als gegenstandslos ab, da das Einbringen der Kirche der Initiative nicht zum Erfolg verholfen habe, wodurch das nötige aktuelle Interesse nicht gegeben sei. Diese hitzig geführte politische Debatte widerspiegelte sich auch in der Anzahl an Zeitungsartikeln mit kirchlichem oder religiösem Bezug – Anfang Jahr, auf dem Höhepunkt der entsprechenden Diskussionen – wurde häufiger über das Thema «Kirchen» berichtet als im Rest des Jahres. Gering blieb hingegen das Medienecho, als die beiden grossen Landeskirchen vor der Abstimmung zur «Ehe für alle» ihre Positionen publik machten, zumal sie sich nicht aktiv am Abstimmungskampf beteiligten.

Die Sprachpolitik fand ebenso wie in den letzten Jahren keine grosse mediale Resonanz, legte im Vergleich zum Vorjahr aber leicht zu (vgl. Abbildung 2). Dies ist wohl auf die verstärkt geführte Debatte über eine gendergerechte Sprache zurückzuführen. So startete das Jahr mit einer gesellschaftlichen Debatte über den Entscheid des Dudens, das generische Maskulin aus seinem Nachschlagewerk zu verbannen. Im Sommer kam es zu einer zweiten Runde mit einer breiten Diskussion über das sogenannte Gendersternchen, nachdem die Bundeskanzlei dessen Gebrauch in Bundesdokumenten explizit untersagt hatte.

Jahresrückblick 2021: Kultur, Sprache, Kirchen
Dossier: Jahresrückblick 2021

Nachdem die RK-SR die Vorprüfung der fünf Standesinitiativen (Kt.Iv. BE 08.316; Kt.Iv. SG 09.313; Kt.Iv. TI 09.314; Kt.Iv. FR 09.332; Kt.Iv. ZG 10.302) wieder aufgenommen hatte, nachdem sie zuvor zehn Jahre lang sistiert gewesen waren, kam sie zum Schluss, dass die Forderungen der fünf Standesinitiativen für einen stärkeren Schutz von Jugendlichen vor gewaltvollen Videospielen im Entwurf des Bundesrates zum neuen Bundesgesetz zum Jugendschutz in den Bereichen Film und Videospiel einbezogen würden und dass beide Kammern im Rahmen der Debatte über das Gesetz ihre Anliegen einbringen können. Da damit keine weiteren Massnahmen nötig seien, beantragten die RK-SR sowie die RK-NR, den kantonalen Begehren keine Folge zu geben. Die beiden Räte folgten diesen Anträgen diskussionslos und stillschweigend.

Verbot von gewaltvollen Videospielen (Kt.Iv. BE 08.316; Kt.Iv. SG 09.313; Kt.Iv. TI 09.314; Kt.Iv. FR 09.332; Kt.Iv. ZG 10.302)

Im September 2021 jährte sich das Attentat im Zuger Parlament bereits zum 20. Mal. Am 27. September 2001 hatte ein Mann in einem Amoklauf 14 Politikerinnen und Politiker im Zuger Regierungsgebäude getötet und viele weitere verletzt, bevor er sich selbst das Leben nahm. Um dem Geschehenen und den Getöteten zu gedenken, veröffentlichte das SRF im September 2021 einen halbdokumentarischen Film: «es geschah am... Zuger Attentat», wie die Aargauer Zeitung berichtete. Der Film baute auf Gesprächen mit Zeitzeuginnen und Zeitzeugen auf, wie etwa dem damaligen Standesweibel Rolf Langenegger. Auch der Produzent des Films, Rolf Elsener, war nach dem Attentat als Berichterstatter für die Luzerner Zeitung selbst vor Ort. Die Medien betteten diesen Jahrestag in die aktuellen Debatten zu Drohungen gegen Politikerinnen und Politiker ein.

Zuger Attentat Film

In Erfüllung vier gleichlautender Postulate erschien im September 2021 ein Bericht des Bundesrates, der die Möglichkeiten der rechtlichen Anerkennung der Schweizer Gebärdensprachen auswies und die Politik der Schweiz in diesem Bereich mit dem internationalen Umfeld verglich. In seinem Bericht legte der Bundesrat dar, dass die Mehrheit der europäischen Länder im Unterschied zur Schweiz mindestens eine Gebärdensprache rechtlich anerkennt. In der Schweiz kennen ausschliesslich die Kantone Zürich und Genf eine solche Anerkennung. Fünf Varianten einer möglichen rechtlichen Anerkennung prüfte der Bundesrat im Rahmen seines Berichts: Eine Anerkennung als Landessprache oder als (Teil-)Amtssprache, eine Anerkennung im Rahmen der Europarats-Abkommen, im Rahmen der Sprachenfreiheit oder eine Anerkennung als Fördersprache.
Eine Anerkennung im Rahmen internationaler Abkommen hätte indes rein deklaratorische Natur, solange keine zusätzlichen Rechtsansprüche definiert werden, so der Bundesrat. Dieselbe Wirkung hätte eine Anerkennung der Gebärdensprache als Landes- oder Teilamtssprache in der Verfassung, darüber hinaus bedürfte diese Art von Anerkennung der Zustimmung der Mehrheit der Bevölkerung und der Kantone. Auch die explizite Erwähnung in der Verfassung, dass die Sprachenfreiheit auch die Gebärdensprache umfasse, müsste die gleichen politischen Hürden überwinden. Eine Anerkennung als Fördersprache liesse sich gemäss bundesrätlichem Bericht als einzige Variante ohne Revision der Bundesverfassung umsetzen. Der Bundesrat betonte jedoch, dass die rechtliche Anerkennung für ihn keine zwingende Voraussetzung sei, um die soziale Teilhabe von Menschen mit Gehörbeeinträchtigung weiter zu verbessern. Er habe das EDI beauftragt, den Dialog mit den verantwortlichen Stellen und Organisationen zu intensivieren und Verbesserungsmöglichkeiten zu prüfen.

Möglichkeiten der rechtlichen Anerkennung der Schweizer Gebärdensprachen (Po. 19.3668)

Die parlamentarischen Beratungen zur Revision des Filmgsetzes (Lex Netflix) und die im Herbst 2021 gefassten Beschlüsse führten zu medialen Debatten. Insbesondere zum Beschluss, dass Streaming-Anbietende wie Netflix neu dazu verpflichtet werden sollten, 4 Prozent ihres in der Schweiz erzielten Bruttogewinns in den Schweizer Film zu reinvestieren, zeigten sich nicht nur im Parlament, sondern auch in der Öffentlichkeit Meinungen, die weit auseinander gingen.

Seitens der Filmindustrie waren nur positive Stimmen zu hören, welche jedoch nur in den französischsprachigen Zeitungen Widerhall fanden. Die Filmindustrie sei erleichtert, dass nun auch der Nationalrat die Investitionspflicht gutgeheissen habe, welche in anderen Ländern bereits üblich sei. Dies sorge für faire Wettbewerbsbedingungen für die Industrie, wie Barbara Miller, Präsidentin des Verbands Filmregie und Drehbuch Schweiz (ARF/FDS) gegenüber der Zeitung La Liberté zu Protokoll gab. Jean-Marc Fröhle, Filmproduzent und Co-Präsident der «IG – Unabhängige Schweizer Filmproduzenten», wies darauf hin, dass Schweizer Regisseurinnen und Regisseure von internationalen Koproduktionen abhängig seien, insbesondere bei Serien. Oftmals seien sie nicht in der Lage, mit den in der Schweiz verfügbaren Mitteln einen unabhängigen Schweizer Film zu produzieren, was sich nun durch dieses Gesetz ändern werde.

In den Medien mussten die liberalen Parteien Kritik einstecken: Aus liberaler Sicht spräche alles gegen die «Lex Netflix». Es handle sich dabei um «einen ungeniessbaren Cocktail aus Heimatschutz, Subventionitis und Bevormundung», schrieb etwa die NZZ. Da die SVP geschlossen gegen das FiG gestimmt hatte, sei es in den Händen der FDP und GLP gelegen, diesen «Investitionszwang» aus dem Gesetz zu streichen. Die Genfer Nationalrätin Simone de Montmollin (fdp, GE) erklärte die Mehrheitsmeinung der FDP gegenüber Le Temps damit, dass es nicht um Protektionismus gehe, sondern um eine Harmonisierung mit den Praktiken in den Nachbarstaaten. Grosse Plattformen würden nur da produzieren, wo sie dazu ermutigt werden.

Auch die bürgerlichen Jungparteien waren mit der beschlossenen Gesetzesrevision nicht einverstanden und befürchteten, dass letztendlich die Konsumentinnen und Konsumenten die Abgaben durch höhere Gebühren tragen müssten. Da die Gesetzesrevision insgesamt völlig an den Interessen der Jungen vorbei ziele, kündigten sie noch am Tag der Schlussabstimmung via Twitter an, das Referendum ergreifen zu wollen, wie die Aargauer Zeitung und die NZZ berichteten.

Revision des Filmgesetzes (Lex Netflix; BRG 20.030)

Die beiden Kammern beugten sich in der Herbstsession 2021 über die Differenzbereinigung zur Revision des Filmgesetzes (Lex Netflix), die in derselben Session auch gelang. Damit fand die Debatte nach fast einem Jahr ein Ende – als mit Abstand letzte der verschiedenen Vorlagen zur Kulturbotschaft 2021-2024.

Der Nationalrat, welcher als erster an der Reihe war, befasste sich mit vier bestehenden Differenzen zur ständerätlichen Version des Gesetzes. Mit der Begründung, dass der vorgeschlagene Kompromiss für alle Beteiligten ausgewogen sei und eine gute Stärkung des Schweizer Films ermögliche, schloss sich die Mehrheit der WBK-NR in allen offenen Punkten dem Ständerat an.

Die erste Differenz bezog sich auf die vom Bundesrat vorgeschlagene Höhe der Investitionspflicht. Damit würden neu auch Online-Plattformen, wie etwa Netflix, verpflichtet, einen gewissen Prozentsatz ihres in der Schweiz erreichten Bruttogewinns in Schweizer Filme zu investieren. Die Frage war nun, wie hoch dieser Ansatz festgelegt werden sollte. Der Nationalrat hatte sich in der Herbstsession 2020 auf 1 Prozent geeinigt, was durch den Ständerat wieder rückgängig gemacht worden war. Dieser entschied in der Sommersession 2021, dem Entwurf des Bundesrates zu folgen, und verlangte eine Abgabe von mindestens 4 Prozent. Da dadurch inländische und ausländische TV-Stationen gleiche Bedingungen hätten und der Schweizer Film nachhaltig unterstützt und gefördert werden könnte, unterstützte die Mehrheit der WBK-NR mit 14 zu 10 Stimmen den Ständerat. Eine Kommissionsminderheit, angeführt von Peter Keller (svp, NW), forderte die Senkung der Investitionspflicht von 4 auf 2 Prozent. Der Schweizer Film werde bereits stärker gefördert als früher, 2013 mit rund CHF 100 Mio. und heute gemäss NZZ bereits mit bis zu CHF 150 Mio. jährlich. Mit diesem Gesetz würden nun ausländische Anbietende und Streaming-Dienste verpflichtet, den Schweizer Filmsektor «zwangsweise mit[zu]subventionieren», was einem liberalen Verständnis des Marktes mehr als widerspreche, wie Keller seine Minderheit begründete. Ausserdem warf er die Frage in den Raum, ob die Probleme beim Schweizer Film wirklich darauf zurückzuführen seien, dass dieser zu wenig Geld bekomme, oder nicht eher zu viel erhalte. «Wenn man der Katze jeden Tag ein Whiskas hinstellt, geht sie nicht mehr jagen. Staatsknete macht träge.» Mit 119 zu 71 Stimmen entschied der Nationalrat jedoch, der Kommissionsmehrheit und somit dem Entwurf des Ständerates zu folgen und die Investitionspflicht auf 4 Prozent anzusetzen. Die Fraktionen der SP und der Grünen stimmten geschlossen, die Fraktionen der Mitte und der Grünliberalen mit einer klaren Mehrheit für, die SVP-Fraktion geschlossen gegen die Kommissionsmehrheit. Die Fraktion der FDP.Liberalen zeigte sich stark gespalten, so stimmten 15 Mitglieder für den Mehrheitsantrag und 14 für die Minderheit Keller.

Als zweiter Punkt wurde die Frage diskutiert, welche Firmen von dieser Investitionspflicht ausgenommen werden sollen. Hier hatte der Nationalrat im Herbst 2020 beschlossen, dass nebst der SRG auch regionale TV-Anbietende sowie Kabelnetzbetreibende von dieser Regelung ausgeschlossen bleiben sollen. Dem widersprach jedoch der Ständerat im Sommer 2021, welcher nebst der SRG keine weiteren Ausnahmen ins Gesetz aufnehmen wollte. Auch hier folgte die Kommissionsmehrheit mit 13 zu 10 Stimmen dem Ständerat. Regionale Anbietende seien gar nicht von dieser Regelung betroffen, da diese sehr oft gar keine Filme zeigen würden, was eine Ausnahme für diese Fälle obsolet mache, so Matthias Aebischer (sp, BE) für die Kommissionsmehrheit im Rat. Eine Minderheit Kutter (mitte, ZH) verlangte Festhalten an dem Entwurf des Nationalrates. Schnelles Internet in allen Landesteilen sei ein extrem wichtiges Anliegen, welches auch der Bundesrat unterstütze. Ziel solle sein, Kabelnetzbetreibende dabei zu unterstützten, den dafür nötigen Ausbau so schnell wie möglich zu erreichen. Mit dieser Investitionspflicht werde diesen aber ein riesiger Stein in den Weg gelegt, weshalb Kabelnetzbetreibende im Interesse aller aus dieser Regelung ausgeschlossen werden sollten, wie der Minderheitensprecher sein Anliegen begründete. Auch hier folgte der Nationalrat jedoch mit 110 zu 77 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) der Kommissionsmehrheit und gab dem Ständerat in diesem Punkt nach. Die geschlossenen Fraktionen der SP und der Grünen sowie eine klare Mehrheit der Grünliberalen Fraktion stimmten für die Mehrheitsposition, die SVP-Fraktion, etwa die Hälfte der FDP.Liberalen-Fraktion sowie ein Drittel der Mitte-Fraktion sprachen sich für den Minderheitsantrag Kutter aus.

Die dritte Differenz drehte sich um Werbeleistungen zur Bewerbung von Schweizer Filmen und deren Anrechenbarkeit an die Investitionspflicht. Gemäss geltendem Recht können private TV-Sender den Schweizer Film in Form von Werbeminuten statt mit Geld unterstützen. Die offene Frage war nun, wie hoch der Werbebetrag sein darf, der an die Investitionspflicht angerechnet werden kann. Während der Bundesrat in seiner Botschaft vorsah, diese Möglichkeit der Anrechenbarkeit ganz abzuschaffen, hatte der Nationalrat eine Anrechenbarkeit von Werbeminuten im Umfang von bis zu CHF 1 Mio. vorgesehen. In der Differenzbereinigung setzte sich die nationalrätliche Kommissionsmehrheit dem Ständerat folgend für eine Anrechnung eines Betrags bis CHF 500'000 ein. Eine Kommissionsminderheit Kutter verlangte hingegen Festhalten an der vorher im Rat gefassten Position (CHF 1 Mio.). Kutter argumentierte damit, dass auch private Sender zunehmend mit rückläufigen Zahlen zu kämpfen hätten und alles andere als in Geld schwimmen würden. Der von der Kommissionsmehrheit berechnete Rückgang der Unterstützungszahlungen für den Schweizer Film von CHF 18 auf CHF 14 Mio. erachtete Kutter als vertretbaren Kompromiss. Stattdessen würden in Zukunft die Investitionen der Streaming-Anbietenden massiv zunehmen, was diesen Rückgang mehr als kompensieren werde. Der Nationalrat folgte aber auch hier mit 106 zu 85 Stimmen (bei 1 Enthaltung) wieder der Kommissionsmehrheit. Erneut stimmten die SP- und die Grüne Fraktion geschlossen für die Kommissionsmehrheit, die SVP-Fraktion geschlossen für die Kommissionsminderheit. Die Grünliberale Fraktion sprach sich mehrheitlich für den Mehrheitsantrag aus, während sich die FDP.Liberalen-Fraktion und die Mitte-Fraktion auch in dieser Frage gespalten zeigten.

Zu guter Letzt hatte das Parlament auch über eine von Christian Wasserfallen (fdp, BE) angeführte Minderheit zu befinden, der die gesamte «Lex Netflix», also jegliche Investitionspflicht, streichen wollte. Er argumentierte, dass es nicht zielführend sei, sich als kleine Schweiz mit Anbietenden wie Netflix anzulegen. Vielmehr sollte sich der Schweizer Filmsektor mit den Produzentinnen und Produzenten in Verbindung setzen und Kollaborationen anstreben, um von deren grossen Reichweite zu profitieren. Auch er betonte, dass die derzeitige Unterstützung in der Höhe von CHF 150 Mio. vom BAK, den Kantonen, Städten, Gemeinden und den SRG-Abgaben ausreichend sei. Lieber solle man sich auf die Qualität des Filmes berufen und bessere Drehbücher schreiben, dann hätte der Schweizer Film vielleicht auch bessere Chancen auf dem internationalen Markt, forderte er. Ein Drittel der FDP.Liberalen-Fraktion, die SVP-Fraktion sowie einzelne Mitglieder der Grünen und der Grünliberalen unterstützten Wasserfallen; mit 121 zu 65 Stimmen (bei 5 Enthaltungen) lehnte der Nationalrat den Minderheitsantrag Wasserfallen ab und hielt an der Lex Netflix fest.

Da in der Nationalratsdebatte alle inhaltlichen Differenzen beseitigt worden waren, ging es im Ständerat nur noch um zwei rein sprachliche Anpassungen. Diese wurden von der kleinen Kammer in der Folge diskussionslos und stillschweigend gutgeheissen.

Damit war die Vorlage nach langen Diskussionen im Oktober 2021 bereit für die Schlussabstimmungen. Im Nationalrat wurde die «Lex Netflix» mit 124 zu 67 (bei 3 Enthaltungen) angenommen. Die Fraktionen der SP, der Grünen und der GLP stimmten geschlossen für, die SVP-Fraktion geschlossen gegen den Gesetzesentwurf. Uneinig waren sich die Fraktionen der FDP.Liberalen und der Mitte, wobei jeweils eine Mehrheit für die Vorlage stimmte. Im Ständerat fand das Gesetz mit 32 zu 8 Stimmen (4 Enthaltungen) deutliche Zustimmung.

Revision des Filmgesetzes (Lex Netflix; BRG 20.030)

In der Herbstsession 2021 beschäftigte sich der Ständerat mit einer Motion Chiesa (svp, TI) zum «Nachweis der Sprachkenntnisse für universitäre Medizinalpersonen». Brigitte Häberli-Koller (cvp, TG) erklärte für die WBK-SR, dass die Kommission das Geschäft einstimmig zur Ablehnung empfehle. Grund dafür sei, dass dem Anliegen bereits Rechnung getragen worden sei. Durch die Überarbeitung der Anerkennungspraxis durch die MEBEKO sei es zu einer Abschaffung der Gebühren für eine nachträgliche Registrierung der Muttersprache gekommen. Als Motionär zeigte sich Marco Chiesa zufrieden mit den Entwicklungen, verzichtete aber darauf, seinen Vorstoss zurückzuziehen, da es ihm ein Anliegen sei, «dieses Gefühl der Anerkennung für die vom Bundesrat und von der Kommission geleistete Arbeit zu bekunden» [Übersetzung der Verfasserin]. Stillschweigend lehnte die kleine Kammer die Motion ab.

Nachweis der Sprachkenntnisse für universitäre Medizinalpersonen (Ärztinnen, Zahnärzte, Chiropraktorinnen, Apotheker, Tierärztinnen) (Mo. 19.3052)

Christian Dandrès (sp, GE) forderte im Dezember 2020 in seiner parlamentarischen Initiative, dass die Unterstützungsmassnahmen für Freischaffende in Theater und Film ausgebaut werden. Konkret verlangte der Sozialdemokrat, dass die Rahmenfristen für die Beitragszeit und für den Leistungsbezug für die Betroffenen von zwei auf vier Jahre verdoppelt werden sollen und die ersten 60 Tage der Beitragszeit bei befristeten Stellen doppelt gezählt wird.
Der Kultursektor sei einer der am stärksten durch die Massnahmen gegen die Corona-Pandemie betroffenen Bereichen, wie Dandrès in der Nationalratsdebatte in der Sommersession 2021 argumentierte. Trotz der Öffnungsschritte bleibe die Zukunft der Schweizer Kulturszene ungewiss, Planung sei quasi unmöglich. Dies werde nach Dandrès dazu führen, dass Kulturschaffende defacto bis zu zwei Jahre nicht arbeiten könnten, was starke Auswirkungen auf ihren Anspruch auf Arbeitslosenhilfe gehabt habe und haben werde. Dabei sei zu betonen, dass die Situation von Freischaffenden im Kultursektor bezüglich Arbeitslosenversicherung bereits vor Corona prekär gewesen sei, wie bereits im Postulat Maret (mitte, VS) anerkannt wurde.
Die WBK-NR beantragte mit 16 zu 9 Stimmen, der parlamentarischen Initiative keine Folge zu geben, da die aktuellen Unterstützungsmassnahmen bereits ausreichten und die in der Initiative vorgeschlagenen Massnahmen zu einer Ungleichbehandlung der verschiedenen von der Krise betroffenen Sektoren führen würde. Eine Minderheit Piller-Carrard (sp, FR) beantragte die Annahme der Initiative, weil dadurch die prekäre Situation der Freischaffenden in Theater und Film, welche die Pandemie ans Tageslicht gebracht habe, dauerhaft verbessert werden könne.
Die grosse Kammer folgte der WBK-NR und lehnte die parlamentarische Initiative mit 120 zu 69 Stimmen deutlich ab. Einzig die Fraktionen der SP und der Grünen stimmten geschlossen für Annahme, unterstützt wurden sie von Jacqueline de Quattro (fdp, VD) und Benjamin Roduit (mitte, VS).

Unterstützungsmassnahmen für Freischaffende in Theater und Film. Für die Rettung der Kultur und der Kulturschaffenden

In der Sommersession 2021 nahmen beide Räte stillschweigend den Bericht der Delegation bei der Parlamentarischen Versammlung der Frankophonie für das Jahr 2020 zur Kenntnis. Im Bericht wurde dargelegt, dass die Corona-Pandemie in diesem Jahr auch die Arbeit der APF beeinträchtigt habe. So brachten annullierte Treffen – so etwa die Jahrestagung im Juli 2020 in Rabat – und deren plötzlich nötige Digitalisierung die Arbeiten der Frankophonie-Versammlung während einiger Monate ins Stocken. Auch thematisch war die APF mit der Gesundheitskrise beschäftigt, wodurch die Behandlung nicht-prioritärer Dossiers zu Gunsten dringender Probleme in Folge der Pandemie verschoben wurde.
Ein wichtiger Schwerpunkt war gemäss Bericht die Bildungskrise. Zu den grössten diesbezüglichen Herausforderungen zählten die digitale Kluft zwischen den frankophonen Staaten, die Anpassung des Unterrichts an die Pandemie sowie deren Auswirkungen auf das Wohlergehen der Kinder. Insbesondere für Mädchen führten die neuen Umstände zu «besorgniserregenden Ungleichheiten», die teils bis zu Unterernährung, Ausbeutung und körperlicher sowie psychischer Gewalt geführt hätten – so der Bericht.
Auch mit den Auswirkungen der Covid-19-Pandemie auf die Bekämpfung von HIV, Tuberkulose und Malaria, hatte sich das Parlamentariernetzwerk im Jahr 2020 beschäftigt. Die Fortschritte der letzten Jahre in der Bekämpfung dieser Krankheiten seien auf Grund der Covid-19-Pandemie ernsthaft in Gefahr geraten. Im Bericht wurde aufgeführt, dass sich nach Schätzungen von Internationalen Organisationen die Zahl der Todesfälle durch HIV, Tuberkulose und Malaria in Zukunft verdoppeln könnte. Dies sei auf die Überlastung der Gesundheitssysteme, auf Unterbrüche von Behandlungen und Präventionsprogrammen sowie auf die alternative Verwendung der sonst schon knappen personellen, logistischen und finanziellen Ressourcen zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie zurückzuführen. Durch diese Umstände seien unter anderem eine Erhöhung der verfügbaren Mittel sowie eine Anpassung der Programme zur Bekämpfung dieser drei Krankheiten an die derzeitige Gesundheitskrise unbedingt nötig. In diesem Zusammenhang forderten die Mitglieder des Parlamentariernetzwerks einstimmig eine breite und gerechte Verteilung der Covid-19-Impfstoffe. Eine sehr kleine Zahl an Ländern – unter ihnen die reichsten der Welt – hätten sich bereits mehr als die Hälfte der erwarteten Impfdosen gesichert. Auf Grund dieser Ungleichheit erliess das Netzwerk sodann eine Erklärung mit der Forderung, «dass die Covid-19-Impfstoffe sowie das entsprechende Test-, Schutz- und Behandlungsmaterial gerecht an alle Länder verteilt werden». Damit einhergehend forderte das Netzwerk, dass die Covax-Initiative der WHO, welche das Ziel verfolgte, ca. 2 Mrd. Impfdosen zu beschaffen, um bis Ende 2021 mindestens 20 Prozent der weltweiten Bevölkerung impfen zu können, durch die vorübergehende Aufhebung des geistigen Eigentums der Covid-19-Impfstoffe unterstützt werden müsse.
Ein weiteres alljährliches Thema waren die Lebensmittelverluste und die Lebensmittelverschwendung in den APF-Staaten. Die Pandemie habe die Problematik weiter in den Vordergrund gerückt; auf der einen Seite stehen viele Länder vor grossen Ernährungsherausforderungen auf Grund von Störungen in den Lieferketten sowie der Lockdown-Massnahmen. Auf der anderen Seite habe die Verschwendung auf Grund der Panik in der Bevölkerung nach Bekanntgabe der entsprechenden Massnahmen und der plötzlichen Schliessung der Gastrobetriebe zugenommen, wie im Bericht hervorgeht. Nationalrat Jean-Pierre Grin (svp, VD) präsentierte im Juni 2020 seinen Entwurf einer Resolution zu dieser Thematik, mit der ihn die APF im Jahr 2019 beauftragt hatte. Darin forderte er die Staaten und Regierungen des frankophonen Raums auf, die Lebensmittelverluste und -verschwendung über die ganze Lebensmittelkette hinweg einzudämmen, und ermutigte die Parlamentarierinnen und Parlamentarier dazu, ihre nationalen Parlamente für diese Problematik zu sensibilisieren. Die zuständige Kommission für Zusammenarbeit und Entwicklung der APF nahm den Entwurf einstimmig an. Ausserdem einigte sich die Kommission darauf, so schnell wie möglich ein Partnerschaftsabkommen mit der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) abzuschliessen.
Den letzten Themenschwerpunkt stellten die Auswirkungen der Pandemie auf die frankophonen Parlamente dar, verursacht durch die «nie dagewesenen institutionellen Umbrüche[...]». Die Kommission für parlamentarische Fragen und die politische Kommission der parlamentarischen Versammlung erteilten Laurent Wehrli (fdp, VD) von der Schweizer Delegation den Auftrag, einen Bericht auszuarbeiten, der die Auswirkungen der Gesundheitskrise auf das Gleichgewicht der Machtverteilung zwischen Regierungen und Parlamenten und auf die Entscheidungsverfahren untersucht. Im Jahr 2021 will der Schweizer die ersten Ergebnisse der Analyse, die er noch im November 2020 startete, verkünden.

Bericht über die Delegation bei der Parlamentarischen Versammlung der Frankophonie (2020)
Dossier: Delegation bei der Parlamentarischen Versammlung der Frankophonie (APF)

Das sogenannte Gendersternchen, eine relativ neue Form der gendergerechten Rechtschreibung, die hauptsächlich in linken und feministischen Kreisen aktiv vorangetrieben wurde, hat zum Ziel, Personen, die sich nicht dem dominanten binären Geschlechtskonstrukt zuordnen, sichtbarer zu machen und sie aktiv einzubinden. Beispielsweise wird aus Schweizer und Schweizerinnen ein Schweizer*innen. Die Diskussion um politisch korrekte Sprache ist kein neues Phänomen, sondern seit den 1990er Jahren ein immer wiederkehrendes Thema. Der Linguist Thomas Nier betonte jedoch gegenüber dem Tages-Anzeiger, dass sich die Anzahl und Heftigkeit der Konflikte um diese Thematik immer mehr erhöhe. Im Sommer 2021 entbrannte eine neue, teils sehr emotionale solche Debatte, als die Bundeskanzlei in einer Weisung im Juni 2021 den Gebrauch des Gendersternchens oder anderer Typographien gleicher Art, wie etwa den Genderdoppelpunkt (Schweizer:innen), in Bundesdokumenten oder auch Initiativtexten explizit untersagte. Zwar verstehe die Bundeskanzlei, dass sich Personen, die sich nicht dem binären Geschlechterkonstrukt zuordneten, nicht genügend repräsentiert fühlten, aber bis jetzt habe die Deutsche Sprache noch keine gangbare Variante zu ihrer Einbindung hervorgebracht. Das Sternchen könne zu rechtlichen Problemen führen, da nicht genau definiert sei, wer alles darunter falle, ausserdem sei es noch zu sehr an eine gesellschaftspolitische Haltung gebunden. Jedoch anerkenne die Bundeskanzlei das Anliegen der betroffenen Personen und werde weiter daran arbeiten, entsprechende Lösungen zu finden. Zudem werde der Leitfaden für gendergerechte Sprache von 2009 bis Ende 2021 überarbeitet, darin würden auch Empfehlungen für die Anschrift non-binärer Personen in Briefen aufgenommen. Bis dahin sollen entweder die Paarform (z.B. Schweizerinnen und Schweizer) oder geschlechtsabstrakte (z.B. versicherte Person) und geschlechtsneutrale (z.B. Versicherte) Bezeichnungen verwendet werden. Das generische Maskulin (z.B. Schweizer) wurde derweil explizit verboten.
Begrüsst wurde der Entscheid der Bundeskanzlei, auf das Gendersternchen zu verzichten, vom Präsidenten des Schweizerischen Vereins für Deutsche Sprache, Jürg Niederhauser. Für ihn sei das Anliegen zwar verständlich, aber er sehe nicht ein, wieso die Repräsentationsfunktion der Sprache über alle anderen Funktionen gestellt werden solle, wie etwa über die leichte Verständlichkeit und praktische Anwendung. Alecs Recher, Präsident des Transgender Network Switzerland, fand den Entscheid hingegen «schockierend, verletzend und widersprüchlich». Die Bundeskanzlei spreche zwar von einem Diskriminierungsverbot für nicht-binäre Menschen, missachte dies aber mit der Weisung selbst. Es sei die Aufgabe des Staates, nicht zu diskriminieren und die Geschlechtergleichstellung proaktiv voranzutreiben – und da gehöre die Einbindung und Sichtbarkeit von nicht-binären Personen in die Sprache eben auch dazu.

Debatte um das Gendersternchen

Nachdem der Nationalrat in der Frühlingssession 2021 entschieden hatte, auf den Entwurf des neuen Bundesgesetzes über den Jugendschutz bei Filmen und Videospielen des Bundesrates einzutreten, führte er in der Sommersession 2021 die Detailberatung der Vorlage weiter, welche in zwei Blöcke unterteilt wurde.
Beim ersten Block, welcher insbesondere den Geltungsbereich sowie die Zielsetzung des Gesetzes festlegt, sprach sich der Nationalrat für verschiedene, von der WBK-NR vorgeschlagene Änderungen aus. So wurde das Gesetz auch auf allfällige Zusatzfunktionen bei Filmen wie beispielsweise Mikrotransaktionen in Videospielen – dies sind In-App-Käufe, die Kinder und Jugendliche während des Spiels zu Käufen mit echtem Geld verführen – ausgeweitet (98 zu 67 Stimmen, 1 Enthaltung). Dagegen hatte sich eine Minderheit Herzog (svp, TG) gewehrt, da es in die Verantwortung der Erziehungsberechtigten falle, ob Kinder oder Jugendliche selbstständig eine Kreditkarte nutzen dürfen, um solche Käufe überhaupt erst zu tätigen. Der Nationalrat bevorzugte ausserdem mit 110 zu 60 Stimmen eine vom Bundesrat nach der Vernehmlassung angepasste Regelung, wonach die Altersgrenze für Jugendliche um maximal zwei Jahre unterschritten werden darf, wenn diese die Spiele oder Filme in Begleitung einer mindestens 10 Jahre älteren, volljährigen Person kaufen oder konsumieren. Ein Minderheitsantrag Tuena (svp, ZH) hatte in solchen Situationen einen Verzicht auf eine Altersgrenze gefordert.
In der Debatte zum zweiten Block zur praktischen Umsetzung des Gesetzes nahm der Nationalrat zahlreiche Änderungen vor. So fügte er, wie von der Kommissionsmehrheit verlangt, eine Regelung hinzu, wonach Expertinnen und Experten als ständige Mitglieder in die Jugendschutzorganisationen miteinbezogen werden müssen (110 zu 77 Stimmen, 1 Enthaltung). Erfolglos hatte Mauro Tuena auch diese Regelung in einem Minderheitsantrag bekämpft, da der Bundesrat in seinem Entwurf bereits vor sah, dass die Meinungen von Expertinnen und Experten für die Erarbeitung der Jugendschutzregelungen mit einbezogen werden sollen. Diese nun aber gar als ständige Mitglieder aufzunehmen, erachtete der Zürcher als «unnötiges Bürokratiemonster». Auch angenommen wurde der von der Kommissionsmehrheit vorgeschlagenen Artikel, wonach der Bund die Medienkompetenz der Jugendlichen und Kinder steigern sowie Massnahmen zur Prävention in diesem Bereich ergreifen solle (111 zu 79 Stimmen). Verena Herzog wehrte sich erneut erfolglos mit dem Argument, dass hier bereits genügend gemacht werde, etwa durch den Lehrplan 21 oder die Onlineplattform «Jugend und Medien» des BSV.
Auf breite Unterstützung stiess hingegen der Einzelantrag von Philipp Kutter (mitte, ZH). Mit 168 zu 15 Stimmen (bei 4 Enthaltungen) sprach sich der Nationalrat dafür aus, dass Altersklassifikationssysteme, die bereits vor dem Inkrafttreten des Gesetzes in der Schweiz angewendet wurden, weiter bestehen dürfen. Damit wurde verhindert, dass Altersklassifikationen von Produkten, die bereits auf dem Markt sind, nachträglich geändert werden müssen.
In der Gesamtabstimmung nahm der Nationalrat das neue Gesetz samt aller Änderungen mit 112 zu 74 Stimmen (bei 4 Enthaltungen) an. Die geschlossene SVP-Fraktion sowie eine Mehrheit der FDP.Liberalen-Fraktion lehnten die Gesetzesänderung ab. Entsprechend dem Antrag des Bundesrates wurden ausserdem die beiden Motionen (Mo. 07.3870 und Mo. 09.3422), die diesem Entwurf zugrunde lagen, abgeschrieben. Damit wurde das Bundesgesetz zur Behandlung an die kleine Kammer weiter gereicht.

Bundesgesetz über den Jugendschutz bei Filmen und Videospielen (BRG 20.069)

Nachdem der Ständerat die Revision des Bundesgesetzes über Filmproduktion und Filmkultur (Filmgesetz, FiG) in der Herbstsession 2020 aus der Kulturbotschaft 2021-2024 herausgelöst hatte, behandelte er sie erstmals in der Sommersession 2021 im Detail. In der Zwischenzeit hatte die WBK-SR ihre Vorberatung im Februar 2021 unterbrochen, um weitere Informationen der Verwaltung zu den Auswirkungen der vorgesehenen Investitionspflicht in unabhängige Schweizer Filme abzuwarten. Ende April 2021 konnte die Kommission ihre Vorberatung abschliessen.

Wie Kommissionssprecher Matthias Michel (fdp, ZG) zu Beginn der Eintretensdebatte erklärte, stehe der Schweizer Film vor diversen Herausforderungen. So würden etwa ausländische Koproduktionen trotz der im Rahmen der Kulturbotschaft 2016-2020 eingeführten Filmstandortförderung zunehmend stagnieren. Gleichzeitig steige die Konkurrenz für Schweizer TV-Sender durch Online-Streamingplattformen wie Netflix, die überdies trotz enormer Wertschöpfung in der Schweiz keiner Filmförderpflicht unterstünden. Die aktuelle Gesetzesrevision sollte daher «gleich lange Spiesse für alle» schaffen, wie Kulturminister Berset erklärte. Eintreten war derweil unbestritten.

In der Detailberatung schuf der Ständerat bei fünf Minderheitsanträgen insgesamt vier Differenzen zum Nationalrat.

Die erste Differenz betraf die Frage, ob gewinnorientierte Unternehmen finanzielle Unterstützung vom Bund erhalten sollen oder nicht. Dabei folgte der Ständerat mit 27 zu 17 Stimmen seiner Kommissionsmehrheit und entschied, diese Unternehmen nicht komplett von der Unterstützung auszuschliessen, sondern einmalige Betriebsbeiträge, etwa an spezifische Projekte wie die kommerziellen Filmfestivals in Locarno oder Zürich, weiterhin zu erlauben. Der Nationalrat hatte entschieden der Version des Bundesrates zu folgen und diese Unternehmen auszuschliessen. Eine Minderheit um Johanna Gapany (fdp, FR) hatte erfolglos gefordert, die Unterstützung ohne Einschränkungen zu erlauben.

Zweitens stellte sich die Frage, welche Unternehmen von der Investitionspflicht ausgeschlossen werden sollten. Eine Minderheit Würth (mitte, SG) wollte hier dem Nationalrat folgen und Schweizer TV-Anbietende und Netzbetreibende gänzlich von der Investitionspflicht befreien. Eine Kommissionsmehrheit wollte hingegen nur die SRG von der Investitionspflicht ausnehmen. Deren Ausnahme sei gemäss Kommissionssprecher Michel legitim, weil sie im Rahmen des Bundesgesetzes über Radio und Fernsehen (RTVG) bereits einen eigenen, umfassenden Filmförderungsauftrag habe. Der Ständerat folgte mit 31 zu 13 Stimmen (bei 1 Enthaltung) der Mehrheit und beschränkte die Ausnahme auf die SRG.

Am umstrittensten war schliesslich die Frage der Höhe der Investitionspflicht und der Schaffung einer Ersatzabgabe. Dass es eine Abgabe geben solle, welche über vier Jahre hinweg getätigt werden muss, wie es der Nationalrat vorgeschlagen hatte, sei gemäss Michel in der Kommission als einziges unbestritten – zu den restlichen Punkten lagen dem Ständerat drei Minderheitsanträge vor.
Die Mehrheit der WBK-SR wollte gemäss Michel auf die 4 Prozent bestehen und dafür die Möglichkeit zur Anrechenbarkeit von Werbeleistungen von maximal CHF 500'000 einführen. Gemäss Verwaltung würde dies auf eine Erhöhung der Mittel um etwa CHF 18 Mio. hinauslaufen, was gemäss Kommissionsmehrheit angemessen sei. Ginge man tiefer, sei zu erwarten, dass keine der antizipierten Effekte für den Schweizer Film erreicht werden würden, wie Michel zu Bedenken gab.
Eine Minderheit Gmür-Schönenberger (mitte, LU) beantragte, dem Bundesrat zu folgen, die Investitionspflicht auf mindestens 4 Prozent festzulegen und die Möglichkeit einer Ersatzabgabe beizubehalten. Die Einnahmen aus dieser Ersatzabgabe würden dann an das BAK fliessen, welches diese Gelder zweckgebunden für die Filmförderung einsetzen sollte. Bereits bei der im Rahmen des RTVG eingeführten Abgabepflicht für Schweizer TV-Sender sei es kaum zu Ersatzabgaben gekommen, da der Anreiz der direkten Investition gross genug sei, erklärte Gmür-Schönenberger ihren Antrag. Die Nachzahlung gemäss Kommissionsmehrheit würde hingegen lediglich zu mehr Bürokratie führen.
Jakob Stark (svp, TG) machte mit einer weiteren Minderheit einen Kompromissvorschlag zwischen dem Bundesrat (4%) und dem Nationalrat (1%), wobei die Investitionshöhe 2 Prozent betragen sollte.
Die dritte Minderheit um Benedikt Würth stellte die Frage, welche Leistungen an die Investitionspflicht angerechnet werden können sollen. Er forderte, dass Eigenproduktionen zu mindestens 50 Prozent angerechnet werden könnten, womit die Situation der regionalen und nationalen TV-Sender verbessert werden könnte. Die Kommissionsmehrheit lehnte diese Forderung ab, weil damit das eigentliche Ziel dieser Gesetzesrevision – das unabhängige Filmschaffen in der Schweiz zu fördern – verfehlt würde. Da unter Eigenproduktionen auch Formate wie Reality Shows oder Werbungen verstanden werden könnten, profitierten von dieser Regelung gemäss Michel mehrheitlich ausländische Werbefenster und Online-Dienste. Der Nationalrat war dem Bundesrat gefolgt, welcher keine solchen Anrechnungen vorgesehen hatte.
In der Folge setzte sich die Minderheit Gmür-Schönenberger gegen die Kommissionsmehrheit (mit 23 zu 22 Stimmen) durch, während die Minderheit Stark (31 zu 14 Stimmen) und die Minderheit Würth (29 zu 16 Stimmen) abgelehnt wurden. Damit beschloss der Ständerat folglich, eine Investitionspflicht von 4 Prozent mit der Möglichkeit einer Ersatzabgabe einzuführen. Angerechnet werden dürften zudem Werbeleistungen bis zu CHF 500'000, aber keine Eigenproduktionen. Damit schuf der Ständerat die zwei letzten Differenzen zum Nationalrat.

In der Gesamtabstimmung nahm der Ständerat den Entwurf mit 35 zu 9 Stimmen (bei 1 Enthaltung) an und gab ihn mit vier offenen Differenzen zurück an die grosse Kammer.

Revision des Filmgesetzes (Lex Netflix; BRG 20.030)

Am letzten Sitzungstag der Frühjahrssession 2021 lehnte der Nationalrat die Motion von Michel Matter (glp, GE) ab, der Massnahmen für eine mehrsprachige Bundesverwaltung gefordert hatte. Der Forderungskatalog des Genfers, der neben einer schweizweiten Kampagne, die den Bund als mehrsprachigen Arbeitgeber anpreisen sollte, auch mehr Rücksichtnahme bei Bewerbungen auf sprachliche Minderheiten, obligatorische Sprachtests und Sprachkurse für Verwaltungsangestellte sowie eine angemessene Vertretung aller Landessprachen in den Führungsetagen der Bundesämter umfasste, war in der Stellungnahme des Bundesrats Mitte Februar nachgerade zerpflückt worden. Die Bundesverwaltung sei in verschiedenen Kommunikationskanälen als «multilinguale Arbeitgeberin» präsent; alle Stelleninserate würden in den drei Amtssprachen publiziert und eine «diskriminierungsfreie Rekrutierung» sei sichergestellt. Würden für bestimmte Stellen Sprachkompetenzen verlangt, so würden diese mit Sprachtests überprüft. Seit 2018 würden Sprachkompetenzen in der gesamten Verwaltung regelmässig evaluiert und Massnahmen ergriffen, wenn die Anforderungen nicht erfüllt würden. Schliesslich müsse die möglichst proportionale Berücksichtigung aller Sprachen in den Kaderfunktionen auf der Basis der Sprachenverordnung eingehalten werden. Der Bundesrat erachte die Motion deshalb als bereits erfüllt. Die grosse Kammer schien hier mit der Regierung einer Meinung zu sein und lehnte die Motion diskussionslos ab.

Mehrsprachige Bundesverwaltung (Mo. 20.4517)

Fabien Fivaz (gp, NE) eröffnete in der Frühlingssession 2021 als Sprecher der WBK-NR, welche sich zuvor mit 17 zu 8 Stimmen für Eintreten ausgesprochen hatte, die Eintretensdebatte über das neue Bundesgesetz zum Jugendschutz in den Bereichen Film und Videospiel. Ziel der Vorlage sei es, eine schweizweite Vereinheitlichung des Jugendschutzes zu erreichen, welche Hand in Hand mit den EU-Richtlinien in diesem Themenbereich gehe. Zudem gehe der Entwurf auf die Forderungen diverser Standesinitiativen (Kt.Iv. BE 08.316; Kt.Iv. SG 09.313; Kt.Iv. TI 09.314; Kt.Iv. FR 09.332; Kt.Iv. ZG 10.302), deren Behandlung seit 2011 ausgesetzt war, sowie auf zwei angenommene Motionen (Mo. 07.3870, Mo. 09.3422) ein – welche alle in irgendeiner Form ein Verbot von Videospielen und/oder Gewaltfilmen forderten. Matthias Aebischer (sp, BE) führte für die Kommission ergänzend an, dass die derzeitige Gesetzeslage in Anbetracht des rasanten Wandels bezüglich des Konsums von Filmen und Videospielen in den letzten beiden Jahrzehnten, der sich vom Kino hin zu Online Streaming-Plattformen verlagert habe, nicht mehr ausreiche. Der Videospielmarkt sei mittlerweile doppelt so gross wie der Film- und Musikmarkt, werde aber von internationalen Anbieterinnen und Anbietern auf internationalen Plattformen dominiert. Somit sei es zwingend notwendig, ein Gesetz zu erlassen, welches international kompatible Lösungen und Regeln insbesondere für diese neuen Medien schaffe. Eine Kommissionsminderheit Herzog (svp, TG) sprach sich gegen Eintreten aus. Das Gesetz werde in kürzester Zeit bereits veraltet sein, da sich das Nutzungsverhalten der Jugendlichen sehr schnell verändere, erklärte die Minderheitensprecherin. Deshalb bringe dieses Gesetz nur unnötige zusätzliche Bürokratie mit sich, auch wenn der Jugendschutz grundsätzlich zu unterstützen sei. Ausserdem liege die Verantwortung bei den Erziehungsberechtigten, welche durch Erziehung, Vorbildfunktion und eigener kritischer Auseinandersetzung mit den Inhalten von Filmen und Videospielen für einen angemessenen Schutz ihrer Kinder besorgt sein sollten. Die SVP-Fraktion, sowie eine Mehrheit der FDP-Fraktion sprach sich folglich gegen, die Fraktionen der SP, der Mitte, der GLP, sowie der Grünen für Eintreten aus. Mit 115 zu 69 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) sprach sich der Nationalrat in der Folge dafür aus, auf den Entwurf des Bundesrates einzutreten. Nachdem die ersten Minderheitsanträge begründet wurden, wurde die Detailberatung der Vorlage in die Sommersession 2021 verlegt. Hingegen nahm der Rat im Rahmen der Eintretensdebatte auch das Postulat der WBK-NR zur Stärkung der Nationalen Strategie Sucht durch den Einbezug der Cyberabhängigkeit an.

Bundesgesetz über den Jugendschutz bei Filmen und Videospielen (BRG 20.069)

Wie diverse Medien berichteten, verbannte der Duden Anfang 2021 das generische Maskulin, welches bis anhin als geschlechtsneutral galt, aus seiner Onlineausgabe. Die Änderung habe zum Ziel, die deutsche Sprache durch die Einbindung der weiblichen Form zu spezifizieren und inklusiver zu gestalten – wenn eine Frau im Garten arbeite, handle es sich um eine Gärtnerin und eben nicht um einen Gärtner. Der Entscheid von Duden, insgesamt über 12'000 Wörter doppelt aufzuführen, war gesellschaftlich stark umstritten und führte zu heftigen Diskussionen in den Medien. Kritische Stimmen betonten, dass der Duden über seine Kompetenzen hinaus agiert habe, da mit dieser Neuerung ein gesellschaftliches Umdenken angestossen werde. Weiter fürchteten sich viele vor komplizierten Formulierungen oder wollten sich nicht vorschreiben lassen, wie sie die deutsche Sprache zu verwenden hätten. Gegenstimmen freuten sich über diesen «längst überfälligen Schritt» und stellten fest, dass der Duden hiermit lediglich eine gesellschaftliche Veränderung erkannt und aufgenommen habe. Eine extreme Position nahm der Psycholinguist Pascal Gygax der Universität Fribourg ein, der gegenüber 24 Heures kritisierte, dass der Grund für diese Ablehnung im Sexismus dieser Menschen liege, die daran glauben würden, dass Frauen weniger wert seien als Männer. Weiter führte er aus, dass sich insbesondere die stark von Männern dominierte politische Rechte dagegen wehre. Auch auf parlamentarischer Ebene, insbesondere in den Kantonen, würden sie sich gegen solche Entwicklungen stellen, mit dem Ziel patriarchale und androzentrierte Werte zu verteidigen. So fürchteten sie laut Gygax den Machtverlust des männlichen Geschlechts aufgrund der Feminisierung der Gesellschaft. Diese Debatte sei dabei alles andere als neu – bereits seit über 40 Jahren würde sie geführt –, was unter anderem zu zentralen Veränderungen im Sprachgebrauch auf Bundesebene geführt habe. Bereits in den 1980er Jahren seien auf Bundesebene erste Dokumente mit geschlechtsneutralen Begriffen umformuliert worden. Dies habe 1996 in die Ausarbeitung eines Leitfadens für geschlechterneutrale Sprache auf Bundesebene gemündet.

Duden verbannt das generische Maskulin

Jahresrückblick 2020: Kultur, Sprache, Kirchen

Das Krisenjahr 2020 verlief hinsichtlich der Kultur-, Sprach- und Kirchenpolitik, gerade im direkten Vergleich mit anderen Politikbereichen, sowohl bezüglich der parlamentarischen Geschäfte als auch der medialen Berichterstattung überraschenderweise ruhig. Insbesondere wenn man bedenkt, dass der Kultursektor mitunter einer der stärksten von der Corona-Pandemie getroffenen Bereiche war. Die APS-Zeitungsanalyse zeigt zwar auf, dass sich der Anteil der Medienartikel zu Kultur, Sprache und Kirchen an der Gesamtberichterstattung im Vergleich zum Vorjahr leicht erhöht hat, dieser Wert liegt aber mit knapp 3 Prozent noch immer tiefer als in den Jahren 2017 und 2018. Abermals machte die Kulturpolitik mit rund Zweidritteln der Medienberichte den grössten Teil der drei Themengebiete aus, gefolgt von der Kirchenpolitik mit rund einem Drittel; die sprachpolitisch relevanten Berichte hingegen waren in diesem Jahr nahezu inexistent.

Wie viele andere Bereiche auch wurde die Kulturlandschaft in der Schweiz und mit ihr die Kulturpolitik massgeblich vom Diktat der Corona-Pandemie gesteuert. Während das Jahr sowohl für das Parlament als auch die Medien eher ruhig begann, machte sich mit der Mitte März vom Bundesrat ausgerufenen ausserordentlichen Lage ein deutlicher Ausschlag in der Medienberichterstattung bemerkbar. Fortan war das kulturpolitische Jahr von gefällten Massnahmen im Kampf gegen Covid-19 und der sich aus diesen ergebenden Folgen für die Kulturschaffenden geprägt. Das auferlegte Veranstaltungsverbot und die damit einhergehenden Restriktionen hatten gravierende finanzielle Auswirkungen auf sämtliche Bereiche der Kulturindustrie: Von nahezu einem Tag auf den anderen sahen sich Musik-, Film-, Theater-, Literaturschaffende und viele mehr in ihrer Existenz bedroht. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken sprach ihnen der Bundesrat im Frühjahr zwar im Rahmen der «Covid-Verordnung Kultur» finanzielle Unterstützung zu, jedoch zeigte sich im weiteren Verlauf des Jahres, dass dies längerfristig kaum ausreichen würde. Entsprechend versuchten auch die Zivilgesellschaft und die Kulturschaffenden selbst, Hand zu bieten, und lancierten diverse Solidaritätsaktionen oder nutzten diese Gelegenheit gar dazu, gänzlich neue Wege zu beschreiten und das Kulturschaffen sowie die Kulturvermittlung auf neue Kanäle umzuleiten.
Zwischenzeitlich war auch das Parlament darum bemüht, dem Kultursektor nach Möglichkeit unter die Arme zu greifen. Bei den in der Herbstsession eröffneten Beratungen der Botschaft zur Förderung der Kultur in den Jahren 2021–2024 war man sich einig, dass sich der Stellenwert der Kultur in und für die Gesellschaft gerade in der Corona-Krise deutlich gezeigt habe und die Kultur daher auch entsprechend gefördert werden müsse. Entsprechend war auch relativ rasch klar, dass man diversen Kürzungsanträgen von Seiten einzelner SVP-Exponentinnen und -exponenten nicht entgegenkommen würde. Lediglich darüber, wie die Kulturförderung genau ausgestaltet werden sollte, war man sich zunächst nicht ganz einig. Besonders bei den Mitteln für den Austausch zwischen den Sprachregionen und den Finanzhilfen für das Bundesamt für Kultur (BAK) diskutierten die Räte lange, konnten sich aber schlussendlich auf den Nationalratsvorschlag einigen. Zu Jahresende noch ausstehend waren die Beratungen des Bundesgesetzes über Filmproduktion und Filmkultur (Entwurf 2 der Kulturbotschaft), das bereits vor den Verhandlungen für weitreichende Diskussionen gesorgt hatte. Die Beratung war zwar für die Wintersession vorgesehen gewesen, wird sich aber voraussichtlich in das erste Quartal des neuen Jahres verschieben. Ein weiteres bedeutendes Bundesratsgeschäft, dessen Botschaft im Herbst 2020 verabschiedet wurde und das voraussichtlich ebenfalls 2021 zur Behandlung anstehen wird, stellt das neue Bundesgesetz über den Jugendschutz bei Filmen und Videospielen dar.

Auch das kirchen- bzw. religionspolitische Jahr war zunächst stark von der Corona-Pandemie geprägt. Besonders das Verbot von Gottesdiensten und anderen religiösen Veranstaltungen, gerade auch im Vorfeld der Osterfeiertage, erhitzte die Gemüter mancherorts stark und wurde auch in Form einer Motion Addor (svp, VS; Mo. 20.3332) – die jedoch kein Gehör fand – ins Parlament getragen. Tatsächlich schien sich dieses reduzierte Angebot an religiösen Partizipationsmöglichkeiten aber auch auf die Wahrnehmung und Definition von Kirche und Religion auszuwirken, wurde in den Medien über weite Strecken doch nahezu ein philosophischer Diskurs über deren Rolle und Funktion, gerade auch in Krisenzeiten, geführt. Nicht zuletzt auch, weil Kirchenvertreterinnen und -vertreter sich sehr bemühten, teilweise auf äusserst innovative Art und Weise, alte Botschaften über neue Medien zu vermitteln.
Im späten Frühjahr verlagerte sich der Fokus in diesem Themenbereich aber von der Pandemie auf die Landeskirchen. Was zunächst als Intransparenzvorwürfe hinsichtlich eines Kirchengeschäfts begann, mündete im Sommer in veritablen Missbrauchs- und Grenzverletzungsvorwürfen gegenüber Gottfried Locher, die zu einer regelrechten Kirchenkrise und schliesslich zum Rücktritt des obersten Reformierten führten. Diese Vakanz begünstigte aber zugleich ein absolutes Novum in der reformierten Kirche: Im November wurde Rita Famos als erste Frau als Lochers Nachfolgerin und somit zur höchsten Reformierten der Schweiz gewählt. Während die Reformierten in der Folge ein Krisenjahr durch eine Wahl beendeten, schienen sich die Katholiken durch die auftretende Uneinigkeit bei der Nachfolgebestimmung für den Bischof von Chur] in eine neuerliche Krise zu manövrieren.
Weit über die Kirchenkreise hinaus sorgte hingegen der Schulterschluss der beiden Landeskirchen im Kampf gegen die Ende November zur Abstimmung gekommene Konzernverantwortungsinitiative für grosse Aufregung. Nicht zuletzt wurde den Kirchen vorgeworfen, dass sie durch ihre offene Zurschaustellung der orangen Transparente, durch die geschalteten Inserate und die öffentlichen Stellungnahmen die grundsätzliche Grenze der Trennung von Kirche und Staat und somit auch ihre Kompetenzen deutlich überschritten hätten.

Jahresrückblick 2020: Kultur, Sprache, Kirchen
Dossier: Jahresrückblick 2020

Mittels Motion wollte Marco Chiesa (svp, TI) den Bundesrat mit der Aufgabe betrauen, die Vereinfachung des Nachweises der Sprachkenntnisse für universitäre Medizinalpersonen voranzutreiben und die Anerkennung kostenlos zu gestalten. Das Geschäft kam in der Wintersession 2020 in den Nationalrat, wo es von Piero Marchesi (svp, Ti) vorgestellt wurde. Dieser hatte den Vorstoss von Chiesa übernommen, nachdem dieser in den Ständerat gewählt worden war. Marchesi bezeichnete die CHF 50 bis CHF 100 teure Bescheinigung, die es bei der MEBEKO einzuholen gelte, als ungerechtfertigte Bürokratie. Weiter machte er auf den Vorschlag des Gesundheitsdepartements des Kantons Tessin aufmerksam, welcher den automatischen und kostenlosen Eintrag der Sprachkenntnisse im Register der Ärzteschaft vorgesehen habe, wenn ein Arzt oder eine Ärztin vor dem 1. Januar 2015 im Besitz der freien Berufsausübungserlaubnis des Kantons gewesen sei. Gesundheitsminister Alain Berset empfahl die Motion im Namen des Bundesrats zur Ablehnung. Er begründete diese Haltung damit, dass bereits Massnahmen ergriffen worden seien. So würden die eingetragenen Sprachkenntnisse von Fachpersonen mit einem Abschluss vor Ende 2019 der Ausbildungssprache entsprechen. Personen mit einem Abschluss, der auf 1. Januar 2020 datiert sei, könnten zwischen der Unterrichtssprache und der Muttersprache wählen. Dabei sei jeder Eintrag mit Kosten zwischen CHF 50 und CHF 100 verbunden. Der Nationalrat liess sich von den Worten Bersets nicht beirren. Er nahm die Motion mit 153 zu 29 Stimmen (bei 4 Enthaltungen) an. Die Gegenstimmen stammten in erster Linie aus dem Lager der GLP- und Mitte-Fraktion.

Nachweis der Sprachkenntnisse für universitäre Medizinalpersonen (Ärztinnen, Zahnärzte, Chiropraktorinnen, Apotheker, Tierärztinnen) (Mo. 19.3052)

Mit einer im Jahr 2018 eingereichten Motion forderte Martin Candinas (cvp, GR), dass die Zivil- und Strafprozessordnung so angepasst wird, dass Eingaben bei kantonalen Gerichten in einer frei wählbaren Landessprache eingereicht werden können. Dies solle den Austausch zwischen den Sprachgemeinschaften fördern, wie Candinas für sein Anliegen warb. Derzeitig können die Kantone die Verfahrenssprache selbst festlegen, was dazu führe, dass etwa eine französischsprachige Eingabe in einem deutschsprachigen Kanton nur behandelt werde, wenn diese von der eingebenden Person selber auf Deutsch übersetzt werde, so der Motionär. Der Bundesrat empfahl den Vorstoss zur Ablehnung. Wie Justizministerin Karin Keller-Sutter in der Herbstsession 2020 im Nationalrat ausführte, erachte der Bundesrat die derzeitige Regelung als zufriedenstellend. Eine Anpassung gemäss Motion würde lediglich mehr administrativen Aufwand bringen, aber nichts daran ändern, dass die Kantone die Verfahrenssprache selbst bestimmen können, womit kein «echter Mehrwert» geschaffen werde, zeigte sich die Bundesrätin überzeugt.
Der Nationalrat lehnte die Motion in der Folge mit 129 zu 33 Stimmen bei 15 Enthaltungen ab. Die Stimmen für das Anliegen stammten mehrheitlich aus der CVP-Fraktion, vereinzelte unterstützende Stimmen kamen aus den Fraktionen der SP, der Grünen, der FDP.Liberalen und der Grünliberalen dazu.

Sprachenregelung für Eingaben in kantonalen Verfahren (Mo. 18.4358)

In der Herbstsession 2020 nahmen beide Räte den Tätigkeitsbericht der Delegation bei der Parlamentarischen Versammlung der Frankophonie (APF) für 2019 zur Kenntnis. Wie schon in den Jahren zuvor lag der Schwerpunkt der Delegationstätigkeit auf der Wahrung der demokratischen Grundsätze, der Rechtsstaatlichkeit und der guten Regierungsführung im frankophonen Raum. Diese Anliegen vertrat die Delegation auch 2019 im Rahmen ihres offiziellen Mandats auf nationaler, regionaler und internationaler Ebene. So brachte sie ihre Expertise beispielsweise an der 45. APF-Jahrestagung ein, die im Berichtsjahr vom 4.–9. Juli unter dem Motto «Parlements et renforcement de la démocratie» in Abidjan (CIV) stattfand, oder tauschte sich zwischen dem 13. und 16. November im jurassischen Delsberg mit Vertretungen der Assemblée régionale Europe (ARE) aus.
Auf internationaler Ebene setzte die Delegation ihre thematischen Schwerpunkte – wie auch schon im Jahr zuvor – beim grenzüberschreitenden Frauen- und Kinderhandel, bei den Lebensmittelverlusten und der Lebensmittelverschwendung, bei der Abschaffung der Todesstrafe, beim Schutz persönlicher Daten sowie der gemeinsamen Finanzierung des Fernsehsenders TV5 Monde an. 2019 kam ergänzend das Engagement für die Selbstbestimmung der Völker und für die Volksrechte hinzu, was insbesondere im Rahmen der Regionalversammlung in Delsberg zur Sprache gekommen war. Delegationsintern wurden die Beziehungen zwischen China und Afrika sowie die Prävention von gewalttätigem Extremismus und Radikalisierung thematisch fokussiert.
2019 standen für die APF auch einige Änderungen an. Nach der Eröffnung der 51. Legislatur fand im Dezember die konstituierende Sitzung der Delegation statt, die sich für die nächsten vier Jahre neu zusammensetzen würde. Unter anderem übernahm neu Laurent Wehrli (fdp, VD) das Delegationspräsidium von Jean-Pierre Grin (svp, VD). Erfreulicherweise konnte die Schweizer Delegation das Präsidium der Kommission für Bildung, Kommunikation und Kultur (CECAC) halten, auch hier wurde das Amt mit Legislaturwechsel von Ständerat Didier Berberat (sp, NE) an Ständerat Christian Levrat (sp, FR) übergeben. Eine wesentliche Änderung hinsichtlich der internationalen Mandate der Delegation zeigte sich in einer Ausweitung der Personalkompetenzen: Beide Räte gewährten noch im Dezember 2020 einen Kredit zur Entsendung eines Parlamentsdienstmitarbeitenden für das Generalsekretariat der APF.
Der Bericht schliesst mit dem neuerlichen Verweis auf die politische Bedeutung des frankophonen Afrikas für die Organisation. Dies aufgrund dreier Faktoren: Erstens deuteten Trends auf einen besonders starken und voraussichtlich anhaltenden Bevölkerungswachstum auf dem Kontinent hin, zweitens dürfte aufgrund der Entwicklungen im Bildungsbereich der Anteil an Französischsprechenden zunehmen und drittens diene die OIF im Vorfeld von UNO-Verhandlungen oft als Dialogplattform, was sowohl die Organisation selbst als auch den afrikanischen Kontinent auf das internationale Parkett hieve. Im Weiteren werde die Delegation 2020 ihre Arbeiten zu Lebensmittelverlusten und -verschwendung abschliessen und sich nach anderen möglichen Handlungsbereichen erkunden. Schliesslich bereite sich die Delegation auf das voraussichtlich am 3. und 4. September 2020 in Genf stattfindende jährliche Treffen des APF-Parlamentariernetzwerks für die Bekämpfung von HIV/Aids, Tuberkulose und Malaria vor.


Bericht über die Delegation bei der Parlamentarischen Versammlung der Frankophonie (2019)
Dossier: Delegation bei der Parlamentarischen Versammlung der Frankophonie (APF)

Der Entwurf zum Bundesgesetz über Filmproduktion und Filmkultur (Filmgesetz, FiG) entpuppte sich während den Beratungen zur Kulturbotschaft 2021-2024 als der am stärksten umstrittene Entwurf. Während die restlichen 12 Entwürfe der Kulturbotschaft zu Bundesbeschlüssen oder Bundesgesetzen bereits in derselben Session, in der die Beratungen begonnen hatten (Herbstsession 2020), hatten fertig beraten werden können, zogen sich die Debatten zum Filmgesetz in die Länge.

Mit dem Entwurf zum Filmgesetz plante der Bundesrat, negativen Auswirkungen der Digitalisierung des Filmmarkts und den damit einhergehenden Veränderung des Konsumverhaltens entgegenzuwirken. Zur Förderung der Angebotsvielfalt beabsichtigte die Regierung mit der vorgelegten Revision des Filmgesetzes, elektronische Filmanbietende in der Schweiz und im Ausland – sofern Letztere auf das schweizerische Publikum ausgerichtet sind – dazu zu verpflichten, 30 Prozent ihres Programms für europäische Filme zu reservieren. Dieser Anteil entspricht laut bundesrätlicher Botschaft dem «Mindestanteil gemäss EU-Regelung», welcher Unternehmen mit Sitz in den europäischen Nachbarländern bereits unterstellt sind. Ferner sollten die genannten Streaming-Anbietenden verpflichtet werden, mindestens 4 Prozent ihrer in der Schweiz durch Filme erzielten Bruttoeinnahmen in das unabhängige Schweizer Filmschaffen zu investieren – dies jedoch nur unter der Voraussetzung, dass sie einen bestimmten Mindestumsatz erzielen und Filme nicht nur vereinzelt anbieten. Dabei könnten sich die betroffenen Unternehmen entweder direkt an Schweizer Produktionen beteiligen oder eine Ersatzabgabe zugunsten der Schweizer Filmförderung entrichten. Für inländische Fernsehanbietende besteht eine solche Investitionspflicht bereits. Grundsätzlich ausgenommen von der Investitionspflicht wurde mit dem bundesrätlichen Entwurf lediglich die SRG, deren Filmförderungspflicht im Rahmen des Bundesgesetzes über Radio und Fernsehen geregelt ist.

Nachdem sich der erstberatende Nationalrat in der Herbstsession 2020 hauptsächlich gegen den Willen der SVP-Fraktion und weiterer bürgerlicher Vertreterinnen und Vertreter gegen einen Nichteintretens- und einen Rückweisungsantrag zweier Kommissionsminderheiten gestellt hatte, reduzierte er in der Detailberatung die Höhe der Investitionspflicht von 4 auf 1 Prozent der Bruttoeinnahmen. Minderheitenanträge für eine Erhöhung und eine moderatere Reduktion der Investitionspflicht blieben dabei ebenso erfolglos wie zwei Einzelanträge zu derer vollständigen Streichung. Darüber hinaus beschloss die grosse Kammer, dass regionale Fernsehveranstalter mit oder ohne Konzession von der Investitionspflicht ausgenommen werden sollen.

Der Ständerat entschied hingegen in der Herbstsession 2021, die Revision des Filmgesetzes aus der Kulturbotschaft 2021-2024 auszugliedern und zu einem späteren Zeitpunkt weiterzubehandeln.

Revision des Filmgesetzes (Lex Netflix; BRG 20.030)

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Zusammenfassung
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Revision des Bundesgesetzes über Filmproduktion und Filmkultur (Filmgesetz)

Im Rahmen der Kulturbotschaft 2021–2024 wollte der Bundesrat das Filmgesetz revidieren und dem geltenden EU-Recht anpassen. Unter anderem sah er neu für Streaming-Plattformen eine Investitionspflicht in das Schweizer Filmschaffen von 4 Prozent sowie eine Pflichtquote im Angebot der Streaming-Plattformen von mindestens 30 Prozent an europäischen Filmen und Serien vor. Ziel sei es, den Schweizer Film zu fördern und «gleich lange Spiesse» zwischen Streaminganbietenden und Schweizer TV-Anbietenden zu schaffen. In der Sommersession 2021 löste der Ständerat die Revision aus der Kulturbotschaft heraus. Für Diskussionen sorgten in der Folge insbesondere die Höhe der Investitionspflicht, die Befreiung von Unternehmen von der Investitionspflicht und die Anrechenbarkeit von Werbeleistungen für Schweizer Filme. Nachdem beide Räte die Revision in der Herbstsession 2021 gutgeheissen hatten, ergriff ein Bündnis aus bürgerlichen Jungparteien Ende Januar 2022 erfolgreich das Referendum. Mit 58.4 Prozent nahmen die Schweizer Stimmberechtigten am 15. Mai 2022 die Gesetzesänderung jedoch an der Urne an.

Chronologie
Erste Debatte im Nationalrat (im Rahmen der Kulturbotschaft 2021-2024)
Herauslösung aus der Kulturbotschaft durch den Ständerat
Erste Debatte im Ständerat
Differenzbereinigung und Schlussabstimmung
Mediale Debatten rund um die Revision des Filmgesetzes
Referendum, Abstimmungskampf und Abstimmung


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Résumé
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Révision de la loi sur le cinéma (OCF 20.030)
(Traduction: Chloé Magnin)

Dans le cadre du message concernant l'encouragement de la culture pour la période 2021-2024, le Conseil fédéral a souhaité réviser la loi sur le cinéma pour l'adapter au droit européen en vigueur. Entre autres, il a instauré une obligation d'investissement de 4 pour cent dans la production de films suisses pour les plateformes de streaming. De plus, les plateformes de streaming devront respecter un quota en offrant obligatoirement au moins 30 pour cent de films et séries européennes dans leur catalogue. Le but de ces mesures est de soutenir les films suisses et de créer des conditions équitables entre les fournisseurs de streaming et les fournisseurs de télévision suisses. Durant la session d'été 2021, le Conseil des Etats a dissocié la révision de la loi sur le cinéma du message sur la culture. Par la suite, les discussions se sont principalement concentrées sur le montant de l'obligation d'investissement, l'exemption de l'obligation d'investissement pour certaines entreprises et de la prise en compte des prestations publicitaires pour les films suisses. Après que les deux Conseils ont accepté la révision durant la session d'automne 2021, une alliance des sections jeunes des partis bourgeois a lancé, avec succès, un référendum. La population suisse a accepté le changement de loi par 58.4 pour cent des voix dans les urnes le 15 mai 2022.


Chronologie
Premier débat au Conseil national (dans le cadre du message sur la culture 2021-2024)
Dissociation du message sur la culture par le Conseil des Etats
Premier débat au Conseil des Etats
Procédure d'élimination des divergences et vote final
Débat médiatique autour de la révision de la loi sur le cinéma
Référendum, campagne et votation

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Revision des Filmgesetzes (Lex Netflix; BRG 20.030)

Der Bundesrat verabschiedete im September 2020 die Botschaft zum neuen Gesetzesentwurf, der den Jugendschutz bei Filmen und Videospielen neu regeln und schweizweit vereinheitlichen soll. Der erste Entwurf war bereits im März 2019 veröffentlicht und bis Juni 2019 in die Vernehmlassung geschickt worden, an welcher insgesamt 88 Akteure partizipiert hatten. Grundsätzlich stimmten die Vernehmlassungsteilnehmenden der Richtung des Gesetzes sowie der geplanten Koregulierung durch die Akteure der Film- und Videospielbranche und den Staat zu. So unterstützten 24 Kantone, die SODK, deren fachtechnische Konferenz für Kinder- und Jugendpolitik (KKJP) sowie die Mehrheit der Wirtschaftsverbände und Organisationen im Bereich Film und Videospiel die Vorlage. Völlig abgelehnt wurde sie hingegen von den Kantonen Schwyz und Zug, da das Gesetz nicht genug Massnahmen im Bereich des Online-Handels sowie bei Abruf- und Plattformdiensten enthielt, obwohl dort der grösste Handlungsbedarf gegeben sei. Auch die SVP, die FDP und der Schweizerische Gewerbeverband (SGV) sprachen sich gegen die Vorlage aus, da in ihren Augen die Erziehungsberechtigen beim Thema Jugendschutz in der Verantwortung stünden. Prinzipiell befürwortet wurde die Vorlage von der CVP und der SP, wobei Erstere jedoch die Eignung des Lösungsansatzes in Frage stellte und Letztere eine noch stärkere staatliche Regulierung begrüsst hätte. Auf Grund der Rückmeldungen der Vernehmlassungsteilnehmenden nahm der Bundesrat kleinere Anpassungen am Vorentwurf vor, etwa indem er Werbefilme explizit aus der Regelung ausschloss. Hingegen sollten Kinder in Begleitung einer erwachsenen Person Zugang zu sonst unerlaubten Inhalten bekommen, sofern die Begleitperson mindestens 10 Jahre älter ist und das Mindestalter um höchstens 2 Jahre unterschritten wird. Ausserdem werden die Anbieterinnen und Anbieter von Abruf- und Plattformdiensten dazu verpflichtet, Massnahmen für den Jugendschutz im Rahmen ihrer Möglichkeiten zu treffen. Eine abschliessende Alterskontrolle sei hier nicht realistisch, da nicht kontrolliert werden könne, wer letztendlich die Inhalte konsumiere. Dies zu überprüfen falle in den Verantwortungsbereich der Erziehungsberechtigten. Zukünftig sollen bei der Erarbeitung der Jugendschutzregelung im Rahmen der neu gebildeten Jugendschutzgruppen überdies Expertinnen und Experten miteinbezogen werden müssen.

Bundesgesetz über den Jugendschutz bei Filmen und Videospielen (BRG 20.069)

In der Kulturbotschaft 2021–2024 hatte der Bundesrat das Postulat Semadeni (sp,GR) – „Allegra, Romanisch und Italienisch sollen leben!“ – zur Abschreibung beantragt. Im Rahmen der Beratungen der Botschaft während der Herbstsession 2020 kam der Nationalrat diesem Antrag diskussionslos nach.

Allegra, Romanisch und Italienisch sollen leben! (Po. 15.4117)

Noch bevor sich die SPK-NR überhaupt über den Vorschlag von Andreas Glarner (svp, AG), die Teilnahme an Sondersessionen nicht mehr zu entschädigen, befinden konnte, zog der Aargauer Nationalrat sein Begehren zurück.

Kosten von Sondersessionen (Pa. Iv. 19.437)

Eine im Frühjahr 2018 eingereichte Motion Fluri (fdp, SO), die eine vollständige und unverzügliche Umsetzung der in den Artikeln 16 und 16a der Filmverordnung (FiV) festgehaltenen Meldepflicht für Unternehmen verlangte, wurde in der Sommersession 2020 unbehandelt abgeschrieben. Der Vorstoss fokussierte auf alle drei Verwertungsbereiche – Kino, elektronische Abruf- und Abonnentendienste sowie Tonbildträger.
In seiner Stellungnahme vom Mai 2018 hatte der Bundesrat die Motion zur Ablehnung beantragt. Die Meldepflicht – also die Angaben zum filmischen Endprodukt und dessen Verwendung bei den zuständigen Behörden, beispielsweise Originaltitel und -sprache, Filmgenre, Anzahl Vorführungen, vorgeführte Sprachversionen etc. – für Tonbildträger sei aufgrund der Motion 12.4017 im Rahmen der Kulturbotschaft 2016–2020 im Filmgesetz verankert worden. Die Umsetzung der statistischen Erhebungen zur Meldepflicht hätte aufgrund mangelnder Ressourcen und einer ungenügenden Rücklaufquote seitens der meldepflichtigen Betriebe noch nicht realisiert werden können. Auf ein entsprechendes Informationsschreiben an die Verbände des Einzelhandels habe man nicht genügend Rückmeldung erhalten. Bezüglich der meldepflichtigen elektronischen Plattformen hätten aber die relevanten Ermittlungen mit den verfügbaren Ressourcen abgewickelt werden können. Das BAK und das BFS hätten die wichtigsten nationalen und internationalen Anbieter ausfindig machen können und würden die ersten Erhebungen für das Jahr 2017 im ersten Halbjahr 2018 durchführen.

Meldepflicht im Filmgesetz - den Willen des Gesetzgebers vollständig umsetzen (Mo. 18.3217)