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Hatte bei der Beratung des Bundesgesetzes über die Datenweitergabe der Versicherungen in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung im Ständerat nur ein Änderungsantrag vorgelegen, standen in der Nationalratsdebatte in der Herbstsession 2020 deutlich mehr Aspekte der Vorlage zur Debatte. Die Mehrheit der SGK-NR wollte die Datenweitergabe der Krankenversicherungen an das BAG um eine Verpflichtung des Bundesamtes ergänzen, vorgängig den Zweck der Datenlieferung zu nennen. Zudem sollte die Datenlieferung nur einmal jährlich stattfinden. Eine Minderheit Heim (sp, SO) wehrte sich gegen beide Änderungen: Das BAG und die Versicherungen sollten die Häufigkeit und den Termin der Lieferung gemeinsam aushandeln können, argumentierte Barbara Gysi (sp, SG) für die Minderheit, da Bea Heim bei den Nationalratswahlen 2019 nicht mehr angetreten war. Der Zweck der Datenlieferung sei überdies im Gesetz bereits festgehalten, was die entsprechende Bestimmung überflüssig mache. Mit 107 zu 85 Stimmen bevorzugte der Rat dennoch die Kommissionsversion. Eine Minderheit Brand (svp, GR) forderte weiter, generell nur Aggregatdaten weiterzugeben und die Lieferung von Individualdaten nur ausnahmsweise, unter Wahrung der Verhältnismässigkeit und nach Anhörung der Versicherungen sowie auf Entscheid des Bundesrates zuzulassen. Der Bundesrat wäre zudem verpflichtet, vorher zu überprüfen, ob bereits Datenbestände Dritter bestünden. Zudem sollten keine Daten zur Evaluation des Risikoausgleichs und zur Überprüfung der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Leistungen bei den Arzneimitteln und MiGeL geliefert werden. Bei der Datenbeschaffung solle «möglichst grosse Zurückhaltung geübt werden», begründete Thomas de Courten (svp, BL) diesen Antrag. Mit 104 zu 87 Stimmen (bei 1 Enthaltung) folgte der Rat diesbezüglich der Minderheit. Hatten die SGK-SR und der Ständerat die Kompetenz zur Bestimmung, welche individuellen Daten geliefert werden sollen, dem Bundesrat übertragen wollen, schlug nun eine weitere Minderheit Brand vor, die zu liefernden Individualdaten im Gesetz abschliessend zu definieren. Diesen Vorschlag lehnte der Nationalrat jedoch mit 115 zu 82 Stimmen ab. Unumstritten war hingegen der Vorschlag der Kommission, die anonymisierten Daten auch der Forschung und der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen.

Für den Persönlichkeitsschutz auch in der Aufsicht über die Krankenversicherung

In der Herbstsession 2019 behandelte der Nationalrat als Erstrat den Vorschlag der SGK-NR für eine Einführung eines monistischen Finanzierungssystems für die Gesundheitsleistungen. Eine Kommissionsminderheit Gysi (sp, SG) hatte dem Rat Nichteintreten beantragt. Barbara Gysi betonte, dass die SP-Fraktion zwar eine einheitliche Finanzierung von stationären und ambulanten Leistungen befürworte, aber diese Vorlage ablehne, da darin die «Meinung der Kantone in grossen Zügen missachtet» worden sei. Den Kantonen käme nur noch die Rolle der Zahlstelle zu, die Relevanz der Spitallisten würde stark reduziert. Überdies würde die Vorlage zu einer Besserstellung der Privatspitäler und Zusatzversicherten zulasten der OKP führen, kritisierte Gysi. Aufgrund der zahlreichen Mitglieder in der Subkommission, die Mandate bei Krankenversicherungen oder Krankenkassenverbänden hätten, und aufgrund der «getreuen» Umsetzung der Vorschläge von Curafutura begünstige die Vorlage die Interessen der Krankenversicherungen. «Diese Vorlage stammt klar aus der Feder von Curafutura», fasste sie ihre Kritik zusammen. Ein Nichteintreten würde dem Bundesrat zusammen mit den Kantonen eine neue Lösungsfindung ermöglichen.
Ruth Humbel (cvp, AG) betonte als Kommissionssprecherin, dass es den Krankenversicherungen nicht verboten sei, fachliche Inputs zu geben. Zudem seien die Privatspitäler ein «Nebenschauplatz». In erster Linie stärke die Vorlage die Steuerungsmöglichkeit der Kantone, indem sie neu den ambulanten und stationären Bereich planen könnten, einen Einsitz in Tarmed oder Tardoc erhielten und weiterhin die Tarife genehmigten oder erliessen, wenn sich die Tarifpartner nicht einigten. Mit 136 zu 52 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) sprach sich der Nationalrat in der Folge für Eintreten aus. Die ablehnenden Stimmen stammten aus der SP- und der Grünen-Fraktion sowie von MCG-Mitglied Roger Golay (mcg, GE).
In der Detailberatung diskutierte der Nationalrat verschiedene technische Fragen, die jedoch, so die Auffassung der meisten Rednerinnen und Redner, hochpolitisch waren. So beriet die grosse Kammer die Berechnung der Kantonsbeiträge, bei der zwei Fragen umstritten waren: Soll erstens der Abzug der Risikoabgaben risikobasiert oder kostenbasiert erfolgen und sollen zweitens die Kostenbeteiligungen der Versicherten abgezogen werden, bevor die Kantonsbeiträge berechnet werden. Bei ersterer Frage sprach sich eine Kommissionsminderheit Nantermod (fdp, VS) für das risikobasierte Pauschalmodell aus. Dieses habe den Vorteil, dass nur die Risikokompensation und nicht die variablen Verwaltungskosten der Versicherungen berücksichtigt würden, erklärte Regine Sauter (fdp, ZH) für die Kommissionsminderheit. Dadurch würden die Anreize zur Kosteneffizienz erhöht. Hingegen argumentierte Heinz Brand (svp, GR), dass es hier um Steuergelder der Kantone gehe und diese der Kostenwahrheit entsprechen müssten. Somit könne man diese nicht «aufgrund irgendwelcher mathematischer Berechnungen» verteilen. Mit 111 zu 78 Stimmen sprach sich der Nationalrat für den Mehrheitsantrag der SGK-NR und somit für das kostenbasierte Modell aus: Eine Allianz aus SP-, Grünen- und SVP-Fraktion setzte sich diesbezüglich gegen die geschlossen stimmenden übrigen Fraktionen durch.
Eine weitere Minderheit Nantermod setzte sich dafür ein, dass die Kostenbeteiligungen der Versicherten, also zum Beispiel die Franchisen, ebenfalls in die Berechnung des Kantonsanteils einfliessen sollten. Nur dadurch würden Personen mit hohen Franchisen gleich behandelt wie Personen mit tiefen Franchisen. Mit dieser Berechnungsart müssten die Kantone den Versicherungen aber auch Geld für Kosten überweisen, die nicht von ihnen, sondern von den Versicherten bezahlt worden seien, kritisierte Gesundheitsminister Berset. Rechtlich sei es gemäss dem Bundesamt für Justiz zudem problematisch, wenn der Bund die Kantone zwinge, Kosten zu übernehmen, die nicht unter die OKP fielen, erklärte Kommissionssprecherin Humbel. Weiter könne es nicht sein, dass die Eigenverantwortung, die den höheren Franchisen zugrunde liege, «an die Kantone delegiert werde». Mit 148 zu 33 Stimmen (bei 4 Enthaltungen) respektive 141 zu 46 Stimmen (bei keiner Enthaltung) sprach sich der Nationalrat für den Antrag des Bundesrates und die Berechnung der Kantonsbeiträge nach Abzug der Franchisen aus. Für die Minderheit hatten sich vor allem Teile der SVP- und der FDP.Liberale-Fraktionen eingesetzt. Gleichzeitig entschied sich der Rat auch, den von den Kantonen übernommenen Mindestanteil von 22.6 Prozent auf 25.5 Prozent zu erhöhen, wie es der Bundesrat beantragt hatte.
Wie sich bereits in der Eintretensdebatte angekündigt hatte, war die Frage der Vergütungen an die Vertragsspitäler in der Detailberatung besonders umstritten. Diese liegt heute bei 45 Prozent, neu soll sie jedoch auf 74.5 Prozent erhöht werden. Dadurch würden Privatspitäler, die sich nicht an der Ausbildung oder am Grundversorgungsauftrag beteiligten, die besonders lukrative Fälle der übrigen Spitäler abwerben würden und deren Gewinne auf den Konten von ausländischen Investoren landeten, noch stärker aus der OKP abgegolten werden als bisher, kritisierte Barbara Gysi. Dadurch käme es zu einem Anstieg der Prämien der Grundversicherten, zu einer Mengenausweitung durch die Privatspitäler – bereits jetzt würden halbprivat oder privat versicherte Personen zum Beispiel 2.2-mal häufiger am Knie operiert als Grundversicherte – sowie zu einem Anstieg der Anzahl Privatspitäler. Schliesslich unterliefe dies auch die Spitalplanung der Kantone. Letzteren Punkt betonte auch Bundesrat Berset. Kommissionssprecherin Humbel entgegnete hingegen, dass Privatkliniken nicht per se teurer seien als öffentliche Spitäler und es überdies nur zehn davon gebe. Heute würden 45 Prozent der stationären Kosten der Vertragsspitäler durch die Kantone sowie 100 Prozent der ambulanten Leistungen durch die Versicherungen vergütet; mit einem Anteil von 74.5 Prozent wäre der Unterschied zu heute somit vernachlässigbar. Die grosse Kammer sprach sich in der Folge mit 132 zu 56 Stimmen (bei 6 Enthaltungen) deutlich für den Antrag der Kommissionsmehrheit und die höhere Vergütung für die Vertragsspitäler aus.
Bei der Frage nach der zukünftigen Rolle der gemeinsamen Einrichtung der Versicherungen entschied sich der Rat gegen eine Minderheit Aeschi (svp, ZG) und eine Minderheit Carobbio (sp, TI) dafür, dass die Einrichtung neu auch für die Aufteilung des Kantonsbeitrags auf die Versicherungen zuständig sein soll. Sowohl Aeschi als auch Carobbio hatten mit ihren Anträgen beabsichtigt, die Rolle der Kantone in EFAS zu stärken; Thomas Aeschi wollte den Kantonen die Möglichkeit geben, das Geld selbst zu verteilen, während Marina Carobbio der gemeinsamen Einrichtung die Kontrolle über die Zahlungen übertragen wollte, damit die Kantone den Versicherungen nicht blind vertrauen müssten, wie Bea Heim (sp, SO) erklärte.
Schliesslich stimmte der Nationalrat dem Entwurf mit 121 zu 54 Stimmen (bei 8 Enthaltungen) zu, wobei die ablehnenden Stimmen wie schon in der Eintretensabstimmung von der SP- und der Grünen-Fraktion sowie von Roger Golay stammten. Auch im Lager der SVP stiess die Vorlage mit 8 Enthaltungen jedoch nicht ausschliesslich auf Unterstützung.

Einführung eines monistischen Finanzierungssystems für die Gesundheitsleistungen (EFAS; Pa.Iv. 09.528)

Das Parlamentsgesetz sieht vor, dass ein Parlamentsmandat unvereinbar ist mit der Anstellung in einer Organisation, bei der der Bund eine beherrschende Stellung innehat. Diese liegt dann vor, wenn der Bund Mehrheitsaktionär ist, die Zusammensetzung der leitenden oder beaufsichtigenden Organe bestimmt oder wenn die Organisation von der Finanzierung durch den Staat abhängig ist. Ein Mitglied der Aufsichtsbehörde des Nationalparks darf deshalb nicht gleichzeitig dem Parlament angehören. Eine von Jean-François Steiert (sp, FR) eingereichte parlamentarische Initiative wollte diese Unvereinbarkeitsregeln erweitern. Sein Angriff galt dabei augenscheinlich den Vertreterinnen und Vertretern von Krankenkassen. Insbesondere der Ratslinken sind diese als starke Lobby ein Dorn im Auge – was sich etwa auch in der Stellungnahme der Vertreterin der Kommissionsminderheit, Bea Heim (sp, SO), zeigte. Steiert argumentierte in seinem Votum, dass die obligatorischen Grundversicherer öffentliche Aufgaben wahrnehmen und damit als Organe der staatlichen Behörden handeln, der Bund hier also eine beherrschende Stellung habe – ergo sollten auch Angehörige der geschäftsleitenden Gremien von Krankenkassen nicht gleichzeitig im Parlament Einsitz nehmen dürfen.
Der Mehrheit der Staatspolitischen Kommission des Nationalrates (SPK-NR) ging die vorgeschlagene Ausweitung der Unvereinbarkeitsregeln freilich zu weit. Konsequenterweise müssten sie auch auf andere Organisationen wie Pensionskassen, öffentliche Verkehrsbetriebe oder Bildungsanstalten ausgeweitet werden. Diese Argumentation schien auch in der Ratsdebatte zu verfangen, wurde der parlamentarischen Initiative doch mit 128 zu 57 Stimmen bei 6 Enthaltungen nicht Folge gegeben, wobei sich ein deutlicher Graben zwischen der geschlossenen Ratslinken (SP, GP, GLP) und den ebenso geschlossenen bürgerlichen Fraktionen (SVP, CVP, FDP, BDP) zeigte.

Unvereinbarkeitsregeln