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In der Sommersession nahmen die Räte vom Geschäftsbericht 2013 des Bundesgerichtes Kenntnis. Informiert wurde über die Geschäftslast, die zwar im Vergleich zum Vorjahr nur unwesentlich angestiegen sei, aber dennoch mit 7'919 Fällen einen Höchststand erreicht habe (2012: 7'871). Im Vergleich zum Vorjahr konnten rund 200 Fälle mehr erledigt werden (1'878; 2012: 7'667). Auch die Pendenzen stiegen leicht an und erreichten einen Stand von 2'510 Fällen (2012: 2'469 Fälle). Besonders konfrontiert mit dem Anstieg der Beschwerden waren die strafrechtliche und die öffentlichrechtliche Abteilung. Während erstere die Folgen der neuen Strafprozessordnung zu spüren bekam, wurde zweitere insbesondere im Zusammenhang mit den neuen Zweitwohnungsbestimmungen mit Beschwerden eingedeckt. Nach wie vor bestehe das Bedürfnis, sich weniger den Bagatellfällen als vielmehr den Grundsatzfragen zu widmen. Mit der Einsetzung einer Kommission will der Bundesrat Nachbesserungen für die Entlastung des Bundesgerichtes aufgleisen.

Geschäftsbericht 2013 des Bundesgerichts
Dossier: Geschäftsberichte des Bundesgerichts

Der Jahresbericht der Aufsichtsbehörde (AB-BA) über die Bundesanwaltschaft für das Jahr 2013 wurde Mitte April 2014 veröffentlicht. Er attestierte der Bundesanwaltschaft, gut zu funktionieren und ihre Aufgaben professionell und kompetent wahrzunehmen. Mit Hilfe eines von Bundesanwalt Michael Lauber eingeführten Verfahrenscontrollings konnten die Pendenzen verringert werden. Die Kontrolle habe zu einem internen Druck geführt, Fälle speditiver zu erledigen. Der Bericht machte auch auf die hohen und steigenden Personalkosten aufmerksam.

Jahresbericht 2013 der Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft
Dossier: Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft (AB-BA)

Der zunehmende Druck der Öffentlichkeit gegen die Judikative manifestierte sich Ende 2013 in einem erst Mitte März 2014 bekannt gemachten tätlichen Angriff gegen einen Richter der sozialrechtlichen Abteilung. Der Richter war dem Täter bekannt. Dieser wollte sich offenbar für einen wenige Tage zuvor gefällten Richterentscheid rächen. Der Richter wurde auf offener Strasse angegriffen und leicht verletzt – ein Vorfall, wie er sich zuvor in der Schweiz noch nie ereignet hatte, obwohl Bundesgerichtspräsident Gilbert Kolly von mehreren Fällen offener Drohung berichtete. Um dem anscheinend zunehmenden Misstrauen zu begegnen, setzte die Vereinigung der Richterinnen und Richter eine Ethikkommission ein, die in Form einer Dialogplattform Empfehlungen für adäquates Verhalten von Justiz-Personen abgeben soll. Dabei sollen Themen wie Unabhängigkeit (Vereinbarkeit von Parteimitgliedschaft und Richterrolle; öffentliche Stellungnahmen zu politischen Geschäften), Unparteilichkeit – vor allem in Kantonen kann es zwischen Staatsanwälten, Verteidigern, Polizeibeamten und Richtern zu problematischen persönlichen Bindungen kommen – oder Umgang mit Druck seitens der Öffentlichkeit (z.B. auch via Medien), diskutiert werden. Ein vorbildliches Verhalten könne helfen, Vertrauen zu schaffen.

zunehmende Druck der Öffentlichkeit gegen die Judikative

Mit 192 von 198 gültigen Stimmen (sechs Wahlzettel entfielen auf Diverse und sechs weitere eingelangte Zettel blieben leer) wählte die vereinigte Bundesversammlung Grégory Bovey neu ins Amt eines ordentlichen Bundesrichters. Die Wahl war nötig geworden, weil der verstorbene Bundesrichter Bernard Corboz ersetzt werden musste. In Bovey fand die GK den idealen Ersatz, war der in Genf wohnhafte Kantonsrichter doch nicht nur französischer Muttersprache und Zivilrechtler, sondern gehörte – wie sein Vorgänger – der FDP an, die am Bundesgericht mit 1,33 Stellen untervertreten ist.

Wahl eines Bundesrichters

Mit der Ende 2013 durchgeführten Wahl von Francesco Parrino ans Bundesgericht wurden Ersatzwahlen am Bundesverwaltungsgericht nötig. Weil innerhalb des Verwaltungsgerichts keine Abteilungswechsel vorgesehen waren, waren für die Stelle italienische Muttersprache und Kenntnisse im Sozialversicherungsrecht als Bedingungen festgehalten worden. Aus den vier Bewerbungen (drei Männer, eine Frau) wurde Michela Bürki Moreni ausgewählt, die die beiden Bedingungen erfüllte. Die neue Verwaltungsrichterin – sie erhielt 194 der 199 gültigen Stimmen, von den 204 eingelangten Wahlzetteln blieben 5 leer – gehört der SP an, die am BVGer untervertreten ist. Dies gelte zwar auch für die SVP, die BDP, die GLP und die CVP, so die GK, von diesen Parteien habe sich aber niemand beworben.

Ersatzwahlen am Bundesverwaltungsgericht

Weil Yves Rüedi in der Wintersession 2013 zum hauptamtlichen Bundesrichter gewählt worden war, musste ein neues nebenamtliches Bundesgerichtsmitglied bestimmt werden. Die GK schlug Daniela Viscione vor, deren Name in der Frühjahrssession 2014 auf 191 von 192 gültigen Wahlzetteln vermerkt wurde – 9 Wahlzettel blieben leer und auf einem stand ein anderer Name. Weil nebenamtliche Richterinnen und Richter in der Regel flexibel eingesetzt werden, ist neben einer Qualifikation als Jurist oder als Juristin keine besondere fachliche Spezialisierung nötig. Bedingung für die Stelle war allerdings Deutsch als Muttersprache. Die Wahl der GK fiel aus den 18 Bewerbungen auch deshalb auf Daniela Viscione, weil diese der SVP angehöre, also jener Partei, die am BGer am deutlichsten untervertreten sei. Zudem verändere sich mit der Wahl der Oberrichterin des Kantons Aargau das Geschlechterverhältnis zu Gunsten der Frauen. Es beträgt bei den nebenamtlichen Richterstellen nun neu sieben Frauen zu zwölf Männern.

Nebenamtlicher Bundesrichter

Die 2013 vom Ständerat überwiesene Motion Martin Schmid (fdp, GR), die eine Live-Stream-Übertragung öffentlicher Urteilsberatungen des Bundesgerichtes verlangt hätte, wurde in der Frühlingssession von der grossen Kammer abgelehnt. Die Kommission für Rechtsfragen, deren Mehrheit die Motion auch entsprechend der Empfehlung des Bundesrates ablehnte, machte geltend, dass die Transparenz, die mit dem Vorstoss gefordert werde, bereits ausreichend vorhanden sei. Grundsatzentscheide würden digital veröffentlicht und alle Urteile könnten im Internet abgerufen werden. Eine systematische Internetübertragung von sehr komplexen Sachverhalten würde eher zu Problemen führen. Der Mediatisierungsdruck könnte etwa auch die Unabhängigkeit des Gerichtes gefährden. Zudem würden lediglich ein Prozent aller Urteile überhaupt öffentlich diskutiert. Die Minderheit, angeführt von Daniel Jositsch (sp, ZH) versuchte vergeblich geltend zu machen, dass das Interesse und das Vertrauen in die Justiz durch die wenigen Live-Auftritte der Bundesrichter erhöht werden könnte. Der Nationalrat versenkte die Motion mit 130 zu 38 Stimmen bei 6 Enthaltungen.

Transparenz von Gerichtsverfahren
Dossier: Revision der Strafprozessordnung (Umsetzung der Mo. 14.3383)
Dossier: Revision der Zivilprozessordnung (2018–)

Mit einem Postulat Caroni (fdp, AR) soll geprüft werden, wie das Bundesgericht entlastet werden kann. Das vom Nationalrat in der Wintersession diskussionslos angenommene Begehren schlägt insbesondere vor, Bagatellfälle zu definieren und diese nicht mehr vom Bundesgericht beurteilen zu lassen. Der Bundesrat kündigte an, die Vorschläge im Rahmen einer Revision des Bundesgerichtsgesetzes zu prüfen.

Bundesgericht entlasten (Po. 13.3694)
Dossier: Revision des Bundesgerichtsgesetzes

Unterstützt von Parlamentarierinnen aller Couleur reichte Nationalrätin Kiener Nellen (sp, BE) eine parlamentarische Initiative ein, die eine angemessene Vertretung von Frauen an den eidgenössischen Gerichten fordert. Ende 2013 betrug die Frauenquote am Bundesgericht 28.9 Prozent, am Bundesstrafgericht 27.8 Prozent und am Bundesverwaltungsgericht 32.4 Prozent. Diese Untervertretung soll mit geeigneten Mitteln behoben werden. Der Vorstoss wurde im Berichtjahr noch nicht behandelt.

Angemessene Vertretung von Frauen an den eidgenössischen Gerichten (13.482)
Dossier: Frauenanteil in Verwaltung und Justiz

Beide Räte überwiesen diskussionslos eine auch vom Bundesrat unterstützte Motion Ribaux (fdp, NE), die eine Revision des Artikels 23 der Schweizerischen Strafprozessordnung (StPo) verlangt, damit die Fälschung von Autobahnvignetten nicht mehr von der Bundesanwaltschaft, sondern von den kantonalen Gerichten geahndet werden muss. Tatsächlich sieht Art. 23 StPo vor, dass die Fälschung von Urkunden des Bundes der Bundesgerichtsbarkeit unterstehe. Darunter fällt auch die Autobahnvignette, was allerdings bei etwa 900 Fälschungsfällen pro Jahr mit einer sehr starken Belastung der Bundesanwaltschaft einhergeht.

Fälschung von Autobahnvignetten (Mo. 13.3063)

Die im Vorjahr von beiden Rechtskommissionen per parlamentarische Initiative angeregten Verordnungen zur Anzahl Richterstellen und zur Entschädigung der nebenamtlichen Richterinnen und Richter am Bundesstrafgericht wurden im Berichtjahr in den Räten ohne Debatte und einstimmig angenommen. In Zukunft sollen höchsten 16 voll- und 3 nebenamtlich tätige Bundesstrafrichterinnen und -richter tätig sein und die Höhe der Vergütungen denjenigen am Bundesgericht angepasst werden.

Festlegung der Richterstellen am Bundesstrafgericht (Pa.Iv. 12.462)
Dossier: Anzahl Richterinnen- und Richterstellen an den eidgenössischen Gerichten

In seinem Evaluationsbericht zur neuen Bundesrechtspflege, den er Ende Oktober vorlegte, zog der Bundesrat insgesamt ein positives Fazit. Der auf ein Postulat Pfisterer (fdp, AG) zurückgehende Bericht kam zum Schluss, dass die 2007 in Kraft getretene Reform der Bundesrechtspflege gelungen sei. Die Reform hatte unter anderem zur Schaffung des Bundesverwaltungs- und des Bundesstrafgerichts als erstinstanzliche eidgenössische Gerichte geführt. Als Problem wurde allerdings die zunehmende und teilweise falsche Belastung des Bundesgerichtes mit unbedeutenden Fällen geortet. Als Massnahme schlug der Bundesrat deshalb vor, den Ausnahmekatalog zu überprüfen. Zudem findet sich im Bericht auch ein Vorschlag für eine Art Verfassungsgerichtsbarkeit: in einem Bestätigungsverfahren müsste das Parlament die Verfassungsmässigkeit eines Gesetzes innerhalb einer bestimmten Frist bejahen, falls das Bundesgericht einen Widerspruch feststellen würde.

Postulat Evaluation zur neuen Bundesrechtspflege (07.3420)

Mit Francesco Parrino wählte die Vereinigte Bundesversammlung Ende September den Nachfolger von Aldo Borella als hauptamtlichen Bundesrichter italienischer Sprache. Parrino wurde von der SP vorgeschlagen und von allen Fraktionen ausser der FDP-Liberalen und der CVP/EVP-Fraktion unterstützt, welche ihrerseits Luca Grisanti vorschlugen. Die Gerichtskommission hatte sich für den SP-Kandidaten ausgesprochen, weil die SP am Bundesgericht stärker untervertreten sei als die FDP. Die Freisinnigen machten hingegen geltend, dass es bei den Wahlen um die Vakanz in der sozialrechtlichen Abteilung des Bundesgerichtes gehe, wo bereits jetzt drei von zehn Richtern der SP angehörten. Der zurücktretende Aldo Borella gehört der FDP an. Grisanti, seinerseits Mitglied der FDP, erhielt allerdings lediglich 86 Stimmen und Parrino wurde mit 152 Stimmen gewählt. In der Wintersession wählte die Bundesversammlung zudem einen Nachfolger für den zurücktretenden Roland Schneider (svp). Die Wahl von Yves Rüedi (svp) – dem nach über 100 Jahren erst dritten Glarner Bundesrichter in der Geschichte – war nicht umstritten.

hauptamtlichen Bundesrichter

Mit der Wahl zweier Richter der SVP ans Bundesverwaltungsgericht – Christoph Rohrer und David Weiss – wurde die Untervertretung der Volkspartei laut Präsident der Gerichtskommission auf ein akzeptables Mass reduziert. Die CVP-Kandidatin Karin Huber-Studerus hatte keine Chance, obwohl auch die CVP eine Untervertretung anmahnte. Beide SVP-Richter werden im Bereich des Gesundheits- und Sozialversicherungsrechts tätig sein. Bereits in der Frühjahrssession hatte die Bundesversammlung vier Mitglieder gewählt, damals allerdings ohne Gegenkandidaturen. Die vakante Richterstelle deutscher Sprache besetzt neu Esther Karpathakis (glp) und für die drei Richterstellen französischer Sprache wurden Sylvie Cossy (gp), Pascal Richard (cvp) und William Waeber (sp) gewählt.

Aufbau des Bundesverwaltungsgerichts

In der Herbstsession wählte die Vereinigte Bundesversammlung Daniel Kipfer Fasciati und Jean-Luc Bacher zum Präsidenten und Vizepräsidenten des Bundesstrafgerichts. Es handelte sich dabei um Routine-Wahlen; Kipfer Fasciati war bis anhin Vizepräsident und sollte für 2014/2015 die Leitung übernehmen. Im November des Berichtjahres konnte zudem der neue Sitz des Bundestrafgerichtes in Bellinzona bezogen werden.

zum Präsidenten und Vizepräsidenten des Bundesstrafgerichts

Die Transparenz von Gerichtsverfahren war im Berichtjahr Gegenstand von Diskussionen. Im Ständerat löste eine Motion Martin Schmid (fdp, GR) eine Debatte aus. Der Vorstoss fordert eine Live-Stream-Direktübertragung von öffentlichen Urteilsberatungen des Bundesgerichtes analog zu den Parlamentsdebatten. Der Motionär machte geltend, dass die bundesgerichtliche Entscheidfindung nur einem kleinen Kreis Interessierter vor Ort zugänglich sei. Dies sei unbefriedigend, da eine vollständige Nachvollziehbarkeit der Urteile mit Hilfe einer nachträglichen Konsultation der kürzeren schriftlichen Veröffentlichung, die zudem Minderheitsmeinungen in der Regel nicht beinhalte, nicht möglich sei. Dies führe zu Kritik und schliesslich zu Misstrauen in die Gerichte. In seiner Stellungnahme amtierte der Bundesrat als Sprachrohr der Bundesrichter, die einer Übertragung von öffentlichen Beratungen überaus skeptisch gegenüberstanden. Das geltende Prozessrecht garantiere bereits Öffentlichkeit und eine Direktübertragung könne die Transparenz kaum steigern. Die kleine Kammer schenkte diesen Bedenken allerdings kein Gehör und überwies die Motion mit 34 zu 6 Stimmen an den Nationalrat, der sie im Berichtjahr noch nicht behandelte. Auch eine Motion Ribaux (fdp, NE), die das Verbot von SMS und Tweets aus Gerichtssälen vorsieht, stand zur Behandlung im Plenum noch an.

Transparenz von Gerichtsverfahren
Dossier: Revision der Strafprozessordnung (Umsetzung der Mo. 14.3383)
Dossier: Revision der Zivilprozessordnung (2018–)

Anfang September legte der Bundesrat seine Botschaft zur Revision des Bundesgesetzes über das Bundesgericht vor. Die auf eine Motion Janiak (sp, BL) zurückgehende Änderung sieht vor, dass das Bundesgericht in Zukunft bei Beschwerden gegen Entscheide des Bundesstrafgerichtes die Feststellung des Sachverhaltes und die Beweisführung der Vorinstanz prüfen darf. Bisher war das oberste Gericht an den vom Bundesstrafgericht festgestellten Sachverhalt gebunden. In den Räten wurde der Entwurf im Berichtjahr noch nicht debattiert.

Revision des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BRG 13.075)
Dossier: Schaffung einer Berufungskammer am Bundesstrafgericht

In seinem Mitte April der Aufsichtsbehörde vorgelegten Tätigkeitsbericht für das Jahr 2012 versuchte Bundesanwalt Michael Lauber den Eindruck von Normalität zu vermitteln. Strukturen und Abläufe seien dank eines neuen Controllingsystems optimiert und einige langjährige Verfahren abgeschlossen worden. Zudem sei das Jahr von Offenheit, Vertrauen und Professionalität geprägt gewesen. Auch die Aufsichtsbehörde beschrieb in ihrem Bericht einen grundsätzlich positiven Eindruck. Einzig die zu hohe Verfahrensdauer wurde kritisiert. Es gäbe zwar durchaus plausible Gründe für die lange Frist, die durchschnittliche Behandlungsdauer von drei bis vier Jahren müsse aber verringert werden. In der Presse wurde es als zu früh erachtet, die Leistungen von Lauber nach nur einem Jahr Amtszeit zu bewerten.

Jahresbericht 2012 der Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft
Dossier: Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft (AB-BA)

In der Sommersession wählte die Vereinigte Bundesversammlung mit Paul-Xavier Cornu einen neuen Stellvertretenden Bundesanwalt für den Rest der Amtsperiode 2012 bis 2015. Die Wahl war aufgrund des Rücktritts von Maria-Antonella Bino nötig geworden, die sich beruflich neu orientieren wollte. Die Gerichtskommission hatte sich für Cornu entschieden und sich damit gegen andere Bewerber gestellt, darunter auch gegen Claude Nicati, den im Berichtjahr abgewählten Neuenburger Staatsrat, der die Stelle schon einmal inne gehabt hatte.

Stellvertretenden Bundesanwalt

Die Justizaffäre Holenweger erhielt im Berichtjahr neue Nahrung. Der Bankier Oskar Holenweger war 2010 von der Bundesanwaltschaft der Geldwäscherei angeklagt, 2012 aber vom Bundesgericht vollumfänglich frei gesprochen worden. Anfang Juni des Berichtjahres wurde bekannt, dass Holenweger vom Bund Entschädigung fordern will. Er stellte beim Eidgenössischen Finanzdepartement ein Begehren um Staatshaftung, weil er faktisch zum Verkauf seiner Privatbank gezwungen worden sei.

Justizaffäre Holenweger

Eine parlamentarische Initiative der Rechtskommission des Nationalrats, die mit einer Verordnung die Zahl der Richterstellen am Bundesverwaltungsgericht von 65 auf 68 Vollzeitstellen erhöhen wollte, erlitt im Berichtjahr Schiffbruch. Zuerst hatte die ständerätliche Kommission im Vorjahr zwar Zustimmung zur Ausarbeitung eines Entwurfs gegeben und der Nationalrat hatte diesen noch Ende 2012 trotz Einwänden des Gerichtspräsidenten und des Bundesrates gutgeheissen. Die kleine Kammer beschloss allerdings in ihrer Frühjahrssession, nicht auf das Geschäft einzutreten. Der Ständerat folgte mit 27 zu 13 Stimmen seiner Kommissionsminderheit und der Regierung, die darauf hinwies, dass zum jetzigen Zeitpunkt kein Bedarf an zusätzlichen Stellen bestehe, da Pendenzen und Arbeitsbelastung des Gerichtes in letzter Zeit abgenommen hätten. Stellen auf Vorrat sollen keine geschaffen werden. Im Sommer schloss sich die grosse Kammer diesem Argument an und der Vorstoss wurde beerdigt.

Erhöhung der Richterinnen- und Richterstellen am Bundesverwaltungsgericht von höchstens 65 auf höchstens 68 Vollzeitstellen (Pa.Iv. 12.425)
Dossier: Anzahl Richterinnen- und Richterstellen an den eidgenössischen Gerichten

In der Frühjahrssession nahm auch der Ständerat die Motion Vogler (csp, OW) an. Da die grosse Kammer den Vorstoss für ein Anwaltsgesetz bereits im Vorjahr gutgeheissen hatte, wurde der Bundesrat mit Beschluss der kleinen Kammer aufgefordert, das Bundesgesetz über die Freizügigkeit der Anwältinnen und Anwälte (BGFA) so zu revidieren, dass es alle, insbesondere auch die beratend tätigen Anwältinnen und Anwälte erfasst und die Zulassung zum Anwaltsberuf sowie die Organisationsmöglichkeiten von Anwaltskanzleien kantonal einheitlich regelt.

Motion für ein Anwaltsgesetz (12.3372)
Dossier: Umfassendes Anwaltsgesetz

Im Geschäftsbericht des Bundesgerichts wurde darauf hingewiesen, dass die Geschäftslast erneut stark zugenommen habe. 2012 waren 7'871 neue Beschwerden erhoben worden, was gegenüber 2011 einer Zunahme von 6% (453 zusätzliche Fälle) entsprach. Die Erledigungszahlen wurden zwar gesteigert – 2012 konnten 7'667 Fälle erledigt werden, 2011 waren es 7'327 – trotzdem stiegen die Pendenzen leicht an (2012: 2'469 Fälle; 2011: 2'267 Fälle). Mit einer verbesserten Informatik und der Einsetzung einer Arbeitsgruppe, die geeignete Massnahmen vorschlagen soll, will das Bundesgericht den Problemen Herr werden. Die Räte nahmen in der Sommersession vom Geschäftsbericht Kenntnis.

Geschäftsbericht 2012 des Bundesgerichts
Dossier: Geschäftsberichte des Bundesgerichts

Der 2011 erstmals vom Parlament gewählte Bundesanwalt Michael Lauber, trat Ende März nach 100 Tagen im Amt vor die Medien. Nach den stürmischen Zeiten in der Bundesanwaltschaft – Valentin Roschacher hatte 2006 zurücktreten müssen und Erwin Beyeler wurde 2011 vom Parlament abgewählt – hatte Lauber etwas Ruhe ins Amt gebracht und setzte vor allem Zeichen hinsichtlich einer besseren Kommunikation um die Reputation wiederherzustellen. Die Presse stellte dem Neuen ein insgesamt gutes Zeugnis aus; er müsse sich aber bei schwierigen Fällen erst noch bewähren. Lauber ist für vier Jahre gewählt.

Bundesanwalt Lauber im ersten Jahr nach seiner Wahl (2012)
Dossier: Michael Lauber - Bundesanwalt

Die Vereinigte Bundesversammlung wählte Gilbert Kolly (cvp) zum Bundesgerichtspräsidenten für die Jahre 2013 und 2014. Zum Vizepräsidenten wurde Ulrich Meyer (sp) bestimmt. Nachfolger des zurückgetretenen Peter Locher (fdp) als nebenamtlicher Bundesrichter wurde als erster Grünliberaler Rolf Benz. Darüber hinaus kam es im Berichtjahr zu einem Sesselrücken im Bundesgericht. Von Bedeutung war dabei die Rochade von Peter Karlen in die I. Öffentlich-Rechtliche Abteilung, womit erstmals seit 20 Jahren wieder ein Richter der SVP in der Kammer, die etwa auch für Einbürgerungen zuständig ist, Einsitz nahm. Im Juni wählte die Bundesversammlung Lorenz Kneubühler und Niklaus Oberholzer (beide sp) ins Bundesgericht und im September wählte das Parlament Alexia Heine (svp) für den zurücktretenden Bundesgerichtspräsidenten Lorenz Meyer als neue Bundesrichterin.

Bundesgerichtspräsidentenwahl 2012
Dossier: Wahlen der Bundesgerichtspräsidenten