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Die im Vorjahr vom Nationalrat gewährte Verlängerung der Frist für die Ausarbeitung einer Lösung zur Umsetzung einer im Jahr 2000 gutgeheissenen parlamentarischen Initiative Gross (sp, ZH) für die Meldepflicht und Publikation von grossen finanziellen Beiträgen an die Werbekampagnen für Volksabstimmungen brachte kein Ergebnis. Die Mehrheit der SPK beantragte dem Plenum, die Initiative abzuschreiben. Als wichtigsten Grund für ihren Antrag gab sie an, dass Deklarationsmodelle sehr detailliert abgefasst sein müssten, um Missbräuche zu verhindern. Zudem zeigten die Erfahrungen in den USA, dass eine Vielzahl von Umgehungsmöglichkeiten beständen, wie etwa die Ausrichtung von formal nicht zweckgebundenen Beiträgen an Parteien und Interessenorganisationen. Die vor allem von der Linken gebildete Kommissionsminderheit stimmte dieser kritischen Analyse weitgehend zu und schlug deshalb vor, mit einem Anreizmodell für vermehrte Transparenz zu sorgen. Gemäss ihrem Antrag sollen diejenigen, welche ihre Geldquellen deklarieren, vom Bund Beiträge für ihre Werbekampagnen erhalten.

Meldepflicht und Publikation von grossen finanziellen Beiträgen an die Werbekampagnen für Volksabstimmungen (Pa.Iv. 99.430)
Dossier: Finanzierung der Politik

Wesentlich weiter als die parlamentarische Initiative Fehr will eine anfangs Jahr von einem Komitee lancierte Volksinitiative „Volkssouveränität statt Behördenpropaganda“ gehen. Sie will dem Bundesrat und den Spitzenkadern der Bundesverwaltung während Abstimmungskampagnen jegliche in Zusammenhang mit der Abstimmung stehende Medienauftritte verbieten. Zugelassen wäre nur noch eine einmalige kurze Information über den Abstimmungsgegenstand durch den Departementsvorsteher. Nicht erlaubt wäre auch die Finanzierung, Erarbeitung und Bereitstellung von Informations- und Propagandamaterial durch die Bundesverwaltung.

Volksinitiative Volkssouveränität statt Behördenpropaganda (BRG 05.054)

Im Frühling begann eine dreisprachige, mobile Informationsausstellung zum neuen Finanzausgleich, welche im Verlauf des Jahres in sämtlichen Kantonen zu sehen war. Sie wurde von Bund und Kantonen gemeinsam getragen und durchgeführt.

Informationsausstellung zum neuen Finanzausgleich

Das Parlament verabschiedete die im Vorjahr vom Bundesrat beantragte Teilrevision des Gesetzes über die politischen Rechte. Umstritten waren eigentlich nur zwei Neuerungen: das Projekt E-Voting (d.h. Abstimmen via Internet) und die Kompetenz des Bundesrats, bei den Nationalratswahlen Kampagnen zur Förderung der Stimmbeteiligung und der Erfolgschancen von Frauenkandidaturen durchzuführen (sog. Sensibilisierungskampagnen). Gegen den Widerstand der SVP-Fraktion, welche dem elektronischen Abstimmungsverfahren via Internet aus finanziellen Gründen keine Dringlichkeit zuerkennen wollte, schuf der erstberatende Nationalrat die Rechtsgrundlagen für die Durchführung von Pilotversuchen mit E-Voting in den Kantonen. Am meisten zu reden gaben die Sensibilisierungskampagnen. Die SVP beantragte Streichung, die Linke wollte den Bundesrat dazu nicht nur ermächtigen, sondern verpflichten, und Brunner (svp, SG) und Ursula Wyss (sp, BE) – bis Ende 2001 die beiden jüngsten im Rat – forderten, dass damit nicht nur weibliche, sondern auch junge Kandidaturen gefördert würden. Durchgesetzt hat sich schliesslich die Kommissionsmehrheit (Kann-Formel) ergänzt durch den Antrag Brunner/Wyss. Im Ständerat war es ebenfalls die Ermächtigung des Bundesrates, Sensibilisierungskampagnen durchzuführen, die zu einer Diskussion Anlass gab. Er folgte mit 17:15 Stimmen seiner Kommissionsmehrheit und strich diese Bestimmung. In der Differenzbereinigung lehnte er zweimal mit knapper Mehrheit (22:20) einen Vermittlungsantrag Spoerry (fdp, ZH) ab, welcher die Kampagnen auf die Förderung der Stimmbeteiligung und der angemessenen Geschlechterverteilung beschränken wollte. Der Nationalrat seinerseits verwies auf den verfassungsmässigen Auftrag zur ausgeglichenen Vertretung der Geschlechter auch in der Politik und hielt zuerst zweimal an den Sensibilisierungskampagnen fest. Er gab erst nach, als die Einigungskonferenz beider Räte einen Verzicht darauf beschlossen hatte.

BRG 01.079: Änderung des Gesetzes über die politischen Rechte

Die SPK des Nationalrats tat sich schwer mit der Umsetzung einer parlamentarischen Initiative Gross (sp, ZH) für die Meldepflicht und Publikation von grossen finanziellen Beiträgen an die Werbekampagnen für Volksabstimmungen. Das Plenum hatte dem Vorstoss im Jahr 2000 Folge gegeben und eine Subkommission der SPK hatte sich daran gemacht, Realisierungsmodelle zu entwickeln. Die nun notwendig gewordene Fristverlängerung für diese Arbeit wurde aber von einer Minderheit der SPK, welche dem Anliegen negativ gegenübersteht, zum Anlass genommen, einen Übungsabbruch zu verlangen und die Initiative abzuschreiben. Mit 101:84 Stimmen beschloss jedoch der Nationalrat, die Fristverlängerung zu gewähren. Die Forderung nach einer Offenlegung der Mittel wurde gemäss einer repräsentativen Umfrage (Univox) von einer Mehrheit der Stimmberechtigten unterstützt.

Meldepflicht und Publikation von grossen finanziellen Beiträgen an die Werbekampagnen für Volksabstimmungen (Pa.Iv. 99.430)
Dossier: Finanzierung der Politik

Im Februar legte der Bundesrat einen Bericht über die elektronische Ausübung der politischen Rechte (via Internet) vor. Er stellte darin fest, dass die Einführung dieser neuen Form der Stimmabgabe resp. des Wählens und des Unterzeichnens von Referenden und Initiativen die politische Beteiligung attraktiver machen könnte. Er wies aber auch auf Risiken dieser neuen Technologie hin. Damit meinte er nicht nur Missbräuche durch unberechtigte Manipulationen der Programme, sondern auch Gefahren in Bezug auf eine sorgfältige Meinungsbildung. Es ist nach Ansicht des Bundesrates deshalb falsch, die Einführung der elektronischen Stimmabgabe lediglich als unproblematische technische Erweiterung des bisherigen Systems zu betrachten. Vielmehr bedürfe sie einer Einbettung in ein umfassendes Konzept und sei zudem wegen ihrer Komplexität etappenweise vorzunehmen. Als ersten vorbereitenden Schritt schlug der Bundesrat die Harmonisierung der kommunalen Stimmregister resp. die Schaffung eines nationalen Registers vor. Mit der Teilrevision des Gesetzes über die politischen Rechte wurde der Rahmen für die Durchführung kantonaler Pilotversuche bereits geschaffen. Die Einführung des Abstimmens via Internet war vom Parlament mit mehreren Vorstössen gefordert worden. Das Parlament nahm den Bericht zur Kenntnis.

Bericht über die Chancen, Risiken und Machbarkeit elektronischer Ausübung politischer Rechte

Der Nationalrat beschäftigte sich mit dem Projekt seiner SPK zur Umsetzung der im Jahr 2000 gutgeheissenen parlamentarischen Initiative Stamm (cvp, LU) zur Wahrung der Lauterkeit in der Abstimmungswerbung. Nachdem die Fraktionen der bürgerlichen Parteien die vorgeschlagene Einsetzung einer Anrufungskommission als nicht praktikabel und überflüssig bezeichnet hatten, folgte der Rat mit 86:65 Stimmen dem auch vom Bundesrat unterstützten Nichteintretensantrag der Kommissionsminderheit.

Forderung einer Anrufinstanz bei Abstimmungskampagnen (99.427)

Die SPK des Nationalrats präsentierte ihre Vorschläge zur Umsetzung der im Vorjahr gutgeheissenen parlamentarischen Initiative Stamm (cvp, LU) zur Wahrung der Lauterkeit in der Abstimmungswerbung. Sie beantragte, mit einer Teilrevision des Gesetzes über die politischen Rechte eine vom Bundesrat ernannte Fachkommission zu schaffen, welche Beanstandungen von Stimmberechtigten überprüft und ihre Stellungnahme dazu öffentlich bekannt macht. Über eine Entscheidbefugnis, z.B. zur Verhinderung von beanstandeten Aussagen, verfügt die Kommission jedoch nicht; auf der anderen Seite ist ihre Stellungnahme auch nicht rekursfähig. Entsprechende Terminvorgaben sollen dafür sorgen, dass diese Stellungnahmen noch vor dem Abstimmungstag publiziert werden. Der Bundesrat lehnte diese von der SPK vorgeschlagene neue Instanz ab, da sie den Regeln der freien Meinungsbildung widersprechen würde. Zudem wies er auf kontraproduktive Effekte einer derartigen Kontrolle hin, welche den Urhebern unlauterer Propaganda zu zusätzlicher Publizität verhelfen könnte. Ein Beispiel für falsche Behauptungen lieferten die Gegner der Militärgesetzrevision, welche in Inseraten proklamierten, die geplanten Auslandeinsätze der Armee würden CHF 600 Mio. pro Jahr (statt rund CHF 200 Mio.) kosten.

Forderung einer Anrufinstanz bei Abstimmungskampagnen (99.427)

Gegen Jahresende beantragte der Bundesrat dem Parlament eine Teilrevision des Gesetzes über die politischen Rechte. Er beabsichtigt dabei insbesondere, die rechtlichen Grundlagen für kantonale Versuche mit der elektronischen Stimmabgabe (via Internet) zu schaffen. Der Kanton Genf begann bereits mit den Vorarbeiten zu Testversuchen mit dem E-Voting. Die rasche Einführung war im Vorjahr mit parlamentarischen Vorstössen verlangt worden. Der Bundesrat soll ferner explizit ermächtigt werden, spezielle Informationskampagnen zur Verbesserung der Wahlchancen von Frauen und jungen Personen durchzuführen. Daneben soll die Bundeskanzlei beauftragt werden, die Unterschriftenlisten für Initiativen und Referenden im Internet bereitzustellen; allerdings nur zum Herunterladen und Ausdrucken und nicht zum direkten Unterzeichnen. Da in der neuen Bundesverfassung die Parteien rechtlich verankert sind, sollen sie in Zukunft bei den Nationalratswahlen privilegiert behandelt werden. Wenn sie sich bei der Bundeskanzlei registrieren lassen, würde für sie die Vorschrift nicht gelten, dass für die Wahlteilnahme mit einer Liste eine bestimmte Anzahl Unterschriften (100-400 je nach Kantonsgrösse) eingereicht werden muss. Diese Erleichterung würde allerdings nur registrierten Parteien gewährt, die bei den vorangegangenen nationalen Wahlen im betreffenden Kanton einen Sitz gewonnen oder einen Stimmenanteil von mindestens 3% erreicht haben. Voraussetzung für die Registrierung selbst ist, gemäss dem Entwurf des Bundesrates, die Organisation der Partei als Verein und die Vertretung mit entweder mindestens einem Sitz im Nationalrat oder je drei Sitzen in drei Kantonsparlamenten. Die vom Ständerat mit der Überweisung eines Postulats seiner SPK formulierte Anregung, das bezahlte Sammeln von Unterschriften für Volksinitiativen und Referenden zu verbieten, wurde vom Bundesrat nicht in das Reformpaket aufgenommen (01.3210).

BRG 01.079: Änderung des Gesetzes über die politischen Rechte

Nach der kleinen Kammer bewilligte auch der Nationalrat das zivile Bauprogramm 2002 des Bundes mit einem Bauvolumen von 345 Mio Fr., wovon 42,5 Mio Fr. für ein Medienzentrum, das bis 2005 an der Bundesgasse in Bern entstehen soll, vorgesehen sind. Anträge seitens der SVP, den Betrag für das geplante Medienhaus aus der Vorlage zu streichen, wurden abgelehnt.

Medienzentrum

Bei den Nationalratswahlen ist in den kleinen Kantonen mit wenigen Mandaten infolge des hohen natürlichen Quorums die Proporzgerechtigkeit nur bedingt verwirklicht. In den zehn kleinsten Kantonen (AI, AR, GL, JU, OW, NW, SH, SZ, UR und ZG) beträgt diese ‚Sperrklausel‘ zwischen 25% und 50%. Auch wenn die Sitzverteilung im Nationalrat insgesamt relativ gut dem gesamtschweizerischen Kräfteverhältnis der Parteien entspricht, bestehen in einzelnen Regionen starke Disproportionen. Zudem fehlt in diesen kleinen Wahlkreisen oft ein politischer Wettbewerb mit echten Auswahlmöglichkeiten für die Wahlberechtigten, weil kleinere Parteien von vorneherein auf eine Beteiligung an der Wahl verzichten. Nationalrat Vollmer (sp, BE) versuchte mit einer parlamentarischen Initiative diesen Zustand zu verändern und schlug dazu die Zusammenfassung der Kantone zu Wahlkreisverbänden nach dem Vorbild des Kantons Bern vor. Auf Antrag seiner SPK, welche insbesondere vor einer dabei entstehenden Dominanz der kleinen Kantone durch die grossen und durch die Städte warnte, lehnte der Nationalrat diese Forderung ab.

Parlamentarische Initiative zur Reform der Nationalratswahlkreisen scheitert (99.458)

Der Bundesrat hiess Ende des Berichtsjahres ein Konzept gut, wonach die Medien aus dem Parlamentsgebäude in ein nahes Medienhaus ausgelagert werden sollen zugunsten der Herrichtung von zehn zusätzlichen Sitzungszimmern und eines weiteren Fraktionszimmers für die Parlamentarierinnen und Parlamentarier. Aufgrund des Protestes der Vereinigung der Bundeshausjournalisten (VBJ) gegen eine solche Auslagerung der vierten Gewalt wurde seitens der Regierung betont, der freie Zugang zum Bundeshaus bleibe für Medienleute auch in Zukunft gewährleistet.

Medienzentrum

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Zusammenfassung
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Dossier: Vote électronique – 2000 bis 2022

Beauftragt durch mehrere Digitalisierungsvorstösse des Parlaments legte der Bundesrat 2002 einen Bericht zu Chancen und Risiken der elektronischen Ausübung der politischen Rechte, der so genannten «Vote électronique» vor, worunter elektronisches Abstimmen und Wählen (E-Voting), elektronisches Sammeln von Unterschriften (E-Collecting) und die elektronische Behördeninformation bei Wahlen und Abstimmungen verstanden wird.
In der Folge wurden in einzelnen Gemeinden (in den Kantonen GE, NE, ZH) vom Bund bewilligte Pilotprojekte zu E-Voting durchgeführt, über die der Bundesrat 2006 einen eher zurückhaltenden Bericht vorlegte. Es gelte «Sicherheit vor Tempo», E-Voting solle demnach vor allem Auslandschweizerinnen und Auslandschweizern dienen. In der Folge führten zwölf Versuchskantone (BE, LU, FR, SO, BS, SH, SG, GR, AG, TG, NE, GE) mit drei unterschiedlichen Systemen E-Voting für im Ausland wohnhafte Stimmberechtigte ein. In den Kantonen Genf und Neuenburg konnte zudem eine begrenzte Zahl an in den beiden Kantonen wohnhaften Personen elektronisch abstimmen und wählen.
2013 legte der Bundesrat einen neuerlichen Bericht vor, in dem er für die Nationalratswahlen 2015 die Nutzung von E-Voting durch eine Mehrheit der Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer ankündigte. In der Folge scheiterten verschiedene Vorstösse, die eine raschere Gangart forderten, genauso wie Vorstösse, die den Ausbau von E-Voting aus Sicherheitsbedenken bremsen wollten. Insgesamt nahm aber die Skepsis gegenüber der sicherheitstechnischen Umsetzung von E-Voting zu und 2015 erteilte der Bundesrat neun Kantonen aufgrund sicherheitstechnischer Mängel des von ihnen benutzten Systems keine Bewilligung für E-Voting mehr. In der Folge standen lediglich noch das System des Kantons Genf und ein neu entwickeltes System der Schweizerischen Post zur Verfügung.
Bis Ende 2016 hatte die Hälfte aller Kantone Erfahrungen mit E-Voting gesammelt. Der Bundesrat sprach sich 2017 für flächendeckendes E-Voting als ordentlichen dritten Kanal aus und legte 2018 eine entsprechende Revision des Bundesgesetzes über die politischen Rechte vor. Den Kantonen bliebe allerdings freigestellt, ob sie elektronisches Abstimmen und Wählen nutzen wollen.
Die bundesrätliche Unterstützung für E-Voting begegnete jedoch 2018 wachsendem Widerstand. Zwar scheiterten zwei parlamentarische Initiativen, die ein Moratorium für E-Voting verlangten, 2019 wurde aber eine entsprechende Volksinitiative lanciert (die allerdings 2020 an der Unterschriftenhürde scheiterte). Ende 2018 kündigt der Kanton Genf an, sein System aus Kostengründen nicht weiter zu betreiben. Eine Standesinitiative, die den Bund zur Mitfinanzierung aufgefordert hatte, wurde abgelehnt. Einziges verbleibendes System war damit jenes der Post, was auf Kritik stiess, auch weil es sich bei einem Stresstest 2019 als zu wenig sicher erwies. Der Bundesrat stoppte in der Folge die Bemühungen, E-Voting als dritten Kanal für die Stimmabgabe einzuführen, und richtete 2020 den Versuchsbetrieb neu aus. Die nötigen revidierten Verordnungsgrundlagen traten per 1. Juli 2022 in Kraft. Die Post entwickelte in der Zwischenzeit ein verbessertes System, das von unabhängigen Expertinnen und Experten überprüft wurde, 2022 aufgrund weiterhin bestehender Mängel aber noch keine Bewilligung erhielt.


2018 gab der Bundesrat bekannt, dass E-Collecting nicht weiterverfolgt werden sollte. Dies stiess auf Kritik, weil Digitalisierung im Sinne von «Civic Tech» laut dem Parlament möglichst viele Aspekte umfassen sollte. Die Plattform «WeCollect» und andere ähnliche Vorhaben, die Unterschriftenbögen online anbieten und Netzwerke von potenziell Unterschriftswilligen schufen, schienen Unterschriftensammlungen zu vereinfachen. 2021 verlangte der Nationalrat per Postulat einen Bericht über eine mögliche Einführung digitalen Unterschriftensammelns.

Chronologie
2000: Vorstösse zu «E-Switzerland»
2002: Bericht des Bundesrats zu Chancen, Risiken und Machbarkeit elektronischer Ausübung politischer Rechte
2002-2005: Versuche mit E-Voting (Anières, Testgemeinden Abstimmung vom 26.9.04; Testgemeinden Abstimmung vom 27.11.04)
2006: Bericht des Bundesrats zu den Pilotprojekten
2013: Evaluationsbericht des Bundesrats zu Vote électronique 2006-2012
2013-2019: Verschiedene Vorstösse zur Beschleunigung (z.B. Mo. 11.3879, Mo. 15.4260), aber auch für eine Einschränkung der Pilotprojekte (z.B. Mo. 13.3812, Pa.Iv. 15.412, Mo. 15.4237; Pa.Iv. 17.471 und Pa.Iv. 18.420; Pa.Iv. 18.427; Pa.Iv. 18.468) werden abgelehnt
2015: Keine Bewilligung für System von Konsortium aus neun Kantonen
2016/2017: Roadmap für flächendeckende Einführung von medienbruchfreiem E-Voting
2017: Sicherheitsbedenken nehmen zu
2018: Bundesrat legt Teilrevision des Bundesgesetzes über die politischen Rechte vor; Genfer System droht das Aus; Post als einzige Anbieterin stösst auf Kritik; E-Collecting soll nicht weiterverfolgt werden, was auf Kritik stösst
2019: Volksinitiative für ein E-Voting-Moratorium wird lanciert; Genf gibt eigenes System auf, weil es vom Bund nicht finanziert wird; System der Post besteht Sicherheitstests nicht, Bundesrat beschliesst, Überführung von E-Voting in ordentlichen Betrieb vorerst zu stoppen und Nationalrat beschliesst einen Marschhalt.
2020: Neuausrichtung des Versuchsbetriebs und Entwicklung eines alternativen Systems durch die Post
2021: System der Post wird vom Bund überprüft; Vernehmlassung zur Neuausrichtung fällt mehrheitlich positiv aus; Postulat fordert Bericht zu möglichen Folgen einer Einführung von E-Collecting
2022: Kantonale Versuche mit E-Voting sind grundsätzlich wieder möglich; System der Post besteht aber Sicherheitsüberprüfung nicht und muss überarbeitet werden.

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Vote électronique - Zusammenfassung
Dossier: Vote électronique

Der Nationalrat beschloss, Wege zu suchen, um die politische Auseinandersetzung fairer und transparenter zu machen. Auf Antrag seiner SPK und gegen den Widerstand der FDP, der SVP und der Liberalen gab der Nationalrat der parlamentarischen Initiative Gross (sp, ZH) für eine grössere Transparenz bei der Finanzierung von Werbung für Initiativen und Abstimmungskampagnen mit 70:63 Stimmen Folge. Nach der sehr aufwändigen und diffamierenden Kampagne zugunsten der Beschleunigungsinitiative gab der Bundesrat eine Studie zum Thema Fairness und Ausgewogenheit der Mittel in Abstimmungskämpfen in Auftrag. Ebenfalls weiterbearbeiten will der Nationalrat eine parlamentarische Initiative Stamm (cvp, LU) (99.427), welche die Einrichtung einer Instanz fordert, die unrichtige Aussagen in Abstimmungskampagnen öffentlich richtigstellen kann. Solche falsche Behauptungen waren in den letzten Jahren (und wohl auch bereits früher) immer wieder aufgetaucht. So wurde etwa in Inseraten gegen die neue Bundesverfassung verkündet, diese bringe einen automatischen EU-Beitritt, oder im Frühjahr 2000 wurde die „Verkehrshalbierungsinitiative“ mit dem Argument bekämpft, diese verlange einen Fahrausweisentzug für über 65jährige. Nachdem die Gegenpropaganda zu den Energieabstimmungen vom September nach Meinung der Befürworter mit Halbwahrheiten und Verzerrungen operiert hatte, doppelte der freisinnige Nationalrat Suter (BE) nach, und verlangte mit einem Postulat in sehr allgemeiner Form die Einführung einer Strafnorm zur Sanktionierung unwahrer Behauptungen in Abstimmungskampagnen (00.3397).

Meldepflicht und Publikation von grossen finanziellen Beiträgen an die Werbekampagnen für Volksabstimmungen (Pa.Iv. 99.430)
Dossier: Finanzierung der Politik

Ein wesentlicher Grund für die an Wähleranteilen gemessene Untervertretung der Linken im Ständerat liegt in dem in allen Kantonen mit Ausnahme des Jura praktizierten Majorzwahlsystem. Eine parlamentarische Initiative Rennwald (sp, JU), für die Ständeratswahlen vom Bund her obligatorisch das Proporzwahlsystem vorzuschreiben, fand nur bei der SP und den Grünen Unterstützung und wurde ohne grosse Diskussion mit 98 zu 56 Stimmen abgelehnt.

Parlamentarische Initiative zur Einführung der Proporzwahl für den Ständerat (Pa.Iv. 99.404)

Die von einzelnen Personen und Firmen betriebene massive Werbung für Initiativen – gerade die „Maulkorb-Initiative“ bildete ein gutes Beispiel dafür – und bei Volksabstimmungen löste bei Politikern Unbehagen aus. Die Staatspolitische Kommission des Nationalrats empfahl gegen den Widerstand der SVP mit 9:6 Stimmen, einer parlamentarischen Initiative Gross (sp, ZH) Folge zu geben, welche finanzielle Transparenz bei Abstimmungskämpfen fordert. Sie verlangt, dass Beiträge ab CHF 500 bei der Bundeskanzlei deklariert werden müssen.

Meldepflicht und Publikation von grossen finanziellen Beiträgen an die Werbekampagnen für Volksabstimmungen (Pa.Iv. 99.430)
Dossier: Finanzierung der Politik

Wegen Veröffentlichung amtlicher geheimer Verhandlungen holte die Bundesanwaltschaft erneut zum Schlag gegen Medienschaffende aus. Ein Strafverfahren lief gegen den “Sonntagszeitung”-Redaktor Martin Stoll aufgrund dessen im April erschienenen Artikels über die Mossad-Affäre in Bern-Liebefeld. Im weiteren sassen der Bundeshauskorrespondent vom "Tages Anzeiger", Bruno Vanoni, sowie Denis Barrelet, Bundeshaus-Korrespondent bei “24 Heures“, Medienrechtsprofessor an der Uni Fribourg und neuer Präsident der Unabhängigen Beschwerdeinstanz (UBI), auf der Anklagebank. Die Bundesanwaltschaft untersuchte im Auftrag des EDA, wie vertrauliche Diplomatenpapiere aus Washington im Juni 1997 den Weg auf die Schreibtische der Journalisten und von dort an die Öffentlichkeit gefunden hatten. In den Papieren hatte Botschafter Alfred Defago dem Bundesrat von allzu harschen Reaktionen auf den Bericht von US-Unterstaatssekretär Stuart Eizenstat über die Rolle der Schweiz im Zweiten Weltkrieg abgeraten.

Bundesanwaltschaft Mossad-Affäre

Der Ständerat stimmte einer im Vorjahr vom Nationalrat überwiesenen Motion zu, welche verlangt, dass für die Informationstätigkeit in Krisenlagen die gesetzlichen Grundlagen für eine Zentralisierung der Kompetenzen beim Bundespräsidenten geschaffen werden [21]. Die Verbesserung der Informationsaktivitäten der Bundesbehörden soll sich aber nicht auf Ausnahmesituationen beschränken. Der Ständerat hiess deshalb auch eine Motion [97.3534] Respini (cvp, TI) gut, die vom Bundesrat die Ausarbeitung eines umfassenden Konzeptes für die Kommunikation der Regierung und der Verwaltung mit dem Parlament, den Medien und der Öffentlichkeit verlangt.

Bericht der GPK-NR über die amtliche Informationstätigkeit in Krisenlagen (1997)

Die neue Bundesverfassung wird die Meinungs- und Informationsfreiheit (Art. 16) explizit aufführen – als das Recht umschrieben, Informationen frei zu empfangen, aus allgemein zugänglichen Quellen zu beschaffen und zu verbreiten. Die Beschränkung des Informationszuganges auf allgemein zugängliche Quellen bedeutet, dass es die Bundesversammlung ablehnte, amtliche Akten grundsätzlich für öffentlich zu erklären. In der grossen Kammer beantragte Nationalrat Jutzet (sp, FR) die Einführung des Öffentlichkeitsprinzips in der Verwaltung. Der Antrag wurde aber als über eine Nachführung der Verfassung hinausgehende Neuerung abgelehnt. Die in der bestehenden Verfassung in Art. 55 verankerte Pressefreiheit wurde zur Medienfreiheit (neu Art. 17) ausgedehnt, die auch Radio und Fernsehen sowie die neuen Medien umfasst. Für die traditionellen elektronischen Medien dürfte dies praktisch wenig ändern, da der heutige Radio- und Fernsehartikel (bisher Art. 55bis BV) fast wörtlich übernommen wurde (neu Art. 93). Eine eigentliche Neuerung stellt die Gewährleistung des Redaktionsgeheimnisses auf Verfassungsebene im neuen Art. 17 dar. Der Ständerat hatte das Redaktionsgeheimnis nicht als unbeschränktes Grundrecht, sondern nur im Rahmen einer auf Gesetzesstufe vorzunehmenden Regelung geltendes Recht formuliert. Der Nationalrat konnte sich mit dieser Einschränkung nicht einverstanden erklären und setzte sich in der Differenzbereinigung schliesslich durch. Bundesrat Koller hatte hierbei darauf verwiesen, dass auch die Grundrechte nicht unbeschränkt seien, sondern gemäss Art. 32 auf gesetzlichem Weg zur Wahrung des öffentlichen Interesses oder der Grundrechte Dritter eingeschränkt werden können.

Beschränkung des Informationszuganges auf allgemein zugängliche Quellen Medienfreiheit Gewährleistung des Redaktionsgeheimnisses

Nationalrat Dünki (evp, ZH) befürchtet, dass die Medienberichterstattung über Meinungsumfragen vor dem Abstimmungstermin das Verhalten der Bürger und Bürgerinnen auf unzulässige Weise beeinflusst. Er reichte deshalb eine parlamentarische Initiative für ein Verbot der Publikation und der Kommentierung von Meinungsumfragen, die in einem Zusammenhang mit einer Wahl resp. einer Abstimmungsvorlage stehen, während dreissig Tagen vor einem Abstimmungs- oder Wahltermin ein. Die Staatspolitische Kommission war zwar auch der Überzeugung, dass nicht alle Meinungsumfragen auf seriösen Grundlagen beruhen, teilte jedoch Dünkis Sorgen in bezug auf Gefahr für die freie Meinungsbildung nicht. Auf ihren Antrag hin lehnte der Rat den Vorstoss mit 93 zu 42 Stimmen ab.

Meinungsumfragen

Die Bundesanwaltschaft überwachte im September während mehrerer Wochen Journalistentelefone der "Sonntags-Blick"-Bundeshausredaktion, um der Indiskretion eines Beamten auf die Spur zu kommen. Das Vorgehen der Bundesanwaltschaft stiess in weiten Kreisen auf Kritik.

Bundesanwaltschaft überwachte Journalistentelefone

Gemäss dem Presserat des Schweizer Verbandes der Journalistinnen und Journalisten ist die journalistische und politische Tätigkeit nicht zu vereinbaren. Schon die Mitgliedschaft bei einer Partei tangiere die Unabhängigkeit der Journalisten. Der Presserat setzte sich auch mit der Grauzone zwischen journalistischer und bezahlter Information auseinander und forderte von der Schweizerischen Depeschenagentur (SDA) und von Teletext, bezahlte und gesponserte Dienste optisch klarer abzugrenzen.

journalistische und politische Tätigkeit nicht zu vereinbaren

Weil der Bundesrat bei der Volksabstimmung über die Revision des Arbeitsgesetzes in der offiziellen Informationsschrift (Bundesbüchlein) auf eine Empfehlung verzichtet hatte, beantragten zwei freisinnige Nationalräte mit Motionen, dass diese Publikation in Zukunft vom Parlament verfasst werden soll. Gemäss dem Vorstoss von Weigelt (SG) soll dies generell so gehandhabt werden, gemäss demjenigen von Dettling (SZ) nur dann, wenn der Bundesrat die Parlamentsbeschlüsse nicht vertreten will.

Bundesbüchlein

Die Bundesverwaltung baute ihr über Internet elektronisch abfragbares Informationsangebot im Berichtsjahr weiter aus. Eine Nutzung des Internet für die Stimmabgabe bei Volksabstimmungen erscheint dem Bundesrat und dem Parlament angesichts der technischen Probleme (Kontrolle, Fälschungsgefahr) jedoch wenig sinnvoll. Der Nationalrat lehnte deshalb die Überweisung eines Postulats de Dardel (sp, GE) ab, der sich davon eine Verbesserung der Stimmbeteiligung bei den Jungen versprochen hatte.

Vorstoss zum E-Voting
Dossier: Parlamentarische Vorstösse zur Änderung der Politischen Rechte 1990-2000

Insgesamt achtmal - davon sechsmal seit 1970 - ist es bisher vorgekommen, dass eine vom Volk angenommene Verfassungsteilrevision am Ständemehr scheiterte. Der Nationalrat lehnte jedoch die in der Form einer allgemeinen Anregung gehaltene parlamentarische Initiative Gross (sp, ZH) für eine Gewichtung der Standesstimmen gemäss der Bevölkerungszahl der Kantone mit 90:54 Stimmen ab. Er folgte damit seiner Kommissionsmehrheit, welche den Vorstoss mit föderalistischen Argumenten bekämpft hatte. Eine vor allem in der Westschweiz aktive Bewegung "Renaissance Schweiz-Europa" kündigte die Lancierung einer Volksinitiative an, welche den Ständen je nach der Zahl der Stimmberechtigten 1 bis 3 Stimmen zuteilen will.

Pa.Iv. zur Gewichtung der Standesstimmen gemäss der Kantonsbevölkerung (94.416)
Dossier: Vorstösse zur Abschwächung des klassischen Ständemehrs