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Anfang 2019 erschien das von Urs Altermatt verfasste, neu aufgelegte und aktualisierte Bundesratslexikon, das die Portraits aller 9 Bundesrätinnen und 110 Bundesräte seit 1848 umfasst. Die erste Ausgabe stammte von 1991 und hatte sich rasch als Standardwerk etabliert. Die stark überarbeitete, 760 Seiten starke Neuauflage umfasste auch die Beschreibungen der 20 zusätzlichen Magistratinnen und Magistraten, die seit 1991 aus der Regierung ausgeschieden oder neu in die Landesregierung gewählt worden waren. Rund 80 Autorinnen und Autoren verfassten die immer gleich strukturierten Biographien. Die Medien hatten für das neue Werk viel Lob übrig, diskutierten es aber durchaus auch kritisch: Es stelle sich vor allem die Frage, ob die Leistungen der erst kürzlich ausgeschiedenen Magistratspersonen nach so kurzer Zeit überhaupt gewürdigt werden könnten.
In der Tat führte der Beitrag über Moritz Leuenberger zu einiger Unruhe. Der ehemalige SP-Bundesrat selber bezeichnete einige Angaben in seinem Porträt als «kreuzfalsch» und als «gravierende Falschbehauptung». Die Sonntagszeitung wusste zu berichten, dass der Verfasser des umstrittenen Porträts, Felix E. Müller, schon in der NZZ am Sonntag, bei der er Chefredaktor gewesen war, jeweils sehr kritisch über den Zürcher Bundesrat berichtet habe. Leuenberger kritisierte, dass Müller ihn weder kontaktiert noch ihm den Text vor Drucklegung vorgelegt habe. Um eine Einigung zu erlangen, stoppte der Verlag den Vertrieb des Lexikons. Nachdem Leuenberger gar mit Einstampfen des Buches per Gerichtsbeschluss gedroht hatte, kam es dann im September 2019 zu einer Einigung. Dem Buch wurde fortan ein Einlageblatt mit Richtigstellungen beigelegt, das zudem an alle Bibliotheken und kantonalen Staatskanzleien verteilt wurde.

Bundesratslexikon

Was passiert eigentlich mit angenommenen und an den Bundesrat überwiesenen Postulaten und Motionen? Oder mit den Worten der Aargauer Zeitung gefragt: «Wie ernst nimmt die Regierung die Aufträge des Parlaments?» Diese Frage stellte sich auch die GPK-SR und bestellte bei der PVK einen Bericht mit einer Analyse zur Erfüllung von angenommenen Motionen und Postulaten. Immer wieder würden sich Parlamentsmitglieder fragen, «ob angenommene Vorstösse wirklich erfüllt werden», gab GPK-Präsident Peter Föhn (svp, SZ) zu Protokoll. Es gebe Vermutungen, dass viele parlamentarische Aufträge auf die lange Bank geschoben oder nur unvollständig erfüllt würden.

Die rechtliche Grundlage wäre eigentlich klar: Der Bundesrat ist verpflichtet, für überwiesene Motionen eine Gesetzesvorlage auszuarbeiten oder zumindest eine Massnahme zu treffen. Bei einem überwiesenen Postulat muss er prüfen, ob ein Gesetzesentwurf angezeigt wäre, und darüber Bericht erstatten. Eine gesetzliche Frist gibt es dafür nicht, es gibt jedoch andere Stolpersteine: Erstens ist – ganz ähnlich wie bei angenommenen Volksinitiativen nota bene – die inhaltliche Umsetzung von Motionen und Postulaten umstritten: Muss sich der Bundesrat auf den Begründungstext eines Vorstosses stützen oder darf er auch Argumente aus der parlamentarischen Debatte einfliessen lassen? Zweitens kann die Regierung feststellen, dass das Ziel eines Vorstosses erreicht oder dessen Erreichung nicht mehr nötig ist, und für diesen eine Abschreibung beantragen. Auch die Zielerreichung ist freilich Interpretationssache und dürfte von den Urheberinnen und Urhebern häufig anders ausgelegt werden als vom Bundesrat.
Der Bericht der PVK, der Anfang Mai 2019 vorgelegt wurde, versuchte sich dieser Fragen anzunehmen. Eine vom Institut für Politikwissenschaft der Universität Bern (Stadelmann-Steffen et al. 2019) durchgeführte Analyse sowie verschiedene Dokumentenanalysen, Interviews mit rund 40 Personen (Ratsmitgliedern, Angehörigen der Bundesverwaltung und der Parlamentsdienste) und vertiefte Fallanalysen durch die PVK bildeten die Basis für den Bericht. Er zeigte erstens auf, dass die Hälfte der überwiesenen Vorstösse innert zwei Jahren umgesetzt wird; eine Frist, die von der Mehrheit der 40 Befragten als angemessen bezeichnet wurde. Im Schnitt verstrichen zwischen Annahme und Abschreibung eines Vorstosses drei Jahre und vier Monate. Die Unterschiede in den Fristen sind laut Bericht aber nicht abhängig von politischen Faktoren (z.B. der Partei der Urheberin oder des Urhebers oder dem Grad an Unterstützung in den Räten), sondern von der variierenden Arbeitsbelastung in den Bundesämtern, welche die Vorstösse zu behandeln haben. Die inhaltliche Umsetzung wird vom Bericht zweitens als «nicht immer gänzlich angemessen» bezeichnet. Allerdings zeige die geringe Zahl der Fälle, bei denen das Parlament den Vorschlag des Bundesrates auf Abschreibung ablehne, dass die Parlamentsmitglieder grundsätzlich mit der Erfüllung zufrieden seien. Der Bericht kritisierte drittens die Berichterstattung zur Erfüllung der Vorstösse. Diese sei kompliziert und ineffizient, weil der Datenaustausch zwischen den beteiligten Akteuren (Parlamentsdienste, Bundeskanzlei, Generalsekretariate, zuständige Bundesämter und Übersetzungsdienste) nicht automatisiert sei und ein Spannungsfeld bei der Verantwortung für die Texte bestehe. Dies führe zudem viertens dazu, dass das Parlament mit Ausnahme des jährlichen Berichts des Bundesrates über Motionen und Postulate keine Instrumente zur Nachverfolgung der Erfüllung seiner Vorstösse habe. Eine kontinuierliche Nachverfolgung sei überhaupt nicht möglich, da die Informationen über die Umsetzung eines Vorstosses in verschiedenen Berichten, über mehrere Jahre verstreut und in der Geschäftsdatenbank gar nicht aufgeführt seien. Freilich – so hält der Bericht ebenfalls fest – hätten «die Parlamentarierinnen und Parlamentarier ein geringes politisches Interesse an der Nachverfolgung».

Analyse zur Erfüllung von angenommenen Motionen und Postulaten

Ranglisten haben etwas Eingängiges: Mit ihrer Hilfe lassen sich vermeintliche Unterschiede fest- und darstellen. So versuchen öfters auch die Medien Parlamentarierinnen und Parlamentarier einzuordnen und zu vergleichen. 2017 präsentierte die Sonntagszeitung ein Parlamentarierrating, mit welchem der Einfluss aller Parlamentsmitglieder gemessen werden sollte, und die NZZ wartete mit ihrem jährlichen Links-Rechts-Rating auf.
Der Einfluss wurde in der Sonntagszeitung anhand der Kommissionszugehörigkeit, der in den Räten vorgebrachten Voten, der Anzahl erfolgreicher politischer Vorstösse, der Ämter im Rat und in der Partei, der Medienpräsenz und dem ausserparlamentarischen Beziehungsnetz gemessen. Zwar wies die Zeitung nicht aus, wie sie diese Elemente miteinander verknüpfte und gewichtete, die Rangliste diente ihr aber als Grundlage für immerhin drei ganze Zeitungsseiten. Laut den Berechnungen war SP-Parteipräsident Christian Levrat (FR) in den Jahren 2015–2017 der einflussreichste Parlamentarier, gefolgt von Pirmin Bischof (svp, SO) und Gerhard Pfister (cvp, ZG). Die «Flop 15» – so die Sonntagszeitung – wurden angeführt von Géraldine Marchand-Balet (cvp, VS), Hermann Hess (fdp, TG) und David Zuberbühler (svp, AR). Die Rangierungen verleiteten die Zeitung zu weiteren Analysen: So sei der Einfluss der SVP und der FDP, gemessen am Anteil Fraktionsangehöriger unter den Top 50, verglichen mit dem Rating 2014 gestiegen und der Einfluss des Kantons Zürich gesunken. Mit einem Vergleich der Rangliste hinsichtlich Medienpräsenz und dem Gesamtrang konnte die Zeitung zudem «die grössten Blender» ausmachen. Zwar häufig in den Medien, aber sonst nur wenig einflussreich waren laut dieser Berechnung etwa Tim Guldimann (sp, ZH), Andreas Glarner (svp, AG) oder Benoît Genecand (fdp, GE). Einzelne Regionalzeitungen diskutierten in der Folge «ihre» kantonalen Vertreterinnen und Vertreter. Solche Ratings seien nicht entscheidend, aber es fühle sich immer gut an, wenn man vorne sei, beurteilte Christian Levrat die Auswertung.

Wichtigste Erkenntnis der von der NZZ präsentierten Links-Rechts-Positionierung, die seit 1999 jährlich auf der Basis von in den Räten durchgeführten Abstimmungen von der Forschungsstelle Sotomo durchgeführt wird – auch in der NZZ wurde die Methode zur Messung von Links und Rechts lediglich sehr kryptisch mit den Begriffen «D-Nominate» und «Alpha-Nominate» angedeutet und dem Hinweis versehen, dass diese Methode für den amerikanischen Kongress entwickelt worden seien und die ideologische Position der Abgeordneten messe –, war die zunehmende Fraktionsdisziplin. Der Druck, auf Fraktionslinie zu stimmen, habe dazu geführt, dass es kaum noch Überlappungen in der ideologischen Positionierung zwischen den einzelnen Parteien gebe. Vor allem die CVP – sie variiert auf der Gesamtskala von -10 (links) bis +10 (rechts) zwischen 0.2 (Gerhard Pfister) und -1.7 (Barbara Schmid-Federer, ZH) – sei wesentlich geschlossener als früher, als sie noch Fraktionsmitglieder gehabt habe, die sich am rechten Rand bei der Position von (linken) FDP- und SVP-Mitgliedern befunden und am linken Rand die «rechten Ausläufer der SP» berührt hätten. Die FDP-Mitglieder, die Positionen zwischen 0.3 (Christa Markwalder, BE) und 2.4 (Bruno Pezzatti, ZG) einnahmen, sowie die SVP-Mitglieder (Jean-Pierre Grin, VD: 6.1 bis Erich Hess, BE: 10.0) lagen ziemlich weit auseinander. Der Median des gesamten Nationalrats verlief genau zwischen der CVP und der FDP. Auf der Ratslinken gab es mehr ideologische Gemeinsamkeiten: Zwar war die SP insgesamt etwas linker als die Grünen – die Werte variierten bei den Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten zwischen -8.2 (Chantal Galladé, ZH) und -9.9 (Silvia Schenker, BS) und bei den Grünen zwischen -9.4 (Lisa Mazzone, GE) und -7.8 (Bastien Girod, ZH) –, aber die Durchmischung war wesentlich stärker als im Block der Bürgerlichen. Die grösste Geschlossenheit wies die GLP auf, bei der sich Kathrin Bertschy (BE) und Tiana Angelina Moser (ZH) mit einem Wert von -3.0 ideologisch nur marginal von Martin Bäumle (ZH, -2.7) entfernt positionierten. Die BDP wies mehr Varianz auf: Sowohl Rosmarie Quadranti (ZH, -1.6) als auch Hans Grunder (BE, -0.2) fanden sich ideologisch leicht links der Mitte. Interessant war, dass sich die Kleinstparteien am Rand ihrer Fraktionen ansiedelten. Sowohl die Lega und das MCG bei der SVP-Fraktion, als auch die EVP bei der CVP-Fraktion wiesen im Rating ideologische Differenzen zu ihrer Fraktion auf.
Im Ständerat waren zwar die verschiedenen Parteien ebenfalls voneinander getrennt, es kam aber zwischen CVP und FDP zu Überlappungen und die Gesamtvarianz der Positionen in der kleinen Kammer war geringer. Sie reichte von Liliane Maury Pasquier (sp, GE; -8.3) bis Peter Föhn (svp, SZ; 9.8), wobei sich Letzterer am rechten Rand ziemlich alleine auf weiter Flur befand, gefolgt von Werner Hösli (svp, GL; 7.6). Bei der FDP gesellten sich Fabio Abate (TI, -0.2) und vor allem Raphaël Comte (NE; -1.6) zum Lager der CVP, das von -2.4 (Anne Seydoux-Christe, JU) bis 0 (Isidor Baumann, UR) reichte. Am rechten Rand der FDP politisierte Philipp Müller (AG, 3.4) und lag damit nahe bei Thomas Minder (SH, 4.8), der als Parteiloser der SVP-Fraktion angehört. Von der SP sassen mit Pascale Bruderer (AG, -5.2) , Claude Janiak (BL, -5.5), Hans Stöckli (BE, -5.6) und Daniel Jositsch (ZH, -5.6) vier im Vergleich zum Nationalrat ziemlich gemässigte Genossinnen und Genossen in der kleinen Kammer.

Nationalratsrating

Ende Oktober 2016 legte die EFK eine Evaluation der prospektiven Folgeabschätzungen von Gesetzesentwürfen vor. Anlass für die Analyse war die krasse Fehleinschätzung des Bundesrates bei der Unternehmenssteuerreform II hinsichtlich der Steuerausfälle. Die Regierung war in ihrer Botschaft und in den Abstimmungsunterlagen – gegen die Vorlage wurde letztlich erfolglos das fakultative Referendum ergriffen – von kurzfristigen Steuerausfällen, aber längerfristigen Einnahmen ausgegangen. Seit 2011 war jedoch klar, dass die Steuerausfälle wesentlich grösser sind als ursprünglich geschätzt. Zudem hatte das Bundesgericht eine Abstimmungsbeschwerde wegen Verletzung der Abstimmungsfreiheit aufgrund lückenhafter Informationen zwar abgelehnt, war aber zum Schluss gelangt, dass in der Tat die vorgängige Information keine zuverlässige Meinungsbildung erlaubt habe und rügte entsprechend die Exekutive.
Die EFK wollte aufgrund dieses Falles die Genauigkeit der Abschätzungen der Folgen von Gesetzesvorlagen in den Botschaften des Bundesrates einer Prüfung unterziehen und analysierte deshalb rund 50 Botschaften. Die Schlussfolgerung der Evaluation barg einigen Sprengstoff. Rund ein Drittel der Botschaften erfüllten die Standards der EFK nicht, ein Fünftel genügte nicht einmal den Mindestanforderungen, beschrieben also etwa die Auswirkungen auf Umwelt, Gesellschaft oder Kantone nur ungenügend oder schätzten sie zu wenig gründlich. In mehr als der Hälfte der Botschaften fehle eine notwendige Folgenabschätzung sogar ganz.
Bei drei Botschaften wollte es die EFK noch genauer wissen: Bei der Revision des Bundesgesetzes über die technischen Handelshemmnisse, bei der steuerlichen Entlastung von Familien mit Kindern und bei der Reform der Luftfahrt seien die Prognosen nicht zuverlässig und die Überlegungen dazu alles andere als gründlich durchdacht gewesen. Die EFK forderte entsprechend wirksame Qualitätskontrollen bei Folgenabschätzungen. Vor allem müsse methodisch kohärenter vorgegangen, transparenter informiert und die für Gesetzesentwürfe zuständigen Personen in prospektiver Evaluation geschult werden.
Der Bundesrat begrüsste den Bericht, der dazu beitrage, die Qualität seiner Botschaften zu verbessern. Im Rahmen der Motion Vogler (csp, OW) und der Motion der FDP-Fraktion erarbeite das WBF zudem mögliche Vorschläge für eine verbesserte Regulierungsfolgenabschätzung (RFA).

Prognosen zu den Folgen von Gesetzesvorlagen

Ende 2014 legte Dorothee Liehr an der Universität Zürich ihre Dissertation mit dem Titel „Skandal und Nation: Politische Deutungskämpfe in der Schweiz 1988-1991“ vor. Unter anderem beschreibt die Historikerin auch den „Fall Elisabeth Kopp“. Mit Hilfe zahlreicher Medienquellen wird die „Geschichte des Absturzes der ersten Frau im Bundesrat“ nachgezeichnet. Liehr kritisiert die Medien, welche Elisabeth Kopp nicht als eigenständige Politikerin, sondern als Anhängsel ihres Mannes beschrieben hätten, dem zwielichtiges Verhalten unterstellt worden sei. In der minutiös aufgearbeiteten Deskription des „Skandals“ versucht Liehr die Bundesrätin zu rehabilitieren. Dass sie das Telefonat mit ihrem Mann, bei dem sie vertrauliche Informationen weitergegeben habe, zuerst geleugnet habe, sei zwar „problematisch“ gewesen, die mediale Kriminalisierung dieser Tat und die anschliessende Parlamentarische Untersuchungskommission seien aber nicht angemessen gewesen, was nicht zuletzt auch der Freispruch vor Bundesgericht gezeigt habe.

Dissertation zu Elisabeth Kopp

Im Berichtsjahr hat der Bundesrat 55 Sitzungen abgehalten (40 ordentliche, 9 ausserordentliche und 6 Klausuren), 2'482 Geschäfte behandelt und 97 Botschaften ans Parlament überwiesen.

Geschäfte im Jahr 2010 (durch den Bundesrat behandelt)
Dossier: Geschäftsstatistik der Bundesversammlung