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Jahresrückblick 2020: Verkehr und Kommunikation

Die Verkehrspolitik war im Jahr 2020, wie andere Politikfelder auch, massgeblich von der Corona-Pandemie beeinflusst. Der öffentliche Verkehr litt stark unter der Krise respektive dem mangelnden Passagieraufkommen. In der Folge gleiste der Bundesrat rasch Massnahmen auf, um dem Verkehrssektor unter die Arme zu greifen. Für den öffentlichen Verkehr, inklusive touristische Angebote wie etwa die Schifffahrt oder Seilbahnen, verabschiedete das Parlament das dringliche Bundesgesetz über die Unterstützung des öffentlichen Verkehrs in der Covid-19-Krise. Dieses war in den Räten unbestritten und brachte dem öffentlichen Verkehr eine Hilfe in der Höhe von rund CHF 900 Mio. Umstrittener war die Unterstützung für die ebenfalls gebeutelte Luftfahrtbranche. In beiden Räten gingen Anträge von links-grüner Seite ein, um die Kredite an klimapolitische Auflagen zu binden. Diese fanden aber ausserhalb des links-grünen Lagers keine Zustimmung. Schliesslich wurden im Rahmen des Nachtrags I zum Voranschlag 2020 Verpflichtungskredite über CHF 1.275 Mrd. für die Luftverkehrsunternehmen und CHF 600 Mio. für flugnahe Betriebe sowie ein Nachtragskredit über 600 Mio. für flugnahe Betriebe gewährt. Auch in der Presse fand die Unterstützung für die Luftfahrtbranche einige Beachtung. Währenddem die Unterstützung generell begrüsst wurde, waren einige Zeitungen der Ansicht, dass es der Bundesrat und das Parlament verpasst hätten, den Fluggesellschaften dafür auch Bedingungen zu stellen.

Die Postauto-Affäre, die 2018 ans Licht gekommen war, beschäftigte die Schweizer Politik auch im Jahr 2020 noch. Der Bundesrat äusserte sich im Februar 2020 zum ausführlichen Bericht der GPK-SR in dieser Angelegenheit und kam zum Schluss, dass die Governance-Strukturen des Bundes funktioniert hätten, zumal es das BAV gewesen sei, welches das fehlerhafte Verhalten der Postauto AG überhaupt erst aufgedeckt habe. Zudem sah der Bundesrat keinen grossen Handlungsbedarf hinsichtlich der strategischen Ziele für die Postauto AG. Im Zuge der Postauto-Affäre wurden 2020 auch vier Postulate (Po. 19.4385; Po. 19.4387; Po. 19.4388 und Po. 19.4389) angenommen. In diesen wurde eine Prüfung verschiedenster Bereiche und Kompetenzen im regionalen Personenverkehr gefordert sowie eine Gesamtsicht zur Postauto-Affäre verlangt. Noch während der politischen Aufarbeitung dieser Problematik wurden im Jahr 2020 weitere Ungereimtheiten bei anderen Anbietern im öffentlichen Verkehr publik: So mussten die BLS, die SBB sowie die Verkehrsbetriebe Luzern mehrere Millionen Franken an zu viel erhaltenen Subventionen zurückerstatten, wie die Medien berichteten.
Ein erfreulicheres Ereignis stellte hingegen die Eröffnung des Ceneri-Basistunnels dar. In den Medien wurde ausführlich über den Festakt berichtet, der aufgrund der Corona-Krise leider nur in einem kleinen Rahmen über die Bühne gehen durfte. Der Ceneri-Basistunnel sei für die Verlagerung des Güterverkehrs von der Strasse auf die Schiene und insbesondere für die Vollendung der NEAT von immenser Bedeutung, resümierten die Medien. Zudem sei er auch für den Zusammenhalt der beiden Tessiner Kantonsteile Sopraceneri und Sottoceneri von grossem Belang.

Schliesslich bewegte auch die fünfte Generation des Mobilfunkstandards (5G) die Gemüter der Politikerinnen und Politiker, der Medien und der Bevölkerung. Im November 2019 war ein lange erwarteter Bericht der Expertengruppe «Mobilfunk und Strahlung» detailliert auf die Fakten rund um die Mobilfunkanlagen, die Datenübertragung und die dabei auftretende Strahlung eingegangen. Der Bericht hielt fest, dass nicht abschliessend ausgeschlossen werden könne, dass die Strahlung von 5G gesundheitsschädlich sei. Zur Kernfrage einer allfälligen Anpassung der geltenden vorsorglichen Anlagegrenzwerte für Mobilfunkantennen und zur Weiterentwicklung des Mobilfunknetzes hatte sich die Arbeitsgruppe in der Folge nicht einigen können. Sie gab deshalb dazu keine Empfehlung ab, sondern skizzierte lediglich fünf Optionen, wie der Ausbau von 5G und die damit einhergehenden Auswirkungen aussehen könnten. Sie schlug aber sechs begleitende Massnahmen zum Umgang mit Mobilfunk vor. Der Bundesrat legte sodann im April 2020 das weitere Vorgehen in Sachen Mobilfunk und 5G fest. In diesem Rahmen beschloss er die Umsetzung der von der Arbeitsgruppe vorgeschlagenen Massnahmen. Zudem sollte das UVEK eine Vollzugshilfe für den Umgang mit den neuen adaptiven 5G-Antennen erarbeiten. Auch versprach der Bundesrat das Postulat Häberli-Koller (cvp, TG; Po. 19.4043) zu erfüllen, welches den Aufbau eines nachhaltigen Mobilfunknetzes verlangte, das einerseits einen optimalen Schutz vor Strahlung gewährleisten, andererseits aber auch die Einführung von 5G und nachfolgender Technologien innert einer vernünftigen Frist ermöglichen müsse. Bezüglich der Strahlung entschied der Bundesrat weiter, die Anlagegrenzwerte nicht zu lockern. Die Medien werteten dieses Vorgehen als Stillstand, während aus der Bevölkerung weiterhin kritische Stimmen zu vernehmen waren: So befanden sich zu diesem Zeitpunkt zwei 5G-kritische Volksinitiativen im Stadium der Unterschriftensammlung und im Januar 2020 war es in verschiedenen Städten auch zu Demonstrationen gegen diese neue Technologie gekommen. Im Berichtsjahr wurde sodann auch seitens einiger Kantone Kritik am Aufbau des 5G-Netzes laut; die Kantone Neuenburg und Genf reichten je eine Standesinitiative zu einem 5G-Moratorium ein.

In den Medien fanden die Themenbereiche Verkehr und Kommunikation etwas weniger Beachtung als in den Jahren zuvor. Insgesamt befassten sich im Jahr 2020 ca. 6 Prozent aller von APS erfassten Artikel mit diesen beiden Themen, in 2019 waren es noch ca. 8.5 Prozent gewesen.

Jahresrückblick 2020: Verkehr und Kommunikation
Dossier: Jahresrückblick 2020
Dossier: Verlagerung von der Strasse auf die Schiene

Nach dem «Horrorjahr für das Abstimmen per Mausklick», wie die NZZ die Entwicklungen 2019 für E-Voting bezeichnete, kehrte 2020 zuerst ein wenig Ruhe ein. Hinter den Kulissen geschah allerdings einiges. Auf der einen Seite entwickelte die Post, deren ursprüngliches E-Voting-System 2019 an einem Intrusionstest gescheitert war, ein alternatives System weiter. Dies stiess vor allem beim Komitee der Initiative für ein E-Voting-Moratorium auf Kritik. Deren Sprecher Nicolas A. Rimoldi sprach davon, dass die Post «auf einem toten Pferd» reite. Für Schlagzeilen sorgte Ende Mai, dass die spanische Firma Scytl, von der die Post 2019 die Rechte am Programmcode des neuen Systems übernommen hatte, Konkurs anmelden musste.
Auf der anderen Seite erarbeitete die Bundeskanzlei zusammen mit Kantonen und Expertinnen und Experten eine Neuausrichtung des Versuchsbetriebs für E-Voting. Im Zentrum standen Sicherheitsanforderungen und Zertifizierung neuer Systeme und die Frage nach Kontrolle und Aufsicht durch den Bund. Der Bericht lag Ende November vor und wurde vom Bundesrat Ende Dezember zur Kenntnis genommen. Es soll den Kantonen nach wie vor frei gestellt bleiben, ob und mit welchen Systemen sie an Versuchen mit E-Voting teilnehmen wollen. Kantonal dürfen maximal 30 Prozent und national maximal 10 Prozent der Stimmberechtigten elektronisch abstimmen. Der Bund erteilt dann Bewilligungen, wenn strenge Sicherheitsanforderungen erfüllt sind, die einem kontinuierlichen Überprüfungsprozess unterliegen, was zu stetigen Verbesserungen der Systeme führen soll. Ziel seien Systeme mit Open-Source-Lizenzen, die ständig unabhängig überprüft werden könnten. Der Bundesrat kündigte an, 2021 eine Vernehmlassung zu den notwendigen Revisionen der Verordnung über die politischen Rechte bzw. über die elektronische Stimmabgabe durchführen zu wollen. Ziel sei, dass die Bürgerinnen und Bürger einem möglichen dritten Stimmkanal vertrauen könnten. Es gelte aber nach wie vor «Sicherheit vor Tempo», erklärte Bundeskanzler Walter Thurnherr Ende Jahr in den Medien.

Bereits Anfang Juli hatte zudem das überparteiliche Komitee der E-Voting-Moratoriums-Initiative die Unterschriftensammlung abgebrochen. Bis November hätte noch praktisch die Hälfte der Unterschriften gesammelt werden müssen. Die Covid-19-Pandemie habe die Sammlung erschwert, aber mit dem Marschhalt 2019 sei trotzdem ein wichtiger Zwischenerfolg gelungen, gaben die Initiantinnen und Initianten beim Rückzug zu Protokoll.

Freilich bedeutet Digitalisierung der Demokratie nicht bloss digitales Wählen und Abstimmen. In der vor rund 20 Jahren vom Bund angestossenen Entwicklung im Rahmen von «Vote électronique» waren explizit auch E-Collecting, also die Ermöglichung, eine lancierte Volksinitiative mittels digitaler Unterschrift zu unterstützen, elektronische Vernehmlassungen oder elektronische Behördeninformationen als mögliche Projekte genannt worden. Neben E-Voting fristeten diese Unternehmungen allerdings höchstens ein Mauerblümchendasein. Dies sollte sich mit Hilfe der Unterstützung des «Prototype Fund» ändern, der lanciert vom Verein Opendata.ch und der Mercator-Stiftung Projekte finanziell unterstützen wollte, die «demokratische Partizipation in der Schweiz durch digitale Lösungen stärken», so die Beschreibung in der WoZ. Gefragt waren Projekte im Sinne einer «Demokratie für die Generation Smartphone» oder einer «Gamefication» der Demokratie, also der Möglichkeit, demokratische Prozesse spielerisch zu erfahren. In den Medien wurde zudem diskutiert, dass die Pandemie wohl auch der Digitalisierung der Demokratie Vorschub leisten könnte.

Auch E-Collecting erhielt 2020 Aufwind. Zumindest beauftragte der Nationalrat den Bundesrat mittels Postulat, einen Bericht über mögliche Auswirkungen der Einführung von E-Collecting zu verfassen. Eine Motion von Franz Grüter (svp, LU), mit der E-Collecting eingeführt werden sollte, wurde allerdings wieder zurückgezogen. Er sei aufgrund der Diskussionen um eine notwendige Erhöhung der Unterschriftenzahlen, die sein Vorstoss ausgelöst habe, zum Schluss gekommen, dass seine Motion eher zu einem Abbau der direkten Demokratie führen könnte und nicht, wie von ihm eigentlich beabsichtigt, zu einer Förderung, so Grüter.

Für Schlagzeilen sorgten wie schon im Vorjahr die verschiedenen Internetplattformen, die Unterschriftensammlungen digital unterstützten. Berichtet wurde über das «Unterschriftensammlungs-Tool» WeCollect von Daniel Graf, auf dem Unterschriftenbogen «per Mausklick heruntergeladen werden» können, so die Aargauer Zeitung. Die Plattform verfüge über Mailadressen von 75'000 Personen, die potenziell solche Bogen runterladen und unterschreiben bzw. unterschreiben lassen würden und so Unterstützung multiplizierten. Damit sei WeCollect zu einem «politischen Machtfaktor» geworden, wobei allerdings «hauptsächlich Anliegen aus dem rot-grünen Lager» unterstützt würden, so die Aargauer Zeitung. Um politisch unabhängiger zu werden, wandelte Graf die Plattform in eine Stiftung um, deren Leitungsgremium künftig darüber entscheiden soll, welche Begehren unterstützt werden. Dieses Leitungsgremium bleibe aber «eng mit SP und Grünen verbandelt», stellte die Aargauer Zeitung weiter fest. Ebenfalls für Schlagzeilen sorgte die «Agentur Sammelplatz Schweiz GmbH», die von Alexander Segert, dem Verantwortlichen zahlreicher SVP-Abstimmungs- und Wahlwerbungen, gegründet wurde. Auf der Plattform werde ein «Rundumservice» von der Formulierung des Initiativtexts über das Sammeln von Unterschriften bis hin zum Lobbying bei einer allfälligen Abstimmungskampagne angeboten, berichtete die Aargauer Zeitung. Da die traditionellen Kanäle für Unterschriftensammlungen – z.B. Anlässe, Strassensammlungen, Versand über Zeitschriften – an Effektivität verlören, könnte die digitale Hilfe an Bedeutung zunehmen, so die Zeitung. Kritisiert wurde freilich, dass es hier nicht um einen Ausbau, sondern eher um eine «Kommerzialisierung der direkten Demokratie» gehe, wie sich Daniel Graf in der Aargauer Zeitung zur Konkurrenz äusserte.
Die NZZ schliesslich berichtete von einer Studie des Zentrums für Demokratie Aarau, die zeige, dass vier von fünf Volksbegehren von grossen Parteien und Verbänden getragen würden. Rund 35 Prozent aller zwischen 1973 und 2019 zustande gekommenen Volksbegehren stammten laut Studie direkt aus einer Parteizentrale. Eine wichtige Bedingung für das Zustandekommen einer Volksinitiative scheint entsprechend der Resultate zudem zu sein, dass mindestens eine Parlamentarierin oder ein Parlamentarier dem Initiativkomitee angehöre. Ist dies der Fall, liege die Wahrscheinlichkeit des Scheiterns bei 23 Prozent; im Gegensatz zu einer Wahrscheinlichkeit von 36 Prozent, wenn dies nicht der Fall ist. Laut NZZ könnte die Digitalisierung der Unterschriftensammlung kleinen Gruppierungen entsprechend entgegenkommen und dabei helfen, die Relevanz von grossen Organisationen zu reduzieren.

«Vote électronique» – Kritik und gesellschaftliche Debatte von 2015 bis 2022
Dossier: Vote électronique

Im Frühling 2020 hatten die beiden Kantone Genf (Kt. Iv. 20.309) und Neuenburg (Kt. Iv. 20.314) je eine Standesinitiative zum Thema Mobilfunk eingereicht; sie forderten darin ein Moratorium für den Aufbau des 5G-Millimeterwellen-Netzes. Im Dezember 2020 folgte nun auch der Kanton Jura mit einer ähnlichen Initiative. Diese umfasste vier Punkte. Erstens verlangte der Kanton Jura ebenfalls ein «Moratorium für den Aufbau des 5G-Millimeterwellen-Netzes», bis eine nationale Erhebung über die Strahlenbelastung vorliege. Zweitens solle die Gesetzgebung dahingehend angepasst werden, dass der Bund und die Kantone ein schweizweites Funkwellenkataster einrichten müssen. Zudem sollen bei der Planung der Netzabdeckung die Kantone und Gemeinden stärker einbezogen werden. Und schliesslich müsse die Bevölkerung über Massnahmen zur Prävention vor Strahlung besser informiert werden.

Moratorium für den Aufbau des 5G-Millimeterwellennetzes (Kt. Iv. 21.305)
Dossier: 5G – Mobilfunk, Strahlung und Gesundheit

Der Bundesrat hatte Ende Juni 2019 beschlossen, auf die geplante Teilrevision des Bundesgesetzes über die politischen Rechte, mit der E-Voting als regulärer dritter Kanal für die Stimmabgabe (neben Urnengang und brieflicher Stimmabgabe) hätte eingeführt werden sollen, zu verzichten. Grund dafür waren neben den sehr dispersen Antworten in der Vernehmlassung auch die im gleichen Jahr entdeckten gravierenden Sicherheitsmängel im einzigen verbliebenen E-Voting-System der Post gewesen. Der damalige Marschhalt wurde vom Bundesrat als Chance für eine Neuausrichtung des Versuchsbetriebs von E-Voting wahrgenommen, die von der Bundeskanzlei gemeinsam mit den Kantonen konzipiert werden sollte. Dieser Prozess sollte sich an vier Zielen orientieren: an der Weiterentwicklung der Systeme, an der Garantie einer wirksameren Aufsicht, an der Stärkung von Transparenz und Vertrauen sowie an einer stärkeren Zusammenarbeit mit der Wissenschaft.
Ende November 2020 lag der Schlussbericht dieses Neuausrichtungsprozesses vor. Die darin erarbeiteten Grundlagen für die Neuausrichtung waren mittels Dialogen mit Wissenschafterinnen und Wissenschaftern geschaffen worden. Dabei erwiesen sich die Sicherheit eines Systems sowie eine mandatierte und öffentliche Prüfung dieser Systeme auf der Basis transparenter und offengelegter Quellcodes als zentrale Forderungen, aus denen im Bericht in der Folge ein Katalog mit 27 kurz-, mittel- und langfristigen Massnahmen hergeleitet wurde. Insbesondere sollen die neu entstehenden E-Voting-Systeme laufend verbessert und ihre Sicherheit und Akzeptanz auch mittels eines Einbezugs wissenschaftlicher Expertise sowie der Öffentlichkeit – etwa in Form eines «Bug-Bounty-Programms», mit dem Hackerinnen und Hackern eine Belohnung versprochen wird, wenn sie Systemmängel entdecken und melden – kontinuierlich verstärkt werden. Die verschiedenen Massnahmen sollen von Bund und Kantonen laufend überprüft und angepasst werden. In einem ersten Schritt sollen Rechtsgrundlagen geschaffen werden, damit die neuerlichen Versuche mit E-Voting in den dafür bereiten Kantonen möglichst bald wieder aufgenommen werden können.
Am 18. Dezember 2020 nahm der Bundesrat vom Bericht Kenntnis und beauftragte die Bundeskanzlei, die für die Umsetzung der vorgeschlagenen Massnahmen nötigen Anpassungen der Rechtsgrundlagen (Verordnung über die politischen Rechte (VPR) sowie Verordnung der Bundeskanzlei über die elektronische Stimmabgabe (VEleS)) in eine Vernehmlassungsvorlage zu giessen.

Neuausrichtung des Versuchsbetriebs von E-Voting
Dossier: Vote électronique

Nachdem der Nationalrat die als indirekter Gegenvorschlag zur Transparenzinitiative gedachte Umsetzungsvorlage der parlamentarischen Initiative der SPK-SR für Transparenz bei der Politikfinanzierung in der Gesamtabstimmung deutlich abgelehnt hatte, kam das Geschäft zurück in den Ständerat. Die ständerätliche Kommission wollte nach wie vor auf den Vorschlag eintreten, nahm aber eine redaktionelle Änderung an ihrem Entwurf vor: der Begriff «Zuwendungen» sollte explizit mit den Adjektiven «monetär» und «nicht-monetär» ergänzt werden. Zudem wurden zwei Kommissionsminderheiten angemeldet. Die eine wollte über die Höhe dieser offenzulegenden Zuwendungen diskutieren: Der ursprüngliche Vorschlag sieht CHF 25'000 und der Minderheitsantrag CHF 10'000 vor, was der Forderung der Initiative entsprechen würde. Die zweite Minderheit wollte die Höhe des offenzulegenden Aufwands für Kampagnen auf CHF 50'000 senken. Der ursprüngliche Entwurf hatte CHF 250'000 vorgesehen. Damit wollte die Minderheit gar noch tiefer gehen als die Initiative, die einen Schwellenwert von CHF 100'000 verlangt. In ebendieser Diskussion wurde der Idee für mehr Transparenz bei der Finanzierung von Wahl- und Abstimmungskampagnen erneut viel Wohlwollen zuteil. Transparenz in der Politik sei ein Gebot der Stunde, befand etwa Damian Müller (fdp, LU) bei der erneuten Eintretensdebatte und der Gegenvorschlag schütze die Privatsphäre besser als die Initiative. Eintreten war freilich unbestritten und wurde ohne Gegenantrag beschlossen. Für wenig Diskussionsstoff sorgte auch die redaktionelle Änderung, die gutgeheissen wurde. Mehr zu debattieren gaben erneut die Schwellenwerte. Dabei unterlag der Antrag von Links, den Initiantinnen und Initianten bei der Höhe der Spenden entgegenzukommen, mit 32 zu 12 Stimmen. Hingegen wurde die Höhe der Kampagnenausgaben, die zu einer Offenlegung verpflichtet, auf CHF 50'000 gesenkt – also gar unter den Schwellenwert, wie er von der Volksinitiative vorgesehen ist. Um wirklich Transparenz herstellen zu können, brauche es einen möglichst tiefen Wert, begründete Damian Müller seinen Minderheitsantrag. Es sei nicht einzusehen, weshalb für kleinere Kampagnen keine Offenlegungspflicht gelten solle. Das Ziel der Initianten «grössere Geldbeträge zu skandalisieren und kleinere Beträge zu legitimieren», sei nicht zu unterstützen. Viele kleinere Beträge ergäben am Schluss einen grossen oder mit Verweis auf die Konzernverantwortungsinitiative «sogar einen extrem grossen Betrag.» Es gebe kein gutes oder schlechtes Geld, entsprechend sollten alle Kampagnenorganisationen in die Pflicht genommen werden. Mit 25 zu 15 Stimmen hiess der Ständerat den tieferen Schwellenwert gut.

Transparenz in der Politikfinanzierung (Pa. Iv. 19.400)
Dossier: Finanzierung der Politik
Dossier: Transparenzinitiative und Gegenvorschlag - Änderung des Bundesgesetzes über die politischen Rechte

Der Ständerat nahm in der Wintersession 2020 einen Ordnungsantrag Ettlin (cvp, OW) an und sistierte die Motion der KVF-NR bezüglich der Erhöhung der Internet-Mindestgeschwindigkeit in der Grundversorgung um höchstens ein Jahr. Ettlin begründete den Antrag auf Sistierung mit den Arbeiten zur Umsetzung der Standesinitiative des Kantons Tessin «Gewährleistung eines landesweit dichten Hochbreitbandangebots», welcher bereits im Jahr 2017 Folge gegeben worden war. Die Initiative verfolge dasselbe Ziel wie die vorliegende Motion, erlaube bei der Umsetzung aber einen grösseren Spielraum.

Erhöhung der Internet-Mindestgeschwindigkeit in der Grundversorgung auf 80 Megabit pro Sekunde (Mo. 20.3915)
Dossier: Hochbreitband (ab 2019)

En novembre 2020, l'initiative pour des multinationales responsables a été refusée de justesse par la majorité des cantons mais acceptée par 51.7 pour cent de la population. Cette initiative était soutenue par une vaste alliance de la société civile, qui a de peu manqué d'infliger une défaite cuisante aux milieux de l'économie et aux autorités politiques majoritairement opposés à l'initiative. 114 ONG défendaient le texte. Parmi elles se trouvaient notamment le WWF, Caritas, Greenpeace, Pro Natura, Terre des Hommes et Helvetas. Operation Libero, Amnesty International et les milieux religieux figuraient également parmi les partisans.
Alors qu'une alliance d'une telle ampleur avait rarement vu le jour en Suisse, ce phénomène a été observé à deux reprises dernièrement, la révision de la loi sur la chasse refusée en votation le 27 septembre 2020 ayant également été combattue par de nombreuses ONG. Si cette alliance venait à se reproduire régulièrement, cela pourrait modifier les rapports de force dans la sphère politique suisse. Comme le souligne la NZZ, ces ONG sont, en effet, non seulement organisées de manière professionnelle et rigoureuse, mais disposent surtout d'importants moyens financiers, ce qui était jusqu'alors plutôt l'apanage des milieux économiques. D'après les estimations, les deux camps ont dépensé chacun plus de CHF 10 millions au cours de la campagne, faisant de celle-ci la plus chère de tous les temps. Cette nouvelle puissance financière soulève néanmoins des questions sur la provenance des fonds. Les ONG reçoivent notamment de l'argent de la Confédération ainsi que des dons exonérés d'impôts. La Weltwoche mettait en avant ce qui pourrait s'apparenter à une subvention des ONG par le contribuable. Selon l'hebdomadaire zurichois, Terre des Hommes aurait par exemple reçu CHF 2.43 millions de la DDC l'an passé. Cette somme se monterait à CHF 6.34 millions pour Swissaid, qui soutenait également l'initiative. Et le montant obtenu par Helvetas de la part des pouvoirs publics serait de presque CHF 100 millions. Ces subventions ne sont pas problématiques en tant que telles mais peuvent le devenir si elles sont utilisées dans des campagnes politiques. Valentin Vogt, le président de l'UPS, réclamait dans la NZZ plus de transparence quant à la provenance et l'utilisation des moyens financiers dont disposent les ONG.
Alexandra Karle, directrice de la section suisse d'Amnesty International, défendait dans une tribune publiée dans le Tages Anzeiger la légitimité des ONG à s'engager dans des campagnes politiques. Elle rejetait le reproche d'«utilisation détournée» de l'argent public et soulignait la nécessité de lier le travail sur le terrain à des actions politiques conséquentes, prenant pour exemple l'engagement d'Amnesty International. Tout en aidant les victimes de violations des droits humains à cause de l'exploitation du pétrole au Nigeria ou dans les mines de Cobalt au Congo, l'ONG s'implique pour que les multinationales soient soumises à des lois les obligeant à respecter ces droits. Alexandra Karle rappelle également que les ONG telles qu'Amnesty International se financent principalement grâce aux contributions de leurs membres et aux dons.
L'importance politique grandissante des ONG s'observe également au Parlement, avec de nombreux.euses élu.e.s ayant des rôles importants au sein de celles-ci. S'il semble certain que ces organisations occupent désormais une place importante dans le paysage politique suisse, la Weltwoche conclut son analyse en soulignant que leur montée en puissance n'est pas qu'une question d'argent ou de représentation, mais surtout le fruit de campagnes très bien menées, en particulier celle de l'initiative pour des multinationales responsables.

ONG, toujours plus puissantes

Nachdem bei der Volksabstimmung vom 29. November 2020 die Konzernverantwortungsinitiative zwar das Volksmehr (50.7% Ja-Stimmenanteil), nicht aber das Kantonsmehr (8 1/2 Kantone sagten Ja) erreicht hatte, wurden Diskussionen über das Ständemehr laut. Dies war freilich nicht das erste Mal: Bis zu diesem Zeitpunkt waren 14 Abstimmungsvorlagen, bei denen sowohl das Volks- als auch das Ständemehr nötig war, an einer der beiden Hürden gescheitert; viermal war zwar das Stände-, nicht aber das Volksmehr (3 Volksinitiativen, 1 obligatorisches Referendum) und zehnmal das Volks- nicht aber das Ständemehr erreicht worden (1 Volksinitiative, 9 obligatorische Referenden). Stets waren Rufe nach einer Änderung dieser Doppelmehrregelung laut geworden, zuletzt 2013 bei der Abstimmung über den Familienartikel, der ebenfalls am Kantonsveto gescheitert war.
Das Ständemehr gehöre auf den «Müllhaufen der Geschichte» fanden aktuell etwa die Juso und die grüne Fraktion reichte noch am Tag nach der Abstimmung eine parlamentarische Initiative für eine Reform des Ständemehrs ein. Gefordert wurde, dass mindestens eine Zweidrittelmehrheit der Standesstimmen erforderlich sein müsse (statt die einfache Mehrheit), um ein Volksmehr zu überstimmen. Die direkte Demokratie sei «in Schieflage», begründete Regula Rytz (gp, BE) in einem Interview im Tages-Anzeiger den Vorstoss. Die kleinen Kantone hätten zu viel Einfluss und die Romandie laufe Gefahr, als Minderheit überstimmt zu werden. Zudem bestehe die Gefahr, dass Volksinitiativen trotz Mehrheiten nicht mehr angenommen würden. Die WoZ kam zum Schluss, dass das Ständemehr immer dann «seine Vetomacht entfalten kann, wenn die konservativen Deutschschweizer Kantone eine Verfassungsänderung ablehnen».
Spielregeln ändern wollten «schlechte Verlierer», kritisierte hingegen Ruedi Noser (fdp, ZH). Die Verfassung dürfe nicht von einer kleinen Mehrheit geändert werden können. Auch Andrea Gmür (cvp, LU) sah im Ständemehr einen wichtigen Minderheitenschutz, da auch die weniger grossen Kantone mit «einer Bevölkerung, die anders denkt als jene in den Städten» zugunsten des sozialen Zusammenhalts eingebunden werden müssten. In der Tat ging es bei den Reformdebatten oft auch um den «Stadt-Land-Graben», weil die grossen Städte von den kleinen, bevölkerungsarmen Landkantone überstimmt würden, so die Überlegung dahinter. Vielfach wurde deshalb eine Art Standesstimme für die grossen Städte gefordert. Vorgeschlagen wurden aber auch Regeln für ein sogenanntes «stärkeres Mehr»: Bei fehlendem Doppelmehr würde das stärkere Mehr (in Prozent) der beiden entscheiden. Auch gewichtete Standesstimmen abhängig von der Bevölkerungsgrösse eines Kantons (z.B. ZH 5 Stimmen; AI 1 Stimme) wurden vorgeschlagen. Bei all diesen Vorschlägen stellte sich jedoch das Problem, dass eine Änderung des doppelten Mehrs eine Verfassungsänderung wäre und deshalb ein Ständemehr benötigt – was Reformen aber unwahrscheinlich macht.

Ständemehr - Diskussionen nach dem 27.11.2020

Man sehe sich nicht im Stande, in den verbleibenden fünf Monaten die noch nötigen Unterschriften zu sammeln – in den Medien war die Rede davon, dass erst rund 50'000 Signaturen vorlagen –, gaben Franz Grüter (svp, LU) und Balthasar Glättli (gp, ZH) vom überparteilichen Komitee der eidgenössischen Volksinitiative «Für eine sichere und vertrauenswürdige Demokratie (E-Voting-Moratorium)» Ende Juni 2020 bekannt. Aufgrund des Fristenstillstands war das Sammeln von Unterschriften zwischen 21. März und 31. Mai 2020 verboten worden. Auch wenn die Frist für die Unterschriftensammlung um diese 72 Tage verlängert worden sei, würden es die momentan geltenden Massnahmen – Abstandregeln, Veranstaltungsverbote, Hygienevorschriften – praktisch verunmöglichen, die fehlenden Unterschriften noch rechtzeitig zusammenzubringen, argumentierte das Komitee. Man habe aber trotz des Scheiterns wichtige Ziele erreicht. So war in der Zwischenzeit die eigentlich geplante Einführung der digitalen Stimmabgabe als ordentlichem dritten Stimmkanal aufgrund von gravierenden Sicherheitsmängeln des Betriebssystems der Post gestoppt worden. Die Initiative, die einen Stopp der Nutzung von E-Voting verlangt hätte, bis zentrale Sicherheitsstandards eingehalten werden können, habe zu einer Sensibilisierung beigetragen, urteilte auch die WoZ. Zudem zeigten die gesammelten 50'000 Unterschriften, dass ein Referendum durchaus möglich sei, sollte E-Voting in den nächsten Jahren trotzdem eingeführt werden.
Am 23. November 2020 teilte die Bundeskanzlei offiziell mit, dass die Frist für die Initiative «unbenützt abgelaufen» sei.

Eidgenössische Volksinitiative «Für eine sichere und vertrauenswürdige Demokratie (E-Voting-Moratorium)»
Dossier: Vote électronique

Zusätzlich zu den zahlreichen Vorstössen, mit denen das Parlament auch in Krisenzeiten handlungsfähig bleiben soll und die im Herbst 2020 noch der Behandlung harrten, wollte die SPK-NR mit einer parlamentarischen Initiative rasch Voraussetzungen für eine virtuelle Teilnahme an Abstimmungen im Parlament schaffen. Die Kommission fasste Ende Oktober 2020 ihren Entschluss für eine temporäre Regelung, mit der auch jene Parlamentsmitglieder an Abstimmungen teilnehmen könnten, die aufgrund von Covid-19 in Quarantäne oder Isolation sind und bei denen deshalb eine physische Präsenz nicht möglich ist. Die Ratsdebatte könne per Live-Stream verfolgt und die Stimme mittels sicherem Verfahren aus der Distanz abgegeben werden, so die Vorstellung der SPK-NR. Damit könnte auch allfälligen, krankheitsbedingten Verzerrungen der Stimmverhältnisse vorgebeugt werden.
Zwar beugte sich die SPK-SR der Dringlichkeit des Anliegens, indem sie es nur 18 Tage nach Einreichen durch die Schwesterkommission behandelte, dem Anliegen selber wollte sie aber keine Folge geben. Mit 7 zu 6 Stimmen zwar nur knapp äusserte sie vor allem staatspolitische Bedenken: Eine Ratsdebatte müsse nicht nur verfolgt und darüber abgestimmt werden; ein der Abstimmung vorangehender Austausch zwischen Parlamentsmitgliedern sei ebenfalls bedeutender Bestandteil des Entscheidungsprozesses. Dieser verlange aber die physische Präsenz der Ratsmitglieder, so die Begründung.
Der Vorstoss, der schon in der Wintersession 2020 hätte umgesetzt werden sollen, war damit vom Tisch, nicht aber das Thema selber, das Inhalt weiterer Vorstösse darstellte. Diese beinhalteten etwa Vorschläge für virtuelle Sitzungen bzw. Sitzungsteilnahmen (Pa. Iv. Reimann [svp, SG; 20.479]) oder für alternative Arbeitsrhythmen (Pa. Iv. Marra [sp, VD; 20.476]). Zudem doppelte die SPK-NR kurz nach der Absage ihrer Schwesterkommission mit einem neuerlichen, dringlichen Vorstoss nach.

Virtuelle Teilnahme an Abstimmungen (Pa. Iv. 20.475)
Dossier: Parlament in Krisensituationen

Im November 2020 veröffentlichte der Bundesrat seine Strategie zur Digitalaussenpolitik 2021-2024. Damit erfüllte er zugleich ein Postulat Béglé (cvp, VD), das den Bundesrat beauftragt hatte, zu überprüfen, wie die Schweiz zum Welt-Epizentrum der internationalen Gouvernanz im Bereich Cyberspace werden könnte. Mit dem Bericht skizzierte der Bundesrat die Aktionsfelder der Digitalaussenpolitik für die kommenden Jahre. Die Strategie hält fest, dass der Bundesrat der wachsenden Bedeutung der Digitalisierung bereits in der Legislaturplanung 2019-2023 mehr Gewicht verliehen habe. Auch in der Aussenpolitischen Strategie 2020-2023 nehme die Digitalisierung neuerdings einen thematischen Schwerpunkt ein. Weitere Grundlagendokumente wie die Nationale Strategie zum Schutz der Schweiz vor Cyberrisiken 2018-2022, die Strategie der Internationalen Zusammenarbeit 2021-2024 und die Massnahmen zur Stärkung der Rolle der Schweiz als Gaststaat 2020-2023 widmeten sich teilweise ebenfalls dieser Thematik. Auch auf internationaler Ebene habe das Thema an Relevanz gewonnen, was sich unter anderem im High-level Panel zur Digitalen Zusammenarbeit der UNO und der daraus resultierenden Roadmap zur Stärkung der digitalen Zusammenarbeit zeige.
Im Rahmen der Strategie identifiziert der Bundesrat die Neutralität und die Guten Diensten der Schweiz als Stärken, welche es ihr auch im digitalen Raum erlauben würden, als Brückenbauerin zu fungieren. In der Vergangenheit hätte die Schweiz zudem immer wieder wichtige Impulse gegeben, beispielsweise mit der Austragung des Weltgipfels zur Informationsgesellschaft 2003. Auch von ihrer Rolle als Gaststaat profitiere die Schweiz, da das Internationale Genf als operationelle Plattform für die Verwirklichung der Agenda 2030 und der Ziele der nachhaltigen Entwicklung diene. Wichtige internationale Organisationen und Nichtregierungsorganisationen, welche die Debatte um den digitalen Wandel mitgestalteten, hätte überdies ihren Sitz in der Schweiz. Zudem stehe man mit den Schweizer Hochschulen und Forschungsstätten sowie mit international bedeutenden Firmen an vorderster Front in der Entwicklung digitaler Technologien. Insgesamt nannte der Bericht vier Aktionsfelder, in denen die Schweiz ihre Interessen und Werte umsetzen könnte: die digitale Gouvernanz mit Genf als führendem Standort für Digitalisierungs- und Technologiedebatten; Wohlstand und Entwicklung mit Möglichkeiten im Bereich Fintech, der IZA und der Agenda 2030; Cybersicherheit unter Einbezug privater Akteure und der Fortbildung der völkerrechtlichen Normen und schliesslich die digitale Selbstbestimmung und die Entwicklung einer Swiss Cloud zur Minderung der Abhängigkeit von internationalen Anbietern.

Epizentrum der internationalen Digitalisierungsgouvernanz
Dossier: Aussenpolitische Strategien

Die Frage nach den Auswirkungen von 5G auf das Klima stand im Zentrum einer von der Universität Zürich und der EMPA erarbeiteten und im Oktober 2020 veröffentlichten Studie. Auftraggeber waren Swisscleantech und die Swisscom.
Aufgrund des Ausbaus des 5G-Netzes und der benötigten neuen Endgeräte für innovative Anwendungsmöglichkeiten werde es zu gewissen Umweltbelastungen kommen, war der Studie zu entnehmen. Zudem sei mit Rebound-Effekten zu rechnen, wenn es zu einer höheren Nachfrage nach bestimmten Dienstleistungen komme. Die Studie kam aber zum Schluss, dass mit der Einführung von 5G auch viele Treibhausgasemissionen eingespart werden können, weil neue Anwendungen ermöglicht würden und aus der Digitalisierung ein Effizienzgewinn resultiere. Insgesamt sei die entsprechende Klimabilanz positiv. Die Studie projektierte, dass mit 5G pro transportierter Einheit Daten rund 85 Prozent weniger Treibhausgasemissionen entstünden, als dies mit dem heutigen Mobilfunknetz der Fall sei. Hinzu kämen weitere Einsparungen durch neue Nutzungsmöglichkeiten, wie etwa intelligente Stromnetze (smart grid) oder neue Anwendungen in der Landwirtschaft durch einen gezielteren Einsatz von Dünger und Pflanzenschutzmitteln. Auch beim Pendlerverkehr und bei den geschäftlichen Reisen sieht die Studie Einsparungspotential, da durch die raschere und mengenmässig grössere Datenübertragung flexibles Arbeiten gefördert werde.

Wie wirkt sich 5G aufs Klima aus?

Im Rahmen der Beratungen um das Covid-19-Gesetz in der Herbstsession 2020 wollte das Parlament auf der Basis zweier Anträge von Balthasar Glättli (gp, ZH) und Franz Grüter (svp, LU) Erleichterungen für das Sammeln von Unterschriften für fakultative Referenden einführen. Der Bundesrat erliess in der Folge die zeitlich befristete Möglichkeit, Listen mit Signaturen zuzulassen, für welche die Gemeinden noch keine Stimmrechtsbescheinigungen ausgestellt hatten. In einer Medienmitteilung gab die Regierung bekannt, diese Vereinfachung für alle Erlasse von Sommersession 2020 bis Sommersession 2021 zu schaffen. Die entsprechende Verordnung trat Anfang Oktober 2020 in Kraft und galt nur für Referenden, nicht aber für Initiativen.

Fristenstillstand und Erleichterung bei Unterschriftensammlungen
Dossier: Covid-19 und Volksrechte

In der Herbstsession versenkte der Ständerat praktisch diskussionslos drei parlamentarische Initiativen zum Thema E-Voting. Neben der parlamentarischen Initiative von Claudio Zanetti (svp, ZH; Pa.Iv. 18.468) und der Standesinitiative des Kantons Genf (Kt.Iv. 19.312) beschloss die kleine Kammer, auch der parlamentarischen Initiative von Damian Müller (fdp, LU) keine Folge zu geben. Sicherheit vor Tempo bei E-Voting – also konkrete Verschärfungen der gesetzlichen Bestimmungen für den Testbetrieb von E-Voting –, wie dies der Vorstoss des Luzerner Kantonsvertreters gefordert hätte, sei mit dem Entscheid des Bundesrats von Ende Juni 2019, auf eine Einführung von E-Voting als ordentlichen Abstimmungskanal zu verzichten, nicht nötig. Kollege Müller habe seine Initiative sogar zurückziehen wollen, führte Kommissionssprecher Andrea Caroni (fdp, AR) aus, was parlamentsrechtlich aber nicht möglich sei, da ihr die SPK-SR zuvor bereits Folge gegeben hatte.

Sicherheit vor Tempo bei E-Voting (Pa. Iv. 18.427)
Dossier: Vote électronique

Der Marschhalt bei E-Voting, wie er von der parlamentarischen Initiative Claudio Zanetti (svp, ZH) gefordert werde, sei de facto erfüllt, führte Andrea Caroni (fdp, AR) als Sprecher der SPK-SR in der Herbstsession 2020 aus. Da der Bundesrat von sich aus entschieden habe, E-Voting nicht als ordentlichen Stimmkanal aufzunehmen, sondern eine neue Versuchsanlage zu konzipieren, mit der die Anforderungen an die Sicherheit gewährleistet werden könnten, seien die Forderungen nach einer Einstellung sämtlicher E-Voting-Versuche und nach einem referendumspflichtigen Beschluss bei einer allfälligen Einführung des elektronischen Stimmkanals obsolet geworden. Es bestehe momentan faktisch ein Moratorium. Zusammen mit zwei weiteren Vorstössen zum Thema E-Voting (Pa.Iv. Müller, fdp, LU; 18.427 und Kt.Iv. Genf 19.312) gab die kleine Kammer der parlamentarischen Initiative Zanetti diskussionslos keine Folge.

Marschhalt bei E-Voting (Pa.Iv. 18.468)
Dossier: Vote électronique

Ende 2018 hatte der Kanton Genf sein seit 2003 bestehendes E-Voting System «CH-Vote», das neben Genf von vier weiteren Kantonen (AG, BE, LU, SG) eingesetzt worden war, aus Kostengründen eingestellt. Die Sicherheitsanforderungen waren als finanziell nicht mehr tragbar erachtet worden. Damit war kurzzeitig nur noch das System der Post in Betrieb gewesen, aber auch dieses musste 2019 aufgrund des Scheiterns eines Stresstests aufgegeben werden. Mit einer Standesinitiative versuchte der Kanton Genf in der Folge, das Heft wieder in die Hand zu bekommen. Der Genfer Grosse Rat forderte, dass der Bund zusammen mit den Kantonen ein neues System auf der Grundlage des Genfer «CH-Vote» entwickeln solle. E-Voting müsse vollständig von der öffentlichen Hand kontrolliert werden – eine Spitze gegen das vom spanischen Unternehmen Scytl hergestellte System der Post. Vollständige Transparenz, die notwendig sei für ein E-Voting-System, könne von Privaten nicht gewährleistet werden, so die Begründung in der Standesinitiative. Da der Kanton Genf bereits CHF 6.7 Mio. in sein Open-Source-System investiert habe, bestehe hier eine gute Basis für eine vom Bund zu finanzierende Weiterentwicklung eines E-Voting-Systems.
Zusammen mit zwei parlamentarischen Initiativen zum Thema E-Voting (Pa.Iv. Müller (fdp, LU; 18.427) und Pa.Iv. Zanetti (svp, ZH; 18.468) gab der Ständerat in der Herbstsession 2020 auch dem Genfer Ansinnen keine Folge. Die SPK-SR hatte sie zuvor mit 11 zu 0 Stimmen (ohne Enthaltungen) zur Ablehnung empfohlen, weil sie eine Beteiligung des Bundes an der Entwicklung eines E-Voting-Systems als nicht sinnvoll erachtete: Dies sei Sache der Kantone, erklärte die Kommission. In der Ratsdebatte lehnte es die Genfer Ständerätin Lisa Mazzone (gp, GE) trotz Loyalität und Treue gegenüber ihrem Kanton ab, einen Gegenantrag zum Kommissionsantrag zu stellen. Da die Motion Sommaruga (sp GE; Mo. 20.3908) zur Vorbehandlung an die SPK-SR überwiesen worden sei, könne auch ohne Annahme der Initiative im Sinne Genfs weitergearbeitet werden.

Entwicklung eines E-Voting-Systems durch den Bund oder die Kantone (St. Iv. 19.312)
Dossier: Vote électronique

In der Herbstsession 2020 beugte sich der Nationalrat als Zweitrat über den von der SPK-SR ausgearbeiteten indirekten Gegenvorschlag zur Transparenzinitiative, mit dem mehr Transparenz bei der Politikfinanzierung geschaffen werden soll. Nicht weniger als 40 Wortmeldungen zeugen von der Bedeutung, die der Vorlage auch in der grossen Kammer entgegengebracht wurde. Die beiden Sprecher der SPK-NR – Andri Silberschmidt (fdp, ZH) und Damien Cottier (fdp, NE) – plädierten für Eintreten und warben für einige von ihrer Kommission vorgenommene gewichtige Änderungen des ständerätlichen Vorschlags: Die Mehrheit der Kommission stelle sich, anders als von der kleinen Kammer vorgeschlagen, gegen jegliche Offenlegung des Namens von Spenderinnen und Spendern, verlange aber nebst der Offenlegung der Einnahmen auch jene der Ausgaben von politischen Akteuren, jedoch ohne dass hier erhaltene Zuwendungen offengelegt werden müssten. Ebenfalls abweichend zum Ständerat schlage die Mehrheit der Kommission vor, dass bei Abstimmungen und Wahlen bereits Kampagnenbudgets von CHF 50'000 offengelegt werden – der Ständerat hatte hier eine Obergrenze von CHF 250'000 vorgesehen und auch die Initiative sah eine höhere Obergrenze von CHF 100'000 vor. Schliesslich – so die beiden Kommissionssprecher – müsse diese Offenlegungspflicht nicht nur für Kandidierende für den Nationalrat, sondern auch für jene für den Ständerat gelten.
Zuerst wurde über Eintreten verhandelt. Eine Kommissionsminderheit bestehend aus Mitgliedern der SVP-Fraktion begründete ihren Nichteintretensantrag mit den zu komplizierten Transparenzregeln, die vom Vorschlag vorgesehen seien; das Vertrauen in die Politik würde so eher geschwächt als gestärkt. Gregor Rutz (svp, ZH) bezeichnete die Vorlage gar als «Absurdität»: Es bestehe kein Handlungsbedarf und der Vorwurf, die Schweizer Politik sei korrupt, – Rutz nahm Explizit auf die Vorwürfe der GRECO Bezug – sei «Unsinn». Transparenz brauche man dort, wo demokratische Defizite bestünden, was in der Schweiz nicht der Fall sei. Nadine Masshardt (sp, BE), ihres Zeichens Co-Präsidentin des Trägervereins der Transparenz-Initiative, plädierte für die SP-Fraktion für Eintreten: Die SPK-NR habe den Gegenvorschlag wirkungslos gemacht, was insbesondere hinsichtlich der Offenlegung der Spenderinnen und Spender wieder zu korrigieren sei. Ins gleiche Horn stiess Irène Kälin (gp, AG) für die Fraktion der Grünen. Ohne Offenlegung von Spenden könne nicht von Transparenz gesprochen werden. Ihre Fraktion sei deshalb für Eintreten, um hier Korrekturen anzubringen. Auch die Mitte-Fraktion plädierte via ihre Sprecherin Marianne Binder-Keller (cvp, AG) für Eintreten, auch wenn die CVP sowohl gegen die Initiative als auch gegen den hier vorliegenden Vorschlag sei. Dies einerseits, weil die Bestrebungen letztlich auf eine staatliche Parteienfinanzierung hinausliefen, und andererseits, weil eine Forderung der CVP nicht erfüllt sei, nämlich die Offenlegung von indirekten Spenden und Querfinanzierungen beispielsweise durch Gewerkschaften und Wirtschaftsverbände. Doris Fiala (fdp, ZH) sprach von «Zeitgeist», der im Moment mehr Transparenz fordere. Allerdings sei diese Forderung in einem Milizsystem umsichtiger umzusetzen als bei einem System mit Profipolitikerinnen und -politikern – Fiala nahm Bezug auf ihr Mandat im Europarat, bei dem sie einer sehr strengen Offenlegungspflicht unterworfen sei. Auch die FDP wolle keine staatliche Parteienfinanzierung und die Wahrung der Privatsphäre auch bei politischen Zuwendungen. Der Trend für mehr Transparenz werde «auch vor den Türen der Schweizer Parteien keinen Halt machen», vermutete Corina Gredig (glp, ZH) und plädierte für ihre GLP-Fraktion nicht nur für Eintreten, sondern auch für die Offenlegung der Namen von Spenderinnen und Spendern. Vor der Abstimmung über Eintreten meldete sich auch Justizministerin Karin Keller-Sutter zu Wort. Sie erinnerte daran, dass ein gänzlicher Verzicht der Offenlegung von Spenden ein Kernstück der Transparenzinitiative entfernen würde. Der wesentlich tiefere Schwellenwert von CHF 50'000 für die Offenlegung von Kampagnen wiederum ziehe wohl vor allem bürokratischen Aufwand nach sich. Zudem sei die Forderung nach einer Offenlegung der Kampagnenzuwendungen von Ständeratskandidierenden deshalb heikel, weil ja eigentlich die Kantone für die Wahlen in die kleine Kammer verantwortlich seien. Sie bat den Rat aber auch deshalb um Eintreten, weil es sinnvoller sei, eine Regelung auf Gesetzesstufe anzubringen als in der Verfassung. Wie aufgrund der Sprecherinnen und Sprecher nicht anders zu erwarten war, stimmte die Mehrheit der anwesenden Nationalrätinnen und Nationalräte für Eintreten. Die 57 Nein-Stimmen stammten aus der SVP- (52 Stimmen) und der FDP-Fraktion (5 Stimmen), hatten aber gegen die 136 Ja-Stimmen keine Chance.

In der Folge ging es um die bereits in der Eintretensdebatte angekündigten Änderungsanträge. Eine Mehrheit von 135 zu 56 Stimmen folgte dem Kommissionsvorschlag, dass Parteien nicht nur wie vom Ständerat vorgesehen ihre Einnahmen, sondern auch ihre Ausgaben offenlegen müssen. Der SVP-Minderheitsantrag, der dem Ständerat folgen wollte, scheiterte also deutlich. Wesentlich knapper scheiterte der Minderheitsantrag Streiff (evp, BE), mit dem die Offenlegung von Spenden gefordert worden wäre, nicht aber wie vom Ständerat vorgesehen mit einer Obergrenze von CHF 25'000, sondern mit einer Obergrenze von CHF 10'000. Die 94 Stimmen der geschlossenen Fraktionen von SP und Grünen, unterstützt von 15 Stimmen der Grünliberalen – einzig Martin Bäumle (glp, ZH) sprach sich für die Mehrheit aus, die die Offenlegung der Spenden ganz streichen wollte – sowie von 9 Stimmen aus der Mitte-Fraktion und den 2 SVP-Stimmen von Mike Egger (svp, SG) und Lukas Reimann (svp, SG) reichten gegen die 96 Stimmen für die Kommissionsmehrheit nicht aus. Der Vorschlag der Kommission obsiegte auch bei der Frage nach der Höhe der Kampagnenausgaben. Nicht CHF 250'000 wie vom Ständerat und einer Minderheit Bircher (svp, AG) vorgesehen (130 zu 60 Stimmen), aber auch nicht CHF 100'000, wie von der Minderheit Streiff vorgeschlagen (171 zu 18 Stimmen), sondern Kampagnenausgaben von CHF 50'000 sollen neu eine Offenlegung zwingend machen. Angenommen wurde auch der Vorschlag, dass die einzureichenden Dokumente stichprobenweise zu kontrollieren seien.
Da damit aber keiner der Minderheitsanträge eine Mehrheit gefunden hatte und die von praktisch allen Fraktionen kritisierte, von der SPK-NR ziemlich verwässerte Vorlage so insgesamt zu viele Gegnerinnen und Gegner hatte, kam es bei der Gesamtabstimmung wenig überraschend zu einer deutlichen Abfuhr. Lediglich noch 17 Stimmen aus der FDP-Fraktion sowie eine Stimme aus der Mitte-Fraktion (Martin Landolt (bdp, GL)) unterstützten die Vorlage; standen aber gegen die 168 Gegenstimmen (9 Enthaltungen) auf verlorenem Posten. Damit wird der Ball dem Ständerat zurückgespielt.

Transparenz in der Politikfinanzierung (Pa. Iv. 19.400)
Dossier: Finanzierung der Politik
Dossier: Transparenzinitiative und Gegenvorschlag - Änderung des Bundesgesetzes über die politischen Rechte

Für Beat Rieder (cvp, VS) hatte die Corona-Pandemie verdeutlicht, dass die gesetzlichen Grundlagen fehlen, mit der die Institutionen der direkten Demokratie auch in einer ausserordentlichen Lage funktionieren. Rieder spielte in der Begründung für seine Motion «Bewahrung der demokratischen Rechte» auf die Notverordnungen des Bundesrats an, auf deren Grundlage das Sammeln von Unterschriften für Initiativen und Referenden im Rahmen eines Fristenstillstands verboten worden war und die zu einer Verschiebung der geplanten eidgenössischen Abstimmungen von Mai auf September 2020 geführt hatten. Er forderte deshalb von der Regierung, dass sie solche Massnahmen in einem ordentlichen Bundesgesetz regle. Damit die Institutionen auch in Ausnahmesituationen funktionierten, müsse zudem «digitale Kompetenz und digitale Bereitschaft» gefördert werden.
Der Bundesrat beantragte die Ablehnung der Motion, da er im Bereich der Ausübung der politischen Rechte keinen Handlungsbedarf sehe. Vor dem Hintergrund von Covid-19 seien aber die Prozesse der Durchführung von Abstimmungen und Wahlen und der Ausübung der Volksrechte zu überprüfen. Digitalisierung werde zudem vom Bundesrat in der Legislaturplanung als zentrales Anliegen behandelt, somit brauche es dazu keine weiteren Vorstösse mehr.
In der Herbstsession 2020 machte Beat Rieder jedoch eindringlich darauf aufmerksam, dass der Bundesrat nicht Prozesse überprüfen solle, sondern dass das Parlament als Gesetzgeber bestimmen müsse, wie solche Prozesse in Krisenzeiten organisiert werden müssten. Er stellte die rhetorische Frage, was gewesen wäre, wenn Covid-19 wenige Monate früher, während der eidgenössischen Wahlen 2019 ausgebrochen wäre. Bundeskanzler Walter Thurnherr versuchte darauf aufmerksam zu machen, dass der Bundesrat den Fristenstillstand auch deshalb beschlossen habe, weil das Parlament aufgrund des Sessionsabbruchs im März nicht mehr tagte und gemäss geltenden Fristen etwa der Gegenvorschlag zur Konzernverantwortungsinitiative nicht mehr hätte debattiert werden können. Für eine Verschiebung von Abstimmungen sei der Bundesrat zudem nicht auf Notrecht angewiesen, sie liege laut dem Bundesgesetz über die politischen Rechte in dessen Kompetenz. Auch Thomas Minder (parteilos, SH) sprach sich gegen eine gesetzliche Regelung eines Fristenstillstands aus, da man so aus einer ausserordentlichen Massnahme eine Regel mache. Die Kantonsvertreterinnen und -vertreter entschieden sich jedoch mit 32 zu 3 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) sehr deutlich für Annahme der Motion.

Bewahrung der demokratischen Rechte (Mo. 20.3419)

Die beiden parlamentarischen Initiativen, mit denen eine ausgewogene Vertretung der Geschlechter auf Wahllisten gefordert wurde (Pa.Iv. 19.440 von Irène Kälin (gp, AG) sowie Pa.Iv. 19.460 von Jürg Grossen (glp, BE)), wurden in der Herbstsession 2020 vom Nationalrat gemeinsam beraten. Die SPK-NR hatte mit je 15 zu 10 Stimmen beantragt, den beiden Initiativen keine Folge zu geben. In der Debatte machten sich die Initiantin und der Initiant für ihre Anliegen stark. Die eidgenössischen Wahlen 2019 hätten gezeigt, dass es eine Rolle spiele, wie viele Frauen auf den Wahllisten vertreten seien. Der neue Frauenanteil in der grossen Kammer von etwas über 40 Prozent entspreche praktisch dem Anteil von Frauen auf den Listen, so Irène Kälin. 40 Prozent sei zwar besser als 30 Prozent – der Anteil vor den eidgenössischen Wahlen 2019 – aber eine ausgewogene Vertretung der Geschlechter sei damit nach wie vor nicht Realität, obwohl dies von der Verfassung gefordert werde. Auch Jürg Grossen hob den Anstieg des Frauenanteils nach den Wahlen hervor, betonte aber auch, dass die weibliche Hälfte der Bevölkerung «im Bundeshaus nach wie vor deutlich untervertreten» sei. Die Erfahrung zeige zudem, dass der Frauenanteil rasch wieder erodiere, wenn die Forderung von Parität nicht umgesetzt werde oder dauernd wieder erkämpft werden müsse. Dabei seien nicht fixe Quoten anzustreben, sondern Anreize zu schaffen: Nur noch jene Parteien sollen Fraktionsbeiträge erhalten, die hinsichtlich Geschlecht mit ausgewogenen Wahllisten antreten. Marianne Binder-Keller (cvp, AG) nahm für die Kommission Stellung und bezeichnete die beiden Anlegen als «mutierte Varianten bereits abgelehnter Vorstösse, die Quoten auf Wahllisten forderten». Sie wies darauf hin, dass sie als Frau gerade aus Gleichstellungsüberlegungen gegen «diese Form von Kandidierendenobligatorium» sei. Die beiden Initiativen würden implizieren, dass Frauen nicht in der Lage seien, sich selber durchzusetzen. Frau sein, sei kein Programm und es wäre ja dann auch die Frage, was passieren würde, wenn es eine Mehrheit von Frauen im Parlament gebe. Die Mehrheit der Kommission sei überdies nicht der Meinung, dass Gleichstellung heute verhindert werde. Es werde ja niemand an einer Kandidatur gehindert und letztlich sei es der Souverän, dem zugetraut werden dürfe, dass er nicht auf die Wahl von Frauen verzichte, «nur weil sie Frauen sind». Hingegen sehe es die Mehrheit der Kommission als «undemokratische Einmischung», wenn den Parteien vorgeschrieben würde, wen sie bei Wahlen nominieren müssten. Fraktionsbeiträge von der Gestaltung der Listen abhängig zu machen, erachte die SPK-NR zudem als sachfremd, zentralistisch und unliberal.
Wie zu erwarten war, wurden die beiden Vorstösse von den geschlossenen Fraktionen der SP und der GP sowie zumindest bei der Initiative Grossen auch von der Mehrheit der GLP unterstützt. Die 80 Stimmen (gegen 114 Gegenstimmen) bei der parlamentarischen Initiative Kälin bzw. die 83 Stimmen (gegen 109 Gegenstimmen) bei der Initiative Grossen – beide Male ohne Enthaltungen – reichten aber nicht aus und die Anliegen wurden versenkt. Über die Lager der Initiantin und des Initianten hinaus vermochten die Anliegen praktisch nicht zu mobilisieren, insbesondere nicht bei den Nationalrätinnen des bürgerlichen Lagers: Nur Céline Amaudruz (svp, GE) und Marianne Streiff-Feller (evp, BE) unterstützten den Vorschlag von Jürg Grossen und Jacqueline de Quattro (fdp, VD) die Idee von Irène Kälin.

Ausgewogene Vertretung der Geschlechter auf Wahllisten (Pa.Iv. 19.460 und Pa.Iv. 19.440)
Dossier: Bestrebungen für Frauenquoten in politischen Ämtern, Kommissionen und der Verwaltung
Dossier: Frauenanteil im Parlament

Im Herbst 2020 schrieben National- und Ständerat eine Motion Candinas (cvp, NR) betreffend die Erhöhung der Internet-Mindestgeschwindigkeit in der Grundversorgung ab. Der Bundesrat hatte die Motion zur Abschreibung beantragt, nachdem er im Oktober 2019 mit einer Verordnungsänderung verfügt hatte, dass die Mindestbandbreite in der Grundversorgung auf 10 Mbit/S erhöht wird.

Erhöhung der Internet-Mindestgeschwindigkeit in der Grundversorgung auf 10 Megabit pro Sekunde
Dossier: Hochbreitband (ab 2019)

Mit seinem Bericht zu den Minderheitsmeinungen in den Abstimmungserläuterungen erachtete der Bundesrat das Postulat Tuena (svp, ZH) als erledigt. Dies sah in der Herbstsession 2020 auch der Nationalrat so und schrieb den Vorstoss stillschweigend ab.

Minderheitsmeinung in den Abstimmungserläuterungen (Po. 17.3230)
Dossier: Abstimmungserläuterungen des Bundesrats

Die KVF-NR forderte den Bundesrat im Juni 2020 auf, die Internet-Mindestgeschwindigkeit in der Grundversorgung auf 80 Megabit pro Sekunde zu erhöhen. Es gehe nicht an, dass circa ein Viertel aller Haushalte und Unternehmen in peripheren Gebieten mit einer sehr tiefen Internetgeschwindigkeit leben müssten. Um diesen digitalen Stadt-Land-Graben zu eliminieren, müsse rasch gehandelt werden und die Fernmeldedienstverordnung entsprechend revidiert werden. Der Bundesrat beantragte die Ablehnung der Motion. Das Ziel der Grundversorgung gemäss Fernmeldegesetz bestehe darin, der gesamten Bevölkerung ein Angebot an grundlegenden Telecomdiensten zu erschwinglichen Preisen zur Verfügung zu stellen. Die derzeit garantierte Leistung von zehn Megabit pro Sekunde sei für zahlreiche Dienste, wie etwa Videostreaming, Onlineshopping oder die Benutzung von Social Media, ausreichend. Die Teilnahme am wirtschaftlichen und sozialen Leben sei damit sichergestellt. Es wäre zudem ein grosser Eingriff in die Wettbewerbsfreiheit, wenn diese hohe Mindestgeschwindigkeit verordnet würde. Auch wären die Kosten gemäss Bundesrat sehr hoch. Eine Studie des BAKOM sei zum Schluss gekommen, dass der Ausbau eines leitungsgebundenen Hochbreitbandnetzes Investitionen von mindestens CHF 3.6 Mrd. mit sich bringen würde.
Der Nationalrat beugte sich in der Herbstsession 2020 über das Geschäft. Nachdem im Plenum keine neuen Argumente vorgebracht wurden, nahm die grosse Kammer das Geschäft in der Abstimmung deutlich an (176 zu 2 Stimmen, 3 Enthaltungen).

Erhöhung der Internet-Mindestgeschwindigkeit in der Grundversorgung auf 80 Megabit pro Sekunde (Mo. 20.3915)
Dossier: Hochbreitband (ab 2019)

Im Vorfeld der Bestätigungswahlen 2020 der Mitglieder der Appenzell Innerrhodner Standeskommission, der kantonalen Exekutive, kündigte die amtierende Frau Statthalter Antonia Fässler (cvp) überraschend ihren Rücktritt an. Der Zeitpunkt des Rücktrittes der amtierenden Vorsteherin des kantonalen Gesundheits- und Sozialdepartementes löste einiges Unverständnis aus, kam er doch nur wenige Wochen vor einem geplanten Entscheid der Standeskommission über die Zukunft eines Neubauprojektes des Spitals Appenzell. Fässler selbst begündete ihren Entscheid mit ihrem Alter und beruflichen Plänen. Für sie sei es an der Zeit, noch einmal etwas Neues zu probieren. Als Kandidatin für Fässlers Nachfolge liess sich einzig die derzeitige Grossratspräsidentin Monika Rüegg Bless (cvp) aufstellen. Aufgrund der Coronavirus-Pandemie konnten die Stimmberechtigten nicht wie geplant am 26. April 2020 an der Landsgemeinde über die Kandidatur befinden. Die Wahl wurde auf den 23. August verlegt und fand erstmals an der Urne statt. Für die restlichen Mitglieder der Standeskommission wurden bis am 7. Juli keine Gegenvorschläge erhoben, womit sie alle automatisch für ein weiteres Jahr im Amt bestätigt waren. Deshalb richteten sich am 23. August alle Augen im Kanton auf Rüegg Bless, welche schlussendlich 2759 Stimmen erhielt und das absolute Mehr von 1463 Stimmen deutlich übertraf. Rüegg Bless zieht damit als 120. Person in die Standeskommission ein – als erst dritte Frau und als erstes Mitglied, welches per Urnenwahl gewählt wurde.

Appenzell Innerrhoden Bestätigungs- und Ersatzwahlen Standeskommission 2020
Dossier: Kantonale Regierungswahlen 2020
Dossier: Kantonale Wahlen - Appenzell Innerrhoden

Es müsse den Parteien überlassen werden, wie sie ihre Wahllisten organisierten, begründete die Mehrheit der SPK-NR ihren Entscheid, den beiden parlamentarischen Initiativen für eine ausgewogene Vertretung der Geschlechter auf Wahllisten keine Folge zu geben. Irène Kälin (gp, AG) forderte in ihrem Vorstoss (Pa. Iv. 19.440) eine Änderung der politischen Rechte dahingehend, dass eine paritätische Vertretung der Geschlechter auf Wahllisten festgeschrieben werden soll. Da nicht alle Parteien Frauen förderten, stagniere der Anteil von Frauen in kantonalen und kommunalen Parlamenten sowie in der nationalen Legislative bei 30 Prozent. Zudem sei der Frauenanteil im Ständerat und in vielen kantonalen Exekutiven «beschämend tief». Jürg Grossen (glp, BE) forderte Anreize für eine ausgeglichenere Vertretung der Geschlechter auf den Wahllisten: Fraktionsbeiträge sollten nur an jene Parteien in vollem Umfang ausbezahlt werden, die Frauen und Männer gleichberechtigt auf ihre Listen setzen (Pa. Iv. 19.460).
Beide Vorstösse waren noch vor den eidgenössischen Wahlen eingereicht worden. Der Erfolg der Frauen bei eben diesen Wahlen dürfte zur ablehnenden Mehrheit der SPK-NR beigetragen haben. Freilich sorgte eine starke Kommissionsminderheit – beide Vorstösse wurden mit 15 zu 10 Stimmen zur Ablehnung empfohlen – dafür, dass die beiden Initiativen im Rat diskutiert werden. Es brauche Druck, damit sich alle Parteien für gleichberechtigte politische Vertretung einsetzten.

Ausgewogene Vertretung der Geschlechter auf Wahllisten (Pa.Iv. 19.460 und Pa.Iv. 19.440)
Dossier: Bestrebungen für Frauenquoten in politischen Ämtern, Kommissionen und der Verwaltung
Dossier: Frauenanteil im Parlament

Eigentlich wäre die Motion Zanetti (svp, ZH), die eine elektronische Zustellung von Abstimmungsunterlagen forderte, im Ständerat in der Frühjahrssession 2020 terminiert gewesen, konnte aber aufgrund des Sessionsabbruchs nicht mehr beraten werden.
Die SPK-SR hatte ihren Bericht mit dem Antrag zur einstimmigen Ablehnung der Motion bereits Ende Januar 2020 vorgelegt. Die elektronische Zustellung würde nur einigen wenigen Auslandschweizerinnen und -schweizern nutzen, wobei eine Verzögerung der Rücksendung – die elektronisch zugestellten Dokumente müssten ausgedruckt und auf postalischem Wege zurückgesandt werden – trotzdem nicht ausgeschlossen werden könne. Ein Versand per E-Mail würde zudem ein hohes Missbrauchsrisiko bergen. Schliesslich würde der Druck der Unterlagen auf unterschiedliches Papier eine maschinelle Auszählung der Stimmzettel verunmöglichen. Mathias Zopfi (gp, GL), der für die SPK-SR Bericht erstattete, schloss sein Plädoyer für ein Nein mit dem Hinweis, dass mit der Motion die tatsächlich bestehenden Probleme der Schweizerinnen und Schweizer im Ausland nicht behoben, sondern neue Baustellen geschaffen würden. Bundeskanzler Walter Thurnherr hob in die gleiche Kerbe und wies darauf hin, dass der E-Versand kein Ersatz für E-Voting sein könne, weniger sicher sei und erheblichen Mehraufwand bedeute. Die kleine Kammer versenkte in der Folge die Vorlage diskussionslos.

Elektronische Zustellung der Abstimmungsunterlagen (Mo. 19.3294)