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Jahresrückblick 2023: Föderativer Aufbau

Autorinnen: Marlène Gerber und Catalina Schmid

Das Medieninteresse an Föderalismus und Territorialfragen war 2023 deutlich geringer als noch während der Covid-19-Pandemie, wie Abbildung 2 der angehängten APS-Zeitungsanalyse 2023 zeigt. Auch Diskussionen über den Stadt-Land-Graben wurden im Unterschied zu 2021 kaum intensiv geführt. Aufmerksamkeit erhielt er vor allem im Zusammenhang mit den eidgenössischen Wahlen und insbesondere im Kanton Zürich, wo erneut Forderungen nach der Abspaltung der Stadt Zürich vom Kanton laut wurden.

Die Aufgabenteilung zwischen den unterschiedlichen föderalen Ebenen wurde vorwiegend in der Asylpolitik virulent diskutiert. Wie bereits im Vorjahr war das Asylwesen als Verbundaufgabe zwischen Bund, Kantonen, Gemeinden und Städten auch im Jahr 2023 einer besonderen Belastungsprobe ausgesetzt. Die stark ansteigenden Asylgesuchszahlen sowie die Unterbringung von zahlreichen Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine führten teilweise zu Kapazitätsengpässen bei der Unterbringung und schufen neue Herausforderungen für alle Beteiligten. Der im Juni erschienene Schlussbericht zur Evaluation des Schutzstatus S empfahl denn auch, dass Bund und Kantone eine konkretere Notfallplanung ausarbeiten und dass darin die Rolle aller beteiligten Akteure bei Unterbringung und Erstversorgung geklärt wird. Auf Widerstand bei den Kantonen stiess ausgerechnet der abschlägige Entscheid des Ständerats während der Sommersession gegen den Bau von Containern auf dem Armeegelände für die Erstunterbringung von Asylsuchenden. Daraufhin befürchteten die Kantone, dass der Bund ihnen im Herbst erneut Personen mit laufendem Asylverfahren zustellen werde. So weit kam es indes nicht: Im Unterschied zum gleichen Zeitpunkt im Vorjahr konnten die Asylverfahren im Herbst 2023 in den Bundesasylzentren abgeschlossen werden.

Übereinstimmung zwischen den Kantonen zeigte sich im Frühling anhand einer neuen europapolitischen Standortbestimmung der KdK. Die Kantonsregierungen sprachen dem Bundesrat für erneute Verhandlungen mit der EU einstimmig ihre Unterstützung zu und äusserten sich zudem zu den einzelnen Streitpunkten bei den bilateralen Verhandlungen der Schweiz und der EU. Die Presse zeigte sich verblüfft über die subnationale Einigkeit, hatte sich doch eine Reihe von Kantonen in den vorherigen Jahren noch gegen ein Rahmenabkommen unter diesen Bedingungen ausgesprochen.

Im Herbst scheiterten bedeutende Projekte für innerkantonale Gemeindefusionen, darunter nach fünfjährigen intensiven Vorarbeiten auch die Fusion der Stadt Bern mit der Gemeinde Ostermundigen. Ende November lehnte die Ausserrhodener Stimmbevölkerung eine Grossfusion von 20 auf 3 bis 5 Gemeinden ab, befürwortete jedoch einen Eventualantrag, gemäss welchem eine zu erarbeitende gesetzliche Grundlage einzelne Gemeindefusionen ermöglichen soll.

Ein zentraler Meilenstein wurde hingegen in der Frage des Kantonswechsels von Moutier vom Kanton Bern zum Kanton Jura erreicht: Die beiden Kantone einigten sich im März nach zwei Jahren Verhandlungen im letzten verbliebenen Streitpunkt, den interkantonalen Ausgleichszahlungen, und präsentierten im Mai schliesslich einen Konkordats-Entwurf zum Kantonswechsel, der Ende November von den kantonalen Regierungen unterzeichnet wurde und der 2024 den beiden Kantonsparlamenten zur Ratifizierung vorgelegt werden soll.

Jahresrückblick 2023: Föderativer Aufbau
Dossier: Jahresrückblick 2023

Der Nationalrat nahm in der Wintersession 2023 stillschweigend eine Motion der SiK-NR für die Schaffung einer Verfassungsgrundlage für eine Bundesregelung des nationalen polizeilichen Datenaustausches an. Konkret sollte in der Bundesverfassung dem Bund die Kompetenz eingeräumt werden, die Abfrage polizeilicher Daten zwischen dem Bund und den Kantonen sowie unter den Kantonen zu regeln. Kommissionssprecherin Maja Riniker (fdp, AG) verwies im Ratsplenum auf die laufende Umsetzung der Motion Eichenberger (fdp, AG; Mo. 18.3592), die eine nationale Koordination und Rechtsgrundlage benötige. Bisher müssten sich die Kantone untereinander jeweils einzeln für die Herausgabe polizeilicher Daten anfragen. Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider befürwortete die Motion ebenfalls, denn sie ermögliche die Schliessung einer Gesetzeslücke und somit einen funktionierenden polizeilichen Datenaustausch in der Schweiz, falls der eingeschlagene Weg einer Konkordatslösung unter den Kantonen nicht zum Erfolg führen sollte.

Schaffung einer Verfassungsgrundlage für eine Bundesregelung des nationalen polizeilichen Datenaustausches (Mo. 23.4311)

In Abweichung zum Entscheid des Ständerats, der sich auf Anraten seiner Kommission in der Herbstsession 2023 dafür ausgesprochen hatte, die Kantone zum vollen Lastenausgleich bei den Familienzulagen zu verpflichten, sprach sich die Mehrheit der nationalrätlichen Kommission in der Folge für eine andere Lösung aus: Mit knappen 13 zu 12 Stimmen beantragte die SGK-NR ihrem Rat, den Kantonen lediglich einen Teilausgleich vorzuschreiben, da sie einen vollen Lastenausgleich als zu starken Eingriff in deren Kompetenzen erachtete.
Im Nationalrat, der sich in der Wintersession 2023 über das Geschäft beugte, blieb zuerst eine Minderheit Bircher (svp, AG) mit 144 zu 45 Stimmen (2 Enthaltungen) chancenlos, die gar keinen Eingriff des Bundes in die kantonale Regelung des Lastenausgleichs bei Familienzulagen tolerieren wollte und deshalb auf Nichteintreten plädiert hatte. In der Detailberatung warb eine Minderheit Roduit (mitte, VS) für einen vollen Lastenausgleich und somit für die Zustimmung zur Version des Ständerats. Roduit zeigte sich unter anderem überzeugt, dass ein Teilausgleich nichts am Status quo ändern würde, da die ungleiche finanzielle Belastung zwischen den verschiedenen Familienausgleichskassen dadurch nicht beseitigt werden könnte. In Anbetracht der knappen Mehrheitsverhältnisse in der Kommission mag das vom Nationalrat gefällte Verdikt in seiner Deutlichkeit erstaunen: Der Antrag der Kommissionsmehrheit wurde zugunsten der Kommissionsminderheit mit 149 zu 40 Stimmen (5 Enthaltungen) abgelehnt, womit auch der Nationalrat am Modell des vollen Lastenausgleichs festhielt.
Dennoch schuf der Nationalrat eine kleine Differenz zum Ständerat, indem er auf Anraten seiner Kommissionsmehrheit die Übergangsfristen von zwei auf drei Jahre ausdehnte und gleichzeitig die Kantone dazu verpflichten wollte, sogenannte Begleitmassnahmen zur Steigerung der Effizienz und Effektivität der Familienausgleichskassen in die Wege zu leiten. Gegen diese Verlängerung der Übergangsfrist hatte sich eine Kommissionsminderheit Prelicz-Huber (gp, ZH) erfolglos gewehrt. Sie sah darin eine unnötige Verzögerung, die zu Lasten der bereits finanziell stark belasteten Familienausgleichskassen gehe. Zudem scheiterte auch eine Minderheit Gysi (sp, SG), die zur Stärkung der Kaufkraft von Familien die Auszahlung einer 13. Kinder- und Ausbildungszulage verlangte. Wie bereits die Minderheit Prelicz-Huber fand auch sie kaum Unterstützung über die links-grünen Fraktionsgrenzen hinaus.
In der Gesamtabstimmung nahm der Nationalrat die minim abgeänderte Vorlage mit 161 zu 34 Stimmen (1 Enthaltung) an. Gegen den Entwurf stellten sich Teile der Fraktionen der SVP und der FDP.

Familienzulagengesetz. Änderung (Einführung eines vollen Lastenausgleichs; BRG 23.050)

In der Herbstsession 2023 bereinigte das Parlament sowohl die Prämien-Entlastungs-Initiative der SP als auch deren indirekten Gegenvorschlag. Den Anfang machte der Nationalrat, der dem Ständerat beim indirekten Gegenvorschlag in allen offenen Differenzen trotz anderslautender Kommissionsanträge zustimmte. Dadurch setzte sich der Ständerat unter anderem mit seiner Vorstellung des Gegenvorschlags durch, «der bezüglich der finanziellen Auswirkungen nochmals milder ausgestaltet ist als derjenige des Bundesrates», wie es Kommissionssprecher Mäder (glp, ZH) formulierte. So verzichtete der Nationalrat darauf, dass der Bundesrat den Kantonen vorschreiben darf, wie die Prämien und das verfügbare Einkommen zur Festlegung des Kantonsanteils der Prämienverbilligungen berechnet werden. Hier folgte der Rat einer Minderheit de Courten (svp, BL), während die Kommissionsmehrheit an ihrer Position hatte festhalten wollen.
Die zweite grosse offene Frage betraf den Mindestanteil der OKP-Bruttokosten, den die Kantone übernehmen müssen, sowie damit verbundene Regelungen. Hier lagen drei Konzepte vor. Der Bundesrat hatte hier ursprünglich vorgeschlagen, dass die Kantone mindestens 5 Prozent der Bruttokosten übernehmen müssen, wenn die Prämien weniger als 10 Prozent des Einkommens der einkommensschwächsten Personen ausmachen. Bei Prämien in der Höhe von 18.5 Prozent des Einkommens wären es im Minimum 7.5 Prozent der Bruttokosten, dazwischen sollte es eine lineare Abstufung geben. Diesem Vorschlag wollte auch eine Minderheit I Prelicz-Huber (gp, ZH) folgen. Die Kommissionsmehrheit wollte hingegen dem Ständerat folgen, der den minimalen Grenzwert bei 11 statt 10 Prozent und die bei diesem Grenzwert zu übernehmenden Anteile der Bruttokosten bei 3.5 statt 5 Prozent festlegen wollte. Kommissionssprecher Roduit (mitte, VS) erachtete damit das Hauptziel des Gegenvorschlags, die Verpflichtung der Kantone zur Prämienverbilligung an die bedürftigsten Personen, als erfüllt. Gleichzeitig verhindere man damit eine Überlastung des Gemeinwesens. Eine Minderheit Meyer (sp, ZH) war, ebenso wie die Minderheit I Prelicz-Huber, der Ansicht, der Mehrheitsvorschlag decke «nicht mal einen Bruchteil der Kosten der Prämienexplosion von diesem Jahr [...] ab[...]», und forderte eine deutlich stärkere Prämienverbilligung als von der Mehrheit und vom Bundesrat vorgeschlagen. Mit 105 zu 86 Stimmen (bei 1 Enthaltung) und 104 zu 86 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) sprach sich der Nationalrat zugunsten des Mehrheitsantrags gegen beide Minderheitsanträge aus. Erneut setzten sich die SVP- sowie Mehrheiten der FDP- und der Mitte-Fraktionen durch.

Nachdem der Nationalrat tags zuvor den indirekten Gegenvorschlag bereinigt hatte, setzte der Ständerat die Debatte zur Initiative fort. In zahlreichen Wortmeldungen legten die Sprechenden abschliessend noch einmal ihre Gründe für und gegen die Initiative dar, die im Rahmen der Debatte zum indirekten Gegenvorschlags ebenfalls bereits ausführlich erläutert worden waren. Abschliessend entschied sich der Ständerat, Stimmbevölkerung und Kantonen die Initiative mit 33 zu 11 Stimmen zur Ablehnung zu empfehlen. Einzig die Mitglieder der SP- und der Grünen-Fraktion sprachen sich für eine Empfehlung auf Annahme aus.

In den Schlussabstimmungen Ende der Herbstsession 2023 hiess der Nationalrat den Bundesbeschluss mit der Ablehnungsempfehlung mit 123 zu 70 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) gut, der Ständerat mit 32 zu 11 Stimmen (bei 1 Enthaltung). Den indirekten Gegenvorschlag nahm das Parlament, abgesehen von einer ablehnenden Stimme eines Mitglieds der Mitte-Fraktion im Ständerat (41 zu 1 Stimmen bei 2 Enthaltungen), beinahe einstimmig an (Nationalrat: 195 zu 0 Stimmen bei 1 Enthaltung). Die SP zeigte sich mit dem indirekten Gegenvorschlag jedoch nicht abschliessend zufrieden und kündigte an, an ihrer Initiative festzuhalten. Über diese wird folglich im Jahr 2024 abgestimmt werden.

Eidgenössische Volksinitiative «Maximal 10 Prozent des Einkommens für die Krankenkassenprämien (Prämien-Entlastungs-Initiative)» und indirekter Gegenvorschlag (BRG 21.063)
Dossier: Anstieg der Krankenkassenprämien dämpfen (seit 2020)
Dossier: Prämienverbilligung
Dossier: Volksinitiativen zum Thema «Krankenkasse» (seit 2015)

In der Herbstsession 2023 beriet der Ständerat als Erstrat eine Änderung des Familienzulagengesetzes, mit der die Kantone zu einem vollen Lastenausgleich zwischen den in ihrem Hoheitsgebiet tätigen Familienausgleichskassen verpflichtet werden sollten. Nach Anhörung zweier Ausgleichskassen mit unterschiedlichen Positionen hatte die vorberatende SGK-SR ihrem Rat mit 5 zu 4 Stimmen (2 Enthaltungen) empfohlen, auf die Vorlage einzutreten. Für die befürwortende Kommissionsmehrheit gelte es, die ungleiche Belastung verschiedener Branchen durch die Familienzulagen mit dem vollen Lastenausgleich zu beseitigen, argumentierte Mehrheitssprecher Peter Hegglin (mitte, ZG) für die Vorlage. Dem «föderale[n]» Gedanken werde auch mit dieser Lösung Rechnung getragen, so Hegglin weiter, denn schliesslich könnten die Kantone die Höhe der Zulagen selber festlegen, zudem sei es ihnen überlassen, wie sie den vollen Lastenausgleich ausgestalten möchten. Ebenso blieben sie zuständig für die Organisation und die Aufsicht des Vollzugs. Im Namen der Kommissionsminderheit setzte sich Alex Kuprecht (svp, SZ) vor allem für die sechs Kantone (AG, AI, AR, GL, NE, TG) ein, die noch über kein Lastenausgleichssystem verfügten und die nun zur Einführung eines solchen gezwungen würden. Damit werde der Grundsatz der gesetzgeberischen Zuständigkeit missachtet. Mit 31 zu 12 Stimmen (1 Enthaltung) sprach sich der Ständerat in der Folge für Eintreten aus, wobei die ablehnenden Stimmen zur Hälfte von Vertretenden der angesprochenen sechs Kantonen stammten.

In der Detailberatung gab der Antrag einer weiteren Kommissionsminderheit Kuprecht zu reden, der es den Kantonen überlassen wollte, ob sie einen vollen Lastenausgleich etablieren oder ein System schaffen wollten, in dem die Lasten nur teilweise ausgeglichen werden. Damit wollte die Kommissionsminderheit die Wahlmöglichkeit derjenigen sechs Kantone verteidigen, die bereits über ein Teillastensystem verfügen (BS, FR, GR, SG, VS, ZH). Die Kommissionsmehrheit lehnte eine solche Lösung hingegen ab, da diese nicht die gesamte strukturelle Ungleichheit beseitigen würde. Mit 24 zu 19 Stimmen setzte sich im Rat schliesslich die Kommissionsmehrheit durch. Bei der Abstimmung zeigte sich weniger die Kantonszugehörigkeit ausschlaggebend – 10 von 19 ablehnenden Stimmen waren von Ratsmitgliedern abgegeben worden, deren Kanton über keinen oder lediglich über einen teilweisen Lastenausgleich verfügt – als vielmehr die Parteizugehörigkeit: 9 ablehnende Stimmen stammten aus der FDP-Fraktion, 6 aus der SVP-Fraktion und die verbleibenden 4 aus der Mitte-Fraktion. Mit 23 zu 19 Stimmen (1 Enthaltung) verabschiedete der Ständerat den Entwurf in der Gesamtabstimmung somit unverändert an den Nationalrat.

Familienzulagengesetz. Änderung (Einführung eines vollen Lastenausgleichs; BRG 23.050)

Während sich der Nationalrat in der Herbstsession 2023 zum zweiten Mal dafür entschied, auf den indirekten Gegenvorschlag zur Biodiversitätsinitiative einzutreten, behandelte der Ständerat das Postulat Z'graggen (mitte, UR), mit welchem geprüft werden soll, wie der Schutz der Biodiversität ohne Gesetzesanpassungen, jedoch mit freiwilligen Vereinbarungen und weiteren finanziellen Mitteln des Bundes verbessert werden kann. Die Genfer Ständerätin Lisa Mazzone (gp, GE) wies darauf hin, dass sie sich nicht gegen dieses Postulat wehre, jedoch weiterhin den indirekten Gegenvorschlag zur Biodiversitätsinitiative bevorzuge und hoffe, dass der Ständerat doch noch auf die Vorlage eintreten werde. Nicht zuletzt weil nun bald eine Version vorliegen werde, die den Anliegen des Ständerates entgegenkomme. In ein ähnliches Horn blies auch Bundesrat Rösti, der die Annahmeempfehlung dieses Postulates nicht als Ablehnung des Gegenvorschlags verstanden wissen wollte. Anschliessend wurde das Postulat stillschweigend angenommen.

Biodiversität auf den bestehenden rechtlichen Grundlagen verbindlich stärken und erhöhen (Po. 23.3676)
Dossier: Biodiversitätsinitiative und indirekter Gegenvorschlag

Die nationalrätliche Geschäftsprüfungskommission reichte im Juni 2023 ein Postulat ein, mit welchem sie einen Bericht über die Stärkung der Aufsicht und Kontrolle der biologischen Hochsicherheitslabore forderte. Die GPK-NR wollte in diesem Bericht zahlreiche Fragen rund um die Sicherheit der biologischen Hochsicherheitslabore klären; so etwa wie die Aufsicht des Bundes über die Kontrolltätigkeit der Kantone gestärkt und wie der Vollzug durch die Kantone selber vereinheitlicht und verbessert werden kann oder auch wie ein intensiverer Wissens- und Erfahrungsaustausch zwischen Bund und Kantonen zu Stande kommen kann. Im Postulatsbericht solle auch festgehalten werden, ob die entsprechenden Rechtsgrundlagen durch die erwähnten Massnahmen angepasst werden müssen. Die GPK-NR begründete ihren Vorstoss mit dem Umstand, dass die Kantone die Kontrolltätigkeit über diese Labore sehr unterschiedlich handhabten, beispielsweise in Bezug auf die Häufigkeit der Kontrollen oder auch in Bezug auf die Ressourcen, die für die Inspektionen aufgewendet werden. Zudem verfüge der Bund derzeit nur über begrenzte Aufsichtskompetenzen über die Kontrolltätigkeit der Kantone; es gebe zum Beispiel keine Regelung, wann und in welchem Umfang dem Bund Informationen zu den Kontrollen übermittelt werden müssen. Der Bundesrat beantragte die Annahme des Postulates und der Nationalrat nahm den Vorstoss in der Herbstsession 2023 stillschweigend an.

Stärkung von Aufsicht und Kontrolle über biologische Hochsicherheitslabore (Po. 23.3965)

Depuis 2017 et les modifications apportées à la législation sur les denrées alimentaires, il n'est plus possible pour les entreprises développant de nouveaux aliments de faire des tests de précommercialisation sans avoir au préalable obtenu une autorisation impliquant des coûts élevés et un certain temps. Pour Meret Schneider (vert-e-s, ZH), cette nouvelle manière de faire freine les innovations alimentaires, le risque étant trop grand qu'un produit ne plaise pas à la commercialisation si aucun test n'a pu être effectué en amont. Elle souhaite ainsi revenir à la situation d'avant 2017 et permettre à l'Office fédéral de la sécurité alimentaire et des affaires vétérinaires (OSAV) de délivrer des autorisations simplifiées pour ces tests de précommercialisation. Dans un monde qui change, les défis alimentaires sont nombreux et l'innovation a un rôle important à jouer, a-t-elle défendu en chambre. Tant les paysan.ne.s, que les entreprises développant ces nouveaux produits en ressortiraient gagnantes. Alors que le Conseil fédéral soutenait la motion, jugeant cette proposition profitable à l'innovation suisse, elle a été combattue par l'UDC Alois Huber (AG) qui y voit une porte ouverte pour la commercialisation de produits alimentaires ultra-transformés et dont on ne connait pas l'impact sur la santé. Il souhaite que la population se nourrisse de produits naturels et sains. Son point de vue n'a pas suffi à faire pencher la balance, une large majorité de la chambre basse acceptant la proposition de Meret Schneider (130 voix contre 43 et 4 abstentions). Seuls des membres de l'UDC et du Centre s'y sont opposés.

Promouvoir l'innovation en terme alimentaire en Suisse (Mo. 23.3408)

Le Conseil fédéral a publié sa nouvelle stratégie climat pour l'agriculture et l'alimentation, que l'Administration fédérale élaborait depuis 2021. Pas moins de trois offices étaient impliqués dans ces travaux – l'OFAG, l'OFEV et l'OSAV –, afin de s'assurer d'une mise en place transversale et exhaustive de cette stratégie. La précédente mouture datait de 2011, son renouvellement s'inscrit dans «le prolongement de la Stratégie pour le développement durable 2030 du Conseil fédéral et s’appuie sur les principes du rapport sur l’orientation future de la politique agricole de 2022 et de la Stratégie climatique à long terme de la Suisse». Pour cela, la Confédération ne veut plus se focaliser uniquement sur l'agriculture mais veut considérer la chaine agro-alimentaire dans son ensemble. Dans son communiqué de presse, le Conseil fédéral rappelle que les secteurs agricoles et agroalimentaires sont à la fois vulnérables face aux changements climatiques mais également des acteurs clés pour réduire les émissions de gaz à effet de serre.
Trois objectifs ont été fixés pour 2050 : le taux d'autosuffisance alimentaire ne doit pas passer en dessous de 50 pour cent, tout en produisant de manière durable; l'empreinte carbone de la population concernant l'alimentation doit diminuer de deux tiers, en privilégiant une nourriture saine et équilibrée; l'agriculture doit réduire de 40 pour cent ses émissions de gaz à effet de serre par rapport à 1990. Pour atteindre ces objectifs, plus de 50 mesures sont listées dans la stratégie, qui touchent à tous les maillons de la chaîne. Les plus débattues concernent notre manière collective de nous alimenter. Les autorités préconisent ainsi de se tourner vers une alimentation respectant la pyramide alimentaire, ce qui aurait comme conséquence une réduction de la consommation de viande et une augmentation de la consommation de légumineuses et de légumes, amenant le Blick à titrer à propos de cette nouvelle stratégie «Der Bund will uns das Fleisch madig machen». Parmi les autres mesures promulguées par la Confédération, la volonté de réduire les surfaces d'assolement dédiées au fourrage pour les consacrer à l'alimentation humaine, alors que 60 pour cent des terres fertiles sont utilisées à cet effet aujourd'hui. Sur les importations, les autorités fédérales souhaitent prioriser les produits plus écologiques. Cette vision d'ensemble ne plait pas à tout le monde, le directeur de l'USP, Martin Rufer, déclarant ainsi dans le Blick «Wir wollen keine Um­erziehung durch den Staat». Le directeur de l'OFAG, Christian Hofer, s'est défendu de vouloir instaurer de nouvelles règles et interdictions pour dicter le comportement des gens. Selon lui, la stratégie climat pour l'agriculture et l'alimentation repose sur des campagnes de sensibilisation et la mise en place de formations complémentaires pour les personnes travaillant dans ce domaine. Certaines mesures, d'ores et déjà en place, à l'image du plan d'action contre le gaspillage alimentaire, joueront également un rôle important dans la réduction de l'empreinte carbone. À l'inverse de l'USP, plusieurs associations ont critiqué des mesures insuffisantes pour amorcer un véritable tournant vers un système alimentaire et agricole durable.

Stratégie climat pour l'alimentation et l'agriculture 2050
Dossier: Landwirtschaft und Klimawandel

Rückblick auf die 51. Legislatur: Föderativer Aufbau

Autorinnen und Autoren: Hans-Peter Schaub, Catalina Schmid, Elia Heer, Mathias Buchwalder und Marlène Gerber

Stand: 17.08.2023

Insbesondere wegen zwei Ereignissen berichteten die Medien in der 51. Legislatur häufiger über Fragen rund um den Föderalismus als in den letzten Jahren der 50. Legislatur: Zum einen sorgte die Covid-19-Pandemie für ausschweifende Diskussionen zur Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen. Die Bilanz dazu fiel gemischt aus: Weitestgehend waren sich Behörden, Medien und Forschende einig, dass der Föderalismus während der Covid-19-Pandemie dazu geführt habe, dass sich Bund und Kantone gegenseitig die Verantwortung für unpopuläre Entscheidungen zuschoben. In Bezug auf die kantonalen Covid-19-Massnahmen war häufig von einem kantonalen Flickenteppich die Rede. Auf der anderen Seite wurde die Schweiz auch als «föderales Labor» dargestellt, da einzelne Kantone mit innovativen Lösungen aufwarteten, die andernorts übernommen werden konnten – so etwa die Bündner Massentests, das Zuger Ampelsystem oder die Zürcher Lösung für die Unterstützung von Kulturschaffenden. Ein vom Nationalrat überwiesenes Postulat forderte den Bundesrat auf, für den Föderalismus relevante Lehren aus der Covid-19-Pandemie zu ziehen. Bis Mitte August 2023 lag der Bericht zum Postulat noch nicht vor.

Der zweite Grund für die intensivere Berichterstattung über Föderalismusbelange lag in der Jurafrage begründet. 2021 wurde nach langer und wechselhafter Vorgeschichte der Wechsel von Moutier zum Kanton Jura beschlossen. Ein Versuch, dieses Abstimmungsergebnis noch umzustossen, scheiterte im Jahr 2022, als das bernische Statthalteramt nicht auf einen entsprechenden Rekurs eintrat. Im Frühling 2023 konnten sich die beiden Kantone nach zwei Jahren Verhandlungen zu den Regeln des Wechsels auf den letzten Streitpunkt einigen (Finanzausgleichs-Zahlungen). Der Kantonswechsel wird per 1. Januar 2026 vollzogen.

Gleich zu einem weiteren Kantonswechsel – jedoch ohne interkantonalen Konflikt – kam es während der 51. Legislatur zwischen dem Kanton Bern und dem Kanton Freiburg. Mit dem Übertritt der bernischen Gemeinde Clavaleyres in den Kanton Freiburg am 1. Januar 2022 wurde dieser die Fusion mit der freiburgischen Gemeinde Murten ermöglicht. Vor der 51. Legislatur kam es das letzte Mal im Jahr 1996 zu einem Kantonswechsel, als Vellerat vom Kanton Bern in den Kanton Jura wechselte.

Das eidgenössische Parlament gewährleistete in der 51. Legislatur auch etliche Kantonsverfassungen. Für die meisten Diskussionen sorgte dabei die Ausweitung des Majorzsystems im Kanton Uri auf Gemeinden mit bis zu vier Abgeordneten im Landrat. Weitere Diskussionen im Parlament verursachte eine angenommene Kommissionsmotion, die den Bund zur Beteiligung an der Grundfinanzierung des Kompetenzzentrums für Föderalismus verpflichtet. Nach Diskussionen äusserst knapp abgelehnt wurde hingegen ein Postulat, das eine Prüfung zur Frage verlangt hätte, wie sich die Kantone verbindlicher an aussenpolitischen Entscheiden beteiligen könnten. Nach der am Ständemehr gescheiterten Konzernverantwortungsinitiative und der dadurch erneut entfachten Debatte zum Reformbedarf des Ständemehrs befasste sich das Parlament auch mit einer parlamentarischen Initiative, die ein qualifiziertes Ständemehr bei Doppelmehr-Abstimmungen forderte. Sowohl die zuständige Kommission als auch der Nationalrat gaben dem Anliegen jedoch keine Folge.


Zu den Jahresrückblicken:
2020
2021
2022

Rückblick auf die 51. Legislatur: Föderativer Aufbau
Dossier: Rückblick auf die 51. Legislatur

Le postulat Jans (ps, BS) a été classé dans le cadre de la Politique agricole 22+ (PA 22+). Le Conseil fédéral va adapter les contributions à la production afin de renforcer la durabilité. Selon l'exécutif, ces contributions sont un bon moyen, pour l'agriculture et le secteur agroalimentaire, de proposer des denrées alimentaires de haute qualité.

Stärkung der Milchproduktion aus betriebseigenem Grundfutter (Po. 15.4056)
Dossier: Milchsteuerungskrise

Le postulat Graf (vert-e-s, BL) a été classé dans le cadre de la Politique agricole 22+ (PA 22+). Dans son message, le Conseil fédéral se dit conscient des efforts que le monde agricole doit entreprendre pour réduire ses émissions de gaz à effet de serre. La PA 22+ ainsi que la mise en œuvre de l'initiative parlementaire 19.475 permettront de s'attaquer à cette problématique «pour autant que les mesures soient conçues de manière ambitieuse et que les programmes créent la dynamique nécessaire», selon les propos des autorités. Il est prévu que le secteur agricole réduise ses émissions de 20 à 25 pour cent d'ici à 2030 par rapport à 1990.

Wie wird das Klima-Sektorziel der Land- und Ernährungswirtschaft zur Erreichung des Pariser Klimaabkommens konkret umgesetzt? (Po. 19.3385)

In Erfüllung des Postulats Romano (mitte, TI) zur Umwelterziehung veröffentlichte der Bundesrat im Sommer 2023 den Bericht «Bildung für nachhaltige Entwicklung in der obligatorischen Schule», welcher vom SBFI in Zusammenarbeit mit der EDK erstellt worden war. Der Bericht hielt fest, dass das Thema BNE in der obligatorischen Schule bereits breit verankert sei und in allen drei Rahmenlehrplänen der Schweiz (Lehrplan 21, Plan d’étude romand und Piano di studio) enthalten sei. Die Autorinnen und Autoren verwiesen im Postulatsbericht auf zahlreiche Projekte, die veranschaulichten, wie in den Schulen die Thematik BNE in den Unterricht integriert werden kann. Der Bericht ging ebenfalls kurz auf die nachobligatorische Bildung ein: Mit der von Bund und Kantonen initiierten Weiterentwicklung der gymnasialen Maturität solle die Aufnahme von transversalen Themen wie BNE auch in den gymnasialen Unterricht gefördert werden. In der beruflichen Grundbildung (Lehre), welche durch Bund, Kantone und Organisationen der Arbeitswelt gemeinsam verantwortet wird, ist BNE laut Bericht ebenfalls ein relevantes Thema. So unterstütze das SBFI die Berufsverbände beispielsweise mit einer Orientierungshilfe zur Nachhaltigen Entwicklung in der Berufsbildung. Ausserdem werde BNE auch als ein Ausbildungsziel im Rahmenlehrplan für den allgemeinbildenden Unterricht in der Berufslehre aufgeführt. Schliesslich finanziere der Bund die Stiftung éducation21 mit, welche als nationales Kompetenzzentrum zur Förderung der Verankerung von BNE im ganzen Bildungssystem Schweiz fungiert.
Vor diesem Hintergrund kam der Bericht zum Schluss, dass die Strukturen zur Förderung von BNE gut funktionieren. Entsprechend könne an den bestehenden Zuständigkeiten und Rahmenbedingungen festgehalten werden. Die von Nationalrat Romano aufgeworfene Erarbeitung eines Aktionsplans sei derzeit nicht angezeigt.

Bericht über die Umwelterziehung (Po. 19.3764)

Alors que la protection civile manque de recrues, la CPS-CN a déposé une motion visant à fusionner immédiatement le service civil et la protection civile en une seule organisation au sein du DDPS. Le Conseil fédéral s'y est opposé. Il a affirmé partager les inquiétudes de la Commission, mais qu'en raison des défis que l'acceptation de la motion engendrerait, la proposition ne permettrait pas de résoudre le problème plus vite que les démarches déjà lancées. En effet, la fusion changerait considérablement la base légale actuelle, notamment parce que le service civil est organisé au niveau fédéral et la protection civile au niveau cantonal.
Au Conseil national, la motion a été rejetée par 96 contre 83 voix et 4 abstentions. Les groupes socialistes, Vert-e-s, et du Centre ont rejeté cet objet à l'unanimité.

Regroupement immédiat du service civil et de la protection civile en une seule organisation au sein du DDPS (Mo. 22.4269)
Dossier: Alimentierung der Armee

Vor dem Hintergrund der ständerätlichen Debatte über den Gegenvorschlag zur Biodiversitätsinitiative reichte Heidi Z'graggen (mitte, UR) ein Postulat ein, mit welchem sie beabsichtigte, den Vollzug im Bereich des Biodiversitätsschutzes zu verbessern. Z'graggen argumentierte, dass die rechtlichen Grundlagen für den Schutz der Biodiversität bereits vorhanden seien, es jedoch am Willen und auch an den finanziellen und personellen Mitteln fehle, um die diesbezüglichen kantonalen Vollzugsdefizite anzugehen. Insbesondere die Vernetzung von Lebensräumen, die ökologische Infrastruktur sowie die Siedlungsgebiete als Hort der Biodiversität müssten ins Zentrum der Aufmerksamkeit gelangen, so Z'graggen. Die Urner Ständerätin forderte dementsprechend einen bundesrätlichen Bericht, in dem festgehalten werden soll, inwiefern mit freiwilligen Vereinbarungen, Verträgen oder einem MoU zwischen den Kantonen, dem Bund und allenfalls weiteren Akteurinnen und Akteuren die Biodiversität in der Schweiz erhalten und gestärkt werden kann. Dabei sollen auch Massnahmenpläne und Überwachungsmechanismen erarbeitet sowie die finanzielle Unterstützung des Bundes für Biodiversitätsprojekte auf kantonaler und kommunaler Ebene sichergestellt werden. Der Bundesrat beantragte die Annahme des Postulats.

Biodiversität auf den bestehenden rechtlichen Grundlagen verbindlich stärken und erhöhen (Po. 23.3676)
Dossier: Biodiversitätsinitiative und indirekter Gegenvorschlag

Im Rahmen der Botschaft zu den Motionen und Postulaten der gesetzgebenden Räte im Jahre 2022 schrieben National- und Ständerat in der Sommersession 2023 die Motion Christoph Eymann (ldp, BS) betreffend die frühe Sprachförderung als Basis für einen Sek-II-Abschluss und als Integrationsmassnahme ab. Der Bundesrat hatte im Sommer 2022 den entsprechenden Bericht «Frühe Sprachförderung in der Schweiz» veröffentlicht.

Frühe Sprachförderung vor dem Kindergarteneintritt als Voraussetzung für einen Sek-II-Abschluss und als Integrationsmassnahme (Mo. 18.3834)
Dossier: Frühe Kindheit

Die ständerätliche WBK wollte mittels einer im Februar 2023 eingereichten Motion den «[p]roblematischen Einsatz von Nutri-Score unterbinden». Gemäss Kommission sind Scoringsysteme vereinfachte Bewertungssysteme, die gewisse Risiken bergen. So fänden Verarbeitungsgrad, Zusatzstoffe, Nachhaltigkeit, Produktionsmethode und Herkunft im Nutri-Score nicht oder nicht genügend Berücksichtigung, was dazu führe, dass hochverarbeitete Produkte gegebenenfalls besser bewertet würden als Naturprodukte. Im Rahmen der anstehenden Lebensmittelgesetzesrevision sollten daher gemäss Kommission einige Regelungen zum Nutri-Score ergänzt werden. Dazu gehörten etwa der freiwillig bleibende Einsatz, die Offenlegung der Parameter und die wettbewerbsrechtliche Konformität der Verwendung des Nutri-Scores. Zudem soll der Kommission zufolge die Schweizer Lebensmittelpyramide weiterhin «das wichtigste Instrument der Konsumenteninformation» darstellen. Die Motion kam in der Sommersession 2023 in den Ständerat. Nachdem Benedikt Würth (mitte, SG) das Anliegen der WBK-SR vorgestellt hatte, empfahl es Gesundheitsminister Berset zur Ablehnung. Zwar könne der Nutri-Score verboten werden, es sei allerdings nicht möglich, ihn zu regulieren, da er Eigentum von Santé publique France sei. Mit 33 zu 8 Stimmen (bei 1 Enthaltung) sprach sich der Ständerat dennoch für die Motion aus.

Problematischen Einsatz von Nutri-Score unterbinden (Mo. 23.3018)

In der Sommersession 2023 lag das Schicksal des indirekten Gegenvorschlags des Bundesrates zur Prämien-Entlastungs-Initiative der SP in den Händen des Ständerats, denn bei einem erneuten Nichteintreten wäre der Gegenvorschlag vom Tisch. Wie bereits bei der ersten Behandlung beantragte die SGK-SR ihrem Rat, auf den Entwurf einzutreten, während erneut ein Minderheitsantrag auf Nichteintreten vorlag. Kommissionssprecher Ettlin (mitte, OW) begründete den Antrag auf Eintreten zum einen mit dem in den letzten Jahren deutlich gesunkenen Anteil der Kantone an den Prämienverbilligungen zulasten des Bundes – wobei die Kommission dem Ständerat in der Detailberatung bei den Kosten noch etwas entgegenkommen wolle – und zum anderen damit, dass man es für zu gewagt halte, «ohne Gegenvorschlag zur Initiative in eine Volksabstimmung zu gehen». Minderheitensprecher Germann (svp, SH) erachtete die von der Kommission vorgeschlagenen Korrekturen jedoch als ungenügend, da sie trotzdem sehr hohe Kosten für die Kantone mit sich bringen würden. Zudem lehnte er eine Vereinheitlichung bei den Prämienverbilligungen ab, da deren Voraussetzungen und Ausgestaltung in den Kantonen sehr unterschiedlich sei, und schliesslich störte er sich daran, dass ein höherer Anteil an Personen mit Prämienverbilligungen den individuellen Sparanreiz und den Reformdruck im Gesundheitswesen verringere. Im Unterschied zur Abstimmung ein halbes Jahr zuvor entschied sich der Ständerat dieses Mal jedoch mit 24 zu 16 Stimmen (bei 2 Enthaltungen), auf den Entwurf einzutreten. Mehrere Mitglieder der FDP- und der Mitte-Fraktion hatten ins Ja-Lager gewechselt, etwa aus Angst vor einer Abstimmung über die Initiative ohne Gegenvorschlag oder aufgrund der von der Kommissionsmehrheit vorgeschlagenen Änderungen am Entwurf.

In der Detailberatung folgte der Ständerat seiner Kommission denn auch bei ihrem neuen Konzept. Der Nationalrat hatte zuvor die Personen mit Ergänzungsleistungen von der Berechnung des Anteils mit Prämienverbilligungen unterstützter Personen ausgenommen – stattdessen sollte sich der Bund zukünftig an der Finanzierung der Prämienverbilligungen von Personen mit EL beteiligen. Damit würden die Kantone zusätzlich mehr Personen ohne Ergänzungsleistungen unterstützen, wodurch sich die Gesamtkosten für Prämienverbilligungen (von Bund und Kantonen, für Personen mit EL und Personen ohne EL) von jährlich CHF 356 Mio. auf CHF 2.2 Mrd. erhöhen würden. Diese vom Nationalrat bevorzugte Änderung, im Ständerat eingebracht von einer Minderheit Stöckli (sp, BE), lehnte die kleine Kammer mit 32 zu 11 Stimmen ab und schuf so eine erste grosse Differenz zum Erstrat. Zustimmung fand im Ständerat hingegen die vom Nationalrat ergänzte Festschreibung eines Sozialziels – die Kantone müssen somit festlegen, wie hoch der Anteil der Prämien am verfügbaren Einkommen maximal sein darf. Zudem behielt der Ständerat entgegen einer Minderheit Hegglin (mitte, ZG) die Definition von steuerbarem Einkommen und bezahlten Prämien bei, um zu verhindern, dass die Kantone durch Definitionsfreiheit in diesen Bereichen das Sozialziel unterlaufen könnten. Schliesslich entschärfte der Ständerat auf Antrag seiner Kommissionsmehrheit und entgegen einer Minderheit Stöckli den von den Kantonen übernommenen Mindestanteil: Der Bundesrat hatte vorgesehen, dass die Kantone bei Personen, bei denen die Prämien weniger als 10 Prozent des verfügbaren Einkommens ausmachen, 5 Prozent der Bruttokosten übernehmen müssen – der Ständerat erhöhte die Prämiengrenze auf 11 Prozent und senkte den zu übernehmenden Anteil auf 3.5 Prozent. Weiterhin sollen die Kantone jedoch bei Prämien von 18.5 Prozent des verfügbaren Einkommens 7.5 Prozent der Bruttokosten übernehmen – dazwischen würden die übernommenen Anteile abgestuft. Nachdem der Ständerat die Petition 17.2018 «für einkommensabhängige Krankenkassenprämien» zur Kenntnis genommen hatte, hiess er den indirekten Gegenentwurf in der Schlussabstimmung mit 26 zu 16 Stimmen (bei 1 Enthaltung) gut.

Eidgenössische Volksinitiative «Maximal 10 Prozent des Einkommens für die Krankenkassenprämien (Prämien-Entlastungs-Initiative)» und indirekter Gegenvorschlag (BRG 21.063)
Dossier: Anstieg der Krankenkassenprämien dämpfen (seit 2020)
Dossier: Prämienverbilligung
Dossier: Volksinitiativen zum Thema «Krankenkasse» (seit 2015)

Nachdem das Parlament im Juni 2022 gegen den Antrag des Bundesrates auf Abschreibung einer Motion Baumann (cvp, UR) gestimmt hatte, die eine faire Lastenverteilung bei den Familienzulagen forderte, sah sich der Bundesrat gegen seinen Willen gezwungen, dem Parlament seine Botschaft zur Umsetzung des Vorstosses zu unterbreiten, was er denn im Mai 2023 auch tat. Diese Botschaft sah – in Übereinstimmung mit der Forderung des Motionärs – vor, die Kantone zum vollen Lastenausgleich zwischen den in ihrem Hoheitsgebiet tätigen Familienausgleichskassen zu verpflichten. Der Bundesrat hatte seinen ursprünglichen Beschluss, auf eine entsprechende Botschaft zu verzichten, mit den negativen Reaktionen aus der Vernehmlassung begründet. Darin hatten 6 der 15 von der Vorlage betroffenen Kantone ebenso wie die SODK eine solche Regelung abgelehnt.

In seiner Botschaft wies der Bundesrat darauf hin, dass er mit dem im Januar 2009 in Kraft getretenen Familienzulagengesetz in diesem Bereich über eine «umfassende Regelungskompetenz» verfüge. Indem er den Kantonen einen vollen Lastenausgleich vorschreibe, greife er zwar in den Kompetenzbereich der Kantone ein, lasse ihnen jedoch offen, wie sie diesen ausgestalten möchten. Konkret bleibe es den Kantonen überlassen, zu entscheiden, ob diese für alle im Kanton tätigen Familienausgleichskassen (FAK) einen einheitlichen Beitrags- und Risikosatz einführen möchten oder ob die Differenz zum durchschnittlichen Beitrags- und Risikosatz der kantonalen FAK mittels nachträglicher Ausgleichszahlungen egalisiert werden soll. Ebenfalls stehe es den Kantonen frei, ob sie für Arbeitnehmende und Selbständigerwerbende einen separaten oder einen gemeinsamen Lastenausgleich einführen möchten. Nicht zuletzt blieben auch die administrativen Fragen zu den Ausgleichszahlungen sowie die Frage der Zuständigkeit zur Durchführung des Lastenausgleichs in der Kompetenz der Kantone.

Familienzulagengesetz. Änderung (Einführung eines vollen Lastenausgleichs; BRG 23.050)

Nach den Schlussabstimmungen zur fünften Änderung des Covid-19-Gesetzes machten sich die Freunde der Verfassung, Mass-voll sowie etwa zwei Dutzend weitere massnahmenkritische Organisationen an die Unterschriftensammlung für ein erneutes Referendum. Ihre Hauptkritik richtete sich erneut gegen das Covid-19-Zertifikat – dessen Rechtsgrundlage durch die fünfte Revision verlängert wird –, da dieses zu einer «Beschneidung der Grundrechte» und zu einer Spaltung der Gesellschaft führe, wie sie online auf ihrer Kampagnenseite erklärten.
Die mediale Aufmerksamkeit für die Unterschriftensammlung blieb deutlich unter den ersten beiden zum Covid-19-Gesetz ergriffenen Referenden zurück. In einzelnen Zwischenmeldungen wurde jedoch darüber berichtet, dass sich die Referendumsführenden mit der Unterschriftensammlung schwerer täten als zuvor. Als Grund dafür machten die Medien vor allem die gesunkene Sorge vor Covid-19 aus. Noch Anfang März berichtete etwa die Aargauer Zeitung, dass das Referendum wohl nicht zustande kommen werde – einen Monat vor dem Ende der Sammelfrist seien erst 40'000 der angestrebten 60'000 Unterschriften zusammengekommen, bestätigte auch der Präsident von Mass-voll, Nicolas Rimoldi gegenüber den Medien. Ende März 2023 verkündeten die Freunde der Verfassung und Mass-voll jedoch, dass sie mit Einsatz von «viel Zeit und Geld» (Rimoldi) genügend Unterschriften gesammelt hätten, was die Bundeskanzlei Anfang April 2023 bestätigte: Mit 56'184 gültigen von 59'211 eingereichten Unterschriften war das Referendum zustandegekommen. Somit werden die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger im Juni 2023 über die fünfte Revision und über die weitere Gültigkeit des Covid-19-Gesetzes abstimmen.

Fünfte Revision des Covid-19-Gesetzes (Verlängerung und Änderung ausgewählter Bestimmungen; BRG 22.046)
Dossier: Covid-19-Gesetz und Revisionen

Mit Blick auf die Beziehungen der Schweiz zur EU nach dem Scheitern des Rahmenabkommens gaben die Regierungen der Ostschweizer Kantone im März 2023 bekannt, den Bundesrat bei der Fortsetzung der Sondierungsgespräche mit Brüssel zu unterstützen. Wie aus einer Mitteilung der Ostschweizer Regierungskonferenz (ORK) hervorging, legten die Ostschweizer Kantone aufgrund ihrer grenznahen Lage und den daraus entstehenden Verflechtungen mit den Nachbarländern grossen Wert auf eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit. Sie seien deshalb besonders daran interessiert, eine rechtlich geordnete und zukunftsfähige Lösung zwischen der Schweiz und der EU zu erreichen. Mit ihrer Position standen die Ostschweizer Kantone auf einer Linie mit den restlichen Schweizer Kantonen, unter welchen sich in grosser Einigkeit eine Zustimmung zeigte, die so beim Abkommens-Entwurf von 2019 noch nicht vorgelegen hatte und damit gemäss 24H einem «véritable changement de paradigme» gleichkam. Bisher hätten sich eine Reihe von Kantonen, darunter das Tessin und Schwyz, einem Rahmenabkommen unter diesen Bedingungen entgegengestellt, machte die NZZ ihre Verblüffung laut. So verabschiede die Konferenz der Kantonsregierungen (KdK) in ihrer Plenarversammlung Ende März 2023 einstimmig eine europapolitische Standortbestimmung, stärkte dadurch dem «Bundesrat bei Gesprächen mit [der] EU den Rücken» und förderte somit deren innenpolitische Akzeptanz, berichtete etwa die NZZ. In ihrer Einigkeit darin, dass die Schweiz und die EU stabile und langfristige Beziehungen bräuchten, positionierten sich die Schweizer Kantonsregierungen im verabschiedeten Text sodann zu einzelnen Streitpunkten der Verhandlungen – wenn auch relativ allgemein formuliert. Betreffend eine dynamische Übernahme von europäischem Recht zeigten sich die Kantone dazu bereit, dieser zuzustimmen, «sofern sie nicht automatisch ist und auf sektorielle Marktzugangsabkommen beschränkt bleibt» und vom Bundesrat, dem Parlament und der Stimmbevölkerung abgesegnet werde, so KdK-Präsident Markus Dieth (AG, mitte). Die Kantonsregierungen befürworteten grundsätzlich auch einen vertraglich festgelegten Mechanismus zur Streitbeilegung bei Marktzugangsabkommen mit der EU, wie sie in einer Medienmitteilung schrieben. Sie sprachen sich dabei ausdrücklich für diejenige Lösung aus, bei welcher der EuGH die Aufgabe erhalte, bei Streitigkeiten betreffend das von der Schweiz übernommene EU-Recht eine kohärente Auslegung vorzunehmen, wobei sie der EU im grössten Streitpunkt entgegenkam. Eine supranationale Überwachung der Einhaltung der EU-Abkommen durch die Schweiz lehnten die Kantone hingegen ab und sprachen sich damit auch gegen das Andocken der Schweiz an die EFTA-Institutionen des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) aus. Bei der Überwachung der staatlichen Beihilfen, wie diese die EU für ihre Mitgliedstaaten vornehme, soll in Bereichen mit Marktzugangsabkommen ein Schweizer Verfahren zur Anwendung kommen, so die Position der KdK.

Europapolitische Standortbestimmung der KdK

Bien que la motion Schneider (vert-e-s, ZH) 21.3401 ait été classée car non traitée dans un délai de deux ans par les chambres, son contenu a été mis en œuvre par les autorités dans le cadre du train d'ordonnances agricoles 2022. Il s'agissait d'inclure les cultures de protéines végétales destinées aux humains dans le système des contributions à des cultures particulières, alors que seules les protéines destinées au fourrage pour les animaux étaient jusqu'alors soutenues. Ainsi, les agricultrices et agriculteurs recevront à l'avenir CHF 1000 par hectare de cultures de protéagineux destinés à l'alimentation humaine (pois chiches, lentilles, lupin, etc.).

Pour inclure les cultures de protéines végétales destinées aux humains dans le système des contributions à des cultures particulières (Mo. 21.3401)
Dossier: Antispeziesismus, pflanzliche Ernährung und Tierschutz

Während der Frühjahrssession 2023 zog Laurence Fehlmann Rielle (sp, GE) ihre parlamentarische Initiative zum Einbezug zuckerhaltiger Getränke in die Erklärung von Mailand zurück. Sie erklärte ihr Handeln damit, dass die Einigung des BLV mit mehreren Unternehmen der Süssgetränkeindustrie bezüglich Zuckerreduktion als Schritt in die richtige Richtung interpretiert werden könne. Die besagte Einigung hatte am 14. Februar 2023 zur Unterzeichnung der Erklärung von Mailand durch die bisherigen und zehn weitere Unternehmen sowie durch Bundesrat Alain Berset geführt. Mit ihrer Unterschrift hatten sich die Unternehmen dazu verpflichtet, bis 2024 eine zehnprozentige Reduktion des Zuckergehalts in ihren Getränken und Quarks vorzunehmen.

Ernährung und die Erklärung von Mailand: Einbezug von zuckerhaltigen Getränken (Pa.Iv. 22.449)

Die Gewährleistung der geänderten Kantonsverfassungen von Zürich, Glarus, Solothurn, Basel-Landschaft, Wallis und Genf erfolgte in der Frühlingssession 2023 sowohl im Ständerat als auch im Nationalrat oppositionslos. Wie Kommissionssprecher Matthias Zopfi (gp, GL) im Ständerat berichtete, habe die SPK-SR die Gewährleistung sämtlicher Verfassungsänderungen beantragt, wobei in der Vorberatung einzig die revidierten Artikel der Walliser Verfassung zur Regulierung von Grossraubtieren zu Diskussionen über die Bundesrechtskonformität geführt hätten. Da die Verfassungsbestimmungen allerdings in einer Weise ausgelegt werden könnten, die dem Bundesrecht entsprächen, und bereits im Jahr 2020 eine gleichlautende Urner Verfassungsänderung als bundesrechtskonform eingeschätzt worden war, habe die Kommission konsequenterweise und unter Beachtung des Günstigkeitsprinzips die Gewährleistung beantragt.

Gewährleistung von Änderungen in den Kantonsverfassungen von Zürich, Glarus, Solothurn, Basel-Landschaft, Wallis und Genf (BRG 22.079)
Dossier: Gewährleistung kantonaler Verfassungen

In der Frühjahrssession 2023 bekräftigte der Nationalrat seinen Entscheid, auf den indirekten Gegenvorschlag des Bundesrates zur Prämien-Entlastungs-Initiative der SP einzutreten. Kommissionssprecher Jörg Mäder (glp, ZH) erachtete den Nichteintretensentscheid des Ständerats «schon fast als Arbeitsverweigerung» und kritisierte ihn als «Geringschätzung der Betroffenen». Zusammen mit dem zweiten Kommissionssprecher Benjamin Roduit (mitte, VS) bat er den Nationalrat im Namen der Kommissionsmehrheit um erneutes Eintreten, um die Bevölkerung bei der Bewältigung der Prämienlast zu unterstützen. Eine Minderheit de Courten (svp, BL) erachtete sowohl die Initiative als auch den Gegenvorschlag als «Symptombekämpfung» – das eigentliche Problem seien die steigenden Gesundheitskosten. Man solle daher nicht «aus abstimmungstaktischen Gründen» einen teuren Gegenvorschlag schaffen, der das Problem nicht löse. Mit 106 zu 79 Stimmen (bei 1 Enthaltung) erneuerte der Nationalrat in der Folge seinen Eintretensentscheid, die ablehnenden Stimmen stammten von der SVP-, einer Mehrheit der FDP- und einer Minderheit der Mitte-Fraktion. Das Geschäft ging damit zurück an den Ständerat.

Eidgenössische Volksinitiative «Maximal 10 Prozent des Einkommens für die Krankenkassenprämien (Prämien-Entlastungs-Initiative)» und indirekter Gegenvorschlag (BRG 21.063)
Dossier: Anstieg der Krankenkassenprämien dämpfen (seit 2020)
Dossier: Prämienverbilligung
Dossier: Volksinitiativen zum Thema «Krankenkasse» (seit 2015)