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In der Wintersession 2022 gelangte die parlamentarische Initiative Molina (sp, ZH) betreffend die Verbesserung des Abwehrdispositivs gegen Potentatengelder ins Plenum des Nationalrats. Die Mehrheit der vorberatenden RK-NR beantragte, der Initiative keine Folge zu geben. Gemäss Kommissionssprecher Yves Nidegger (svp, GE) befürchtete sie einen Widerspruch der Forderung zur grundrechtlichen Eigentumsgarantie. Der Vorstoss schaffe zudem eine generelle Korruptionsvermutung gegenüber Personen, die aus einem Land stammten, welches unter Korruption leide oder dessen Rechtsstaat in den Augen der Schweiz ungenügend ausgebaut sei. Eine Minderheit Dandrès (sp, GE) beantragte, der Initiative Folge zu geben. Aufgrund ihrer Stellung im internationalen Finanzplatz sehe sich die Schweiz dem grossen Risiko ausgesetzt, zum sicheren Hafen für Gelder von Potentaten oder diktatorischen Regimen zu werden. Die präventive Blockierung von Gütern oder Vermögenswerten aus illegalem Handel oder Korruption reduziere dieses geopolitische Risiko, so Dandrès. Ausserhalb der sozialdemokratischen, der grünen und der grünliberalen Fraktionen überzeugten diese Argumente allerdings nicht; der Nationalrat gab der parlamentarischen Initiative mit 108 zu 81 Stimmen bei einer Enthaltung keine Folge.

Améliorer le dispositif de lutte contre les avoirs de potentats (In. Pa. 21.523)

Der Nationalrat befasste sich in der Wintersession 2022 mit fünf gleichlautenden parlamentarischen Initiativen mit dem Titel «Recht auf gesunde Umwelt und Rechte der Natur» von Vertreterinnen und Vertretern der Grünen-, der GLP-, der FDP.Liberalen-, der SP- sowie der Mitte-Fraktion. Marionna Schlatter (gp, ZH) und Jon Pult (sp, GR) erläuterten den Initiativtext und setzten sich dafür ein, dass in der Bundesverfassung ein Grundrecht auf eine gesunde Umwelt festgeschrieben wird. Zudem solle in der BV auch eine Grundlage dafür geschaffen werde, dass die Natur zumindest teilweise eine Rechtspersönlichkeit erhält. Nur dadurch könne der ungenügende Schutz der Natur justiziabel gemacht werden. Anschliessend empfahl Yves Nidegger (svp, GE) im Namen der Mehrheit der RK-NR, den fünf Initiativen keine Folge zu geben. Zum einen sei die Bestimmung des Rechts auf eine gesunde Umwelt zu unbestimmt, um dieses zu einem Verfassungsrecht zu erklären. Zum anderen sei die Forderung, die Natur zum Rechtssubjekt zu machen, in der Schweizer Rechtsordnung nicht vorgesehen, denn einem Rechtssubjekt stünden gemäss der hiesigen Rechtsordnung nicht nur Rechte zu, sondern oblägen auch gewisse Pflichten, die man der Natur nicht auferlegen könne. In der Abstimmung sprachen sich 87 Mitglieder des Nationalrates für Folgegeben aus, 101 votierten dagegen und 1 Person enthielt sich der Stimme. Gegen Folgegeben stimmten die geschlossen stimmende SVP-Fraktion sowie die fast geschlossen stimmenden Fraktionen der FDP.Liberalen und der Mitte. Die fünf parlamentarischen Initiativen sind damit erledigt.

Fünf gleichlautende parlamentarische Initiativen mit dem Titel "Recht auf gesunde Umwelt und Rechte der Natur"

Öffentliche Aufrufe zum Ungehorsam gegen militärische Befehle, zur Dienstverletzung, Dienstverweigerung oder zum Ausreissen sollen nicht mehr strafbar sein. Eine parlamentarische Initiative Zopfi (gp, GL) verlangte, dass Strafgesetzbuch und Militärstrafgesetz entsprechend angepasst werden. Seit der Einführung des Zivildienstes seien die genannten Straftatbestände nicht mehr relevant und schränkten die Meinungsäusserungsfreiheit unnötig ein, so die Begründung. Die RK-SR kam ebenfalls zum Schluss, dass die einschlägigen Artikel nicht mehr zeitgemäss seien, und gab der Initiative im Sommer 2022 einstimmig (bei zwei Enthaltungen) Folge.

Anpassung von Artikel 276 StGB und Artikel98 MStG an die heutige Realität zur Stärkung der Meinungsäusserungsfreiheit (Pa.Iv. 21.464)

Im Mai 2022 gab der Bundesrat bekannt, dass die Änderung des Bundesgerichtsgesetzes, mit der die Revision eines Bundesgerichtsentscheids auch nach einer gütlichen Einigung zwischen der Schweiz und dem EGMR möglich wird – bisher war dafür eine Verurteilung der Schweiz durch den EGMR Voraussetzung –, am 1. Juli 2022 in Kraft tritt.

EMRK, Strafregister, Restitutio in integrum. Bundesgerichtsgesetz anpassen (Pa.Iv. 16.461)
Dossier: Revision des Bundesgerichtsgesetzes

Nachdem das Anliegen im Rahmen der Revision der Strafprozessordnung diskutiert und verworfen worden war, zog die RK-NR ihre parlamentarische Initiative zur Verrechnung von Genugtuungsansprüchen mit den Gerichtskosten im Juni 2022 zurück.

Verrechnung der Gerichtskosten mit den Genugtuungsansprüchen aufgrund rechtswidriger Zwangsmassnahmen (Pa.Iv. 13.466)
Dossier: Revision der Strafprozessordnung (Umsetzung der Mo. 14.3383)

Im März 2021 reichten die Nationalrätinnen und Nationalräte Marionna Schlatter (Pa. Iv. 21.436; gp, ZH), Beat Flach (Pa. Iv. 21.437; glp, AG), Anna Giacometti (Pa. Iv. 21.438; fdp, GR), Nik Gugger (Pa. Iv. 21.439; evp, ZH) und Jon Pult (Pa. Iv. 21.440; sp, GR) fünf gleichlautende parlamentarische Initiativen mit dem Titel «Recht auf gesunde Umwelt und Rechte der Natur» ein. Sie forderten damit nicht weniger als die Revision der Bundesverfassung (BV), mit dem Ziel, das Recht des Menschen auf eine gesunde Umwelt als Grundrecht festzuhalten sowie der Natur zumindest partiell den Status eines Rechtsobjekts zu verleihen.
Die RK-NR befasste sich im Mai 2022 mit den fünf Initiativen. Eine Mehrheit der Kommission (14 zu 11 Stimmen) kam dabei zum Schluss, dass den Initiativen keine Folge zu geben sei. Die Mehrheit vertrat die Ansicht, dass die Begriffe «gesunde Umwelt» sowie «Natur» zu unpräzise seien, um sie als grundrechtlichen Anspruch respektive als Rechtssubjekt in der BV zu verankern. Eine Minderheit vertrat hingegen die Ansicht, dass die Initiativen die Chance bieten, um über Grundsatzfragen rund um den Schutz der Natur zu debattieren, und wollte ihnen daher Folge geben.

Fünf gleichlautende parlamentarische Initiativen mit dem Titel "Recht auf gesunde Umwelt und Rechte der Natur"

Mit einer parlamentarischen Initiative forderte Nationalrat Lukas Reimann (svp, SG) eine Anpassung der Staatshaftungsrechte. Konkret sollte der Artikel 146 BV, laut welchem der Bund für Schäden haftet, die er widerrechtlich verursacht hat, dahingehend ergänzt werden, dass der Bund auch für rechtmässig verursachte Schäden haften und bei einer unbegründeten, schweren Einschränkung der persönlichen Freiheit oder bei Enteignungen Schadenersatz leisten muss. Der Initiant verwies in seiner Begründung auf die Covid-19-Pandemie und argumentierte, dass im Notrecht die meisten staatlichen Handlungen rechtens seien und somit keine Staatshaftung bestehe. Die vorberatende RK-NR sprach sich mit 18 zu 7 Stimmen gegen die Initiative aus. Wie Kommissionssprecher Beat Flach (glp, AG) im Ratsplenum erklärte, war die Kommissionsmehrheit der Meinung, dass die bestehende Ausgestaltung der Staatshaftung ausreichend und angemessen sei. Bezogen auf die Covid-19-Pandemie führte Flach aus, dass Massnahmen wie Geschäftsschliessungen, die nach Reimanns Vorschlag unter die Staatshaftung fallen könnten, vom Parlament besprochen worden und somit rechtmässig und tragbar gewesen seien. Im Allgemeinen befürchtete die Kommissionsmehrheit, dass eine Ausweitung der Staatshaftung zu einer Flut von Klagen führen würde, was das Rechtssystem überfordern könnte. Im Fall von Enteignungen und Eigentumseinschränkungen bestehe bereits eine angemessene Entschädigung. Eine Minderheit Schwander (svp, SZ) unterstützte die Initiative mit der Begründung, dass mit der bestehenden Gesetzgebung die Staatshaftung zu wenig breit angelegt sei und dass die Hürden für die Einforderung der Staatshaftung zu hoch seien. Der Nationalrat lehnte die parlamentarische Initiative in der Frühjahrssession 2022 mit 135 zu 50 Stimmen ohne Enthaltung ab. Über die SVP-Fraktion hinaus fand sie keine Unterstützung.

Anpassung der Staatshaftungsrechte (Pa. Iv. 20.477)

Der Nationalrat stimmte in der Sommersession 2021 als Erstrat einstimmig der Anpassung des Bundesgerichtsgesetzes und weiterer Verfahrensgesetze zu, sodass auch gütliche Einigungen zwischen der Schweiz und der beschwerdeführenden Partei vor dem EGMR zu einer Revision des angefochtenen Bundesgerichtsurteils und einer sogenannten Restitutio in integrum führen können. Bisher war dies nur nach einer Verurteilung der Schweiz durch den EGMR möglich. In der darauffolgenden Herbstsession passierte der völlig unbestrittene Entwurf, der auf eine parlamentarische Initiative Nidegger (svp, GE) zurückging, auch den Zweitrat oppositionslos und wurde in den Schlussabstimmungen einstimmig angenommen.

EMRK, Strafregister, Restitutio in integrum. Bundesgerichtsgesetz anpassen (Pa.Iv. 16.461)
Dossier: Revision des Bundesgerichtsgesetzes

Nachdem der Nationalrat in der Sondersession vom Mai 2021 den Vorschlag der SPK-NR zur Änderung des Asylgesetzes (AsylG) unverändert angenommen hatte, befasste sich in der Herbstsession 2021 der Ständerat mit dem Geschäft. Die Anpassung hatte zum Ziel, dass das SEM zur Feststellung der Identität von Asylsuchenden künftig auch deren mobile Datenträger nutzen darf, falls die Identität nicht anders festgestellt werden kann. Als Sprecher der vorberatenden SPK-SR erläuterte Marco Chiesa (svp, TI), dass die Identität bei 70 bis 80 Prozent der Asylsuchenden in der Schweiz nicht mit Sicherheit festgestellt werden könne. Die Kommission anerkenne zwar das Recht auf Asyl, doch um die Fairness im Asylprozess zu bewahren, empfinde sie es als wichtig, durch die Identifizierung der betroffenen Person herauszufinden, ob Schutzbedarf bestehe oder nicht. Ausserdem habe ein Pilotprojekt des SEM vom November 2017 bis Mai 2018 den Nutzen dieser Massnahme bestätigt. Eine Minderheit um Hans Stöckli (sp, BE) wollte nicht auf die Vorlage eintreten. Gestützt auf Erfahrungen aus Deutschland bezweifelte der Berner die Wirksamkeit der Massnahme – wie es im Übrigen auch der EDÖB tue. Zudem sei es höchst problematisch, dass im Asylverfahren – im Gegensatz zum Strafverfahren – für die Einforderung der mobilen Datenträger keine richterliche Anordnung vorgesehen sei. Darüber hinaus könnte die Weigerung, das Handy abzugeben, den betroffenen Personen zu deren Nachteil als Missachtung der Mitwirkungspflicht ausgelegt werden. Abschliessend kritisierte Stöckli den seiner Ansicht nach mangelhaften Datenschutz. Justizministerin Karin Keller-Sutter äusserte sich bezüglich der Zweifel über die Wirksamkeit der Massnahme verständnisvoll, entgegnete aber, dass der Bundesrat dem Parlament aus diesem Grund drei Jahre nach Inkrafttreten einen Evaluationsbericht vorlegen müsse. Sie betonte überdies, dass die mobilen Datenträger den Asylsuchenden nicht zwangsweise abgenommen werden dürfen. In der Folge trat der Ständerat mit 28 zu 12 Stimmen auf die Vorlage ein und nahm sie in der Gesamtabstimmung unverändert mit 30 zu 12 Stimmen an.
In den Schlussabstimmungen nahm der Nationalrat den Entwurf mit 127 zu 68 Stimmen an. Der Ständerat hiess ihn mit 31 zu 12 Stimmen bei einer Enthaltung gut. Wie schon während der Beratungen sprachen sich die Grüne und die SP-Fraktion gegen die Gesetzesänderung aus. Am 20. Januar 2022 lief die Referendumsfrist ungenutzt aus.

Mitwirkungspflicht im Asylverfahren. Überprüfungsmöglichkeit bei Mobiltelefonen (Pa. Iv. 17.423)

Nachdem der Bundesrat im Januar 2021 den Entwurf der SPK-NR zur Änderung des Asylgesetzes (AsylG), gutgeheissen hatte, widmete sich der Nationalrat in der Sondersession 2021 als Erstrat dem Entwurf. Konkret schlug die SPK-NR vor, dem SEM das Recht zu erteilen, im Rahmen des Asyl- oder Wegweisungsverfahrens die mobilen Datenträger von Asylbewerbenden zu verwenden, deren Identität nicht anders festgestellt werden kann. Die Feststellung der Identität, der Staatsangehörigkeit und des Fluchtweges sei ein wichtiger Faktor für die Geschwindigkeit der Asylverfahren, insbesondere bei Personen, die keine Papiere mit sich tragen – was auf 70 bis 80 Prozent der Asylbewerbenden zutreffe. Die Möglichkeit zur Nutzung von Mobiltelefonen im Rahmen der Mitwirkungspflicht würde diesen Vorgang und somit das gesamte Verfahren beschleunigen, was wünschenswert sei, erklärte Marco Romano (mitte, TI) im Namen der Kommissionsmehrheit. Der zweite Kommissionssprecher, Damien Cottier (fdp, NE), erläuterte weiter, dass es das Ziel dieses Entwurfes sei, eine Brücke zu schlagen zwischen dem nötigen Zugang zu verlässlichen Informationen über die Identität der Antragstellenden und deren Privatsphäre. Letztere werde unter anderem dadurch sichergestellt, dass die Herausgabe der Datenträger nur als Ultima Ratio vorgesehen sei. Weiter solle die betroffene Person über die genauen Massnahmen und die Vorgehensweise informiert werden und in Begleitung eines Rechtsbeistandes bei der Auswertung persönlich anwesend sein. Ausserdem dürfe die Aushändigung nicht erzwungen werden und der Bundesrat solle nach drei Jahren eine Evaluation dieser Massnahmen vornehmen und einen entsprechenden Bericht veröffentlichen. Gregor Rutz (svp, ZH), auf dessen parlamentarische Initiative dieser Gesetzesentwurf zurückging, betonte im Namen der SVP-Fraktion, dass die Daten dabei helfen könnten, den Kampf gegen Schlepper-Netzwerke voranzubringen, und vielleicht sogar dabei, Kriegsverbrechen aufzudecken. Auch der Bundesrat sprach sich für die beantragte Gesetzesrevision aus, wobei er insbesondere die Regeln zur Wahrung der Verhältnismässigkeit und des Datenschutzes befürworte, wie Bundesrätin Karin Keller-Sutter ausführte.
Eine Minderheit um Balthasar Glättli (gp, ZH) wollte nicht auf die Vorlage eintreten, weil es das offensichtliche Ziel dieser Vorlage sei, dass Asylsuchende leichter abgewiesen und zurückgeführt werden können. Daten aus Deutschland zeigten, dass das Auswerten von mobilen Datenträgern fehleranfällig sei und oft nicht den gewünschten Effekt bringe. So habe nur in seltenen Fällen ein Widerspruch zu den Aussagen der betroffenen Personen aufgedeckt werden können. Für einen solch kleinen «materiellen Bonus» sei das Verfahren schlicht zu teuer und zu aufwendig, wie Glättli erklärte. Ada Marra (sp, VD) ergänzte, es sei höchst problematisch, dass mit dieser Gesetzesänderung den Asylsuchenden faktisch mehr Privatsphäre abgesprochen werde als Schwerverbrecherinnen und Schwerverbrechern; um die Daten der mobilen Datenträger in einem Strafverfahren durchsuchen zu dürfen, sei nämlich ein richterlicher Entscheid nötig, was hier nicht vorgesehen sei. Ähnlich schien es auch das UNHCR zu sehen, welcher sich in einer Stellungnahme kritisch zur vorgeschlagenen Gesetzesänderung geäussert hatte. Das Hochkommissariat hatte moniert, der starke Eingriff in die Privatsphäre der Schutzsuchenden, welche völkerrechtlich sowie durch die Bundesverfassung geschützt sei, werde zu wenig gut geregelt. Des Weiteren sei es – mit Blick auf die auch von Balthasar Glättli angesprochenen Evaluationen aus Deutschland – zu bezweifeln, dass die Massnahme wirklich das gewünschte Ziel erreiche. Gegen den Widerstand von Links-Grün trat der Nationalrat schliesslich mit 122 zu 65 Stimmen auf die Vorlage ein.
In der Detailberatung forderte Gregor Rutz, dass die mobilen Geräte bei Asylverfahren und Wegweisungsverfahren für fünf Tage zwangsweise entzogen werden dürfen, sollte eine betroffene Person diese nicht freiwillig abgeben. Rutz argumentierte, dieser Zwang könne auch präventiv wirken und die Gesuchstellenden dazu bewegen, von selbst aktiv mitzuwirken. Da dies lediglich die Klärung der Identität betreffe, gehe dieser Vorschlag zu weit, fand jedoch Kurt Fluri (fdp, SO), insbesondere da bereits die Verweigerung per se in den Asylentscheid mit einfliessen werde. Céline Widmer (sp, ZH) fügte an, dass auch der EDÖB klar vermerkt habe, dass die Durchsuchung der Daten nie unter Zwang geschehen dürfe. Und auch der Bundesrat habe in seiner Stellungnahme deutlich gemacht, dass ein Zwang die Verhältnismässigkeit verletzen würde, die nötig ist, um ein Grundrecht einzuschränken, führte Damien Cottier weiter aus. In der Folge lehnte der Nationalrat diese Forderung mit 117 zu 70 Stimmen bei einer Enthaltung ab, wobei sich neben der geschlossenen SVP-Fraktion auch die Hälfte der Mitte-Fraktion sowie einzelne Stimmen aus der FDP.Liberalen-Fraktion dafür aussprachen. Auf der anderen Seite versuchte Ada Marra ebenso erfolglos, die Regelung, dass Mobiltelefone beim Asylverfahren oder bei Rückweisungen genutzt werden dürfen, ganz zu streichen. Unterstützung erhielt sie aus der eigenen sowie der Grünen Fraktion. Ihre beiden Einzelanträge wurden somit mit 121 zu 65 Stimmen bei einer Enthaltung abgelehnt.
In einem zweiten Block wurde in insgesamt fünf Anträgen geklärt, welche Daten erhoben, wie lange sie gespeichert und wie sie verarbeitet werden dürfen. Auch hier lehnte der Nationalrat alle Minderheiten und Einzelanträge ab und stimmte somit dem Entwurf der SPK-NR unverändert zu. Gregor Rutz forderte etwa zum einen, dass die Notwendigkeit und die Verhältnismässigkeit des Verfahrens nicht in jedem Einzelfall neu geprüft werden müssen, und zum anderen, dass die betroffene Person nicht über das Verfahren aufgeklärt werden muss. Das Verfahren solle laut Rutz nicht zuletzt im Sinne der Betroffenen «fair, korrekt, aber auch effizient» sein, weshalb diese zeitintensiven Bedingungen zu streichen seien. Ausserhalb der Fraktionen der SVP und der Mitte erhielten die Anträge von Rutz allerdings keine Zustimmung. Es sei wichtig, dass die Menschen verstünden, worum es gehe und was mit ihren Daten passiere, verteidigte Kommissionssprecher Cottier die Auflagen. Céline Widmer (sp, ZH) übernahm zudem zwei Minderheitsanträge von Angelo Barrile (sp, ZH) für eine Verstärkung des Datenschutzes, die allerdings ebenfalls ausschliesslich von Mitgliedern der SP-, der Grünen- und der Grünliberalen-Fraktion unterstützt wurden und somit mit 111 zu 79 Stimmen abgelehnt wurden.
In der Gesamtabstimmung nahm der Nationalrat den Entwurf der SPK-NR mit 123 zu 65 Stimmen gegen den Willen der SP- und der Grünen-Fraktion sowie einem Mitglied der Grünliberalen an. Damit ging das Geschäft weiter an den Ständerat.

Mitwirkungspflicht im Asylverfahren. Überprüfungsmöglichkeit bei Mobiltelefonen (Pa. Iv. 17.423)

Nachdem die eidgenössischen Räte die Revision des Bundesgerichtsgesetzes, im Zuge deren auch die parlamentarische Initiative Nidegger (svp, GE) zur Restitutio in integrum umgesetzt worden wäre, in der Frühjahrssession 2020 versenkt hatten, nahm sich die RK-NR dem Anliegen wieder an und präsentierte im Februar 2021 einen eigenen Entwurf zur Umsetzung der parlamentarischen Initiative. Sie übernahm die nötige Anpassung am Bundesgerichtsgesetz aus der gescheiterten Vorlage, wo diese unbestritten gewesen war. Damit sollen ein EMRK-widriges Bundesgerichtsurteil in Zukunft auch dann revidiert und ein darauf gestützter Strafregistereintrag gelöscht werden können, wenn das Verfahren vor dem EGMR nicht mit einer Verurteilung der Schweiz, sondern mit einer gütlichen Einigung endet. Der Bundesrat unterstützte das Vorgehen der Kommission und beantragte den Räten die Zustimmung zum Entwurf.

EMRK, Strafregister, Restitutio in integrum. Bundesgerichtsgesetz anpassen (Pa.Iv. 16.461)
Dossier: Revision des Bundesgerichtsgesetzes

Im Januar 2021 nahm der Bundesrat Stellung zur Vorlage der SPK-NR zur Änderung des Asylgesetzes. In Erfüllung einer parlamentarischen Initiative Rutz (svp, ZH) sollte die Möglichkeit geschaffen werden, zur Überprüfung der Identität von Asylsuchenden deren mobile Geräte beizuziehen. Der Bundesrat machte deutlich, dass die Überprüfung elektronischer Datenträger ein «schwerwiegende[r] Eingriff in das Grundrecht auf Schutz der Privatsphäre nach Artikel 13 der Bundesverfassung» darstelle. Seiner Ansicht nach wahre die Vorlage jedoch das Verhältnismässigkeitsprinzip und beachte den Datenschutz. Ebenfalls begrüsste der Bundesrat, dass die Vorlage eine Informationspflicht vorsah und «dass die betroffenen Personen vor der Anordnung der vorgeschlagenen Massnahme von sich aus Angaben zur Identität, zur Nationalität und zum Reiseweg machen können». Deutlich lehnte der Bundesrat eine zwangsweise Abnahme der Datenträger ab und begrüsste darüber hinaus, dass die Anwesenheit der betroffenen Person während der Überprüfung im Grunde vorgesehen sei. Er hielt auch fest, dass zum gegebenen Zeitpunkt nicht abschliessend beurteilt werden könne, ob die Massnahme wirksam oder zweckmässig sei, weswegen er die vorgesehene Pflicht zur Evaluation der Massnahme drei Jahre nach Inkrafttreten unterstütze. Somit beantragte er Eintreten und Zustimmung gemäss der Mehrheit der SPK-NR.

Mitwirkungspflicht im Asylverfahren. Überprüfungsmöglichkeit bei Mobiltelefonen (Pa. Iv. 17.423)

Die im Frühjahr 2020 durchgeführte Vernehmlassung zur Änderung des Asylgesetzes – angestossen durch eine parlamentarische Initiative Rutz (svp, ZH) – ergab, dass die Mehrheit der Stellungnehmenden die Möglichkeit begrüssten, zur Identitätsüberprüfung von Asylsuchenden deren mobile Geräte zu nutzen. 24 von 25 stellungnehmenden Kantonen – alle mit Ausnahme des Kantons Neuenburg – sowie die Parteien der CVP, FDP und SVP stimmten diesem Vorhaben im Grundsatz zu, da sie sich davon eine effiziente Methode zur Identifizierung von Personen erhofften, für die keine Identitätsdokumente vorliegen würden. Opposition erfuhr der Entwurf von den linken Parteien und von den meisten stellungnehmenden interessierten Kreisen. Diese erachteten die Massnahme als unverhältnismässigen Eingriff in die persönlichen Grundrechte, vermissten eine gesetzliche Grundlage und bezweifelten darüber hinaus die postulierte Effizienz eines solchen Vorgehens. Nicht zuletzt brachten sie datenschutzrechtliche Bedenken vor. Fünf Kantone und die SVP setzten sich auf der anderen Seite für die Möglichkeit einer zwangsweisen Abnahme der elektronischen Datenträger ein. Der Entwurf der Kommission sah eine Mitwirkungspflicht, aber keinen Zwang vor. Einige stellungnehmende Akteure, darunter auch der EDÖB, machten deutlich, dass sie die Grundrechtskonformität im Falle eines Zwanges nicht mehr gegeben sähen. Der EDÖB forderte etwa auch die Schaffung einer Gesetzesgrundlage für die Bearbeitung personenbezogener Daten von Drittpersonen, da diese auch von den zur Identitätserkennung unternommenen Auswertungen betroffen sein könnten.
Die zuständige SPK-NR übernahm gewisse Empfehlungen aus der Vernehmlassung, insbesondere datenschutzrechtliche Belange, und verabschiedete im Oktober 2020 mit 13 zu 8 Stimmen bei 2 Enthaltungen die Vorlage an den Bundesrat.

Mitwirkungspflicht im Asylverfahren. Überprüfungsmöglichkeit bei Mobiltelefonen (Pa. Iv. 17.423)

Aufgrund des coronabedingten Abbruchs der Frühjahrssession 2020 standen die Schlussabstimmungen zur Änderung des Bundesgesetzes über die Aufarbeitung der fürsorgerischen Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen vor 1981 in Umsetzung einer parlamentarischen Initiative Comte (fdp, NE) erst in der Sommersession desselben Jahres auf der Tagesordnung der eidgenössischen Räte. Konkret wurde mit der Gesetzesänderung die Frist zur Einreichung der Gesuche um Solidaritätsbeiträge gestrichen. Der Entwurf wurde vom Ständerat einstimmig bei einer Enthaltung (Philippe Bauer; fdp, NE) und vom Nationalrat mit einer Gegenstimme (Erich Hess; svp, BE) angenommen.

Fristverlängerung für Opfer fürsorgerischer Zwangsmassnahmen (Pa.Iv. 19.471)
Dossier: Wiedergutmachung für Opfer von fürsorgerischen Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen

Nachdem der parlamentarischen Initiative Comte (fdp, NE) zur Fristverlängerung für die Gesuche um einen Solidaritätsbeitrag für die Opfer fürsorgerischer Zwangsmassnahmen und von Fremdplatzierungen vor 1981 von beiden Kommissionen Folge gegeben worden war, erarbeitete die RK-SR die entsprechende Gesetzesänderung. Im Gegensatz zur Anregung der Initiative sah sie jedoch keine Verlängerung, sondern die Streichung der Frist vor. Viele der Betroffenen müssten sich, um ein Gesuch einreichen zu können, der schwierigen Vergangenheit stellen und eine festgesetzte Frist lasse nicht allen genügend Zeit, die entsprechende Entscheidung zu treffen, begründete die RK-SR diesen Schritt. Um eine rechtsungleiche Behandlung der Personen, die ihr Gesuch später einreichen werden, gegenüber jenen, die die Auszahlung von CHF 25'000 bereits erhalten haben, zu vermeiden, müssten zudem alle auszubezahlenden Solidaritätsbeiträge CHF 25'000 betragen. Die Summe von CHF 25'000 sollte daher nicht mehr als Höchstbetrag, sondern als fixer Betrag im Gesetz festgeschrieben werden, auf dessen Auszahlung bei Erfüllung der gesetzlichen Kriterien auch ein Rechtsanspruch besteht.
Der Bundesrat befürwortete in seiner Stellungnahme das Vorhaben der Kommission, merkte aber an, dass der ursprünglich im Gesetz festgelegte Zahlungsrahmen von CHF 300 Mio. nicht mehr das richtige Finanzierungsinstrument darstelle, wenn der Bund sich verpflichte, bei Gutheissung eines Gesuchs in jedem Fall CHF 25'000 auszubezahlen. Die benötigten Mittel müssten nach Auslaufen des Zahlungsrahmens im Budgetprozess bewilligt werden. Er beantragte deshalb die Streichung des Zahlungsrahmens aus dem Gesetz.
In der Frühjahrssession 2020 nahmen sowohl der Ständerat (einstimmig bei einer Enthaltung) als auch der Nationalrat (mit 189 zu 4 Stimmen bei einer Enthaltung) in der Gesamtabstimmung den Entwurf der RK-SR mit der vom Bundesrat beantragten Änderung an. Im Nationalrat blieb ein Minderheitsantrag Geissbühler (svp, BE), der die Frist anstatt aufzuheben bis Ende 2022 verlängern wollte, ausserhalb der SVP-Fraktion ohne Unterstützung.
Die Schlussabstimmungen konnten aufgrund des Corona-bedingten Abbruchs der Session nicht mehr im Frühling 2020 durchgeführt werden.

Fristverlängerung für Opfer fürsorgerischer Zwangsmassnahmen (Pa.Iv. 19.471)
Dossier: Wiedergutmachung für Opfer von fürsorgerischen Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen

Das Anliegen der parlamentarischen Initiative Nidegger (svp, GE), das Bundesgerichtsgesetz dahingehend anzupassen, dass eine Restitutio in integrum auch bei einer gütlichen Einigung zwischen der Schweiz und dem EGMR – d.h. wenn die Schweiz vor dem Gerichtshof anerkennt, dass sie eine Menschenrechtsverletzung begangen hat und dieser im Gegenzug auf eine Verurteilung der Schweiz verzichtet – ermöglicht wird, war in den Entwurf zum revidierten Bundesgerichtsgesetz aufgenommen und vom Erstrat im Frühling 2019 gutgeheissen worden. Allerdings war der Zweitrat im Dezember 2019 nicht auf die Vorlage eingetreten, weshalb sich die Umsetzung der parlamentarischen Initiative verzögerte. Der Nationalrat verlängerte deren Behandlungsfrist im Frühling 2020 daher um zwei Jahre.

EMRK, Strafregister, Restitutio in integrum. Bundesgerichtsgesetz anpassen (Pa.Iv. 16.461)
Dossier: Revision des Bundesgerichtsgesetzes

In der Fragestunde vom 18. März 2019 bemerkte Nationalrätin Ursula Schneider Schüttel (sp, FR), dass die Auszahlung des Solidaritätsbeitrages an Betroffene der fürsorgerischen Zwangsmassnahmen zur Kürzung von deren Ergänzungsleistungen (EL) führen kann. In seiner Antwort auf die entsprechende Frage Schneider Schüttels erklärte der Bundesrat, der Solidaritätsbeitrag sei gemäss geltendem Recht bei der Berechnung der Ergänzungsleistungen zwar nicht als Einnahme, aber als Vermögensbestandteil anzurechnen. Dass ehemalige Verdingkinder und Administrativversorgte aufgrund der Solidaritätszahlung Einbussen bei den Ergänzungsleistungen hinnehmen müssten, dürfe aber nicht sein; zur Behebung dieses Missstandes sei eine Gesetzesänderung notwendig.
Ende August rückte ein Beitrag der SRF-Sendung «Kassensturz» über eine betroffene Frau, deren Ergänzungsleistungen aufgrund des Solidaritätsbeitrags gekürzt worden waren, die Diskussion ins Licht der Öffentlichkeit. Daraufhin reichten die Rechtskommissionen beider Räte zwei gleichlautende Motionen ein mit der Forderung, die Genugtuung für ehemalige Verdingkinder sei ohne Anrechnung an die Ergänzungsleistungen auszubezahlen (Mo. 19.3971 und Mo. 19.3973). Zeitgleich nahm sich auch die SGK-SR des Problems an und beschloss einstimmig, eine entsprechende parlamentarische Initiative auszuarbeiten. Sie hoffte, auf dem Weg der parlamentarischen Initiative schneller zur angestrebten Gesetzesänderung zu gelangen als via Motion. Ihre Schwesterkommission stimmte der Initiative denn auch kurz darauf zu, sodass die SGK-SR noch im Oktober einstimmig einen Erlassentwurf verabschieden konnte. Dieser sah vor, dass Solidaritätsbeiträge künftig bei der Berechnung der Ergänzungsleistungen nicht mehr als Vermögen oder Vermögenserträge gewertet werden und dass bereits erfolgte EL-Kürzungen aufgehoben und den Betroffenen zurückerstattet werden. In seiner Stellungnahme räumte der Bundesrat ein, dass die in den bekannten Fällen angewandte Ausnahmeregel «in einem gewissen Widerspruch zum Grundsatz, wonach der Solidaritätsbeitrag nicht zur Reduktion von Sozial- und Ergänzungsleistungen führen soll», stehe. Er versicherte dem Kommissionsentwurf deshalb seine Unterstützung. Unverändert passierte die Vorlage in der Wintersession 2019 beide eidgenössischen Räte oppositionslos und wurde in den Schlussabstimmungen jeweils einstimmig angenommen. Zusätzlich hiessen die Räte auch die Motionen ihrer jeweiligen Rechtskommissionen mit demselben Anliegen gut.

Gerechtigkeit für Verdingkinder: Gewährleistung der Ergänzungsleistungen (Mo. 19.3971 und 19.3973, Pa.Iv. 19.476)
Dossier: Wiedergutmachung für Opfer von fürsorgerischen Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen

Die Rechtskommissionen beider Räte gaben im Herbst 2019 einer parlamentarischen Initiative Comte (fdp, NE) Folge, mit der den Opfern fürsorgerischer Zwangsmassnahmen eine Fristverlängerung für die Einreichung der Gesuche um einen Solidaritätsbeitrag gewährt werden sollte. Nach Kenntnisnahme des Schlussberichts der Unabhängigen Expertenkommission Administrative Versorgungen entschlossen sich beide Kommissionen dazu, deren Empfehlung nachzukommen, die einjährige Frist zur Einreichung der Gesuche abzuschaffen. Den betroffenen Personen falle es oftmals schwer, gegenüber den Behörden mit Forderungen aufzutreten, argumentierte der Initiant, und deshalb wäre eine Fristerstreckung «ein Akt der Menschlichkeit», sodass auch Personen entschädigt werden könnten, denen es durch das erlittene Leid unmöglich war, sich an die vorgegebene Frist zu halten.

Fristverlängerung für Opfer fürsorgerischer Zwangsmassnahmen (Pa.Iv. 19.471)
Dossier: Wiedergutmachung für Opfer von fürsorgerischen Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen

Nachdem sich die SPK-NR dagegen ausgesprochen hatte, der parlamentarischen Initiative von Cédric Wermuth (sp, AG) für mehr Klarheit bei Volksabstimmungen Folge zu geben, wäre eigentlich der Nationalrat in der Sommersession 2019 mit der Vorprüfung der Initiative an der Reihe gewesen. Dazu kam es allerdings nicht, weil der Aargauer Volksvertreter seinen Vorstoss zurückzog.

Mehr Klarheit bei Volksabstimmungen

Mehr Klarheit bei Volksabstimmungen, die bei einer Annahme internationales Recht brechen würden, erhoffte sich Cédric Wermuth (sp, AG) dank seiner parlamentarischen Initiative. Viele Volksbegehren seien – bewusst oder unbewusst – hinsichtlich ihrer Umsetzung unpräzise formuliert; insbesondere bleibe häufig unklar, was geschehen soll, wenn ein angenommenes Begehren gegen Völkerrecht oder internationale Vereinbarungen verstosse. Der Aargauer Sozialdemokrat schlug mit seinem Begehren deshalb vor, dass derart unklare Volksinitiativen im Falle einer Annahme erst umgesetzt würden, wenn die entsprechenden internationalen Vereinbarungen gekündigt sind. Bedingung dafür sei aber, dass die Initiantinnen und Initianten neben ihrem Begehren auch explizit die Kündigung der entsprechenden Verträge forderten. In den Fällen, in denen eine Kündigung im Initiativtext unerwähnt bliebe, gar nicht möglich sei oder sogar zwingendes Völkerrecht gebrochen werden müsste, seien die Begehren lediglich teilweise im Rahmen bestehenden internationalen Rechts umzusetzen.
Die SPK-NR sprach sich mit 16 zu 7 Stimmen gegen Folgegeben aus. Es sei den Initiativkomitees nicht zuzumuten, abzuschätzen, welche internationalen Verträge mit einem Begehren tangiert würden. Dies sei nicht immer eine rein juristische Frage, sondern häufig auch eine politische. Es müsse möglich bleiben, Verträge nach Annahme von Volksinitiativen neu zu verhandeln, ohne dass vorher klar gewesen sei, dass dies nötig sein könnte. Eine Kommissionsminderheit betonte allerdings, dass Klarheit für die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger geschaffen werden müsse, wofür das Begehren einen guten Vorschlag darstelle.

Mehr Klarheit bei Volksabstimmungen

Bei einer Verletzung der EMRK muss der verurteilte Staat den Zustand für das Opfer so wiederherstellen, wie wenn keine Verletzung begangen worden wäre (sog. Restitutio in integrum). In der Schweiz wird dazu das vom EGMR erfolgreich angefochtene Bundesgerichtsurteil revidiert und – falls das Opfer zu Unrecht strafrechtlich verurteilt wurde – die betroffene Person freigesprochen und der zu Unrecht erstellte Strafregistereintrag gelöscht. Falls die Schweiz jedoch die Verletzung der EMRK von sich aus anerkennt und sich für eine Entschädigung des Opfers einsetzt, kann die Beschwerde vor dem EGMR zurückgezogen und so eine Verurteilung der Schweiz verhindert werden. In diesem Fall bietet das geltende Recht jedoch keine Möglichkeit, den unrechtmässig erstellten Strafregistereintrag vor Ablauf der gesetzlichen Frist zu löschen, da das Bundesgerichtsgesetz den dazu nötigen Freispruch nur bei einer Verurteilung durch den EGMR zulässt. Um ihren unrechtmässigen Strafregistereintrag löschen zu lassen, muss die betroffene Person folglich den Prozess vor dem EGMR bis zur Verurteilung der Schweiz fortsetzen, auch wenn beide Parteien auf diese verzichten könnten. Um diese Lücke im Bundesgerichtsgesetz zu schliessen, gaben die Rechtskommissionen beider Räte im November 2017 bzw. im April 2018 einer entsprechenden parlamentarischen Initiative Nidegger (svp, GE) einstimmig Folge.

EMRK, Strafregister, Restitutio in integrum. Bundesgerichtsgesetz anpassen (Pa.Iv. 16.461)
Dossier: Revision des Bundesgerichtsgesetzes

Mit einer parlamentarischen Initiative, eingereicht im März 2016, forderte Nationalrat Yves Nidegger (svp, GE), die Anpassung von Art. 261bis StGB, der unter anderem die Leugnung von Völkermord unter Strafe stellt. Die Nennung von Völkermord solle entweder gestrichen oder durch den Zusatz «Völkermord, der von einem zuständigen internationalen Gerichtshof anerkennt ist» präzisiert werden. Nidegger begründete seine Forderung mit dem Fall Perinçek, in dem der EGMR die Schweiz im Zusammenhang mit Art. 261bis StGB wegen Verletzung der Meinungsfreiheit verurteilt hatte. Mit der vorgeschlagenen Anpassung sollen nicht mehr die Schweizer Gerichte entscheiden müssen, was als Völkermord gilt.
Die RK-NR gab der Initiative im Mai 2017 Folge. Einige Monate später sprach sich allerdings die RK-SR einstimmig gegen den Beschluss ihrer Schwesterkommission aus, weil sie befand, der EGMR sei in seinem Urteil nicht zum Schluss gekommen, dass die Kriminalisierung der Völkermordleugnung in Art. 261bis StGB als solche ein Problem darstelle, sondern dass die Bestimmung im konkreten Fall vom Bundesgericht falsch angewendet worden sei. Die RK-SR wollte den Artikel deshalb nicht grundsätzlich infrage stellen. Infolgedessen lenkte die Mehrheit der RK-NR auf die Position der ständerätlichen Kommission ein und beantragte ihrem Rat nun mit 15 zu 8 Stimmen, der Initiative keine Folge zu geben. Der Nationalrat folgte in der Frühjahrssession 2018 seiner Kommissionsmehrheit und verwarf die Initiative mit 123 zu 67 Stimmen. Zu den Befürworterinnen und Befürwortern aus der SVP-Fraktion hatten sich nur gerade zwei Freisinnige gesellt.

Fall Perinçek gegen die Schweiz. Artikel 261bis StGB soll mit den Menschenrechten vereinbar sein (Pa.Iv. 16.421)

Da mit der Verbesserung der informationellen Selbstbestimmung das zentrale Anliegen der beiden parlamentarischen Initiativen Vischer (gp, ZH; Pa.Iv. 14.413) und Derder (fdp, VD; Pa.Iv. 14.434) voraussichtlich im Zuge der Totalrevision des Datenschutzgesetzes umgesetzt werden soll, verzichtete die zuständige SPK-NR vorerst auf eine eigene gesetzgeberische Tätigkeit. Sie wollte zuerst die Botschaft des Bundesrates zum Datenschutzgesetz abwarten. Im August 2017 musste die Kommission nun entscheiden, was mit den zwei Jahre zuvor gutgeheissenen Vorstössen geschehen soll. Die mit Stichentscheid des Präsidenten Heinz Brand (svp, GR) äusserst knapp zustande gekommene Kommissionsmehrheit plädierte für eine zweijährige Fristverlängerung bei beiden Vorstössen. Die SPK-NR werde als zuständige Kommission für Datenschutz auch das Datenschutzgesetz vorberaten und damit die Möglichkeit haben, allenfalls nicht berücksichtigte Forderungen der Initiativen als Anträge einzubringen. Danach könnten die beiden Initiativen abgeschrieben werden. Anstelle der Fristverlängerung beantragte die Kommissionsminderheit die Abschreibung der beiden Vorstösse, da Art. 13 BV (Schutz der Privatsphäre) bereits den Schutz der persönlichen Daten umfasse, womit die Initiativen obsolet seien. Diese Argumentation von Minderheitssprecher Philippe Nantermod (fdp, VS) überzeugte in der Herbstsession 2017 auch die Mehrheit im Nationalrat: Mit 118 zu 76 Stimmen sprach sich die grosse Kammer für Abschreiben der beiden parlamentarischen Initiativen aus.

Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung (Pa.Iv. 14.413) / Schutz der digitalen Identität von Bürgerinnen und Bürgern (Pa.Iv. 14.434)
Dossier: 2. Revision des Bundesgesetzes über den Datenschutz (DSG)

Mit 121 zu 59 Stimmen lehnte der Nationalrat in der Frühjahrssession 2017 eine parlamentarische Initiative Tornare (sp, GE) ab, die bei Rassendiskriminierung, Antisemitismus und Homophobie ein Beschwerderecht für Minderheitenschutzorganisationen forderte. Der Gedanke hinter dem Vorstoss war, dass Opfer von Diskriminierung im Sinne von Art. 261bis StGB oft nicht selbst tätig werden können, sei es aus Angst, aufgrund Unkenntnis ihrer Rechte oder fehlender juristischer Unterstützung. Hier sollen Organisationen, die sich beispielsweise für die Bekämpfung von Rassismus oder Homophobie einsetzen, mit dem nötigen juristischen Sachverstand und der nötigen Erfahrung anstelle des Opfers Beschwerde führen können. Wie die Kommissionsmehrheit erachtete der Nationalrat die Einführung eines solchen Verbandsbeschwerderechts als nicht zweckmässig, da es das Strafverfahren unnötig verkompliziere. Rassendiskriminierung müsse als Offizialdelikt von den Behörden bei Kenntnis ohnehin von Amtes wegen verfolgt werden und das Recht, Anzeige zu erstatten, stehe den betreffenden Organisationen bereits heute zu.

Pa.Iv. Tornare: Bekämpfung von Rassendiskriminierung, Antisemitismus und Homophobie. Beschwerderecht für Minderheitenschutzorganisationen

Im Gegensatz zum Nationalrat, der das Anliegen Walter Wobmanns (svp, SO) im vergangenen Herbst denkbar knapp befürwortet hatte, wollte der Ständerat die Verhüllung des eigenen Gesichts nicht verbieten und versenkte die parlamentarische Initiative mit 26 zu 9 Stimmen bei 4 Enthaltungen klar. Zum einen erachte man eine solche Regelung als unnötig, wenn nicht gar schädlich für den Tourismus, zum anderen wolle man nicht doppelgleisig neben der Volksinitiative „Ja zum Verhüllungsverbot“ fahren.

Parlamentarische Initiative für ein Verhüllungsverbot (Pa.Iv. 14.467)
Dossier: Nationales Burkaverbot