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Jahresrückblick 2022: Institutionen und Volksrechte

Spätestens seit dem Rücktritt von Ueli Maurer als Bundesrat Ende September dominierte die Suche nach seiner Nachfolgerin oder seinem Nachfolger den Themenbereich «Institutionen und Volksrechte» (vgl. Abbildung 1 der APS-Zeitungsanalyse). Mit dem Rücktritt von Simonetta Sommaruga Ende November standen im Dezember 2022 gleich zwei Bundesratsersatzwahlen an. Maurer hatte seinen Rücktritt mit dem Wunsch begründet, noch einmal etwas Neues machen zu wollen, und Simonetta Sommaruga hatte sich entschieden, in Folge eines Schlaganfalles ihres Mannes ihr Leben neu auszurichten. Wie bei Bundesratsersatzwahlen üblich, überboten sich die Medien mit Spekulationen, Expertisen, Interpretationen und Prognosen. Bei der SVP galt die Kandidatur von Hans-Ueli Vogt (svp, ZH), der sich 2021 aus der Politik zurückgezogen hatte, als Überraschung. Dennoch zog ihn die SVP-Fraktion anderen Kandidatinnen und Kandidaten vor und nominierte ihn neben dem Favoriten Albert Rösti (svp, BE) als offiziellen Kandidaten. Bei der SP sorgte der sehr rasch nach der Rücktrittsrede von Simonetta Sommaruga verkündete Entscheid der Parteileitung, mit einem reinen Frauenticket antreten zu wollen, für Diskussionen. Die medialen Wogen gingen hoch, als Daniel Jositsch (ZH) dies als «Diskriminierung» bezeichnete und seine eigene Bundesratskandidatur verkündete. Die SP-Fraktion entschied sich in der Folge mit Elisabeth Baume-Schneider (sp, JU) und Eva Herzog (sp, BS) für zwei Kandidatinnen. Zum Nachfolger von Ueli Maurer wurde bereits im 1. Wahlgang Albert Rösti mit 131 von 243 gültigen Stimmen gewählt. Hans-Ueli Vogt hatte 98 Stimmen erhalten (Diverse: 14). Für die SP zog Elisabeth Baume-Schneider neu in die Regierung ein. Sie setzte sich im dritten Wahlgang mit 123 von 245 gültigen Stimmen gegen Eva Herzog mit 116 Stimmen durch. Daniel Jositsch hatte in allen drei Wahlgängen jeweils Stimmen erhalten – deren 6 noch im letzten Umgang. Die Wahl der ersten Bundesrätin aus dem Kanton Jura wurde von zahlreichen Beobachterinnen und Beobachtern nicht nur als Überraschung gewertet, sondern gar als Gefahr für das «Gleichgewicht» der Landesregierung kommentiert (Tages-Anzeiger). Die rurale Schweiz sei nun in der Exekutive übervertreten, wurde in zahlreichen Medien kritisiert.

Der Bundesrat stand aber nicht nur bei den Wahlen im Zentrum des Interesses. Diskutiert wurde auch über Vor- und Nachteile einer Erhöhung der Zahl der Regierungsmitglieder, wie sie eine parlamentarische Initiative Pa.Iv. 19.503 forderte – es war bereits der sechste entsprechende Vorstoss in den letzten 30 Jahren. Die Begründungen hinter den jeweiligen Anläufen variieren zwar über die Zeit – der neueste Vorstoss wollte «die Konkordanz stärken», also mehr Spielraum für parteipolitische aber auch für gendergerechte Vertretung schaffen – die Projekte nahmen bisher aber stets denselben Verlauf: Auch in diesem Jahr bevorzugte das Parlament den Status quo.
Verbessert werden sollte hingegen die Krisenorganisation des Bundesrates. Dazu überwiesen beide Kammern gleichlautende Motionen und Postulate der GPK beider Räte, die Rechtsgrundlagen für einen Fach-Krisenstab sowie eine Gesamtbilanz der Krisenorganisation des Bundes anhand der Lehren aus der Corona-Pandemie verlangten.

Auch das Parlament sollte als Lehre aus der Pandemie krisenresistenter gemacht werden. Aus verschiedenen, von Parlamentsmitgliedern eingereichten Ideen hatte die SPK-NR eine einzige Vorlage geschnürt, die 2022 von den Räten behandelt wurde. Dabei sollten aber weder der Bundesrat in seiner Macht beschränkt, noch neue Instrumente für das Parlament geschaffen werden – wie ursprünglich gefordert worden war. Vielmehr sah der Entwurf Möglichkeiten für virtuelle Sitzungsteilnahme im Falle physischer Verhinderung aufgrund höherer Gewalt und die Verpflichtung des Bundesrates zu schnelleren Stellungnahmen bei gleichlautenden dringlichen Kommissionsmotionen vor. Umstritten blieb die Frage, ob es statt der heutigen Verwaltungsdelegation neu eine ständige Verwaltungskommission braucht. Der Nationalrat setzte sich für eine solche ein, der Ständerat lehnte sie ab – eine Differenz, die ins Jahr 2023 mitgenommen wird.
Nicht nur die Verwaltungskommission, auch die Schaffung einer ausserordentlichen Aufsichtsdelegation war umstritten. Die vom Nationalrat jeweils mit grosser Mehrheit unterstützte Idee, dass es neben der PUK und den Aufsichtskommissionen ein mit starken Informationsrechten ausgerüstetes Gremium geben soll, das als problematisch beurteilte Vorkommnisse in der Verwaltung rasch untersuchen könnte, war beim Ständerat stets auf Unwille gestossen. Auch nach einer Einigungskonferenz konnten sich die Räte nicht auf eine Lösung verständigen, woraufhin der Ständerat das Anliegen versenkte, zumal er die bestehenden Instrumente und Akteure als genügend stark erachtete.

Seit vielen Jahren Zankapfel zwischen den Räten ist die Frage nach der Höhe der Löhne in der Bundesverwaltung. In diesem Jahr beendete der Ständerat eine beinahe sechsjährige Diskussion dazu, indem er auf eine entsprechende Vorlage der SPK-SR auch in der zweiten Runde nicht eintrat, obwohl der Nationalrat deutlich für eine Obergrenze von CHF 1 Mio. votiert hatte. Die SPK-NR sorgte in der Folge mit einer neuerlichen parlamentarischen Initiative für ein Verbot von «goldenen Fallschirmen» für Bundeskader dafür, dass diese Auseinandersetzung weitergehen wird.

In schöner Regelmässigkeit wird im Parlament auch die Einführung einer Verfassungsgerichtsbarkeit diskutiert. Zwei entsprechende Motionen wurden in diesem Jahr von der Mehrheit des Ständerats abgelehnt, da das aktuelle System, in welchem die Letztentscheidung dem direktdemokratischen Element und nicht der Judikative überlassen wird, so gut austariert sei, dass ein Verfassungsgericht nicht nötig sei. Freilich ist sich das Parlament der Bedeutung der obersten Bundesgerichte durchaus bewusst. Ein Problem stellt dort seit einiger Zeit vor allem die chronische Überlastung aufgrund der hohen Fallzahlen dar. Daher werde gemäss Justizministerin Karin Keller-Sutter mittelfristig eine Modernisierung des Bundesgerichtsgesetzes geprüft, kurzfristig sei eine Entlastung aber nur durch eine Erhöhung der Zahl der ordentlichen Richterinnen und Richter zu erreichen. Eine entsprechende parlamentarische Initiative der RK-NR hiessen beide Kammern gut, allerdings jeweils gegen die geschlossen stimmende SVP-Fraktion, die in der Erhöhung lediglich «Flickwerk» sah.

Die mittels direktdemokratischer Abstimmungen verhandelte Schweizer Politik zeigte sich 2022 einigermassen reformresistent. Nachdem im Februar gleich beide zur Abstimmung stehenden fakultativen Referenden (Gesetz über die Stempelabgaben und Medienpaket) erfolgreich waren, wurde in den Medien gar spekuliert, ob die Bundespolitik sich nun vermehrt auf Blockaden einstellen müsse. Allerdings passierten dann im Mai und im September 4 von 5 mittels Referenden angegriffenen Bundesbeschlüsse die Hürde der Volksabstimmung (Filmgesetz, Organspende, Frontex, AHV21). Einzig die Revision des Verrechnungssteuergesetzes wurde im September an der Urne ausgebremst. 2022 war zudem die insgesamt 25. Volksinitiative erfolgreich: Volk und Stände hiessen die Initiative «Kinder und Jugendliche ohne Tabakwerbung» gut. Die beiden anderen Volksbegehren (Massentierhaltungsinitiative, Initiative für ein Verbot von Tier- und Menschenversuchen) wurden hingegen abgelehnt.

Dass in der Schweizer Politik manchmal nur ganz kleine Schritte möglich sind, zeigen die erfolglosen Bemühungen, den Umfang an Stimm- und Wahlberechtigten zu erhöhen. Der Nationalrat lehnte zwei Vorstösse ab, mit denen das Stimmrecht auf Personen ohne Schweizer Pass hätte ausgeweitet werden sollen. Auch die Wahrscheinlichkeit, dass das Stimmrechtsalter in naher Zukunft auf 16 gesenkt werden wird, hat sich im Jahr 2022 eher verringert: Zwar wies eine knappe Mehrheit des Nationalrats den Abschreibungsantrag für eine parlamentarische Initiative, welche eine Senkung des Alters für das aktive Stimmrecht verlangt und welcher 2021 beide Kammern Folge gegeben hatten, ab und wies sie an die SPK-NR zurück, damit diese eine Vorlage ausarbeitet. In zwei Kantonen wurde die Senkung des Stimmrechtsalters im Jahr 2022 an der Urne aber deutlich verworfen: in Zürich im Mai mit 64.8 Prozent Nein-Stimmenanteil, in Bern im September mit 67.2 Prozent Nein-Stimmenanteil.

Allerdings fielen 2022 auch Entscheide, aufgrund derer sich das halbdirektdemokratische System der Schweiz weiterentwickeln wird. Zu denken ist dabei einerseits an Vorstösse, mit denen Menschen mit Behinderungen stärker in den politischen Prozess eingebunden werden sollen – 2022 nahmen etwa beide Kammern eine Motion an, mit der Einrichtungen geschaffen werden, die helfen, das Stimmgeheimnis für Menschen mit Sehbehinderung zu gewährleisten. Zudem gaben National- und Ständerat einer parlamentarischen Initiative für die Barrierefreiheit des Live-Streams der Parlamentsdebatten Folge, damit auch hörgeschädigte Menschen diesen folgen können. Andererseits verabschiedete der Bundesrat die Verordnung zu den künftigen Transparenzbestimmungen bei Wahlen und Abstimmungen. Ob und wie die erstmals für die eidgenössischen Wahlen 2023 bzw. für das Finanzjahr 2023 vorzulegenden Kampagnen- und Parteibudgets die politischen Debatten beeinflussen werden, wird sich weisen.

Jahresrückblick 2021: Institutionen und Volksrechte
Dossier: Jahresrückblick 2022

Im Rahmen der Revision des Bundesgesetzes über das Bundesgericht hatte das Parlament 2017 die Schaffung einer Berufungskammer beschlossen, um den Rechtsschutz zu stärken und Beschwerden gegen den Sachverhalt von Urteilen des Bundesstrafgerichts zu ermöglichen. Die Berufungskammer geriet allerdings noch vor Aufnahme des Betriebs in die Schlagzeilen, weil das Parlament 2018 in rekordverdächtiger Geschwindigkeit die Zahl der Stellen für Richterinnen oder Richter erhöhen musste, was wiederum Folgen für die Planung des Raumbedarfs hatte. In der Folge hatten sich die GPK beider Räte eingeschaltet und untersucht, was bei der Planung der neuen Gerichtsinstanz schiefgelaufen war.

Ende September 2022 lag der Bericht über die entsprechende Untersuchung zur Berufungskammer des Bundesstrafgerichts vor. Die Fallzahlen und die benötigte Zahl an Gerichtspersonen seien «von Anfang an deutlich unterschätzt» worden, beschied der Bericht. Es sei ursprünglich von elf Berufungen pro Jahr ausgegangen worden; im Schnitt habe es aber zwischen 2019 und 2021 fast 30 Berufungen und über 20 Revisionen gegeben. Darüber hinaus habe man aufgrund des fälschlicherweise als gering geplanten Personalbedarfs die Berufungskammer im Gebäude des Bundesstrafgerichts untergebracht, was im Sinne der Unabhängigkeit von Anfang an zurecht auch kritisiert worden sei.
Als ursächlich für die Fehlplanung machten die GPK in ihrem Bericht ein fehlendes Projektmanagement aus. Darüber hinaus habe die Verwaltungskommission des Bundesgerichts (VK BGer) – die aus drei Bundesrichterinnen oder Bundesrichtern bestehende Aufsichtsbehörde über das Bundesstrafgericht – «ihre Aufgabe ungenügend wahrgenommen». Schliesslich wurde den Verantwortlichen im Bericht gar «politisches Kalkül» vorgeworfen: Aus Angst, das Parlament könnte lediglich einer Minimalvariante der Berufungskammer zustimmen, seien die Zahlen bewusst tief gehalten worden.
Als Konsequenz empfahl die GPK, dass die beiden Rechtskommissionen (RK-NR und RK-SR) eine Gesetzesrevision an die Hand nehmen, damit ein «unabhängiges Berufungs- oder Rechtsmittelgericht als zweite Instanz» geschaffen werden kann.

GPK-Untersuchung zur Berufungskammer des Bundesstrafgerichts
Dossier: Schaffung einer Berufungskammer am Bundesstrafgericht
Dossier: Unabhängigkeit der Judikative

Die eidgenössischen Gerichte entscheiden intern, welche Fälle welchen Richterinnen oder Richtern zugeordnet werden bzw. wie sich die Gerichtskollegien zusammensetzen, denen diese Fälle zugewiesen werden. Die Bildung dieser ein- bis maximal siebenköpfigen sogenannten Spruchkörper sowie die Geschäftsverteilung, die im Bundesgericht und im Bundesverwaltungsgericht mittels Softwareprogrammen und in den anderen eidgenössischen Gerichten manuell erfolgt, ist in der Schweiz von einiger Brisanz. Weil Richterinnen und Richter mittels Parteienproporz gewählt werden, kann vermutet werden, dass je nach parteilicher Zusammensetzung eines Spruchkörpers andere Urteile gefällt werden. Insbesondere die «Justizinitiative» hatte solche Diskussionen, die letztlich die Unabhängigkeit der Judikative tangieren, verstärkt angeregt, wobei diesen Diskussionen jedoch die Grundlagen gefehlt hatten, da die konkrete Praxis der einzelnen Gerichte kaum bekannt war. Dies nahmen die GPK Anfang 2019 zum Anlass, die PVK mit einer Evaluation zu Spruchkörperbildung und Geschäftsverteilung an den eidgenössischen Gerichten zu beauftragen.
Auf der Basis dieser PVK-Evaluation, die am 5. November 2020 vorgelegt worden war, veröffentlichten die GPK im Juni 2021 einen Bericht, der eine «grundsätzlich positive[...] Bilanz» zog: Die Spruchkörperbildung entspreche Verfassungsgrundsätzen und internationalen Rechtsnormen, Willkür zeige sich dabei in keinem der untersuchten Fälle. Es gebe aber durchaus einige «Lücken und Schwachstellen». So seien die angewandten Verfahrensregeln nicht immer verschriftlicht oder überhaupt nicht veröffentlicht, zudem würde den Beteiligten eines Verfahrens nicht immer aktiv mitgeteilt, wie der Spruchkörper zusammengesetzt sei. Entsprechend gaben die GPK Empfehlungen ab: So verlangten sie etwa eine jährliche Berichterstattung über die Bildung der Spruchkörper und regten an, dies auch im jährlichen Geschäftsbericht der Bundesgerichte der interessierten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Darüber hinaus verlangten die GPK vom Bundesstrafgericht die Prüfung der Entwicklung einer Software für die Zuteilung der Geschäfte. Beim Bundespatentgericht, das die Zuteilung ebenfalls manuell vornimmt, sei dies in Anbetracht der «überschaubaren Anzahl Fälle» nicht erforderlich. Schliesslich soll das Bundesgericht aus Transparenzgründen wieder ausweisen, welcher Partei seine Mitglieder angehören.

Die Diskussionen um die Spruchkörperbildung nahmen nach der Veröffentlichung des Berichts freilich nicht ab. Auf der einen Seite erhob Asylanwalt Gabriel Püntner in den Medien schwere Vorwürfe gegen das Bundesverwaltungsgericht. Die meisten seiner Fälle würden Spruchkörpern zugeteilt, in denen Richterinnen und Richter, die der SVP angehören, in der Mehrheit seien. Im Februar 2022 reichte Püntner deshalb Strafanzeige gegen einen «noch zu bestimmenden Personenkreis innerhalb» des Bundesverwaltungsgerichts ein, bei dem er vermute, dass er das «System der Spruchkörperbildung [...] beeinflusse». In der Tat zeigte eine aktuelle Studie, dass fast die Hälfte der automatisierten Zuteilung der Fälle nachträglich manuell übersteuert wurde; insbesondere im Asylrecht. Dabei sei nicht nachvollziehbar, weshalb diese Eingriffe durchgeführt worden seien.
Auf der anderen Seite wurde in den Medien über einen konkreten Fall berichtet: Einem SVP-Richter am Bundesverwaltungsgericht werde Amtsmissbrauch vorgeworfen, weil er eigenhändig und entsprechend vorschriftswidrig den Spruchkörper neu eingeteilt habe, in dem er selber sass, so der Tages-Anzeiger.
Ende Mai 2022 gab das Bundesverwaltungsgericht bekannt, die interne Spruchkörperbildung unabhängig überprüfen zu lassen. Auch die GPK kündigten an, die Geschäftszuteilung an den Bundesgerichten im Auge behalten zu wollen.

Spruchkörperbildung und Geschäftsverteilung an den eidgenössischen Gerichten
Dossier: Unabhängigkeit der Judikative

Ende April 2022 veröffentlichte die Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft (AB-BA) ihren Tätigkeitsbericht für das Jahr 2021. Der Bericht lobte die beiden Stellvertretenden Bundesanwälte Ruedi Montanari und Jacques Rayroud, denen es als Interimsleiter der Bundesanwaltschaft gelungen sei, «die BA in unaufgeregter Weise weiter zu stabilisieren» und an den frisch gewählten neuen Bundesanwalt, Stefan Blättler, zu übergeben. Im Berichtjahr habe man die Inspektion zur Zusammenarbeit zwischen der Bundesanwaltschaft und den kantonalen Staatsanwaltschaften in Angriff genommen. Auch der Rücktritt des Sonderstaatsanwaltes Stefan Keller, der mit der Strafuntersuchung gegen den ehemaligen Bundesanwalt Michael Lauber betraut und durch zwei Sonderstaatsanwälte – Hans Maurer und Ulrich Weder – ersetzt worden war, war Gegenstand des Berichts. Die AB-BA nahm schliesslich auch Stellung zum GPK-Bericht über das Aufsichtsverhältnis zwischen ihr und der Bundesanwaltschaft: Sie begrüsse die Gesetzesrevision, die dadurch nun angestossen werde.

Jahresbericht 2021 der Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft
Dossier: Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft (AB-BA)

Jahresrückblick 2021: Institutionen und Volksrechte

Der Bundesrat stand auch 2021 vor allem aufgrund seiner Entscheide im Rahmen der Covid-19-Pandemie im Fokus – wobei er je nach Verlauf der Fallzahlen dafür kritisiert wurde, mit zu viel Macht ausgestattet zu sein und zu viele Massnahmen zu ergreifen, oder aber dafür, in Anbetracht der Lage zu wenig zu tun. Die über 60 Prozent Ja-Stimmen bei beiden Covid-Referenden (im Juni und im November) können freilich auch als ziemlich breite Unterstützung der bundesrätlichen Massnahmen-Politik interpretiert werden. Covid-19 bzw. vielmehr das Argument, dass gerade die Pandemie zeige, wie stark die Arbeitsbelastung der sieben Mitglieder der Landesregierung zunehme, stand Pate für die Forderung nach einer Erhöhung der Zahl der Bundesratsmitglieder auf neun – eine Forderung, die seit 1848 schon zwölf Mal gescheitert war. Zwar stiess die Idee in der Wintersession im Nationalrat auf offene Ohren, das Anliegen wird aber im nächsten Jahr im Ständerat wohl auf mehr Widerstand stossen – die SPK-SR hatte sich bereits im Juni dagegen ausgesprochen. Als Institution war die Regierung ansonsten im Vergleich zu früheren Jahren seltener Gegenstand der medialen Berichterstattung. Das dürfte auch damit zu tun haben, dass im Berichtsjahr für einmal vergleichsweise selten über mögliche Rücktritte von Magistratinnen und Magistraten spekuliert wurde. Seit nunmehr drei Jahren ist die Zusammensetzung der Exekutive unverändert.

Auch für die Mitarbeitenden der Bundesverwaltung wird Covid-19 Folgen haben. Aufgrund der Erfahrungen, die beim Lockdown gemacht worden waren, forderten mehrere Vorstösse, dass der Bund mittels dezentralisierter und digitalisierter Arbeitsplätze im Sinne von Homeoffice nachhaltiges Arbeiten ermöglichen soll. Beide Räte hiessen eine entsprechende Motion gut und rannten damit beim Bundesrat offene Türen ein. Nicht einig waren sich die Räte hingegen bei der Frage, ob für die obersten Kader der sieben grossen Bundesunternehmen ein Lohndeckel gesetzlich festgeschrieben werden soll. Der Ständerat lehnte die Forderung, die auf eine parlamentarische Initiative aus dem Jahr 2016 zurückgeht, ab, der Nationalrat wollte auch in der Wintersession weiter an ihr festhalten.

Auch im Parlament war Covid-19 nach wie vor Thema Nummer 1. Nicht nur war das Virus Gegenstand zahlreicher inhaltlicher Debatten, sondern es zwang auch im Bundeshaus zu unterschiedlichen Verhaltensmassnahmen: Zwar konnten im Gegensatz zu 2020 alle Sessionen im Bundeshaus stattfinden, allerdings mussten auch im Parlament je nach Pandemiesituation die Masken- oder Zertifikatspflicht eingehalten werden. Zudem sollten Plexiglasscheiben an den Plätzen in den Ratssälen zusätzlichen Schutz vor dem Virus gewähren. Auch unter Pandemie-bedingt erschwerten Arbeitsbedingungen wurden Beschlüsse gefasst, die den Parlamentsbetrieb wohl nachhaltig verändern werden: So einigten sich beide Kammern auf ein neues Differenzbereinigungsverfahren bei Motionen. Nicht zuletzt sollen im Ständerat künftig sämtliche Abstimmungsresultate veröffentlicht werden. Nach 20-jähriger Opposition und nicht weniger als acht gescheiterten Vorstössen wird also auch die «Dunkelkammer Ständerat», wie Thomas Minder (parteilos, SH) sie nach der 2014 eingeführten elektronischen Abstimmung bei Gesamt- und Schlussabstimmungen bezeichnet hatte, vollständig ausgeleuchtet. Ob dies nun zu einem «Transparenzexzess» und einer Änderung der Diskussionskultur in der «Chambre de réflexion» führen wird, wie dies die ablehnende Minderheit befürchtete, wird sich weisen.

Das Verhältnis zwischen Legislative und Judikative war im vergangenen Jahr aus zwei gewichtigen Gründen Gegenstand von Diskussionen. Auf der einen Seite führten die im November an der Urne mit 31.9 Prozent Ja-Stimmenanteil recht deutlich abgelehnte Justizinitiative sowie der im Parlament verworfene Gegenvorschlag zur Frage, ob die Wahl von Bundesrichterinnen und Bundesrichtern durch das Parlament die Unabhängigkeit der dritten Gewalt beeinträchtige. Auf der anderen Seite zeigten die Schwierigkeiten mit der Besetzung der Bundesanwaltschaft – gleich dreimal musste die Stelle ausgeschrieben werden, bis in der Herbstsession ein neuer Bundesanwalt gewählt werden konnte – und die vorgängigen Diskussionen um die Erhöhung der Alterslimite in der höchsten Strafbehörde, wie schwierig es für das Parlament ist, bei der Besetzung von Gerichtsstellen ideologische Gesichtspunkte der Sachpolitik unterzuordnen – so die Kommentare in einigen Medien.

Auch das Funktionieren der direkten Demokratie war 2021 Gegenstand politischer Diskussionen. Das Parlament hiess einen Gegenvorschlag zur Transparenzinitiative gut, der teilweise weiter geht, als von den Initiantinnen und Initianten verlangt. Das Initiativkomitee zog in der Folge sein Begehren zurück. Mit der Änderung des Bundesgesetzes über die politischen Rechte müssen Parteien ab dem Herbst 2022 ihre Budgets und insbesondere Spenden über CHF 15'000 offenlegen und auch Komitees von Wahl- und Abstimmungskampagnen, die mehr als CHF 50'000 aufwenden, haben ihre Finanzeinkünfte auszuweisen.
Vom Tisch ist hingegen die Möglichkeit, Staatsverträge dem obligatorischen Referendum zu unterstellen. Der Ständerat hatte sich zwar für diesen Ausbau der direkten Demokratie eingesetzt, der Nationalrat wollte aber definitiv nichts davon wissen. Noch hängig ist hingegen ein Entscheid, mit dem allenfalls ein Ausbau partizipativer Elemente im politischen System der Schweiz umgesetzt würde. Noch 2020 hatte sich der Nationalrat dafür ausgesprochen, einer parlamentarischen Initiative, mit der die Einführung des Stimmrechtsalters 16 gefordert wird, Folge zu geben. Auch die SPK-SR konnte sich für den Vorstoss erwärmen. Allerdings machte die SPK-NR im November mit Verweis auf einige kantonale Abstimmungen, bei der die Senkung des Stimm- und Wahlrechtsalters auf grosse Skepsis gestossen war, einen medial stark beachteten Rückzieher – dieses Anliegen wird wohl zukünftig noch zu reden geben. Viel zu reden und zu schreiben gab im Berichtsjahr zudem ein Jubiläum, das auch als Zeugnis dafür gelesen werden kann, dass die direkte Demokratie strukturelle Minderheiten ausserhalb des Entscheidsystems tendenziell benachteiligt: 1971 – also vor 50 Jahren – war das Frauenstimm- und -wahlrecht eingeführt worden – allerdings erst im zweiten Versuch und sehr lange nach den meisten anderen demokratischen Staaten.

Im Gegensatz zum Vorjahr, als eine Volksabstimmung hatte verschoben und verschiedene Fristen hatten verlängert werden müssen, hatte die Pandemie 2021 keine unmittelbaren Auswirkungen auf das Funktionieren der direkten Demokratie. Ganz ohne Covid-19 ging es aber auch 2021 nicht: Die Schweizer Stimmbevölkerung war dabei die einzige weltweit, die – wie eingangs erwähnt – zweimal an die Urne gerufen wurde, um über denjenigen Teil der Massnahmen zu befinden, der von Bundesrat und Parlament in ein separates Gesetz gegossen worden war. Zwar wurde die Kampagne insbesondere zur zweiten Revision des Covid-19-Gesetzes teilweise sehr emotional geführt, im Anschluss an den Urnengang legten sich die Emotionen aber zumindest gegen aussen wieder etwas. Die nicht nur beim zweiten Covid-Referendum, sondern auch bei der Kampagne zum CO2-Gesetz, der Trinkwasser- und der Pestizidinitiative aussergewöhnlich hart geführten Auseinandersetzungen dürften mit ein Grund sein, weshalb die direkte Demokratie mehr Medienaufmerksamkeit generierte als in den beiden Jahren zuvor.

Jahresrückblick 2021: Institutionen und Volksrechte
Dossier: Jahresrückblick 2021

Gestützt auf ihren Bericht zum Aufsichtsverhältnis zwischen Bundesanwaltschaft und Aufsichtsbehörde (AB-BA) veranlasste die GPK ein Gutachten, um mögliche verbesserte Aufsichtsmodelle zu eruieren. Das Gutachten der Expertinnen und Experten kam zum Schluss, dass an den aktuellen Regelungen festgehalten werden solle, aber punktuelle Verbesserungen angebracht seien. In ihrem Schlussbericht vom 22. Juni 2021 empfahl die GPK entsprechend ein Modell «Status Quo plus»: Die AB-BA soll grundsätzlich gestärkt werden. Neben mehr Ressourcen soll hierfür das Weisungsrecht klarer geregelt und ein umfassendes Akteneinsichtsrecht gewährt werden. Die AB-BA soll aber keine zusätzlichen Befugnisse erhalten, um Personalfragen zu regeln. Die GPK empfahl zudem, die Fragen hinsichtlich Wahl, Wiederwahl und Amtsenthebung mit der laufenden Reform der Bestätigungswahlen von Richterinnen und Richter der Bundesgerichte (im Rahmen des Gegenvorschlags zur Justizinitiative) zu regeln. Es sei insbesondere darauf hinzuarbeiten, dass die «Verpolitisierung» der Wiederwahl der Bundesanwaltschaft vermieden werden könne. Der Bericht schloss mit einem Antrag an die Kommissionen für Rechtsfragen, eine Gesetzesrevision in der Stossrichtung des Modells «Status Quo plus» in Angriff zu nehmen. Mit zwei gleichlautenden Motionen, die noch in der Herbstsession 2021 behandelt wurden, kamen die RK-SR und die RK-NR diesem Antrag nach.

GPK untersucht Verhältnis zwischen AB-BA und BA
Dossier: Michael Lauber - Bundesanwalt
Dossier: Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft (AB-BA)

Ohne weitere Diskussion nahm der Nationalrat in der Frühjahrssession Kenntnis vom Jahresbericht 2020 der GPK und GPDel. Die drei Sprecher und die Sprecherin für die Kommission fassten kurz die wichtigsten Punkte des Berichts zusammen. Erich von Siebenthal (svp, BE) berichtete zudem, dass die GPK, die GPDel und die verschiedenen Subkommissionen 2020 insgesamt 116 Sitzungen durchgeführt hätten. Yvonne Feri (sp. AG) bedankte sich bei den anwesenden Nationalrätinnen und Nationalräten dafür, «dass Sie bereits da sind, obwohl der GPK-Jahresbericht traktandiert ist. Das interessiert ja leider nicht so viele»; dies sei schade, weil der Bericht viele interessante Punkte beinhalte. Wie seine Vorrednerin und sein Vorredner bedankte sich auch Thomas de Courten (svp, BL) für die Arbeit der Sekretariate. Alfred Heer (svp, ZH) schliesslich, der als Präsident der GPDel das Wort ergriff, lobte die Zusammenarbeit mit allen Mitgliedern beider GPK. Es handle sich um ein «sehr gutes Team aus Nationalrat und Ständerat».
Die Sprechenden ebendieser ständerätlichen Kommissionen informierten ein paar Tage später die kleine Kammer über die wichtigsten Punkte des Jahresberichts. Maya Graf (gp, BL) erinnerte an die Bedeutung der Oberaufsicht – «gerade in der aktuellen Covid-19-Krise». Daniel Fässler (mitte, AI) hob hervor, dass die GPK beider Kammern auf ebendiese Covid-19-Krise bzw. deren Bewältigung in Zukunft ein besonderes Augenmerk legen würden. Auch Marco Chiesa (svp, TI) und Philippe Bauer (fdp, NE) beantragten Kenntnisnahme des Berichts, nachdem sie auch die zentralen Punkte aus ihren Subkommissionen wiederholt hatten. Ohne Diskussion folgte auch die kleine Kammer einstimmig diesem Antrag.

Jahresbericht 2020 der GPK und der GPDel
Dossier: Jahresberichte der GPK und der GPDel

Die Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft (AB-BA) hat die Rechtmässigkeit, die Ordnungsmässigkeit, die Zweckmässigkeit, die Wirksamkeit und die Wirtschaftlichkeit der Tätigkeiten der Bundesanwaltschaft zu prüfen und zu unterstützen. Wie sie diese Aufgabe genau wahrnimmt, muss sie jährlich in einem Tätigkeitsbericht zuhanden der Bundesversammlung darlegen.
Diesen Bericht für das Jahr 2020 legte die AB-BA Anfang März 2021 vor. Das Berichtsjahr sei äusserst intensiv gewesen, was vor allem den Ereignissen rund um die Disziplinaruntersuchung des mittlerweile zurückgetretenen Bundesanwalts Michael Lauber geschuldet gewesen sei. In der Zwischenzeit sei der zum Sonderstaatsanwalt ernannte Stefan Keller daran, die Strafanzeige gegen Lauber zu überprüfen. Ein weiterer Schwerpunkt der AB-BA sei der Inspektionsbericht über das Generalsekretariat der Bundesanwaltschaft gewesen, aus dem Empfehlungen für Umstrukturierungen an den noch zu bestimmenden Nachfolger Laubers gerichtet würden. Schliesslich habe die AB-BA eine Stellungnahme zur GPK-Untersuchung zum Verhältnis zwischen der Bundesanwaltschaft und der Aufsichtsbehörde abgegeben: Man sehe den Handlungsbedarf für gesetzliche Reformen, die AB-BA müsse aber möglichst unabhängig bleiben.

Jahresbericht 2020 der Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft
Dossier: Michael Lauber - Bundesanwalt
Dossier: Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft (AB-BA)

Die Geschäftsprüfungskommissionen beider Räte (GPK-NR und GPK-SR) üben die parlamentarische Oberaufsicht über den Bundesrat, die Bundesverwaltung und die Bundesgerichte aus. Über die Aktivitäten (Inspektionen, Evaluationen, Prüfung von Geschäftsberichten, Behandeln von Aufsichtseingaben) des ablaufenden Jahres berichteten die GPK sowie die GPDel im Jahresbericht 2020. Seit 2017 verfolgen die GPK die Massnahmen im Rahmen der Hochseeschifffahrts-Bürgschaften, die dem Bund hohe Verluste beschert hatte. Auch das elektronische Patientendossier bzw. die Verzögerungen bei dessen Einführung stand im Fokus der Aufsichtsbehörden. Nicht nur aufgrund der Covid-19-Krise beschäftigten sich die GPK mit dem Problem des Impfstoffmangels. Insbesondere bei Säuglingsimpfstoffen bestehe die Gefahr von problematischen Lieferengpässen. Der Frage nach der Transparenz von Gesetzesrevisionen gingen die Kommissionen am Beispiel der Transplantationsverordnung nach. Geschlossen wurde hingegen das Dossier zur Vergabepraxis im BAG, die aufgrund eines Auftrags an die «Schweizerische Koordinations- und Fachstelle Sucht» in die Kritik geraten war. Keine Massnahmen ergriff die GPK nach ihrer Anhörung des Swiss Investment Fund for Emerging Marklets (SIFEM) im Juni, eine sich im Besitz des Bundes befindende Aktiengesellschaft, die die Entwicklungsfinanzierung des Bundes regelt. Auch der Dienststellenbesuch beim Institut für geistiges Eigentum verlief zur Zufriedenheit der Aufsichtskommissionen. Die 2018 aufgedeckten Schwächen der Strategie des Integrated Border Managements (IBM), mit dem die Zusammenarbeit zwischen Bund und Kantonen gegen grenzüberschreitende Kriminalität koordiniert werden soll, seien laut Bericht mit der neu entwickelten Strategie behoben worden und auch das Thema «Internationale Rechtshilfe» konnte vorläufig abgeschlossen werden – hier waren 2017 knappe Ressourcen im Direktionsbereich als Problem ausgemacht worden. Die Massnahmen des SEM gegen Gewalt gegen Frauen in Bundesasylzentren wurden von den GPK als genügend eingestuft. Man werde deren Umsetzung zu gegebener Zeit überprüfen. Auch die 2019 von der GPK geforderten Massnahmen, welche die BK gegen «Fehler in Abstimmungsbüchlein» unternommen hätten, wurden im Bericht begrüsst.
2020 nahmen sich die GPK zudem dem Problem von Sponsoringaktivitäten durch die öffentliche Verwaltung an. Insbesondere im VBS sollen Leitlinien für aktives Sponsoring (Verwaltungseinheiten als Sponsor) wie für passives Sponsoring (Verwaltungseinheit ist Sponsoringnehmer) erarbeitet werden. Im Bericht Erwähnung fanden auch die internen Probleme am Bundesstrafgericht bzw. der Bericht der bundesgerichtlichen Aufsichtskommission über diese Probleme. Die GPK will die Vorkommnisse weiterverfolgen. Damit einher geht auch die nach wie vor sehr schleppenden Planung und der Aufbau einer Berufungskammer am Gericht in Bellinzona und die Frage, wie der weiterhin bestehende Handlungsbedarf nach dem Scheitern der Bundesgerichtsgesetzesrevision rasch befriedigt werden könnte. Im Fokus standen auch 2020 weiterhin die Cybersicherheit bzw. die Organisation des nationalen Zentrums für Cybersicherheit (NCSC) sowie die Gefahreneinschätzung belasteter Standorte (Mitholz). Drei Arbeitsbereiche der GPK betrafen Verkehr und Infrastruktur: Abgeschlossen wurde das Dossier zur Frage der Zustelltarife für abonnierte Zeitungen und Zeitschriften, über die sich die Post und mehrere Verlegerverbände streiten und für die das BAKOM eine Lösung finden sollte. Eine Begleitung durch die GPK benötigt hingegen weiterhin das nach wie vor nicht gelöste Problem der Doppelstockzüge der SBB von Bombardier sowie die Störungen im Swisscom-Netz. Nach wie vor auf dem Radar der GPK bleiben auch die «Postauto-Affäre» und das Aufsichtsverhältnis zwischen der AB-BA und der Bundesanwaltschaft.
Ein eigenes Berichtskapitel war der «Inspektion Covid-19-Pandemie» gewidmet. Die GPK hatten im Mai 2020 beschlossen, die Massnahmen des Bundesrats zur Bewältigung der Pandemie zu untersuchen. Im Fokus standen die Organisation des EDI und des BAG bei der Krisenbewältigung; konkret die Zusammenarbeit mit den Kantonen, die internationale Zusammenarbeit, die wissenschaftlichen Informationsgrundlagen des BAG, das Management des medizinischen Materials, die Angemessenheit des Epidemiengesetzes und die Massnahmen im Bereich der Sozialversicherungen. Aber auch die Covid-19-bedingten Massnahmen im öffentlichen Verkehr und den bundesnahen Unternehmen und deren Auswirkungen auf das Bundespersonal und auf den Grenzverkehr wurden genauer untersucht. Auch für die Organisation der Covid-19-Kredite und der Kurzarbeitsentschädigung, für die Zweckmässigkeit der wirtschaftlichen Landesversorgung oder für die Informationsbeschaffung durch das EDA-Aussennetz wurden Untersuchungen eingeleitet. Die Mobilmachung der Armee, die Rolle der Armeeapotheke, die Grenzschliessungen und die Rechtmässigkeit der Anwendung von Notrecht wurden von der GPK ebenso als untersuchungswürdig erachtet wie das Krisenmanagement des Bundesrats. Die Covid-Krise dürfte also durch die GPK in ziemlich umfassender Weise aufgearbeitet werden. Erste Berichte seien für 2021 zu erwarten.

Im Bericht wurden auch die Tätigkeiten der GPDel aufgeführt, welche die Oberaufsicht der Bundesaktivitäten im Bereich «Nachrichtendienst» inne hat. Im Fokus standen hier insbesondere die Crypto-AG, aber auch verschiedene Steuerungsinstrumente. Im Berichtsanhang wurden zudem die Aktivitäten der PVK, dem «Evaluationsdienst der Bundesversammlung» aufgeführt. 2020 wurden Evaluationen zum Expertenbeizug in der Bundesverwaltung (Kurzevaluation mit der Nachkontrolle einer 2007 veröffentlichten Evaluation) sowie zur Geschäftsverteilung bei den eidgenössischen Gerichten verfasst, die nun bei den GPK diskutiert werden. Noch laufend waren Evaluationen zum Controlling von Offset-Geschäften (Kompensationsgeschäfte bei Rüstungsgütern; z.B. beim Kauf neuer Kampfflugzeuge), zum Grundwasserschutz in der Schweiz und zur Mitwirkung des Parlaments im Bereich von Soft-Law.

Jahresbericht 2020 der GPK und der GPDel
Dossier: Jahresberichte der GPK und der GPDel

Jahresrückblick 2020: Institutionen und Volksrechte

Der Bundesrat stand als Führungsgremium 2020 ganz besonders auf dem Prüfstand, musste er doch aufgrund der Corona-Pandemie mittels Notrechts regieren. Darüber, wie gut ihm dies gelang, gingen die Meinungen auseinander. Die Konjunktur der sich bunt ablösenden Vertrauensbekundungen und Kritiken schien sich dabei mit der Virulenz der Pandemiewellen zu decken. War das entgegengebrachte Vertrauen zu Beginn des Lockdowns im März sehr gross, nahm die Kritik am Führungsstil der Exekutive und an den föderalistischen Lösungen mit dem Rückgang der Fallzahlen und insbesondere auch in der zweiten Welle zu. Eine parlamentarische Aufarbeitung der Bewältigung der Pandemie durch die Bundesbehörden durch die GPK, aber auch verschiedene Vorstösse zum Umgang des Bundesrats mit Notrecht werden wohl noch einige Zeit zu reden geben. Für eine Weile ausser Rang und Traktanden fallen werden hingegen die alle vier Jahre nach den eidgenössischen Wahlen stattfindenden Diskussionen um die parlamentarische Behandlung der Legislaturplanung sowie die bereits fünfjährige Diskussion über ein Verordnungsveto, die vom Ständerat abrupt beendet wurde. Im Gegensatz dazu wird wohl die Regelung über das Ruhegehalt ehemaliger Magistratspersonen noch Anlass zu Diskussionen geben. Den Stein ins Rollen brachte 2020 die medial virulent kommentierte Rückzahlung der Ruhestandsrente an alt-Bundesrat Christoph Blocher.

Wie kann und soll das Parlament seine Aufsicht über die Verwaltung verbessern? Diese Frage stand auch aufgrund des Jahresberichts der GPK und der GPDel im Raum. Dieser machte auf einige Mängel aufmerksam, was unter anderem zur Forderung an den Bundesrat führte, eine Beratungs- und Anlaufstelle bei Administrativ- und Disziplinaruntersuchungen einzurichten. Der seit 2016 in den Räten debattierten Schaffung einer ausserordentlichen Aufsichtsdelegation, die mit den Rechten einer PUK ausgestattet wäre, aber wesentlich schneller eingesetzt werden könnte, blies hingegen vor allem aus dem Ständerat ein steifer Wind entgegen. Ein Dorn im Auge waren dem Parlament auch die Kader der bundesnahen Betriebe: 2021 wird das Parlament über einen Lohndeckel und ein Verbot von Abgangsentschädigungen diskutieren.

Das Parlament selber machte im Pandemie-Jahr eher negativ auf sich aufmerksam. Paul Rechsteiner (sp, SG) sprach mit Bezug auf den der Covid-19-Pandemie geschuldeten, jähen Abbruch der Frühjahrssession von einem «Tiefpunkt der Parlamentsgeschichte des Landes». Das Parlament nahm seine Arbeit jedoch bereits im Mai 2020 im Rahmen einer ausserordentlichen Session zur Bewältigung der Covid-19-Krise wieder auf; Teile davon, etwa die FinDel waren auch in der Zwischenzeit tätig geblieben. Dass die ausserordentliche Session aufgrund von Hygienevorschriften an einem alternativen Standort durchgeführt werden musste – man einigte sich für diese Session und für die ordentliche Sommersession auf den Standort BernExpo – machte eine Reihe von Anpassungen des Parlamentsrechts nötig. Diese evozierten im Falle der Abstimmungsmodalitäten im Ständerat einen medialen Sturm im Wasserglas. Die Pandemie vermochte damit ziemlich gut zu verdeutlichen, wie wenig krisenresistent die Parlamentsstrukturen sind, was zahlreiche Vorstösse für mögliche Verbesserungen nach sich zog. Kritisiert wurde das Parlament auch abgesehen von Covid-19 und zwar, weil der Nationalrat eine eher zahnlos gewordene, schon 2015 gestellte Forderung für transparenteres Lobbying versenkte und damit auch künftig wenig darüber bekannt sein wird, wer im Bundeshaus zur Vertretung welcher Interessen ein- und ausgeht.

Der Zufall will es, dass die SVP 2021 turnusgemäss gleichzeitig alle drei höchsten politischen Ämter besetzen wird. In der Wintersession wurden Andreas Aebi (svp, BE) zum Nationalratspräsidenten, Alex Kuprecht (svp, SZ) zum Ständeratspräsidenten und Guy Parmelin zum Bundespräsidenten gekürt. In den Medien wurde diskutiert, wie es Parmelin wohl gelingen werde, die Schweiz aus der Covid-19-Krise zu führen. 2020 standen Regierung und Parlament aber nur selten im Fokus der Medien – ganz im Gegensatz zu den Vorjahren als die Bundesratserneuerungs- und -ersatzwahlen für viel Medienrummel gesorgt hatten (vgl. Abb. 2: Anteil Zeitungsberichte pro Jahr).

Viel Druckerschwärze verbrauchten die Medien für verschiedene Ereignisse hinsichtlich der Organisation der Bundesrechtspflege. Zum einen gab die Causa Lauber viel zu reden. Gegen den Bundesanwalt wurde ein Amtsenthebungsverfahren angestrengt, dem Michael Lauber mit seinem Rücktritt allerdings zuvorkam. Die Wahl eines neuen Bundesanwalts wurde zwar auf die Wintersession 2020 angesetzt, mangels geeigneter Kandidierender freilich auf 2021 verschoben. Die zunehmend in die mediale Kritik geratenen eidgenössischen Gerichte, aber auch der Vorschlag der SVP, ihren eigenen Bundesrichter abzuwählen, waren Nahrung für die 2021 anstehenden Diskussionen um die Justizinitiative. Was Letztere anbelangt, beschlossen die beiden Rechtskommissionen Ende Jahr, einen indirekten Gegenvorschlag zur Initiative auszuarbeiten.

Auch die direkte Demokratie wurde von den Auswirkungen der Covid-Pandemie nicht verschont, mussten doch die Volksabstimmungen vom 20. Mai verschoben werden. Darüber hinaus verfügte der Bundesrat Ende März einen Fristenstillstand bei den Initiativen und fakultativen Referenden: Bis Ende Mai durften keine Unterschriften mehr gesammelt werden und die Sammelfristen wurden entsprechend verlängert. Auftrieb erhielten dadurch Forderungen nach Digitalisierung der Ausübung politischer Rechte (z.B. Mo. 20.3908 oder der Bericht zu Civic Tech). Viel Aufmerksamkeit erhielt dadurch auch der in den Medien so benannte «Supersonntag»: Beim Urnengang vom 27. September standen gleich fünf Vorlagen zur Entscheidung (Begrenzungsinitiative, Kampfjetbeschaffung, Jagdgesetz, Vaterschaftsurlaub, Kinderabzüge). Nachdem Covid-19 die direkte Demokratie eine Weile ausser Gefecht gesetzt hatte, wurde die Abstimmung sozusagen als «Frischzellenkur» betrachtet. In der Tat wurde – trotz Corona-bedingt schwierigerer Meinungsbildung – seit 1971 erst an vier anderen Wochenenden eine höhere Stimmbeteiligung gemessen, als die am Supersonntag erreichten 59.3 Prozent.
Das Parlament beschäftigte sich 2020 mit zwei weiteren Geschäften, die einen Einfluss auf die Volksrechte haben könnten: Mit der ständerätlichen Detailberatung in der Herbstsession übersprang die Idee, völkerrechtliche Verträge mit Verfassungscharakter dem obligatorischen Referendum zu unterstellen, eine erste Hürde. Auf der langen Bank befand sich hingegen die Transparenzinitiative, deren Aushandlung eines indirekten Gegenvorschlags die Räte 2020 in Beschlag genommen hatte; Letzterer wird aber wohl aufgrund des Widerstands im Nationalrat eher nicht zustandekommen.

Jahresrückblick 2020: Institutionen und Volksrechte
Dossier: Jahresrückblick 2020

Aufgrund des Disziplinarverfahrens gegen den ehemaligen Bundesanwalt Michael Lauber habe sich die Berichterstattung über die bereits 2018 durchgeführte Inspektion des Generalsekretariats der Bundesanwaltschaft verzögert, so die AB-BA in ihrem entsprechenden Inspektionsbericht. Ausgangslage für die von der GPK in Auftrag gegebene Untersuchung des Generalsekretariats seien «unterschiedliche Ansichten über dessen Aufgaben und Umfang» gewesen. Auf der Basis von Umfragen und Dokumentenstudium habe die AB-BA unter anderem festgestellt, dass Grundlagendokumente wie Organigramme, Organisationsreglemente und -handbücher entweder ganz fehlten oder veraltet waren. Eine der zehn auf der Basis der Befunde hergeleiteten Empfehlungen war denn auch die Erneuerung und Erstellung dieser Dokumente. Des Weiteren stiess sich die Aufsichtsbehörde laut Bericht an der personellen Dotierung des Generalsekretariats, in dem rund 30 Prozent aller Mitarbeitenden beschäftigt seien. Empfohlen wurde hier eine Analyse, mit der entschieden werden könne, ob Ressourcen in das operative Kerngeschäft der Bundesanwaltschaft verschoben werden könnten. Statt wie unter dem ehemaligen Bundesanwalt Kommunikation mit der Öffentlichkeit zu suchen, empfehle die AB-BA zudem, die Kommunikationskultur innerhalb der Behörde zu stärken. Teilweise habe durch die vernachlässigte Kommunikation die Akzeptanz der Geschäftsleitung gelitten. Die verschiedenen Empfehlungen seien bewusst an die noch zu wählende Person gerichtet, die die Bundesanwaltschaft in Zukunft führen werde. Der Bericht solle «einen Überblick bieten und eine vorteilhafte Ausgangslage für nötige Erneuerungsprozesse schaffen». Die Nachfolgerin oder der Nachfolger von Michael Lauber habe viel Arbeit vor sich, waren sich die Medien in der Folge einig.

Inspektionsbericht über das Generalsekretariat der Bundesanwaltschaft
Dossier: Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft (AB-BA)

In der Herbstsession wurde der Geschäftsbericht des Bundesgerichts 2019 von den Räten zur Kenntnis genommen und gutgeheissen. Die Sprecherin und der Sprecher der GPK und der Subkommissionen Gerichte – Manuela Weichelt-Picard (al, ZG) und Philippe Nantermod (fdp, VS) – empfahlen dem Nationalrat, den Bericht zu genehmigen, und fassten die wichtigsten Elemente zusammen.
Die Geschäftslast sei – vor allem in der strafrechtlichen, der zweiten zivilrechtlichen und den beiden öffentlich-rechtlichen Abteilungen – nach wie vor sehr hoch, habe aber trotz Pensionierung und Ersatz von 6 von 38 ordentlichen Bundesrichterinnen und Bundesrichtern im Verlauf des Berichtjahres bewältigt werden können. Insgesamt seien 7'937 Fälle behandelt worden (2018: 8'041). Die Personalstrategie sei angepasst worden und man habe noch vor Corona Home-Office für die Gerichtsschreibenden eingeführt sowie mit der Beteiligung an einer Institution mit Krippenplätzen für eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie gesorgt.
Die Digitalisierung schreite auch im Rahmen des Projekts «Justitia 4.0» voran, wenn auch nicht so rasch wie gewünscht. 2019 sei die Revision des Bundesgerichtsgesetzes zwar gescheitert, Bundesgerichtspräsident Ulrich Meyer (sp) ersuche die Räte aber, die nicht strittigen Punkte aus der Revision möglichst rasch wieder aufzunehmen. Weichelt-Picard berichtete auch über die Aufsichtsaufgaben, welche das Bundesgericht gegenüber den anderen eidgenössischen Gerichten hat. Das Bundesgericht sei 2019 gebeten worden, die Probleme beim Bundesstrafgericht zu untersuchen. In den Medien waren Führungsschwäche und Mobbing vermutet worden. Der Bundesgerichtspräsident habe sich zuerst zwar noch verhalten optimistisch zur Lage am Bundesstrafgericht geäussert, allerdings seien Ende 2019 neue Vorwürfe aufgetaucht, denen das Bundesgericht nun zusätzlich nachgehen müsse. Der Nationalrat nahm den Bundesbeschluss über den Geschäftsbericht in der Folge diskussionslos an.

Der Ständerat verspürte grössere Lust zur Diskussion über den Bericht. Carlo Sommaruga (sp, GE) erinnerte daran, dass der Jahresbericht des Bundesgerichts in der Regel im ersten Semester und nicht erst drei Monate vor Ende des Jahres debattiert werde. Covid-19 habe aber nun zu dieser Verschiebung geführt und er behalte sich deshalb vor, neben seinem Bericht für die Kommission auch ein paar Bemerkungen zu aktuellen Ereignissen einfliessen zu lassen. Auch er ging auf die Fallzahlen ein: 2019 seien 7'884 neue Fälle ans Bundesgericht gelangt, 86 mehr als im Vorjahr. Die Zahl pendenter Fälle habe im Vergleich zum Vorjahr hingegen marginal abgenommen. Im Schnitt habe die Zeit für die Erledigung eines Falls 140 Tage betragen.
Sommaruga hob aus dem Bericht weiter hervor, dass die Berufungskammer des Bundesstrafgerichts noch immer nicht in einem anderen Gebäude untergebracht sei, wie dies eigentlich geplant gewesen war.
Das Bundesverwaltungsgericht habe 2019 mit 6'965 neuen Fällen ebenfalls eine hohe Geschäftslast gehabt, führte Sommaruga weiter aus; mit 7'157 erledigten Prozessen und einer Verringerung der Dauer eines Falls (von 2018 durchschnittlich 284 auf 264 Tage) hätten die Pendenzen aber abgebaut werden können.
Auch im Ständerat war die Untersuchung der Vorkommnisse beim Bundesstrafgericht Thema. Leider – so Sommaruga – sei der Untersuchungsbericht gleichzeitig bei der GPK und bei der Presse gelandet, was viel Ärger ausgelöst habe. Die Geschichte sei aber noch nicht zu Ende.
In der Folge nahm Bundesgerichtspräsident Ulrich Meyer als Gast der kleinen Kammer Stellung zu diesem «Fall Bellinzona». Man habe bereits im Januar 2020 mit der Untersuchung begonnen und dann den Abschlussbericht im April 2020 gleichzeitig im Internet aufgeschaltet und der GPK abgegeben. Dies entspreche der eigenen Praxis und sei mit der Subkommission Gerichte abgesprochen gewesen. Nach acht Jahren Tätigkeit in der Aufsichtsbehörde des Bundesgerichts wolle er die Empfehlung abgeben, dass die GPK und die Aufsichtsbehörden zusammenarbeiten und nicht Gegensätze suchen sollten. Ziel müsse es sein, sicherzustellen, dass die Gerichte ordnungsgemäss funktionierten. Dass dies der Fall sei, könne er garantieren. Carlo Sommaruga insistierte in der Folge, dass die Veröffentlichung des Berichts im Internet mit Namensnennung nicht abgesprochen gewesen sei.
Ebenfalls bezugnehmend auf ein aktuelles Ereignis stellte in der Folge Beat Rieder (cvp, VS) «unverblümt eine direkte Frage an den Herrn Bundesgerichtspräsidenten», nämlich wie er zu Gesuchen auf Verschiebung der Bundesrichterwahlen stehe. In der Tat standen am folgenden Tag die Gesamterneuerungswahlen des Bundesgerichtes an, bei denen aufgrund der Forderung der SVP, einen Bundesrichter nicht zu bestätigen, ein Verschiebungsgesuch der SP diskutiert werden sollte. Meyer argumentierte, dass er sich als Bundesrichter nicht in parlamentarische Geschäfte einmischen wolle. Dies sei gelebte Gewaltenteilung. Seine persönliche Meinung, nachdem er zwölfmal gewählt und wiedergewählt worden sei, sei aber, dass man mit einer Verschiebung keine Probleme lösen würde.
Auch der Ständerat nahm den Bundesbeschluss schliesslich ohne Diskussion an.

Geschäftsbericht 2019 des Bundesgerichts
Dossier: Geschäftsberichte des Bundesgerichts

Wie gut funktioniert die Überwachung der Bundesanwaltschaft? Diese Frage stand auch aufgrund einer Untersuchung der GPK im Raum. 2010 hatte das Parlament im Rahmen der Reform des Strafbehördenorganisationsgesetzes beschlossen, nicht nur den Bundesanwalt in Zukunft selber zu wählen, sondern auch ein Gremium zu bestimmen, das für das Parlament die Aufsicht über die oberste Strafverfolgungsbehörde übernehmen solle: die AB-BA. Bis anhin waren Wahl und Aufsicht Aufgabe des Bundesrats gewesen. Ziel der Reform war eine Stärkung der Unabhängigkeit der Bundesanwaltschaft gewesen.
Die Ereignisse rund um den amtierenden Bundesanwalt Michael Lauber – die Disziplinaruntersuchung gegen Lauber, dessen Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht und das von der GK gegen ihn angestrengte Amtsenthebungsverfahren – deckten nun aber auf, dass dieses neue Konstrukt mit Bundesanwaltschaft und Aufsichtsbehörde einige Mängel aufweist. Eine Frage, die sich dabei etwa stellte, war, ob sich die GK mit ihrem Amtsenthebungsverfahren über den Entscheid der AB-BA hinweggesetzt habe, hatte Letztere ja lediglich eine Lohnkürzung und keine Empfehlung für eine Amtsenthebung vorgesehen. Allerdings kann nur das Parlament und nicht die AB-BA über eine Amtsenthebung entscheiden.

Auch in den Medien wurde die Ambivalenz zwischen politischer Entscheidung und juristischen Einschätzung diskutiert. Die NZZ urteilte, dass «der Balanceakt zwischen einer unabhängigen Strafverfolgung und einer wirksamen Kontrolle [..] wegen der Gewaltenteilung immer delikat» sei, und die Aargauer Zeitung bemerkte, dass das «Drama» sich nicht auflöse, «wenn Politiker weiter auf Juristen hören». Die WoZ machte ebenfalls einen Konstruktionsfehler aus, weil die Bundesanwaltschaft nicht wirklich unabhängig sei: Bundesanwältinnen und Bundesanwälte seien in der Schweiz «Fliehkräften politischer Interessen ausgesetzt, müssen sich regelmässig einer Wahl stellen und werden von einem Milizgremium beaufsichtigt, das ebenfalls vom Parlament gewählt wird». Die Zeitung zitierte Dick Marty (fdp, TI), der den Schutz der Unabhängigkeit der Bundesanwaltschaft von der Legislative als nicht gegeben betrachtete. Die Unabhängigkeit könne gar nicht gewährt werden, wenn alle reinredeten. Die WoZ forderte Reformen, befürchtete aber, dass mit dem uneinigen Parlament nicht so rasch Ruhe in die Bundesanwaltschaft einkehren werde.

In den Medien geriet freilich auch die Aufsichtsbehörde in den Fokus. Nicht nur das schwierige Verhältnis zwischen der AB-BA und der Bundesanwaltschaft, sondern auch die Differenzen innerhalb der AB-BA sowie der Führungsstil von Hanspeter Uster, der das Gremium seit 2019 präsidierte, wurden kritisiert. Uster «beisse als Aufseher am richtigen Ort zu, aber er verbeisse sich dabei», urteilte etwa die Aargauer Zeitung.

Die AB-BA selber wird von den Geschäftsprüfungskommissionen von National- und Ständerat (GPK) kontrolliert. Die wachsende Kritik sowohl an der Bundesanwaltschaft als auch an der AB-BA hatte die GPK Mitte Mai 2019 veranlasst, eine Untersuchung zum Aufsichtsverhältnis zwischen Bundesanwaltschaft und AB-BA einzuleiten. Der entsprechende Bericht wurde Ende Juni 2020 veröffentlicht und hielt fest, dass die GPK «in den Jahren 2011 bis 2018 [...] grossmehrheitlich positive Rückmeldungen» zur Zusammenarbeit zwischen der AB-BA und der Bundesanwaltschaft erhalten habe, dass sich das «Zusammenarbeitsverhältnis» im Jahr 2019 aber «markant» verändert habe. Im ausführlichen Bericht waren Aussagen der Protagonisten detailliert festgehalten. Laut Bericht habe Michael Lauber seit der Übernahme der Präsidentschaft der AB-BA durch Hanspeter Uster der Dialog gefehlt. Zudem stelle er die Fachkompetenz der Behörde in Frage. Auch hinsichtlich personalrechtlicher Konsequenzen habe es in der Beziehung zwischen Bundesanwaltschaft und Aufsichtsbehörde einen «fundamentalen Wechsel» gegeben. Die AB-BA verstehe sich neu als «Arbeitgeber des Bundesanwalts». Hauptgrund der Zerrüttung sei laut dem Bundesanwalt aber vor allem das Disziplinarverfahren. Er wisse nicht, was man ihm überhaupt vorwerfe. Hanspeter Uster wiederum wurde im Bericht mit der Aussage zitiert, dass er nicht das Gefühl habe, dass es eine Änderung gegeben habe. Er selber habe wohl eher ein Aufsichtsverständnis, während seine Vorgänger «eher ein coachendes Verständnis der Aufsicht gehabt» hätten. Fakt sei aber, dass die AB-BA bei ihrer Aufsichtstätigkeit auf «klare Anzeichen von Amtspflichtverletzungen» gestossen sei, was eine Disziplinaruntersuchung angezeigt habe. «Persönliche Befindlichkeiten» dürften dabei keine Rolle spielen – so Uster laut Bericht.
Ziel der GPK-Untersuchung hätten auch mögliche vertrauensbildende Massnahmen sein sollen. Während Michael Lauber eine Mediation vorgeschlagen habe – etwa in dem Sinne, dass künftig ein Mitglied der GPK bei den gemeinsamen Sitzungen von AB-BA und Bundesanwaltschaft anwesend sein solle –, befürchtete Hanspeter Uster laut Bericht, dass mit einer Mediation «das Fuder überladen» würde. Die GPK lehnte eine solche Mediation schliesslich ab, «da ein solches Verfahren in der Regel den Willen und das Einverständnis beider Seiten voraussetzt, was nicht gegeben war». Eine Entspannung des Verhältnisses würde wohl erst mit Abschluss der Disziplinaruntersuchung einsetzen können, so der Bericht.
In ihren Schlussfolgerungen stellte die GPK fest, dass das Disziplinarverfahren das Verhältnis zwischen Aufsichtsbehörde und Bundesanwaltschaft stark negativ beeinträchtige, dass der Bundesanwalt deshalb die AB-BA nicht mehr als Aufsicht akzeptiere und es deshalb zu mangelnder Kooperation seitens der Bundesanwaltschaft komme. Es sei zwar wünschenswert, dass ein Vertrauensverhältnis herrsche, es sei aber unerlässlich, dass der Bundesanwalt der AB-BA den nötigen Respekt entgegenbringe, was im Moment nicht der Fall sei. Es sei die AB-BA und nicht der Bundesanwalt, die entscheide, ob und wo Einsichtnahme in Akten angezeigt sei; die Ansicht des Bundesanwalt diesbezüglich entspreche «einem falschen Aufsichtsverständnis». Die Einflussnahme der AB-BA sei vielmehr vom Gesetzgeber gewünscht. Der Bericht hielt weiter fest, dass es mit Hanspeter Uster nicht zu einem Paradigmenwechsel gekommen sei.
In den Schlussfolgerungen wurde allerdings auch die AB-BA für Informationspannen gerügt, «die den Bundesanwalt persönlich getroffen» hätten. Kritisiert wurde auch die unglückliche Medienkommunikation beim Disziplinarverfahren. Zudem seien Inspektionen der Aufsichtsbehörde bisher «ungenügend ausgewertet und in schriftliche Berichte gefasst» worden. Der Bericht der GPK folgerte, dass das System einer unabhängigen Bundesanwaltschaft mit unabhängiger Fachaufsicht grundsätzlich funktionieren könnte, sich jedoch mit dem vorliegenden Fall als «nicht krisenfest» erwiesen habe. Die GPK werde deshalb den «Status quo plus» im Sinne einer Beibehaltung des Systems mit einigen Verbesserungen, aber auch einen Umbau der Institutionen prüfen und in einem weiteren Bericht darlegen.

In den Medien wurde der Bericht als weitere «Niederlage für den Bundesanwalt» bewertet (NZZ). Auch die GPK schlage sich auf die Seite der Aufpasser Laubers, urteilte der Blick und die Aargauer Zeitung verstand den Bericht als «vernichtendes Zeugnis» der GPK gegenüber Lauber.

GPK untersucht Verhältnis zwischen AB-BA und BA
Dossier: Michael Lauber - Bundesanwalt
Dossier: Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft (AB-BA)

Anfang März 2020 legte die AB-BA ihren Tätigkeitsbericht für das Jahr 2019 vor. Den Schwerpunkt im «intensivsten Arbeitsjahr seit der Aufnahme ihrer Tätigkeit» habe das Disziplinarverfahren gegen Bundesanwalt Michael Lauber gebildet, aufgrund dessen sich die Zusammenarbeit mit der obersten Strafbehörde erschwert habe. Man sei aufgrund der Untersuchung auch zum Schluss gekommen, dass die Aufsichtstätigkeit funktioniere, aber noch verstärkt werden müsse. Im Rahmen des Verfahrens habe man zudem intensiven Kontakt mit verschiedenen parlamentarischen Kommissionen und Fraktionen gehabt. Laut Bericht ist die Behörde zum Schluss gekommen, dass der Bundesanwalt über einen grossen Gestaltungs- und Ermessensspielraum verfüge und es deshalb nicht nur punktuelle Kontrollen, sondern eine systemische Fachaufsicht durch die AB-BA brauche. In ihrer Medienmitteilung stellte sich die Aufsichtsbehörde auch explizit gegen die Idee einer Kontrolle der Bundesanwaltschaft durch die Exekutive, wie das bis 2010, also vor der Reform des Strafbehördenorganisationsgesetzes noch der Fall gewesen war: Eine «Kontrolle der Bundesanwaltschaft durch Bundesrat und Bundesverwaltung könnte die Unabhängigkeit der Strafjustiz des Bundes gefährden, zu einer unerwünschten Verpolitisierung und zu einer deutlichen Schwächung der Aufsicht führen». In der Tat waren im Rahmen der verschiedenen Ereignisse rund um Michael Lauber immer wieder politische Forderungen laut geworden, die eine Rückkehr zum alten System befürworteten, als der Bundesrat für Wahl und Aufsicht der Bundesanwaltschaft zuständig gewesen war.

Jahresbericht 2019 der Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft
Dossier: Michael Lauber - Bundesanwalt
Dossier: Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft (AB-BA)

Jahresrückblick 2019: Institutionen und Volksrechte

Der Bundesrat stand aus mindestens vier Gründen 2019 im Fokus der politischen Debatte. Zuerst gab die Departementsverteilung im Nachgang der Bundesratsersatzwahlen vom Dezember 2018, bei denen Doris Leuthard (cvp) und Johann Schneider-Ammann (fdp) durch Viola Amherd (cvp) und Karin Keller-Sutter (fdp) ersetzt worden waren, zu reden (vgl. auch den entsprechenden Peak bei der Medienberichterstattung). Nicht nur, dass mit Viola Amherd zum ersten Mal in der Geschichte der Schweiz eine Frau das VBS übernahm, sondern auch der Wechsel von Guy Parmelin ins WBF und von Simonetta Sommaruga ins UVEK wurden in den Medien diskutiert. Kommentiert wurde dabei insbesondere, dass die Verteilung offenbar erst nach einem Mehrheitsbeschluss innerhalb des Gremiums zustande gekommen war, was als schlechter Start und Herausforderung für die künftige Konkordanz interpretiert wurde. Mit der Wahl von zwei Frauen in die Landesregierung wurde der Debatte um die verfassungsmässige Festschreibung einer Frauenquote im Bundesrat der Wind aus den Segeln genommen. Ein entsprechender Vorstoss, der vom Ständerat noch angenommen worden war, wurde vom Nationalrat versenkt. Auch die Idee einer Karenzfrist, also das Verbot für ehemalige Magistratspersonen, Mandate von Unternehmen anzunehmen, die in Beziehung zu ihrem Regierungsamt stehen, wurde – wie schon 2015abgelehnt. Die Gesamterneuerungswahlen für den Bundesrat Ende Jahr lösten eine breite und medial stark begleitete Debatte um Zauberformel, Konkordanz, Systemstabilität und die Ansprüche der bei den Wahlen 2019 sehr erfolgreichen Grünen Partei auf einen Bundesratssitz aus. Die Mehrheit des Parlaments entschied sich, Regula Rytz, die Sprengkandidatin der Grünen, nicht anstelle von Ignazio Cassis in die Exekutive zu wählen.

Auch die Zusammenarbeit zwischen Regierung und Parlament war im Berichtjahr Gegenstand parlamentarischer Arbeit. Beraten wurde dabei insbesondere die Idee eines Verordnungsvetos. Die auf eine parlamentarische Initiative Aeschi (svp, ZG; Pa.Iv. 14.422) zurückgehende, 2014 eingereichte Idee sieht vor, dass ein Drittel der Mitglieder eines Rates gegen die Veröffentlichung einer bundesrätlichen Verordnung ein Veto einlegen kann, wenn die Stossrichtung der Verordnung nicht dem Willen des Parlaments entspricht. Während sich eine Mehrheit des Nationalrats davon eine präventive Wirkung erhoffte, lehnte die Mehrheit des Ständerats die Vorlage als zu kompliziert ab. Ein weiteres Mal abgelehnt wurde – ebenfalls nach längeren Diskussionen – die Idee einer Neuorganisation der Legislaturplanung. Das Parlament debattiert in schöner Regelmässigkeit seit der 2002 eingeführten Änderung, ob die Diskussionen um die zahlreichen Änderungsanträge an der Legislaturplanung zielführend seien. Der Antrag, die Planung wie vor 2002 einfach zur Kenntnis nehmen zu können und eben nicht als Bundesbeschluss behandeln zu müssen, stiess aber im Parlament erneut auf taube Ohren. Die Wahrscheinlichkeit ist gross, dass die Diskussion nach den eidgenössischen Wahlen 2019 erneut losgehen wird.

Im Nationalrat wurde 2019 die Frage erörtert, wie politisch die Verwaltung sei. Während eine Motion Bigler (fdp, ZH; Mo. 17.4127), die eine Offenlegung der Interessenbindungen von Kaderangestellten verlangt, von der grossen Kammer angenommen wurde, lehnte diese ein Postulat Burgherr (svp, AG; Po. 17.3423) ab, mit dem hätte untersucht werden sollen, wann und wie die Verwaltung effektiv politischen Einfluss ausübt. Dauerbrenner im Parlament waren auch 2019 Sparmassnahmen bei den Personalkosten in der Verwaltung. Diese sollten, wäre es nach dem Nationalrat gegangen, mit Hilfe von Digitalisierung oder durch einen Ausgabenstopp in den Griff bekommen werden – der Ständerat verweigerte aber jeweils seinen Segen dazu.

Im letzten Jahr der 50. Legislatur kam es im Parlament noch zu fünf Mutationen. Insgesamt wurden in der 50. Legislatur 26 Nationalrats- und zwei Ständeratsmandate ersetzt; rund ein Drittel der Mutationen war durch die SP-Fraktion zu verantworten. Das Büro-NR will sich in einem Bericht auf ein Postulat Feri (sp, AG; Po. 18.4252) der Vereinbarkeit der Parlamentsarbeit mit Familie und Beruf annehmen, einem Thema, das in den letzten Jahren immer virulenter zu werden scheint, wie verschiedene Vorstösse zeigen. Nicht einig wurde man sich in den Räten über verschiedene Spesenregelungen. Die SPK-NR entschloss sich deshalb, mit einer Kommissionsinitiative (Pa.Iv. 19.431) wenigstens die Übernachtungsentschädigungen einheitlicher zu organisieren. Diskutiert wurde im Parlament auch 2019 wieder über Regeln für transparenteres Lobbying. Die seit Langem schwelende Debatte, die spätestens 2015 mit der sogenannten «Kasachstan-Affäre» viel Fahrt aufgenommen hatte, wurde allerdings stark abgebremst: Fast wäre auch der letzte, ziemlich zahnlose Vorstoss in diese Richtung versandet, wenn nicht der nach den eidgenössischen neu zusammengesetzte Nationalrat den Nichteintretensentscheid auf einen Vorschlag der SPK-SR sozusagen in letzter Minute zurückgenommen hätte.

Etwas stärker in den Fokus als auch schon geriet 2019 die Judikative, was sich auch in der Medienkonjunktur zu diesem Thema zwischen März und September 2019 beobachten lässt. Dies hatte einerseits damit zu tun, dass im Nationalrat über die Revision des ziemlich umstrittenen Bundesgerichtsgesetzes debattiert wurde – insbesondere die subsidiäre Verfassungsbeschwerde wird wohl auch 2020 noch zu reden geben, auch wenn der Ständerat kurz vor Ende Jahr beschloss, nicht auf die Vorlage einzutreten. Andererseits standen einige Ersatzwahlen an, die jedoch in aller Regel geräuschlos über die Bühne gehen. Beinahe wäre jedoch eine Ersatzwahl ans Bundesgericht zur Ausnahme dieser Regel geworden, da die GK entgegen den Gepflogenheiten nicht die am stärksten untervertretene SVP, sondern die CVP berücksichtigte, was beinahe zu einer noch nie vorgekommenen Kampfwahl geführt hätte. Dafür, dass das Gerichtswesen auch in Zukunft im Gespräch bleibt, wird wohl auch die 2019 zustande gekommene Justizinitiative sorgen, die vorschlägt, oberste Richterinnen und Richter per Losverfahren zu bestimmen, um eben diese starke, dem Proporzgedanken geschuldete Verbindung zwischen Judikative und Parteien zu verhindern. Viel zu schreiben gab zudem die Bundesanwaltschaft. Nach langen und stark medial begleiteten Diskussionen zu einer Disziplinaruntersuchung um den amtierenden Bundesanwalts Michael Lauber wurde dieser erst nach einer Verschiebung der Wahl von der Sommer- in die Herbstsession und äusserst knapp für eine dritte Amtsperiode bestätigt.

Im Wahljahr 2019 trat die Nutzung der direkten Demokratie ein wenig in den Hintergrund. An zwei Abstimmungswochenenden wurde lediglich über drei Vorlagen abgestimmt. Dabei folgte die Mehrheit der Stimmbevölkerung sowohl bei den beiden Referenden (STAF und Waffenschutzrichtlinie) als auch bei der Zersiedelungsinitiative der Empfehlung von Parlament und Bundesrat. Die Ablehnung der Zersiedelungsinitiative bedeutet zudem, dass in der 50. Legislatur kein einziges Volksbegehren Erfolg hatte. Die wahlbedingte Abstimmungspause wird wohl in den folgenden Jahren zu einigen Abstimmungswochenenden mit mehreren Vorlagen führen, sind doch Ende 2019 ganze 16 Volksinitiativen im Unterschriftenstadium und 19 abstimmungsreif oder beim Bundesrat oder im Parlament in Beratung. Dafür, dass in Zukunft die direkte Demokratie umfassender genutzt werden könnte, sorgte das Parlament zudem mit seiner Entscheidung zur Kündigung von Staatsverträgen, die zukünftig nicht mehr dem Bundesrat, sondern der Legislative und im Falle eines Referendums der Stimmbevölkerung obliegt. Eines der anstehenden Volksbegehren ist die Transparenzinitiative, für die die SPK-SR 2019 einen indirekten Gegenentwurf in die Vernehmlassung gab, mit dem die Offenlegung der Finanzierung von Wahl- und Abstimmungskampagnen im Gesetz geregelt werden soll und der in der Wintersession vom Ständerat mit Anpassungen gutgeheissen wurde.

Einen herben Dämpfer erlitt 2019 die Idee des elektronischen Wählens und Abstimmens. Nachdem der Kanton Genf bereits Ende 2018 sein E-Voting-System eingestellt hatte und das System der Post in einem öffentlich ausgeschriebenen Stresstest den Anforderungen nicht standgehalten hatte, bestanden keine brauchbaren technischen Angebote mehr für die effektive Durchführung von «Vote électronique». Daher entschied sich der Bundesrat, sein Ziel, E-Voting als ordentlichen Stimmkanal einzuführen, vorläufig zu sistieren. Gegenwind erhielt der elektronische Stimmkanal zudem von einer Anfang 2019 lancierten Volksinitiative für ein E-Voting-Moratorium. Immerhin entschied sich der Nationalrat für eine Motion Zanetti (svp, ZH; Mo. 19.3294) mit dem Ziel, die Abstimmungsunterlagen elektronisch zustellen zu können.

Jahresrückblick 2019: Institutionen und Volksrechte
Dossier: Jahresrückblick 2019

In Erfüllung eines Postulats Müller-Altermatt (cvp, SO) präsentierte der Bundesrat im Juni 2019 einen Bericht zur Frage nach der Vereinigung der Sach- und Entscheidkompetenz in der Atomaufsicht. Dabei erklärte er, dass er die Zuständigkeiten bei Bewilligungen für den Betrieb von Atomkraftwerken nicht umkrempeln wolle.
Ausgegangen war das Postulat von einem Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts im Jahr 2012. Bei diesem Gerichtsfall hatten die Richter in St. Gallen eine Beschwerde von zahlreichen Anwohnerinnen und Anwohnern aus der Region Mühleberg (BE) gutgeheissen, welche sich gegen eine durch das UVEK herausgegebene Verfügung zur Ausstellung einer unbefristeten Betriebsbewilligung für das AKW Mühleberg gerichtet hatte. Durch diesen Verwaltungsgerichtsentscheid, welcher jedoch 2013 vom Bundesgericht wieder umgestossen wurde, hatte das UVEK der BKW keine unbefristete Betriebsbewilligung ausstellen dürfen. In jenem Gerichtsentscheid hatten die Juristinnen und Juristen zudem die Problematik diskutiert, dass zwar einerseits das UVEK für die Betriebsbewilligungen im Kernenergiebereich zuständig ist, andererseits jedoch das ENSI für die laufende Aufsicht verantwortlich ist und dies zu unerwünschten Ergebnissen führen könne. Genau an dieser Kritik knüpfte Stefan Müller-Altermatt an und reichte ein entsprechendes Postulat zwecks Vereinigung dieser beiden Kompetenzen beim ENSI ein. Da sich aber mittlerweile die Situation geändert habe, die Zuständigkeiten im Kernenergiebereich gemäss geltendem Gesetz durch den Bundesgerichtsentscheid vom März 2013 genauer ausgelegt und die Anliegen des Postulats deshalb obsolet geworden seien, möchte der Bundesrat die Betriebsbewilligungszuständigkeiten beim UVEK belassen.

surveillance des centrales nucléaires

Tätigkeitsberichte von Bundesbehörden seien nicht der Stoff, auf den sich Medien stürzten, kommentierte die NZZ. Dies sei freilich beim Jahresbericht 2018 der Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft (AB-BA) für einmal anders, da es im Rahmen der Ereignisse rund um die Treffen des Bundesanwaltes Michael Lauber mit Fifa-Präsident Gianni Infantino die Öffentlichkeit interessiere, was die Aufsichtsbehörde dazu meine. Auch die Präsentation des Jahresberichts war anders als in früheren Jahren von einer Medienkonferenz begleitet, die der im Vorjahr gewählte, neue Präsident der AB-BA, Hanspeter Uster, einberufen hatte. Zum ersten Mal enthielt ein AB-BA-Jahresbericht zudem Weisungen an den Bundesanwalt. Erstens solle die Revision des Memorandums zwischen der Bundesanwaltschaft und dem Nachrichtendienst über die Abläufe der Zusammenarbeit hinsichtlich Prävention und Strafverfolgung eingeleitet werden. Zweitens, und bezugnehmend auf die medial stark beachtete Fifa-Geschichte, seien in Zukunft Gespräche mit Parteien oder anderen Verfahrensbeteiligten zu dokumentieren. Im Raum stand zudem der Vorwurf, Lauber habe die AB-BA bezüglich eines dritten Treffens angelogen.
Es knirsche hörbar zwischen der Bundesanwaltschaft und ihrer Aufsichtsbehörde, urteilte die NZZ, was aber gut sei, weil die AB-BA bisher sehr pfleglich mit der von ihr zu überprüfenden Bundesanwaltschaft umgegangen sei.

Jahresbericht 2018 der Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft
Dossier: Michael Lauber - Bundesanwalt
Dossier: Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft (AB-BA)

In der Sommersession 2018 nahmen die Räte den Geschäftsbericht des Bundesgerichtes 2017 zur Kenntnis. Die Kommissionssprecherinnen und -sprecher – im Ständerat Hans Stöckli (sp, BE) und im Nationalrat Corina Eichenberger-Walther (fdp, AG) sowie Philippe Nantermod (fdp, VS) – hoben verschiedene Elemente des Berichts hervor. So wurde etwa die Einführung des elektronischen Gerichtsdossiers nach «einem harzigen Start» (Stöckli) oder der rege Austausch von Bundesrichterinnen und Bundesrichtern mit Kolleginnen und Kollegen am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) erwähnt, wobei man habe erwirken wollen, dass letzterer weniger stark ins nationale Recht eingreife. Stark hervorgehoben wurde freilich insbesondere, dass 2017 mit total 8’029 Fällen erneut ein Rekordjahr war (2016: 7'743), wobei die Zunahme vor allem bei der strafrechtlichen und der Ersten öffentlich-rechtlichen Abteilung zu verzeichnen war. Sie stehe auch in Verbindung mit dem in der Strafprozessordnung installierten Ausbau der Verteidigungsrechte im Staatsanwaltsmodell, das einen grösseren Spielraum für die Anfechtung von Entscheiden erlaube. Die Anzahl erledigter Fälle (7'782; 2016: 7'811) und die durchschnittliche Verfahrensdauer (144 Tage; 2016: 140 Tage) entsprechen den Werten des Vorjahres. Es wurde betont, dass diese Zahlen eine Zielverfehlung anzeigten: Die Totalrevision des Bundesgerichtsgesetzes, die nun seit 12 Jahren in Kraft sei, hätte die Entlastung der Gerichte bewirken sollen, was aber klar nicht erreicht worden sei. Die anstehende Teilrevision dieses Gesetzes sei deshalb wichtig. Dies sehe auch das Bundesgericht selber so, wie dessen Vizepräsidentin Martha Niquille in der ständerätlichen Debatte betonte: Es brauche unbedingt eine Entlastung, wenn die Qualität der Rechtsprechung gewahrt werden solle. Man sei im Prinzip mit der Vorlage, wie sie jetzt bereits vorliege, einverstanden – so die Vizepräsidentin weiter. Allerdings warnte sie vor der Idee der subsidiären Verfassungsbeschwerde. Dieses Auffangrechtsmittel sei eher eine Zusatzbelastung und die Erfolgsquote sei derart bescheiden – von den 427 im Jahr 2017 eingegangenen subsidiären Verfassungsbeschwerden seien lediglich 8 gestützt worden –, dass man es getrost streichen könne. Auch Ulrich Meyer, der Präsident des Bundesgerichtes, der in der nationalrätlichen Debatte zugegen war, verwies auf die Bedeutung der Revision. Zwar könne man dank grosser interner Flexibilität und Zu- und Umteilungen von Fällen auf andere Abteilungen die Arbeitslast einigermassen bewältigen, dieses Vorgehen sei aber auf Dauer nicht möglich.
Beim Bundesverwaltungsgericht war die Anzahl neuer Fälle (7’365) im Vergleich zum Vorjahr (8102) etwas zurückgegangen; allerdings seien auch etwas weniger Fälle abgeschlossen worden (7'385; 2016: 7’517) womit sich auch die Erledigungsdauer von 212 auf 268 Tage erhöht habe. Die Zunahme sei vor allem der komplexer werdenden Fälle im Kartell- und Wettbewerbsrecht geschuldet. Erfreulich sei hingegen, dass dank der temporären Aufstockung der Richterstellen im Asylbereich die dortigen Rückstände abgebaut werden könnten.
Im Geschäftsbericht des Bundesstrafgerichtes wurde ausgewiesen, dass mehr Fälle erledigt werden konnten (852; 2016: 787) als eingegangen waren (805; 2016: 901).
Das Bundespatentgericht schliesslich hatte 34 neue Fälle zu verzeichnen (2016: 27) und konnte 2017 deren 24 erledigen (2016: 24).
Die Kommissionssprecherin und die Kommissionssprecher betonten, dass verschiedene Umfragen unter Anwälten und Prozessparteien gezeigt hätten, dass man mit der Arbeit der verschiedenen Gerichte sehr zufrieden sei. Die Schweiz habe eine «gut funktionierende Gerichtsbarkeit» (Stöckli); die «Zusammenarbeit und der Betrieb» liefen gut (Eichenberger-Walther).
Der Geschäftsbericht wurde von beiden Kammern zur Kenntnis genommen und mit Annahme des Bundesbeschlusses über den Geschäftsbericht des Bundesgerichtes für das Jahr 2017 genehmigt.

Geschäftsbericht 2017 des Bundesgerichts
Dossier: Geschäftsberichte des Bundesgerichts

Internationaler Terrorismus, organisierte Kriminalität, Wirtschaftskriminalität und Cyber-Crime würden nach neuen Strategien und Arbeitsmethoden für die Bundesanwaltschaft rufen, denen aber gleichzeitig von der nationalen Strafrechts- und Prozessgesetzgebung enge Grenzen gesetzt würden, hielt der Jahresbericht 2017 der Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft (AB-BA) einleitend fest. Erschwerend komme hinzu, dass die Behörde ihre Verfahren in einem stark politisierten Umfeld führe und deshalb im Fokus der Öffentlichkeit stehe. Die AB-BA habe sich im Berichtsjahr vor allem auf systemische Probleme konzentriert. Unter anderem empfahl sie einen Code of Conduct für ehemalige Mitarbeitende. Positiv beurteilte die Aufsichtsbehörde, dass die operativen Abläufe gut funktionierten und die Mitarbeitenden motiviert seien und Eigeninitiative zeigten. Die AB-BA ging im Bericht zudem ausführlich auf den Fall «Daniel M.» ein, der von der GPDel untersucht wurde. Weiter sei gegen Bundesanwalt Michael Lauber 2017 eine Disziplinarbeschwerde eingereicht worden, auf welche die AB-BA laut Jahresbericht aber nicht eingetreten war.

Jahresbericht 2017 der Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft
Dossier: Michael Lauber - Bundesanwalt
Dossier: Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft (AB-BA)

Es gehöre zum Wesen einer Aufsichtsbehörde, dass sie erst dann wahrgenommen werde, wenn die unter Aufsicht stehende Behörde in die Kritik gerate, eröffnete Niklaus Oberholzer, Präsident der AB-BA das Vorwort des Jahresberichts 2016 ebendieser Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft. Die AB-BA mische sich aber nicht in einzelne Verfahren ein und beurteile auch nicht einzelne Staatsanwälte. Vielmehr habe sie Einblick in das gesamte System der Bundesanwaltschaft zu nehmen, betonte er.
In der Tat war die Bundesanwaltschaft aufgrund einzelner Verfahren (FIFA, Petrobras, 1MDB) in den Fokus der Medien geraten. Die AB-BA bescheinigte der Bundesanwaltschaft in ihrem Jahresbericht freilich, in diesen Verfahren verantwortungsbewusst und zielgerichtet vorzugehen. Die Inspektionen hätten keine systemischen Schwächen gezeigt. Kritischer äusserte sich das Aufsichtsgremium zur internen Reorganisation: Diese sei noch in der Aufbauphase und vieles sei noch nicht eingespielt, nicht umgesetzt und es gebe noch Verbesserungspotenzial. Der Administrativaufwand sei hoch und die internen Abläufe noch kompliziert und unklar.

Jahresbericht 2016 der Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft
Dossier: Michael Lauber - Bundesanwalt
Dossier: Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft (AB-BA)

In seinem Bericht zur Erfüllung des Postulats machte der Bundesrat darauf aufmerksam, dass Open Source Software, also im Gegensatz zu lizenzierter Software gratis zugängliche Produkte, in der Verwaltung nur sehr selten erstellt werde. Eigenentwicklungen würden nur bewilligt, wenn für eine Anwendung keine Software auf dem Markt beschafft werden könne. Zudem sei eigens für den Bund entwickelte Software in ihrem Anwendungsbereich sehr spezifisch und für Private in der Regel wohl nur begrenzt nutzbar.
Eine Umfrage innerhalb der Verwaltung habe gezeigt, dass kaum Bedarf oder Möglichkeit für Weitergabe von Software an Dritte bestehe. Konkrete Vorstellungen hierzu hätten lediglich das Bundesamt für Landestopographie und das Bundesamt für Meteorologie angemeldet. Zudem könne sich das Bundesgericht vorstellen, die teilweise selber entwickelte Software „OpenJustitia“ an kantonale Gerichte weiterzugeben.
Zu regeln wäre zudem – so der Bericht weiter – ob die unentgeltliche Weitergabe von Software eine wirtschaftliche Tätigkeit sei. In diesem Falle müsste deren Erstellung im öffentlichen Interesse liegen. Sei dies nicht der Fall, so könnte es sich bei der Weitergabe um eine Wettbewerbsverzerrung handeln, was gesetzlich geregelt werden müsste. Hier seien noch rechtliche Abklärungen nötig, die vom EFD und vom EJPD vorgenommen werden würden.

Open Source Software (Po. 14.4275)
Dossier: Bundesgesetz über den Einsatz elektronischer Mittel zur Erfüllung von Behördenaufgaben (EMBAG)

In ihrem Jahresbericht 2015 hob die Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft (AB-BA) die verschiedenen Anpassungen hervor, die im Hinblick auf die Gesamterneuerung der Leitungsgremien der Bundesanwaltschaft für die Periode 2016–2019 vorgenommen worden seien. Die strukturelle Reorganisation sei beim Personal zwar zuerst auf Verunsicherung, letztendlich aber doch auf Akzeptanz gestossen. Ende 2015 habe das Unterfangen abgeschlossen werden können. Der Bericht hob zudem hervor, dass die Aufsichtsbehörde bei ihren Inspektionen auf die «(zu) niedrige Zahl von Staatsanwälten» hingewiesen worden sei. Wegen nicht wiederbesetzter Abgänge, aber auch aufgrund der Zunahme der Arbeitsbelastung werde eine Aufstockung der Stellen als «dringend und notwendig» erachtet. In der Presse wurde der Bericht nicht kommentiert.

Jahresbericht 2015 der Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft
Dossier: Michael Lauber - Bundesanwalt
Dossier: Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft (AB-BA)

In ihrem Jahresbericht 2014 sprach die Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft (AB-BA) von einem «positiven Eindruck», den sie von der bundesanwaltschaftlichen Tätigkeit der letzten vier Jahre habe. Es sei gelungen, einen grossen Teil alter Fälle abzuarbeiten, wobei auf ein «verantwortungsbewusstes Ressourcenmanagement» geachtet worden sei. Administration und Budgetdisziplin funktionierten sehr gut. Allerdings habe es die Bundesanwaltschaft bisher versäumt, Stellgrössen zu entwickeln, um die Wirksamkeit und Effizienz ihrer Tätigkeiten überprüfen zu können.
Die NZZ urteilte, dass die schlechte Presse über die Bundesanwaltschaft der Vergangenheit angehöre, wofür die Zeitung verbesserte Strukturen, aber auch eine «umsichtige Kommunikation» des Bundesanwaltes Michael Lauber verantwortlich machte.

Jahresbericht 2014 der Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft
Dossier: Michael Lauber - Bundesanwalt
Dossier: Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft (AB-BA)

In seinem Evaluationsbericht zur neuen Bundesrechtspflege, den er Ende Oktober vorlegte, zog der Bundesrat insgesamt ein positives Fazit. Der auf ein Postulat Pfisterer (fdp, AG) zurückgehende Bericht kam zum Schluss, dass die 2007 in Kraft getretene Reform der Bundesrechtspflege gelungen sei. Die Reform hatte unter anderem zur Schaffung des Bundesverwaltungs- und des Bundesstrafgerichts als erstinstanzliche eidgenössische Gerichte geführt. Als Problem wurde allerdings die zunehmende und teilweise falsche Belastung des Bundesgerichtes mit unbedeutenden Fällen geortet. Als Massnahme schlug der Bundesrat deshalb vor, den Ausnahmekatalog zu überprüfen. Zudem findet sich im Bericht auch ein Vorschlag für eine Art Verfassungsgerichtsbarkeit: in einem Bestätigungsverfahren müsste das Parlament die Verfassungsmässigkeit eines Gesetzes innerhalb einer bestimmten Frist bejahen, falls das Bundesgericht einen Widerspruch feststellen würde.

Postulat Evaluation zur neuen Bundesrechtspflege (07.3420)

In seinem Mitte April der Aufsichtsbehörde vorgelegten Tätigkeitsbericht für das Jahr 2012 versuchte Bundesanwalt Michael Lauber den Eindruck von Normalität zu vermitteln. Strukturen und Abläufe seien dank eines neuen Controllingsystems optimiert und einige langjährige Verfahren abgeschlossen worden. Zudem sei das Jahr von Offenheit, Vertrauen und Professionalität geprägt gewesen. Auch die Aufsichtsbehörde beschrieb in ihrem Bericht einen grundsätzlich positiven Eindruck. Einzig die zu hohe Verfahrensdauer wurde kritisiert. Es gäbe zwar durchaus plausible Gründe für die lange Frist, die durchschnittliche Behandlungsdauer von drei bis vier Jahren müsse aber verringert werden. In der Presse wurde es als zu früh erachtet, die Leistungen von Lauber nach nur einem Jahr Amtszeit zu bewerten.

Jahresbericht 2012 der Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft
Dossier: Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft (AB-BA)