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In einer weiteren Runde des Differenzbereinigungsverfahrens stimmte der Nationalrat dem Ständerat mit der einzigen Ausnahme der Regelung der Selbstdispensation zu. Diese Pattsituation machte die Einberufung der Einigungskommission zwischen den vorberatenden Kommissionen beider Räte notwendig. Diese entschied im Sinne des Ständerates, worauf die Gesamtvorlage von beiden Kammern stillschweigend angenommen wurde. In der Gesamtabstimmung passierte das neue Gesetz im Ständerat mit 35:1 und im Nationalrat mit 124:38 Stimmen bei 14 Enthaltungen. Abgelehnt wurde die Vorlage lediglich von der SD/Lega, der Freiheitspartei (ex-AP), der EdU und der PdA sowie von den Rechtsexponenten der bürgerlichen Parteien.

Revision der Krankenversicherung – Schaffung des KVG (BRG 91.071)
Dossier: Schaffung des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung (KVG; 1988-1994)
Dossier: Prämienverbilligung

Der Ständerat lenkte bei der Frage der Tarifbeschwerde auf die Fassung des Nationalrates ein und schloss sich weitgehend auch beim Prämienverbilligungssystem an, lehnte allerdings aus Spargründen die Weiterverteilung der allenfalls frei werdenden Bundesbeiträge ab. Bei der Selbstdispensation hielt er an der kantonalen Regelungsbefugnis fest, übernahm aber vom Nationalrat das Kriterium der Apothekendichte. In der Frage der Tarifsetzung für öffentliche Spitäler im vertragslosen Zustand blieb die kleine Kammer hart.

Revision der Krankenversicherung – Schaffung des KVG (BRG 91.071)
Dossier: Schaffung des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung (KVG; 1988-1994)
Dossier: Prämienverbilligung

In Zusammenarbeit mit der Preisüberwachung und der Eidg. Arzneimittelkommission erarbeiteten das EDI und das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) eine neue Arzneimittelverordnung, die eine Korrektur der Preisstruktur sowie Preissenkungen im Bereich der kassenpflichtigen Medikamente bewirken soll mit dem Ziel, die Schweizer Preise für Medikamente vermehrt den ausländischen anzunähern. Von den angestrebten Preissenkungen, welche für die Krankenkassen mittelfristig Einsparungen in Millionenhöhe bringen, werden nur Produkte auf der sogenannten Spezialitätenliste betroffen, das heisst jene Medikamente, die von den Krankenkassen zurückerstattet werden und demzufolge der Preiskontrolle durch das BSV unterstehen. Nach dem neuen Modell sollen ältere Originalpräparate durch eine Verkürzung der Preisschutzfrist billiger werden, neuere durch die Einführung eines Innovationszuschlags etwas teurer.

Verordnungsänderungen gegen das Preisgefälle zwischen hiesigen und ausländischen Medikamenten (1993–1995)

In der im Berichtsjahr erfolgten Differenzbereinigung zwischen den beiden Kammern erwiesen sich die Prämienverbilligungen für wirtschaftlich Schwächere, deren Finanzierung und die Modalitäten ihrer Ausrichtung als die Schicksalsartikel der gesamten Vorlage. Der Nationalrat kam hier dem Ständerat und den Kantonen insofern entgegen, als er zwar daran festhielt, dass die Kantone für die Finanzierung der Prämienverbilligungen die Hälfte der Bundessubventionen, nämlich 1 Mia. Fr. beisteuern müssen, andererseits aber die Erhöhung der Kantonsbeiträge auf vier Jahre etappierte. Als weiteres Zugeständnis sollen die Kantone mit niedrigem Prämiendurchschnitt - was vor allem die Ostschweiz betrifft - ihren Beitrag kürzen dürfen, wenn die Prämienverbilligungen gleichwohl sichergestellt sind. Die grosse Kammer bestimmte, dass die dadurch freiwerdenden Bundesmittel jenen Kantonen zugute kommen sollen, die aus eigenen Beiträgen stärker zur Prämienverbilligung beitragen.

Der Nationalrat hielt zudem an der Verpflichtung der Versicherer zur Gesundheitsförderung fest, akzeptierte aber einen Selbstbehalt bei der individuellen Prävention. Bekräftigt wurden auch das vom Ständerat abgelehnte Anhörungsrecht der Patientenorganisationen vor Abschluss eines Tarifvertrages, die weitgefasste, dem bisherigen Recht entsprechende Beschwerdelegitimation bei Tarifbeschwerden und die Verneinung des alleinigen Rechts der Kantonsregierungen, bei Streitigkeiten um die Tarifsetzung in öffentlichen Spitälern als Schiedsrichter aufzutreten. Der kleinen Kammer schloss sich der Nationalrat hingegen in der Beschränkung der Globalbudgetierung auf den stationären Bereich und in der Begrenzung des Risikoausgleichs zwischen den Kassen auf zehn Jahre an. Auch in der Frage der Medikamentenabgabe durch die Ärzte fand sich der Nationalrat zu einem Kompromiss bereit. Die Selbstdispensation sollte zwar durch den Bund eingeschränkt werden, wobei aber auf den möglichen Zugang der Patienten zu einer Apotheke Rücksicht genommen werden müsste.

Revision der Krankenversicherung – Schaffung des KVG (BRG 91.071)
Dossier: Schaffung des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung (KVG; 1988-1994)
Dossier: Prämienverbilligung

Im Kanton Zürich schlug die Gesundheitsdirektion einen Umbau des gesamten Spitalwesens in zwei Schritten vor. Mit dem Systemwechsel zur leistungsorientierten Krankenhaussteuerung sollen Konzernstrukturen, Lean Management und Wettbewerb auch in den Spitälern Einzug halten, mit dem späteren Wechsel zur integrierten regionalen Leistungssteuerung Gesundheits- und Sozialwesen miteinander verschmolzen werden. Ziel der ersten Etappe ist ein (freiwilliger) Abbau von rund 1500 Akutbetten und Kosteneinsparungen bis zu 25 Prozent. Der Kanton St. Gallen führte seinerseits für drei Kantonsspitäler Globalbudgets ein.

Umbau des Zürcher Spitalwesens (1994)

Als schweizerische Premiere unterstellte der Kanton Waadt die privaten Kliniken und die privaten Abteilungen der öffentlichen Spitäler einem Katalog von Qualitätskriterien. Je nach Ausgestaltung ihrer Leistungen im Operationsbereich, in der Pflege sowie in Unterkunft und Verpflegung erhalten sie seit Beginn des Berichtsjahres 1994 abgestufte Entschädigungen.

Kanton Waadt schafft Qualitätskriterien für private Kliniken (1994)

Eine Motion Wick (cvp, BS) betreffend die Kassenpflicht von speziellen Diätetika für Invalide mit Geburtsgebrechen, für welche nach Erreichen des 20. Altersjahrs die Leistungen der Invalidenversicherung erlöschen, wurde auf Antrag des Bundesrates, der auf entsprechende Kontakte zwischen dem Bundesamt für Sozialversicherung und dem Konkordat der Krankenkassen verwies, nur als Postulat angenommen. Bei der Beratung des revidierten Krankenversicherungsgesetzes beschloss der Nationalrat, dass die Krankenversicherung inskünftig in solchen Fällen leistungspflichtig ist.

Kassenpflicht von speziellen Diätetika (Mo. 92.3313)

Der Bundesrat erklärte die Verträge zwischen den Spitälern und dem Krankenkassenverband im Kanton Aargau für ungültig. Die Aargauer Regierung hatte 1991 einer Erhöhung der Spitaltarife um durchschnittlich 19,4% zugestimmt — zwei Tage nachdem der dringliche Bundesbeschluss zur Kosteneindämmung im Gesundheitswesen in Kraft getreten war, welcher die Tariferhöhungen auf 7,8% beschränkte. Dagegen hatte sich der Aargauische Krankenkassenverband (AKV) mit einer Beschwerde beim Bundesrat gewehrt. Der Kanton Aargau muss nun dem AKV rund 14 Mio. Fr. zurückerstatten. Der AKV und das kantonale Gesundheitsdepartement liegen sich aber auch noch aus einem anderen Grund in den Haaren. Als der AKV drei Monate lang die Rechnungen der aargauischen Kantonsspitäler unter die Lupe nahm, entdeckte er 176 Fehler. Mit einer Ausnahme hatten die Spitäler dabei immer zu hohe Beträge verrechnet, insgesamt rund 50'000 Franken.

Verträge zwischen den Spitälern und dem Krankenkassenverband im Kanton Aargau ungültig

In der Wintersession übernahm der Ständerat die vom Nationalrat eingefügten wettbewerbspolitischen Bestimmungen, beharrte ansonsten aber auf einer ganzen Reihe von Differenzen zum Nationalrat. Insbesondere strich er die von der grossen Kammer eingeführte Verpflichtung der Versicherer, in der Krankheitsverhütung aktiv zu werden, wieder aus der Vorlage, ebenso wie die Anhörungspflicht gegenüber Patientenorganisationen vor Abschluss eines Tarifvertrages. Die Kompetenz zur Regelung der Selbstdispensation der Ärzte wollte er bei den Kantonen belassen, den Risikoausgleich unter den Krankenkassen auf zehn Jahre beschränken und die Globalbudgetierung ausschliesslich im stationären Bereich gelten lassen. Als umstrittenster Punkt erwies sich eindeutig die Regelung der Prämienverbilligungen. Der Ständerat berücksichtigte dabei die Opposition der Kantone gegen die ihnen von Regierung und Nationalrat auferlegte Verpflichtung zur Mitfinanzierung der Verbilligungsbeiträge im Umfang von einer Milliarde Franken. Er wollte diesen Gesamtbeitrag auf 30% des Bundesbeitrages begrenzen, was etwa 600 Mio. Fr. entsprechen würde.

Revision der Krankenversicherung – Schaffung des KVG (BRG 91.071)
Dossier: Schaffung des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung (KVG; 1988-1994)
Dossier: Prämienverbilligung

Bei den eidgenössischen Abstimmungen gab die PdA die Nein-Parole zur Erhöhung des Treibstoffzolls, zu den Bundesbeschlüssen über die Arbeitslosenversicherung und über die Kostensteigerung in der Krankenversicherung, gegen welche sie das Referendum ergriffen hatte, sowie zu sämtlichen vier Vorlagen über die Mehrwertsteuer heraus.

Parolen der PdA 1993
Dossier: Parolen der PdA, 1990-1995

Diese Fragestellung erhielt durch den Blutskandal in Deutschland, wo in noch ungewissem Ausmass ungenügend kontrollierte Blutkonserven in die Spitäler gelangten, neue Aktualität, besonders als bekannt wurde, dass nicht auszuschliessen sei, dass einzelne dieser Blutpräparate auch in die Schweiz eingeführt worden seien. Keine der darauf angesprochenen Behörden (IKS, BAG, Kantonsärzte bzw. -apotheker) konnte mit letzter Klarheit die Frage beantworten, ob, wann und wo problematische Blutpräparate importiert und allenfalls verwendet worden seien. Diese völlig unklaren Kompetenzen erhärteten den Ruf nach einer zentralisierten Kontrollinstanz.

Arbeitsgruppe beleuchtet HIV-Infektionen durch Bluttransfusionen (ab 1993)
Dossier: HIV-verseuchte Blutkonserven

Der Formulierung des Bundesrates im revidierten Krankenversicherungsgesetz, wonach die Leistungen innerhalb der Grundversicherung wirksam, zweckmässig und wirtschaftlich sein müssen, fügte der Ständerat die Bestimmung bei, dass die Wirksamkeit nach wissenschaftlichen Methoden nachzuweisen sei. Er folgte damit den Argumenten der Schulmediziner, welche warnten, dass die Kosten der in der Regel günstigeren Komplementärmedizin lediglich zusätzlich zu denjenigen der Schulmedizin hinzukämen, was die Kosten im Gesundheitswesen weiter ansteigen lasse. Der Nationalrat lehnte den ständerätlichen Zusatz ab. In der Differenzbereinigung hielt die kleine Kammer an ihrer Meinung fest.

Revision der Krankenversicherung – Schaffung des KVG (BRG 91.071)
Dossier: Schaffung des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung (KVG; 1988-1994)
Dossier: Prämienverbilligung

Der Nationalrat folgte in den Grundfragen der Gesetzesrevision (Obligatorium, Freizügigkeit beim Kassenwechsel, massvolle Ausdehnung des Leistungskatalogs, Aufhebung der Aussteuerung nach 720 Tagen, Prämiengleichheit von Mann und Frau, Jungen und Alten in der Grundversicherung, gezielte Prämienverbilligungen der öffentlichen Hand, Zulassung neuer Versicherungsformen) Bundes- und Ständerat, nahm aber auch die Vorschläge der Kartellkommission in wesentlichen Punkten auf. So sollen wettbewerbshindernde Bestimmungen in Verbandsstatuten, Standesregeln und Tarifverträgen ausdrücklich verboten werden. Anders als der Ständerat wollte der Nationalrat bei der Aushandlung der Tarifverträge den Patientenorganisationen zumindest ein Anhörungsrecht einräumen.

Die Gesetzesvorlage sieht — ähnlich wie der befristete Bundesbeschluss von 1991 über Massnahmen gegen die Entsolidarisierung in der Krankenversicherung — vor, dass Versicherer mit einem unterdurchschnittlichen Bestand an Frauen oder älteren Personen Ausgleichsbeiträge zugunsten von Versicherern mit einem entsprechend überdurchschnittlichen Anteil zu leisten haben. Bundes- und Ständerat wollten diese Bestimmung auf zehn Jahre beschränken, da sich ihrer Meinung nach bis dahin die Risikostrukturen aufgrund der vollen Freizügigkeit der Versicherten angeglichen haben sollten. Der Nationalrat zeigte sich hier skeptischer und strich deshalb die Befristung.

Beim Katalog der ausserordentlichen Massnahmen zur Kosteneindämmung kehrte der Nationalrat insofern zum bundesrätlichen Vorschlag zurück, als er das Instrument der Globalbudgetierung sowohl im ambulanten wie im stationären Bereich zulassen wollte. Zudem erteilte er dem Bundesrat die Kompetenz, kantonale Massnahmen bei der Globalbudgetierung zu koordinieren. Bei der Zulassungsbeschränkung für Leistungserbringer schloss sich die Volkskammer hingegen dem Ständerat an und lehnte diese ab.

Im Bereich der gezielten Prämienverbilligungen durch Beiträge der öffentlichen Hand – vorerst 3 Mia Fr. während vier Jahren nach Inkrafttreten des Gesetzes – folgte der Nationalrat ebenfalls dem Bundesrat und setzte die kantonalen Beiträge auf mindestens die Hälfte des gesamten Bundesbeitrages fest. Der Ständerat hatte hier die Kantone weniger streng in die Pflicht nehmen wollen. Anders als Bundes- und Ständerat beschloss der Nationalrat allerdings, den Kantonen das System, nach dem die Prämienverbilligungen vorzunehmen sind, nicht vorzuschreiben. Damit kam er dem Wunsch der Kantone nach administrativer Vereinfachung entgegen.

In einem heiklen Punkt der Vorlage, der Regelung der Direktabgabe von Medikamenten durch die Arzte (Selbstdispensation) stellte sich der Nationalrat hinter die ursprüngliche Vorlage und damit gegen den Ständerat und entschied, die Selbstdispensation zulasten der Krankenversicherung solle durch eine bundesrätliche Verordnung und nicht auf kantonaler Ebene geregelt werden. Neuland betrat die grosse Kammer mit der Bestimmung, dass sich die Krankenversicherer inskünftig in Zusammenarbeit mit anderen Stellen auch auf dem Gebiet der generellen Gesundheitsförderung und der Krankheitsverhütung engagieren und dafür je obligatorisch versicherte Person einen vom Bundesrat festgesetzten jährliche Beitrag für die allgemeine Krankheitsverhütung erheben sollten. Wie bereits im Ständerat hatte auch im Nationalrat ein Antrag aus Kreisen der SP, der CVP und der LdU/EVP-Fraktion auf Einbeziehung der Taggeldversicherung in die soziale Krankenversicherung keine Chance. Ebenfalls abgelehnt wurde ein Antrag der Mehrheit der vorberatenden Kommission, welcher vorschreiben wollte, dass auch in den Zusatzversicherungen eine Abstufung der Prämien nach Geschlechtern unzulässig sei.

Der Nationalrat nahm das revidierte Krankenversicherungsgesetz mit 113 zu 40 Stimmen klar an. Die Vorlage wurde von der AP aus grundsätzlichen Uberlegungen bekämpft. Eine Mehrheit der FDP-Fraktion sprach sich wegen der Ausdehnung der Globalbudgetierung auf den ambulanten Bereich und wegen des unbefristeten Risikoausgleichs ebenfalls dagegen aus.

Revision der Krankenversicherung – Schaffung des KVG (BRG 91.071)
Dossier: Schaffung des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung (KVG; 1988-1994)
Dossier: Prämienverbilligung

Bei der Revision des Krankenversicherungsgesetzes entbrannte eine heftige Kontroverse um die Stellung der Psychotherapeuten. Der Ständerat wollte bei der heute geltenden Regelung bleiben, wonach Psychotherapeuten nur im Rahmen der Praxis eines Psychiaters Leistungen der sozialen Krankenversicherung erbringen dürfen. Der Nationalrat nahm eine liberalere Haltung ein. Auch er lehnte es ab, die Psychotherapeuten als eigenständige, unabhängige Leistungserbringer ins Gesetz aufzunehmen, hiess aber eine Bestimmung gut, wonach der Bundesrat sowohl die Zulassung der selbständig tätigen Psychotherapeuten wie auch die Ausbildungskriterien der von Ärzten angestellten Psychotherapeutinnen und -therapeuten regeln soll. Dies eröffnet nichtmedizinischen Psychotherapeuten die Möglichkeit, zwar nach wie vor nur auf Überweisung eines Arztes, aber in eigener Praxis kassenpflichtige Leistungen zu erbringen. Der Ständerat schloss sich in diesem Punkt dem Nationalrat an.

Revision der Krankenversicherung – Schaffung des KVG (BRG 91.071)
Dossier: Schaffung des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung (KVG; 1988-1994)
Dossier: Prämienverbilligung

Wegen der neu eingeführten Kostenbeteiligung von zehn Franken pro Tag im Spital wurde von der PdA das Referendum gegen die im Vorjahr vom Parlament verabschiedeten und für 1993 und 1994 wirksam werdenden dringlichen Massnahmen gegen die Kostensteigerung in der Krankenversicherung eingereicht, doch wurde die Vorlage in der Volksabstimmung mit über 80% Ja-Stimmen sehr deutlich angenommen.

Bundesbeschluss über befristete Massnahmen gegen die Kostensteigerung in der Krankenversicherung (BRG 92.067)
Dossier: Bundesbeschlüsse über befristete Massnahmen gegen die Kostensteigerung in der Krankenversicherung (1990-1994)

Dringlicher Bundesbeschluss über Massnahmen gegen die Kostensteigerung in der Krankenversicherung. Abstimmung vom 26. September 1993
Beteiligung: 39,8%

Ja: 1 416 209 (80,5%) / 20 6/2 Stände
Nein: 342 002 (19,5%) / 0 Stände

Parolen:
-Ja: FDP, SP, CVP, SVP, GP, LP, LdU, EVP, AP, SD, EDU; SGB, CNG, VSA, SBV, SGV; Krankenkassenkonkordat, FMH, Schweiz. Patienten-Organisation.
-Nein: PdA, Lega.

Die Vox-Analyse dieses Urnengangs wertete den Ausgang der Abstimmung als Vertrauensbeweis gegenüber Bundesrat und Parlament, und dies homogen über alle Bevölkerungsgruppen hinweg. Sowohl Befürworter als auch Gegner stützten ihren Entscheid zu einem grossen Teil auf das Bestreben, die steigenden persönlichen Ausgaben für die Krankenversicherung zu bremsen. Die Befürworter akzeptierten den Bundesbeschluss dabei als valablen Kompromiss, während die Gegner radikalere Lösungen zum Schutz der kleinen Einkommen bevorzugt hätten.

Bundesbeschluss über befristete Massnahmen gegen die Kostensteigerung in der Krankenversicherung (BRG 92.067)
Dossier: Bundesbeschlüsse über befristete Massnahmen gegen die Kostensteigerung in der Krankenversicherung (1990-1994)

Primär mit dem Ziel, administrative Kosten zu senken und bestehende Synergien zu nutzen, beschliessen immer öfter auch grössere Kassen ein engeres Zusammengehen. Den Anfang hatten Ende des Vorjahres die Krankenkassen Zoku, die Schweizerische Betriebskrankenkasse (SBKK), die Ostschweizer Krankenkasse (OSKA) und Panorama gemacht, die sich zur Dachorganisation Swica zusammenschlossen, um flächendeckend Gesundheitszentren aufbauen zu können. Weitere kleinere Kassen folgten diesem Beispiel. Besonders bedeutsam war aber der Schulterschluss zwischen Helvetia, Konkordia und KFW, der unter dem Namen Swisscare rund 2,5 Millionen Versicherten ein grösseres Gewicht gegenüber den Leistungserbringern verleihen soll.

beschliessen immer öfter auch grössere Kassen ein engeres Zusammengehen

Die 1991 beschlossenen individuellen Prämienverbilligungen für die Jahre 1992 bis 1994 scheiterten in vielen Kantonen an der angespannten Finanzlage bzw. an der fehlenden Rechtsbasis. Bundesrat und Parlament hatten die 300 Mio. Fr. Bundesbeiträge an die Bedingung gekoppelt, dass die Ausschüttung an die Kantone nur erfolgt, wenn diese — abgestuft nach ihrer Finanzkraft — den gleichen bis den dreifachen Betrag zuschiessen. Nur gerade 13 Kantone reichten fristgemäss bis Ende Juni ein entsprechendes Gesuch ein, einige von ihnen — so etwa Bern und Solothurn — beanspruchten lediglich einen Teil der ihnen zustehenden Bundesgelder. Die 100 Mio. Fr. pro Jahr werden aber dennoch ausgeschüttet. In einer zweiten Runde sollen jene Kantone die restlichen Gelder erhalten, die in der ersten Verteilrunde mitgemacht haben, und zwar unabhängig von der Höhe der kantonalen Prämienverbilligungen.

Dringliche Bundesbeschlüsse gegen die Entsolidarisierung und über die Kostendämpfung (BRG 91.069)
Dossier: Bundesbeschlüsse über befristete Massnahmen gegen die Kostensteigerung in der Krankenversicherung (1990-1994)

Dennoch bekundeten einzelne Kantone grosse Schwierigkeiten mit der Finanzierung, insbesondere auch, da sich die Krankenkassen weigerten, einen Beitrag an die Projekte auszurichten, obgleich sie vom BAG dazu aufgefordert worden waren. Vor allem in Kantonen, welche für grössere Ausgaben das Finanzreferendum kennen, stellte sich die Frage, wie die vielfach umstrittenen Versuche einer Volksabstimmung entzogen werden könnten. In Bern entschloss man sich schliesslich dazu, die Projekte in einzelne Vorlagen aufzusplitten, um damit unter der für das Finanzreferendum massgeblichen Grenze zu bleiben. In Basel-Stadt wies der anbegehrte Kredit nur die Nettobelastung des Kantons aus und blieb damit ebenfalls unterhalb der Referendumslimite.

Massnahmenpaket zur Drogenpolitik: Ärztlich kontrollierter Zugang zu Heroin (1991–1997)
Dossier: Bundesbeschluss über die ärztliche Verschreibung von Heroin

Obwohl der Risikoausgleich zwischen den Krankenkassen 1994 voll greifen soll und dannzumal enorme Prämienerhöhungen bei den sogenannten "Billigkassen" zu erwarten sind, hielt die Abwanderung von den traditionellen zu den günstigeren "jungen" Kassen ungebremst an. Dies hing auch damit zusammen, dass aus Mangel an aktuellen Daten die Solidaritätsbeiträge aufgrund der zwei Jahre zurückliegenden Versicherungsbestände errechnet wurden, was zu schwerwiegenden statistischen Verzerrungen führte. Das BSV revidierte deshalb die entsprechende Verordnung mit dem Ziel, den Risikoausgleich realitätsnaher und effizienter zu gestalten.

Dringliche Bundesbeschlüsse gegen die Entsolidarisierung und über die Kostendämpfung (BRG 91.069)
Dossier: Bundesbeschlüsse über befristete Massnahmen gegen die Kostensteigerung in der Krankenversicherung (1990-1994)

Aus der Entwicklung der Umsatzzahlen in Arztpraxen und Apotheken schloss der schweizerische Apothekerverein, dass Ärzte und Ärztinnen vermehrt Medikamente in Selbstdispensation verkaufen, um so die Ausfälle auszugleichen, die ihnen auf Tarifebene durch den dringlichen Bundesbeschluss gegen die Kostensteigerung in der Krankenversicherung entstehen. Die Apotheker appellierten deshalb an die Parlamentarierinnen und Parlamentarier, im revidierten Krankenversicherungsgesetz die Selbstdispensation rigoros einzuschränken und eine entsprechende Bundeskompetenz einzuführen. Diese war im bundesrätlichen Vorschlag enthalten gewesen, im Ständerat jedoch zugunsten der Kantonshoheit aus der Vorlage gekippt worden. Der Nationalrat kehrte wieder zum Entwurf des Bundesrates zurück, doch hielt der Ständerat in der Differenzbereinigung an der föderalistischen Lösung fest.

Revision der Krankenversicherung – Schaffung des KVG (BRG 91.071)
Dossier: Schaffung des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung (KVG; 1988-1994)
Dossier: Prämienverbilligung

Im Gegensatz zum Konkordat der schweizerischen Krankenkassen, welches diese Vorschläge positiv aufnahm, wurden sie von der Verbindung der Schweizer Ärzte (FMH) als Schritt in Richtung zur Zweiklassenmedizin abgelehnt. Doch auch der Bundesrat, welcher in seiner Vorlage selber kein Kartellverbot vorgesehen hatte, sprach sich für eine diesbezügliche Verschärfung des neuen Krankenversicherungsgesetzes aus, überliess es aber dem Parlament, über eine allfällige Ergänzung im Sinn der Kartellkommission zu entscheiden.

Revision der Krankenversicherung – Schaffung des KVG (BRG 91.071)
Dossier: Schaffung des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung (KVG; 1988-1994)
Dossier: Prämienverbilligung

In Zusammenhang mit der Totalrevision des Krankenversicherungsgesetzes machte die Kartellkommission eine Reihe von Anregungen, welche kostendämpfenden Wettbewerb in die soziale Krankenversicherung bringen sollten. Die Kommission ging von der Feststellung aus, dass im Schweizer Gesundheitswesen — anders als in einem funktionierenden Markt — die Preise bei steigendem Angebot nicht sinken. Trotz stetig zunehmenden Arztezahlen in den vergangenen Jahren gaben die Tarife nicht nach. Das ärztliche Einkommen sei durch die Zahlungspflicht der Krankenkassen quasi garantiert, konstatierte die Kartellkommission und empfahl, das in den Standesregeln der kantonalen Arztegesellschaften festgelegte Konkurrenz- und Vertragsabschlussverbot sei ebenso aufzuheben wie die durch Meistbegünstigungs- und Ausschliesslichkeitsklauseln fixierte Tarifordnung. Dadurch erhielten die Kassen die Möglichkeit, nur mit besonders günstigen Medizinern Tarifverträge abzuschliessen. Nach Auffassung der Kartellkommission sollen auch die Krankenkassen aus der Verbandspflicht entlassen werden, was ihnen ein wettbewerbsorientierteres Vorgehen ermöglichen würde. Den Kassen wurde empfohlen, das Verbot von Preis- und Leistungsvergleichen zu lockern und das Abwerbeverbot von bereits Versicherten aufzuheben. Problematisch erschien der Kommission auch die Rolle der Kantone, die als Finanzierer öffentlicher Spitäler sowohl Vertragspartei als auch Richter in eigener Sache sind, wenn Vertragsverhandlungen zwischen Spitälern und Kassen scheitern, da im Streitfall heute die Kantone festlegen, welche Tarife zur Anwendung kommen. Vom Bund wünschte sich die Kommission eine aktivere Rolle in der Spitalplanung. Das mit den vorgeschlagenen Anderungs- und Ergänzungsvorschlägen verbundene Sparpotential wurde längerfristig auf zwei bis drei Milliarden Franken geschätzt.

Revision der Krankenversicherung – Schaffung des KVG (BRG 91.071)
Dossier: Schaffung des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung (KVG; 1988-1994)
Dossier: Prämienverbilligung

Keine Chance im Parlament hatte auch die 1986 von SP und SGB eingereichte Volksinitiative "für eine gesunde Krankenversicherung". Das Volksbegehren, welches die Finanzierung des Gesundheitswesens nicht mehr über einheitliche Kopfprämien sicherstellen will, sondern über Beiträge, die nach wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit abzustufen wären, wobei in der Taggeldversicherung Lohnprozente zum Einsatz kämen, wurde – in Ubereinstimmung mit dem Bundesrat – von beiden Kammern mit deutlichem Mehr zur Ablehnung empfohlen. Die bürgerlichen Parlamentarier sprachen sich dabei vehement gegen eine weitere sozialpolitische Belastung der Löhne aus, welche wirtschaftlich nicht tragbar wäre. Zudem warfen sie der Initiative vor, eine Zentralisierung des Gesundheitswesens anzustreben. Die Grünen und die LdU/EVP-Fraktion, welche die Initiative nur bedingt unterstützten, wollten ihre Zustimmung in erster Linie als Druckmittel für eine griffige Revision des Krankenversicherungsgesetzes verstanden wissen. Und auch Bundesrat Cotti erinnerte daran, dass sich die Regierung vorbehalten habe, bei einem Scheitern ihrer Vorlage die Initiative neu zu würdigen.

Volksinitiative «für eine gesunde Krankenversicherung» (BRG 91.070)

Der im Vorjahr vom Bundesrat vorgelegte Entwurf für eine Totalrevision des Krankenversicherungsgesetzes (KVG) fand im Ständerat, welcher die Vorlage als Erstrat behandelte, gute Aufnahme, was auch darauf zurückgeführt wurde, dass die Kommission sehr sorgfältige Vorarbeit geleistet hatte. In den Hauptpunkten folgte die kleine Kammer den Vorschlägen der Regierung. So wurden die beiden gewichtigsten Neuerungen – Versicherungsobligatorium und Freizügigkeit in der Grundversicherung – diskussionslos angenommen. Damit soll grössere Solidarität zwischen den Versicherten und vermehrter Wettbewerb unter den Versicherern erreicht werden, wobei neu auch den Privatversicherungen der Zugang zur sozialen Krankenversicherung offen steht. Unbestritten war auch der Lastenausgleich unter den Krankenkassen, der Ausbau der Leistungen in der Grundversicherung sowie die Erhöhung und künftige Verwendung der Subventionen zur gezielten individuellen Prämienverbilligung (Abkehr vom Giesskannenprinzip).

Opposition erwuchs der Vorlage in erster Linie von rechter und linker Seite. Der Tessiner Arzt und Lega-Vertreter Morniroli beschwor das Schreckgespenst einer Verstaatlichung des Gesundheitswesens herauf. Die Ratslinke bedauerte die Beibehaltung der ihrer Ansicht nach unsozialen Kopfprämien, die Festsetzung der zu Prämienverbilligung führenden Einkommensgrenzen durch die Kantone, die gesteigerte Belastung der Patienten durch den Selbstbehalt im Spital, die Ausklammerung der Zusatzversicherungen aus dem Sozialversicherungsgesetz sowie den Verzicht auf eine obligatorische Taggeldversicherung. Sie kritisierte zudem, dass der Rat zentrale kostendämpfende Instrumente entweder ganz aus der Vorlage gekippt oder doch deutlich abgeschwächt habe, so etwa den Zulassungsstopp für Ärzte und die Globalbudgetierung auch im ambulanten Bereich. Dennoch wurde der Entwurf schliesslich einstimmig verabschiedet.

Revision der Krankenversicherung – Schaffung des KVG (BRG 91.071)
Dossier: Schaffung des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung (KVG; 1988-1994)
Dossier: Prämienverbilligung